Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 4 StR 40/11

bei uns veröffentlicht am15.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 40/11
vom
15. März 2011
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung und wegen unbefugten Tragens von
inländischen Uniformen und Amtsabzeichen, wenn der nicht der Bundeswehr
angehörende Täter unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Feldjägern
der Bundeswehr hoheitliche Befugnisse gegenüber Zivilpersonen in Anspruch
nimmt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 4 StR 40/11 - LG Essen -
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. März 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 15. Oktober 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Missbrauch von Amtsabzeichen und Verstoß gegen das Waffengesetz verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe des Tagessatzes der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung verhängten Geldstrafe auf 1 Euro festgesetzt wird.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Missbrauch von Amtsabzeichen und einem "Verstoß gegen das Waffengesetz“ sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen nach Auflösung der dortigen Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen teilweisen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
4
Nachdem die Zeugin S. in Gegenwart des Angeklagten Ende Mai/Anfang Juni 2009 davon berichtet hatte, der Geschädigte habe sie während einer mit ihr geführten kurzen Beziehung sexuell missbraucht, fasste der Angeklagte , der ebenso wie seine anwesenden Freunde dieser Schilderung Glauben schenkte, den Plan, den Geschädigten gemeinsam mit einer zweiten Person zum Zwecke der Bestrafung aufzusuchen und ihn zu verprügeln. Zur Vorbereitung der Tat entwarf der Angeklagte am Computer einen "Durchsuchungsbeschluss" , in dem – sinngemäß und in quasiamtlicher Diktion – die Durchsuchung der Wohnung des Geschädigten wegen des Verdachts verschiedener Straftaten, u.a. wegen "sexueller Belästigung“, "angeordnet" wird. Das Schriftstück war mit einem aus dem Internet herunter geladenen Bundeswehrkreuz versehen und mit dem vom Angeklagten herrührenden handschriftlichen Namenszug "Hauptmann M. " versehen. Es enthielt am Ende ein wiederum aus dem Internet herunter geladenes Bundeswehr-Kreuz, den Schriftzug "Bundeswehr" , einen Bundesadler sowie einen schwarz-rot-goldenen Farbstreifen mit den Worten "Bundesministerium der Verteidigung". Der Angeklagte fertigte zusätzlich ein weiteres Schriftstück, in dem die "Vollstreckung des Vollzugsbefehls" erteilt und gegebenenfalls die "sofortige Festnahme" des Geschädigten "gestattet" wird. Dieses Schreiben endet mit dem handschriftlichen Namenszug "Oberst Sch. " und enthält ähnliche militärische und nationale Hoheitszeichen wie der "Durchsuchungsbeschluss".
5
Am Abend des 13. Juni 2009 begaben sich der Angeklagte und sein Mittäter , der frühere Mitangeklagte P. , in Begleitung mehrerer Freunde mit dem Pkw der Zeugin B. , der Lebensgefährtin des Angeklagten, und einem weiteren Fahrzeug in die Nähe der Wohnung des Geschädigten. Entsprechend dem im Wesentlichen vom Angeklagten ausgearbeiteten Plan legten er und P. , obwohl beide der Bundeswehr nicht angehörten, "Feldjägeruniformen“ aus dem Besitz des Angeklagten an. Der Angeklagte streifte zusätzlich eine Armbinde mit den Buchstaben "MP“ (Militärpolizei) über einen Oberarm. Mit dem Pkw der Zeugin B. , den sie zuvor mit von einem Schrottfahrzeug abmontierten Kennzeichen versehen hatten, rollten beide das letzte Wegstück im Leerlauf zum Wohnhaus des Geschädigten; ihre Begleiter blieben zurück. Ausgerüstet waren P. und der Angeklagte mit zwei vom Angeklagten beschafften Gaspistolen, die sie in Halftern mit sich führten. Die Pistole des Angeklagten war nicht geladen. Nachdem sich der Angeklagte und P. Zutritt zur Wohnung verschafft und festgestellt hatten, dass sich entgegen ihrer Erwartung nicht nur der Geschädigte , sondern drei weitere Personen in der Wohnung aufhielten, gaben sie ihren Plan auf, den Geschädigten zu verprügeln. Der Angeklagte überreichte dem Geschädigten die beiden von ihm angefertigten Schriftstücke, P. nahm die Waffe aus seinem Halfter und richtete sie auf den Geschädigten sowie zwei der Anwesenden. Er (P. ) lud die Pistole durch, wobei eine Patrone heraus fiel, die er vom Boden aufhob und einsteckte, woraufhin er sich in die Küche begab, die Tür hinter sich schloss und den Raum lautstark durchsuchte. Der inzwischen verängstigte Geschädigte las die ihm überreichten Schreiben. Er hielt den Angeklagten und P. tatsächlich für Feldjäger der Bundeswehr und vermutete einen Zusammenhang zwischen deren Erscheinen und den auch ihm bekannten Vorwürfen der Zeugin S. . Der Angeklagte ließ den Geschädigten das zweite Schreiben unterzeichnen, notierte die Personalien der weiteren Anwesenden und fragte den Geschädigten, ob dieser Waffen oder Betäubungsmittel in Besitz habe. Daraufhin nahm er aus einer vom Geschädigten geöffneten Schublade ein Messer im Wert von etwa 10 Euro mit dem Bemerken an sich, er müsse dieses "konfiszieren". Außerdem steckte er eine Tüte mit Marihuana ein, die einem der Wohnungsinsassen gehörte. Nach etwa 30 Minuten verließen er und P. die Wohnung. Beide bestiegen den Pkw der Zeugin B. , den der Angeklagte, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, die Straße hinauffuhr, wo die Zeugin B. zustieg und das Steuer übernahm. Auf Bitten der Zeugin B. gab der Angeklagte das Marihuana an diese weiter; das "konfiszierte" Messer, das P. nicht haben wollte, warf der Angeklagte etwa drei bis vier Wochen nach der Tat weg.

II.

6
1. Soweit das Tatgeschehen bis zum Verlassen der Wohnung des Geschädigten betroffen ist, begegnet zunächst der Schuldspruch wegen „schweren Raubes“ durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Zwar wird das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter - wie im vorliegenden Fall der Angeklagte - durch die falsche Behauptung einer amtlichen Beschlagnahme die Herausgabe einer fremden beweglichen Sache fordert und sie erreicht, selbst wenn das Opfer die Wegnahme nicht nur duldet, sondern die Sache dem Täter auf dessen Verlangen aushändigt. In einem solchen Fall ist für einen eigenen, freien Willensentschluss des Opfers, das sich dem Zwang fügt, kein Raum (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. Januar 1963 - 2 StR 591/62, BGHSt 18, 221, 223 m.w.N.).
8
b) Im Ergebnis zu Recht rügt die Revision jedoch die unzureichende Darlegung der für den Tatbestand des Raubes im Sinne des § 249 StGB auch erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Januar 2003 - 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431 m.w.N.). Die Anwendung von Gewalt oder Drohung darf nicht nur gelegentlich der Entwendung einer fremden Sache erfolgen, sondern sie muss darauf gerichtet sein, den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstandes zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2002 - 2 StR 225/02, NStZ-RR 2002, 304; MünchKommStGB/Sander § 249 Rn. 24).
9
Zwar trug der Angeklagte die von ihm mitgeführte Waffe nicht nur offen in einem Holster am Oberschenkel, sondern hatte während der weiteren Tatausführung "fast ständig" seine Hand auf die Waffe gelegt, woraus sich eine zumindest konkludente Drohung ergeben könnte, die Waffe nötigenfalls auch einzusetzen. Zu dem insoweit allein maßgeblichen Willen und der Vorstellung des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatausführung (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. April 1963 - 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331; Sander aaO) verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht.
10
c) Die Strafkammer hat ferner die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 StGB, dessen Strafrahmen sie ihrer Entscheidung – ohne nähere Bezeichnung der Tatvariante, die sich auch aus der rechtlichen Würdigung und der Liste der angewendeten Vorschriften nicht erschließt – zu Grunde gelegt hat, nicht ausreichend dargetan.
11
Waffen im Sinne des hier in Betracht kommenden § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind (einsatzbereite) Gas- und Schreckschusswaffen nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 8/11; SSWStGB /Kudlich § 244 Rn. 7 m.w.N.). Hierzu hat der Tatrichter regelmäßig genaue Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 8/11). Die dazu im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen erweisen sich als nicht ausreichend. Zwar steht der Umstand, dass der Angeklagte selbst nur eine ungeladene Gaspistole verwendete, einer mittäterschaftlichen Zurechnung (§ 25 Abs. 2 StGB) hinsichtlich der von P. eingesetzten, "geladenen“ Gaspistole nicht entgegen, zumal der Angeklagte beide beschafft und den Tatplan im Wesentlichen selbst ausgearbeitet hatte. Zum konkreten Ladezustand und zur Funktionsfähigkeit der Pistole des P. ist aber nichts weiter festgestellt.
12
2. Die – in Tateinheit mit schwerem Raub erfolgte – Verurteilung wegen Missbrauchs von Amtsabzeichen ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
13
a) Zum einen wird die revisionsgerichtliche Überprüfung durch eine nicht eindeutige rechtliche Zuordnung des vom Landgericht festgestellten Lebens- sachverhalts zu dem als erfüllt angesehenen Straftatbestand erschwert. Der Angeklagte trug während der Tat unbefugt eine "Feldjägeruniform", weshalb der Straftatbestand des Missbrauchs von (inländischen) Uniformen im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 4 1. Variante StGB erfüllt sein kann. In Betracht kommt ferner die – ebenfalls unbefugte – Verwendung der Armbinde mit der Aufschrift "MP“ als Missbrauch von Amtsabzeichen im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 4 4. Variante StGB.
14
b) Zum anderen ist der Tatbestand des § 132a StGB in beiden Tatvarianten nur erfüllt, wenn es sich bei der jeweiligen Uniform bzw. dem Amtsabzeichen um solche handelt, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen eingeführt sind (vgl. dazu eingehend LK-StGB/Krauß, 12. Aufl. § 132a Rn. 50 ff. m.w.N.). Amtsabzeichen werden zudem nur dann von der Strafvorschrift erfasst , wenn sie, ohne Bestandteil der Amtskleidung zu sein, an vorschriftsmäßigen Uniformen angebracht sind und den Träger als Inhaber eines bestimmten Amtes kennzeichnen (BGH, Beschluss vom 23. April 1992 – 1 StR 58/92, NStZ 1992, 490; Krauß aaO Rn. 52; MünchKommStGB/Hohmann § 132a Rn. 16, jeweils m.w.N.). Dazu, ob die vom Angeklagten und seinem Mittäter getragenen Uniformen und die vom Angeklagten zusätzlich verwendete Armbinde mit der Aufschrift "MP“ tatsächlich zu den durch öffentlich-rechtliche Vorschriften eingeführten Uniformen bzw. Abzeichen gehören oder solchen zum Verwechseln ähnlich sind (§ 132a Abs. 2 StGB), enthalten die Urteilsgründe keine näheren Feststellungen (vgl. dazu Art. 2 der gemäß § 4 Abs. 3 SG erlassene Anordnung des Bundespräsidenten über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten (BPräsUnifAnO) vom 14. Juli 1978 (BGBl. I S. 1067; i.d.F. vom 31. Mai 1996, VMBl. 1996 S. 260).
15
3. Da das Landgericht insoweit zu Recht von Tateinheit ausgegangen ist, kann auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen Urkun- denfälschung durch Anfertigung der beiden Schreiben durch den Angeklagten nicht aufrecht erhalten bleiben (vgl. Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 353 Rn. 7a).
16
4. Aus demselben Grund erstreckt sich die Aufhebung auch auf die tateinheitliche Verurteilung wegen eines Vergehens gemäß § 132 StGB. Zudem hält der Schuldspruch wegen Amtsanmaßung lediglich im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
17
a) Die Tatmodalitäten des § 132 StGB setzen voraus, dass der Täter entweder als Inhaber eines öffentlichen Amtes auftritt und eine Handlung vornimmt , die den Anschein hoheitlichen Handelns erweckt (§ 132 1. Alternative StGB) oder dass er eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf (§ 132 2. Alternative StGB; vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 – 4 StR 416/93, BGHSt 40, 8, 11 f.). Dabei ist das Tatbestandsmerkmal "öffentliches Amt“ nach den Kriterien des Staats- und Verwaltungsrechts zu bestimmen und sowohl im statusrechtlichen als auch im funktionellen Sinne zu verstehen (zur Amtsträgereigenschaft Senatsurteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 267 f.; MünchKommStGB/Radtke § 11 Rn. 16 f.; Hohmann aaO, § 132 Rn. 7). Die Ausübung militärischer Hoheitsbefugnisse und die Wahrnehmung militärischer Aufgaben sind deshalb regelmäßig nicht dem Begriff des öffentlichen Amtes im Sinne des § 132 StGB zuzuordnen; Soldaten sind keine Amtsträger im strafrechtlichen Sinne (vgl. SSWStGB /Satzger § 11 Rn. 18; Fischer StGB 58. Aufl. § 11 Rn. 16). Dies ergibt sich – im Umkehrschluss – auch aus § 48 WStG, durch den Soldaten der Bundeswehr lediglich für einen abschließenden Katalog von (Amts-)delikten den Amtsträgern im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB gleich gestellt werden. Bei der Anmaßung militärischer Befugnisse handelt es sich daher, soweit die Bundeswehr betroffen ist (anders im Fall der Anmaßung solcher Befugnisse von in Deutschland stationierten NATO-Truppen; vgl. dazu Hohmann aaO Rn. 9), grundsätzlich auch nicht um die Anmaßung eines öffentlichen Amtes im Sinne dieser Strafvorschrift (LK-StGB/Krauß, 12. Aufl. § 132 Rn. 12; Fischer aaO § 132 Rn. 5). Während für Soldaten und für die bei der Bundeswehr beschäftigten Zivilpersonen im Sinne von § 1 Abs. 2 WStG in solchen Fällen ausschließlich eine Strafbarkeit nach § 38 WStG in Betracht kommt, ist die Anmaßung militärischer Befugnisse durch sonstige Zivilpersonen regelmäßig weder von § 132 StGB noch von § 38 WStG erfasst (Krauß, Hohmann und Fischer, jeweils aaO; ebenso SSW-StGB/Jeßberger § 132 Rn. 5). Danach hätte sich der Angeklagte im vorliegenden Fall nach keiner der beiden Vorschriften strafbar gemacht.
18
b) Handelt der Täter aber nicht nur unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Soldaten oder dem zivilen Personal der Bundeswehr, sondern beansprucht er zusätzlich "Amtsbefugnisse“ als Feldjäger, kommt hingegen eine Strafbarkeit gemäß § 132 2. Alternative StGB in Betracht.
19
aa) Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen (UZwGBw) vom 12. August 1965 (BGBl. I 1965 S. 796, zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007, BGBl. I 3198) sind Soldaten der Bundeswehr , denen militärische Wach- oder Sicherheitsaufgaben übertragen sind, befugt , in Erfüllung dieser Aufgaben Personen anzuhalten, zu überprüfen, vorläufig festzunehmen und zu durchsuchen sowie Sachen sicherzustellen und zu beschlagnahmen und unmittelbaren Zwang gegen Personen und Sachen anzuwenden. Den Soldaten mit Sicherheitsaufgaben im Sinne dieses Gesetzes, zu denen nach Kapitel 1 Nr. I. 2 (1. Spiegelstrich) der Zentralen Dienstvorschrift 14/9 (ZDv 14/9) des Bundesministeriums der Verteidigung auch die im Feldjägerdienst stehenden Soldaten der Bundeswehr gehören, werden damit allge- meine polizeiliche Befugnisse auch gegenüber Privatpersonen verliehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1990 – 7 C 88/88, BVerwGE 84, 247, Tz. 14 ff. zur Einrichtung eines militärischen Sicherheitsbereichs im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 UZwGBw durch Sperrung eines nichtmilitärischen Ortes; i.E. ebenso Fischer aaO; vgl. dazu auch Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, 9. Aufl. 2010, S. 14 ff.).
20
bb) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen liegen auch die übrigen Voraussetzungen von § 132 2. Alternative StGB vor.
21
Wie in § 132 1. Alternative StGB wird dafür zunächst vorausgesetzt, dass sich das Handeln des Täters nach außen als Wahrnehmung öffentlicher Funktionen darstellt und objektiv mit einer hoheitlichen Maßnahme verwechselt werden könnte (Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 aaO; Jeßberger aaO Rn. 9). Im Unterschied zu der ersten Tatmodalität wird der Anschein hoheitlichen Handelns in der zweiten Alternative aber durch die Handlung selbst begründet, nicht durch das Auftreten des Täters als Amtsträger. In Betracht kommen hier insbesondere Eingriffe in die Rechte Einzelner, etwa eine Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme (RG, Urteil vom 25. Juni 1925 – II 166/25, RGSt 59, 291, 298; Hohmann aaO Rn. 18). Im Hinblick auf den Zweck der Strafvorschrift, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die Autorität staatlichen Handelns schützen soll, erfüllt eine solche oder eine ähnliche Handlung nur dann nicht den Tatbestand des § 132 2. Alternative StGB, wenn sich das Verhalten des Täters so weit von den rechtlichen Vorgaben einer Amtshandlung entfernt, dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist (vgl. dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2006 – 4 Ws 98/06, NStZ 2007, 527; Jeßberger aaO Rn. 10): Dabei ist auf die Sicht eines unbefangenen Beobachters abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 aaO, S. 13; Krauß aaO Rn. 30).
22
Danach ist die Verurteilung wegen Amtsanmaßung hier im Ergebnis zu Recht erfolgt. Der Angeklagte hat mit seinem Mittäter Handlungen vorgenommen , die nur in Ausübung hoheitlicher Funktionen vorgenommen werden durften. Er hat unter Vorlage zweier gefälschter Schriftstücke mit quasiamtlichem Inhalt bei dem Geschädigten, der das Geschehen für authentisch hielt und beiden Tätern die Feldjäger-Eigenschaft glaubte, eine "Durchsuchung“ sowie eine "Beschlagnahme“ durchgeführt und ist dabei in vorgetäuschter amtlicher Funktion als Feldjäger aufgetreten, also als vermeintlicher Angehöriger der Polizei der Bundeswehr. Ungeachtet formaler Mängel der von ihm gefertigten Schriftstücke entfernte sich sein Vorgehen unter Berücksichtigung seine Uniformierung und seines einen amtlichen Anschein erweckenden Gesamtverhaltens nicht so weit von den rechtlichen Vorgaben einer Amtshandlung, dass eine Verwechslung vom Standpunkt eines unbefangenen Betrachters ausgeschlossen war.

III.

23
Soweit das Landgericht den Angeklagten darüber hinaus wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer (weiteren) Einzelgeldstrafe verurteilt hat, holt der Senat die unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhe nach und legt sie entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auf einen Euro fest. Dass die Geldstrafe in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war, lässt die Notwendigkeit einer solchen Festsetzung nicht entfallen (Senatsbeschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, und vom 29. August 2006 – 4 StR 231/06).

IV.

24
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
25
Sollte die neue Hauptverhandlung zu Feststellungen führen, die die Annahme einer finalen Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme rechtfertigen, wird das Vorliegen von Zueignungsabsicht eingehend geprüft werden müssen. Für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 StGB erfüllt sein sollten, wäre der Angeklagte insoweit wegen "besonders schweren Raubes“ zu verurteilen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. September 2009 - 3 StR 297/09, NStZ 2010, 101; BGH, Beschluss vom 2. Februar 2011 - 2 StR 622/10). Bei erneuter Verurteilung des Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das WaffG werden die Anforderungen an die rechtliche Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) in solchen Fällen zu berücksichtigen sein. Die Formulierung "wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz“ genügt regelmäßig nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 574/06, NStZ 2007, 352). Ernemann RinBGH Solin-Stojanović Roggenbuck befindet sich im Ruhestand und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Franke Bender

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bei uns veröffentlicht am 29.08.2006

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 25. Apr. 2006 - 4 Ws 98/06

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2020 - 4 StR 677/19

bei uns veröffentlicht am 13.02.2020

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2019 - 2 StR 521/18

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 423/11 vom 5. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 311/18

bei uns veröffentlicht am 10.10.2018

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Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer unbefugt

1.
inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt,
2.
die Berufsbezeichnung Arzt, Zahnarzt, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Psychotherapeut, Tierarzt, Apotheker, Rechtsanwalt, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter führt,
3.
die Bezeichnung öffentlich bestellter Sachverständiger führt oder
4.
inländische oder ausländische Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen trägt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Den in Absatz 1 genannten Bezeichnungen, akademischen Graden, Titeln, Würden, Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 4, allein oder in Verbindung mit Absatz 2 oder 3, bezieht, können eingezogen werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

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BESCHLUSS
2 StR 225/02
vom
17. Juli 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubs u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2002 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 4. März 2002 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Sachbeschwerde des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils. Die Annahme des Landgerichts, dieser habe sich des vollendeten schweren Raubs schuldig gemacht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
Nach den Feststellungen drang der Angeklagte in die Wohnung der Zeugin R. ein, um gewaltsam an deren Schmuck und Geld zu gelangen. Er bedrohte sie mit einem ca. 15 cm langen Sprungmesser und drückte es ihr mit der stumpfen Seite an den Hals. Als sie erklärte, sie habe weder Schmuck noch Geld, wollte er ihr ein Schlafmittel einflößen. Da dies mißlang, drückte er der am Boden liegenden Frau zweimal ein Kissen fest auf das Gesicht, anschließend fesselte er sie. In ihrer Todesangst erklärte sie dem Angeklagten dann,
das Geld befände sich im Keller, den Schlüssel dafür verwahre eine Nachbarin. Daraufhin lieû der Angeklagte die Zeugin aus der Wohnung gehen und verfolgte sie bis in die Nähe der Wohnung der Nachbarin W. Diese lieû das Tatopfer ein und alarmierte die Polizei. Während des Tatgeschehens oder unmittelbar , nachdem die Geschädigte die Wohnung verlassen hatte, entnahm der Angeklagte ca. 80 DM aus einem Geldbeutel und ca. 400 DM aus einer Mappe.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs nicht. Aus ihnen läût sich nicht ausreichend entnehmen, daû der Angeklagte Gewalt als Mittel zur Wegnahme des Geldes angewendet hat.
Der Tatbestand des Raubs setzt voraus, daû der Täter zum Zweck der Wegnahme Gewalt gegen eine Person anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht. Nicht ausreichend ist, daû die Wegnahme der Gewalt zeitlich nachfolgt, ohne daû eine finale Verknüpfung besteht. Eine solche Verknüpfung kann in Betracht kommen, wenn die zuvor ausgeübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung fortwirkt. Erfolgt die Wegnahme dagegen nur "gelegentlich" der Nötigungshandlung oder folgt sie der Nötigung nur zeitlich nach, ohne daû eine finale Verknüpfung besteht, kommt ein Schuldspruch wegen vollendeten Raubs nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 1999, 510; NStZ-RR 1997, 298; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 3, 5 und 7; BGH, Beschl. vom 17. Januar 1995 - 4 StR 738/94 - und vom 20. Juni 2001 - 3 StR 176/01).
Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschlieûen, daû der Angeklagte das Geld erst wegnahm, als das Tatopfer die Wohnung bereits
verlassen hatte. Daû in diesem Zeitpunkt die Gewalteinwirkung fortgewirkt hat, belegen die Urteilsgründe nicht, zumal es dem Willen der Zeugin R. entsprach, die Wohnung zu verlassen. Das Landgericht hat auch nicht festgestellt, daû der Angeklagte die Zeugin R. zum Verlassen der Wohnung gezwungen hat, um das Geld an sich nehmen zu können. Der ursprünglich geplante Raub von Schmuck und Geld war vielmehr nach der Flucht des Tatopfers gescheitert. Neben dem somit nur versuchten schweren Raub kann die Wegnahmehandlung nur noch als Diebstahl bewertet werden.
Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs kann daher keinen Bestand haben. Das führt auch zur Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung. Da nicht ausgeschlossen erscheint, daû weitere Feststellungen getroffen werden können, kommt eine Umstellung des Schuldspruchs nicht in Betracht ; die Sache bedarf insgesamt erneuter Verhandlung und Entscheidung.
Vors. Richterin am BGH Detter Bode Dr. Rissing-van Saan und Richterin am BGH Elf sind wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Detter Otten

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 8/11
vom
15. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Februar 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 4. Oktober 2010 wird mit der Maßgabe verworfen, dass nicht 6.980 g, sondern 6.490,4 g Marihuana eingezogen werden.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, ist die Einziehungsentscheidung des angefochtenen Urteils wegen der unrichtigen Bezeichnung der einzuziehenden Betäubungsmittelmenge wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern; im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
3
Gas- und Schreckschusswaffen sind nur dann Schusswaffen im strafund im waffenrechtlichen Sinne, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201; zu § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG siehe Weber, BtMG, 3. Aufl., § 30a Rn. 94). Hierzu hat der Tatrichter grundsätzlich besondere Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390). Indes genügt das Urteil diesen Anforderungen noch, denn das Landgericht führt aus, dass ein Einsatz der vom Angeklagten mitgeführten Gaspistole zu nicht unerheblichen Verletzungen hätte führen können , auch wenn sie deutlich weniger gefährlich sei als eine Waffe, die dem Abfeuern fester Geschosse diene.
Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

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BESCHLUSS
3 StR 17/10
vom
9. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1. - 3.: schwerer räuberischer Erpressung u. a.
zu 4.: Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. Februar
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 7. September 2009 aufgehoben, soweit die Angeklagten in den Fällen II. 1. bis 6. und 8. der Urteilsgründe verurteilt worden sind; jedoch bleiben in den Fällen II. 1. bis 6. der Urteilsgründe die bisherigen Feststellungen insgesamt und im Fall II. 8. der Urteilsgründe die bisherigen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung, den Angeklagten F. wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier Fäl- len, wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung sowie den Angeklagten Me. wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Die Angeklagte Me. hat es wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat; eine Digitalkamera und ein Mobiltelefon dieser Angeklagten hat es eingezogen.
3
Weiter hat das Landgericht festgestellt, dass der Anordnung des Verfalls von 365.050 € betreffend den Angeklagten M. , 345.050 € betreffend den Angeklagten F. , 339.000 € betreffend den Angeklagten Me. und 30.000 € betreffend die Angeklagte Me. lediglich Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
4
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
5
1. Die Schuldsprüche wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung und Verabredung einer schweren räuberischen Erpressung halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die vom Landgericht jeweils angenommene Qualifizierung der Taten wegen der Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) - die zu deren rechtlicher Te- norierung als "besonders schwer" hätte führen müssen (BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4) - wird von den Feststellungen nicht getragen.
6
Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB kein Durchladen der verwendeten Schusswaffe erfordert, sondern deren Unterladung durch Einfügen des bestückten Magazins genügt. Bedroht der Täter bei einer Raubtat das Opfer mit einer - geladenen oder unterladenen - Schreckschusswaffe, erfüllt er den Qualifikationstatbestand indes nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Kartuschenmunition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGHSt 48, 197). Dies hat das Landgericht nicht festgestellt; Feststellungen hierzu waren auch nicht entbehrlich, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne kann nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Der neue Tatrichter wird deshalb zur Bauart der Waffen ergänzende Feststellungen zu treffen haben.
7
Die sonstigen bisherigen Feststellungen sind in den Fällen II. 1. bis 6. der Urteilsgründe insgesamt rechtsfehlerfrei und können daher bestehen bleiben (§ 352 Abs. 2 StPO). Gleiches gilt hinsichtlich der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall II. 8. der Urteilsgründe. Jedoch hat sich das Landgericht insoweit nicht mit den Einlassungen der Angeklagten M. und F. auseinandergesetzt , sie hätten es für nicht strafbar gehalten, am Telefon die Durchführung eines Banküberfalls zu vereinbaren. Ob diese Angaben glaubhaft sind, sich die beiden Angeklagten aufgrund dessen in einem Verbotsirrtum befanden, dieser vermeidbar und gegebenenfalls von der Möglichkeit der Strafmilderung nach § 17 Satz 2 StGB Gebrauch zu machen war, hat das Landgericht nicht erörtert. Daher hat der Senat in diesem Fall die Feststellungen zur subjektiven Tatseite insgesamt aufgehoben.
8
2. Mit der Aufhebung der Verurteilung in den genannten Fällen kommen die insoweit für die jeweils beteiligten Angeklagten festgesetzten Einzelstrafen sowie die unter deren Einbeziehung gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen in Wegfall. Gleiches gilt für die Einziehungsanordnung sowie die Feststellung, dass die Anordnung des Verfalls in je unterschiedlicher Höhe wegen Ersatzansprüchen der Geschädigten ausgeschlossen ist. Insoweit sieht der Senat für das weitere Verfahren Anlass zu folgenden Hinweisen:
9
a) Die Einziehung der Digitalkamera und des Mobiltelefons der Angeklagten Me. ist schon für sich rechtsfehlerhaft. Die Kamera stellte sie dem Angeklagten M. im Falle II. 8. der Urteilsgründe zur Ausspähung möglicher Tatobjekte zur Verfügung. Da die Angeklagte an der Verabredung des Überfalls (§ 30 Abs. 2 StGB) nicht als Täterin beteiligt war und Beihilfe hierzu nicht leisten konnte (Fischer, StGB 57. Aufl. § 30 Rdn. 14), kommt lediglich eine Dritteinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, deren Voraussetzungen nicht festgestellt sind. Eine Verwendung des Mobiltelefons der Angeklagten Me. wird nicht ersichtlich.
10
b) Die Feststellung der Geldbeträge, hinsichtlich deren das Landgericht nur wegen des Bestehens von Ansprüchen Verletzter von der Anordnung des Wertersatzverfalls abgesehen hat (§ 111 i Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO), lässt besorgen, dass sie sich nicht auf den Wert des von den Angeklagten jeweils im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangten beschränkt. Bei mehreren Beteiligten an einer Tat ist entscheidend, was der einzelne Beteiligte selbst tatsächlich erlangt hat. Zwar reicht es aus, dass er die wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an dem Vermögensgegenstand erlangt, jedoch kann ihm nach § 73 StGB nicht darüber hinaus auch das zugerechnet werden, was ausschließlich von einem anderen Tatbeteiligten erlangt ist (Fischer aaO § 73 Rdn. 16 m. w. N.). Jedenfalls die Angeklagten Me. , denen die Angeklagten M. und F. nur nachträglich ihre Anteile ausbezahlten, hatten keine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt an der gesamten jeweils erzielten Tatbeute; gleichwohl hat das Landgericht sie ihnen zugerechnet.
11
Die Angeklagten sind hierdurch auch beschwert, denn der nach § 111 i Abs. 2 StPO festgestellte Betrag bestimmt den gegen sie gerichteten, aufschiebend bedingten Zahlungsanspruch des Staates (§ 111 i Abs. 5 Satz 1 StPO). Zu Recht hat das Landgericht deshalb auch die Beute aus der Tat II. 1. der Urteilsgründe , begangen vor Inkrafttreten der Neufassung von § 111 i StPO am 1. Januar 2007 (Gesetz vom 24. Oktober 2006; BGBI I 2350), nicht in seine Berechnung einbezogen (vgl. BGH NJW 2008, 1093; wistra 2008, 193; 2009, 241; NStZ-RR 2009, 56, 113).
12
Vermögensgegenstände, in die Verletzte die Zwangsvollstreckung betreiben (können), müssen im Urteil nicht bezeichnet werden (vgl. § 111 i Abs. 3 StPO).
13
3. Rechtsfehlerfrei ist die Verurteilung des Angeklagten Me. im Fall II. 7. der Urteilsgründe wegen versuchter Nötigung. Auch die insoweit festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten kann bestehen bleiben; der Senat vermag auszuschließen, dass die Höhe dieser Strafe durch die übrigen gegen diesen Angeklagten verhängten Einzelstrafen beeinflusst ist.
Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 8/11
vom
15. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Februar 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 4. Oktober 2010 wird mit der Maßgabe verworfen, dass nicht 6.980 g, sondern 6.490,4 g Marihuana eingezogen werden.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, ist die Einziehungsentscheidung des angefochtenen Urteils wegen der unrichtigen Bezeichnung der einzuziehenden Betäubungsmittelmenge wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern; im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
3
Gas- und Schreckschusswaffen sind nur dann Schusswaffen im strafund im waffenrechtlichen Sinne, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201; zu § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG siehe Weber, BtMG, 3. Aufl., § 30a Rn. 94). Hierzu hat der Tatrichter grundsätzlich besondere Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390). Indes genügt das Urteil diesen Anforderungen noch, denn das Landgericht führt aus, dass ein Einsatz der vom Angeklagten mitgeführten Gaspistole zu nicht unerheblichen Verletzungen hätte führen können , auch wenn sie deutlich weniger gefährlich sei als eine Waffe, die dem Abfeuern fester Geschosse diene.
Becker Pfister Hubert Schäfer Mayer

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Wer unbefugt

1.
inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt,
2.
die Berufsbezeichnung Arzt, Zahnarzt, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Psychotherapeut, Tierarzt, Apotheker, Rechtsanwalt, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter führt,
3.
die Bezeichnung öffentlich bestellter Sachverständiger führt oder
4.
inländische oder ausländische Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen trägt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Den in Absatz 1 genannten Bezeichnungen, akademischen Graden, Titeln, Würden, Uniformen, Amtskleidungen oder Amtsabzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen und Amtsabzeichen der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Nr. 4, allein oder in Verbindung mit Absatz 2 oder 3, bezieht, können eingezogen werden.

(1) Einer Ernennung bedarf es

1.
zur Begründung des Dienstverhältnisses eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit (Berufung),
2.
zur Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder umgekehrt (Umwandlung),
3.
zur Verleihung eines höheren Dienstgrades (Beförderung).

(2) Der Bundespräsident ernennt die Berufssoldaten, die Soldaten auf Zeit und die Offiziere der Reserve. Die übrigen Soldaten ernennt der Bundesminister der Verteidigung. Die Ausübung dieser Befugnisse kann auf andere Stellen übertragen werden.

(3) Der Bundespräsident setzt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Dienstgradbezeichnungen der Soldaten fest. Er erlässt die Bestimmungen über die Uniform der Soldaten und bestimmt die Kleidungsstücke, die mit der Uniform getragen werden dürfen, ohne Uniformteile zu sein. Er kann die Ausübung dieser Befugnisse auf andere Stellen übertragen.

(4) Unbeschadet der Vorgaben des Absatzes 3 Satz 2 können die weiteren Vorgaben zum Erscheinungsbild der Soldaten bei der Ausübung des Dienstes und bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug durch Rechtsverordnung geregelt werden. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen, Tätowierungen und sonstigen Modifikationen des Erscheinungsbilds im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Soweit Frauen in den Streitkräften unterrepräsentiert sind, können die Vorgaben zum Erscheinungsbild von Soldatinnen, insbesondere zur Haartracht und zum Tragen von Schmuck, als eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr von den Vorgaben für Soldaten abweichend geregelt werden. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die Erfüllung der Dienstpflichten zu beeinträchtigen oder wenn zwingende Besonderheiten des soldatischen Dienstes dies erfordern. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist zu untersagen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(5) Legt ein Soldat sein Mandat nieder und bewirbt er sich zu diesem Zeitpunkt erneut um einen Sitz im Deutschen Bundestag oder im Europäischen Parlament, so ist die Verleihung eines höheren Dienstgrades nicht zulässig. Satz 1 gilt sinngemäß für Soldaten, die in die gesetzgebende Körperschaft eines Landes gewählt worden sind, und zwar auch für die Zeit zwischen zwei Wahlperioden. Die Verleihung eines höheren Dienstgrades ist auch nicht zulässig, wenn ein Berufssoldat oder Soldat auf Zeit, dessen Rechte und Pflichten auf Grund der §§ 5, 6, 8 und 36 des Abgeordnetengesetzes oder entsprechender Rechtsvorschriften ruhen, einen Dienst nach § 51 Abs. 6 oder § 54 Abs. 4 leistet.

Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über

Gefangenenbefreiung (§ 120 Abs. 2),Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 Abs. 3),Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2, 5 und 6, §§ 204, 205),Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses (§ 206 Abs. 4),Vorteilsannahme und Bestechlichkeit (§§ 331, 332, 335 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 2, § 336),Körperverletzung im Amt (§ 340),Aussageerpressung (§ 343),Vollstreckung gegen Unschuldige (§ 345),Falschbeurkundung im Amt (§ 348) undVerletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1)
stehen Offiziere und Unteroffiziere den Amtsträgern und ihr Wehrdienst dem Amt gleich.

(2) Für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über Gefangenenbefreiung (§ 120 Abs. 2), Vorteilsannahme und Bestechlichkeit (§§ 331, 332, 335 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2, § 336), Falschbeurkundung im Amt (§ 348) und Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1) stehen auch Mannschaften den Amtsträgern und ihr Wehrdienst dem Amt gleich.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Angehöriger:wer zu den folgenden Personen gehört:
a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
2.
Amtsträger:wer nach deutschem Recht
a)
Beamter oder Richter ist,
b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a.
Europäischer Amtsträger:wer
a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3.
Richter:wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:wer, ohne Amtsträger zu sein,
a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5.
rechtswidrige Tat:nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6.
Unternehmen einer Tat:deren Versuch und deren Vollendung;
7.
Behörde:auch ein Gericht;
8.
Maßnahme:jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9.
Entgelt:jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für Straftaten, die Soldaten der Bundeswehr begehen.

(2) Es gilt auch für Straftaten, durch die militärische Vorgesetzte, die nicht Soldaten sind, ihre Pflichten verletzen (§§ 30 bis 41).

(3) Wegen Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2, 5 und 6, §§ 204, 205 des Strafgesetzbuches), wegen Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses (§ 206 Abs. 4 des Strafgesetzbuches) und wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 des Strafgesetzbuches) sind nach Maßgabe des § 48 auch frühere Soldaten strafbar, soweit ihnen diese Geheimnisse während des Wehrdienstes anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden sind.

(4) Wegen Anstiftung und Beihilfe zu militärischen Straftaten sowie wegen Versuchs der Beteiligung an solchen Straftaten ist nach diesem Gesetz auch strafbar, wer nicht Soldat ist.

Wer sich Befehlsbefugnis oder Disziplinarbefugnis anmaßt oder seine Befehlsbefugnis oder Disziplinarbefugnis überschreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in § 39 mit Strafe bedroht ist.

Wer unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer sich Befehlsbefugnis oder Disziplinarbefugnis anmaßt oder seine Befehlsbefugnis oder Disziplinarbefugnis überschreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in § 39 mit Strafe bedroht ist.

(1) Soldaten der Bundeswehr, denen militärische Wach- oder Sicherheitsaufgaben übertragen sind, sind befugt, in rechtmäßiger Erfüllung dieser Aufgaben nach den Vorschriften dieses Gesetzes Personen anzuhalten, zu überprüfen, vorläufig festzunehmen und zu durchsuchen, Sachen sicherzustellen und zu beschlagnahmen und unmittelbaren Zwang gegen Personen und Sachen anzuwenden.

(2) Soldaten verbündeter Streitkräfte, die im Einzelfall mit der Wahrnehmung militärischer Wach- oder Sicherheitsaufgaben betraut werden können, unterstehen vom Bundesminister der Verteidigung bestimmten und diesem für die Wahrnehmung des Wach- oder Sicherheitsdienstes verantwortlichen Vorgesetzten; sie können dann die Befugnisse nach diesem Gesetz ausüben.

(3) Wer, ohne Soldat zu sein, mit militärischen Wachaufgaben der Bundeswehr beauftragt ist (zivile Wachperson), hat in rechtmäßiger Erfüllung dieser Aufgaben die Befugnisse nach diesem Gesetz, soweit sie ihm durch das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von diesem bestimmte Stelle übertragen werden. Zivile Wachpersonen, denen Befugnisse nach diesem Gesetz übertragen werden, müssen daraufhin überprüft werden, ob sie persönlich zuverlässig, körperlich geeignet und im Wachdienst ausreichend vorgebildet sind sowie gute Kenntnisse der Befugnisse nach diesem Gesetz besitzen. Sie sollen das 20. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr nicht überschritten haben.

(1) Militärische Bereiche im Sinne dieses Gesetzes sind Anlagen, Einrichtungen und Schiffe der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte in der Bundesrepublik.

(2) Militärische Sicherheitsbereiche im Sinne dieses Gesetzes sind militärische Bereiche (Absatz 1), deren Betreten durch die zuständigen Dienststellen verboten worden ist, und sonstige Örtlichkeiten, die das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm bestimmte Stelle vorübergehend gesperrt hat. Sonstige Örtlichkeiten dürfen vorübergehend gesperrt werden, wenn dies aus Gründen der militärischen Sicherheit zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben der Bundeswehr unerläßlich ist; die nächst erreichbare Polizeidienststelle ist hiervon unverzüglich zu unterrichten. Militärische Sicherheitsbereiche müssen entsprechend gekennzeichnet werden.

(3) Die zuständigen Dienststellen der Bundeswehr können zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung in militärischen Sicherheitsbereichen für das Verhalten von Personen allgemeine Anordnungen erlassen und die nach diesem Gesetz befugten Personen ermächtigen, Einzelweisungen zu erteilen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts - große Strafkammer - Tübingen vom 28. Februar 2006 wird als unbegründet

v e r w o r f e n.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

 
1.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen erhob am 11. Oktober 2005 Anklage gegen und zum Amtsgericht - Strafrichter - Tübingen. Sie wirft in den Anklagepunkten 1. bis 56. jeweils Amtsanmaßung und in den Anklagepunkten 57. bis 64. jeweils Betrug im besonders schweren Fall in Tateinheit mit Amtsanmaßung vor, bei den Anklagepunkten 57. und 62. bis 64. gemeinschaftlich begangen mit. Diesem lastet die Staatsanwaltschaft in den Anklagepunkten 57. und 62. bis 64. gemeinschaftlich begangenen gewerbsmäßigen Betrug an.
... soll sich laut Anklagepunkt 1. am 20. August 2005 auf der von ihm betriebenen Internetseite www.Deutsches-Reich-heute.de als „Reichspräsident“ des Deutschen Reiches und „Präsident der Nationalversammlung“ bezeichnet haben, wobei er die Weiterexistenz des Deutschen Reiches und die Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland behauptet habe. Im Anklagepunkt 2. wird ihm angelastet, als „Präsident des Deutschen Reiches“ am 28. November 2004 in die „2. Nationalversammlung“ des Deutschen Reiches abgehalten, mehrere „Minister“ und „Staatssekretäre“ vorgestellt und vereidigt sowie eine Ernennungsurkunde zum „Staatssekretär des Reichsministeriums der Justiz“ ausgestellt zu haben. In den weiteren Anklagepunkten 3. bis 56. soll er als „Reichspräsident“ und Betreiber der „Zentrale Meldestelle Tübingen des Deutschen Reiches“ an seinem Wohnsitz in ... jeweils Personalausweise und/oder Führerscheine des „Deutschen Reiches“ ausgestellt und veräußert haben. Dem im Internet eingestellten Antragsformular sei der Hinweis beigefügt gewesen, dass Bürger des Staates „Deutsches Reich“ der Bundesrepublik Deutschland exterritorial gegenüber stehen und damit nicht den Behörden und der Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland unterstehen.
Wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Bedeutung des Falles (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG) legte das Amtsgericht mit Beschluss vom 02. Februar 2006 die Akten dem Landgericht gemäß § 209 Abs. 2 StPO zur Entscheidung vor. Dieses verneinte mit dem angefochtenen Beschluss eine eigene Zuständigkeit, da es sich weder um ein Verfahren besonderen Umfangs noch um ein Verfahren besonderer Bedeutung handele. Es ließ die Anklage hinsichtlich ... uneingeschränkt und hinsichtlich ... teilweise zu (Anklagepunkte 57. bis 64.) und eröffnete insoweit das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Tübingen. Im Übrigen lehnte es bezüglich die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen ab (Anklagepunkte 1. bis 56.). Gegen die teilweise Nichteröffnung richtet sich die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.
2.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Eine Verurteilung von wegen Amtsanmaßung scheidet aus rechtlichen Gründen aus.
a) Die Anklage geht in den Anklagepunkten 1. bis 56. davon aus, dass jeweils beide Handlungsalternativen des § 132 StGB erfüllt hat. Tatsächlich stehen diese jedoch in einem Spezialitätsverhältnis mit Vorrang der ersten Handlungsform, bei der das Auftreten des Täters als angeblicher Amtsträger als bestimmendes Merkmal den Sachverhalt unter einem besonderen Gesichtspunkt aus dem umfassenderen Anwendungsbereich der zweiten Alternative heraushebt (LK-von Bubnoff, StGB, 11. Aufl., § 132 Rn. 24, 41). Vorliegend kommt deshalb in den Anklagepunkten 1. und 2., bei denen sich der Angeklagte jeweils mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befasst haben soll, allenfalls eine Strafbarkeit gemäß § 132 1. Alt. StGB in Betracht, während sich in den Anklagepunkten 3. bis 56. eine mögliche Strafbarkeit nach § 132 2. Alt. StGB richtet. In diesen Anklagepunkten soll der Angeklagte, ohne eine Amtsinhaberschaft vorzutäuschen, durch das Ausstellen und Veräußern von Führerscheinen und Personalausweisen eine Handlung vorgenommen haben, die nur kraft öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf.
b) Die so bezeichneten Ämter eines „Reichspräsidenten“, „Präsidenten der Nationalversammlung“ oder „Präsidenten des Deutschen Reichs“ (Anklagepunkte 1. und 2.) stellen keine öffentlichen Ämter im Sinne des § 132 1. Alt. StGB dar. Schutzzweck dieser Norm ist ausschließlich die staatliche Autorität und das Ansehen des Staatsapparates, die beeinträchtigt werden, wenn amtliche Tätigkeit von Unbefugten ausgeübt und dadurch der Eindruck erweckt wird, als lägen Amtshandlungen vor, die in Wahrheit nicht unter der Kontrolle der staatlichen Organe zustande gekommen sind (h.M., vgl. BGHSt 3, 244; S/S-Cramer/Sternberg-Lieben, StGB, 27. Auflage, § 132 Rn. 1 m.w.N.). Hieraus folgt, dass es sich stets um inländische Dienststellungen handeln muss, also um Tätigkeiten, die auf einem bestimmten Amts-, Dienst- oder Auftragsverhältnis zu einer öffentlichen Stelle beruhen und deren Träger nach deutschem Bundes-, Landes- oder Kommunalrecht zu ihren Aufgaben bestellt sind (LK a.a.O. Rn. 10; MünchKommStGB-Hohmann, § 132 Rn. 8). Damit kommt in erster Linie die Ausübung einer Tätigkeit als Organ der Staatsgewalt im unmittelbaren oder mittelbaren Dienst von Bund, Ländern und Gemeinden sowie von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts in Betracht, bei letzteren, soweit sie der Erfüllung staatlicher Aufgaben dienen (Tröndle/Fischer, StGB, 53. Auflage, § 132 Rn. 3 m.w.N.). Wegen des Charakters des Tatbestandes als abstrakten Gefährdungsdelikts ist es dabei unbeachtlich, ob der Adressat die fehlende Befugnis durchschaut (LK a.a.O. Rn. 6). Darüber hinaus können aber grundsätzlich auch nicht existierende Ämter von dem Tatbestand der Amtsanmaßung erfasst werden, allerdings nur, wenn durch die Inanspruchnahme des „Amtes“ auf die Ausübung hoheitlicher bzw. staatlicher Funktionen hingewiesen wird und der Betroffene den Eindruck vermittelt bekommt, dass sich das Handeln des Täters auf Grund des angemaßten Amtes als ein hoheitliches (deutsches) Handeln darstellt (LK a.a.O. Rn. 14; MünchKommStGB a.a.O. Rn. 13; S/S a.a.O. Rn. 4).
„Reichspräsident“, „Präsident des Deutschen Reiches“ und „Präsident der Nationalversammlung“ bezeichnen keine in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Ämter oder Funktionen. Sie weisen auch nicht auf existente und von § 132 StGB geschützte inländische öffentliche Ämter hin, beispielsweise das des Bundespräsidenten. Gerade wegen der „besonderen Vergangenheit Deutschlands“ - worauf die Beschwerdeführerin abhebt - werden diese Bezeichnungen von einem unbefangenen Empfänger nicht mit dem heutigen deutschen Staat, sondern mit der Weimarer Republik und dem Deutschen Reich in Verbindung gebracht. Es ist deshalb auszuschließen, dass sich das Auftreten des Angeklagten unter einer der genannten Bezeichnungen einem objektiven Betrachter als ein hoheitliches Handeln eines bundesdeutschen Amtsträgers darstellt.
Eine Ausweitung des § 132 StGB auf Amtsbezeichnungen, die erkennbar und unverwechselbar früheren Zeiten zuzuordnen sind, verbietet sich. Die Staatsanwaltschaft begründet ihre Beschwerde damit, dass zwischen dem Deutschen Reich und der Bundesrepublik Deutschland eine Subjektidentität bestehe, nach der die Bundesrepublik nicht über eine andere Staatsgewalt als das Deutsche Reich, sondern über die fortbestehende deutsche Staatsgewalt verfüge. Deswegen nehme der Angeklagte bei seinem Auftreten beispielsweise als „Reichspräsident“ diese fortbestehende - und damit auch gegenwärtige - deutsche Staatsgewalt in Anspruch, auch wenn er sich nicht gleichzeitig ein Amt der Bundesrepublik Deutschland anmaße. Jedoch leiten sich die hoheitlichen Befugnisse eines Amtsträgers im Sinne des § 132 StGB nicht aus einer vom Deutschen Reich auf die Bundesrepublik fortbestehenden Staatsgewalt, sondern von Organen der gegenwärtigen Staatsgewalt ab, in deren Dienst dieser mittelbar oder unmittelbar steht. Wie bei den Ämtern der EU oder supranationaler Organisationen, die nach übereinstimmender Ansicht (vgl. etwa Tröndle/Fischer a.a.O. Rn. 4 m.w.N.) nicht von § 132 StGB erfasst werden, wäre eine solche Ausweitung vom Tatbestand des § 132 StGB nicht gedeckt.
c) In den Anklagepunkten 3. bis 56. wird dem Angeklagten die unbefugte Ausstellung und Veräußerung von Führerscheinen und Personalausweisen vorgeworfen, ihm also zur Last gelegt, dass er Handlungen begangen hat, die ausschließlich Amtsträgern vorbehalten sind. Für die Tatbestandsverwirklichung ist es zwar wegen des Deliktscharakters des § 132 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt ohne Belang, ob der Betroffene im Einzelfall die fehlende Befugnis des Täters zur Vornahme dieser hoheitlichen Tätigkeit erkennt. Dies gilt jedoch nicht, wenn, wie vorliegend, die vorgeworfene Tätigkeit für jedermann ersichtlich so weit von einer normalen staatlichen Tätigkeit abweicht, dass der Eindruck legalen staatlichen Handelns unter keinen Umständen entstehen kann (LK a.a.O. Rn. 13). Es fehlt dann an der abstrakten Gefährdung und damit an der Tatbestandserheblichkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 17. August 2004 - 4 Ws 219/2004; MünchKommStGB a.a.O. Rn. 3).
10 
Für die Frage, ob der Angeklagte nach dem äußeren Anschein hoheitliche Tätigkeit ausgeübt hat, ist aus Sicht eines unbefangenen Beobachters unter dem Gesichtspunkt der Verwechselbarkeit zu prüfen, ob und inwieweit die von ihm hergestellten Führerscheine und Personalausweise den amtlichen Führerscheinen und Personalausweisen der Bundesrepublik entsprechen (BGHSt 40, 8). Auch wenn insoweit nicht erforderlich ist, dass sie in allen Punkten der für die amtlichen Dokumente vorgeschriebenen Form genügen, und es ausreicht, dass sie nach dem äußeren Anschein „amtlich“ wirken, scheidet § 132 2. Alt. StGB wegen fehlender Verwechslungsgefahr aus, wenn wesentliche Inhalts- oder Formerfordernisse nicht gewahrt sind, deren Fehlen die Wirksamkeit echter amtlicher Schriftstücke beeinträchtigt (MünchKommStGB a.a.O. Rn. 20). So liegt es hier. Auch wenn die vom Angeklagten ausgestellten Führerscheine und Personalausweise in ihrer äußeren Aufmachung eine gewisse Ähnlichkeit mit den entsprechenden bundesdeutschen Dokumenten aufweisen, so überwiegen doch die Elemente, aus denen der unbefangene Betrachter sogleich unzweifelhaft ihren nichtamtlichen Charakter erkennt. Abzustellen ist dabei maßgeblich auf die in beiden Dokumenten zentral und in einer heute unüblichen Schriftart des Deutschen Reiches angebrachten Ausstellerbezeichnung „Deutsches Reich“, die es auf den ersten Blick deutlich macht, dass es sich eben nicht um amtliche Dokumente handelt. Auch der als Aussteller bezeichnete „Polizeipräsident in Groß-Berlin“ lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass diese Führerscheine und Personalausweise nicht von hierzu befugten amtlichen Stellen ausgestellt sind. In dem auf der Rückseite unter „Bemerkungen“ angebrachten Passus wird überdies, zwar rechtlich unzutreffend, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „... der Inhaber dieses Führerscheins bzw. dieses Personalausweises ... der Gerichtsbarkeit ... der USA unterliegt ... und der Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland ... exterritorial gegenüber (steht)“, so dass sich spätestens hieraus jedem objektiven Beobachter die offenkundige Nichtamtlichkeit erschließt.
11 
d) Eine anderweitige Strafbarkeit des Angeklagten ist insoweit nicht ersichtlich.
12 
Eine Ahndung wegen einer Ordnungswidrigkeit scheidet ebenfalls aus. Zwar kommt in Betracht, dass der Angeklagte in den Anklagepunkten 3. bis 56. jeweils eine Ordnungswidrigkeit nach § 124 OWiG (unbefugte Benutzung des Bundesadlers) begangen hat. Eine solche wäre jedoch verjährt. (Verjährungsfrist sechs Monate, §§ 124 Abs. 3, 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG). Die Beendigung der Tat (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG) ist mit Herstellen des „Dokumentes“ eingetreten und nicht erst mit dessen Gebrauch.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 231/06
vom
29. August 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
bzw. nach dessen Anhörung und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 29. August 2006 gemäß §§ 154 Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1
analog StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird gemäß §154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte Rajwinder S. im Fall II. 6 der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) das Urteil des Landgerichts Rostock vom 16. Dezember 2005, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass er des gewerbs - und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen, des Einschleusens von Ausländern in vier Fällen, des versuchten Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen, der Beihilfe zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt eines Ausländers und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen schuldig ist,
b) die Höhe eines Tagessatzes der gegen den Angeklagten im Fall II. 1 der Urteilsgründe verhängten Geldstrafe auf einen Euro festgesetzt. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die übrigen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen, wegen Einschleusens von Ausländern in sechs Fällen, wegen versuchten Einschleusens von Ausländern und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 48.000 Euro angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte im Fall II. 6 der Urteilsgründe (= Fall 7 der Anklage) wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist.
4
2. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 1 der Urteilsgründe (= Fall 2 der Anklage) des Einschleusens von Ausländern gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. AuslG schuldig gesprochen hat, tragen die Feststellungen den Schuldspruch nicht. Der Angeklagte hat nämlich nicht zum wiederholten Male (vgl. hierzu BGH NJW 1999, 2829), sondern erstmals einem Ausländer zu einer der in § 92 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 6 AuslG bezeichneten Handlung Hilfe geleistet. Sein Verhalten stellt sich deshalb nur als Beihilfe zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt eines Ausländers dar.
5
Im Fall II. 8 der Urteilsgründe (= Fall 4 der Anklage) hat sich der Angeklagte nicht, wie vom Landgericht angenommen, des vollendeten, sondern nur des versuchten Einschleusens von Ausländern strafbar gemacht. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen händigte der Angeklagte einem sich gesetzwidrig in Dänemark aufhaltenden indischen Ehepaar gegen Entgelt für Dritte ausgestellte Pässe aus, damit dieses illegal nach Spanien einreisen und sich dort aufhalten konnte. Um der Ehefrau unberechtigt eine für diese kostenlose ärztliche Behandlung zu ermöglichen, übergab er ihr zudem eine hierfür besorgte Krankenversicherungskarte. Die Ausreise scheiterte, weil das Ehepaar bei der Passkontrolle auf dem Flughafen in Kopenhagen festgenommen wurde. Da nicht belegt ist, dass die Krankenbehandlung in Dänemark erfolgen sollte, erschöpft sich die Unterstützung des Angeklagten in der Förderung der gescheiterten Einreise nach Spanien (vgl. hierzu BGH StV 1999, 382).
6
3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich im Hinblick auf die geänderten Schuldsprüche in den Fällen II. 1 und 8 der Urteilsgründe nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
7
4. Die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können bestehen bleiben.
8
Hinsichtlich der für den Fall II. 1 der Urteilsgründe verhängten Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen ist auszuschließen, dass das Landgericht bei einer Verurteilung wegen Beihilfe zur unerlaubten Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt eines Ausländers auf eine noch geringere Strafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat allerdings die Festsetzung der Tagessatzhöhe unterlassen. Dieser bedarf es aber auch dann, wenn - wie hier - aus der Einzelgeldstrafe und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist (vgl. BGHSt 30, 93, 96; BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 1). Der Senat setzt die Tagessatzhöhe - entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts - auf den Mindestsatz von einem Euro (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB) fest.
9
Auch für die im Fall II. 8 der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe (ein Jahr Freiheitsstrafe) bleibt die Änderung des Schuldspruchs ohne Auswirkung; denn für den ähnlich gelagerten, wegen versuchten Einschleusens von Ausländern abgeurteilten Fall II. 10 der Urteilsgründe hat das Landgericht eine Einzelstrafe in derselben Höhe verhängt.
10
Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt zwar zum Wegfall einer Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe; angesichts des Gewichts der verbleibenden zehn Taten sowie der Höhe der dafür festgesetzten Einzelstrafen schließt der Senat jedoch aus, dass sich der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. 6 der Urteilsgründe auf den Ausspruch über die – maßvolle - Gesamtstrafe ausgewirkt hat.
11
5. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten (verbleibenden) Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRiBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Ortsabwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 297/09
vom
3. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren räuberischen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 3. September 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 11. Februar 2009 werden verworfen; jedoch wird das Urteil
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass die Angeklagten des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind;
b) im Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten A. dahin ergänzt, dass auch das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 (Az.: 82 Ls 10 Js 1227/08 - 27/08) in die Verurteilung einbezogen wird.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten des "schweren" räuberischen Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten A. unter Einbeziehung der Urteile des Amtsgerichts Wuppertal vom 2. Dezember 2005, 9. März 2006 und 26. April 2007 eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt sowie gegen den Angeklagten D. unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt. Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind mit folgenden Maßgaben unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO:
2
Da die Angeklagten - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht haben, hat der Senat den Schuldspruch dahin gefasst, dass sie des besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig sind; denn die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt eine Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei welcher der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschl. vom 7. März 2006 - 3 StR 52/06; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
3
Die Einbeziehung des gegen den Angeklagten A. ergangenen Urteils des Amtsgerichts Wuppertal vom 25. September 2008 in die Verurteilung dieses Angeklagten ist in der Entscheidungsformel ausweislich der Urteilsgründe infolge eines offensichtlichen Versehens unterblieben. Der Senat hat den Urteilstenor deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ergänzt.
Sost-Scheible Pfister Hubert
Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 622/10
vom
2. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 2. Februar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 6. Juli 2010 aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes schuldig ist.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und den Vorwegvollzug der Frei- heitsstrafe vor der Maßregel in Höhe von einem Jahr und drei Monaten angeordnet. Seine Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch ist dahingehend neu zu fassen, dass der Angeklagte wegen besonders schweren Raubes verurteilt ist. Das Landgericht hat wegen des lebensgefährlichen Stichs in den Bauch des Geschädigten zutreffend die Qualifikationstatbestände des § 250 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3a und Nr. 3b StGB als verwirklicht angesehen. Diese Qualifikationen müssen in der nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO erforderlichen rechtlichen Bezeichnung der Straftat im Urteilstenor zum Ausdruck kommen (BGH NStZ 2010, 101). Der Senat kann den Schuldspruch selbst ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
3
Die Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzuges kann keinen Bestand haben. Die Kammer hat es versäumt, die voraussichtliche Dauer der Suchtbehandlung bis zur Erzielung eines Behandlungserfolges anzugeben und individuell zu bestimmen (BGH NStZ-RR 2009, 172; Fischer StGB 58. Aufl. § 67 Rn. 11b mwN). Damit fehlt die für die Berechnung des Vorwegvollzuges erforderliche Grundlage. Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 574/06
vom
16. Januar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Januar 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 21. Juli 2006
a) im Schuldspruch dahingehend klargestellt, dass der Angeklagte statt eines "Verstoßes gegen das Waffengesetz" des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die wegen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verhängte Einzelfreiheitsstrafe und über die Gesamtstrafe mit den zum Einsatz der Waffe als Drohmittel getroffenen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Soweit dem Angeklagten eine schwere räuberische Erpressung sowie eine räuberische Erpressung zum Nachteil der Zeugin A. zu Last gelegt worden sind, hat das Landgericht ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge zum Strafausspruch in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und führt zu einer Klarstellung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen eines Vergehens nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG verurteilt hat, wird der Schuldspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte des unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig ist. Die Formel „wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz“ reicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) nicht aus (vgl. BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Nr. 3 a Führen 1; BGH, Beschluss vom 14. März 2000 – 4 StR 3/00).
4
2. Die auf eine Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO gestützte Verfahrensrüge hat zu den Aussprüchen über die wegen unerlaubten Besitzes und Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verhängte Freiheitsstrafe und über die Gesamtstrafe Erfolg.
5
a) Der Verteidiger des Angeklagten hat in der Hauptverhandlung die Vernehmung der Zeuginnen Tai D. und Duc N. beantragt, zum Beweis dafür - dass der Angeklagte der Zeugin A. am 12. Februar 2006 entgegen deren Bekundungen in der Hauptverhandlung "nicht in das China-Restaurant folgte und keine Waffe in der Hand hielt", - dass die Zeugin S. entgegen den Bekundungen der Zeugin A. bereits etwa November 2005 und daher jedenfalls auch Januar 2006 mit in der Wohnung der Zeugin A. gewohnt hat.
6
Diesen Beweisantrag hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen , die genannten Beweistatsachen seien für die Entscheidung ohne Bedeutung. Inwieweit die benannten Zeugen Angaben dazu machen könnten, ob der Angeklagte der Zeugin in das Restaurant gefolgt sei, habe für die Entscheidung deswegen keine Bedeutung, weil sich hieraus lediglich mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse ergäben. Die möglichen Schlüsse wolle die Kammer angesichts des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht ziehen. Zwischen der unter Beweis gestellten Tatsache, dass die Zeugin S. etwa ab November 2005 in der Wohnung der Zeugin A. gewohnt habe, und den abzuurteilenden Tatsachen bestehe kein Zusammenhang. Soweit sich aus dieser Beweistatsache mögliche Schlussfolgerungen ergäben, seien diese für die Kammer nicht zwingend.
7
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihr keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst (vgl. BGHSt 2, 284, 286; BGH NStZ 1981, 401; BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 15 m.w.N.). Geht es - wie hier - um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, bedarf es daher der Begründung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst lassen würde (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 244 Rdn. 43 a m.w.N.). Die erforderliche Begründung der Ablehnung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit entspricht grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (vgl. BGH StV 2003, 369, 370).
8
Diesen Voraussetzungen genügt der Beschluss des Landgerichts nicht. Die tatsächliche Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen liegt hier auch nicht auf der Hand, so dass sich die Rüge deswegen als unbegründet erweisen würde (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12). Bei der Bemessung der wegen des unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr hat das Landgericht strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte die Waffe „auch in der Öffentlichkeit geführt und zur Bedrohung der Zeugin A. benutzt hat.“ Die Feststellungen hierzu hat das Landgericht, soweit sie den Einsatz der Waffe als Drohmittel betreffen, allein auf Bekundungen der Zeugin A. gestützt, deren Bekundungen es insoweit für glaubhaft erachtetet hat. Aus welchen Gründen die unter Beweis gestellten Indiztatsachen im Falle ihres Erwiesenseins keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Glaubhaftigkeit dieser Bekundungen gehabt hät- ten, ist nicht ersichtlich, zumal das Landgericht in den Urteilsgründen ausgeführt hat, die Zeugin habe „im Rahmen ihrer Aussage nicht streng zwischen eigener Wahrnehmung und später mitgeteilten Informationen“ unterschieden und „teilweise Lücken nach eigenem Gutdünken“ ausgefüllt.
9
c) Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung der wegen der tateinheitlich begangenen Vergehen nach dem Waffengesetz verhängten Freiheitsstrafe mit den Feststellungen zum Einsatz der Waffe als Drohmittel und zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
10
Der Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe wird dagegen von dem Verfahrensfehler nicht berührt, weil der insoweit geständige Angeklagte die Waffe seit etwa August 2005 in seinem Pkw „gut versteckt“ hatte und das Magazin der Waffe aufmunitioniert war, als sie am 12. Februar 2006 nach der Festnahme des Angeklagten in dessen Pkw aufgefunden wurde. Damit ist auch der Tatbestand des Führens dieser halbautomatischen Kurzwaffe unabhängig davon, ob der Angeklagte sie als Drohmittel einsetzte , hinreichend belegt (Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 4 zu § 1 Abs. 4 WaffG; vgl. Steindorf, Waffenrecht 8. Aufl. § 1 Rn. 51). Auch die Verurteilung in den übrigen Fällen wird von dem Verfahrensfehler nicht berührt. Soweit sie die Vorfälle am 7. Februar 2006 betrifft, beruht sie ausschließlich auf anderen Beweismitteln ; soweit sie die Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin A. am 12. Februar 2006 betrifft, beruht die Verurteilung auf dem Geständnis des Angeklagten.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann