Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11

bei uns veröffentlicht am05.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 423/11
vom
5. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur schweren räuberischen Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 5. Oktober 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 7. April 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass
a) in der Urteilsformel die Worte „in einem besonders schweren Fall“ und „gemeinschaftlichem“ entfallen,
b) die Höhe des Tagessatzes der wegen versuchten Betrugs verhängten Geldstrafe auf 1 Euro festgesetzt wird. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte „wegen Anstiftung zu einer schwe- ren räuberischen Erpressung in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichem Diebstahl in einem besonders schweren Fall in zehn Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, in Tatmehrheit mit versuchtem gemeinschaftlichem Betrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
2
1. Zu der Rüge der Verletzung des § 245 Abs. 2 StPO bemerkt der Senat ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts:
3
Dass das Landgericht den Antrag auf Verlesung der vorgelegten Briefe des Mitangeklagten St. an die Angeklagte mit der Begründung abgelehnt hat, die Beweisbehauptungen seien erwiesen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision meint, dass der Ablehnungsbeschluss den Inhalt des Beweisantrags nicht erschöpfe, ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt ein ordnungsgemäßer Beweisantrag vorliegt (a); jedenfalls ist die Revisionsrüge diesbezüglich nicht ordnungsgemäß ausgeführt (b).
4
a) Die Behauptung in dem in der Hauptverhandlung vom 6. April 2011 gestellten Antrag auf Verlesung der vorgelegten Briefe des Mitangeklagten St., in diesen Briefen komme deutlich zum Ausdruck, dass der Mitangeklagte St. im Falle der Weigerung der Angeklagten, Zeichen ihrer Liebe zu erwidern, sie mit allen Mitteln belasten werde, bezeichnet keine Beweistatsache, sondern nur das Beweisziel. Wie bei jedem Beweisantrag ist es aber auch im Fall des § 245 Abs. 2 Satz 1 StPO erforderlich, dass die Tatsachen benannt werden, die geeignet sein sollen, das Beweisziel zu bestätigen. In dem Beweisantrag hätten deshalb die behaupteten Drohungen in den über einen Zeitraum von mehreren Monaten mit einem Umfang von über 100 Seiten verfassten Briefen konkret bezeichnet werden müssen, insbesondere die Textstellen, aus denen sich die Ankündigung einer wahrheitswidrigen Belastung der Angeklagten durch den Mitangeklagten ergeben soll.
5
b) Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe den Umfang der Beweisbehauptung verkannt, weil durch die Verlesung der Briefe nicht nur bewiesen werden sollte, dass der Mitangeklagte St. „die Angeklagte F. geliebt hat und nicht bereit war, die alleinige strafrechtliche Verantwortung zu übernehmen“ , sondern auch, dass er der Angeklagten bereits angedroht hatte, „sie im Falle einer Nichterwiderung seiner Liebe mit allen Mitteln zu belasten“, fehlt auch hier eine genaue Darlegung des Wortlauts dieser Drohung(en) (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, mögliche – über die vom Landgericht als erwiesen angesehene angekündigte Belastung der Angeklagten hinausgehende – Drohungen in den vorgelegten Briefen zu suchen. Auch hat die Revision nicht vorgetragen, dass sie einer möglichen sachwidrigen Einengung der Beweisbehauptung bereits in der Hauptverhandlung entgegengetreten ist; dies wäre als Reaktion auf den verkündeten Gerichtsbeschluss hier angesichts des ungenau formulierten Beweisziels unerlässlich gewesen.
6
2. Soweit das Landgericht die Angeklagte wegen versuchten Betrugs zu einer Einzelgeldstrafe verurteilt hat, holt der Senat die unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhe nach und legt sie entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auf einen Euro fest. Dass die Geldstrafe in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war, lässt die Notwendigkeit einer solchen Festsetzung nicht entfallen (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, und vom 15. März 2011 – 4 StR 40/11 Rn. 23).
7
3. Die Urteilsformel war entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts zu berichtigen; weder die mittäterschaftliche Begehung noch die Annahme des Regelbeispiels besonders schwerer Fälle des Diebstahls finden im Schuldspruch Ausdruck (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 24, 25 mwN).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Franke Mutzbauer

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 245 Umfang der Beweisaufnahme; präsente Beweismittel


(1) Die Beweisaufnahme ist auf alle vom Gericht vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen nach § 214 Abs. 4 vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken, es sei denn

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2011 - 4 StR 423/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 4 StR 40/11

bei uns veröffentlicht am 15.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 40/11 vom 15. März 2011 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 132, 132a Zur Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung und wegen unbefugten Tragens von inländischen Uniformen u

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Beweisaufnahme ist auf alle vom Gericht vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen nach § 214 Abs. 4 vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft herbeigeschafften Beweismittel zu erstrecken, es sei denn, daß die Beweiserhebung unzulässig ist. Von der Erhebung einzelner Beweise kann abgesehen werden, wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte damit einverstanden sind.

(2) Zu einer Erstreckung der Beweisaufnahme auf die vom Angeklagten oder der Staatsanwaltschaft vorgeladenen und auch erschienenen Zeugen und Sachverständigen sowie auf die sonstigen herbeigeschafften Beweismittel ist das Gericht nur verpflichtet, wenn ein Beweisantrag gestellt wird. Der Antrag ist abzulehnen, wenn die Beweiserhebung unzulässig ist. Im übrigen darf er nur abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen oder offenkundig ist, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung kein Zusammenhang besteht oder wenn das Beweismittel völlig ungeeignet ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

23
Soweit das Landgericht den Angeklagten darüber hinaus wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer (weiteren) Einzelgeldstrafe verurteilt hat, holt der Senat die unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhe nach und legt sie entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auf einen Euro fest. Dass die Geldstrafe in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war, lässt die Notwendigkeit einer solchen Festsetzung nicht entfallen (Senatsbeschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, und vom 29. August 2006 – 4 StR 231/06).