Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:300118B4STR284.17.0
bei uns veröffentlicht am30.01.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 284/17
vom
30. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:300118B4STR284.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Februar 2017
a) im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil des Nebenklägers P. ) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Nötigung schuldig ist,
b) im Fall II. 3 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil der Nebenklägerin W. ) sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung sowie vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin W. (Fall II. 3 der Urteilsgründe) hat keinen Bestand.
3
1. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
4
Nachdem der Angeklagte, die Nebenklägerin und ein gemeinsamer Bekannter in den Abendstunden des 26. Juli 2015 auf einem Platz in M. über mehrere Stunden hinweg Alkohol konsumiert hatten, begab sich die angetrunkene Nebenklägerin, begleitet von dem Angeklagten, auf den Nachhauseweg. An einer abgelegenen Stelle stieß der Angeklagte die völlig überraschte Nebenklägerin zu Boden, riss ihr die Kleider vom Leib, kniete sich auf sie und verlangte die Durchführung des Oralverkehrs, während er ihr seinen Penis vor den Mund hielt. Als sie schrie und den Angeklagten zu kratzen versuchte, schlug er unter anderem dreimal mit seiner Faust gegen ihren Kopf. Unter dem Eindruck der erlittenen Schläge und angesichts der überlegenen Körperkraft des Angeklagten nahm die Nebenklägerin den Penis des Angeklagten daraufhin in ihren Mund. Da sie die Durchführung des Oralverkehrs aber nicht über sich brachte, drehte sie ihren Kopf weg, wodurch das Geschlechtsteil des Angeklagten aus ihrem Mund geriet. Daraufhin würgte sie der Angeklagte mit seinen Händen, um den Oralverkehr doch noch zu erzwingen. Nachdem die Nebenklägerin infolge des Würgens das Bewusstsein verloren hatte, ließ er von ihr ab und entfernte sich vom Tatort.
5
2. Das angefochtene Urteil war im Fall II. 3 aufzuheben. Die Beweiswürdigung leidet an durchgreifenden Rechtsfehlern; sie ist insbesondere lückenhaft. Die Urteilsgründe belegen die Voraussetzungen einer vollendeten Vergewaltigung (hier: Oralverkehr) nicht.
6
a) In einem Fall, in dem – wie im vorliegenden – Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im Wesentlichen davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. November 1998 – 2 StR 496/98, NStZ-RR 1999, 108; Beschluss vom 23. Mai 2000 – 1 StR 156/00, NStZ 2000, 496, 497). Deshalb ist es in derartigen Fällen in der Regel erforderlich, die Entstehung und Entwicklung der betreffenden Aussage im Urteil zu erörtern (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2000 aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 – 2 StR 258/07, StV 2008, 237, Rn. 6).
7
b) Diesen erhöhten Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
8
aa) Der Angeklagte hat den Tatvorwurf insgesamt bestritten. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung u.a. bekundete, keine „genaue und zusammenhängende“ Erinnerung mehr an das Tatgeschehen im Allgemeinen und keine „besonders klare Erinnerung“ an den Oralverkehr im Besonderen zu haben. Dessen zeitliche Einord- nung konnte sie nur im Wege der Rekonstruktion des Geschehensablaufs insgesamt vornehmen. Sie war sicher, dass der Angeklagte von ihr den Oralverkehr verlangt hatte, zeigte sich jedoch unsicher, „ob und wenn ja wann“ sie den Penis des Angeklagten in den Mund genommen hatte. Im weiteren Verlauf der Vernehmung erklärte sie, sie sei sich insoweit „zu 40 – 50 % sicher“. Das Landgericht hat sich vom Tageschehen einschließlich des Oralverkehrs auf der Grundlage der von ihr als glaubhaft eingestuften Aussage der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung überzeugt. Die „in einigen Punkten fehlende Konsistenz“ zwischen ihrer Aussage bei der Polizei nach der Tat und in der Hauptverhand- lung sei mit ihrer Verwirrtheit infolge des Würgevorgangs und ihrer „Einstellung zur Polizei“ erklärbar; sie habe bei der Anzeigeerstattung den Eindruck gehabt, man schenke ihren Angaben dort keinen Glauben. Entscheidend für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben spreche, dass sie in ihrer zusammenhängenden Aussage davon ausgegangen sei, den Penis des Angeklagten im Mund gehabt zu haben, und dass sie ihre Gefühle unmittelbar davor und danach habe beschreiben können. Es sei zwar möglich, dass der Angeklagte von seinem Vorhaben, den Oralverkehr zu vollziehen, Abstand genommen habe. Ein Grund dafür sei jedoch nicht ersichtlich, weshalb insoweit nach einer Gesamtschau „keine ver- nünftigen Zweifel“ am Vorliegen eines vollendeten Oralverkehrs verblieben.
9
bb) Es kann dahinstehen, ob diese Erwägungen des Landgerichts bereits für sich genommen den Anforderungen an eine widerspruchsfreie Würdigung des Beweisergebnisses noch genügen oder die Beweiswürdigung insoweit – auchunter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs im Revisionsverfahren (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f.; Urteil vom 6. Dezember 2007 – 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146, 147) – wegen widersprüchlicher Ausführung zur Vollendung eines Oralverkehrs an einem auf die Sachrüge zu beachtenden Rechtsmangel leidet. Die Beweiswürdigung ist insoweit jedenfalls durchgreifend lückenhaft, weil die Angaben der Nebenklägerin bei der Polizei und die Umstände der Aussageentstehung nicht mitgeteilt werden. Ob das Landgericht die Angaben der Nebenklägerin gerade zur Frage der Vollendung des Oralverkehrs zutreffend bewertet hat, kann der Senat daher letztlich nicht überprüfen. Der Verweis auf die „in einigen Punkten“ fehlende Konsistenz zwischen ihrer Aus- sage bei der Polizei und ihren Angaben in der Hauptverhandlung vermag diese Lücke nicht zu schließen, weil schon offen bleibt, ob sich die Abweichungen im Aussageinhalt auf das Kerngeschehen (Oralverkehr) oder lediglich auf Umstände am Rande beziehen. Es kommt hinzu, dass die im Urteil mitgeteilten Fragmente der Aussage der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung erhebliche Widersprüche aufweisen, wovon auch die Strafkammer erkennbar ausgeht. Diese Widersprüche und Unsicherheiten betreffen jedoch den Kern des Tatvorwurfs einer vollendeten Vergewaltigung in Gestalt erzwungenen Oralverkehrs. Eine umfassende Darlegung aller Bekundungen der Nebenklägerin vom Zeitpunkt der Anzeigeerstattung an war daher umso mehr geboten.
10
3. Darüber hinaus begegnet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe auch die Voraussetzungen der Qualifikationen des § 177 Abs. 4 Nr. 2a und b StGB aF bzw. § 177 Abs. 8 Nr. 2a und b StGB nF erfüllt, mit Blick auf die subjektive Tatseite durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
Der subjektive Tatbestand setzt für beide Tatmodalitäten mindestens bedingten Vorsatz voraus. Bezüglich Nr. 2a muss sich dieser auf die besonderen Folgen der Tat beziehen; ein gewöhnlicher Körperverletzungsvorsatz genügt nicht (MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 Rn. 86). Auch hinsichtlich der Verursachung der Lebensgefahr muss der Täter (zumindest bedingt) vorsätzlich gehandelt haben. § 18 StGB findet insoweit keine Anwendung (vgl. dazu i.E. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 4 StR 464/00, BGHSt 46, 225, 226 ff. mwN). Zu den diesbezüglichen Vorstellungen des Angeklagten verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht.
12
Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

II.


13
1. Im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil des Nebenklägers P. ) führt das Rechtsmittel des Angeklagten zu einer Änderung des Schuldspruchs.
14
Die Strafkammer hat in diesem Fall den Tatbestand der sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 1, 2 Nr. 5 StGB in der zum Zeitpunkt der Urteilsfällung geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I 2460) mit der Begründung angewendet, dass diese Vorschrift bei ansonsten gleichem Strafrahmen im Unterschied zu § 240 Abs. 1, 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 StGB aF einen minder schweren Fall vorsehe. Es hat indes die Voraussetzungen eines solchen minder schweren Falles mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung verneint. Ist bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise (vgl. dazu Fischer, StGB, 65. Aufl., § 2 Rn. 10) der jeweilige Strafrahmen aber identisch, ist das zur Tatzeit geltende Recht anzuwenden (BGH, Beschluss vom 26. Mai 1998 – 4 StR 184/98; Fischer, aaO, Rn. 10a).
15
Der Senat ändert den Schuldspruch dahin ab, dass der Angeklagte der Nötigung schuldig ist. Der Strafausspruch bleibt davon unberührt. Nach den Urteilsgründen ist auszuschließen, dass das Landgericht einen Fall angenommen hätte, in dem trotz Erfüllung des Regelbeispiels der Strafrahmen des § 240 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF nicht zur Anwendung gekommen wäre.
16
2. Im Übrigen (Fall II. 1 der Urteilsgründe, Tat zum Nachteil der Nebenklägerin K. ) hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Strafgesetzbuch - StGB | § 18 Schwerere Strafe bei besonderen Tatfolgen


Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2018 - 4 StR 284/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2000 - 1 StR 156/00

bei uns veröffentlicht am 23.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 156/00 vom 23. Mai 2000 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2000 gemäß § 349 Abs.4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angek

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2000 - 4 StR 464/00

bei uns veröffentlicht am 12.12.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 464/00 vom 12. Dezember 2000 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB § 177 Abs. 4 1. § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB ist kein erfolgsqualifiziertes Delikt, sond

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 156/00
vom
23. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2000 gemäß § 349
Abs.4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 13. September 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte im Sommer 1996 in zwei Fällen sexuelle Handlungen an seiner zur Tatzeit 13 Jahre alten Nichte L. B. vorgenommen. Der erste Vorfall spielte sich in einem im Garten aufgestellten Zelt ab. Dort übernachteten L. B. und die zwei Jahre jüngere Tochter des Angeklagten S. . Die Kinder entdeckten eine Spinne und riefen ängstlich den Angeklagten herbei, der die Spinne beseitigte. Da die Kinder weiter Angst hatten, blieb der Angeklagte über Nacht bei ihnen
im Zelt; er legte sich zwischen die Mädchen. In der Folgezeit faßte er L. B. mit der Hand unter dem Schlafanzug an die Scheide. Der zweite Vorfall ereignete sich einige Tage später im Schlafzimmer des Angeklagten, wo dieser – bekleidet mit einer kurzen Hose und einem T-Shirt – auf dem Bett liegend fernsah. L. B. und S. kamen hinzu und legten sich links und rechts neben den Angeklagten aufs Bett. Nach einiger Zeit schickte der Angeklagte S. weg; sie sollte Zigaretten holen. Als der Angeklagte mit L. – die mit einer Unterhose und einem T-Shirt bekleidet war – allein war, zog er das Mädchen auf sich und bewegte es mehrfach mit beischlafähnlichen Bewegungen auf und ab.
2. Der Angeklagte hat die sexuellen Handlungen bestritten. Das Landgericht stützt sich bei seiner Überzeugungsbildung im wesentlichen auf die belastenden Bekundungen L. s. Es hält – in Übereinstimmung mit der Glaubwürdigkeitsgutachterin – die Aussage der Zeugin für glaubhaft.
L. habe zwar das Tatgeschehen nur knapp geschildert; das sei aber auf das in sich gekehrte und ängstliche Wesen der Zeugin zurückzuführen. Für eine zuverlässige Aussageanalyse liege gleichwohl ein hinreichend guter quantitativer Detailreichtum vor. Auch seien die Aussagen der Zeugin seit ihrer Erstaussage gegenüber dem Zeugen B. B. , einem weiteren Onkel der Zeugin, konstant geblieben.
Bei der Aussageentstehung sei das ängstliche Wesen der Zeugin zu bedenken. So erkläre sich auch, warum sie die Vorfälle für eine lange Zeit zunächst für sich behalten habe. Erst der Aufruhr, welcher durch den von der Zeugin verübten Diebstahl der Geldbeutel der Töchter des Angeklagten ent-
standen sei, habe ihr Anlaß und Gelegenheit gegeben, sich über die sexuellen Handlungen zu offenbaren. Den Diebstahl habe sie verübt, um zu erreichen, daß sich ihre Familie und die des Angeklagten entzweien; so habe sie zukünftige Begegnungen mit dem Angeklagten verhindern wollen. Die Aufdeckung des Diebstahls scheide mithin als Motiv für eine Falschbelastung aus. Die sexuellen Handlungen habe die Zeugin nicht deshalb offenbart, um den Diebstahl zu rechtfertigen.
Eine Beeinflussung der Zeugin durch Verwandte schließt die Kammer aus. Dies gelte insbesondere für ihre Tante E. , die ihrerseits dem Angeklagten vorwarf, er habe sich vor über 20 Jahren an ihr sexuell vergangen. Auch die Aussagesituation – die starke emotionale Beteiligung der Zeugin in der Hauptverhandlung – spreche für ihre Glaubwürdigkeit. Schließlich sei die Zeugin hinreichend aussagetüchtig, und es sei höchst unwahrscheinlich , daß sie derartige Angaben erfinden könne.
Der Entlastungsaussage von S. glaubt das Landgericht nicht. Diese hatte bekundet, der Angeklagte habe in beiden Fällen nicht in der Mitte, sondern neben ihr gelegen. Von sexuellen Handlungen habe s ie nichts bemerkt , auch sei sie nicht aus dem Schlafzimmer zum Zigarettenholen gegangen. Zwar habe S. auch B. B. gegenüber, der sie auf die Übernachtungen angesprochen hatte, die Vorgänge so geschildert. Diese ”Aussagekonstanz” führe indes nicht zur Glaubhaftigkeit ihrer Aussage, denn S. habe sich schon vor der ersten Befragung durch B. B. mit den Vorwürfen auseinandersetzen können. Aufgrund einer Frage L. s an sie nach der Übernachtung im Zelt, was es mit der Berührung der Scheide auf sich habe , hätte S. geahnt, was in jener Nacht vor sich gegangen sein mußte.

II.

1. Anklage und Eröffnungsbeschluß sind wirksam; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift Bezug genommen.
2. Das angefochtene Urteil enthält durchgreifende Beweiswürdigungsfehler. In einem Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im wesentlichen davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 1999, 108).

a) So ist es in Fällen der vorliegenden Art in aller Regel erforderlich, die Entstehung und Entwicklung der Aussage aufzuklären (BGH, Urteil vom 17. August 1999 – 1 StR 293/99 –; BGHSt 45, 164; BGH NStZ 1995, 558; NStZ 1996, 295; StV 1998, 250; StV 1999, 307; NStZ-RR 1999, 108). Das gilt vor allem dann, wenn ein Zusammenhang mit familiären Auseinandersetzungen nicht von vornherein auszuschließen ist (BGH NStZ 1999, 45). Wenn zudem – was hier ersichtlich der Fall ist – vor Beginn der strafrechtlichen Ermittlungen ”private Befragungen” zu den Tatvorwürfen erfolgt sind, so ist der Beweiswert belastender Angaben – insbesondere vor dem Hintergrund familiärer Auseinandersetzungen und bei dem Kind möglicherweise geweckter Erwartungen zum Inhalt seiner Aussage – besonders kritisch zu prüfen. Zur erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, sind die Erkenntnisquellen zur Aussageentstehung auszuschöpfen
(vgl. BGH NStZ 1995, 558). In solchen Fällen ist auch die Aussagemotivation kritisch zu prüfen (vgl. BGHSt 45, 164).

b) Diesen erhöhten Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
aa) Die Aussageentstehung ist nur sehr knapp geschildert, wenn es heißt, erst der Aufruhr, welcher durch das Verschwinden der Geldbeutel entstanden war, habe L. Anlaß und Gelegenheit gegeben, sich zu offenbaren. Der Zeitpunkt des ”Aufruhrs” und die Umstände der Strafanzeige werden nicht mitgeteilt. Eher beiläufig erfährt man, daß die Zeugin die ”Erstaussage” gegenüber ihrem Onkel B. B. gemacht hat. Wie es zu der Erstaussage – vor allem im Zusammenhang mit dem Anlaß ”Diebstahlsvorwurf innerhalb der Familie” – gekommen ist, wird pauschal damit wiedergegeben, daß B. B. den Hintergrund der ersten Ä ußerungen beschrieben habe (UA S. 8). Der Inhalt jener Erstaussage – auf deren Konstanz mit späteren Aussagen das Landgericht abhebt – wird nicht einmal im Aussagekern wiedergegeben.
Das Landgericht begründet nicht näher, warum die Schilderung der Zeugin glaubhaft sei, sie habe mittels des Diebstahls die Familien entzweien und dadurch weitere sexuelle Übergriffe verhindern wollen. Die Revision beanstandet zu Recht, daß das Zwietrachtmotiv schon deshalb nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, weil die Zeugin den Diebstahl ersichtlich erst nach dem ”Aufruhr” zwischen den Familien offenbart hat. Schon deshalb konnte der Ausschluß des Falschbelastungsmotivs ”Rechtfertigung für den Diebstahl” nicht allein mit der Persönlichkeit der Zeugin begründet werden.
bb) Da der wesentliche Inhalt der – hier entscheidungserheblichen – Erstaussage nicht mitgeteilt wird, ist auch die Begründung der Glaubhaftigkeit mit der Aussagekonstanz (im Kerngeschehen, vgl. BGH NStZ 2000, 217) einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Zudem waren die rechtsfehlerfrei festgestellten (siehe unten) Bekundungen der Zeugin zum Kerngeschehen offenbar nicht so detailliert, daß die angenommene Widerspruchsfreiheit (UA S. 9) hinreichend aussagekräftig ist. In diesem Zusammenhang wäre zudem zu erörtern gewesen, inwieweit die Aussage der Zeugin zum Kern des Geschehens durch intensive ”private Befragungen” im Familienkreis beeinflußt und die ”Erinnerung” der Zeugin durch nachfolgende Informationen ”überschrieben” wurde.
cc) In diesem Fall wäre auch eine Aussageanalyse anhand von Realitätskriterien wenig aussagekräftig (BGHSt 45, 164). Hinzu kommt, daß die Zeugin das (sexuelle) Kerngeschehen – jedenfalls nach der Darstellung im Urteil – keineswegs signifikant detailreich geschildert hat. Die Erwähnung der Spinne ist zwar ein außerordentlich originelles Detail, auch im Zusammenhang mit dem Anlaß für das Übernachten des Angeklagten, allerdings ist es nicht untrennbar mit dem sexuellen Kerngeschehen verflochten. Dem Urteil lassen sich als einzige tatbezogene Glaubwürdigkeitskriterien ”eigene psychische Vorgänge” und ”vermutete psychische Vorgänge des Angeklagten während des Tatgeschehens” entnehmen; diese werden aber nicht näher beschrieben. Ob das geschilderte Gespräch zwischen der Zeugin und S. nach der Nacht im Zelt (UA S. 4) – ein signifikantes Gesprächskennzeichen – tatsächlich und auch mit diesem Inhalt stattgefunden hat , wird keiner Beweiswürdigung unterzogen (UA S. 8 einerseits und UA S. 10 andererseits).
dd) Da schon diese Erörterungs- und Begründungsmängel zur Aufhebung des Urteils führen müssen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beanstandung der Revision zutrifft – was auch der Generalbundesanwalt annimmt –, bei der Würdigung der Aussage S. s im Zusammenhang mit diesem Gespräch liege ein Zirkelschluß vor.
Maul Granderath Nack Boetticher Schluckebier

Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 464/00
vom
12. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB ist kein erfolgsqualifiziertes Delikt, sondern
setzt auch hinsichtlich des Eintritts der Gefahr Vorsatz voraus.
2. Der Täter verwendet ein gefährliches Werkzeug gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 1
StGB auch dann, wenn er es ausschließlich zur Vornahme der sexuellen
Handlung einsetzt.
BGH, Beschluß vom 12. Dezember 2000 - 4 StR 464/00 - LG Stendal
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Dezember 2000 gemäß
§§ 44 ff., 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Stendal vom 23. Mai 2000 und von Amts wegen nach Versäumung der Frist zur Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.
Der Beschluß des Landgerichts Stendal vom 25. August 2000, durch den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II.2.c) der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch im Fall II.2.b) der Urteilsgründe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
d) soweit davon abgesehen worden ist, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen und (wegen) gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; ferner hat es eine Einziehungsanordnung getroffen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat - nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO - mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). 2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit das Landgericht ihn im Fall II.2.a) der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt hat. Auch
der Schuldspruch wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung (Fall II.2.b) der Urteilsgründe) sowie die Einziehung der "Metallfigur MutterGottes" halten rechtlicher Nachprüfung stand. Dahinstehen kann, ob sich die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (§ 230 StGB) in der Anklageschrift vom 24. März 2000 auch auf die im Fall II.2.b) abgeurteilte (einfache) Körperverletzung bezieht; dies ist hier zweifelhaft , weil die Anklage von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen war (vgl. BGHSt 19, 377, 379; s. auch BGHSt 6, 282, 284). Dem Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO ist aber jedenfalls eine solche - konkludente - Erklärung für den Fall zu entnehmen, daß die Verfahrensvoraussetzung zunächst gefehlt haben sollte (vgl. BGHSt 19, 377, 381; BGH bei Dallinger MDR 1974, 546). Im übrigen kann das Urteil jedoch nicht bestehen bleiben:
a) Im Fall II.2.c) der Urteilsgründe hält der Schuldspruch wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. aa) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen würgte der Angeklagte am 10. November 1999 nach vorangegangenem Alkoholgenuß Frau B. , mit der er seit ca. 10 Jahren zusammenlebte, bis zur Bewußtlosigkeit und führte sodann eine ca. 16 cm große "Metallfigur, die von vorne einer MutterGottes -Figur und von hinten einem männlichen Glied gleicht und außer einer Kante am Fußsockel eine glatte Oberfläche und runde Formen" (UA 6) hatte, den Kopf der Figur mit der rechten Hand haltend, "mit voller Wucht" in die Scheide des Opfers ein, so daß der Gegenstand fast vollständig verschwand. Die Kante am Sockel verursachte einen ca. 15 cm langen Scheidenschnitt bis zum Muttermund und eine klaffende Wunde in der Scheidenhaut hinter dem
Muttermund. Wegen des hohen Blutverlustes, der auch zu einem kurzzeitigen Blutdruckabfall führte, bestand Lebensgefahr, die wegen der - vom Angeklagten veranlaßten - ärztlichen Versorgung der Geschädigten abgewendet werden konnte. bb) Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit einer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB schuldig gesprochen, weil der Angeklagte die Geschädigte fahrlässig in die Gefahr des Todes gebracht habe. Dies ist rechtsfehlerhaft: Nach § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB wird der Täter einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung bestraft, wenn er das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt. Zwar hat das Landgericht zu Recht eine Vergewaltigung bejaht, weil die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB gegeben sind. Seine weitere Annahme, für die Erfüllung des qualifizierenden Merkmals in § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB genüge in subjektiver Hinsicht Fahrlässigkeit des Täters, trifft aber nicht zu; die Vorschrift enthält nämlich kein erfolgsqualifiziertes Delikt, sondern setzt gemäß § 15 StGB auch hinsichtlich des Eintritts der konkreten Todesgefahr für das Opfer zumindest bedingten Vorsatz voraus (so auch Laubenthal Sexualstraftaten [2000] Rdn. 205; Fischer in Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 177 Rdn. 31; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 177 Rdn. 12; Renzikowski NStZ 1999, 377, 384; Schroth Strafrecht BT 3. Aufl. S. 97; a.A. Horn in SK-StGB § 177 Rdn. 34 und allgemein für den Eintritt einer konkreten Gefahr: Gössel in Festschrift für Lange 1976 S. 219, 221; Tröndle in Tröndle/Fischer aaO § 18 Rdn. 2). Dies hat der Senat bereits zu der entsprechend formulierten, ebenfalls als Qualifikation durch das 6. StrRG eingefügten Vorschrift des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB entschieden (BGH NJW 1999, 3131 mit zust. Anm. Radtke NStZ 2000, 89 und Stein JR 2000, 115);
ebenso wie in jenem Fall bedarf es auch hier keiner Entscheidung der Frage, ob die Herbeiführung einer konkreten Lebensgefahr überhaupt eine besondere Folge im Sinne des § 18 StGB sein kann (so BGHSt 26, 176, 180 ff.; a.A. Stein aaO S. 116 m.w.N.). Vom Wortlaut der Vorschrift her mag zwar eine andere Sichtweise auch möglich erscheinen (vgl. Kühl in 50 Jahre Bundesgerichtshof - Festgabe aus der Wissenschaft 2000 S. 237, 243 f.). Allerdings unterscheidet sich der Wortlaut des § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB deutlich von demjenigen des sich unmittelbar anschließenden Tatbestands der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge gemäß § 178 StGB, welcher in einer an sich (vgl. aber etwa § 226 Abs. 2 StGB) für erfolgsqualifizierte Delikte typischen Weise (s. §§ 221 Abs. 3, 227 Abs. 1, 235 Abs. 5, 251, 306 b Abs. 1 StGB) das "Verursachen" der schweren Folge sprachlich hervorhebt. Auch ist zu berücksichtigen , daß die Formulierung des § 18 StGB ("besondere Folge") - wie auch der hieran anknüpfende Tatbestand des § 226 Abs. 1 StGB und die Intention des Gesetzgebers bei der Einfügung des § 56 StGB a.F. (Schroeder in LK 11. Aufl. § 18 Rdn. 8) zeigen - jedenfalls in erster Linie die Realisierung der dem Grunddelikt eigentümlichen Gefahr im Blick hat, während § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB allein auf eine Konkretisierung dieser Gefahr abhebt (vgl. Rudolphi in SK-StGB § 18 Rdn. 1 f.; Paeffgen in NK-StGB § 18 Rdn. 9; Renzikowski aaO S. 383). Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, daß dessen Wortlaut demjenigen anderer Vorschriften - insbesondere des § 250 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. = § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB n.F. - entspricht, für welche die Rechtsprechung Vorsatz auch hinsichtlich des Gefahrerfolgs verlangt (BGHSt 26, 244, 245; BGH StV 1991, 262).
Mit der Formulierung in § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB wollte der Gesetzgeber sich gerade an die genannte Raubqualifikation anlehnen (BTDrucks. 13/9064 S. 12 f.), ohne deren Auslegung durch die Rechtsprechung infrage zu stellen (BTDrucks. 13/8587 S. 45, 13/9064 S. 17 f.). Auch hat er die Vorschrift aus dem § 177 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StGB i.d.F. des 33. StrÄ ndG entwickelt: Für konkrete Gefahrerfolge als Regelbeispiele wird indes auch von der Gegenauffassung Vorsatz gefordert (Tröndle aaO; Gössel aaO S. 222; vgl. aber § 218 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB); daß aber die Anhebung der Strafuntergrenze von zwei Jahren auf fünf Jahre mit einer Absenkung der Anforderungen an die innere Tatseite einhergehen sollte, kann nicht angenommen werden. In Übereinstimmung mit der Auslegung des § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB durch den Senat hat der Gesetzgeber des 6. StrRG in § 330 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB das Bringen eines anderen Menschen in die konkrete Gefahr des Todes als eine Vorsatz voraussetzende Qualifikation und die Verursachung des Todes als eine Erfolgsqualifikation ausgestaltet (so ausdrücklich BTDrucks. 13/9064 S. 23). Darüber hinaus ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, daß der Täter neben dem auf das Grunddelikt bezogenen Vorsatz auch Gefährdungsvorsatz hinsichtlich der konkreten Todesgefahr für das Opfer der sexuellen Nötigung (Vergewaltigung) haben muß: Auch die anderen - eine mit dem vollendeten Totschlag übereinstimmende Strafuntergrenze von fünf Jahren rechtfertigenden - Qualifikationstatbestände des § 177 Abs. 4 StGB setzen Vorsatz voraus; nur die Annahme eines Vorsatzdelikts ergibt ferner eine sinnvolle Abstufung des Unrechts- und Schuldgehalts der einzelnen Tatbestände und der Strafrahmen in den §§ 177 und 178 StGB.
cc) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zum Fall II.2.c) kann der Schuldspruch gemäß § 177 Abs. 4 StGB auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden: Allerdings hat der Angeklagte bei der Tat objektiv ein gefährliches Werkzeug i.S.des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwendet; denn die Metallfigur war - infolge des Einführens in die Scheide mit dem Sockel nach vorne - geeignet, erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGH NStZ 1999, 242 f.; 2000, 419). Der Erfüllung dieser Qualifikation steht nicht entgegen , daß der Angeklagte die Figur ausschließlich bei der sexuellen Handlung, nicht aber als Nötigungsmittel einsetzte (vgl. aber Horn aaO § 177 Rdn. 32; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 29; s. auch Mitsch ZStW 111, 65, 103 f. [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]): Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, weil das Gesetz mit der Formulierung "bei der Tat" an beide Bestandteile des zweiaktigen Grunddelikts anknüpft; dies kann nur so verstanden werden, daß der Einsatz des gefährlichen Werkzeugs ausschließlich zur Vornahme der sexuellen Handlung genügt. Nicht anders ist dieselbe Formulierung bei der im gleichen Absatz geregelten weiteren Qualifikation der schweren körperlichen Mißhandlung aufzufassen (Laubenthal aaO Rdn. 202; Horn aaO § 177 Rdn. 33 i.V.m. 29; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 30 i.V.m. § 176a Rdn. 11). Das gleiche ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB: Die Strafschärfung soll dem unrechts- und schulderhöhenden Umstand Rechnung tragen , daß der Täter die Gefahren für das Tatopfer durch den Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs gesteigert hat (vgl. Laubenthal aaO Rdn. 196; BGH, Beschluß vom 17. Februar 1999 - 5 ARs 2/99 [zu § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB]); die Gefahrerhöhung hängt aber nicht davon ab, ob der Täter das Werkzeug bei der Nötigung oder bei dem sexuellen Geschehen einsetzt. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Regelung in § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB, die allerdings nur das Beisichführen betrifft, möglicherweise zunächst an "tat-
qualifizierende Nötigungsmittel" gedacht (s. aber Horn aaO § 177 Rdn. 29); zur Begründung der weiteren Qualifikationsstufe in § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB hat er aber auf diese Formulierung nicht zurückgegriffen (vgl. BTDrucks. 13/9064 S. 12 f.), sondern konsequenterweise mit der Wendung "bei der Tat", die in § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB fehlt, auf beide Teile des zweiaktigen Grunddelikts gleichermaßen Bezug genommen. In systematischer Übereinstimmung damit können die anderen Qualifikationen in § 177 Abs. 4 StGB nicht nur durch die Nötigung, sondern auch (allein) durch die sexuelle Handlung verwirklicht werden (vgl. Laubenthal aaO Rdn. 202, 205; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 31 und 30 i.V.m. § 176a Rdn. 11; so auch Renzikowski aaO S. 383 zum Merkmal "durch die Tat" in § 177 Abs. 3 Nr. 3 StGB); eine Beschränkung auf die Nötigungsalternative wie in § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB ist dem Gesetz in § 177 Abs. 4 StGB fremd. dd) Den Feststellungen ist jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, daß der Angeklagte insoweit vorsätzlich gehandelt hat: Er war erheblich alkoholisiert, hatte die Figur, die er vor der Tat eingefettet hatte, "um sie geschmeidiger zu machen", am Vortag ohne Verletzungsfolgen in die Scheide des Opfers gesteckt und holte unverzüglich Hilfe, nachdem er den Gegenstand - allerdings mit voller Wucht - zuvor eingeführt hatte; welche Konsequenzen aus der - zum objektiven Tatablauf widerlegten - Einlassung des Angeklagten, er habe die Figur mit dem Kopf voran eingeführt, für die subjektive Tatseite zu ziehen sind, kann dem Urteil nicht entnommen werden. Die Schnittverletzungen hat das Landgericht ihm jedenfalls nicht zum Vorsatz zugerechnet.
Für die Annahme einer schweren körperlichen Mißhandlung gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a StGB genügen die bisher getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht (vgl. BGH NJW 2000, 3655). ee) Da andererseits nicht fernliegt, daß ein neuer Tatrichter die Voraussetzungen einer der Qualifikationen in § 177 Abs. 4 StGB feststellt - ein Lebensgefährdungsvorsatz (vgl. BGHSt 22, 67, 73 ff.; 26, 244, 246) wird auch im Blick auf das Würgen bis zur Bewußtlosigkeit zu prüfen sein -, führt der Rechtsfehler zur Aufhebung des Urteils im Fall II.2.c) insgesamt, auch soweit der Angeklagte der tateinheitlich verwirklichten Körperverletzung für schuldig befunden worden ist (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Die Aufhebung hat den Wegfall der Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zur Folge. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat hebt ferner die Einzelstrafe im Fall II.2.b) auf, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Fehler auch auf die Höhe dieser Einzelstrafe ausgewirkt hat.
b) Nicht bestehen bleiben kann das Urteil auch, soweit das Landgericht es abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen. Das Erfordernis einer solchen Maßregel ist vom Revisionsgericht auch dann zu überprüfen, wenn - wie hier - lediglich der Angeklagte das erstinstanzliche Urteil angefochten hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5), sofern er nur diesen Beschwerdepunkt von der Anfechtung des Urteils nicht ausdrücklich ausgenommen hat (BGHSt 38, 362); das ist nicht geschehen. Das sachverständig beratene Landgericht hat mit allerdings knappen, allgemein gehaltenen Ausführungen einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten zu übermäßigem Alkoholgenuß und der
Tat sowie der künftigen Gefährlichkeit bejaht (vgl. zu Sexualdelikten als Anlaßtaten BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 3 m.w.N.); die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs (BVerfGE 91, 1) hat es indes verneint. Doch genügt entgegen der Auffassung der Strafkammer für die Annahme der Aussichtslosigkeit noch nicht, daß der Angeklagte "nicht therapiebereit" und "krankheitsuneinsichtig" ist. Fehlende Therapiebereitschaft und mangelnde Einsicht können zwar Indizien dafür sein, daß eine Entwöhnungsbehandlung keine Erfolgschancen hat (vgl. BGH NJW 2000, 3015, 3016). Andererseits bedarf es in solchen Fällen der Prüfung und Darlegung, daß auch mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Angeklagten nicht zu erreichen wäre (BGH NStZ-RR 2000, 299, 300; 1996, 355, 356; BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7). Dies gilt hier um so mehr, als der Angeklagte sich "wegen seines Alkoholproblems" vorübergehend einer Selbsthilfegruppe angeschlossen und damit eine gewisse Einsicht in seine Suchterkrankung gezeigt hat; die Gründe für das Scheitern der "Therapie" teilt das Landgericht nicht mit. 3. Im übrigen weist der Senat für die neue Hauptverhandlung vorsorglich auf folgendes hin:
a) Im Fall II.2.c) wird der neue Tatrichter auch § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, der anders als § 223 StGB und § 229 StGB (zur Möglichkeit von Tateinheit s. BGH NStZ 1997, 493) kein relatives Antragsdelikt ist (§ 230 StGB; s. o. Ziff. 2), zu prüfen haben (vgl. zum Würgen bis zur Bewußtlosigkeit BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz 1 [a.E.]; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - 1 StR 731/97 und Beschluß vom 11. Juli 2000 - 4 StR 238/00); das Verschlechterungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StGB stünde einem entsprechenden Schuldspruch nicht entgegen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 331 Rdn. 8).
Die nachteilige Berücksichtigung der "äußerst brutale(n) Vorgehensweise" und der "Intensität der Tatbegehung" bei der Strafrahmenwahl sowie der konkreten Strafzumessung zu diesem Fall begegnet - nicht anders als die strafschärfend gewertete "Handlungsintensität" im Rahmen der Gesamtstrafenbildung - durchgreifenden Bedenken im Blick auf das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Diese Umstände gehören zum Regelbild des verwirklichten Straftatbestands des § 177 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b StGB und sind daher kein zulässiger Strafschärfungsgrund. Da zudem die Art der Tatausführung, soweit sie auf der schuldmindernden geistig-seelischen Verfassung des Täters beruht, diesem nicht uneingeschränkt angelastet werden darf (BGH NStZ 1997, 592, 593; 1998, 84, 85; Tröndle/Fischer aaO § 21 Rdn. 6; § 46 Rdn. 19 und 22), bestehen auch gegen die strafschärfende Berücksichtigung der "brutale(n) Vorgehensweise" im Fall II.2.b) rechtliche Bedenken (vgl. hierzu auch BGH StV 1998, 76; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Strafzumessung 13; Tröndle/Fischer aaO § 177 Rdn. 36). Im Blick auf die ausdrückliche Herausnahme der alkoholbedingten verminderten Schuldfähigkeit aus der konkreten Strafzumessung weist der Senat ferner darauf hin, daß die eine Strafrahmenmilderung bewirkenden Umstände mit ihrem verbleibenden Gewicht in die Gesamtwürdigung einzustellen sind (vgl. BGHR StGB § 50 Strafhöhenbemessung 1 bis 5).
b) Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben zu prüfen, ob wegen der rechtskräftigen Vorverurteilung des Angeklagten vom 28. August 1997 eine nachträgliche Gesamtstrafe mit der Einzelstrafe für die zuvor begangene gefährliche Körperverletzung (Fall II.2.a) gebildet werden muß; sofern zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB vorgelegen haben, ist diese auch dann nachzuholen, wenn die früher verhängte Strafe inzwischen erledigt ist (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1 und Fehler 2).
Meyer-Goßner Kuckein Athing

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.