Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2016 - 4 StR 174/16

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:121016B4STR174.16.0
published on 12/10/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2016 - 4 StR 174/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 174/16
vom
12. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Geldwäsche
ECLI:DE:BGH:2016:121016B4STR174.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 20. August 2015 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einzelstrafe im Fall II. 3. Tat 89 der Anklage auf ein Jahr sechs Monate festgesetzt wird.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Geldwäsche in 104 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt und den Verfall eines Geldbetrages von 130.000 € angeordnet.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat überwiegend keinen Erfolg.
3
1. Die Verfahrensrügen versagen.
4
Zur Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO bemerkt der Senat in Ergänzung zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. Mai 2016:
5
a) Dass die Negativmitteilung des Vorsitzenden erst am 11. Hauptverhandlungstag das Einlassungsverhalten des Angeklagten infolge eines Informationsdefizits beeinflusst haben könnte, das Urteil also auf einem möglichen Verfahrensfehler beruht, schließt der Senat in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt aus. Der Angeklagte entschloss sich erst am 48. Hauptverhandlungstag zu einer Einlassung; mit ihm waren Verständigungsgespräche zuvor (und auch später) nicht geführt worden.
6
b) Die verspätete bzw. unzureichende Mitteilung des Vorsitzenden über ausschließlich die Mitangeklagten betreffende Verständigungsgespräche kann ein in diese Erörterungen nicht einbezogener Mitangeklagter regelmäßig nicht rügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 2 BvR 989/14, NStZ 2014, 528, 529; BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 123/14, juris Rn. 4). Ein Ausnahmefall, vergleichbar dem, über den der 2. Strafsenat mit Urteil vom 21. Juli 2015 (2 StR 75/14, NStZ 2016, 228 ff.) entschieden hat, liegt nicht vor.
7
c) Im Übrigen entnimmt der Senat dem Revisionsvortrag, dass eine Mitteilung über während des Laufs der Hauptverhandlung in Bezug auf die Mitangeklagten geführte Verständigungsgespräche jeweils zeitnah erfolgt ist. Dies gilt angesichts der Zahl der Angeklagten sowie der Komplexität der Tatvorwürfe und der demgemäß über mehr als 60 Tage andauernden Hauptverhandlung auch, soweit dies zum Teil erst einen oder mehrere Verhandlungstage später geschah. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO schreibt seinem Wortlaut nach keinen Zeitpunkt für die Mitteilung vor. Zwar ist nach dem Zweck des Gesetzes regelmäßig eine umgehende Information im Anschluss an Verständigungsgespräche geboten , doch sind davon auch Ausnahmen möglich (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/15, NStZ 2015, 353). Soweit der Angeklagte, wie er weiter vorträgt, zu der vom Vorsitzenden angekündigten Verfahrensweise ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat, könnte die Verfahrensrüge schon deshalb keinen Erfolg haben (vgl. dazu LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 337 Rn. 212 mwN).
8
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
9
Jedoch verringert der Senat die im Fall II. 3. Fall 89 der Anklage festgesetzte Einzelstrafe, dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend, in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO um drei Monate auf ein Jahr und sechs Monate. Das Landgericht, das sich bei der Festsetzung der Einzelstrafen maßgeblich von der Höhe der jeweils transportierten Geldbeträge hat leiten lassen , hat bei der Strafzumessung in diesem Fall – erkennbar versehentlich – einen Betrag von 75.000 € statt des – tatsächlich festgestellten – Betrages von 38.000 € zu Grunde gelegt und eine Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Die vom Senat vorgenommene Herabsetzung entspricht im Ergebnis der im Fall II. 3. Tat 156 der Anklage für einen Transport von 40.000 € festgesetzten Einzelstrafe.
10
Dass von dieser Herabsetzung die Höhe der Gesamtstrafe beeinflusst sein könnte, kann der Senat sicher ausschließen.
VRinBGH Sost-Scheible befin- Roggenbuck Franke det sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Roggenbuck
Bender Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.