Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2018 - 3 StR 639/17

bei uns veröffentlicht am28.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 639/17
vom
28. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung
ECLI:DE:BGH:2018:280518B3STR639.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 17. Juli 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt: "I. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Störung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstat auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen ist. Das Tatgericht ist dabei verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen , dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017 - 3 StR 317/17, juris Rn. 5 m.w.N.).
II. Diesem Maßstab wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Die Feststellungen des Landgerichts, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt möglicherweise aufgehoben, jedenfalls zumindest erheblich vermindert war (UA S. 5), genügen nicht den Anforderungen an eine nachvollziehbare und beweiswürdigend belegte Darstellung.
1. Erforderlich ist auf der Ebene der Darlegungsanforderungen stets eine konkretisierende Darstellung, in welcher Weise sich die näher festgestellte psychische Störung bei Begehung der jeweiligen Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ-RR 2017, 202 m.w.N.). Beurteilungsgrundlage ist das konkrete Tatgeschehen, wobei neben der Art und Weise der Tatausführung auch die Vorgeschichte, der Anlass zur Tat, die Motivlage des Angeklagten und sein Verhalten nach der Tat von Bedeutung sein können (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - 2 StR 57/17, BeckRs 2017, 118916 Rn. 8 m.w.N.).
2. Das Urteil des Landgerichts wird den Anforderungen einer solchen spezifisch tatbezogenen Auseinandersetzung nicht gerecht.

a) Nach den Feststellungen leidet der Angeklagte an einer schizoaffektiven Störung und zeigt wahnhaft halluzinatorische Erlebnisweisen, ein deutlich ausgeprägtes depressives Syndrom mit depressiver Verstimmung, einem Interessens-
verlust und Freudlosigkeit sowie negativen und pessimistischen Lebenseinstellungen. Das Landgericht hat überdies festgestellt, dass die vorliegende Tat zu dieser Störung in engem Zusammenhang steht (UA S. 3 f.). Den Ausführungen des Sachverständigen, dem sich die Strafkammer ohne weitergehende Ausführungen angeschlossen hat (UA S. 10), ist dagegen nicht zu entnehmen, wie sich die schizoaffektive Störung konkret auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei den Anlasstaten ausgewirkt haben soll. Der Sachverständige ist zu der Erkenntnis gelangt, dass ein zu der bei dem Angeklagten diagnostizierten Störung vergleichbares Krankheitsbild auch am Tattag durch die Polizisten festgestellt worden sei, welche den Angeklagten als sprunghaft paranoid beschrieben haben. Daher und aufgrund des bekannten langjährigen und durchgehend chronischen Krankheitsverlaufs und der einschlägigen Vorgeschichte sei davon auszugehen, dass auch im Tatzeitraum Krankheitsaktivität bestanden habe (UA S. 8 f.). Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen (UA S. 9) sei bei dem Angeklagten eine Einsichtsfähigkeit zum Tatzeitpunkt möglicherweise nicht vorhanden gewesen. Es sei möglich, dass der Angeklagte die Tat aufgrund seiner paranoiden Realitätswahrnehmung für gerechtfertigt hielt. Es seien zudem psychopathologische Hinweise für eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit vorhanden. Es sei zu vermuten, dass psychotische Störungen des Realitätsbezugs bestanden und dass Verhaltensweisen durch Wahn und Halluzinationen bestimmt waren. Die Steuerungsfähigkeit sei zum Tatzeitpunkt daher zumindest erheblich vermindert, möglicherweise auch aufgehoben.

b) Diese Ausführungen lassen eine ausreichende Darstellung der auf den Angeklagten bezogenen konkreten Auswirkungen seiner psychischen Erkrankung zur Tatzeit vermissen (vgl. hierzu BGH NStZ-RR 2017, 202, 203). Die dargestellten Schlussfolgerungen des Sachverständigen und ihm folgend des Landgerichts beschränken sich auf bloße Vermutungen und allgemeine Feststellungen. Welche Wahnvorstellungen und Halluzinationen der Angeklagte hatte und wie sich diese auf dessen Steuerungsfähigkeit ausgewirkt haben, teilt das Urteil nicht mit. Denn aus den Feststellungen geht lediglich
hervor, dass der Angeklagte nach einem Streit mit seiner Mutter verärgert war und anschließend die Tat begangen hat (UA S. 4 f.). Der von der Strafkammer festgestellte enge Zusammenhang der Tatbegehung zu der Störung des Angeklagten wird zudem durch das Urteil nicht beweiswürdigend belegt. Allein aus dem Umstand, dass der Angeklagte verärgert war, ist nicht nachzuvollziehen, inwieweit die Anlasstat noch als Folge der bei dem Angeklagten bestehenden Störung anzusehen ist. Bereits nach den äußeren Tatumständen kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Tat letztlich nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervorgetreten sind, die sich im Rahmen dessen halten, was bei schuldfähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 76). Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass sich der Angeklagte dahingehend eingelassen hat, er habe aus Frust gezündelt, weil ihm keiner geholfen habe (UA S. 7).
Dieser Darstellungsmangel entfällt auch durch den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht. Nach den Feststellungen wurde im Jahr 1996 in einem Verfahren wegen schwerer Brandstiftung und fahrlässiger Brandstiftung die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, nachdem seine Wohnung ausgebrannt war (UA S. 3). Die weiteren Tatumstände und den psychischen Zustand bei der Tat teilt die Strafkammer - auch im Rahmen der Legalprognose des § 63 StGB (UA S. 11 f.) - nicht mit. Schließlich beschränken sich auch die Ausführungen des Sachverständigen zur Exploration des Angeklagten, die schon eine nähere Auseinandersetzung mit dessen bisherigem Krankheitsverlauf vermissen lassen, auf allgemeine Feststellungen und Wertungen, wie 'Hinweise auf Wahnideen und Halluzinationen' (UA S. 8).
III. Die Aufhebung der Unterbringungsanordnung zieht im Hinblick auf § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO die Aufhebung des Freispruchs nach sich (BGH StraFo 2011, 55).
IV. Die getroffenen Feststellungen sind insgesamt aufzuheben, um dem neuen Tatgericht sowohl zu den für die Beurteilung der Schuldfähig-
keit des Angeklagten bei Begehung der Anlasstat bedeutsamen Umstände als auch zu sämtlichen prognoserelevanten Aspekten umfassende und in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (BGH NStZ-RR 2017, 202, 203)."
3
Dem tritt der Senat bei.
Becker Gericke Spaniol
Berg Leplow

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur angeordnet werden, wenn unter anderem zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne eines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruhte. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Störung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts - oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen sind. Das Tatgericht ist dabei verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. aus neuerer Zeit etwa BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2017 - 3 StR 119/17, juris Rn. 9; vom 22. August 2017 - 3 StR 249/17, juris Rn. 9 jeweils mwN). Insbesondere führt die Diagnose einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit. In diesen Fällen bedarf es vielmehr zudem der Feststellung eines akuten Schubs der Erkrankung sowie einer konkretisierenden Darlegung, in welcher Weise sich das festgestellte Krankheitsbild bei Begehung der konkreten Tat ausgewirkt hat (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - 4 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 74, 75 mwN).
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Für die Frage eines Ausschlusses oder einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit kommt es maßgeblich darauf an, in welcher Weise sich die festgestellte und unter eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumierende psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglich- keiten des Beschuldigten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt hat. Die Beurteilung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit kann daher - von offenkundigen Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1997 - 1 StR 17/97, NStZ 1997, 485, 486) - nicht abstrakt, sondern nur in Bezug auf eine bestimmte Tat erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 56/15, NJW 2016, 728, 729; Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 54). Beurteilungsgrundlage ist das konkrete Tatgeschehen, wobei neben der Art und Weise der Tatausführung auch die Vorgeschichte, der Anlass zur Tat, die Motivlage des Beschuldigten und sein Verhalten nach der Tat von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteile vom 21. Januar 2004 - 1 StR 346/03 aaO mwN; vom 4. Juni 1992 - 5 StR 122/91, BGHSt 37, 397, 402). An einer solchen spezifisch tatbezogenen Auseinandersetzung fehlt es hier.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.