Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2015 - 3 StR 596/14

bei uns veröffentlicht am07.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 9 6 / 1 4
vom
7. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten S. , K. und B.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 7. Juli
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. , K. und B. wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. November 2014, soweit es diese Angeklagten und die Angeklagten C. , Ba. und P. betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat - die Angeklagten S. und K. des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG; Fall III. 2 der Urteilsgründe) sowie des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 StGB; Fall III. 1 der Urteilsgründe), - die Angeklagte B. sowie die nicht revidierenden Mitangeklagten C. , Ba. und P. der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall III. 1 der Urteilsgründe) schuldig gesprochen. Es hat verurteilt - den Angeklagten S. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, - den Angeklagten K. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, - die Angeklagten B. und C. jeweils zu der Freiheitsstrafe von zehn Monaten, - die Angeklagten Ba. und P. jeweils zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.
2
Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten B. , C. , Ba. und P. verhängten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.
3
Die Revisionen der Angeklagten S. , K. und B. rügen die Verletzung materiellen Rechts, die Angeklagten S. und K. beanstanden auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Soweit die Revisionen Erfolg haben, ist die Entscheidung auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten C. , Ba. und P. zu erstrecken (§ 357 StPO).
4
Die Strafaussprüche haben insgesamt keinen Bestand.
5
Nach den Feststellungen bezogen sich die abgeurteilten Taten im Falle III. 1 der Urteilsgründe auf 6,54 g des Betäubungsmittels JWH-018 und 5,42 g des Betäubungsmittels JWH-073, im Falle III. 2 der Urteilsgründe auf 28,88 g des Betäubungsmittels JWH-018 und 33,41 g des Betäubungsmittels JWH073. Den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne des § 29a BtMG hat das Landgericht bei JWH-018 mit 0,9 g und bei JWH-073 mit 1,5 g angenommen; im Falle III. 1 der Urteilsgründe ist es gleichwohl lediglich von bandenmäßigem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bzw. Beihilfe hierzu (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 27 StGB) ausgegangen, weil nicht auszuschließen sei, dass sich die zu dem Vorrat führenden Erwerbsgeschäfte jeweils auf Mengen unterhalb des Grenzwerts bezogen.
6
1. Auf dieser Grundlage hat das Landgericht bei der Bemessung der gegen die Angeklagten S. und K. ausgesprochenen Einzelstrafen jeweils strafschärfend berücksichtigt, dass die Grenzwerte der nicht geringen Menge im Falle III. 1 der Urteilsgründe hinsichtlich JWH-018 um das 7-fache und hinsichtlich JWH-073 um das 3-fache, im Falle III. 2 der Urteilsgründe hinsichtlich JWH-018 um das 32-fache und hinsichtlich JWH-073 um das 22-fache überschritten waren.
7
Dies hält, wie der Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften zutreffend ausgeführt hat, rechtlicher Überprüfung nicht (mehr) stand. Der Bundesgerichtshof hat in der Zwischenzeit entschieden, dass die Grenzwerte der nicht geringen Menge im Sinne des § 29a BtMG entgegen der Auffassung des Landgerichts bei JWH-018 mit 2 g und bei JWH-073 mit 6 g anzunehmen sind (Urteil vom 14. Januar 2015 - 1 StR 302/13, juris Rn. 34 H., 55 H., 92).
8
2. Soweit das Urteil die Angeklagten B. , C. , Ba. und P. betrifft, hat das Landgericht jedenfalls die tatgegenständlichen "Wirkstoffmengen" strafschärfend berücksichtigt. Danach kann der Senat entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht ausschließen, dass die Bemessung der gegen diese Angeklagten verhängten Strafen ebenfalls auf den angenommenen niedrigeren Grenzwerten beruht.
Becker Pfister Mayer Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

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Der Senat setzt jedoch - insoweit abweichend vom Landgericht - den Grenzwert der nicht geringen Menge an JWH-018 auf eine Wirkstoffmenge von 2 Gramm fest.