Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2006 - 3 StR 52/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
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- 1. Der Schuldspruch wegen schweren räuberischen Diebstahls hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Allerdings hat das Landgericht fehlerhaft die Qualifikation gemäß §§ 252, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (zutreffende Bezeichnung: besonders schwerer räuberischer Diebstahl, vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; BGH NStZ-RR 2003, 328; BGH, Beschl. vom 16. Juni 2004 - 5 StR 230/04) als verwirklicht angesehen. Die Verwendung einer ungeladenen Schreckschusspistole sowie einer Spielzeugwaffe (vom Tatrichter jeweils mit "Scheinwaffe" bezeichnet) als Drohmittel erfüllt nur die Qualifikation des schweren räuberischen Diebstahls gemäß §§ 252, 249, 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB. Die Liste der angewendeten Vorschriften ist deshalb zu berichtigen.
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- 2. Die Unterbringung des Angeklagten hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Maßregelanordnung nach § 63 StGB setzt u. a. die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (st. Rspr.; BGHSt 34, 22, 26; 42, 385).
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- Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert war, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. im einzelnen Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57). Zuerst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt , die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein. Bei diesem Entscheidungsprozess wird der Richter häufig - soweit die Verhängung von Maßregeln in Betracht kommt, sogar stets (vgl. § 246 a StPO) - auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen sein und von diesem Ausführungen zur Diagnose einer psychischen Störung, zu deren Schweregrad und deren innerer Beziehung zur Tat erwarten. Gleichwohl handelt es sich sowohl bei der Bejahung eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB als auch bei der Annahme eingeschränkter Schuldfähigkeit um Rechtsfragen. Der Tatrichter hat zum einen bei der Entscheidung darüber die Darlegungen des Sachverständigen zu überprüfen. Zum anderen ist er verpflichtet, seine Entscheidung in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise zu begründen. Hieran fehlt es im angefochtenen Urteil in zweierlei Hinsicht.
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- Zum einen fehlt es an einer ausreichenden Darlegung der Diagnose. Das Landgericht hat nach sachverständiger Beratung festgestellt, dass der Angeklagte zur Tatzeit in seiner Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt (gemeint wohl: erheblich vermindert) gewesen sei aufgrund einer drogeninduzierten "exogenen und inzwischen auch endogenen Psychose". Diese Grunderkrankung sei "mit einem paranoiden Erleben verknüpft, das auch die Motivationslage beeinträchtigt" habe. Der Konsum von Cannabis vor der Tat habe "zum Erhalt und zur Verstärkung der Grunderkrankung geführt". Damit ist weder ausreichend dargestellt , um welche Störung es sich gehandelt hat, noch ist genügend beschrieben , wie sich diese Störung bei dem Angeklagten im Allgemeinen ausgewirkt hat. Es ist deshalb nicht nachprüfbar, ob das Landgericht ohne Rechtsfehler vom Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung ausgegangen ist.
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- Zum anderen fehlt die Darlegung, welchen Einfluss die angenommene psychische Störung auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tat (Einbruch in ein Waffengeschäft, Wegnahme der beiden Waffen und Bedrohung von zwei Passanten, um sich beim Verlassen des Geschäfts im Besitz der Beute halten zu können) gehabt hat. Nach den Feststellungen, wonach der Ange- klagte schon 1999 - also erhebliche Zeit vor der angenommenen Entstehung einer Psychose - eine "ausgeprägte Affinität zu Waffen" hatte, liegt ein solcher symptomatischer Zusammenhang eher nicht nahe.
- 7
- 3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die fehlerhafte Annahme der Qualifikation gemäß § 250 Abs. 2 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt , da das Landgericht einen minder schweren Fall angenommen und den Strafrahmen gemäß § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt hat. Der Senat schließt aus, dass eine neue Verhandlung die Schuldunfähigkeit des Angeklagten bei der Tatbegehung ergeben könnte und die erkannte Freiheitsstrafe zum Nachteil des Angeklagten von der Maßregelanordnung beeinflusst war.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.
(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.