Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2017 - 3 StR 505/16

bei uns veröffentlicht am07.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 505/16
vom
7. März 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen versuchten Mordes u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten N. , D. und B.
ECLI:DE:BGH:2017:070317B3STR505.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 7. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 Satz 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten N. und B. wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 1. Juli 2016, auch soweit es den Angeklagten V. betrifft, in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass
a) der Angeklagte N. der versuchten Brandstiftung, des versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge, besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug sowie des versuchten Mordes in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung,
b) der Angeklagte B. der Beihilfe zur versuchten Brandstiftung, der Beihilfe zur besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug sowie der Beihilfe zum versuchten Mord in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten besonders schweren Brandstiftung und
c) der Mitangeklagte V. der versuchten Brandstiftung, des versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge, besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zum Betrug sowie der Beihilfe zum versuchten Mord in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten besonders schweren Brandstiftung schuldig ist. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten N. und B. sowie die Revision des Angeklagten D. werden verworfen. 3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen - versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit besonders schwerer Brandstiftung, - Betruges sowie - versuchten Mordes in vier tateinheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung unter Freispruch im Übrigen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sieben Monaten verurteilt.
2
Gegen den Angeklagten N. hat es wegen - versuchter Brandstiftung, - versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und besonders schwerer Brandstiftung, - Beihilfe zum Betrug sowie - versuchten Mordes in vier tateinheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung die Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und neun Monaten verhängt.
3
Gegen den Angeklagten B. hat es wegen - Beihilfe zur versuchten Brandstiftung, - Beihilfe zur besonders schweren Brandstiftung, - Beihilfe zum Betrug sowie - Beihilfe zum versuchten Mord in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten besonders schweren Brandstiftung auf die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten erkannt.
4
Den nicht revidierenden Angeklagten V. hat es wegen - versuchter Brandstiftung, - versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und besonders schwerer Brandstiftung, - Beihilfe zum Betrug sowie - Beihilfe zum versuchten Mord in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten besonders schweren Brandstiftung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
5
Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten D. , N. und B. , die sachlich-rechtliche Beanstandungen erheben. Die Rechtsmittel der Angeklagten N. und B. haben nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen erweisen sie sich - wie auch die Revision des Angeklagten D. - als unbegründet.
6
1. Dem Rechtsmittel des Angeklagten D. ist der Erfolg zu versagen. Zwar ist seine Revision - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts - unbeschränkt eingelegt worden. Auch wenn die Revisionsbegründung vom 6. Oktober 2016 lediglich den Strafausspruch betreffende Ausführungen enthält, so ist doch im Schreiben vom 4. Juli 2016, mit dem der Angeklagte Revision eingelegt hat, ohne Einschränkungen beantragt worden, das angefochtene Urteil aufzuheben. Auf diesen Antrag nimmt der Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 ausdrücklich Bezug. Die Auslegung des Rechtsmittels zeigt somit, dass das Angriffsziel die Aufhebung des gesamten Urteils ist.
7
Die Überprüfung des Urteils hat jedoch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; seine Revision ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
8
2. Auf die Revisionen der Angeklagten N. und B. ist dagegen eine Änderung des jeweiligen Schuldspruchs veranlasst.
9
Das Landgericht hat in den insoweit maßgeblichen Fällen II., Fälle 2 und 3 folgende Feststellungen getroffen:
10
Der Angeklagte D. war Eigentümer eines Hauses, in dem sich neben seiner und zwei vermieteten Wohnungen auch eine von ihm betriebene Pizzeria befand. Da er dieses Haus gerne verkauft hätte, aber keinen Käufer fand, entschloss er sich, es mittels eines Brandes zu zerstören und die Versicherungssumme zu kassieren. Durch Vermittlung des Angeklagten B. konnte er den Angeklagten N. und den Mitangeklagten V. dafür gewinnen, gegen eine Entlohnung in seiner Abwesenheit Feuer im Keller zu legen, das eine Explosion auslösen und zur Zerstörung des Hauses führen sollte. Tatsächlich setzten diese das Anwesen in Brand, so dass unter anderem die Außenmauern und ein Erkerdach von den Flammen erfasst wurden. Aufgrund chemischer Besonderheiten geriet das eingeleitete Gas aber nicht zur Explosion. Der Angeklagte N. und der Mitangeklagte V. , nicht aber der Angeklagte B. wussten, dass das Haus von mehreren Mietern bewohnt war, die bei einer ungehinderten Ausbreitung des Brandes zu Tode kommen könnten. Ein Mieter war tatsächlich zu Hause (Fall 2). Der Angeklagte D. meldete den Schaden bei der Versicherung, verschwieg dabei aber, dass er den Brand selbst veranlasst hatte. Die Versicherung zahlte 40.000 € aus (Fall 3).
11
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten D. rechtsfehlerfrei als versuchten Mord in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit besonders schwerer Brandstiftung (Fall 2) sowie - in Tatmehrheit hierzu - als Betrug (Fall 3) gewertet (vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 213; vom 21. September 2011 - 1 StR 95/11, NStZ 2012, 39, 40). Hinsichtlich der Angeklagten N. und B. tragen die Feststellungen jedoch die Verurteilung wegen zweier im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehender Taten in den Fällen 2 und 3 nicht. Vielmehr haben beide Angeklagte die Beihilfe zum Betrug tateinheitlich mit den im Fall 2 abgeurteilten Delikten begangen.
12
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder -mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag eines jeden Beteiligten zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, StV 2002, 73; Urteil vom 27. Februar 2004 - 2 StR 146/03, juris Rn. 52). Jeder Mittäter ist insofern nur anhand der von ihm selbst geleisteten Tatbeiträge zu beurteilen. Gleiches gilt für Gehilfen im Sinne des § 27 StGB (BGH, Beschluss vom 19. November 1996 - 1 StR 572/96, NStZ 1997, 121). Der Tatbeitrag des Angeklagten B. bestand vorliegend darin, zwischen dem Angeklagten D. als Auftraggeber und dem Angeklagten N. , der die Brandlegung ausführen sollte, zu vermitteln. Somit hat er mit derselben Handlung die von dem Angeklagten D. tatmehrheitlich begangenen Haupttaten - versuchter Mord in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit besonders schwerer Brandstiftung einerseits und Betrug andererseits - gefördert. Darüber hinaus hat er mit der identischen Beihilfehandlung auch die von dem Angeklagten N. begangenen Brandstiftungsdelikte unterstützt. Somit sind ihm diejeweiligen Taten der anderen Beteiligten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Er ist deshalb in den Fällen 2 und 3 nur wegen tateinheitlicher Beihilfe einerseits zu den Brandstiftungsdelikten sowie der versuchten Mordtat des Falles 2 und andererseits dem Betrug des Falles 3 strafbar. Nichts anderes gilt für den Angeklagten N. . Dieser hat die Brandlegung zwar täterschaftlich verwirklicht, mit dieser Tat aber gleichzei- tig den von dem Angeklagten D. in der Folge vorgenommenen Betrug gefördert, so dass auch für ihn nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt.
13
Der Senat ändert den Schuldspruch hinsichtlich beider Angeklagter entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätten verteidigen können.
14
Die auf die Sachrüge veranlasste Abänderung des Schuldspruchs erstreckt sich auch auf den Mitangeklagten V. (§ 357 StPO); denn die rechtsfehlerhafte Würdigung als zwei in Tatmehrheit zueinander stehende Taten betrifft diesen in gleicher Weise.
15
Die abweichende konkurrenzrechtliche Bewertung lässt den Rechtsfolgenausspruch bei den Angeklagten B. und V. unberührt. Infolge der Schuldspruchänderungen entfällt zwar hinsichtlich des Angeklagten B. eine Einzelfreiheitsstrafe von sechs und bezüglich des Angeklagten V. eine solche von acht Monaten. Die jeweilige Gesamtfreiheitsstrafe hat dennoch Bestand. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen - sechs Monate , zwei Jahre und ein Jahr und drei Monate beim Angeklagten B. ; sechs Monate, drei Jahre drei Monate und ein Jahr sechs Monate beimAngeklagten V. - ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns der Angeklagten hier unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641), auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte. Dies gilt ebenso für die gegen den Angeklagten N. verhängte Einheitsjugendstrafe, bei deren Bemessung das Landgericht vornehmlich die Schwere der Brandstiftungsdelikte im Blick gehabt hat.
16
Der geringe Teilerfolg der Revisionen der Angeklagten N. und B. rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Becker Schäfer Spaniol
Berg Hoch

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(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 95/11
vom
21. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Brandstiftung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. September
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Erste Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung - ,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Amberg vom 26. Oktober 2010 aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsmissbrauch zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft strebt mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision eine Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung an. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils, allerdings nicht aus dem von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Rechtsgrund (nachfolgend unter II. 1.), sondern weil die Strafkammer ihre umfassende Kognitionspflicht verletzt hat (nachfolgend unter II. 2.).

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kauften der Angeklagte und seine Ehefrau im Jahr 2000 ein Haus in U. , das sie nach einem Umbau ab dem Jahr 2003 bewohnten. Das Haus in V. , das sie bis dahin bewohnt hatten, sollte für 1,4 Millionen € verkauft werden. Die Verkaufsbemühungen erwiesen sich jedoch als erfolglos. Die Eheleute unterhielten deshalb zunächst zwei Wohnsitze, wobei sie hauptsächlich in ihrem neuen Haus in U. wohnten. Ab dem Jahr 2009 gaben sie schließlich ihren Wohnsitz in V. auf. Sie hielten sich dort nur noch selten auf. Bei ihren Besuchen sahen sie nach dem Rechten. Außerdem kümmerten sie sich um die Gartenpflege, die Hausreinigung und die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten , da das noch immer möblierte Haus wegen des beabsichtigten Verkaufs in einem „Vorzeigezustand“ erhalten bleiben sollte. Im Rahmenihrer Aufenthalte in V. kam es vereinzelt auch zu Übernachtungen. So übernachteten der Angeklagte und seine Ehefrau im Mai, Juni und Juli 2009 jeweils einmal dort. Im März, April und August 2009 gab es dagegen keine Übernachtung.
3
Da die monatlichen finanziellen Aufwendungen (Kreditzinsen, Unterhaltungs - und Betriebskosten) für die beiden Häuser die Einkünfte des Angeklagten und seiner Ehefrau aus ihren Renten bei Weitem überstiegen, entschloss sich der Angeklagte, das Haus in V. in Brand zu setzen, um anschließend Leistungen aus der Brandversicherung zu erhalten. Seine Ehefrau wusste hiervon nichts. Am 31. August 2009 zündete er im Keller des Hauses, in dem sich außer ihm keine weiteren Personen befanden, u.a. mehrere Federkernmatratzen an. Das Feuer griff über die hölzerne Außenfassade auf den Dachstuhl über. Ein im Dachgeschoss befindliches Schlafzimmer brannte vollständig aus. Durch die Brand- und Rußeinwirkung entstanden im Keller- und Dachgeschoss Schäden in Höhe von mindestens 200.000 €.
4
Mit Schreiben vom 2. September 2009 meldete der Angeklagte das Brandereignis seiner Versicherung. Am 23. Dezember 2009 wendete er sich mit einem weiteren Schreiben an diese.
5
2. Das Landgericht hat eine besonders schwere Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2, § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verneint. Das in Brand gesetzte Haus habe zur Tatzeit nicht mehr der Wohnung von Menschen gedient. Die gelegentlichen Aufenthalte des Angeklagten und seiner Frau dort hätten nicht zu einer Verlagerung ihres persönlichen Lebensmittelpunktes geführt. Das Landgericht ist deshalb davon ausgegangen, dass der Angeklagte lediglich den Tatbestand der - einfachen - vorsätzlichen Brandstiftung verwirklicht habe. Tateinheitlich hierzu habe der Angeklagte einen Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB) begangen, weil er in der Absicht gehandelt habe, durch die Inbrandsetzung Versicherungsleistungen von der Brandversicherung in Anspruch nehmen zu können. Mit der Frage, ob der Angeklagte möglicherweise tatmehrheitlich (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 213 mwN) einen versuchten Betrug begangen haben könnte, hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.

II.


6
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist im Ergebnis begründet.
7
1. Soweit die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel jedoch das Ziel verfolgt, eine Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung zu erreichen, hat ihr Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Bewertung des Landgerichts, wonach der Qualifikationstatbestand der besonders schweren Brandstiftung vorliegend nicht erfüllt ist, weist keinen Rechtsfehler auf.
8
a) Eine Verurteilung wegen besonders schwerer Brandstiftung setzt das Vorliegen einer Haupttat nach § 306a StGB voraus. In Betracht kommt vorliegend allein eine Tat nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Tatvariante des Inbrandsetzens eines Gebäudes, das zur Tatzeit der Wohnung von Menschen dient. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geht das Landgericht zutreffend davon aus, dass diese Tatbestandsalternative nur dann verwirklicht ist, wenn das Gebäude von seinen Bewohnern zumindest vorübergehend tatsächlich als Mittelpunkt ihrer (privaten) Lebensführung zu Wohnzwecken genutzt wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - 3 StR 54/07 mwN). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. November 1961 - 2 StR 521/61, BGHSt 16, 394, 396; BGH, Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, BGHSt 26, 121, 122; BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2004 - 2 StR 381/04, BGHR StGB § 306a Abs. 1 Nr. 1 Wohnung 4). Indizien für eine Wohnnutzung können hierbei neben der Gebrauchsdauer z.B. das regelmäßige Übernachten (BGH, Beschluss vom 23. November 1993 - 1 StR 742/93, BGHR StGB § 306 Nr. 2 Wohnung 10 mwN) und Zubereiten von Speisen sowie die postalische Erreichbarkeit sein (SSW-Wolters, StGB, § 306a Rn. 7).

9
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat sich das Landgericht nicht davon überzeugen können, dass das von dem Angeklagten in Brand gesetzte Haus in V. zur Tatzeit noch der Wohnung von Menschen diente. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
10
Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie etwa nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Kann der Tatrichter vorhandene Zweifel nicht überwinden, so kann das Revisionsgericht eine solche Entscheidung nur im Hinblick auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2011 - 1 StR 114/11; BGH, Urteil vom 1. Juni 2011 - 2 StR 90/11 jew. mwN). Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor.
11
aa) Das Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft erschöpft sich in dem unzulässigen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen.
12
bb) Die Beweiswürdigung ist auch nicht lückenhaft. Das Landgericht hat sich in den Urteilsgründen mit allen Umständen auseinandergesetzt, die für eine Wohnnutzung des in Brand gesetzten Gebäudes zur Tatzeit sprechen könnten. Dabei hat es, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, insbesondere nicht außer Acht gelassen, dass es bis zu der Tat zu gelegentlichen Aufenthalten - einschließlich vereinzelter Übernachtungen - des Angeklagten und seiner Frau in dem Haus gekommen war. Weiterhin hat es bei seiner Beweiswürdigung auch berücksichtigt, dass das Haus bis zum Brand „fast“ vollständig möbliert und dass der Pool beheiztwar. Dennoch hat es sich keine Überzeugung von einer Wohnnutzung verschaffen können. Zur Begründung hat es entscheidend darauf abgestellt, dass der Angeklagte und seine Ehefrau nicht mehr regelmäßig in dem Haus in V. übernachteten und sich dort, wie sich aus den im Urteil mitgeteilten Angaben der Ehefrau in der Hauptverhandlung ergibt, nur noch deshalb aufhielten, um es wegen des beabsichtigten Verkaufs sauber zu halten und um die Gartenpflege zu bewerkstelligen. Selbst die Nachbarn und der Polizeibeamte, der am Tag nach dem Brand den Tatort untersuchte, hielten das Haus für unbewohnt. Angesichts dieser Umstände ist die Annahme des Landgerichts, dass es sich bei dem Haus in V. nicht (mehr) um den Lebensmittelpunkt des Angeklagten und seiner Ehefrau handelte, eine nahe liegende Schlussfolgerung, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
13
Das Landgericht musste sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit der Frage auseinandersetzen, wie oft sich der Angeklagte und seine Ehefrau in dem Haus aufhielten, ohne dort zu übernachten. Da Wohnen mehr ist als sich nur Aufhalten (S/S-Heine, StGB, 28. Aufl., § 306a Rn. 5), kann selbst eine Vielzahl von Besuchen in einem Gebäude, die ausschließlich der Vornahme von Instandhaltungsarbeiten, der Hausreinigung oder der Gartenpflege dienen, nicht zur Begründung eines - auch nur vorübergehenden - räumlichen Lebensmittelpunktes führen.
14
2. Auch wenn die Bewertung des Landgerichts, der Angeklagte habe vorliegend - nur - den Tatbestand einer (einfachen) vorsätzlichen Brandstiftung verwirklicht, nicht rechtsfehlerhaft ist, kann das Urteil im Ergebnis gleichwohl keinen Bestand haben, weil das Landgericht seiner umfassenden Kognitionspflicht nicht genügt hat. Das Sachurteil muss den durch die zugelassene Anklage abgegrenzten Prozessstoff erschöpfen; der einheitliche geschichtliche Lebensvorgang , der den Gegenstand der Untersuchung bildet, muss vollständig abgeurteilt werden (BGH, Urteile vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 und vom 28. November 1995 - 1 StR 558/95 jew. mwN). Dies ist hier nicht geschehen.
15
a) Das Landgericht hätte sich nicht damit begnügen dürfen, lediglich eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen eines - tateinheitlich neben der Brandstiftung begangenen - Versicherungsmissbrauchs zu bejahen. Es hätte vielmehr erörtern müssen, ob sich der Angeklagte stattdessen möglicherweise wegen versuchten Betruges zum Nachteil der Versicherung schuldig gemacht hat. Eine solche Tat würde zur Brandstiftung nicht nur in Tatmehrheit stehen (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211, 213 mwN), sondern ließe auch die tateinheitliche Verurteilung wegen Versicherungsmissbrauchs aufgrund der in § 265 Abs. 1 StPO enthaltenen Subsidiaritätsklausel entfallen (vgl. Sackreuther in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2011, StGB § 265 Rn. 32 f. mwN).
16
Eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges kommt hier nach den Feststellungen schon deshalb in Betracht, weil der Angeklagte nicht nur bei der Brandlegung bereits in der Absicht handelte, Versicherungsleistungen zu erlangen , um seine desolate finanzielle Situation zu verbessern, sondern weil er sich nach der Brandstiftung auch mit zwei Schreiben an die Brandversicherung wandte, was die Strafkammer als einen Beleg für ein Handeln des Angeklagten aus rein finanziellen Gründen wertet. Ob diese beiden Schreiben lediglich der Vorbereitung des Betruges dienten oder schon ein unmittelbares Ansetzen zum Betrugsversuch darstellten (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211), von dem der Angeklagte möglicherweise in der Folgezeit freiwillig zurückgetreten ist, kann der Senat anhand der vom Landgericht getroffenen und insoweit lückenhaften Feststellungen nicht überprüfen. So wird hinsichtlich des ersten Schreibens lediglich mitgeteilt, dass der Angeklagte das „Brandereignis“ seiner Versicherung gemeldet habe. Der Inhalt des zweiten Schreibens wird überhaupt nicht dargelegt. Diesen Feststellungen kann somit nicht entnommen werden, ob der Angeklagte bereits Täuschungshandlungen gegenüber der Versicherung unternommen hat, um an die von ihm erstrebten Versicherungsleistungen zu gelangen. Auch ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht, warum dies letztlich gescheitert ist.
17
b) Einer Verurteilung wegen versuchten Betruges stünde vorliegend auch nicht das Verfahrenshindernis einer unwirksamen Anklage entgegen.
18
Zwar finden sich in der - unverändert zugelassenen - Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Amberg vom 30. März 2010 keine näheren Angaben zu einer versuchten Täuschung der Versicherung. Im Rahmen der rechtlichen Wür- digung wird lediglich ausgeführt, dass „von einem mitverwirklichten Versicherungsmissbrauch (§ 265 StGB) auszugehen“ sei, weil „bislang keine Ansprüche gegen die Brandversicherung erhoben wurden.“ Die fehlenden Angaben zu einem versuchten Betrug des Angeklagten zum Nachteil seiner Brandversicherung haben gleichwohl nicht zur Folge, dass diese nicht Gegenstand der Anklage wären und die Untersuchung sich nicht auf sie hätte erstrecken dürfen; denn sie bilden mit der Brandstiftung, die der Angeklagte - wie hier - zum Zweck der Täuschung der Versicherung vorgenommen hat, eine Tat im prozessualen Sinn (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 1999 - 4 StR 700/98, BGHSt 45, 211,

212).


19
3. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsmissbrauch war wegen der Verletzung der Kognitionspflicht aufzuheben. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können jedoch bestehen bleiben, denn sie sind von dem dargelegten Rechtsfehler nicht betroffen. Der neue Tatrichter wird weitere ergänzende Feststellungen, insbesondere zu einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchten Betruges und zur Frage eines Rücktritts, zu treffen haben, soweit diese nicht zu den bisherigen in Widerspruch stehen.
20
4. Der Senat weist vorsorglich daraufhin, dass der vom Landgericht bei der Strafzumessung als Strafmilderungsgrund berücksichtigte Umstand, dass der Angeklagte „infolge der Tat einen hohen Eigenschaden erlitten“ hat, „den er nicht durch eine Versicherungsleistung wird kompensieren können“, keine ge- ringere Strafe rechtfertigt, da der Angeklagte diese typischen und für ihn vorhersehbaren Auswirkungen der Tat in vorwerfbarer Weise selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - 2 StR 168/05, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 40). Nack Rothfuß Elf Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 52/01
vom
10. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwaltes, zu Ziffer 2. auf dessen Antrag, am
10. Mai 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 2. Oktober 2000
a) in den Schuldsprüchen dahingehend geändert, daß der Angeklagte H. des Betruges in acht Fällen, davon in einem Fall in 26 rechtlich zusammentreffenden Fällen, und der Angeklagte T. des Betruges in vier Fällen , davon in einem Fall in 30 rechtlich zusammentreffenden Fällen, schuldig ist;
b) in den Strafaussprüchen unter Aufrechterhaltung der insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Betruges in 32 Fällen schuldig gesprochen und den Angeklagten H. unter Einbeziehung der Ein-
zelgeldstrafen aus zwei früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, den Angeklagten T. unter Einbeziehung der Einzelgeldstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten. Der Angeklagte H. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts, der Angeklagte T. erhebt die Sachrüge in allgemeiner Form. Die Rechtsmittel führen zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Abänderung des jeweiligen Schuldspruchs und zur Aufhebung der Strafaussprüche; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht hat das Konkurrenzverhältnis der den Angeklagten zuzurechnenden betrügerischen Einzelakte rechtlich unzutreffend beurteilt. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten nach Gründung der allein zu betrügerischen Zwecken errichteten B. GmbH nicht alle den Verurteilungen zugrunde liegenden Warenbestellungen persönlich getätigt, deren Bezahlung sie von vorneherein nicht beabsichtigten. Vielmehr hat der Angeklagte H. lediglich sieben und der Angeklagte T. nur drei Bestellungen persönlich abgegeben oder an ihrer Abgabe mitgewirkt. Die übrigen Bestellungen stammten zum einen entweder jeweils von dem anderen Angeklagten oder von dem Mittäter D. und waren von diesen entweder alleine oder unter Mitwirkung der in die betrügerischen Absichten nicht eingeweihten formellen Geschäftsführerin der B. GmbH, Frau Q. , oder im Zusammenwirken mit einem ebenfalls arglosen Angestellten der Gesellschaft getätigt worden. Zum anderen waren die Bestellungen allein von Angestellten der Gesellschaft vorgenommen worden, denen die Angeklagten die allgemeine Weisung erteilt hatten, bei jeder Gelegenheit so viele Waren wie möglich zu ordern (Fälle II. 8. (3.), (4.), (15.), (16.) und (20.) der Urteilsgründe), oder von "einem Berechtig-
ten" der B. GmbH (Fälle II. 8. (22.) bis (32.) der Urteilsgründe). Danach kann den Angeklagten aber nicht jede der Bestellungen als rechtlich selbständige Straftat (§ 53 Abs. 1 StGB) angelastet werden.
Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die mehreren Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des Tatbeitrages jedes Tatbeteiligten (vgl. Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 16 mit umfangreichen Nachw.; a. A. für Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft: Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 52 Rdn. 21). Hat daher ein Mittäter, der sich an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht mehr beteiligt, einen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, so werden ihm die jeweiligen Taten des oder der anderen Mittäter als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob der oder die Mittäter die ihnen zurechenbaren Taten gegebenenfalls tatmehrheitlich begingen , ist demgegenüber ohne Belang (s. etwa BGH NStZ 1996, 296 f.; 1997, 121; BGHR StGB § 52 Handlung, dieselbe 29). Gleiches gilt im Falle der mittelbaren Täterschaft. Bewirkt der mittelbare Täter durch lediglich eine Einflußnahme auf den oder die Tatmittler, daß diese mehrere für sich genommen selbständige Taten begehen, werden diese in der Person des mittelbaren Täters zur Tateinheit verbunden, da sie letztlich allein auf dessen einmaliger Einwirkung auf den oder die Tatmittler beruhen (s. etwa BGHSt 40, 218, 238; BGH
NStZ 1994, 35; BGH wistra 1996, 303; 1997, 181, 182; 1998, 262; 1999, 23,

24).


Nach diesen Grundsätzen können den Angeklagten als tatmehrheitlich begangene Betrugstaten nur die Warenbestellungen zugerechnet werden, die sie im Rahmen der von ihnen aufgebauten Betriebsorganisation der B. GmbH in eigener Person allein oder im Zusammenwirken mit einem Mittäter bzw. mit der gutgläubigen GeschäftsführerinQ. oder mit einem gutgläubigen Mitarbeiter der GmbH unmittelbar gegenüber einem Handelsvertreter der geschädigten Lieferfirmen abgaben oder auf deren Abgabe sie direkt Einfluß nahmen. Dies sind beim Angeklagten H. die Bestellungen der Fälle II. 8. (1.), (5.), (7.), (8.), (13.), (14.) und (18.) der Urteilsgründe und beim Angeklagten T. die Bestellungen der Fälle II. 8. (9.), (13.) und (18.) der Urteilsgründe. Im Fall II. 8. (19.) der Urteilsgründe ist zugunsten der beiden Angeklagten davon auszugehen, daß der jeweils andere oder der Mittäter D. die Bestellung aufgab.
Einer anderen Beurteilung unterliegen dagegen die Fälle, für die sich der Tatbeitrag der Angeklagten darin erschöpfte, daß sie an dem Aufbau und Betrieb der von ihnen allein zu betrügerischen Zwecken errichteten B. GmbH mitwirkten bzw. die hiervon nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht zu trennende allgemeine Weisung an das gutgläubige Firmenpersonal erteilten, bei den Handelsvertretern der Lieferanten bei jeder Gelegenheit so viele Waren wie möglich zu bestellen (UA S. 46), während die einzelnen Bestellungen ohne Mitwirkung des jeweiligen Angeklagten von einem oder zwei Mittätern, von einem Mittäter im Zusammenwirken mit der gutgläubigen Geschäftsführerin Q. oder einem gutgläubigen Angestellten, oder eigenstän-
dig von einem der Angestellten aufgegeben wurde. Zu den letztgenannten, den Angeklagten als mittelbaren Tätern zuzurechnenden Betrugstaten zählen nicht nur die Fälle II. 8. (3.), (4.), (15.), (16.) und (20.) der Urteilsgründe, für die ausdrücklich festgestellt ist, daß sie von Angestellten der GmbH stammten. Einzubeziehen sind vielmehr auch die Fälle II. 8. (22.) bis (32.) der Urteilsgründe. Bei diesen konnte das Landgericht lediglich feststellen, daß sie von "einem Berechtigten" der B. GmbH vorgenommen wurden, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie von einer der genannten gutgläubigen Personen herrührten.
Da sich der jeweilige Tatbeitrag der Angeklagten für diese weiteren Betrugsdelikte auf die allgemeine Mitwirkung am Aufbau, am Betrieb und an der Regelung der Betriebsabläufe der B. GmbH beschränkte, sind diese Einzeltaten nach den oben dargestellten Maßstäben jeweils zu einer weiteren selbständigen Betrugstat in 26 (Angeklagter H. ) bzw. 30 (Angeklagter T. ) rechtlich zusammentreffenden Fällen zusammenzufassen. Diese tritt jeweils zu den von den Angeklagten durch persönliche Warenbestellungen verwirklichten Betrugstaten tatmehrheitlich hinzu. Hierbei ergibt sich in Abweichung von der Zählweise des Landgerichts für jeden der Angeklagten eine Summe von insgesamt 33 abgeurteilten Betrugsdelikten. Dies beruht darauf, daß das Landgericht fehlerhaft im Fall II. 8. (13.) der Urteilsgründe von nur einer Betrugstat zum Nachteil der Firma S. GmbH ausgegangen ist, obwohl es insoweit rechtsfehlerfrei je eine gesonderte Bestellung des Angeklagten H. und des Angeklagten T. festgestellt hat. Die Bestellung des jeweils anderen ist beiden Angeklagten als weiterer mittäterschaftlich begangener betrügerischer Einzelakt im Rahmen der zu Tateinheit zusammenzufassenden Taten zuzurechnen.

Der Senat ändert daher die Schuldsprüche wie aus der Beschlußformel ersichtlich ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich die Angeklagten insoweit nicht anders als geschehen hätten verteidigen können. Auch ist der Senat durch das Verschlechterungsgebot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht gehindert, nunmehr beide Angeklagten wegen insgesamt 33 Einzelakten des Betruges schuldig zu sprechen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 331 Rdn. 8 m.w.Nachw.).
Die Abänderung der Schuldsprüche führt bei beiden Angeklagten zum Wegfall sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Denn auch die Einzelstrafen , die das Landgericht für die selbständig tatmehrheitlich bestehenbleibenden betrügerischen Einzeltaten festgesetzt hat, können keinen Bestand haben, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß deren Bemessung durch die Einzelstrafen der nunmehr zu Tateinheit zusammengefaßten Fälle beeinflußt wurde. Im Fall II. 8. (13.) der Urteilsgründe ergibt sich das Erfordernis neuer Einzelstrafenfestsetzung darüber hinaus schon aus der oben näher dargelegten Aufspaltung in zwei betrügerische Einzelakte.
Die Strafaussprüche sind daher insgesamt aufzuheben. Dies gilt jedoch nicht für die diesbezüglichen bisherigen Feststellungen. Diese wurden rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Dies schließt nicht aus, daß die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer insoweit ergänzende Feststellungen trifft, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Kutzer Miebach Pfister RiBGH von Lienen ist durch Urlaub Becker verhindert zu unterschreiben. Kutzer

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 29/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe entfallen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von jeweils selbständigen real konkurrierenden Diebstahlstaten in den Fällen II. 6 und 7 sowie II. 9 und 10 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen fuhren die gesondert Verurteilten V. , R. und S. am 2. Dezember 2011 auf Veranlassung des Angeklagten nach M. , um dort auf Diebestour zu gehen. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung zu verschaffen, flüchteten sie. Die Gruppe beschloss unmittelbar anschließend am selben Abend, ihre Diebestour in H. fortzusetzen. Dort entwendeten sie Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten und kehrten anschließend zur Wohnung des Angeklagten zurück (Fälle II. 6 und 7 der Urteilsgründe). Am 9. Dezember 2011 begaben sich zwei Gruppen getrennt voneinander jeweils auf Veranlassung des Angeklagten in H. auf Diebestour. Eine Gruppe entwendete Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten, während die andere Gruppe beim Aufhebeln des Fensters zu einer Wohnung gestört wurde, sodass die Beteiligten ohne Beute flüchteten (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe).
4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatge- nossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146).
5
In den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle , nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich vielmehr darin, als Hintermann die Tatgenossen am Tattag auf Einbruchstour zu schicken. Diese Fälle sind daher konkurrenzrechtlich zu einer Tat des schweren Bandendiebstahls zusammenzufassen. Nichts anderes gilt für die am 9. Dezember 2011 verwirklichten Taten (II. 9 und 10 der Urteilsgründe). Soweit diese dadurch gefördert wurden, dass der Angeklagte gleichzeitig die beiden Gruppen veranlasste, auf Diebestour zu gehen, stellt dieses Verhalten entweder bereits nur eine Handlung dar; jedenfalls aber bilden diese Förderungsbeiträge des Angeklagten eine natürliche Handlungseinheit, sodass auch hinsichtlich dieser Fälle Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist.
6
c) Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und vier Monaten in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten im Fall II. 7 der Urteilsgründe und von zwei Jahren und zehn Monaten im Fall II. 9 der Urteilsgründe bleiben jeweils als alleinige Einzelstrafen bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen – je eine Einzelstrafe von drei Jahren und von einem Jahr und vier Monaten sowie jeweils drei Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und zehn Monaten – ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses , die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11 aaO), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.