Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Okt. 2011 - 3 StR 324/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem Raub mit Todesfolge, mit besonders schwerem Raub und mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerem Raub, mit versuchtem besonders schwerem Raub mit Todesfolge und mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
- 2
- Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere erweist sich die tateinheitliche Verurteilung auch wegen besonders schweren Raubes als rechtsfehlerfrei (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2001 - 3 StR 46/01, NJW 2001, 2187 ohne weitere Begründung; BGH, Beschluss vom 31. August 2004 - 1 StR 347/04, StV 2005, 88 zur Tateinheit bei schwerer Brandstiftung und versuchter Brandstiftung mit Todesfolge; vgl. auch LK/Rissing-van Saan, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 113), weil bei der Annahme von Gesetzeskonkurrenz zwischen versuchtem Raub mit Todesfolge (§§ 251, 22, 23 Abs. 1 StGB) und besonders schwerem Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. StGB) nicht zum Ausdruck käme, dass der besonders schwere Raub vollendet war. Die Urteilsformel war jedoch dahin zu berichtigen, dass der Angeklagte anstatt des "versuchten besonders schweren Raubes mit Todesfolge" entsprechend der gesetzlichen Überschrift des § 251 StGB des "versuchten Raubes mit Todesfolge" schuldig ist. Einer weiteren Kennzeichnung der Verwirklichung der Qualifikation des § 250 Abs. 2 StGB im Schuldspruch bedarf es aufgrund der tateinheitlichen Verurteilung wegen besonders schweren Raubes nicht.
- 3
- Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: "Der Strafausspruch kann deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht von der Prüfung der Einbeziehung einer Vorverurteilung des Angeklagten abgesehen hat. Nach den Feststellungen hat das Amtsgericht - Jugendrichter - in Nienburg den Angeklagten am 22. Oktober 2010 (gemeint ist: 22. Februar 2010, siehe Bl. 195 ff. III d.A.) wegen 'Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Verstoß gegen das Waffengesetz' verwarnt, ihm die Erbringung von Arbeitsleistungen auferlegt sowie 'eine weitere richterliche Weisung erteilt' (UA S. 4). Wegen Nichterfüllung dieser Verpflichtungen wurde gegen den Angeklagten - so die Jugendkammer (UA aaO) - eine Woche 'Beugearrest' verhängt, welcher erledigt sei. Weitere Einzelheiten zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, den dortigen Strafzumessungserwägungen sowie zum Vollstreckungsstand der - nicht näher konkretisierten - jugendrechtlichen Sanktionen teilt das Landgericht hingegen nicht mit, weshalb das Revisionsgericht nicht in der Lage sein wird zu prüfen, ob die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nach §§ 105 Abs. 1 Nr. 1, 31 Abs. 2 Satz 1 JGG einzubeziehen gewesen wäre. Auch ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen, ob sich das Gericht der Möglichkeit einer einheitlichen Rechtsfolgenverhängung oder des Absehens von einer Einbeziehung der Entscheidung gemäß §§ 105 Abs. 1 Nr. 1, 31 Abs. 3 Satz 1 JGG überhaupt bewusst gewe- sen ist (dazu BGH, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 3 StR 177/09, Rdnr. 2 und Eisenberg JGG 14. Aufl. § 31 Rdnr. 66 mwN). Die Vollstreckung des 'Beugearrestes' steht einer Einbeziehung grundsätzlich ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass die verfahrensgegenständliche Tat zeitlich nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Nienburg begangen worden ist (vgl. Eisenberg aaO Rdnr. 13 mwN). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte durch die Nichteinbeziehung der dort verhängten Rechtsfolgen beschwert wird, ist das Urteil im Strafausspruch aufzuheben und nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung durch den Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO kommt hier nicht in Betracht, weil es - anders als etwa im Fall des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2009 (3 StR 177/09) - insbesondere an den zu einer Prüfung der Einbeziehungsfähigkeit notwendigen Angaben zum Stand der Vollstreckung der jugendgerichtlichen Maßnahmen fehlt. Der neue Tatrichter wird insoweit die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen haben; die bisherigen Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher aufrechterhalten bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO)."
- 4
- Dem schließt sich der Senat an.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.