Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 75/13

bei uns veröffentlicht am18.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 75/13
vom
18. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 18. Juni 2013 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten D. und G. wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 14. September 2012, auch soweit es den Angeklagten S. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit diese Angeklagten wegen einer am 11. Januar 2012 begangenen versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung verurteilt wurden,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen für die Angeklagten D. und G. ,
c) im Ausspruch über den Vorwegvollzug der gegen den Angeklagten D. verhängten Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten D. und G. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. und G. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten G. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten S. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten D. und G. mit der Sachrüge.

I.

2
Die Revisionen sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Angeklagten D. und G. wegen des Überfalls auf die Nebenkläger R. und K. am 22. November 2011 richten. Der Aufhebung unterliegt das angefochtene Urteil dagegen, soweit die Angeklagten D. und G. auch wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung am 11. Januar 2012 verurteilt wurden. Insoweit ist eine Erstreckung der Urteilsaufhebung auf den Angeklagten S. gemäß § 357 StPO erforderlich, der keine Revision eingelegt hat.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts wollten die Angeklagten D. , G. und S. den Zeugen Sc. überfallen, um ihm die Herausgabe eines Laptop abzunötigen, auf dem sie kinderpornographische Bilddateien vermuteten, mit denen sie den Zeugen später zu Geldzahlungen erpressen wollten. Sie wollten sich mit Sturmhauben maskieren und D. mit einer Gaspistole, die anderen Mittäter mit Messern bewaffnen. Während die Angeklagten D. und S. sich in der Nähe des Hauses hinter einer Hecke verstecken sollten, sollte der Angeklagte G. an der Haustür des Zeugen Sc. klingeln und diesen mit einem Messer bedrohen, sobald dieser die Tür öffnen würde. Dazu kam es nicht, weil der Angeklagte G. meinte, er habe nach dem Klingeln an der Haustür einen Hund bellen hören und ein Kind hinter der Türverglasung gesehen. Daher nahm er von der weiteren Tatausführung Abstand und wandte sich zum Gehen. Unmittelbar danach wurden die Angeklagten durch Polizeibeamte festgenommen, die sie observiert hatten.
4
Bei dieser Sachlage bleibt offen, ob die Mittäter bereits nach ihrer Vorstellung zur Begehung der Tat unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB). Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten G. nicht für widerlegt gehalten , dass es unter den Mittätern vereinbart gewesen sei, sie hätten nicht in das Haus des Zeugen Sc. eindringen wollen, wenn ein Kind anwesend sei. Daraus könnte sich ein Vorbehalt ergeben, der dazu geführt hätte, dass die Schwelle zum Versuch nach der Tätervorstellung noch nicht überschritten war (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1999 - 4 StR 76/99, NStZ 1999, 395, 396; Beschluss vom 20. August 2004 - 2 StR 281/04, BGHR StGB, § 22 Ansetzen 33). Nähere Feststellungen zu diesem Teil des Tatplans hat das Landgericht nicht getroffen. Das kann sich auf die Beurteilung des Versuchsbeginns für alle Mittäter ausgewirkt haben (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - 2 StR 158/93, BGHSt 39, 236, 237 f.).
5
Die Aufhebung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafen für die Angeklagten D. und G. wegen dieser Tat und der gegen sie verhängten Gesamtstrafen, ferner der Bestimmung über den teilweisen Vorwegvollzug der Strafe vor der gegen den Angeklagten D. verhängten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Bezüglich des Nichtrevidenten S. , der nur wegen dieser Tat verurteilt wurde, ist das Urteil im Ganzen aufzuheben.

II.

6
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
Sollte das neue Tatgericht wieder zu der Annahme gelangen, die Tat sei bereits in das Versuchsstadium gelangt, so wäre die Frage des Rücktritts der Mittäter vom Versuch nach § 24 Abs. 2 StGB zu beurteilen. Aus dem Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2011 - 1 StR 537/10 (NStZ 2011, 337, 338) ergibt sich nichts anderes.
8
Würde das neue Tatgericht dagegen annehmen, die Tat sei noch nicht in das Versuchsstadium gelangt, so wäre eine Verabredung zum Verbrechen der besonders schweren räuberischen Erpressung im Sinne von § 30 Abs. 2 StGB zu prüfen. Die Frage des Rücktritts vom Versuch wäre dann gegebenenfalls für jeden der Angeklagten gesondert nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 StGB zu beurteilen. Becker Fischer Berger Krehl Eschelbach

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung


(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig 1. den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,2. nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt h

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2011 - 1 StR 537/10

bei uns veröffentlicht am 11.01.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 537/10 vom 11. Januar 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen versuchten Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revisionen de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 537/10
vom
11. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 5. Mai 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerem Raub und in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe (D. ) bzw. zu einer Jugendstrafe (S. ) jeweils von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen drangen die beiden Angeklagten in der Tatnacht in das Haus des Geschädigten M. ein, um dort Geld und Drogen zu stehlen. Weil sie kein Bargeld finden konnten, misshandelten sie den bis dahin schlafenden Geschädigten. Während der Angeklagte S. ihn auf das Bett drückte, schlug der Angeklagte D. ihm mit einem Schlagstock wenigstens zwanzigmal auf Kopf und Oberkörper. Dabei handelten beide Angeklagten mit bedingtem Tötungsvorsatz. Anschließend fesselten sie den Geschädigten an Händen und Füßen und knebelten ihn. Als sie auch bei der wei- teren Durchsuchung der Wohnung kein Geld finden konnten, schlug der Angeklagte D. wieder mit dem Schlagstock auf den Geschädigten ein, bis dieser ihnen das Versteck preisgab, in dem er sein Geld aufbewahrte. Die Angeklagten fanden dort 1.000 €. Da sie in der Wohnung aber weiteres Geld vermuteten, versetzte der Angeklagte D. dem Geschädigten noch einen Schlag mit dem Schlagstock, woraufhin der Angeklagte S. zu ihm sagte: „Hör auf, du bringst ihn noch um.“ Weil sie den Geschädigten in den Keller sperren wollten, um zu verhindern, dass er nach ihrem Verlassen seines Hauses die Polizei ruft, brachten sie ihn zum Kellerabgang. Dort stieß ihn der Angeklagte S. , ohne dies zuvor mit dem Angeklagten D. abgesprochen zu haben, die aus steinernen Stufen bestehende Kellertreppe hinunter. Im Keller packte er den Geschädigten und zerrte ihn dann noch in einen Nebenraum. Anschließend verließen die beiden Angeklagten das Haus. Hierbei nahmen sie billigend in Kauf, dass der Geschädigte in dem Keller sterben könnte. Tatsächlich gelang es dem Geschädigten , der sich durch die Gewalthandlungen Platzwunden am Kopf sowie Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper zugezogen hatte, bereits nach kurzer Zeit, sich seiner Fesseln zu entledigen und Hilfe zu holen.
3
2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung der beiden Angeklagten wegen versuchten Mordes nicht, da sich das Landgericht nur unzureichend mit den Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts auseinandergesetzt hat.
4
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es, wovon auch das Landgericht insoweit zutreffend ausgegangen ist, für die Abgrenzung eines beendeten vom unbeendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts maßgeblich auf die Vorstellungen der Täter nach der letzten Ausführungshandlung („Rücktrittshorizont“) an. Dies gilt insbesondere auch bei einem mehraktigen Tatgeschehen, das - wie hier - als eine Tat im Rechtssinne gewertet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2008 - 4 StR 233/08, StraFo 2009, 78 mwN). Halten die Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung aufgrund der tatsächlichen Umstände den Tod ihres Opfers für möglich oder machen sie sich über die Folgen ihres Handelns - namentlich bei besonders schweren Gewalthandlungen, die zu schweren Verletzungen geführt haben - keine Gedanken, so ist der Versuch beendet (st. Rspr.; vgl. jew. mwN BGH, Urteil vom 10. November 2005 - 4 StR 337/05 Rz. 8; BGH, Beschluss vom 3. Februar 1999 - 2 StR 540/98 Rz. 4; BGH, Beschluss vom 11. Februar 1999 - 1 StR 694/98 Rz. 4). Ein strafbefreiender Rücktritt ist in diesem Fall bei mehreren Tätern nur unter den engen Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 StGB möglich. Liegt dagegen ein unbeendeter Versuch vor, kommt ein strafbefreiender Rücktritt nach dieser Vorschrift auch dann in Betracht, wenn die Täter einvernehmlich nicht weiterhandelten , obwohl sie dies hätten tun können (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2003 - 4 StR 410/02 Rz. 2, StraFo 2003, 207). Die äußeren Gegebenheiten sind bei der Abgrenzung eines beendeten von einem unbeendeten Versuch insoweit von Bedeutung, als sie Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Täters ermöglichen (BGH, Beschluss vom 1. Juli 1993 - 1 StR 337/93 Rz. 6, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 22 mwN).
5
b) Das Landgericht ist bei seiner rechtlichen Würdigung des Tatgeschehens bei beiden Angeklagten von einem beendeten Versuch ausgegangen und hat in Ermangelung von Rettungsbemühungen die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt jeweils verneint. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die beiden Angeklagten die weitere Tatausführung nicht freiwillig aufgegeben hätten, weil sie nach der letzten Ausführungshandlung, dem Zurücklassen des Geschädigten im Keller, dessen Tod - infolge der erlittenen Verletzungen (UA S. 15) bzw. wegen fehlender Befreiungsmöglichkeiten (UA S. 32) - gebilligt hätten. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand:
6
(1) Hinsichtlich des Angeklagten D. beschränken sich die Ausführungen des Landgerichts lediglich auf die Feststellung, dass dieser beim Zurücklassen des Geschädigten im Keller dessen Tod gebilligt habe. Diese Feststellung ist, soweit sie möglicherweise auch die Vorstellung des Angeklagten von einem möglichen Erfolgseintritt - hier dem Tod des Geschädigten - mitumfasst , in den Urteilsgründen nicht belegt. Der Angeklagte D. hat sich zu seinen Vorstellungen beim Zurücklassen des Geschädigten im Keller nicht eingelassen. Es ist im Urteil auch nicht dargetan, ob das Landgericht allein aus dem - insoweit rechtsfehlerfrei festgestellten - Umstand, dass der Angeklagte D. den Stoß durch den Angeklagten S. und den anschließenden Sturz des Geschädigten die Kellertreppe hinunter aus unmittelbarer Nähe beobachtet hat, auf dessen Vorstellungen von einem möglichen Todeseintritt beim Zurücklassen des Geschädigten geschlossen hat. Eine solche Schlussfolgerung wäre hier jedenfalls nicht ohne weiteres nahe liegend gewesen, da ein Treppensturz nicht unweigerlich zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen muss und im vorliegenden Fall auch nicht zu solchen Verletzungen geführt hat.
7
(2) Hinsichtlich des Angeklagten S. hat das Landgericht seine Überzeugung , dass auch dieser den Tod des Geschädigten beim Verlassen des Tatorts für möglich gehalten habe, auf dessen spätere Äußerungen gegenüber Freunden gestützt, wonach er fürchte, „dass das Opfer versterben könnte.“ Zwar kann aus einer solchen Äußerung auf die Vorstellungen des Täters nach der letzten Ausführungshandlung geschlossen werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die einer solchen Äußerung zugrunde liegende Vorstellung von einem möglichen Todeseintritt schon unmittelbar nach der letzten Tathandlung vorhanden war (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 3 StR 384/09 Rz. 2, NStZ 2010, 146) und nicht erst durch später hinzu tretende Umstände entstanden ist. Dies hat das Landgericht bei seiner Würdigung nicht in ausreichendem Maß bedacht.
8
So hat es die Frage, ob der Angeklagte S. seine Befürchtung, der Geschädigte könne sterben, erst dann zum Ausdruck gebracht hat, nachdem ihm von einer Freundin mitgeteilt worden war, dass sich der Geschädigte im Krankenhaus befinde, ausdrücklich offen gelassen. Hiermit hätte sich das Landgericht aber auseinandersetzen müssen. Der Angeklagte S. war unmittelbar nach dem Sturz des Geschädigten bei diesem im Keller und zerrte ihn in einen Nebenraum. Dies wäre, was das Landgericht nicht erörtert hat, jedoch nicht nötig gewesen, wenn er davon ausgegangen wäre, dass sich der Geschädigte bereits durch den Sturz lebensgefährliche Verletzungen zugezogen hätte. In diesem Fall hätte er ihn einfach am Fuß der Kellertreppe liegen lassen und die Kellertür verschließen können. Dies hätte ausgereicht, um eine baldige Entdeckung der Tat zu verhindern.
9
In diesem Zusammenhang sind die Feststellungen zu dem tatsächlichen Geschehen im unmittelbaren Anschluss an den Sturz des Geschädigten zudem unklar. Im Urteil wird nicht ausgeführt, welche Reaktionen der Geschädigte hierbei zeigte. Wäre er für einige Augenblicke bewusstlos gewesen, könnte dies bei dem Angeklagten S. für die Vorstellung von einem möglichen Tod des Geschädigten sprechen. Dagegen könnte eine solche Vorstellung zweifelhaft sein, wenn der Geschädigte auch nach dem Sturz noch deutliche Lebensanzeichen gezeigt hätte, wenn er etwa laut geschrieen oder sich gegen das Verbringen in den Kellerraum trotz seiner Fesselung im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Wehr gesetzt hätte. Auch hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.
10
Hinzu kommt, dass die Feststellungen auch die Annahme nicht hinreichend nahe legen, der Angeklagte S. sei hinsichtlich der Folgen seiner Handlungen, insbesondere eines möglichen Todes des Geschädigten, gleichgültig gewesen. Denn der Angeklagte S. hatte noch wenige Augenblicke, bevor er den Geschädigten die Treppe hinunter stieß, weitere schwerwiegende Gewalthandlungen durch den Angeklagten D. noch mit den Worten „Hör auf, du bringst ihn noch um“ verhindert. Warum der Angeklagte S. nun innerhalb kurzer Zeit seine Meinung geändert haben und sich nach dem Stoß keine Gedanken mehr um das Überleben des Geschädigten gemacht haben sollte, ist aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich. Angesichts der dargelegten Umstände kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die von dem Angeklagten S. geäußerte Befürchtung, der Geschädigte könne sterben, erst nachträglich durch die Kenntnis von dem Krankenhausaufenthalt des Geschädigten entstanden ist und nicht die Vorstellungen des Angeklagten unmittelbar nach der letzten Ausführungshandlung wiedergibt. Dies hätte das Landgericht bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigen müssen.

11
3. Die Verurteilung der beiden Angeklagten wegen versuchten Mordes hat demnach keinen Bestand. Der Senat kann den Schuldspruch nicht auf einen besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung umstellen. Es kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass aufgrund neuer Feststellungen ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch rechtsfehlerfrei verneint werden kann. Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,
2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder,
3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.

(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.