Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 75/13

published on 18/06/2013 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 75/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 75/13
vom
18. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 18. Juni 2013 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten D. und G. wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 14. September 2012, auch soweit es den Angeklagten S. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit diese Angeklagten wegen einer am 11. Januar 2012 begangenen versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung verurteilt wurden,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen für die Angeklagten D. und G. ,
c) im Ausspruch über den Vorwegvollzug der gegen den Angeklagten D. verhängten Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten D. und G. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. und G. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten G. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub sowie wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten S. wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten D. und G. mit der Sachrüge.

I.

2
Die Revisionen sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Angeklagten D. und G. wegen des Überfalls auf die Nebenkläger R. und K. am 22. November 2011 richten. Der Aufhebung unterliegt das angefochtene Urteil dagegen, soweit die Angeklagten D. und G. auch wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung am 11. Januar 2012 verurteilt wurden. Insoweit ist eine Erstreckung der Urteilsaufhebung auf den Angeklagten S. gemäß § 357 StPO erforderlich, der keine Revision eingelegt hat.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts wollten die Angeklagten D. , G. und S. den Zeugen Sc. überfallen, um ihm die Herausgabe eines Laptop abzunötigen, auf dem sie kinderpornographische Bilddateien vermuteten, mit denen sie den Zeugen später zu Geldzahlungen erpressen wollten. Sie wollten sich mit Sturmhauben maskieren und D. mit einer Gaspistole, die anderen Mittäter mit Messern bewaffnen. Während die Angeklagten D. und S. sich in der Nähe des Hauses hinter einer Hecke verstecken sollten, sollte der Angeklagte G. an der Haustür des Zeugen Sc. klingeln und diesen mit einem Messer bedrohen, sobald dieser die Tür öffnen würde. Dazu kam es nicht, weil der Angeklagte G. meinte, er habe nach dem Klingeln an der Haustür einen Hund bellen hören und ein Kind hinter der Türverglasung gesehen. Daher nahm er von der weiteren Tatausführung Abstand und wandte sich zum Gehen. Unmittelbar danach wurden die Angeklagten durch Polizeibeamte festgenommen, die sie observiert hatten.
4
Bei dieser Sachlage bleibt offen, ob die Mittäter bereits nach ihrer Vorstellung zur Begehung der Tat unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB). Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten G. nicht für widerlegt gehalten , dass es unter den Mittätern vereinbart gewesen sei, sie hätten nicht in das Haus des Zeugen Sc. eindringen wollen, wenn ein Kind anwesend sei. Daraus könnte sich ein Vorbehalt ergeben, der dazu geführt hätte, dass die Schwelle zum Versuch nach der Tätervorstellung noch nicht überschritten war (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1999 - 4 StR 76/99, NStZ 1999, 395, 396; Beschluss vom 20. August 2004 - 2 StR 281/04, BGHR StGB, § 22 Ansetzen 33). Nähere Feststellungen zu diesem Teil des Tatplans hat das Landgericht nicht getroffen. Das kann sich auf die Beurteilung des Versuchsbeginns für alle Mittäter ausgewirkt haben (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - 2 StR 158/93, BGHSt 39, 236, 237 f.).
5
Die Aufhebung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafen für die Angeklagten D. und G. wegen dieser Tat und der gegen sie verhängten Gesamtstrafen, ferner der Bestimmung über den teilweisen Vorwegvollzug der Strafe vor der gegen den Angeklagten D. verhängten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Bezüglich des Nichtrevidenten S. , der nur wegen dieser Tat verurteilt wurde, ist das Urteil im Ganzen aufzuheben.

II.

6
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
Sollte das neue Tatgericht wieder zu der Annahme gelangen, die Tat sei bereits in das Versuchsstadium gelangt, so wäre die Frage des Rücktritts der Mittäter vom Versuch nach § 24 Abs. 2 StGB zu beurteilen. Aus dem Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Januar 2011 - 1 StR 537/10 (NStZ 2011, 337, 338) ergibt sich nichts anderes.
8
Würde das neue Tatgericht dagegen annehmen, die Tat sei noch nicht in das Versuchsstadium gelangt, so wäre eine Verabredung zum Verbrechen der besonders schweren räuberischen Erpressung im Sinne von § 30 Abs. 2 StGB zu prüfen. Die Frage des Rücktritts vom Versuch wäre dann gegebenenfalls für jeden der Angeklagten gesondert nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 StGB zu beurteilen. Becker Fischer Berger Krehl Eschelbach
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu
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published on 11/01/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 537/10 vom 11. Januar 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen versuchten Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revisionen de
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet,
2.
nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder,
3.
nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert.

(2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern.