Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - 2 StR 482/19

bei uns veröffentlicht am09.01.2020
vorgehend
Landgericht Aachen, , 01 Js 5/19
Landgericht Aachen, 6, 19.11.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 482/19
vom
9. Januar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
ECLI:DE:BGH:2020:090120B2STR482.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Januar 2020 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, Abs. 1b StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 10. Juli 2019
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe jeweils wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last,
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, schuldig ist,
c) ferner aufgehoben aa) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist, bb) in der Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit diese einen Betrag von 850 € über-
steigt; die weiter gehende Einziehungsanordnung entfällt. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fünf tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner mit der allgemeinen Sachrüge begründeten Revision, von der er die Nichtanordnung einer Maßregel ausgenommen hat. Das Rechtsmittel führt zu einer Teileinstellung des Verfahrens und hat in dessen Folge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat stellt das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe verurteilt ist. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuleitungsschrift im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, waren die der Verurteilung zugrundeliegenden Taten (Verkauf einer jeweils zuvor von einem Freund angekauften fertigen Amphetaminpaste im Zeit- raum zwischen Anfang Januar und Anfang Februar 2019) nicht Gegenstand der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage.
3
2. Die Einstellung des Verfahrens zieht die Korrektur der Einziehungsentscheidung und die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Eine Verweisung auf das Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO kann auch dann erfolgen, wenn – wie hier – im Revisionsverfahren eine oder mehrere Einzelstrafen durch Einstellung in Wegfall kommen und nur deshalb über die Gesamtstrafe neu zu befinden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. August 2006 – 1 StR 252/06 Rn. 3; vom 16. November 2004 – 4 StR 392/04, NJW 2005, 376, 377; vom 13. März 2014 – 4 StR 537/13 Rn. 4).
4
3. Hier kann der Senat die Entscheidung über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels nach § 473 Abs. 4 StPO selbst treffen. Denn es ist sicher abzusehen, dass der Rechtsmittelerfolg geringfügig ist, nachdem der Angeklagte den Schuldspruch insgesamt angegriffen hat und sich der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und sechs Monaten auf die Höhe der neu zu bemessenden Gesamtstrafe nicht nennenswert auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04, NJW 2004, 3788, 3789).
Franke Krehl Meyberg Grube Schmidt

Vorinstanz:
Aachen, LG, 10.07.2019 - 901 Js 5/19 63 KLs 11/19

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 462 Verfahren bei gerichtlichen Entscheidungen; sofortige Beschwerde


(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

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Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung : ja StPO § 354 Abs. 1b Satz 1 1. Bei Urteilsaufhebung nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO wegen fehlerhafter Gesamtstrafenbildung bedarf es keiner Zurückverweisung. 2. Zur Kostenentscheidung in diesem

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 252/06 vom 9. August 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. August 2006 gemäß §§ 206a Abs. 1, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlosse

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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

3
2. Die Teileinstellung hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge, weil eine Einzelstrafe von neun Monaten entfällt. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Eine Verweisung auf das Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO kann auch dann erfolgen, wenn - wie hier - im Revisionsverfahren eine Einzelstrafe durch Einstellung in Wegfall gekommen und nur deshalb über die Gesamtstrafe neu zu befinden ist (vgl. BGH NStZ 2005, 223). Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den verbleibenden, nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht.
4
3. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Eine Verweisung auf das Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO kann auch dann erfolgen, wenn - wie hier - im Revisionsverfahren eine oder mehrere Einzelstrafen durch Einstellung in Wegfall kommen und nur deshalb über die Gesamtstrafe neu zu befinden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 1 StR 390/13; Beschluss vom 16. November 2004 - 4 StR 392/04, NStZ 2005, 223).

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
1. Bei Urteilsaufhebung nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO
wegen fehlerhafter Gesamtstrafenbildung bedarf es
keiner Zurückverweisung.
2. Zur Kostenentscheidung in diesem Fall.
BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Januar 2004 im Ausspruch über die Gesamtstrafen nach § 349 Abs. 4 StPO mit der Maßgabe (§ 354 Abs. 1b Satz 1 StPO) aufgehoben, daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist; die Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 5. November 1997 – 325 Ds 196/97 – bleibt bestehen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 wegen Körperverletzung (Einzelstrafe: ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie wegen Körperverletzung in sechs Fällen und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Juni 2002 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Eine Tat wurde im Oktober 1997, die anderen zwischen Juli 2000 und Mai 2002 begangen. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ; im übrigen erweist sie sich aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 23. September 2004 im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.
1. Die Gesamtstrafaussprüche können nicht bestehenbleiben. Die Bildung der Gesamtsstrafen ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da die Verurteilung vom 5. November 1997 keine Zäsurwirkung entfaltet. Die dort abgeurteilte Verkehrsstraftat war am 20. April 1997 begangen worden und damit vor einer anderen Verurteilung des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. Juli 1997. Liegt die abzuurteilende Tat – wie hier die Tat vom 15./16. Oktober 1997 – zwischen zwei Verurteilungen, aus denen eine Gesamtstrafe zu bilden war, kommt eine Gesamtstrafbildung aus der Strafe für die abzuurteilende Tat mit der Strafe aus der letzten Vorverurteilung nicht in Betracht (vgl. BGHSt 32, 190, 193; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 12). Nur der ersten der beiden früheren Verurteilungen käme eine Zäsurwirkung zu (BGH aaO). Mangels Zäsur und Einbeziehungsmöglichkeit muß es bei der Gesamtgeldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. November 1997 verbleiben, die nach zutreffender Anwendung des § 55 StGB unter Einbeziehung der am 25. Juli 1997 verhängten Geldstrafe gebildet worden ist. Durch die Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen ist der Angeklagte möglicherweise beschwert; es liegt nahe, daß das Landgericht bei Bildung lediglich einer Gesamtfreiheitsstrafe zu einem strafferen Zusammenzug der verhängten Freiheitsstrafen gelangt wäre als durch die erfolgte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen.
2. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafbildung aus den nunmehr rechtskräftigen Einzelstrafen obliegt somit dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz BT-Drucks. 15/3482 S. 22). Einer Zurückverweisung bedarf es indes nicht (mißverständlich insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. aaO); diese hat nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO nur „in anderen Fällen“ – also nicht in den Fällen des § 354 Abs. 1 bis 1b StPO – zu erfolgen. Demgemäß wird in § 462a Abs. 6 StPO nur auf § 354 Abs. 2 und § 355 StPO, nicht aber auf § 354 Abs. 1b StPO Bezug genommen.
3. Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung auch hinsichtlich des Schuldspruchs umfassend angegriffen hat, mit dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht hat. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende – für den Angeklagten negative – Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO sofort selbst treffen und hat sie nicht dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, dem sie systemfremd wäre. Ob in Fällen, in denen die Aufhebung der Gesamtstrafe im Verfahren nach §§ 460, 462 StPO dem Anliegen des Revisionsführers nicht nur geringfügig zum Erfolg verhelfen kann, eine Kostenentscheidung – eher untypisch – auf Grundlage einer Prognose der Entscheidung im Nachverfahren ebenfalls sofort zu treffen ist, ob die Kostenentscheidung etwa vorzubehalten ist oder ob sie dann doch im Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO getroffen werden müßte, bedarf hier keiner Entscheidung. In schwierigeren Fällen kann ohnehin eine Verfahrensweise nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO vorzugswürdig gegenüber dem nicht zwingenden Vorgehen nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO sein.
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