Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2004 - 2 StR 24/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der unerlaubten Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet nach Abschiebung und mit Urkundenfälschung , der unerlaubten Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet nach Abschiebungund des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen schuldig ist,
b) in den Einzelstrafen für die Urkundenfälschung und für die unerlaubte Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt am 18. Februar 2002 und davor sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Aufenthalts in zwei Fällen, Urkundenfälschung und gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Heroin) in 12 Fällen unter Einbezug der Strafen aus der Verurteilung durch das Landgericht Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2002 (Az.: 5/20 Ns 5320 Js 10143.2/98) unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe in ihre Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren" verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge und einer Verfahrensrüge.II.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im übrigen erweist es sich aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Annahme von Tatmehrheit hinsichtlich der unerlaubten Einreise und des unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet und der Urkundenfälschung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte hatte einen verfälschten kroatischen Reisepaß, der auf die Personalien M., geboren am 22. Mai 1958, ausgestellt war, erworben und mit sich geführt, um sich anläßlich von Kontrollen mit der falschen Identität auszuweisen und damit seine illegale Einreise und seinen unerlaubten Aufenthalt zu verschleiern. Bei der Polizeikontrolle am 18. Februar 2002 hat er sich mit diesem Paß ausgewiesen.Da aber damit tatbestandliche Ausführungshandlungen zusammenfielen, nämlich Gebrauchmachen von der verfälschten Urkunde und unerlaubter Aufenthalt im Bundesgebiet, ist Tateinheit (§ 52 StGB) gegeben (vgl. auch Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AuslG – Stand: 1. Mai 2000 – § 92 Rdn. 7). Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten. Der Senat kann auch ausschließen, daß sich der Angeklagte bei einem Hinweis auf die Änderung des Konkurrenzverhältnisses anders hätte verteidigen können. § 265 StPO steht deshalb einer Änderung des Schuldspruchs nicht entgeg en. Dies zwingt jedoch zur Aufhebung der insoweit ausgeworfenen Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Die Gesamtfreiheitsstrafe kann auch aus einem anderen Grund keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat die Zäsurwirkung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8. Oktober 2002 nicht beachtet. Nach § 55 Abs. 1 StGB ist eine Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter , bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Der Tatrichter, dem sich die Frage nachträglicher Gesamtstrafenbildung stellt, muß sich in die Lage des Richters versetzen, dessen Entscheidung für eine nachträgliche Einbeziehung in Frage kommt. Alle Strafen für die vor jenem Urteil begangenen Taten sind auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen , aber auch nur diese. Hat der Täter sich nach dem früheren Urteil erneut strafbar gemacht, so ist insoweit eine gesonderte Einzelstrafe oder eine weitere Gesamtstrafe festzusetzen. Dies hat das Landgericht nicht beachtet. Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Bildung von zwei Gesamtfreiheits-
strafen für den Angeklagten günstiger wäre als die von der Strafkammer gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. 3. Die Feststellungen zu den von der Aufhebung betroffenen Einzelstrafen und zur Gesamtstrafe sind von den Rechtsfehlern nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird im übrigen Gelegenheit haben, der Behauptung der Revision nachzugehen, der Angeklagte habe 20.000 DM zur Erfüllung von Bewährungsauflagen geleistet. Bode Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.