Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - 2 ARs 367/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschuldigten am 3. April 2019 beschlossen:
2. Von der Bestimmung des Gerichtsstands nach § 13a StPO wird abgesehen.
Gründe:
I.
- 1
- Der Bundesgerichtshof hat auf Antrag des Generalbundesanwalts vom 13. November 2018 mit Beschluss vom 27. November 2018 die Untersuchung und Entscheidung der Sache gemäß § 13a StPO dem Landgericht NürnbergFürth übertragen. Dem Beschuldigten ist vor der Entscheidung kein rechtliches Gehör gewährt worden, obgleich ein Verteidiger aus den Akten zu ersehen war. Das Verfahren ist deshalb in die Lage zurück zu versetzen, die vor dem Erlass des Beschlusses vom 27. November 2018 bestand.
II.
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- Von der Zuständigkeitsbestimmung nach § 13a StPO ist abzusehen.
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- Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin ist durch die vorläufige Festnahme des Beschuldigten am 12. Juni 2018 am Flughafen Berlin-Tegel und seine Beschuldigtenvernehmung vor dem Amtsgericht Tiergarten am folgenden Tag begründet worden (vgl. Senatsbeschluss vom 2. März 2011 – 2 ARs56/11). Damit fehlt es nicht – wie es § 13a StPO voraussetzt – an einem im Geltungsbereich der Strafprozessordnung zuständigen Gericht.
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- Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt: „Der Gerichtsstand des Ergreifungsorts gemäß § 9 StPO wurde in Berlin unabhängig davon begründet, ob der Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. Oktober 2010, auf dessen Grundlage der Beschuldigte vorübergehend festgenommen wurde , durch das örtlich zuständige Gericht erlassen worden war. Ergreifung ist jede befugte und gerechtfertigte Festnahme durch Beamte oder Privatpersonen zum Zweck der Strafverfolgung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, 2018, § 9 Rn. 2). Daran könnten Zweifel bestehen, da der Haftbefehl bereits vor dem Inkrafttreten des § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG (1. April 2013) erlassen wurde, der die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft NürnbergFürth für die Ermittlungen aufgrund der Strafanzeige der Geschädigten begründete. Die Festnahme des Beschuldigten war jedenfalls auf der Grundlage von § 127 Abs. 2 StPO gerechtfertigt. Die Beendigung der Inhaftierung mit der Aufhebung des Haftbefehls des Amtsgerichts Nürnberg-Fürth unter Verzicht auf die weitere – bis zum Erlass eines Haftbefehls durch den Ermittlungsrichter des zuständigen Amtsgerichts Tiergarten auf § 127 Abs. 2 StPO gestützte – Haft lässt die Zulässigkeit der vorläufigen Festnahme des Beschuldigten jedoch unberührt.“
- 5
- Dem schließt sich der Senat an.
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Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.
Fehlt es im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes an einem zuständigen Gericht oder ist dieses nicht ermittelt, so bestimmt der Bundesgerichtshof das zuständige Gericht.
Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Beschuldigte ergriffen worden ist.
(1) Die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft bestimmt sich nach der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht. Fehlt es im Geltungsbereich dieses Gesetzes an einem zuständigen Gericht oder ist dieses nicht ermittelt, ist die zuerst mit der Sache befasste Staatsanwaltschaft zuständig. Ergibt sich in den Fällen des Satzes 2 die Zuständigkeit eines Gerichts, ist das Verfahren an die nach Satz 1 zuständige Staatsanwaltschaft abzugeben, sobald alle notwendigen verfahrenssichernden Maßnahmen ergriffen worden sind und der Verfahrensstand eine geordnete Abgabe zulässt. Satz 3 gilt entsprechend, wenn die Zuständigkeit einer Staatsanwaltschaft entfallen ist und eine andere Staatsanwaltschaft zuständig geworden ist.
(2) Ein unzuständiger Beamter der Staatsanwaltschaft hat sich den innerhalb seines Bezirks vorzunehmenden Amtshandlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im Verzug ist.
(3) Können die Staatsanwaltschaften verschiedener Länder sich nicht darüber einigen, welche von ihnen die Verfolgung zu übernehmen hat, so entscheidet der Generalbundesanwalt. Er entscheidet auf Antrag einer Staatsanwaltschaft auch, wenn die Staatsanwaltschaften verschiedener Länder sich nicht über die Verbindung zusammenhängender Strafsachen einigen.
(4) Den Beamten einer Staatsanwaltschaft kann für die Bezirke mehrerer Land- oder Oberlandesgerichte die Zuständigkeit für die Verfolgung bestimmter Arten von Strafsachen, die Strafvollstreckung in diesen Sachen sowie die Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen von Stellen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes zugewiesen werden, sofern dies für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist; in diesen Fällen erstreckt sich die örtliche Zuständigkeit der Beamten der Staatsanwaltschaft in den ihnen zugewiesenen Sachen auf alle Gerichte der Bezirke, für die ihnen diese Sachen zugewiesen sind.
(5) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einer Staatsanwaltschaft für die Bezirke mehrerer Land- oder Oberlandesgerichte die Zuständigkeit für die Strafvollstreckung und die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung ganz oder teilweise zuzuweisen, sofern dies für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Vollstreckungsverfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung den Landesjustizverwaltungen übertragen.
(6) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind die in der Bundesrepublik Deutschland als Delegierte Europäische Staatsanwälte gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 ernannten Staatsanwälte unabhängig von ihrem Dienstsitz für alle Strafsachen im Geltungsbereich dieses Gesetzes zuständig, mit denen sie nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2017/1939 befasst sind. Satz 1 gilt entsprechend für den deutschen Europäischen Staatsanwalt, der gemäß Artikel 28 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2017/1939 tätig wird.
(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs. 1.
(2) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen.
(3) Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.
(4) Für die vorläufige Festnahme durch die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes gelten die §§ 114a bis 114c entsprechend.