Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Apr. 2000 - 1 StR 623/99
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges unter Einbeziehung von fünf Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts München I vom 14. Dezember 1995 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat sowie wegen Betruges in vier Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; im übrigen hat es ihn freigesprochen. Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten bleibt erfolglos, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Ein Verfahrenshindernis besteht entgegen der Auffassung der Revision hinsichtlich des Betruges zum Nachteil P. nicht. Die Strafklage ist insoweit durch das Urteil des Landgerichts München I nicht verbraucht.a) Das Landgericht hat bei der Zumessung der Einzelstrafe wegen des Betrugs zum Nachteil P. strafmildernd berücksichtigt, der früheren Verurtei-
lung des Angeklagten durch das Landgericht München I habe eine Absprache dahin zugrundegelegen, daß mit jener Verurteilung "verfahrensgegenständliche , aber auch sonstige bis dahin begangene Straftaten des Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Unternehmensberater abgegolten sein sollten". Die Tat zum Nachteil P. beging der Angeklagte im Rahmen seiner Tätigkeit als Unternehmensberater zwar bereits vor der Verurteilung durch das Landgericht München I; sie war in jenem Verfahren indessen nicht mit angeklagt. Die Revision trägt vor, durch die erste Verurteilung habe bereits eine "Gesamtbewertung der strafrechtlich relevanten unternehmensberaterischen Tätigkeit des Angeklagten stattgefunden"; auch der zuvor begangene Betrug zum Nachteil P. sei in die damalige Strafzumessung miteingeflossen.
b) Die in Rede stehende selbständige prozessuale Tat war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München I. Sie ist - ungeachtet der Frage daraus zu ziehender etwaiger rechtlicher Folgerungen - auch sonst in die Strafbemessung durch das Landgericht München I nicht "eingeflossen" (vgl. dazu auch BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 14 sowie BGHSt 37, 10). Die Gründe jenes Urteils lassen solches nicht erkennen. Soweit die Revision weitergehend geltend machen will, die im Verfahren vor dem Landgericht München I angeblich getroffene Absprache begründe ein Verfahrenshindernis eigener Art, stünde dem schon die offensichtliche Rechtswidrigkeit einer solchen Absprache entgegen; diese schließt es aus, daran anknüpfende Erwartungen der Verfahrensbeteiligten als schutzwürdig zu erachten. Nachdem die Tat zum Nachteil P. nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München I war, ergab sich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine tragfähige Grundlage für eine entsprechende Zusicherung im
Rahmen einer etwaigen Absprache. Die in jener Sache beteiligte Staatsanwaltschaft durfte einer Absprache des behaupteten Inhalts schon im Blick auf das Legalitätsprinzip (vgl. § 152 Abs. 2 StPO) und die Verpflichtung auf Recht und Gesetz nicht zustimmen. Danach ist es schlechterdings ausgeschlossen, die Nichtverfolgung selbständiger prozessualer Taten zuzusichern, die noch gar nicht bekannt, deshalb nicht bestimmbar sind und daher auch in ihrem Gewicht und Schuldgehalt nicht beurteilt werden können (vgl. dazu BGHSt 36, 210, 215). Den zur Prüfung des geltend gemachten Verfahrenshindernisses herangezogenen Strafakten ist zu entnehmen, daß der Geschädigte P. den Sachverhalt erst mit Schreiben vom 28. Februar 1997 anzeigte; das Urteil des Landgerichts München I war indessen schon am 14. Dezember 1995 ergangen. Daß die Strafkammer die von ihr zugrundegelegte Absprache, die den Fall P. aus den dargelegten Gründen nicht betreffen konnte, nunmehr bei der Aburteilung dieses Betruges zu Unrecht strafmildernd berücksichtigt hat, beschwert den Angeklagten nicht. 2. Auch die Sachrüge hat keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:
a) Das Landgericht hat hinsichtlich der Betrugstaten zum Nachteil der drei Unternehmensberater festgestellt: Der Angeklagte stellte die drei Geschädigten als freie Mitarbeiter ein, die im Rahmen des von ihm gesteuerten Unternehmens auf Provisionsbasis insbesondere im Bereich der Finanzierungsberatung tätig sein sollten. Für die ihnen in Aussicht gestellten Vorteile aus der geplanten Zusammenarbeit zahlten sie vorab vereinbarungsgemäß eine "Gebühr" in Höhe von jeweils 57.500 DM. Dazu waren die mit der Finanzierungsberatung nicht vertrauten Mitarbeiter nur bereit, weil der Angeklagte ihnen eine umfassende Schulung, Einarbeitung und Unterstützung versprach. Diese Ver-
sprechungen hielt der Angeklagte jedoch - wie von ihm von vornherein beabsichtigt - nicht ein. Ihm ging es lediglich darum, zur Linderung seiner finanziellen Schwierigkeiten die "Gebühr" zu vereinnahmen.
b) Die Revision weist zu den festgestellten Zusagen des Angeklagten mit Recht auf Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Strafkammer hin. Der Angeklagte hatte in Abrede gestellt, den geschädigten Finanzberatern die Durchführung von Schulungen versprochen zu haben. Das Landgericht hat dies für widerlegt erachtet und in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Verpflichtung zur Einarbeitung und Schulung habe der Angeklagte "im übrigen" dadurch anerkannt, daß er durch zahlreiche Beweisangebote versucht habe nachzuweisen, Schulungsabende hätten tatsächlich stattgefunden. Damit stellt das Landgericht ersichtlich auf Beweisanträge ab, die der Verteidiger des Angeklagten gestellt hatte. Beweisbehauptungen in Beweisanträgen des Verteidigers können indes nicht ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten angesehen werden (vgl. BGH NStZ 1990, 447; BGH StV 1998, 59). Zudem hat die Strafkammer nicht bedacht, daß im Rahmen der Verteidigung hilfsweise auch das Durchführen nicht zugesagter Schulungen behauptet werden kann. Im Blick auf das Bestreiten der Zusage entsprechender Schulungen können daraus keine dem Angeklagten nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Der Senat schließt jedoch aus, daß das Urteil auf diesem Mangel beruht. Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, daß die Schulungszusagen des Angeklagten zur Überzeugung der Strafkammer bereits auf Grund der übereinstimmenden und für glaubhaft erachteten Aussagen der Geschädigten feststanden. Die "im übrigen" angestellte Hilfserwägung zu den Beweisanträgen ist erkennbar nur zur Bestätigung der bereits auf Grund anderweitiger Beweismittel für erwiesen erachteten Zusagen erfolgt.
c) Auch die Einwände der Revision gegen die Strafzumessung greifen nicht durch. Sie meint, die den Geschädigten gezahlten Beraterprovisionen hätten strafmildernd berücksichtigt werden müssen. Der Tatrichter ist jedoch nicht verpflichtet, sämtliche Strafzumessungserwägungen in den Urteilsgründen darzustellen; nur die bestimmenden Zumessungsgründe sind anzuführen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, daß die Geschädigten durch die Finanzierungsberatung nennenswerte Einkünfte in solchem Maße erzielt hätten, daß darin ein bestimmender strafmildernder Umstand hätte gesehen werden müssen. Eine Aufklärungsrüge, die zudem einen genauen Vortrag u.a. hinsichtlich der erbrachten Beratertätigkeit und der im einzelnen hierfür empfangenen Provisions- oder Honorarzahlungen erfordert hätte, hat die Revision nicht erhoben. Schäfer Granderath Nack Boetticher Schluckebier
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.