Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 581/12
vom
6. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2013 gemäß § 349
Abs. 2, § 464 Abs. 3 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 5. April 2012 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Die sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung im vorbezeichneten Urteil wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen, weil diese Entscheidung der Sach- und Rechtslage entspricht.
Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Zur Rüge, über ein Ablehnungsgesuch habe eine fehlerhaft besetzte Kammer entschieden: Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.
Die Kammer, die über das Ablehnungsgesuch entschieden hat, war richtig besetzt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung durfte der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Beisitzer der Vertreterkammer an der Entscheidung nicht mitwirken, weil er zuvor als Zeuge in dieser Sache ausgesagt hatte und daher gemäß § 22 Nr. 5 StPO von der Mitwirkung ausgeschlos- sen war. Der Begriff der „Sache“ in § 22Nr. 5 StPO ist nicht auf den Kernbereich von Schuld und Strafe beschränkt, sondern umfasst alle richterlichen Entscheidungen , die im Verlauf einer Hauptverhandlung zu treffen sind und sich auf die abschließende Entscheidung auswirken können. Dazu zählt auch die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen die erkennenden Richter. § 22 StPO will jeden Anschein von Parteilichkeit vermeiden (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 1983 - 2 StR 709/82, BGHSt 31, 358, 359 mwN, und vom 25. Mai 1956 - 2 StR 96/56, BGHSt 9, 193, 194 f.). Diesem Zweck widerspräche es, könnte der als Zeuge vernommene Richter über den Verbleib desjenigen Richters in der Spruchkammer entscheiden, der auch seine Aussage zu würdigen hat.
2. Zur (weiteren) Rüge der Mitwirkung eines befangenen Richters - hier: des Vorsitzenden der Spruchkammer - wegen der Bestimmung einer (nur) einwöchigen Frist zur Stellung weiterer Beweisanträge: Auch diese Rüge ist unbegründet.
Der Senat kann offen lassen, ob sich die dem Ablehnungsgesuch zugrundeliegende Fristsetzung durch den Vorsitzenden noch im vollen Umfang in den Grenzen des durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gestalteten Rahmens (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. September 2008 - 1 StR 484/08, BGHSt 52, 355 ff., vom 19. Juni 2007 - 3 StR 149/07, BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2, und vom 9. Mai 2007 - 1 StR 32/07, BGHSt 51, 333, 344) hielt. Das Festhalten des Vorsitzenden an der gesetzten Frist rechtfertigte bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der zur Fristsetzung führenden Verfahrensumstände (dazu BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - 5 StR 263/08, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 20) kein Misstrauen in dessen Unparteilichkeit. Soweit die Verteidigung entscheidend darauf abstellt, dass der als Ziffer 1 angeklagte Tatvorwurf noch nicht zu einer - wenngleich erwarteten und später auch durchgeführten - Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO gelangt war, begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Einstellung dieses Teilvorwurfs war ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zum Ablehnungsgesuch unter allen Verfahrensbeteiligten abgesprochen und konnte am Tag der Fristsetzung nur deshalb nicht realisiert werden, weil der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft nicht in der Sitzung anwesend war und auch nicht erreicht werden konnte; das Gericht hatte sich indes ausdrücklich um eine entsprechende Erklärung bemüht.
Wahl Jäger Cirener Radtke Zeng

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafprozeßordnung - StPO | § 24 Ablehnung eines Richters; Besorgnis der Befangenheit


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,

Strafprozeßordnung - StPO | § 22 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes


Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, 1. wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;2. wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;3.

Strafprozeßordnung - StPO | § 246 Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verspätung


(1) Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache zu spät vorgebracht worden sei. (2) Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem Gegner des Antragstellers so spä

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 484/08 vom 23. September 2008 BGHSt: ja BGHR: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StPO § 246 Abs. 1 StPO § 244 Abs. 3 1. Aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens fol

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(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen,

1.
wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist;
2.
wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist;
3.
wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter, als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig gewesen ist;
5.
wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 484/08
vom
23. September 2008
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
________________________
1. Aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens
folgt die Befugnis, den Verfahrensbeteiligten eine Frist zur Stellung von
Beweisanträgen zu setzen. § 246 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.
2. Wird nach der gesetzten Frist ein Beweisantrag gestellt, kann dies ein Indiz
für die innere Tatsache der Verschleppungsabsicht darstellen, wenn der Antragsteller
die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar
und substantiiert darlegen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244
Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt.
3. Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die
Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Die Verfahrensbeteiligten
sind darauf hinzuweisen, dass eine Ablehnung der Beweisanträge
, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen Verschleppungsabsicht
bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist.
4. Wurde der Hinweispflicht entsprochen, können Hilfsbeweisanträge auch erst
im Urteil wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden.
BGH, Beschl. vom 23. September 2008 - 1 StR 484/08 - LG Münster
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. September 2008 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Münster vom 7. März 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt, wovon vier Monate als verbüßt gelten. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verfahrensrüge, mit der die rechtsfehlerhafte Ablehnung verschiedener Hilfsbeweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht geltend gemacht wird, hat keinen Erfolg.
3
1. Die Revision trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:
4
Am 10. Hauptverhandlungstag wurde seitens des Vorsitzenden der Strafkammer angeordnet, dass „den Beteiligten … zur Stellung von weiteren Beweisanträgen eine Frist bis zum 26.09.2007 gesetzt“ wird. Auf Antrag des Verteidigers des Angeklagten wurde die Frist unmittelbar im Anschluss durch weitere Anordnung des Vorsitzenden bis zum 9. Oktober 2007 verlängert. Sodann wurde den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Am darauf folgenden Verhandlungstag beantragte der Verteidiger, die Frist für weitere Beweisanträge aufzuheben, und einen diesbezüglichen Beschluss der Strafkammer. Nach Unterbrechung der Verhandlung bestätigte die Kammer die vom Vorsitzenden angeordnete Fristsetzung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es „nach der neuen Rechtsprechung des BGH vor al- lem in umfangreichen Verfahren zulässig und sinnvoll ist, solche Fristen zu setzen.“ Die gesetzte Frist erscheine zudem angemessen. Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurden auch nach dem 9. Oktober 2007 gestellte Beweisanträge seitens des Landgerichts entgegengenommen, denen teilweise auch nachgegangen wurde. Im Rahmen seines Schlussvortrages am 27. Verhandlungstag stellte der Verteidiger dann verschiedene Hilfsbeweisanträge, die allesamt im Urteil wegen Prozessverschleppungsabsicht abgelehnt wurden.
5
2. Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 StPO sowie des Rechts auf ein faires Verfahren ist bereits unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entspricht.
6
a) Der Beschwerdeführer muss die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Revisionsgericht auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Ver- fahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. statt aller Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 344 Rdn. 24 m.w.N.). Für einen erschöpfenden Vortrag sind dabei auch - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 2005, 1999, 2002) - die Verfahrenstatsachen vorzutragen, die der erhobenen Rüge entgegenstehen könnten (vgl. zuletzt Senat NStZ-RR 2007, 53, 54).
7
b) Mit der Rüge wird geltend gemacht, dass die Strafkammer die Hilfsbeweisanträge im Urteil wegen Verschleppungsabsicht abgewiesen habe, ohne zuvor darauf hingewiesen zu haben, dass Beweisanträge, die nach Ablauf der am 10. Hauptverhandlungstag gesetzten Frist gestellt werden, auch wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden können. Dies ist indes nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden der Strafkammer, die in der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft mitgeteilt wird und der die Revision nicht entgegengetreten ist, nicht der Fall. Danach wurde vielmehr am 11. Hauptverhandlungstag nachdem der Gerichtsbeschluss verkündet worden war, der die Fristsetzung des Vorsitzenden bestätigte, mit den Verfahrensbeteiligten die Bedeutung der Fristsetzung erörtert. Seitens des Vorsitzenden wurde darauf hingewiesen , dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Fristablauf gestellt werden, und dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Zurückweisung der Beweisanträge wegen Prozessverschleppung in Betracht kommt. Dieses Verfahrensgeschehen mitzuteilen, das für die Beurteilung der Verfahrensrüge bedeutsam ist, versäumt die Revision. Das mag seine Ursache darin haben, dass in der Revisionsinstanz ein anderer Verteidiger als in der Tatsacheninstanz beauftragt war. In solchen Fällen trifft den neuen Verteidiger indes eine Erkundigungspflicht (vgl. Senat NStZ 2005, 283, 284), zumal in der Revisionsbegründung ausdrücklich das Fehlen eines entsprechenden Hinweises gerügt wurde. Unter diesen Voraussetzungen gebietet auch das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes kein anderes Ergebnis (BVerfG StraFo 2005, 512).
8
c) Bei der gegebenen Sachlage wäre die Rüge zudem aber auch unbegründet. Das Landgericht hat die Hilfsbeweisanträge zu Recht wegen Prozessverschleppungsabsicht abgelehnt. Die verlangte Beweiserhebung konnte nichts Sachdienliches zugunsten des Angeklagten erbringen, was dem Antragsteller auch bewusst war. Darüber hinaus bezweckte er mit dem Antrag ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses. Durch die begehrte Beweiserhebung wäre auch eine wesentliche Verzögerung eingetreten.
9
aa) Unter umfassender Würdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. BGHSt 51, 333, 336 Rdn. 17) hat die Strafkammer die vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen für die Ablehnung der Hilfsbeweisanträge wegen Verschleppungsabsicht (vgl. insoweit nur BGHSt 51, 333, 336 Rdn. 15) rechtsfehlerfrei dargelegt. Ihr war dabei nicht verwehrt, das voraussichtliche Beweisergebnis vorweg zu würdigen (BGHSt 21, 118, 122).
10
Hierfür hat sie die Aussagen der bisher vernommenen Zeugen und den sonstigen Akteninhalt berücksichtigt, aus der sich für die in den abgelehnten Beweisanträgen behauptete herausragende Stellung des Zeugen im Unternehmen des Angeklagten keinerlei Anhaltspunkte ergaben. Weiter führt die Strafkammer aus, dass auch die Vernehmung anderer Zeugen, die in Erledigung früherer Beweisanträge der Verteidigung zu identischen Beweisthemen erfolgte, keine Erkenntnisse, die den Angeklagten entlasteten, erbracht hatte. Aufgrund eingehender Würdigung der dargelegten Gesichtspunkte gelangt das Landgericht sodann zu der Überzeugung, dass sich die Verteidigung bei Stellung der gegenständlichen Hilfsbeweisanträge über die Nutzlosigkeit der begehrten Beweiserhebung bewusst war. Unter Darlegung des bisherigen Prozessverlaufes und Prozessverhaltens, wobei unter anderem - neben anderweitigen Gesichtspunkten - auch auf die seitens der Kammer gesetzte Frist abgestellt wird, begründet die Strafkammer anschließend, dass seitens der Verteidigung mit den Hilfsbeweisanträgen ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses bezweckt wurde.
11
Diese Erwägungen erweisen sich in tatsächlicher Hinsicht als tragfähig und rechtlich zutreffend. Namentlich war es der Strafkammer nicht verwehrt, den Umstand, dass die Hilfsbeweisanträge nach Ablauf der seitens der Strafkammer gesetzten Frist zur Stellung von Beweisanträgen gestellt worden waren , in die Abwägung mit einzubeziehen. Dieser Aspekt wurde lediglich als einer von mehreren Gesichtspunkten in die erforderliche Gesamtabwägung eingestellt. Es führte nicht die verspätete Antragstellung als solche zur Zurückweisung , was nach § 246 Abs. 1 StPO unzulässig wäre. Darauf, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge nach Fristablauf gestellt werden (vgl. insoweit auch BGHSt 51, 333, 344 Rdn. 37), waren die Verfahrensbeteiligten hingewiesen worden.
12
bb) Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer auch dargelegt, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer wesentlichen Verzögerung des Verfahrens geführt hätte. Für die Vernehmung des nicht am Gerichtsort wohnenden Zeugen hätte, da aufgrund der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten eine Durchführung der Beweisaufnahme am Tag der Antragstellung nicht mehr möglich war, ein weiterer Hauptverhandlungstag anberaumt werden müssen. Hierbei konnte das Landgericht - neben anderen Gesichtspunkten - auch berücksichtigen, dass aufgrund der eingeschränkten Verhandlungsfähig- keit des Angeklagten eine - zudem auch aus anderen Gründen nicht ohne weiteres durchführbare - unmittelbare Beweisaufnahme am Tage der Antragstellung nicht möglich war. Es zog insoweit bei seiner Bewertung der Wesentlichkeit der Verzögerung lediglich eine Verfahrenstatsache heran, von der abzuweichen ohne weiteres kein Anlass bestand. Ein von der Revision in diesem Zusammenhang erkannter Zynismus ist nicht gegeben. Angesichts der Tatsache , dass seitens des Gerichts für den Tag der Antragstellung bereits im Anschluss an die Schlussvorträge die Urteilsberatung und -verkündung vorgesehen war, wäre - auch unter Berücksichtigung der sich aus dem Rubrum des Urteils ergebenden Folge der bisherigen Hauptverhandlungstermine (zuletzt einmal wöchentlich) - eine Verzögerung von mehreren Tagen eingetreten. Da das Verfahren im Übrigen abschlussreif war und bereits seit Ende 2001 andauerte , war die Verzögerung, die demnach eingetreten wäre, auch wesentlich. Im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz sind, je länger ein Strafverfahren andauert, die Anforderungen an die Wesentlichkeit der Verfahrensverzögerung geringer. In solchen Fällen kann auch eine relativ geringfügige zeitliche Verzögerung wesentlich sein. Ob an der bisherigen Rechtsprechung weiter festzuhalten ist, wonach der Ablehnungsgrund der Verschleppungsabsicht nur Anwendung finden kann, wenn die Erhebung des beantragten Beweises das Verfahren wesentlich verzögern würde, braucht daher vorliegend - wenngleich gute Gründe für die Aufgabe der diesbezüglichen Rechtsprechung sprechen (vgl. BGHSt 51, 333, 342 Rdn. 32 ff., BGH StV 2008, 9, 10) - nicht entschieden zu werden.
13
cc) Nachdem die Verfahrensbeteiligten im Anschluss an den Beschluss der Strafkammer, der die Frist für die Stellung von Beweisanträgen des Vorsitzenden bestätigte, darauf hingewiesen worden waren, dass nach Fristablauf gestellte Beweisanträge auch wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHSt&B=22&S=124 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NStZ&B=1986&S=372 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=StV&B=1990&S=394 - 9 - können, war es auch zulässig, die Hilfsbeweisanträge darauf gestützt im Urteil abzulehnen. Zutreffend trägt die Revision in diesem Zusammenhang zwar vor, dass dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig nicht zulässig ist. Die insoweit maßgeblichen Gesichtspunkte, die ein solches Vorgehen dem Grundsatz nach verbieten, sind vorliegend indes nicht gegeben.
14
(1) In der Regel kann ein Hilfsbeweisantrag im Urteil abgelehnt werden. Mit der hilfsweisen Antragstellung im Schlussvortrag bringt der Antragsteller zum Ausdruck, dass er auf eine Bescheidung in der Hauptverhandlung nach § 244 Abs. 6 StPO verzichtet und sich damit einverstanden zeigt, dass sein Antrag erst in den Urteilsgründen beschieden wird (vgl. Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 92). Dies gilt indes nicht, wenn die Ablehnung des Beweisantrags auf Verschleppungsabsicht gestützt werden soll. Dann ist der Beweisantrag grundsätzlich wie ein unbedingt gestellter Antrag zu behandeln; er ist mit einem in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss zu bescheiden, um dem Antragsteller die Gelegenheit zu geben, den gegen ihn erhobenen Verschleppungsvorwurf zu entkräften (vgl. BGHSt 22, 124 f.; BGH NStZ 1986, 372; StV 1990, 394; BGH NStZ 1998, 207 m. Anm. Sander).
15
(2) Ist aber im Laufe des Verfahrens - wie hier - durch entsprechenden Hinweis des Gerichts klargestellt, dass es als Indiz für eine Verschleppungsabsicht gewertet werden kann, wenn Beweisanträge erst nach Ablauf einer zuvor gesetzten Frist gestellt werden, besteht kein Anlass, dem Antragsteller nochmals die Möglichkeit zur Verteidigung gegen den Verschleppungsvorwurf zu geben. Maßnahmen, mit denen er die Ablehnung des Beweisantrags unter diesem Gesichtspunkt hätte vermeiden können, wie z.B. die in der Revision aufgezeigte Ausübung des Selbstladerechts oder die Stellung anderweitiger, möglicherweise gar im Hinblick auf die Bescheidung des ersten Hilfsbeweisantrags bedingte Anträge, sind zumutbar und vom redlichen Antragsteller auch zu erwarten , wenn er aufgrund entsprechender Hinweise des Gerichts darum weiß, dass nach einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit der Ablehnung wegen Verschleppungsabsicht erwogen wird. Zudem besteht für den Antragsteller in Kenntnis der konkreten prozessualen Situation ohne weiteres die Möglichkeit, die Beweisanträge unbedingt zu stellen. Dadurch wird weder die Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt, noch das Verfahren verzögert. Zudem würden die mit der Fristsetzung zur Antragstellung verfolgten Zwecke im Wesentlichen leer laufen, wenn in diesen Konstellationen der Grundsatz Anwendung fände, dass Hilfsbeweisanträge nicht im Urteil wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen werden dürfen.
16
3. Soweit mit der Revision darüber hinaus im Hinblick auf die Fristsetzung durch das Landgericht die Verletzung von § 246 Abs. 1 StPO gerügt wird, ist die Rüge unbegründet. § 246 Abs. 1 StPO verbietet nicht die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Verschleppungsabsicht gemäß § 244 Abs. 3 StPO. Verspätete Stellung eines Beweisantrags kann alleine schon für Verschleppungsabsicht sprechen (BGH NStZ 1990, 350, 351). Einer Fristsetzung, die lediglich ein Indiz für die innere Tatsache der Verschleppungsabsicht sein kann und die zudem keine Ausschlussfrist ist, steht § 246 Abs. 1 StPO nicht entgegen. Vielmehr folgt eine diesbezügliche Befugnis aus dem Recht und der Pflicht des Vorsitzenden zur Sachleitung des Verfahrens, insbesondere der Hauptverhandlung.
17
a) Nach den §§ 213 ff., § 238 Abs. 1 StPO hat der Vorsitzende die Durchführung der Hauptverhandlung durch geeignete Maßnahmen vorzubereiten und deren Durchführung sicherzustellen. Dies gibt ihm - soweit der Verfahrensgang nicht durch § 243 StPO festgelegt ist - auch die Befugnis, den Gang der Beweisaufnahme, insbesondere auch die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Beweiserhebungen, zu bestimmen (vgl. Fischer in KK 6. Aufl. § 238 Rdn. 3). Daraus folgt auch die Befugnis, durch eine Fristsetzung für eventuelle Beweisanträge die weitere Gestaltung der Beweisaufnahme zu fördern, wenn die vom Gericht nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) für geboten gehaltene Beweiserhebung abgeschlossen ist. Eine solche Vorgehensweise wird bei Verfahren, die bereits seit längerem andauern, insbesondere solchen mit einer Hauptverhandlung, die mindestens zehn Verhandlungstage umfasst (§ 229 Abs. 2 StPO), regelmäßig im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz , der einen Abschluss des Verfahrens in einem angemessenen zeitlichen Rahmen gebietet (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK), angezeigt sein, um eine hinreichend straffe Verhandlungsführung zu ermöglichen.
18
b) § 246 Abs. 1 StPO verbietet demgegenüber lediglich aufgrund des im Strafprozess geltenden Prinzips materieller Wahrheit eine Präklusion von Beweisvorbringen auf Grund Zeitablaufs (Fischer in KK 6. Aufl. § 246 Rdn. 1). Eine solche geht indes mit der Fristsetzung nicht einher. Werden Anträge nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, sind für eine Verschleppungsabsicht des Antragstellers lediglich signifikante Indizien gegeben, wenn dieser die Gründe für die verspätete Antragstellung nicht nachvollziehbar und substantiiert darlegen kann und auch die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Beweiserhebung drängt (BGHSt 51, 333, 344 Rdn. 37).
19
c) Auch soweit § 246 Abs. 1 StPO ein Verbot enthalten sollte, den Verfahrensbeteiligten einen Zeitpunkt für die Stellung von Beweisanträgen vorzuschreiben (so - nicht tragend - BGH NStZ 1986, 371; BGH NStZ 1990, 350, 351), würde gegen dieses Verbot durch die Fristsetzung nicht verstoßen. Denn den Verfahrensbeteiligten bleibt es - sei es aus prozesstaktischen oder aus an- deren Gründen - weiter freigestellt, auch nach der gesetzten Frist Beweisanträge zu stellen. An der Pflicht des Gerichts zur Entgegennahme und Verbescheidung der Beweisanträge ändert sich nichts (BGHSt 51, 333, 345 Rdn. 38).
20
d) Macht der Vorsitzende von der Möglichkeit der Fristsetzung Gebrauch, ist die Anordnung nach § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO zu protokollieren. Es empfiehlt sich, den Grund der Anordnung und die Angemessenheit der Frist in gebotenem Umfang zu begründen. Hierbei sind die Verfahrensbeteiligten darauf hinzuweisen, dass das Gericht Beweisanträge, die nach Ablauf der Frist gestellt werden, nach den allgemeinen Regeln entgegen zu nehmen und zu bescheiden hat. Darüber hinaus ist darzulegen, dass im Falle der Antragstellung nach Fristablauf der Antragsteller die Gründe hierfür substantiiert darzulegen hat und das Gericht, wenn nach dessen Überzeugung kein nachvollziehbarer Anlass für die verfristete Antragstellung besteht, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass der Antrag nichts anderes als die Verzögerung des Verfahrens bezweckt, falls nicht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO gleichwohl zur Beweiserhebung drängt. Demgemäß sind die Verfahrensbeteiligten auch darauf hinzuweisen, dass - ggfs. bei Hilfsbeweisanträgen auch im Urteil - eine Ablehnung der Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen Verschleppungsabsicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist.

II.


21
Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg. Ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
22
Entgegen der Auffassung der Revision sind die Feststellungen des angefochtenen Urteils weder lückenhaft noch widersprüchlich. Der Angeklagte initiierte die zur Aburteilung gelangten Geschäfte nicht, um einen günstigeren Rückerwerb der Kraftfahrzeuge zu erreichen. Wie den Urteilsgründen in ihrem Zusammenhang noch hinreichend entnommen werden kann, handelte es sich bei den Geschäften um Scheingeschäfte im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 1 AO, um die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) vorzutäuschen, der dem Unternehmen des Angeklagten tatsächlich nicht zustand. In den weiteren Fällen wurden durch Scheingeschäfte i.S.v. § 41 Abs. 2 Satz 1 AO umsatzsteuerpflichtige Inlandsgeschäfte zwischen dem Unternehmen des Angeklagten und dessen Kunden verschleiert, um so seine aus § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG folgende Zahlungsverpflichtung zu umgehen. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht als rechtsfehlerhaft.
23
Unter Berücksichtigung des im Urteil hinreichend dargelegten Verfahrensgangs hat die Strafkammer auch der eingetretenen Verfahrensverzögerung bei der Strafzumessung rechtsfehlerfrei Rechnung getragen. Die von der Revision in diesem Zusammenhang vermisste Berücksichtigung bei der Bemessung der Einzelstrafen findet sich im Urteil auf Seiten 97 und 100. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität des Verfahrens ist die zur Kompensation gewährte Anrechnung in revisionsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

(1) Eine Beweiserhebung darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu beweisende Tatsache zu spät vorgebracht worden sei.

(2) Ist jedoch ein zu vernehmender Zeuge oder Sachverständiger dem Gegner des Antragstellers so spät namhaft gemacht oder eine zu beweisende Tatsache so spät vorgebracht worden, daß es dem Gegner an der zur Einziehung von Erkundigungen erforderlichen Zeit gefehlt hat, so kann er bis zum Schluß der Beweisaufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zweck der Erkundigung beantragen.

(3) Dieselbe Befugnis haben die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte bei den auf Anordnung des Vorsitzenden oder des Gerichts geladenen Zeugen oder Sachverständigen.

(4) Über die Anträge entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 32/07
vom
9. Mai 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur I 1 c)
Veröffentlichung: ja
_____________________________
StPO § 244 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 Var. 6, § 245 Abs. 2 Satz
3 Var. 5, § 246 Abs. 1
1. Bei der Ablehnung eines zum Zweck der Prozessverschleppung
gestellten Beweisantrags hält es der Senat für angezeigt
, das objektive Kriterium, dass die zu erwartende Verfahrensverzögerung
zusätzlich wesentlich sein muss, deutlich
restriktiver auszulegen, wenn nicht gar aufzugeben.
2. Zum Nachweis der Absicht der Prozessverschleppung.
BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 1 StR 32/07 - LG Landshut
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Mordes
zu 2.: Beihilfe zum Mord u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Mai 2007 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 4. August 2006 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe, den Angeklagten Sc. wegen gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zum Mord zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die Angeklagten sowie der frühere Mitangeklagte So. hatten am 1. Mai 2004 zunächst den Geschädigten W. in einer Wohnung misshandelt. Sodann verbrachten sie ihn mit einem vom früheren Mitangeklagten F. gesteuerten Pkw in ein Waldstück, um ihn zu töten; dort legten S. und So. ihrem Opfer - nach weiteren Misshandlungen, an denen auch Sc. mitwirkte - eine Jacke um den Hals und zogen jeder mit einer Hand bis zum Atemstillstand zu.
2
Die jeweils auf verschiedene Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten sind aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften vom 7. und 8. Februar 2007 dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat sieht hinsichtlich folgender Rügen Anlass zu ergänzenden Ausführungen:

I.

3
Revision des Angeklagten S. :
4
1. Rüge der rechtsfehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrags wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 6 StPO):
5
Die Kammer hat den Beweisantrag des Verteidigers Rechtsanwalt Sch. vom 24. Juli 2006, ein medizinisches Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass der Angeklagte S. nicht in der Lage war, mit seiner rechten Hand für die Tötungshandlung - das Strangulieren mittels Ziehens an der Jacke - erforderliche starke Handgreifkräfte aufzubringen, mit Beschluss vom 3. August 2006 abgelehnt, weil er zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt worden sei.
6
a) Die Revision trägt folgendes Verfahrensgeschehen vor:
7
In dieser Sache fand eine erste Hauptverhandlung gegen die Angeklagten sowie die früheren Mitangeklagten So. , der während dieser Hauptverhandlung verstarb, und F. an 15 Verhandlungstagen vom 18. Mai bis zum 10. November 2005 statt. Am 15. Verhandlungstag stellten sowohl der Verteidiger Rechtsanwalt Sch. für den Angeklagten S. als auch der Verteidiger Schw. für den Angeklagten Sc. einen Beweisantrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit der beiden Angeklagten. Daraufhin wurde die erste Hauptverhandlung ausgesetzt. Als die Gutachten vorlagen, fand eine zweite Hauptverhandlung - nach Abtrennung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten F. nur noch - gegen die Angeklagten wiederum an 15 Hauptverhandlungstagen vom 5. April bis zum 4. August 2006 statt, wobei der gegenständliche Beweisantrag am 13. Verhandlungstag gestellt wurde.
8
Bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren am 19. Mai 2004 hatte der Angeklagte S. unter anderem folgende Angaben gemacht:
9
"Ich habe ihn (den Geschädigten W. ) auch zweimal geschlagen, aber nicht stark, weil meine rechte Hand gebrochen war. Ich bin am Daumengelenk operiert worden im Herbst 2003 und ich habe mir auch den Handgelenkknochen des Mittelfingers gebrochen, weshalb ich aber nicht beim Arzt war. Das war 1994. Ich hatte Angst, dass, wenn ich zu fest zuschlage, das wieder kaputt geht."
10
Auf den Widerspruch des Angeklagten S. hat die Kammer hinsichtlich dieser Aussage ein auf § 136 Abs. 1 StPO gestütztes Beweisverwertungsverbot angenommen, was sie den Verfahrensbeteiligten bereits während der Hauptverhandlung mitteilte.
11
Am 10. Verhandlungstag der zweiten Hauptverhandlung, dem 10. Juli 2006, ließ sich der Angeklagte S. über seinen Verteidiger zur Sache ein. Er bekundete unter anderem:
12
In der Wohnung "schlug (ich) ihm mit einem Tablett aus Leichtmetallblech von oben auf den Kopf. … (In dem Waldstück) schlug (ich) zunächst nicht auf ihn ein, da ich bei Schlägen mit der blanken Hand bis heute erhebliche Schmerzen in der rechten Hand habe, die von einem Unfallereignis im November 2003 herrühren. Seit einer Operation im Klinikum Landshut am 10.11.2003 befinden sich noch Metallschienen in meiner rechten Hand. Aufgrund der Verletzungsfolgen ist der Gebrauch meiner rechten Hand seit November 2003 insoweit deutlich eingeschränkt, als ich mit ihr weder kraftvoll Zug noch Druck ausüben kann. … Als Herr W. auf einmal aufstand und sich entfernen wollte , schlug ich ihm eine gefüllte Bierflasche auf den Kopf, die dabei zerbrach. Da Herr W. weiter weg wollte, habe ich eine weitere volle Bierflasche auf seinem Kopf zerschlagen."
13
Die Kammer hat in der zweiten Hauptverhandlung die Zeugen Dr. N. , Hausarzt des Angeklagten, und Wi. , Vorgesetzter des Angeklagten , im Hinblick auf Funktionsstörungen der rechten Hand vernommen. Ferner haben der psychiatrische und der rechtsmedizinische Sachverständige, Dr. O. und Prof. Dr. P. , Angaben hierzu gemacht.
14
b) Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Auf die vom Generalbundesanwalt dargelegten etwaigen Mängel im Revisionsvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) kommt es daher nicht an.
15
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senat NJW 2001, 1956 m.zahlr. N.; ferner Sander NStZ 1998, 207) hat die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Verschleppungsabsicht nach § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 6 StPO in objektiver Hinsicht zwei Voraussetzungen: Die verlangte Beweiserhebung kann nichts Sachdienliches zugunsten des Antragstellers erbringen; darüber hinaus muss sie geeignet sein, den Abschluss des Verfahrens wesentlich hinauszuzögern. In subjektiver Hinsicht muss sich der Antragsteller der Nutzlosigkeit der Beweiserhebung bewusst sein und mit dem Antrag ausschließlich die Verzögerung des Verfahrensabschlusses bezwecken.
16
Hat ein Verteidiger den Beweisantrag gestellt, so gilt: Es kommt darauf an, ob dieser in Verschleppungsabsicht handelt oder sich die Verschleppungsabsicht des Angeklagten zu eigen macht. Der Tatrichter kann seine Überzeugung auf der Grundlage aller dafür erheblichen Umstände gewinnen. Das Verbot der Beweisantizipation gilt dabei nicht. Die Überzeugungsbildung hat namentlich unter Beachtung des Verhaltens des Angeklagten und des Verteidigers in und außerhalb der Hauptverhandlung, aber auch schon im Ermittlungs- verfahren zu erfolgen; der Tatrichter kann ferner den bisherigen Verfahrensverlauf berücksichtigen.
17
Der späte Zeitpunkt der Antragstellung für sich allein ist kein ausreichendes Anzeichen für ein Bewusstsein von der Nutzlosigkeit der beantragten Beweiserhebung. Die maßgeblichen Gründe für die Ablehnung muss der Tatrichter in dem Beschluss - regelmäßig nach Art eines Indizienbeweises - darlegen. Hat der Tatrichter sich eine entsprechende Überzeugung von der Prozessverschleppungsabsicht gebildet und diese unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände im Ablehnungsbeschluss dargelegt, prüft das Revisionsgericht nur, ob die Erwägungen in tatsächlicher Hinsicht tragfähig und rechtlich zutreffend sind. Auf die hypothetische Erwägung, ob das Revisionsgericht selbst den Beweisantrag abgelehnt hätte, kommt es nicht an.
18
Gemessen an diesen Anforderungen ist gegen den vom Beschwerdeführer beanstandeten Ablehnungsbeschluss revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
19
aa) Die Kammer hat tragfähig ihre Überzeugung dargelegt, dass die am 13. Hauptverhandlungstag der Neuverhandlung beantragte Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens nichts Sachdienliches erbracht hätte, vielmehr der Angeklagte S. im Gebrauch der rechten Hand nicht in der behaupteten Art und Weise eingeschränkt war. Rechtsfehlerfrei führt der Ablehnungsbeschluss folgende, die Überzeugungsbildung tragende Umstände an: – Der rechtsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. P. hat erläutert, dass eine Metallplatte in der Hand grundsätzlich keine Funktionsbeeinträchtigung mit sich bringe. – Der psychiatrische Sachverständige Dr. O. hat ausgesagt , dass der Angeklagte bei der Exploration von der Fraktur mit anschließender Operation berichtet habe; darauf beruhende anhaltende Beschwerden habe er demgegenüber nicht er- wähnt. Das Revisionsvorbringen, dass die Angaben des Sachverständigen "zur Aufklärung der Beweistatsache auch nicht das Mindeste beitragen" könnten, da es bei der Exploration "wohl insbesondere um die Klärung psychologischer und psychiatrischer … und nicht … orthopädischer Fragen" gegangen sei, trifft schon deshalb nicht zu, weil der Angeklagte im Übrigen von anderen - vergleichsweise geringfügigen - Beschwerden wie etwa gelegentlichem Sodbrennen oder Nasenbluten berichtete. – Der Zeuge Dr. N. , der Hausarzt des Angeklagten S. , hatte diesen im Zusammenhang mit der Fraktur der rechten Hand allgemein-medizinisch betreut. Nach den Angaben des Zeugen hätten am 17. November 2003 Röntgenaufnahmen nach der Operation eine korrekte Stellung der Fraktur mit implantierter Metallplatte gezeigt. Der Angeklagte habe die Daumenrinne nach der Operation selbstständig entfernt. Er habe sich am 24. November 2003 letztmals zur Kontrolle in die Praxis des Zeugen begeben; anschließend sei keine weitere Behandlung erfolgt. – Nach Angaben des Zeugen Wi. , der mehr als ein halbes Jahr bis zum 30. April 2004 vorgesetzter Facharbeiter des Angeklagten beim Diakonischen Werk im Rahmen des Programms "Arbeit statt Sozialhilfe" war, verrichtete dieser zur Zufriedenheit leichte bis zu sehr schweren Arbeiten im Landschaftsbau wie auch Malerarbeiten. Nach seiner Krankschreibung bis zum 28. November 2003 sei er uneingeschränkt einsatzfähig gewesen. Der Einwand des Beschwerdeführers, dem Zeugen fehle es an medizinischen Fachkenntnissen und an - für die Kommunikation mit dem Angeklagten erforderlichen - russischen Sprachkenntnissen, greift nicht durch, da die Wahrnehmung, dass der Angeklagte tatsächlich derartige Arbeiten verrichtete, solche Kenntnisse nicht voraussetzt. – Schließlich hat sich der Angeklagte selbst dahingehend eingelassen , er habe mit einem Leichtmetalltablett und mit vollen Bierflaschen auf den Kopf des Geschädigten geschlagen. Anders als die Revision meint, durfte die Kammer diese Einlassung als Indiz heranziehen, auch wenn der Angeklagte hierbei keine Angaben dazu machte, mit welcher Hand die Schläge erfolgten , zumal er selbst bei der Exploration für das psychiatrische Gutachten erklärte, er sei Rechtshänder.
20
bb) Die Kammer hat rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die Einholung des beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens den Abschluss des Verfahrens auch wesentlich hinausgezögert hätte.
21
Dem Kriterium, dass die zu erwartende Verfahrensverzögerung zusätzlich wesentlich sein muss, hat die Rechtsprechung bisher keine hinreichend klaren Konturen gegeben. Die Formulierung, es müsse eine "Verzögerung des Verfahrensabschlusses auf unbestimmte Zeit bezweckt" sein (BGHSt 21, 118, 121; BGH VRS 38 [1970] 58 [jew. nichttragend]), verwendet der Bundesgerichtshof in neueren Entscheidungen nicht mehr. Eine relevante Verfahrensverzögerung ist in Fällen angenommen worden, in denen eine Aussetzung der Hauptverhandlung unvermeidbar geworden wäre oder ernsthaft zu befürchten war (vgl. BGH NStZ 1992, 551; GA 1968, 19). Umgekehrt hat der Bundesgerichtshof eine wesentliche Verzögerung verneint, wenn der beantragte Zeugenbeweis noch innerhalb der Frist nach § 229 Abs. 1 StPO (so NStZ 1982, 391 [zur Zehn-Tages-Frist]) oder im allein für die Schlussvorträge vorgesehenen Folgetermin, der eine Woche nach der Antragstellung stattfand (so StV 1986, 418, 420), hätte erhoben werden können. Gleiches gilt, wenn die Beweiserhebung "in kurzer Zeit" hätte erfolgen können, was "insbes. bei ortsansässigen Zeugen" zutreffe (BGH NJW 1958, 1789).
22
Die Einholung des beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens hätte schon deswegen im vorliegenden Verfahren zu einer relevanten Verfahrensverzögerung geführt, weil zumindest eine - länger als drei Wochen dau- ernde - Unterbrechung nach § 229 Abs. 2 StPO, wenn nicht gar die erneute Aussetzung der Hauptverhandlung erforderlich geworden wäre. So hatte der Verteidiger Rechtsanwalt Sch. bereits am 18. Juli 2006 mitgeteilt, er befinde sich in der Zeit vom 7. bis zum 28. August 2006 in Urlaub. Hierzu führt der Ablehnungsbeschluss nachvollziehbar aus, dass bei einer Terminierung in Abwesenheit des Verteidigers Rechtsanwalt Sch. "mit erheblichem Widerstand" seinerseits zu rechnen gewesen wäre. Unbeschadet dessen war der Beweisstoff zum Zeitpunkt der Antragstellung erschöpft; nach dem Verhandlungsplan der Kammer sollte an diesem Tag mit den Schlussvorträgen begonnen werden. Auf sog. "Schiebetermine" (vgl. dazu BGH NJW 1996, 3019 m. Anm. Wölfl NStZ 1999, 43; BGH NStZ-RR 1998, 335; StV 1998, 359; JR 2007, 38 m. Anm. Gössel) hat sich die Kammer zu Recht nicht eingelassen.
23
cc) Schließlich zeigt sich die Kammer in dem Ablehnungsbeschluss überzeugt, dass Verteidiger Rechtsanwalt Sch. mit dem Bewusstsein handelte, das beantragte Sachverständigengutachten werde eine dem Angeklagten S. günstige Wendung des Verfahrens nicht herbeiführen können , und dass der Antrag ausschließlich eine Verzögerung des Verfahrens bezweckte.
24
Entgegen der - nur - insoweit missverständlichen Formulierung in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtfertigt der bloße Verdacht, der Beweisantrag sei in der Absicht der Prozessverschleppung gestellt worden, nicht die Ablehnung. Der Verdacht muss sich vielmehr zur subjektiven Gewissheit des Tatrichters verfestigt haben. Wie jede sog. "innere Tatsache" kann sich die Absicht der Prozessverschleppung entweder aus eigenen Äußerungen des Antragstellers oder durch Rückschlüsse aus sonstigen Indizien ergeben (vgl. hierzu BGH NJW 1991, 2094; NStZ 2003, 596; 2004, 35, 36). Nach aller forensi- scher Erfahrung wird ein Antragsteller nur selten klar zum Ausdruck bringen, dass sein Antrag nicht der Erforschung der Wahrheit dient. Ausgeschlossen ist dies aber nicht, wie das vorliegende Verfahren beispielhaft belegt. Hier hatte der Verteidiger Rechtsanwalt Schw. des Angeklagten Sc. der insoweit unwidersprochenen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zufolge diesem gegenüber fernmündlich geäußert, "er müsse jetzt Beweisanträge stellen, da er sich mit der Staatsanwaltschaft noch nicht ganz einig geworden sei". Damit brachte er klar zum Ausdruck, dass es ihm nicht um die Erforschung der Wahrheit ging, sondern darum, die übrigen Verfahrensbeteiligten dadurch zu einer verfahrensbeendenden Absprache zu veranlassen, dass er anderenfalls durch immer neue Beweisanträge den Abschluss des Verfahrens auf unabsehbare Zeit hinauszögern werde (vgl. Senat NStZ 2005, 45).
25
Derartige oder damit vergleichbare Äußerungen des Verteidigers Rechtsanwalt Sch. im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Beweisantrag ("Handgreifkräfte") liegen nicht vor. Die Kammer hat ihre Überzeugung von der Absicht der Prozessverschleppung hier - über die Nutzlosigkeit der verlangten Beweiserhebung hinaus - rechtsfehlerfrei mittels folgender Indizien begründet:
26
Den gegenständlichen Beweisantrag stellte der Verteidiger am 13. Hauptverhandlungstag der Neuverhandlung, für den, wie den Verfahrensbeteiligten bekannt war, die Beendigung der Beweisaufnahme und der Beginn der Schlussvorträge vorgesehen waren. Kurz zuvor hatte er mitgeteilt, in Kürze für drei Wochen urlaubsabwesend zu sein, damit in dieser Zeit keine Termine angesetzt würden. Während der ersten Hauptverhandlung sei eine Funktionsbeeinträchtigung der rechten Hand weder behauptet noch sonst ersichtlich gewesen. Der Verteidiger hatte bereits am 15. Verhandlungstag der ersten Hauptverhandlung , an dem diese geschlossen werden sollte, beantragt, ein psychiat- risches Sachverständigengutachten zur Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Angeklagten einzuholen, das die Beweisbehauptung aber nicht bestätigte.
27
Zwar ist der späte Zeitpunkt der Antragstellung - für sich allein - im Hinblick auf den Ablehnungsgrund der Prozessverschleppungsabsicht unschädlich. Wenn aber - wie hier - der Antrag erst nach einer umfangreichen Beweisaufnahme gestellt wird und die verlangte Beweiserhebung längere Zeit in Anspruch nehmen würde, andererseits der Beweisstoff für den Antragsteller erkennbar erschöpft ist und ein nachvollziehbarer Anlass für die späte Antragstellung weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, kann alledem eine maßgebliche Indizwirkung zukommen.
28
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers drängte die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO zuvor nicht zur Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens, und zwar schon deshalb nicht, weil die Kammer das Beweisthema mit anderen Beweismitteln aufgeklärt hat. Unbeschadet dessen bestand aufgrund der polizeilichen Aussage des Angeklagten vom 19. Mai 2004, er habe zweimal "nicht stark" zugeschlagen, da er sich in den Jahren 1994 und 2003 Frakturen an der rechten Hand zugezogen und er deswegen befürchtet habe, dass "das", wenn er zu fest zuschlage, wieder "kaputt" gehe, kein Anlass, ein Gutachten dazu einzuholen, ob er mit seiner rechten Hand die für das Ziehen an der Jacke erforderlichen Handgreifkräfte aufbringen konnte. Denn der Angeklagte hatte überhaupt keine Funktionsbeeinträchtigung beim Zugreifen, vielmehr das Risiko eines erneuten Aufbrechens alter Verletzungen beim Zuschlagen geltend gemacht; dies hinderte ihn nach seiner Aussage nicht am weniger starken Zuschlagen.
29
Selbst wenn der Inhalt der Aussage die Einholung des Gutachtens nahe gelegt hätte, wäre zu berücksichtigen, dass die Kammer infolge des Wider- spruchs des Angeklagten ein - für den Angeklagten disponibles - Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen § 136 Abs. 1 StPO angenommen hat. Die Revision kann hier nicht innerhalb einer Rüge hinsichtlich ein und derselben Bekundung des Angeklagten (Zuschlagen mit rechts) erfolgreich geltend machen , einerseits sei seine Einlassung für die Beweisbehauptung unergiebig, weil er niemals verwertbare Angaben dazu gemacht habe, mit welcher Hand Schläge seinerseits erfolgt seien (vgl. oben I 1 b aa), andererseits hätte sich aufgrund der bekundeten Schläge mit der rechten Hand eine bestimmte Beweiserhebung aufgedrängt.
30
Die Kammer durfte daneben auch die späte Beweisantragstellung durch den Verteidiger Rechtsanwalt Sch. am letzten Verhandlungstag der ersten Hauptverhandlung berücksichtigen. Hierfür kommt es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob die erste Hauptverhandlung - zumindest auch - aufgrund dieses Beweisantrags oder - allein - aufgrund des zeitnah von Rechtsanwalt Schw. gestellten Beweisantrags ausgesetzt worden war (vgl. UA S. 105). Maßgeblich ist nur, dass dem Antragsteller bekannt gewesen war, dass die verlangte Beweiserhebung nach im Übrigen beendeter Beweisaufnahme gemäß § 229 Abs. 4 StPO voraussichtlich eine Aussetzung zur Folge haben würde. Auch die Aufklärungspflicht hatte hier nicht die frühere Einholung des psychiatrischen Sachverständigengutachtens geboten. Dass, wie der Beschwerdeführer meint, "beim Vorwurf vorsätzlicher Tötungsverbrechen obligatorisch schon vor Beginn der Hauptverhandlung die Einholung solcher forensisch-psychiatrischer Sachverständigengutachten (zu) veranlassen" wäre, trifft nicht zu.
31
c) Zu den beiden Voraussetzungen des Ablehnungsgrunds der Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 6 StPO), dass - objektiv - der Beweisantrag geeignet sein muss, den Verfahrensabschluss "wesentlich" hin- auszuzögern, und der Antragsteller - subjektiv - in Kenntnis der Nutzlosigkeit der Beweiserhebung ausschließlich die Verfahrensverzögerung bezweckt, sieht der Senat Anlass zu folgenden Erwägungen:
32
aa) Der Senat hält es für angezeigt, das objektive Kriterium, dass die Verfahrensverzögerung zusätzlich wesentlich sein muss, deutlich restriktiver auszulegen, wenn nicht gar aufzugeben.
33
Auch bei präsenten Beweismitteln erlaubt § 245 Abs. 2 Satz 3 Var. 5 StPO mit der wortgleichen Formulierung die Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verschleppungsabsicht. Auf die Frage, wie schnell sich weitere Beweismittel beschaffen lassen, kann es hier naturgemäß nicht ankommen. Eine wesentliche Verfahrensverzögerung, die überhaupt nur in den Fällen der Benennung der Gerichtsmitglieder als Zeugen und der verlangten Einführung massenhaft präsenter Beweismittel in Betracht kommt, ist für § 245 Abs. 2 Satz 3 Var. 5 StPO nicht erforderlich (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß 5. Aufl. S. 829 f.; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 245 Rdn. 27: "Verschleppungsabsicht iwS"). Gleiches gilt für die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs wegen Verschleppungsabsicht nach § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO. Stichhaltige Argumente dafür, dass die gleichen Rechtsbegriffe - zumal in den systematisch zusammenhängenden Vorschriften der §§ 244, 245 StPO - unterschiedliche Bedeutungen haben, sind nicht ersichtlich (ebenso Fahl, Rechtsmißbrauch im Strafprozeß 2004 S. 469; Herdegen in KK 5. Aufl. § 244 Rdn. 87, jew. m. w. N.).
34
Die Änderung der Rechtsprechung zum Kriterium der wesentlichen Verfahrensverzögerung ist auch vor dem Hintergrund der neueren strengen Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Beschleunigungsgrundsatz geboten. Insbesondere in Haftsachen, die einen großen Teil der erst- instanzlichen Strafverfahren vor den Landgerichten ausmachen, zwingt der Beschleunigungsgrundsatz dazu, dass die Hauptverhandlung so bald und so schnell wie möglich durchgeführt wird (vgl. nur BVerfG NJW 2006, 672, 676; 2006, 1336, 1337 f.). Hat die Haft schon geraume Zeit angedauert, ist von Verfassungs wegen eine straffe Terminierung mit durchschnittlich jedenfalls deutlich mehr als einem Verhandlungstag pro Woche geboten (vgl. BVerfG NJW 2006, 668, 670; 2006, 672, 676; NStZ 2006, 460, 461; Beschluss vom 29. Dezember 2005 - 2 BvR 2057/05 - Rdn. 64). Wird die Hauptverhandlung nicht straff genug durchgeführt, kann eine der Justiz anzulastende und damit kompensationspflichtige Verfahrensverzögerung gegeben sein. Die Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt dabei eine nicht ausreichende Verfahrensförderung insbesondere auch mittels statistischer Errechnung der durchschnittlichen Anzahl der Verhandlungstage und der durchschnittlichen Verhandlungsdauer fest und scheint nicht nach Verfahrensgegenständen und Verhandlungsinhalten - ebenso wenig danach, ob Beweisanträge gebündelt oder gestaffelt gestellt werden, oder danach, in welchem Zeitraum sich beantragte weitere Beweismittel bei im Übrigen abgeschlossener Beweisaufnahme beschaffen lassen - zu differenzieren (vgl. Eschelbach in KMR 44. Lfg. § 229 Rdn. 5; Schmidt NStZ 2006, 313, 314 f.). Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gebotenen straffen Durchführung der Hauptverhandlung liegt es nahe, dass auch die Anordnung einer vergleichsweise kurzen Unterbrechung nach § 229 Abs. 1 StPO mit Blick auf den Beschleunigungsgrundsatz eine relevante Verfahrensverzögerung bedeuten kann, zumal durch weitere Beweiserhebungen dem Tatgericht Arbeitszeit für andere - ebenfalls in angemessener Zeit abzuschließende - Verfahren verloren geht.
35
Nach alledem kann jedenfalls für die Wesentlichkeit der Verfahrensverzögerung nicht mehr der Maßstab des § 229 Abs. 1 StPO zugrunde gelegt werden. Soweit dieser Maßstab bisher herangezogen wurde (vgl. BGH NStZ 1982, 391; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 244 Rdn. 67 m.w. N.), kann daran nicht mehr festgehalten werden, nachdem das 1. JuMoG vom 24. August 2004 (BGBl I 2198) die regelmäßige Unterbrechungsfrist auf drei Wochen verlängert hat.
36
bb) Soweit der Tatrichter die Überzeugung von der inneren Tatsache, dass es dem Antragsteller auch subjektiv darum ging, den Prozess zu verschleppen , durch Rückschlüsse aus äußeren Tatsachen zu gewinnen hat, können sich signifikante Indizien etwa aus folgender Fallgestaltung ergeben:
37
Nach Abschluss der vom Gericht nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) für geboten gehaltenen Beweiserhebungen kann der Vorsitzende die übrigen Verfahrensbeteiligten unter Fristsetzung auffordern, etwaige Beweisanträge zu stellen. Dies gilt namentlich bei länger dauernden Verfahren im Sinne von § 229 Abs. 2 StPO, also solchen mit einer Hauptverhandlung , die mindestens zehn Verhandlungstage umfasst. Werden Anträge nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, dann hat der Antragsteller die Gründe hierfür substantiiert darzulegen. Besteht nach der Überzeugung des Gerichts kein nachvollziehbarer Anlass für die verfristete Antragstellung, so kann es - falls nicht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO gleichwohl zur Beweiserhebung drängt - grundsätzlich davon ausgehen, dass der Antrag nichts anderes als die Verzögerung des Verfahrens bezweckt. Denn es ist nicht erkennbar , warum ein Antragsteller, dem es möglich ist, innerhalb der gesetzten Frist Beweisanträge zu stellen, nicht bestrebt sein sollte, rechtzeitig seinem Anliegen dienliche Beweiserhebungen zu verlangen, will er nicht seinen Interessen zuwider handeln.
38
Dieser Auslegung von § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO steht § 246 Abs. 1 StPO nicht entgegen, weil die Ablehnung eines Beweisantrags weiterhin nicht allein an die verspätete Antragstellung geknüpft ist; sie erleichtert dem Tatrichter lediglich den Nachweis der Absicht der Prozessverschleppung. Auch an der Pflicht des Gerichts zur Entgegennahme und Verbescheidung von Beweisanträgen ändert sich nichts (vgl. insoweit bei "extrem gelagerten Fällen" des Rechtsmissbrauchs BGH NJW 2005, 2466).
39
2. Rüge der Mitwirkung der wegen Ablehnung eines Beweisantrags abgelehnten Kammermitglieder (§ 338 Nr. 3, §§ 24 ff. StPO):
40
Der Verteidiger Rechtsanwalt Sch. hat namens des Angeklagten S. sämtliche Mitglieder der Kammer mit Gesuch vom 3. August 2006 abgelehnt. Das Gesuch beanstandet im Wesentlichen die Ablehnung des Beweisantrags auf Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens wegen Prozessverschleppungsabsicht (siehe oben Ziff. 1); zudem habe "die Kammer vor Erlaß ihres Beschlusses keinerlei Versuch gemacht, Hrn. S. oder seine Verteidigung nochmals anzuhören und ihnen Gelegenheit zu geben, den Vorwurf der Verschleppungsabsicht zu entkräften". Die Vertreterkammer hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss noch vom selben Tag als unbegründet verworfen.
41
Hierzu bemerkt der Senat:
42
Das Verhalten der Kammermitglieder konnte die Besorgnis der Befangenheit aus der Sicht eines verständigen Angeklagten (vgl. Senat NJW 2006, 3290, 3295 m.w.N.; NStZ 2007, 161, 163) nicht begründen. Es mag dahinstehen , inwieweit prozessual fehlerhaftes Verhalten überhaupt Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben könnte (Senat NStZ 2007, 163, 164). Dem braucht der Senat hier nicht nachzugehen. Denn nicht nur die Ablehnung des Beweisantrags erfolgte rechtsfehlerfrei; es bedurfte hierzu auch nicht der vorherigen Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung. Durch die Verkündung des Ableh- nungsbeschlusses vor der abschließenden Urteilsberatung wird dem Antragsteller rechtliches Gehör gewährt; hierdurch wird ihm Gelegenheit gegeben, den Vorwurf, er habe den Beweisantrag nur in Prozessverschleppungsabsicht gestellt, zu entkräften oder die ihm sonst infolge der Ablehnung des Beweisantrags notwendig erscheinenden Maßnahmen zu treffen (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Prozessverschleppung 4; BGH NStZ 1998, 207, jew. m.w.N.).

II.

43
Revision des Angeklagten Sc. :
44
1. Rüge der Mitwirkung des wegen eines Hinweises abgelehnten Vorsitzenden (§ 338 Nr. 3, §§ 24 ff. StPO):
45
a) Der Rüge, an dem Urteil habe der Vorsitzende Richter M. mitgewirkt , nachdem ein gegen ihn gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen eines von ihm erteilten Hinweises mit Unrecht verworfen worden sei, liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
46
Am siebten Verhandlungstag der ersten Hauptverhandlung, dem 27. Juli 2005, wurde die im Ermittlungsverfahren tätige Dolmetscherin und Übersetzerin T. als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, dass sie keine Prüfung als Dolmetscherin oder Übersetzerin abgelegt habe und nicht allgemein vereidigt sei; sie komme allerdings aus Moskau und habe dort Germanistik studiert. Daraufhin widersprachen die Verteidiger der Angeklagten und des damaligen Mitangeklagten F. der Verwertung sämtlicher - noch in die Hauptverhandlung einzuführender und bereits eingeführter - Vernehmungen, an denen die Zeugin als Sprachmittlerin mitgewirkt habe. Der Vorsitzende erteilte unterdessen folgenden Hinweis: "Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die soeben vernommene Zeugin T. in der jetzigen Vernehmung die deutsche Sprache ohne jeden grammatikalischen Fehler beherrschte und ihre Muttersprache russisch ist, wie sie erklärte."
47
Die Verteidigung widersprach dieser Feststellung. Die Revision behauptet , der Vorsitzende habe, noch bevor die Widersprüche vollständig protokolliert gewesen seien, unter Anordnung einer Unterbrechung bis zum nächsten Tag den Sitzungssaal verlassen und sei später zur Rückkehr bewegt worden. Am folgenden Verhandlungstag, dem 28. Juli 2005, stellte der Verteidiger Rechtsanwalt Sch. namens des Angeklagten S. ein Befangenheitsgesuch , dem sich sämtliche Verteidiger, auch Rechtsanwalt Schw. für den Angeklagten Sc. , anschlossen. Mit Beschluss vom 1. August 2005 sind die Gesuche als unbegründet verworfen worden.
48
b) Der Beschwerdeführer meint, dass der Vorsitzende mit dem Hinweis "rechtliche Erwägungen im Bezug auf die Rolle von Frau T. vorgenommen" habe, "was die Besorgnis der Befangenheit begründe(…)". Der Vorsitzende habe den Eindruck vermitteln wollen, § 73 Abs. 2 StPO sei hier nicht anwendbar. Zudem habe er die der Kammer obliegende Beweiswürdigung vorweggenommen ; es handele sich um den "Versuch …, eine (nicht zwingende) Feststellung, die seiner persönlichen Wertung entspricht, … als unumstößlich ins Protokoll aufzunehmen"; diese "unzulässige Vorwegwürdigung" habe "die Folge, die weiteren Kammermitglieder zu präjudizieren".
49
c) Bei verständiger Würdigung war ein Misstrauen in die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Vorsitzenden nicht gerechtfertigt.
50
Die Revision verkennt bereits, dass das geltende Recht ein Beweisverwertungsverbot aufgrund der Heranziehung eines nicht öffentlich bestellten und allgemein beeidigten Dolmetschers oder Übersetzers nicht kennt. Bei einem Dolmetscher handelt es sich schon nicht um einen Sachverständigen (Senge in KK 5. Aufl. vor § 72 Rdn. 9), so dass § 73 Abs. 2 StPO insoweit nicht einschlägig ist; im Übrigen hat ein Verstoß gegen die Sollvorschrift des § 73 Abs. 2 StPO ohnehin kein Verwertungsverbot zur Folge. Auch aus den sonstigen im Ablehnungsgesuch zitierten Vorschriften (§ 185 Abs. 1 GVG; Bayerisches Dolmetschergesetz ; Nr. 181 Abs. 1 RiStBV) ergibt sich ein solches Verwertungsverbot nicht.
51
Die Annahme der Besorgnis der Befangenheit in der Person des Vorsitzenden liegt aber insbesondere deswegen fern, weil der protokollierte Hinweis von seiner Befugnis zur Verhandlungsleitung nach § 238 Abs. 1 StPO gedeckt war. Ist nämlich über ein Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot, wie dies hier von der Verteidigung (zu Unrecht) geltend gemacht worden war, zu entscheiden , so kann der Vorsitzende darüber im Rahmen der Sachleitung befinden. Die ein derartiges Verbot möglicherweise begründenden Umstände sind dabei gegebenenfalls freibeweislich zu ermitteln. Eine durch den Vorsitzenden aufgrund eigener Wertung angeordnete Beweisaufnahme können die Verfahrensbeteiligten beanstanden und somit einen Beschluss nach § 238 Abs. 2 StPO herbeiführen (vgl. BGHSt 51, 1, 4). Denn gerade im Fall eines Beurteilungsspielraums des Vorsitzenden oder eines gesetzlich eröffneten Ermessens obliegt es dem Verfahrensbeteiligten, der sich durch die Anordnung beschwert fühlt, die Verantwortung des Spruchkörpers zu aktivie-ren (BGH NJW 2007, 384, 387, zur Veröffentlichung in BGHSt 51, 144 bestimmt).
52
Gemessen daran ist das Verhalten des Vorsitzenden nicht zu beanstanden. Denn hiernach durfte er im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis die Richtigkeit der Übersetzung der im Ermittlungsverfahren tätigen Dolmetscherin und Übersetzerin wertend beurteilen.
53
2. Rüge der Mitwirkung des wegen der Terminierung abgelehnten Vorsitzenden (§ 338 Nr. 3, §§ 24 ff. StPO):
54
Zum Befangenheitsgesuch vom 25. Januar 2006, das sich im Kern darauf stützt, der Vorsitzende Richter M. habe für die Neuverhandlung eine zu kurzfristige und straffe Terminierung beabsichtigt, um den vom Angeklagten Sc. akzeptierten Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Schw. "auszuschalten" , wird auf die Senatsentscheidungen vom 20. Juni 2006 - 1 StR 169/06 (abgedr. in NStZ 2006, 513) und vom 29. August 2006 - 1 StR 285/06 (abgedr. in NStZ 2007, 163) verwiesen.
55
Im Übrigen bemerkt der Senat:
56
Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass bei der Bestimmung der Termine - zumal bei einer ausgesetzten Hauptverhandlung - "der übliche Vorlauf von 2 - 3 Monaten" einzuhalten sei, gibt es nicht; nichtsdestotrotz hat der Vorsitzende ausweislich der Urteilsfeststellungen (UA S. 105) später sogar einem entsprechenden Terminsverlegungsantrag des Verteidigers Rechtsanwalt Schw. Folge geleistet. Auch die fernmündliche Äußerung des Vorsitzenden jenem gegenüber, "es könne nicht sein, dass er am Schluss die Haftbefehle aufheben müsse, weil die Verteidiger keine Zeit hätten", kann hier - nicht einmal im Ansatz - die Besorgnis der Befangenheit begründen.
57
3. Rüge der überlangen Verfahrensdauer und rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK):
58
a) Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer ausdrücklich davon abgesehen, eine überlange Verfahrensdauer oder rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zugunsten des Angeklagten Sc. zu berücksichtigen, da Verhandlung und Entscheidung innerhalb angemessener Zeit erfolgt seien (UA S. 104 ff. d.A.). Das Urteil führt im Wesentlichen dazu aus, dass die Verfahrensdauer - die Anklageschrift datiert auf den 26. Oktober 2004 - ihre Ursache in Terminsabstimmungen mit den Verteidigern zunächst von vier, später von zwei Angeklagten hatte. Die Aussetzung der Hauptverhandlung sei aufgrund eines Beweisantrags des Verteidigers Rechtsanwalt Schw. auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens erforderlich geworden; mit dem Antrag sei vorgetragen worden, der Angeklagte Sc. habe bei zwei Motorradunfällen in den Jahren 1988 und 1989 massive Kopfverletzungen erlitten.
59
b) Die Sachrüge, mit der der Beschwerdeführer diese Erwägungen angreift , kann den Bestand des Urteils nicht gefährden.
60
Will der Beschwerdeführer die Verletzung des Beschleunigungsgebots geltend machen, erfordert dies grundsätzlich die Erhebung einer Verfahrensrüge (BGHSt 49, 342; BGH, Beschluss vom 14. Februar 2007 - 1 StR 618/06; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2006 - 2 BvR 1377/06). Ein Ausnahmefall, für den der Bundesgerichtshof angenommen hat, das Revisionsgericht habe wegen eines Erörterungsmangels auf die Sachrüge hin einzugreifen (vgl. BGHSt aaO; NStZ-RR 2007, 71; Beschluss vom 17. April 2007 - 5 StR 541/06), liegt hier nicht vor. Denn das Urteil legt nachvollziehbar dar, dass und weshalb die lange Verfahrensdauer nicht der Justiz anzulasten ist. Eine "minutiös genaue" Darstellung des Verhandlungsgangs ist dabei nicht erforderlich. Von den Urteilsfeststellungen abweichender oder darüber hinausgehender Sachvortrag kann im Rahmen der Sachrüge keine Berücksichtigung finden. Die Auslegung oder Umdeutung der Beanstandung im Rahmen der Sachrüge als bzw. in eine zulässige Verfahrensrüge (vgl. Senat NJW 2007, 92, 95 f.) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Darlegungen erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) erfolgten.
61
Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, welche Spielräume zur Förderung des Verfahrens der Kammer verblieben, ob etwa der Vorsitzende bei der Terminierung unter Verletzung des Beschleunigungsgebots in zu weit reichendem Umfang den Terminswünschen der Verteidiger nachkam und inwieweit dies hätte eine Strafmilderung zugunsten des Beschwerdeführers bewirken können. Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks
ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 5 StR 263/08
LG Hamburg –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 24. Juni und 9. Juli 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J. ,
Rechtsanwalt N. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten K. L. ,
Rechtsanwalt L. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger für die Angeklagte G. L. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 9. Juli 2009 für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. L. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. November 2007 aufgehoben
a) im gesamten Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz; dieser entfällt.
2. Auf die Revision der Angeklagten G. L. wird das genannte Urteil
a) im Schuldspruch gegen diese Angeklagte dahin abgeändert , dass sie der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen schuldig ist;
b) im gesamten Strafausspruch gegen diese Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung über die Strafaussprüche, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. L. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Wertersatzverfall in Höhe von knapp 1,5 Mio. Euro angeordnet. Gegen seine mitangeklagte Ehefrau G. L. hat es wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue, eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen die Verurteilungen jeweils mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten haben die aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolge.

A.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Durch am 28. November 2000 in Kraft getretenes Gesetz vom 21. November 2000 (HmbGVBI 2000 S. 349 – HmbRAVersG) wurde das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Freien und Hansestadt Hamburg als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet (i. F.: Versorgungswerk). Mit der Mitgliedschaft im Versorgungswerk können angestellte Rechtsanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden. Zum Leitungsorgan der Körperschaft wurde ein fünfköpfiger ehrenamtlicher Verwaltungsausschuss gesetzlich bestimmt, dessen Mitglieder durch die Mitgliederversammlung zu wählen waren.
4
Die Mitgliederversammlung beschloss im April 2001 die Satzung des Versorgungswerks, die nach Genehmigung durch die für die Rechtsaufsicht zuständige Justizbehörde im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Juli 2001 in Kraft trat.
5
Auf derselben Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte L. , ein Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Rechtsbeistand und als solcher Mitglied der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses gewählt. Zu den Hauptaufgaben des Verwaltungsausschusses gehörte die Prüfung von Geldanlagemöglichkeiten für das durch die Mitgliedsbeiträge eingenommene Kapital des Versorgungswerks.
6
Die Wahl des Angeklagten entsprach einem bereits vor der Gründung des Versorgungswerks mit dem anderweitig verfolgten D. gefassten Tatplan. Der Angeklagte sollte die Stellung im Verwaltungsausschuss unter Missachtung der ihm als Organwalter der Körperschaft obliegenden Pflichten im Interesse der P. N. L. AG (i. F.: P. ) dazu ausnutzen, das Vermögen des Versorgungswerks bei der P. anzulegen. Im Gegenzug sollte er durch D. , den Bezirksdirektor der P. , verdeckt einen als „Vermittlungsprovision“ deklarierten Anteil erhalten.
7
Die weitere Geschäftsabwicklung folgte einer durch den Angeklagten und D. bereits seit langem gepflogenen Übung. Der Angeklagte beriet seit vielen Jahren als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eine Vielzahl vermögender Mandanten auch in Bezug auf Kapitalanlagen. Diesen verschaffte er jedenfalls in der Zeit ab 1994 unter Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung diverse Versicherungsverträge der P. und erhielt dafür von D. heimlich „Provisionen“. Gemäß dieser Übung sollten auch im Falle des Versorgungswerks die erwarteten „Provisionsbeträge“ auf das Konto eines dem Angeklagten nahe stehenden Dritten fließen, hier auf das einer von der in den Tatplan eingeweihten Ehefrau des Angeklagten, der Mitangeklagten G. L. , beherrschten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der neben ihr nur noch ihr Vater, der frühere Mitangeklagte G. , zu einem Prozent beteiligt war.
8
Innerhalb des Verwaltungsausschusses wurden zum Zweck der Arbeitsteilung Referate gebildet. Dem Angeklagten wurden dabei gemeinsam mit dem Zeugen C. die Bereiche „Vermögensverwaltung/Finanzen“ übertragen. Das Referat war schwerpunktmäßig für Fragen der Kapitalanlage und für Verhandlungen mit deren Anbietern verantwortlich. Das dem Angeklagten seitens der übrigen Ausschussmitglieder zugeschriebene besondere Fachwissen im Kapitalanlagegeschäft und sein dominantes Auftreten innerhalb des Ausschusses führten schnell zu seiner faktischen Leitungsfunktion (UA S. 16) innerhalb des Referats.
9
Unter Ausnutzung dieser Position gelang es dem Angeklagten, die P. als Vertragspartner ins Gespräch zu bringen. Allerdings scheiterte sein Plan, das gesamte zur Verfügung stehende Kapital des Versorgungswerks unter gleichzeitiger Auslagerung der Kapitalverwaltung bei der P. anzulegen, am Mehrheitsvotum des Verwaltungsausschusses. Dieser beschloss nämlich, die Anlage aufzuteilen und lediglich ein Drittel des Gesamtkapitals bei einer Versicherung anzulegen. Um seinen erhofften Anteil zu erhöhen, erstrebte der Angeklagte als Mitglied der Hamburger Steuerberaterkammer indes noch den Anschluss der dortigen Steuerberater an das anwaltliche Versorgungswerk, ohne dass dies später umgesetzt wurde.
10
Er erklärte den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses, dass das von der P. dem Versorgungswerk angebotene Kapitalanlageprodukt die gewünschte Mindestverzinsung von 3,5 % biete und keine weiteren Verwaltungsgebühren oder sonstige Kosten anfallen würden. Tatsächlich war ihm jedoch ebenso wie D. bekannt, dass sich dieser Garantiezins nicht auf die effektive Rendite bezog, sondern auf das Kapital, das nach Abzug der beträchtlichen Kosten angelegt werden würde. Hiernach blieb den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsausschusses verborgen, dass ihnen ein normales Tarifprodukt der Versicherung zu im Hinblick auf den Umfang des Projekts nicht besonders günstigen Konditionen angeboten wurde. Beide verschwiegen, dass die Versicherung angesichts der zu erwartenden erheblichen Beiträge grundsätzlich zu Verhandlungen und zum Gewähren – rechtlich zulässiger – günstigerer Bedingungen bereit gewesen wäre. Dies hätte namentlich dann gegolten, wenn die Versicherung nicht die an den Angeklagten zu zahlende „Provision“ hätte einkalkulieren müssen.
11
Nach Anhörung auch anderer Anbieter unterzeichneten der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses B. und der Angeklagte als stellvertretender Vorsitzender im November 2001 den von der P. angebotenen Rentenversicherungsvertrag. Im Frühjahr des Jahres 2002 überwies die P. auf Veranlassung D. s verabredungsgemäß die mit 3,2 % der vorgesehenen Gesamtkapitalanlage bemessene „Provision“ für den Angeklagten in Höhe von knapp 900.000 Euro auf das von der Mitangeklagten G. L. geführte Konto der genannten Gesellschaft, das erst kurz zuvor, nämlich am 5. März 2002, auf den Namen „Unternehmensberatung L. “ eröffnet worden war.
12
Da das Beitragsaufkommen des Versorgungswerks schnell die Prognosen übertraf, kamen die Mitglieder des Verwaltungsausschusses überein, einen weiteren Versicherungsvertrag abzuschließen. Abermals setzte sich der Angeklagte für die P. ein; er erklärte auf einer Sitzung des Organs erneut der Wahrheit zuwider, dass bei einem Abschluss mit der P. Provisionen nicht anfallen würden. Der Verwaltungsausschuss beschloss , einen weiteren Rentenversicherungsvertrag bei der P. zu ähnlichen Konditionen abzuschließen, den der Zeuge B. und der Angeklagte im August 2002 unterzeichneten. Wie zuvor mit D. vereinbart , überwies die P. im September 2002 die „Vermittlungsprovision“ in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro auf das Konto der von der wiederum eingeweihten Mitangeklagten G. L. beherrschten Gesellschaft, das zwischenzeitlich auf den Namen „G. G. F. “ umge- schrieben worden war. Ebenso wie die zuvor gezahlte Provision wurde der Betrag vom Angeklagten L. , der ohne weiteres Zugriff auf die Gelder erhielt, in Windkraftanlagen investiert.
13
Nach Aufdeckung der verheimlichten Zahlungen an den Angeklagten wurden die Versicherungsverträge mit der P. rückabgewickelt. Die bis dahin eingezahlten Beiträge von rund 11,8 Mio. Euro wurden dem Versorgungswerk – ohne Zinsen und Überschussbeteiligungen – im Oktober 2004 rückerstattet.

B.


14
Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Ergänzend gilt Folgendes:
15
I. Hinsichtlich der Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO, die Ablehnungsgesuche vom 26. Juni 2007 betreffen, ist ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben.
16
1. Diesen Rügen liegt das folgende Prozessgeschehen zugrunde:
17
Am dritten Sitzungstag, dem 26. Juni 2007, wurde nach einer Unterbrechung der Hauptverhandlung noch im Sitzungssaal und in Gegenwart aller Verfahrensbeteiligter das Verfahren gegen den (bisherigen) Mitangeklagten G. wegen dessen schlechten Gesundheitszustandes abgetrennt. Im Zusammenhang hiermit äußerte der Vorsitzende: „Herr G. , Sie werden sicher von Ihrer Familie erfahren, wie das Verfahren ausgeht. Falls der BGH unsere Rechtsauffassung teilt, werden wir uns wiedersehen.“
18
Wegen dieser Äußerung lehnten die Angeklagten K. und G. L. die Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
19
2. Die Revisionen verstehen die Äußerung dahin, dass die Strafkammer die Angeklagten verurteilen und die Verteidigung hiergegen Revision einlegen werde; sollte diese Revision vom Bundesgerichtshof verworfen werden , würde auch das nunmehr abgetrennte Verfahren gegen den Mitangeklagten G. vor der Strafkammer fortgeführt werden. Denn nur dann könne es ein „Wiedersehen“ geben.
20
3. Die Rügen greifen im Ergebnis nicht durch. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGHSt 21, 334, 341; BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 4). Diese Voraussetzungen sind hier noch nicht erfüllt.
21
Die gewählte Formulierung kann nicht losgelöst von dem prozessualen Hintergrund gesehen werden. Dieser ist in der Situation der unmittelbar zuvor erfolgten Verfahrensabtrennung dadurch gekennzeichnet, dass im Vordergrund des Strafverfahrens die rechtlich strittigen, im Eröffnungsbeschluss von der Strafkammer bejahten Fragen standen, ob der Angeklagte L. als Amtsträger anzusehen und sein Verhalten als pflichtwidrig zu bewerten sei. Vor diesem Hintergrund ist die unnötige, zudem ungeschickt formulierte Äußerung nur als situationsbedingter Hinweis zu verstehen, der noch einmal die Auffassung wiederholte, die bereits Grundlage des Eröffnungsbeschlusses war. Die Mitteilung einer Rechtsauffassung als solche kann aber grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine unverrückbare Festlegung auf eine Rechtsauffassung und auf ein be- stimmtes Beweisergebnis, was durchgreifend bedenklich wäre, kann der Äußerung von einem besonnenen Prozessbeteiligten letztlich nicht entnommen werden. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf die Maßgeblichkeit einer künftigen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs für die Notwendigkeit einer Fortführung des Prozesses gegen den Angeklagten G. angesichts der Position der Staatsanwaltschaft für den Fall der Nichtverurteilung ebenso gelten konnte.
22
II. Auch im Zusammenhang mit einer Fristsetzung des Vorsitzenden zur Stellung weiterer Beweisanträge liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht vor.
23
1. Den zugehörigen Rügen, die Ablehnungsgesuche vom 9. Juli 2007 betreffen, liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
24
Nachdem die Hauptverhandlung vom 18. Juni bis zum 9. Juli 2007 an neun Sitzungstagen durchgeführt worden war, wurde das Verfahren am 9. Juli 2007 gegen den Mitangeklagten D. durch Beschluss der Strafkammer „aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung“ abgetrennt, da das „Verfahren gegen den geständigen Angeklagten … entscheidungsreif“ sei. Der Vorsitzende ordnete die Fortsetzung in dem abgetrennten Verfahren für denselben Tag um 11.00 Uhr an und traf anschließend die Anordnung: „Die Frist zur Anbringung von Beweisanträgen wird bestimmt bis Dienstag, den 10. Juli 2007, 10.00 Uhr.“ An den vorausgegangenen Sitzungstagen vom 2. und 3. Juli 2007 waren die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen worden , nach Vernehmung zweier noch zu hörender Zeugen sei „gegebenenfalls damit zu rechnen, dass die Schlussanträge zu halten sein“ würden.
25
Wegen der Fristsetzung und der Abtrennung gegen den Mitangeklagten D. lehnten die Angeklagten K. und G. L. sämtliche Mitglieder des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Be- fangenheitsgesuche wurden in anderer Berufsrichterbesetzung als unbegründet zurückgewiesen.
26
2. Die Revisionen erblicken in der angeordneten Fristsetzung eine Missachtung des Rechts der Angeklagten auf sachgerechte Verteidigung und auf ein faires Verfahren, die in so „massiver, grober und nicht mehr verständlicher Weise“ vorliege, dass die Angeklagten nicht davon ausgehen konnten, die Richter seien in der Entscheidung noch offen. Vielmehr habe für die Angeklagten der Schluss nahe gelegen, das Gericht wolle unter Preisgabe elementarer Verteidigungsrechte so rasch wie möglich zur Verurteilung kommen.
27
3. Auch diese Verfahrensrügen bleiben erfolglos.
28
a) Ausweislich seiner dienstlichen Äußerung hatte der Strafkammervorsitzende für seine Fristsetzung die Erwägungen des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGHSt 51, 333, 344) herangezogen. Die – in späteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gebilligte (vgl. BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2) und näher ausgeführte (BGHSt 52, 355) – Verfahrensweise einer Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht ablehnbar sind, steht vor allem nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nämlich nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf (vgl. selbst für einen Extremfall BGHR StPO § 244 Abs. 3 Missbrauch 2). Vielmehr verfolgt sie das Ziel stringenter, dem Zügigkeitsgebot des Art. 6 Abs. 1 MRK verpflichteter Verfahrenserledigung, sucht den dysfunktionalen Einsatz des Beweisantragsrechts zur Prozessverschleppung zu verhindern und schafft in den Gerichten zustehender Erweiterung und Änderung bisheriger Rechtsprechung zu dem entsprechenden Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 Satz 2, § 245 Abs. 3 Satz 3 StPO einen Weg zu sachgerechter Vorbereitung leichterer Ablehnung grundlos spät gestellter Beweisanträge.
29
Im Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen versteht es sich freilich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen (s. den Sondermaßstab des § 229 Abs. 2 StPO; vgl. BGHSt 52, 355, 362) und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Zudem wird Anlass für die in Frage stehende Fristsetzung überhaupt nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO; vgl. BGHSt aaO S. 363). Das letztgenannte Erfordernis ist Konsequenz der Funktion der betroffenen Verfahrensweise als Vorbereitung späterer, leichter begründbarer ablehnender Entscheidungen über nach Fristablauf gestellte Beweisanträge wegen Prozessverschleppungsabsicht (§ 244 Abs. 6, § 34 StPO).
30
b) Es liegt auf der Hand, dass die restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen bei der die Richterablehnung veranlassenden Fristsetzung vorliegend nicht vollständig erfüllt waren. Diese erfolgte nach weniger als zehn Verhandlungstagen, wobei mit ihrer Anordnung eine ausdrückliche Begründung für einen berechtigten Verdacht von Prozessverschleppung nicht verbunden war. Besonders ins Gewicht fällt darüber hinaus, dass die Frist eklatant kurz gesetzt war.
31
c) Der Verfahrensfehler begründet gleichwohl noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt ungeachtet dessen, dass Verfahrensfehler, die mit einer Einschränkung besonders wesentlicher Verteidigungsrechte ein- hergehen, eher als sonstige Verfahrensfehler eine Richterablehnung nach § 24 StPO zu rechtfertigen in der Lage sind.
32
Maßgebend zu berücksichtigen ist das die Richterablehnung veranlassende Verfahrensgeschehen. Ihr waren Äußerungen der Verteidigung im Vorfeld der Hauptverhandlung vorausgegangen, die angesichts des gesamten bisherigen Verteidigungsverhaltens (UA S. 30 ff.) als Ankündigung einer überschießend offensiven Verteidigung verstanden werden konnten (vgl. insbesondere UA S. 35); das vorangegangene Antragsverhalten in der Hauptverhandlung schon vor der Fristsetzung war jedenfalls nicht geeignet, einen solchen verständlichen Argwohn zu zerstreuen. Aufgrund der bereits zuvor seitens des Gerichts angekündigten Möglichkeit eines alsbaldigen Abschlusses der Beweisaufnahme traf die kurze Frist die Verteidigung nicht gänzlich unvorbereitet. Da angesichts der bevorstehenden Ferienzeit beträchtliche Verfahrensunterbrechungen konkret drohten, war ein Streben des Vorsitzenden nach alsbaldigem Verfahrensabschluss erklärlich. Die beanstandete Verfahrensweise bezog sich auf eine neue, prinzipiell berechtigte, indes noch nicht näher ausgestaltete Rechtsprechung.
33
Vor dem Hintergrund all dieser Umstände ist in der rechtsfehlerhaften Fristsetzung keine derart gravierende Vernachlässigung berechtigter Verteidigungsbelange zu sehen, dass deshalb die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt gewesen wäre. Dies gilt letztlich auch unter Berücksichtigung dessen, dass dem mit dem Ablehnungsgesuch beanstandeten Verhalten eine unbedachte, nicht unbedenkliche Äußerung des Vorsitzenden am dritten Hauptverhandlungstag (oben B. I.) vorausgegangen war, und ungeachtet dessen, dass die Fristsetzung just zu dem Zeitpunkt erfolgte, als sich mit der prozessual für sich nicht zu beanstandenden Ankündigung einer Erledigung des Verfahrens gegen den Mitangeklagten D. im Wege der Verständigung für die Angeklagten K. und G. L. eine grundlegend neue Prozesssituation ergab, wenngleich dies eine noch kritischere Sicht auf die Kürze der gesetzten Frist veranlasst.
34
Es bleibt trotz alledem bei dem Grundsatz, dass ein Verfahrensverstoß , der auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, allein noch keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl. BGHSt 48, 4, 8), sondern nur dann, wenn eine Entscheidung abwegig ist oder der Anschein der Willkür erweckt wird. So weit geht das die Richterablehnung veranlassende Vorgehen des Strafkammervorsitzenden letztlich doch nicht.
35
III. Die Verfahrensrügen wegen Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens erweisen sich auch deshalb gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO als unzulässig, weil die Revisionen den von der Strafkammer in ihren Ablehnungsbeschlüssen vom 12. und 26. Oktober 2007 (Protokollanlagen 114 und 145) in Bezug genommenen Beschluss vom 12. Oktober 2007 (Protokollanlage 116) in dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rügevortrag weder beigefügt noch seinem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt haben. In der Sache sind die Rügen angesichts der mit Hilfe von Versicherungsfachleuten getroffenen Feststellungen zu ungenutzten vorhandenen Verhandlungsspielräumen bei der Ausgestaltung der in Frage stehenden Geldanlagen für den Schuldspruch nicht durchgreifend. Die Strafaussprüche haben ohnehin keinen Bestand.
36
IV. Der frühere Mitangeklagte D. hatte sich wiederholt in der Hauptverhandlung bis zur Abtrennung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zur Sache geäußert. Zumal danach sind sämtliche auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Rügen, mit denen allein anhand der für ihn abgegebenen, von ihm als Einlassung anerkannten und als Anlage zu Protokoll genommenen Verteidigererklärung die Urteilsausführungen zum Inhalt seines Ge ständnisses beanstandet werden sollen, wie der Generalbundesanwalt in der Revisionshauptverhandlung zutreffend hervorgehoben hat, im Ansatz verfehlt (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 8; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Einlassung 1; vgl. auch BGHSt 52, 175, 180).

C.


37
Die von beiden Angeklagten erhobenen Sachrügen sind teilweise erfolgreich.
38
I. Das Landgericht hat den Angeklagten L. als stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks zutreffend als Amtsträger gemäß § 332 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen und rechtsfehlerfrei wegen Bestechlichkeit verurteilt.
39
1. Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
40
a) Es spricht viel dafür, dass das Versorgungswerk eine Behörde im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 1 StGB ist. Jedenfalls ist sie eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB.
41
Das Versorgungswerk wurde durch Gesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet. Über das typischerweise öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verhältnis der Körperschaft zu ihren Mitgliedern hinaus besteht in weiten Teilen eine Zwangsmitgliedschaft. Sämtliche Mitglieder der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer sind – soweit sie das 45. Lebensjahr nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 und 2 HmbRAVersG) – Pflichtmitglieder und können auf Antrag von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden. Überdies besitzen die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen des Verwaltungsausschusses des Versorgungswerks als Organ der Körperschaft Verwaltungsaktqualität und unterliegen nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. §§ 7, 8 der Satzung) verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Schließlich untersteht das Versorgungswerk, wie im Sozialversicherungsrecht üblich (vgl. nur § 393 Abs. 1 SGB III; §§ 87, 88 Abs. 1 SGB IV; § 141 SGB VII), staatlicher Rechtsaufsicht (§ 7 Abs. 1 HmbRAVersG) und der Haushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. §§ 105 ff. LHO, HmbGVBl 1971 S. 261).
42
Diese durch das Landgericht fehlerfrei festgestellten Umstände streiten dafür, das Versorgungswerk – wie dies auch für andere Träger der Sozialversicherung angenommen wird (RGSt 76, 105, 107; 76, 209, 211; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 97; aM BGHZ 25, 186, 193 [zu § 29 GBO]) – als Behörde im strafrechtlichen Sinn einzustufen (zu den verschiedenen Begriffsbestimmungen Radtke aaO). Die Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine sonstige Stelle im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c Alt. 2 StGB erfüllt sind.
43
Eine sonstige Stelle ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein (vgl. nur BGHSt 43, 370, 376; 52, 290, 293). Der Organisationsform der Stelle kommt dabei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu (Fischer, StGB 56. Aufl. § 11 Rdn. 19 m.w.N.). Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede , so ist dieser Organisationsform indes eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen (ähnlich Welp, Festschrift für Lackner 1987 S. 761, 780). Schon nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nämlich vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können (Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 11. Mai 1973, BT-Drucks 7/550 S. 209). Andere Schlüsse lässt entgegen der Ansicht der Revision auch die Entscheidung des Senats zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers einer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) allein beherrschten privatrechtlich organisierten Gesellschaft (BGHSt 46, 310) nicht zu. Dort hat der Senat ebenfalls maßgeblich auf die rechtliche und tatsächliche Eingliederung der Stelle in die Staatsverwaltung abgestellt und sie mit dem Hinweis auf die Sonderstellung des BRK abgelehnt (BGHSt aaO S. 314). Beim BRK handelt es sich nämlich um eine sogenannte Formalkörperschaft , die zwar in die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gekleidet ist, ohne dass jedoch bei ihrer Einrichtung an eine organisatorische Eingliederung in die Staatsverwaltung gedacht war (vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, 5. Aufl. § 81 Rdn. 38 und § 87 Rdn. 13; BGH aaO m.w.N.). Die deshalb mangelnde staatliche Lenkung konnte durch die gleichwohl bestehende staatliche Rechtsaufsicht über das BRK nicht kompensiert werden (BGHSt aaO S. 315). Nur in diesem spezifischen Kontext wurde in jener Entscheidung das Fehlen einer Fachaufsicht stützend herangezogen. Das Kriterium ist indessen nicht generell ein maßgebliches Beweiszeichen für eine fehlende Eingliederung der betreffenden Stelle in die Staatsverwaltung.
44
b) Das Versorgungswerk nimmt auch Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland (BVerfGE 113, 1, 25; BVerwG NJW-RR 2001, 785, 786; NJW 1997, 1634; Groepper NJW 1999, 3008; Hahn GewArch 2002, 441; 2008, 49, 52). Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. Trotz bestehender Unterschiede zum System der gesetzlichen Rentenversicherung ist die berufsständische Versorgung mit jenem gleichwertig (vgl. nur den Befreiungstatbestand § 6 SGB VI und dazu Kreikebohm, SGB VI 3. Aufl. § 6 Rdn. 16). Beide haben eine von der Höhe der geleisteten Beiträge abhängige angemessene Versorgung im Alter zum Ziel.
45
c) Die Feststellungen der Strafkammer tragen auch die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Begründung einer Amtsträ- gereigenschaft erforderliche Bestellung des Angeklagten L. zur Wahrnehmung der beschriebenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung.
46
aa) Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (st. Rspr., vgl. nur – unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte – BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).
47
bb) Jedenfalls durch seine Wahl in den Verwaltungsausschuss durch die Mitgliederversammlung wurde der Angeklagte für vier Jahre (§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung) mit der eigenständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben tatsächlich betraut; er war damit in die Organisation der Körperschaft längerfristig fest eingegliedert. Der Verwaltungsausschuss leitet das Versorgungswerk und ist für die Durchführung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung verantwortlich sowie verpflichtet, innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers der Mitgliederversammlung vorzulegen (§ 6 Abs. 1 der Satzung).
48
cc) Soweit die Revisionen – insbesondere in Verfahrensrügen (§ 244 Abs. 3 StPO) gekleidet – eine fehlende Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer angeblich unwirksamen Gründung des Versorgungswerks und einer rechtsfehlerhaften – im Übrigen, soweit ersichtlich, von niemandem angefochtenen – Wahl des Angeklagten zum stellvertreten- den Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses geltend machen, bleiben sie ohne Erfolg. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatbestandlich ohne Bedeutung. Die Verletzung von Rechtsvorschriften im Innenverhältnis zwischen Stelle und Betroffenem lässt die Frage der Amtsträgereigenschaft unberührt; entscheidend ist vielmehr die – hier erfolgte – tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben (Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 29; Hilgendorf in LK 12. Aufl. § 11 Rdn. 36; Rudolphi/Stein in SK StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 31a; Radtke in MünchKomm StGB § 11 Rdn. 57; Heinrich, Der Amtsträgerbegriff im Strafrecht 2001 S. 544). Dessen ungeachtet offenbaren weder der Revisionsvortrag noch die angegriffenen Feststellungen einen Rechtsmangel im Rahmen der Gründung des Versorgungswerks (vgl. zudem zu dessen Unerheblichkeit: BVerfGE 3, 41, 44 [Gemeinderat]; 1, 14, 38 [Landtag]; BVerwGE 108, 169, 176; BVerwG NVwZ 2003, 995, 996; Seifert , Bundeswahlrecht 3. Aufl. Art. 41 Rdn. 14 sowie Hahn GewArch 2003, 217, 219 und Feuerich/Weyland, BRAO 7. Aufl. § 90 Rdn. 9).
49
Die in der Revisionshauptverhandlung von der Verteidigung gegen die Annahme einer Amtsträgereigenschaft des Angeklagten L. ins Feld geführte Behauptung, die als Zeugen vernommenen seinerzeitigen Mitglieder des Verwaltungsausschusses B. und C. hätten keine Aussagegenehmigung erhalten, obwohl ihnen eine solche, wären sie und der Angeklagte L. Amtsträger gewesen, hätte erteilt werden müssen , ist falsch: Es wurden Aussagegenehmigungen erteilt und zu den Akten genommen (vgl. Bl. 446 d.A.).
50
d) Entgegen der Ansicht der Revisionen wird die Idee des freien Berufs durch die Annahme der Amtsträgereigenschaft eines im Verwaltungsausschuss eines Rechtsanwaltsversorgungswerks tätigen Rechtsanwalts nicht in Frage gestellt. Soweit dieses freiwillig übernommene Ehrenamt überhaupt auf seine anwaltliche Selbständigkeit Auswirkungen haben sollte, entbehren die entsprechenden Regelungen jedenfalls sämtlich einer berufsre- gelnden Tendenz. Im Zusammenhang mit der anwaltlichen Selbstverwaltung übernommene – typischerweise der staatlichen Rechtsaufsicht unterstehende (Tettinger, Kammerrecht 1997 S. 128; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht 17. Aufl. § 23 Rdn. 45) – Tätigkeiten lassen insbesondere wegen ihrer Rechtspflegefunktion die freie Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit unberührt (vgl. zur Behördeneigenschaft des Vorstands einer Anwaltskammer schon RGSt 47, 394, 395; RG JW 1936, 1604; BGH NJW 2000, 3004, 3005 m.w.N.).
51
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht auch den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung angenommen. Zwar reicht es hierfür grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). Das hat die Strafkammer aber auch nicht verkannt. Freilich ist die Feststellung sehr knapp, es sei dem Angeklagten klar gewesen, dass er „aufgrund seiner Stellung im Versorgungswerk dazu berufen war, das gesetzliche Ziel der Altersvorsorge zu verfolgen“ (UA S. 14). Jedoch wird diese Feststellung ergänzt durch weitere Ausführungen im Urteil , wonach sich der Angeklagte dieser besonderen Pflichtenstellung bewusst war (UA S. 108) und es – zumindest aufgrund der Ausgestaltung des Versorgungswerks als öffentlich-rechtlicher Körperschaft, des stark formalisierten „Gründungsverfahrens“ sowie des Handelns der „Organwalter“ in Ausfüllung der ihnen zugewiesenen Positionen – „für den Angeklagten … klar gewesen (war), dass er dazu berufen war, in verantwortlicher Position bei der Erfüllung einer dem Versorgungswerk als Selbstverwaltungskörperschaft unter Einschluss hoheitlicher Befugnisse zugewiesenen Aufgabe mitzuwirken“ (UA S. 106). Diese Wertungen fußen ersichtlich auf einer Gesamtschau der Urteilsgründe und dem in Rede stehenden förmlichen Bestellungsakt des Angeklagten durch seine Wahl in das Selbstverwaltungsorgan der Körperschaft.
52
Die Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses machte für den rechtskundigen Angeklagten seine besondere Pflichtenstellung gegenüber und innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft greifbar. Dies gilt insbesondere angesichts der ihm übertragenen teilweise hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse gegenüber den Zwangsmitgliedern. So wurden Anträge auf Befreiung von der Mitgliedschaft unter Mitwirkung des Angeklagten schriftlich in Form eines mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsaktes beschieden (UA S. 12 f.). Die Auswahl der Anlageform gehörte, was dem Angeklagten fraglos bewusst war, sogar zum Kernbereich der Tätigkeit des Versorgungswerks.
53
3. Die Angriffe der Revisionen gegen die von der Strafkammer angenommene Unrechtsvereinbarung zwischen dem Angeklagten und D. in Bezug auf pflichtwidrige Diensthandlungen des Angeklagten gehen fehl.
54
a) Der Einwand, der Vorschlag des Angeklagten habe sich im Rahmen des ihm eröffneten Ermessensspielraums gehalten, greift bereits im Ansatz zu kurz. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt (BGHSt 15, 88, 92; 15, 239, 242, 247; 48, 44, 46; BGH NStZ-RR 2008, 13). Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). So liegt der Fall hier.
55
aa) Der Angeklagte handelte als Ermessensbeamter im Sinne des § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Strafkammer war ihm sowie dem Zeugen C. die Vorauswahl möglicher Kapitalanlageprodukte seitens der übrigen Verwaltungsausschussmitglieder übertragen worden. Beide sollten die notwendigen Informationen zur Vorbereitung der Anlageentscheidung des Verwaltungsausschusses einholen. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass dem Angeklagten hier auf Grund seiner Wirtschaftsprüfererfahrungen und seines dominanten Auftretens „faktische Leitungsfunktion“ zukam. Er kontrollierte und prägte daher die Vorauswahl und nahm durch seine deutliche Positionierung für das Angebot der P. auf die Entscheidungsfindung Einfluss. Ihm stand mithin sowohl bei der Erstellung einer Entscheidungsgrundlage für die Auswahl eines Anlageprodukts durch den Verwaltungsausschuss als auch im Rahmen der späteren Abstimmung des Gremiums ein Entscheidungsspielraum zu (vgl. dazu BGHSt 47, 260, 263 mit Anm. Wohlers JR 2003, 161; BGH NStZ-RR 2008, 13, 14).
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bb) Nach den Feststellungen des Landgerichts steht außer Frage, dass sich der Angeklagte bereit gezeigt hat, die vereinbarten Vorteile bei den ihm obliegenden Ermessensentscheidungen maßgebend in die Waagschale zu legen (§ 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Bezugspunkte der Unrechtsvereinbarung sind die dem Verwaltungsausschuss unterbreiteten Vorschläge, bei der P. ein – für das Versorgungswerk zudem eher ungünstiges – Kapitalanlageprodukt abzuschließen, sowie das Abstimmungsverhalten des Angeklagten zugunsten der P. im Verwaltungsausschuss. Der Angeklagte hat die Unrechtsvereinbarung durch die genannten pflichtwidrigen Diensthandlungen dann auch tatsächlich umgesetzt und dafür Vorteile großen Ausmaßes bezogen (§ 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Eine mögliche – hier indes fern liegende – sachliche Rechtfertigung der Entscheidung ist ohne Belang (Fischer aaO § 332 Rdn. 14).
57
b) Nicht durchgreifend ist auch der weitere Einwand der Revisionen, die Vereinbarung wirtschaftlich günstigerer Konditionen hätte gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (sogenanntes Provisionsabgabeverbot; Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8. März 1934, VerAfP 1934, 99, 100; zu deren Fortgeltung als Bundesrechtsverordnung vgl. BGHZ 93, 177, 178 f.; 159, 334, 338 f.; BGH NStZ 2001, 545) verstoßen. Dies gilt schon deswegen, weil dem Angeklagten im Rahmen des § 332 StGB vorgeworfen wird, dass er wegen der in Aussicht stehenden Schmiergeldzahlun- gen und damit sachwidrig dafür eingetreten ist, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Geldanlagemöglichkeiten gerade den Abschluss von Rentenversicherungsverträgen bei der P. zu wählen.
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II. Die gegen die Verurteilung wegen Untreue gerichteten Einwände der Revisionen, insbesondere zum entstandenen Untreueschaden, greifen nicht durch.
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1. Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflicht nach § 266 Abs. 1 StGB, die mit der Pflichtwidrigkeit im Rahmen des § 332 StGB korrespondiert , durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines für das Vermögen des Versorgungswerks vorteilhaften Vertragsabschlusses aus finanziellem Eigeninteresse nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen (vgl. BGHSt 31, 232, 235; BGH NStZ 2003, 540, 541). Diesen Maßstab hat das Landgericht beachtet. Ohne dass hierdurch der tatbestandliche Vermögensnachteil zu bestimmen wäre, hat es in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausgehandelten Vertragskonditionen aus mehreren Gründen für das Versorgungswerk ungünstig waren: Zum einen wurde die gewollte Verzinsung des eingezahlten Kapitals mit mindestens 3,5 % nicht erreicht, sondern lediglich eine effektive Verzinsung von weniger als 2 %. Zum anderen barg die Konstruktion eines Rentenversicherungsvertrages, bei dem allein der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses versichert war, ein erhebliches Risiko, weil bei einem Ableben der versicherten Person vor Vertragsende zwar die eingezahlten Beträge zurückerstattet worden wären, aber die vertraglich vorgesehene Verzinsung nicht angefallen wäre (UA S. 18 f.).
60
Das Tatgericht hat bei der Bestimmung des Vermögensnachteils zunächst erwogen, ob der Untreueschaden unter Heranziehung der Höhe der „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldzahlungen) bestimmt werden kann. Eine solche Schadensberechnung ist anerkannt sowohl beim Eingehungsbetrug in Form des sogenannten Ausschreibungs- oder Submissionsbetrugs, bei dem der Vermögensschaden in der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Auftragssumme und dem Preis liegt, der bei Beachtung der für das Auftragsvergabeverfahren geltenden Vorschriften erzielbar gewesen wäre , als auch in den Fällen freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen (vgl. BGHSt 47, 83, 88 f.; vgl. auch BGHSt 49, 317, 332 f.). Weil Schmiergeldzahlungen nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür sind, dass der ohne Preisabsprache erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte, begegnet in solchen Fällen die Annahme, ein Vermögensschaden sei mindestens in Höhe der Schmiergeldbeträge entstanden, keinen rechtlichen Bedenken. Dementsprechend gilt grundsätzlich, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. Hiernach hätte für das Tatgericht die Annahme nahe gelegen, auch bei Bestimmung des dem Versorgungswerk entstandenen Schadens die gezahlten „Versicherungsprovisionen“ (Schmiergeldbeträge) zu berücksichtigen, weil solche absprachebedingten Zahlungen eine günstigere Preisgestaltung verhindert haben. Dass ohne diese Zahlungen erheblich günstigere Konditionen für das Versorgungswerk hätten erreicht werden können, ist von der Strafkammer festgestellt worden. Damit war die vereitelte Ersparnis nicht nur eine vage Hoffnung , sondern es bestand eine gesicherte Aussicht auf einen wirtschaftlich günstigeren Vertrag, die als eine werthaltige Vermögensposition (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541) anzusehen ist.
61
2. Die Einwendungen der Revisionen aus § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG (oben I. 3. b) greifen nicht durch. Zweifelhaft ist bereits, ob es sich bei den von der Strafkammer festgestellten Verhandlungsmöglichkeiten um davon erfasste Begünstigungsverträge handelte. Die Verhandlungen mit der P. hätten nämlich nicht zwingend die Besserstellung des Versorgungswerks zulasten der Versichergemeinschaft zum Ergebnis haben müssen (zum Zweck der Vorschrift Prölss, VAG 12. Aufl. § 81 Rdn. 74 ff.). Selbst wenn aber die Verhandlungen eine Begünstigung des Versorgungswerks im Sinne des § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG zum Gegenstand gehabt haben sollten, wären diese Abweichungen von einem bestehenden Tarifprodukt nicht von vornherein als unzulässig anzusehen gewesen. Versicherungsrechtlich anerkannt ist die Erlaubnisfähigkeit von Begünstigungsverträgen, sofern diese sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Prölss aaO § 81 Rdn. 82; Fahr/Kaulbach /Bähr, VAG 4. Aufl. § 81 Rdn. 35). Das soll wegen möglicher Kostenersparnisse namentlich bei Kollektivlebensversicherungen gelten (vgl. Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen [BAV] 3/94 II. Nr. 2.2, VerBAV 1/1995, S. 4). Vergleichbar liegt der Fall hier. Obwohl mit dem Versorgungswerk kein Kollektivversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, sondern Versicherungsnehmer das Versorgungswerk und versicherte Person allein der seinerzeitige Vorsitzende des Verwaltungsausschusses war (UA S. 22), hätte die P. aufgrund der „trotz des hohen Prämienvolumens geringen Verwaltungskosten … auf der Grundlage der dann für diesen Einzelfall vorzunehmenden … Berechnungen einen rechtlich zulässigen individuell begünstigenden Vertrag“ (UA S. 113 f.) oder einen so genannten Nettotarif anbieten können, der auf der Grundlage der nicht anfallenden „Provision“ und anderer eingesparter Kosten zu kalkulieren gewesen wäre. Zumindest soweit die dadurch sachlich gerechtfertigten eingeräumten Konditionen sich durch den Vertrag selbst getragen und keine Subventionierung durch die Versichertengemeinschaft zur Folge gehabt hätten (vgl. Anlage zur Richtlinie 3/94 des BAV Nr. I. Nr. 1.4, aaO S. 5), durfte die Kammer auch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit mit § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG und einer damit bestehenden Genehmigungsfähigkeit durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausgehen. Dass die P. grundsätzlich bereit war, eine solche Vertragsgestaltung bei der Aufsichtsbehörde anzumelden oder aufsichtsrechtlich genehmigen zu lassen, hat das Landgericht mit Hilfe sachverständiger Zeugen aus dem Versicherungsbereich rechtsfehlerfrei festgestellt.
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3. Die Strafkammer hat jedoch wegen aus dem Provisionsabgabeverbot hergeleiteter rechtlicher Bedenken, der Besonderheiten versicherungs- mathematischer Berechnungen und der von ihr sonst als notwendig erachteten Hinzuziehung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen von einer exakten Schadensberechnung Abstand genommen und ist von einem Vermögensnachteil von – „was den Schuldspruch trägt“ (UA S. 114) – mindestens einem Euro ausgegangen; der Nachteil erreiche „jedoch in keinem Fall die Höhe der Schmiergeldzahlungen“ (UA S. 126). Der ersichtlich nicht ernst gemeinte, überzogen formulierte Ausgangspunkt einer Schadenshöhe von einem Euro – der, wenn er eine seriöse Sachverhaltsvariante wäre, schwerlich einen Untreueschaden belegen könnte – steht in offenem Widerspruch zu der klaren Urteilsfeststellung, dass die Möglichkeit zu beträchtlich günstigerer Vertragsgestaltung pflichtwidrig ausgelassen wurde (UA S. 21, 65, 108, 113). Diese Feststellung sollte mit der Wendung ersichtlich auch nicht in Frage gestellt werden. Vielmehr wollte das Tatgericht damit bloß vermitteln , dass seines Erachtens „angesichts der tateinheitlich begangenen Bestechungsdelikte … der Höhe des Nachteils … auf der Ebene der Strafzumessung keine Bedeutung“ (UA S. 114) zukomme. Bei solchem Verständnis der Urteilsbegründung stellt der Umstand, dass es das Tatgericht nicht wenigstens unternommen hat, die ungefähre Schadenshöhe auf der ihm zu Gebote stehenden, wenngleich konkret als unvollkommen erachteten Grundlage mit aller gebotenen Vorsicht zu schätzen, die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Schuldspruchs wegen tateinheitlicher Untreue nicht in Frage.
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III. Soweit die Revision der Angeklagten G. L. mit der Sachrüge die Beweiswürdigung angreift, weil die Strafkammer aufgrund der vorhandenen Indizien nicht hätte die Überzeugung gewinnen können, dass die Angeklagte Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk hatte und sie bei der unterstützenden Billigung der verdeckten Zahlungsweise im Vorfeld der Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden sei, bleibt die Revision zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue ohne Erfolg, dringt jedoch hinsichtlich der Verurteilung wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit durch.
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1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, die – zum Anklagevorwurf schweigende – Angeklagte habe zumindest in Grundzügen um die Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk und seine damit verbundenen Pflichten gewusst und die mit D. bestehende Unrechtsvereinbarung gekannt, auf folgende Indizien und Wertungen:
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Die Angeklagte hat am 5. März 2002 das Konto eröffnet, auf das kurze Zeit später die erste für den Angeklagten L. bestimmte Zahlung der P. fast in Millionenhöhe überwiesen worden ist, welche die Dimension früherer verdeckter Provisionszahlungen deutlich überschritt. Vor Eingang der zweiten Provisionszahlung veranlasste sie noch die Umbenennung des Kontoinhabers. Die Angeklagte ist gelernte Bankkauffrau und Steuerfachgehilfin. Das Landgericht hält es schlechterdings nicht für vorstellbar , dass sie keinerlei Kenntnis von der Stellung ihres Ehemanns im Versorgungswerk gehabt hat. Angesichts des Umfangs der Provisionszahlungen ist es bei lebensnaher Betrachtung zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte vor den Zahlungen jedenfalls im Groben über den Hintergrund der Zahlungsflüsse informiert worden ist.
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2. Der von der Strafkammer gezogene Schluss auf eine Gehilfenstellung der Angeklagten G. L. ist hinsichtlich der Untreue möglich (vgl. zum Maßstab BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt), und zwar vor folgendem Hintergrund: Der Angeklagte L. hatte sich in den Jahren zuvor unter standeswidriger Ausnutzung seiner beruflichen Vertrauensstellung als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater an den Kapitalanlagen seiner Mandanten persönlich bereichert. Er hatte als „stiller Vermittler“ diverse Versicherungsverträge für die P. vermittelt und im Gegenzug wie ein Versicherungsvertreter Provisionen erhalten. Diese waren zunächst bar, später dann auf Konten der „G. GbR“, bei der die Angeklagte zu 99 % Gesellschafterin war und bei der sie für die Bankgeschäfte zuständig war, überwiesen worden (UA S. 7 bis 10). Die auch im Vergleich zu früheren entsprechenden Provisionen au- ßergewöhnliche Höhe des auf verdecktem Zahlungsweg überwiesenen Betrags auch in Verbindung mit der kurz zuvor erfolgten Eröffnung des betreffenden Kontos durch die Angeklagte rechtfertigt den Schluss auf eine vorherige Absprache mit hinreichender Hintergrundinformation über den Zahlungsanlass gegenüber der in den Zahlungsfluss erwiesenermaßen eingebundenen Angeklagten. Dass bei der außergewöhnlichen Höhe des Betrages womöglich nicht nur Steuerhinterziehungsabsichten bestanden, sondern eine Vermögensschädigung des für die „Provision“ maßgeblichen Vertragspartners der Versicherung bewirkt werden konnte, für den – wie sie ersichtlich wusste – ihr Ehemann tätig war, beruht bei aller Kürze der Urteilsbegründung zu diesen Umständen auf ausreichend tatsachenfundierten tatgerichtlichen Schlüssen. Die Annahme eines wenigstens bedingten Untreuevorsatzes der Angeklagten im Rahmen ihrer Beihilfehandlung ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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3. Diese Indizien und Wertungen sind jedoch nicht genügend aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Überführung der Angeklagten hinsichtlich einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bestechlichkeit.
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Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Bestechlichkeit an den Nachweis des Vorsatzes zum Tatbestandsmerkmal Amtsträger über die Tatsachenkenntnis hinausgehende Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 11 Amtsträger 14). Der Täter muss eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben. Gleiche Anforderungen sind an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, wenn nicht derjenige des Täters, sondern der eines Gehilfen in Frage steht. Die – ohnehin überaus knappen – Ausführungen des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten belegen weder ausreichend deren erforderliche spezifische Kenntnis von den Umständen , wonach es sich bei dem Versorgungswerk um eine „sonstige Stelle“ handelt, noch von den Umständen, aus denen sich eine Amtsträgerstellung ihres Ehemannes herleiten ließ.
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4. Da die Angeklagte bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat und liquide Beweismittel für ein neues Tatgericht nicht ersichtlich sind, mit denen sich der Bestechlichkeitsvorsatz bei der Angeklagten tragfähig belegen ließe, hat der Senat im Sinne einer Einschränkung des Schuldspruchs auf bloße Beihilfe zur Untreue durchzuentscheiden. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, weil die Strafkammer bei der Strafzumessung maßgebliches Gewicht auf das Amtsdelikt gelegt hat.
70
IV. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten L. hat keinen Bestand.
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Ungeachtet des durch den außergewöhnlichen Umfang der inkriminierten Provisionen geprägten Gewichts der jeweils nach § 335 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB zu ahndenden Taten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gegen den unbestraften Angeklagten, der seine gesamte bisherige berufliche Grundlage infolge der Verurteilung einbüßen wird, für lange zurückliegende Taten, deren negative wirtschaftliche Folgen für das geschädigte anwaltliche Versorgungswerk wesentlich rückgängig gemacht wurden (vgl. zu alledem UA S. 116 f.), hoch, wenngleich nicht bereits allein ihrer Höhe wegen beanstandungswürdig. Jedoch ist zu besorgen, dass sich die widersprüchlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Höhe des Untreueschadens – Auslassen weitaus besserer Anlagekonditionen einerseits (UA S. 21, 65, 108, 113), bloße Anlastung eines Schadens von einem Euro andererseits (UA S. 114) – zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafbemessung dadurch ihrerseits widersprüchlich und unzulänglich begründet ist.
72
Die Höhe des Untreueschadens bestimmt wesentlich das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit der Diensthandlung (BGH wistra 2002, 420, 421; 2007, 259, 261): Ein bloßer Ermessensfehler bei der sachwidrig von einem verborgenen Schmiergeldangebot motivierten Auswahl des Vertragspartners einer Geldanlage , der keinen Vermögensschaden der Anstellungskörperschaft nach sich zieht, weist – obwohl er ohne weiteres den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt – ein geringeres Maß an Pflichtwidrigkeit auf als ein gleiches, indes zusätzlich noch beträchtlich schädigendes Fehlverhalten. Zwar hat das Landgericht die Vermögensschadenshöhe als Strafzumessungsfaktor gar nicht benannt; es hat – nahezu wie bei einer Verfahrensweise nach § 154a StPO – das tateinheitliche Vergehen nach § 266 StGB bei der Strafzumessung unerwähnt gelassen. Dem Urteil ist indes bei rechtem Verständnis ein maßgeblicher Schaden im Sinne von § 266 StGB zu entnehmen und nicht nur ein „Scheinschaden“ von einem Euro. Danach besteht im Blick auf die beträchtliche Strafhöhe Grund für die Besorgnis, dass eben doch eine solche erhöhte Pflichtwidrigkeit der Amtspflichtverletzung der Strafzumessung zugrunde gelegt worden ist, ohne dass hierfür ein Mindestschaden bestimmt worden wäre.
73
Zudem könnten mehrere von Negativwertungen geprägte Wendungen im Rahmen der Urteilsfeststellungen zum Tatgeschehen („Gelegenheit, Stellung im Verwaltungsausschuss ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil auszunutzen und sich persönlich dadurch so umfassend wie möglich zu bereichern“ sowie „ungeliebte Kuh so weit wie möglich zu melken“, UA S. 13; „Pakt besiegelt“, UA S. 14; „wie Alberich über den Nibelungenhort wachte der Angeklagte L. eifersüchtig“, UA S. 15) darauf hindeuten, das Landgericht habe den Angeklagten jenseits des tatsachenfundiert festgestellten gravierenden Tatunrechts noch weiter abwerten wollen. Bei dieser Sachlage vermag auch der Umstand, dass durch den Wegfall des Verfalls ein angenommener Milderungsgrund (UA S. 117) nicht fortbesteht, den Mangel eines widersprüchlich und unzulänglich bezeichneten Schadens im Rahmen der Strafzumessung nicht aufzuwiegen. Der Senat weist indes darauf hin, dass das bislang festgestellte von hohem korrupten Gewinnstreben bestimmte Tatunrecht fraglos die Verhängung einer empfindlichen zu vollstreckenden Freiheitsstrafe erfordert.
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V. Der angeordnete Wertersatzverfall kann – insoweit in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt – in dem nicht nach Maßgabe des § 111i StPO n. F. zu beurteilenden Altfall (vgl. Fischer aaO § 73 Rdn. 1) keinen Bestand haben. Ihm steht die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen.
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1. Dem Versorgungswerk kann als Dienstherrn ein Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB zustehen. Solche Ansprüche auf die Herausgabe von Bestechungslohn sollen letztlich die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen daher grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 2007, 222, 223; 2008, 262 m.w.N.). Ob die fallspezifischen Bedenken des Landgerichts gegen die Annahme eines entsprechenden Anspruchs aus besonderen versicherungsrechtlichen Erwägungen durchgreifen , bedarf keiner Entscheidung. Dies liegt indes eher fern, weil sich aus dem Provisionsabgabeverbot für den Angeklagten im Verhältnis zum Versorgungswerk kein Grund ableiten lässt, die Schmiergelder behalten zu dürfen. Abgesehen davon liegt angesichts der Höhe des bei der P. angelegten Kapitals auf der Hand, dass auch sonst beträchtliche – eben nicht etwa mit einem Euro bemessbare – Forderungen des Versorgungswerks gegen den Angeklagten bestehen.
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2. Zudem kommt in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der P. entstandenen Schadens dieser nach § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zusteht. Der gesondert verfolgte D. hat durch die von vornherein ungerechtfertigten Provisionsauszahlungen zugunsten des Angeklagten L. nahe liegend die P. geschädigt. Hieran war der Angeklagte L. beteiligt, der deshalb der P. ebenfalls schadensersatzpflichtig wäre. Die konkrete Vertragsentwicklung belegt, dass es hier fern läge anzunehmen, Gewinne der P. aus den mit dem Versorgungswerk abgeschlossenen Versiche- rungsverträgen könnten der Annahme eines Schadens infolge der zu Unrecht geleisteten Provisionszahlungen entgegenstehen.
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(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.