Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 1 StR 380/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 5. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) der Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben tatmehrheitlichen Fällen ,
b) der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tatmehrheitlichen Fällen sowie
c) des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. 2. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht tatmehrheitlichen Fällen sowie wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Ihr Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. August 2017 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Überprüfung des Urteils auf die Revision der Angeklagten deckt mit der Sachrüge lediglich einen konkurrenzrechtlichen Bewertungsfehler auf, der zur vorgenommenen Schuldspruchänderung führt.
- 3
- a) Das Landgericht hat in den Fällen II. 2. und 3. der Urteilsgründe (UA S. 25 f.) zwei rechtliche selbstständige Taten gesehen und nicht berücksichtigt, dass es im Fall II. 3. der Urteilsgründe nur um den Umtausch des im Fall II. 2. der Urteilsgründe erworbenen minderwertigen in hochwertigeres Methamphetamin ging.
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- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei einem zeitnahen Umtausch – wie hier nach den Feststellungen des Landgerichts innerhalb von drei Tagen nach dem Bezug – um keine erneute selbstständige Tat des unerlaubten Handeltreibens, sondern um ein einheitliches Umsatzgeschäft. Die Bemühungen um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung einer mangelfreien Ware sind auf die Abwicklung ein- und desselben Rauschgiftgeschäfts gerichtet (BGH, Beschlüsse vom 23. September 2009 – 2 StR 325/09, NStZ-RR 2010, 24; vom 30. Juni 2010 – 2 StR 588/09, NStZ-RR 2010, 353 und vom 22. Januar 2004 – 1 StR 538/03, NStZ 2005, 232; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 48). Die einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet die beiden Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zu einer Tat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 1993 – 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135 und vom 22. Oktober 1996 – 1 StR 548/96, NStZ 1997, 136). Die unterschiedlichen Begehungsformen der beiden tateinheitlichen Einfuhren, einmal als Anstiftung, einmal täterschaftlich, ist dabei im Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen, um den Unrechts- und Schuldgehalt der Gesamttat abzubilden (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2004 – 1 StR 538/03, NStZ 2005, 232 für versuchte und vollendete Einfuhr).
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- b) § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da die Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
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- 2. Die vom Landgericht im Fall II. 2. und 3. der Urteilsgründe jeweils verhängten Einzelstrafen von vier Jahren und sechs Monaten ersetzt der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO in Bezug auf das konkurrenzrechtlich einheitlich zu beurteilende unerlaubte Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine Einzelstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Nach dem Tatbild und der Schuld der Angeklagten kommt entsprechend den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Strafzumessungserwägungen eine geringere Strafe nicht in Betracht.
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- 3. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedurfte es nicht. Da sich der Unrechts - und Schuldgehalt des Gesamtgeschehens durch die neue Beurteilung der rechtlichen Verhältnisse zwischen den einzelnen Straftaten nicht geändert hat, schließt der Senat angesichts der insgesamt verhängten zehn Einzelstrafen (UA S. 89 f.) aus, dass das Tatgericht zu einer niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es die jetzt weggefallene Einzelstrafe nicht berücksichtigt hätte. Gegen die Angeklagte wurden neben der Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten bei drei weiteren Taten Einzelstrafen von jeweils fünf Jahren und bei sechs weiteren Taten Einzelstrafen von jeweils vier Jahren und sechs Monaten festgesetzt.
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- 4. Die Revision der Angeklagten hat in einem so geringen Umfang Erfolg , dass es nicht unbillig ist, sie mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Graf Jäger Bellay Radtke Bär
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, - 2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt, - 3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder - 4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.