Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2019 - 1 StR 355/19

bei uns veröffentlicht am23.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 355/19
vom
23. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:231019B1STR355.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 23. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 3. April 2019
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist; die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Bedrohung im Fall B. IV. der Urteilsgründe entfällt;
b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall B. IV. der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Bedrohung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Einziehung eines Messers als Tatmittel angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung im Fall B. IV. der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben.
4
Nach den Feststellungen stach der Angeklagte am 2. April 2018 mindestens viermal mit einem Messer auf den Oberkörper des Geschädigten ein und verletzte diesen unter anderem am Brustkorb und in der Flanke. Der Geschädigte stieß den Angeklagten von sich, lief weg und wurde von dem Angeklagten verfolgt, wobei dieser schrie, er werde den Geschädigten umbringen.
5
Trifft die Bedrohung wie im vorliegenden Fall, in dem das Landgericht hinsichtlich des gesamten Geschehens eine natürliche Handlungseinheit angenommen hat, zeitlich unmittelbar mit dem Versuch oder der Vollendung des angedrohten Verbrechens zusammen, tritt die Bedrohung hinter dem angedrohten Verbrechen zurück. Der versuchte Totschlag und die Bedrohung stehen nicht im Verhältnis der Tateinheit, vielmehr besteht Gesetzeskonkurrenz (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2019 – 1 StR 14/19 Rn. 4 und vom 9. Februar 2000 – 2 StR 639/99 Rn. 3 mwN).
6
2. Die für die Tat am 2. April 2018 (Fall B. IV. der Urteilsgründe) verhängte Einzelstrafe hat keinen Bestand. Die Strafzumessung erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat ausgeführt, dass, da der vertypte Strafmilderungsgrund nach § 23 Abs. 2 StGB bereits zur Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB geführt habe, das Vorliegen des Versuchs als solchem gemäß § 50 StGB nicht mehr bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt werden dürfe. Damit hat es verkannt, dass das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 50 StGB nur für die Strafrahmenbestimmung gilt. Für die konkrete Strafzumessung ist hingegen eine Gesamtbetrachtung aller Umstände geboten, darunter auch derjenigen, die eine Strafrahmenmilderung bewirkt haben; diese sind mit verringertem Gewicht in die Gesamtwürdigung einzustellen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 – 3 StR 452/13 und vom 9. Dezember 1992 – 2 St2 StR 535/92 Rn. 5 f.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 50 Rn. 6; SSW/Eschelbach, StGB, 4. Aufl., § 50 Rn. 17). Der Senat vermag mit Blick auf die weiteren Strafzumessungserwägungen, unter anderem den Umstand, dass das Landgericht zulasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er tateinheitlich auch eine Bedrohung begangen hat, und die Höhe der Strafe nicht auszuschließen, dass der Strafausspruch für diese Tat auf dem Rechtsfehler beruht.
7
3. Demzufolge ist auch die Gesamtstrafe aufzuheben, zumal auch bei deren Bemessung die rechtsfehlerhafte Erwägung, dass im Hinblick auf Fall B. IV. der Urteilsgründe die Umstände, die die Strafrahmenmilderung bewirkt haben, nicht nach § 50 StGB berücksichtigt werden dürfen, Erwähnung findet.
8
4. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt. Ergänzende Feststellungen können getroffen werden, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Raum Jäger Bellay Bär Hohoff

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 50 Zusammentreffen von Milderungsgründen


Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

4
Trifft die Bedrohung – wie im vorliegenden Fall – zeitlich unmittelbar mit dem Versuch oder der Vollendung des angedrohten Verbrechens zusammen, tritt die Bedrohung hinter dem angedrohten Verbrechen zurück. Der versuchte Totschlag und die Bedrohung stehen nicht im Verhältnis der Tateinheit, vielmehr besteht Gesetzeskonkurrenz (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar2000 – 2 StR 639/99, Rn. 3 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 639/99
vom
9. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354
Abs. 1 StPO am 9. Februar 2000 einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 15. September 1999 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte tateinheitlich mit dem versuchten Totschlag nicht der Bedrohung, sondern der gefährlichen Körperverletzung schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit Bedrohung (Fall N.), wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung (Fall M.) sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlußformel ersichtlichen Ä nderung des Schuldspruchs im Fall N.; im übrigen ist sie offensichtlich unbegründet. 1. Der Angeklagte stach nachts auf der Straße mit einem Messer mit mäßiger Wucht auf seine frühere Verlobte N. ein und rief dabei: ”Ich mach‘
Dich kalt!”. Er nahm billigend in Kauf, daß er Frau N. hätte töten können. Aufgrund einer kurzen Unachtsamkeit des Angeklagten konnte sich Frau N. nach dem Stich losreißen und fliehen. Sie erlitt am Hals eine bis zu zwei Zentimeter tiefe Schnittwunde in der Nähe der Halsschlagader. 2. a) Bei diesem Tathergang hat der Schuldspruch wegen Bedrohung (tateinheitlich begangen mit versuchtem Totschlag) keinen Bestand. Der versuchte Totschlag und die Bedrohung stehen nicht im Verhältnis der Tateinheit, vielmehr besteht Gesetzeskonkurrenz. Trifft die Bedrohung - wie im vorliegenden Fall - zeitlich unmittelbar mit dem Versuch oder der Vollendung des angedrohten Verbrechens zusammen, tritt die Bedrohung hinter dem angedrohten Verbrechen zurück (vgl. BGH GA 1977, 306; NStZ 1984, 454; bei Miebach NStZ 1994, 225; bei Holtz MDR 1979, 281; Schäfer in LK 10. Aufl. § 241 Rdn. 14; Eser in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 241 Rdn. 16 jeweils m.w.N.).
b) Der Angeklagte hat jedoch stattdessen tateinheitlich mit dem versuchten Totschlag eine gefährliche Körperverletzung (mittels eines gefährlichen Werkzeugs und einer das Leben gefährdenden Behandlung) begangen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB). Die mit dem versuchten Totschlag zusammentreffende Körperverletzung tritt nicht zurück, sondern steht dazu in Tateinheit (BGHSt 44, 196 unter Aufgabe von BGHSt 16, 122; 21, 265; 22, 248). Der Schuldspruch ist daher um den Vorwurf der tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung zu ergänzen. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei einem vorherigen Hinweis nicht erfolgreicher hätte verteidigen können. 3. Im Fall M. hat der Schuldspruch wegen Bedrohung (in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung) dagegen Bestand, weil der Ange-
klagte hier nicht mit der Begehung des angedrohten Verbrechens, sondern (lediglich ) eines Vergehens begonnen hat. 4. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, weil auszuschließen ist, daß das Landgericht auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine geringere Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. Jähnke Niemöller Bode Otten Rothfuß

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 5 2 / 1 3
vom
4. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. Februar 2014 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hildesheim vom 28. August 2013 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Zur Strafzumessung durch das Landgericht bemerkt der Senat ergänzend
:
Das Landgericht hat ausgeführt, soweit der vertypte Srafmilderungsgrund
nach § 21 StGB die Annahme eines minder schweren Falles hätte
rechtfertigen können, hätte er gemäß § 50 StGB bei der weiteren
Strafzumessung nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Damit hat es
verkannt, dass das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 50 StGB nur
ist hingegen eine Gesamtbetrachtung aller Umstände geboten, darunter
auch derjenigen, die eine Strafrahmenmilderung bewirkt haben; diese
sind mit ihrem verbleibenden Gewicht in die Gesamtwürdigung einzustellen
(st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 9. Dezember 1992
- 2 StR 535/92, BGHR StGB § 50 Strafhöhenbemessung 5). Mit Blick
auf die weiteren Strafzumessungserwägungen sowie die Höhe der
Strafen, auf die das Landgericht erkannt hat, ist jedoch auszuschließen,
dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol

Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden.