Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Sept. 2013 - 1 StR 206/13

bei uns veröffentlicht am03.09.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 206/13
vom
3. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. September 2013 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Regensburg vom 11. Dezember 2012 mit den Feststellungen
aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts Regensburg zurückverwiesen.

Gründe:

1
Die Strafkammer hat den Angeklagten wegen 20 tatmehrheitlicher Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung zweier Geldstrafen aus früheren Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
Die auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht mehr bedarf.

I.


3
1. Nach den Feststellungen der Strafkammer fuhr der Angeklagte, ohne im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis zu sein, bei jeweils zehn Gelegenheiten im Oktober und November 2010 mit dem PKW von Cham nach Tschechien und erwarb dort jeweils mindestens zehn Gramm Metamphetamin, die er nach Deutschland einführte. Das Metamphetamin war, wie der Angeklagte wusste, jeweils von zumindest durchschnittlicher Qualität im oberen Bereich mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 50 % Metamphetaminbase.
4
In einem Fall brachte der Angeklagte im November 2010 zusätzlich mindestens zehn Gramm Heroin nach Deutschland mit. Das Heroin war, womit der Angeklagte auch rechnete, von zumindest durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 % Heroinhydrochlorid.
5
2. Die Strafkammer stützt ihre Feststellungen zum Tatgeschehen maßgeblich auf die Angaben des Zeugen I. .
6
a) Der Zeuge I. ist im Verlauf des Verfahrens insgesamt dreimal vernommen worden.
7
In der ersten, polizeilichen Vernehmung hat er angegeben, der Angeklagte habe nach seinem Einzug in die auch von ihm – I. – bewohnte Wohnung in Cham im Zeitraum von November 2010 bis Februar 2011 alle zwei Tage Beschaffungsfahrten nach Tschechien unternommen. Pro Fahrt habe der Angeklagte jeweils – wie die Kammer aus den Angaben des seinerzeitigen Vernehmungsbeamten referiert – „20 bis 30 Gramm“ bzw. – wie es im späteren Urteilsverlauf heißt – „10 bis 20 Gramm“ Metamphetamin nach Deutschland verbracht. Die Gesamtmenge habe ca. ein Kilogramm betragen.
8
In der Hauptverhandlung hat der Zeuge I. den Beginn der Beschaffungsfahrten durch den Angeklagten bereits auf Oktober 2010 datiert. In den ersten zwei bis drei Wochen habe der Angeklagte täglich, danach alle zwei Tage Rauschgift aus Tschechien geholt. Die eingeführten Einzelmengen hätten jeweils zwei bis zehn Gramm Metamphetamin betragen, die Menge habe vari- iert. Er selbst habe das Rauschgift „in 85 % der Fälle“ gesehen. Insgesamt ha- be der Angeklagte ca. ein Kilogramm Metamphetamin eingeführt; allerdings umfasse diese Gesamtmenge auch Einfuhren nach dem 1. März 2011.
9
Im Verlauf der Hauptverhandlung erneut einvernommen, hat der Zeuge schließlich angegeben, er habe das eingeführte Rauschgift nur „manchmal“ gesehen. Er habe den Angeklagten dreimal beim Wiegen beobachtet; das Ergebnis sei nie im dreistelligen Bereich gewesen. Einmal habe er 23 Gramm von der Waage abgelesen. Der Angeklagte habe im Oktober 2010 „sicher 10 Fahrten“ und im November „sicher mindestens ebenso viele Fahrten wie im Oktober“ durchgeführt. Die monatlich eingeführte Menge hat der Zeuge mit einem „halben Päckchen Meersalz“ umschrieben und sie visualisiert, indem er mit den Händen eine gehäufte Menge geformt hat. Jedenfalls habe die Gesamtmenge ein Kilogramm betragen, jedoch resultiere diese Menge aus Beschaffungsfahrten bis Juli 2011.
10
b) Die Strafkammer hat die Angaben des Zeugen als überwiegend glaubhaft erachtet und hierzu im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:
11
Widersprüchliche Angaben des Zeugen in den einzelnen Vernehmungen , vor allem zur Häufigkeit der Fahrten und zur Menge des eingeführten Rauschgifts, seien nicht gravierend.
12
Die Begehung der festgestellten Taten – wegen der übrigen der ursprünglich angeklagten sechzig Taten zwischen November 2010 und Februar 2011 ist eine Verfahrensbeschränkung erfolgt und durch die Erhebung einer Nachtragsanklage sind zehn Taten im Monat Oktober 2010 zum Verfahrensgegenstand gemacht worden – sei dem Angeklagten ungeachtet seiner damaligen , durch die Angaben der Arbeitgeber und einen Dienstplan belegten Berufstätigkeit in Baiersbronn möglich gewesen.
13
Zur Mengenberechnung: Das von I. während der Hauptverhand- lung visualisierte Volumen eines „halben Päckchens Meersalz“ entspreche ei- ner monatlichen Einfuhrmenge von ca. 200 Gramm, bei einem Sicherheitsabschlag von 50 % ca. 100 Gramm. Auch die angegebene Gesamtmenge von einem Kilogramm, die sich nach seiner – während der Hauptverhandlung korrigierten – Aussage auf die Monate Oktober 2010 bis längstens Juli 2011 beziehe , spreche für eine monatliche Einfuhrmenge von 100 Gramm. Durch deren „möglichst gleichmäßige“ Verteilung auf zehn Fahrten je Monat ergäben sich Einzelmengen von jeweils zehn Gramm. Diese Verteilung stelle die für den An- geklagten „günstigste Variante“ dar.
14
Die von I. in der Hauptverhandlung zunächst angegebenen geringeren Einzelmengen von zwei bis zehn Gramm pro Fahrt schlössen höhere Mengen nicht aus, weil der Zeuge auch von „variierenden“ Mengen gesprochen habe. Auch sei es unwirtschaftlich und mit einem unverhältnismäßig hohen Ri- siko behaftet, zum Erwerb von „Kleinstmengen deutlich unterhalb von 10 Gramm“ nach Tschechien zu fahren. Gegen die Annahme besonders hoher oder besonders geringer Einfuhrmengen spreche auch, dass der Zeuge I. keinen dreistelligen Wert auf der Feinwaage beobachtet habe; für eine Mindestmenge von zehn Gramm spreche indes der einmalig abgelesene Einzel- wert von 23 Gramm. „Zu Gunsten des Angeklagten“ sei daher jeweils von zehn Gramm auszugehen.
15
Nicht tragfähig, weil sachverständig widerlegt, seien die Angaben des Zeugen zum Umfang des Eigenkonsums des Angeklagten. Mit dem planvollen Vorgehen des Angeklagten sei der von dem Zeugen geschilderte massive Konsum nicht vereinbar. Ebenfalls nicht glaubhaft seien die Angaben des Zeugen zu angeblichen Hintermännern des Angeklagten und dessen Weiterveräußerungsgeschäften.

II.


16
Die Beweiswürdigung weist durchgreifende Rechtsfehler auf.
17
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – 1 StR 400/11; vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148 mwN).
18
An diesen Grundsätzen gemessen, hält die Beweiswürdigung der Strafkammer sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Sie ist insgesamt lückenhaft (nachfolgend 1. a), hinsichtlich der Feststellungen zur Häufigkeit der Be- schaffungsfahrten (nachfolgend 1. b) und zu den Einfuhrmengen (nachfolgend 2.) lückenhaft und nicht nachvollziehbar.
19
1. Da die Beschuldigung des Angeklagten im Kern allein auf der Aussage des Zeugen I. aufbaute, bedurfte diese einer besonders sorgfältigen Prüfung, und mussten die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Strafkammer alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen konnten, erkannt und in ihre Überlegungen einbezogen hatte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 1997 – 4StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13; vom 22. April1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1). Glaubt das Gericht in Teilen der Aussage des Belastungszeugen, obwohl es ihr in anderen Teilen nicht folgt, bedarf dies regelmäßig einer besonderen Begründung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 – 3 StR 96/03, NStZ-RR 2003, 332; Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153). Daran gemessen, bleibt die Beweiswürdigung insgesamt lückenhaft.
20
a) Die Strafkammer hat zum einen nicht dargelegt, weshalb sie dem Zeugen hinsichtlich des von ihm bezeugten Kernvorwurfs Glauben geschenkt hat, obwohl andere Inhalte seiner Aussage – namentlich zum Eigenkonsum des Angeklagten – objektiv widerlegt waren, und sie die Angaben zu den Hintermännern des Angeklagten und deren Weiterveräußerungsgeschäften ebenfalls nicht glaubhaft fand.
21
b) Vor allem aber hat sie nicht in den Blick genommen, dass die Angaben des Zeugen I. zur Häufigkeit der Beschaffungsfahrten mit den übrigen Feststellungen nicht zu vereinbaren sind.
22
Der von der Strafkammer festgestellte Dienstplan des Angeklagten weist für Oktober 2010 zwölf und für November 2010 elf arbeitsfreie Tage aus. Unter ihrer Prämisse, Beschaffungsfahrten seien nur an dienstfreien Tagen möglich gewesen, sind die festgestellten Abwesenheitszeiten des Angeklagten weder mit der Behauptung des Zeugen I. , der Angeklagte habe beginnend bereits im Oktober 2010 über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen tägliche und anschließend jeden zweiten Tag Beschaffungsfahrten von Cham nach Tschechien durchgeführt, noch mit seiner Angabe, der Angeklagte habe beginnend im November 2010 alle zwei Tage Einfuhrfahrten unternommen, zu vereinbaren.
23
Danach hat der Zeuge I. den Angeklagten auf der Grundlage der Feststellungen überschießend belastet, bevor er in der zweiten Vernehmung in der Hauptverhandlung nur noch zehn Fahrten pro Monat behauptet hat. Mit diesem Umstand hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen müssen. Dieser Erörterungspflicht genügt sie durch die Wertung, die Angaben des Zeugen I. würden „allenfalls geringfügige Restunstimmigkeiten“ aufweisen, die nicht geeignet seien, die „Richtigkeit der übrigen Angaben in Frage zu stellen“, nicht. Dies lässt vielmehr besorgen, dass sie die Unvereinbarkeit der früheren belastenden Angaben des Zeugen I. mit den Feststellungen nicht in den Blick genommen und eine sich daraus möglicherweise ergebende Belastungstendenz nicht in Erwägung gezogen hat.
24
Auch im Übrigen bleiben die Widersprüche in den Angaben des Zeugen I. unerörtert. So soll der Angeklagte einerseits im Oktober über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen zunächst täglich, anschließend alle zwei Tage nach Tschechien gefahren sein, andererseits soll er im November bei einem allenfalls zweitägigen Fahrtrhythmus „sicher mindestens ebenso viele“ Fahrten wie im Oktober durchgeführt haben.
25
2. Schließlich weist auch die Beweiswürdigung zu den Einfuhrmengen durchgreifende Rechtsfehler auf.
26
a) Zunächst fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den Unterschieden in den Angaben des Zeugen zu Einfuhrmengen, dazu, in wieviel Fällen er die eingeführten Mengen gesehen hat und zum Zeitraum, indem die Gesamtmenge beschafft worden sein soll. Soweit die Strafkammer „quantitative Abweichungen“ damit erklärt, dass bei der zweiten Vernehmung in der Haupt- verhandlung vom Zeugen verlässlichere und detailliertere Angaben gefordert worden seien als bei den anderen Vernehmungen, genügt dies der Erörterungspflicht nicht. Denn inwieweit die Angabe, er habe die eingeführte Menge „manchmal“ gesehen, detaillierter sein soll als die Angabe, er habe die einge- führte Menge in 85 % der Fälle gesehen, erschließt sich nicht und wird von der Strafkammer auch nicht erhellt. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Mengenund Zeitraumangaben.
27
b) Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass die Strafkammer aus der Bekundung des Zeugen I. , er habe bei keinem der von ihm beobachteten Wiegevorgänge ein dreistelliges Ergebnis wahrgenommen, ableitet, der Angeklagte habe nicht nur keine besonders hohen, sondern auch keine besonders niedrigen Mengen eingeführt. Zwar hält es die Strafkammer für „durchaus denkbar, dass der Angeklagte theoretisch eine Fahrt mit einer Menge von 91 Gramm Crystal Speed […] und neun weitere monatliche Fahrten mit je lediglich einem Gramm Crystal Speed“ durchgeführt hat. Die Möglichkeit eines geringe- ren Gefälles zwischen den jeweiligen Einfuhrmengen erörtert sie jedoch nicht. Diese Möglichkeit lag aber (mit der Folge der Erörterungsbedürftigkeit, vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2009 – 2 StR 300/09, wistra 2010, 70 mwN) schon deshalb nahe, weil sich der Zeuge I. an mindestens ein Wiegeergebnis von 23 Gramm erinnerte, und weil die Strafkammer bei der Würdigung seiner Angaben selbst davon ausgegangen ist, dass die vom Angeklagten eingeführten Mengen variierten.
28
c) Schließlich lassen die Ausführungen zur Feststellung der jeweils eingeführten Mengen eine fehlerhafte Anwendung des Zweifelsgrundsatzes besorgen. Denn die Annahme, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der monatlichen Einfuhrmenge auf zehn Fahrten stelle die für den Angeklagten günstigste Variante dar, ist schon im Ansatz fehlerhaft.
29
Durch die Zugrundelegung gleichmäßiger Einzelmengen von zehn Gramm und einer – für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellten – Wirkstoffmenge von 50 % Metamphetaminbase erreichten alle Taten exakt den Grenzwert zur nicht geringen Menge (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember2008 – 2 StR 86/08, BGHSt 53, 89), wodurch sie als Verbrechen i. S. v. § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zu bewerten waren. Demgegenüber hätte die naheliegende Möglichkeit eines – wenn auch nur geringfügigen – Unterschreitens des Grenzwerts bezüglich mehrerer Einzeltaten eine für den Angeklagten wesentlich günstigere Verurteilung wegen Vergehen nach § 29 Abs. 1 BtMG nach sich gezogen.

III.


30
Die bezeichneten Mängel führen zur Aufhebung des Urteils insgesamt; auf die Strafzumessung kam es nicht mehr an. Insoweit sieht der Senat jedoch Anlass zu dem Hinweis, dass eine straferschwerende Würdigung besonderer krimineller Energie, die ihren Ausdruck darin findet, dass der Täter „das Risiko auf sich genommen hat, durch die Einfuhr der beschafften Betäubungsmittel in das Bundesgebiet sich eines erhöhten Risikos der Aufdeckung seiner Taten anlässlich des Grenzübertritts auszusetzen“, gegen das Doppelverwertungsverbot verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 3 StR 183/84). Wahl Graf Cirener Radtke Mosbacher

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 400/11
vom
21. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
21. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt , in der Verhandlung,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. März 2011 werden verworfen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft trägt die Staatskasse. Die Kosten des Rechtsmittels des Nebenklägers trägt dieser selbst. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger je zur Hälfte. Die dem Angeklagten durch die Revisionen entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:



1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung) in Tateinheit mit Beleidigung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass der Angeklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, den materiellen und immateriellen Schaden des Nebenklägers, der diesem aus der vorliegend abgeurteilten Tat erwachsen ist und noch erwächst, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen sind. Die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger beanstanden mit ihrem Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts, der Nebenkläger erhebt zudem eine Formalrüge. Beide erstreben letztlich die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Den Revisionen bleibt der Erfolg versagt.

I.


2
Seiner Entscheidung hat das Landgericht Folgendes zugrunde gelegt:
3
1. Zur Person des Angeklagten:
4
Der zur Tatzeit 24-jährige Angeklagte gehört der neonationalsozialistisch orientierten rechtsradikalen Szene an. Er bezeichnet sich selbst als Neonazi. Von 2004 bis 2008 war er aktives Mitglied der NPD. Dann schloss er sich dem „Freien Netzwerk Süd“ an.
5
Seit 2004 beobachtete die Polizei den Angeklagten, der „durchaus dem Führungsbereich zuzuordnen sei“, in mindestens 40 Fällen als Aktivisten der rechten Szene. Er wird von der Polizei als sehr gewaltbereit eingestuft.
6
Der Angeklagte ist begeisterter Kampfsportanhänger. Im Alter von 16 oder 17 Jahren hatte er mit dem Boxtraining begonnen. Besonders begeistert ihn das Kickboxen, das er seit 2007 in und außerhalb eines „Fight-Clubs“ be- treibt. Der Angeklagte trainiert nicht nur aus sportlichen Gründen. Als Zuhörer in der Hauptverhandlung in einem Strafverfahren gegen zwei andere Rechtsextremisten im Mai 2009 war er mit einem schwarzen Langarmshirt mit der weißen Aufschrift „Spezialist für Körperverletzungen“ bekleidet aufgefallen.
7
Wegen (gefährlicher) Körperverletzung ist der Angeklagte auch vorbestraft. Im Februar 2008 griffen er und ein Mittäter eine 18-jährige Teilnehmerin und einen 19-jährigen Teilnehmer einer Demonstration gegen eine Mahnwache der NPD zur Erinnerung an die Zerstörung Dresdens auf deren Rückweg zum Bahnhof unvermittelt mit Faustschlägen gegen den Kopf und mit Fußtritten an. Dies führte neben Prellungen zu Kopfschmerzen und Schwindel, die mehrere Tage anhielten, und bei der geschädigten Frau zudem zu einem dreiwöchigen Tinnitus an einem Ohr. Der Angeklagte wurde deshalb zu der Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung bis zum 19. März 2012 zur Bewährung ausgesetzt wurde.
8
2. Zum Tatgeschehen und dessen Folgen:
9
a) Der Angeklagte, seine Freundin L. und deren Arbeitskollegin bestiegen am 28. April 2010 am Hauptbahnhof in Nürnberg gegen 13.45 Uhr die U-Bahnlinie U2. L. trug eine Bauchtasche der Marke „Thor Steinar“, deren Kleidung von der rechtsextremen Szene getragen wird. Etwa 1 ½ Minuten danach stieg an der nächsten Haltestelle (Opernhaus) der 17-jährige B. zu, der spätere Verletzte. Er war seit ca. zwei Jahren in der „Antifa-Bewegung“ politisch aktiv. Sein Blick fiel auf die Bauchtasche der Freundin des Angeklagten. Er stellte sich breitbeinig vor L. auf, beugte sich mit dem Oberkörper nach vorne und warf dieser abfäl- lig die Worte „Thor Steinar“ entgegen. Dies hörte der Angeklagte und erkannte in B. einen politischen Gegner. Verärgert über dessen abfällige Bemerkung schlug der Angeklagte mit der Faust gegen dessen Kopf. Als sich B. daraufhin dem Angeklagten zuwandte, trat dieser ihm wuchtig mit dem gestreckten Bein gegen den Oberkörper, um ihn zu verletzen. B. stürzte zu Boden und riss den Angeklagten mit sich. Es kam etwa fünf Sekunden lang zu einem Gerangel mit wechselseitigen Schlägen. Dann wurden sie von einer zusteigenden Reinigungskraft der Verkehrsbetriebe getrennt. Der Angeklagte stand auf und trat beim Weggehen einmal wuchtig mit seinem Fuß, an dem er straßentaugliche Turnschuhe trug, von der Seite gegen das Gesicht des noch am Boden liegenden B. . Dieser erlitt dadurch eine blutende Verletzung an der Nase.
10
Der Angeklagte verließ die U-Bahn. Beim Aussteigen beschimpfte er B. , der ebenfalls aufgestanden und im Aussteigen begriffen war, noch mit dem Wort Fotze. Der Angeklagte fuhr die Rolltreppe nach oben. Dort traf er seine Begleiterinnen, die auf seine Aufforderung „Los raus hier“ ebenfalls den Zug verlassen hatten.
11
Wenige Sekunden nach dem Aussteigen erlitt B. einen Herzstillstand und brach auf dem Bahnsteig zusammen. Die Ursache dafür war entweder der Tritt des Angeklagten gegen den Oberkörper, bei dem der So- larplexus getroffen wurde, oder eine durch die Angriffe des Angeklagten hervorgerufene affektive Erregung.
12
Ein zufällig anwesender Krankenpfleger leitete sofort Wiederbelebungsversuche ein. Nach wenigen Minuten übernahmen dies über die Dauer von 45 Minuten der Notarzt und mit ihm eingetroffene Sanitäter. Der Notarzt defibrillierte währenddessen neunmal und setzte die maximale Dosis an herzanregenden Mitteln ein. Als die Sanitäter B. bereits aufgegeben hatten, führte der Notarzt die Herzdruckmassage noch zehn Minuten lang durch. Unmittelbar bevor auch er abbrechen wollte, begann das Herz von B. wieder zu schlagen. B. wurde bewusstlos in ein Krankenhaus eingeliefert und für fünf Tage in ein künstliches Koma versetzt. Er musste sich zweier Herzkatheteruntersuchungen unterziehen. Er erlitt zudem ein Kompartmentsyndrom im Bereich des rechten Unterschenkels. Deshalb musste er achtmal operiert werden. Die Strafkammer konnte nicht feststellen, ob das Kompartmentsyndrom unmittelbare Folge eines Angriffs des Angeklagten gegen das rechte Bein des Opfers oder die Folge eines Anstoßes bei der Pflege des Komapatienten war. B. leidet noch immer unter Schmerzen und an den psychischen Folgen der Tat. Er ist zu 40 % schwerbehindert.
13
Der Angeklagte hatte den Zusammenbruch seines Opfers nicht mehr gesehen. Als er von dem Fahndungsaufruf erfuhr, stellte er sich am 29. April 2011 (ein Tag nach dem Geschehen) der Polizei. Von den gravierenden Folgen seiner Tat war er sichtlich überrascht.
14
In der Hauptverhandlung entschuldigte sich der Angeklagte bei B. . Allerdings hatte er in den Tagen nach seiner Verhaftung noch versucht, seine Freundin und deren Arbeitskollegin dazu zu bewegen, bei der Polizei an- zugeben, B. habe sie angegriffen und beleidigt. Am 27. Juli 2010 schrieb er aus der Untersuchungshaft an einen Bekannten: „……. Frau futsch, Wohnung futsch, alles futsch. Warum? Weil ich getan habe, was Mann tun muss. Weil ich mich gerade gemacht habe …..“.
15
b) Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte mit Verletzungsvorsatz , aber nicht mit - auch nicht mit bedingtem - Tötungsvorsatz gehandelt hat.
16
Der Angeklagte hat es weit von sich gewiesen, dass er B. habe töten wollen. Er wisse zwar aufgrund seiner Kickboxerfahrung, dass bei einem Tritt gegen den Oberkörper immer was passieren könne, aber er habe nie damit gerechnet, dass sein Angriff tödliche Folgen haben könnte. Motiv seiner Tat sei gewesen, dass das spätere Opfer seine Freundin „dumm angeredet“ habe. Er habe sich über dessen politische Einstellung keine Gedanken gemacht; er habe nicht erkannt, dass B. links orientiert sei.
17
Letzteres ist nach den Feststellungen der Strafkammer widerlegt, zumal der Angeklagte sein Opfer unmittelbar nach der Tat als „Zecke“ bezeichnete. Die Strafkammer hat dazu ausgeführt: „Allein die Tatsache, dass der Angeklagte die politische Motivation seines Handelns bestreitet und er in der Vergangenheit bereit war, politischen Gegnern gewaltbereit entgegenzutreten, rechtfertigt es jedoch nicht, bei jeglichem körperlichem Angriff gegen einen Linken davon auszugehen, dass der Angeklagte einen möglichen Todeseintritt billigend in Kauf genommen hat. Hier müssen sämtliche tatrelevanten Gesichtspunkte in eine Gesamtwürdigung einbezogen werden.“
18
Die medizinisch-sachverständig beratene Strafkammer hat bei ihrer umfassenden Würdigung insbesondere auf folgende Punkte abgestellt: - Der Tritt gegen den Oberkörper, bei dem der Solarplexus getroffen wurde, war objektiv geeignet, den Tod von B. herbeizuführen. Allerdings tritt diese Folge bei einem einmaligen Tritt extrem selten ein.
- Ein wuchtiger Tritt mit dem beschuhten Fuß gegen den Kopf, stellt eine Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung dar. Der Angeklagte führte den Tritt jedoch seitlich gegen das Gesicht aus, sodass der Kopf des Opfers nach hinten bewegt wurde. Zu einer „Widerlagerverletzung“ konnte es so nicht kommen. Der Tritt hat deshalb auch außer einer Beschädigung der Nasenschleimhaut keine Verletzungen hervorgerufen. Als Ursache für den Herzstillstand scheidet er aus. - Bei der Auseinandersetzung handelte es sich um ein spontanes Geschehen. Es dauerte lediglich 14 Sekunden und wurde nicht von Drohungen des Angeklagten begleitet, die einen Rückschluss auf seine Motivation zugelassen hätten. - Der Angeklagte war von der Mitteilung der Folgen seiner Tat vollkommen überrascht und darüber erschrocken, wie nicht nur sein Umfeld, sondern auch der Polizeibeamte bestätigte, dem sich der Angeklagte stellte.
19
„Die Kammer ist daher überzeugt, dass der Angeklagte zwar um die be- sondere Gefährlichkeit eines Trittes gegen den Oberkörper und den Kopf wuss- te, den Tod des B. jedoch für völlig fernliegend erachtet und darauf vertraut hat, dass ein solcher auch nicht eintritt.“

II.


20
1. Die vom Nebenkläger erhobene Formalrüge - fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags als bedeutungslos aus tatsächlichen Gründen - ist, wie vom Generalbundesanwalt schon in seiner Antragsschrift vom 10. August 2011 zutreffend dargelegt, unbegründet.
21
2. Die sachlich-rechtliche Überprüfung aufgrund der von beiden Revisionsführern erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts gefährdet den Bestand des Urteils im Ergebnis nicht.
22
a) Ob das Landgericht den Tötungsvorsatz rechtsfehlerfrei verneint hat (dazu unten aa), kann letztlich dahinstehen, da der Angeklagte von einem Tötungsversuch jedenfalls freiwillig zurückgetreten ist (unten bb).
23
aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - 1 StR 501/11 mwN).
24
Die Strafkammer kam nach Würdigung der von ihr getroffenen Feststellungen zu dem Ergebnis, der Angeklagte habe B. verletzen, aber nicht - auch nicht bedingt vorsätzlich - töten wollen.
25
Das Willenselement des bedingten Vorsatzes ist bei Tötungsdelikten dann gegeben, wenn der Täter den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Todes billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen damit abfindet. Dabei genügt für eine vorsätzliche Tatbegehung, dass der Täter den konkreten Erfolgseintritt akzeptiert und er sich innerlich mit ihm abgefunden hat, mag er auch seinen Wünschen nicht entsprochen haben. Hatte der Täter dagegen begründeten Anlass darauf zu vertrauen und vertraute er darauf, es werde nicht zum Erfolgseintritt kommen, kann bedingter Vorsatz nicht angenommen werden (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - 4 StR 502/10 Rn. 34 mwN).
26
Bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, muss sowohl das Wissens- als auch das Willenselement im Rahmen einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Dabei liegt zwar die Annahme einer Billigung des Todes des Opfers nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz erkannter Lebensgefährlichkeit durchführt. Allein aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt oder die Gefährlichkeit des Verhaltens kann aber nicht ohne Berücksichtigung etwaiger sich aus der Tat und der Persönlichkeit des Täters ergebender Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das Willenselement des Vorsatzes gegeben ist (vgl. BGH aaO Rn. 35).
27
Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil zwar weitgehend gerecht. Die Strafkammer hat bei ihrer Gesamtbetrachtung insbesondere erwogen, dass dem Angeklagten - einem Kampfsportler (Kickboxer) - die Gefährlichkeit seiner Tritte gegen die Brust (Solarplexus) und gegen den Kopf des Geschädigten bewusst war. Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass allein aus der objektiven Gefährlichkeit nicht zwingend auf den - bedingten - Tötungsvorsatz geschlossen werden kann. Die Strafkammer gelangte dann - auch aufgrund des Nachtatverhaltens - zu der Überzeugung, dass der Angeklagte bei seiner Spontantat den Tod des B. für völlig fernliegend erachtet und darauf vertraut hat, dass ein solcher auch nicht eintritt.
28
Die Strafkammer hat allerdings bei der Bewertung der Tathandlungen im Hinblick auf das Willenselement eine etwas verkürzte Betrachtung angestellt. Sie bewertet die beiden Tritte insoweit jeweils für sich: „Auch der wuchtig geführte einmalige Tritt in das Gesicht des am Boden liegenden Opfers reicht für sich allein nicht aus von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen.“ Das Landgericht hebt dann im Weiteren vor allem darauf ab, dass dieser Tritt - ex post betrachtet - zu keinen gravierenden Verletzungen führte und nicht die Ursache für den späteren Zusammenbruch B. s war. Damitkommt der maßgebliche Umstand etwas kurz, dass der Angeklagte in einer Angriffsfolge zwei - vom ersten Faustschlag ganz abgesehen - höchstlebensgefährliche Angriffe gegen sein Opfer führte. Deshalb spricht auch die Tatsache, dass die Auseinandersetzung insgesamt nur 14 Sekunden dauerte, nicht gegen einen - bedingten - Tötungsvorsatz.
29
Die fehlende - jedenfalls fehlende ausdrückliche - Bewertung der rasch aufeinanderfolgenden Verletzungshandlungen im Zusammenhang könnte eine Lücke und damit einen Rechtsfehler in der Beweiswürdigung darstellen. Ob dieser durchgreifend wäre, ob also auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei deutlicher Gewichtung auch dieses Aspekts in der Beweiswürdigung zur Feststellung eines bedingten Tötungsvorsatzes gekommen wäre, kann jedoch dahinstehen.
30
bb) Denn hätte der Angeklagte bedingt vorsätzlich versucht, B. zu töten, so wäre er nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Strafkammer von diesem Tötungsversuch - freiwillig - strafbefreiend zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB).
31
Von einem unbeendeten Versuch kann der Täter durch bloßes Nichtweiterhandeln zurücktreten (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 228). Unbeendet ist der Versuch, wenn der Täter nach der letzten Ausführungshandlung nach seinem Kenntnisstand nicht mit dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs rechnet, und sei es auch nur in Verkennung der durch seine Handlung verursachten Gefährdung des Opfers, und die Vollendung aus seiner Sicht noch möglich ist (BGH aaO, 227).
32
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar wurden die am Boden liegenden Kämpfenden, der Angeklagte und B. , von einer Reinigungskraft der Verkehrsbetriebe zunächst getrennt. Nach dem Aufstehen war der Angeklagte jedoch in der Lage, seinen Angriff sofort fortzusetzen und er tat dies auch mit einem wuchtigen Tritt in das Gesicht seines noch am Boden liegenden Opfers. An weiteren Fußtritten - in schneller Folge - war er nicht gehindert. Er entfernte sich jedoch. Davon, dass er B. bereits in extreme Lebensgefahr gebracht und damit im Grunde schon alles getan hatte, um ihn zu töten, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nichts.
33
b) Die Strafzumessungserwägungen enthalten keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten.

34
Zwar darf der Vollzug der Untersuchungshaft an sich nicht mildernd berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11 Rn. 9). Die Strafkammer erwähnt dies aber allein in dem Zusammenhang, dass der Angeklagte „sich am Tag nach der Tat selbst bei der Polizei gestellt hat und sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft befindet“. Das Landgericht hält ihm somit nur zugute, dass er sich freiwillig der Strafverfolgung stellte, mit vorhersehbar für ihn sofort einschneidenden Folgen (Untersuchungshaft). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Wahl Rothfuß Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 300/09
vom
30. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. September 2009, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl und
Cierniak,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Februar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 150 € verurteilt und ausgesprochen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer 30 Tagessätze der verhängten Geldstrafe als vollstreckt gelten.
2
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich nach dem Inhalt der Revisionsbegründung ausschließlich gegen den Teilfreispruch wendet, rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.

I.

3
Dem Teilfreispruch liegt eine Anklage wegen Untreue zugrunde.
4
1. Dem Angeklagten war insoweit vorgeworfen worden:
5
J. Sch. war in der Zeit vom 03.08.1999 bis 12.10.2001 Geschäftsführer der Firma P. GmbH mit Sitz in D. (im Folgenden : P. D. ). Die in das Handelsregister beim Amtsgericht Neuwied unter HRB eingetragene Gesellschaft war am 19.11.1984 als 'D. S. GmbH' gegründet worden. Seit dem 03.08.1999 war Mehrheitsgesellschafterin des Unternehmens die Firma P. GmbH mit Sitz in St. (im Folgenden: P. St. ). Deren Gesellschafter war der gesondert verfolgte Kaufmann W.. Gegenstand des Unternehmens war der Handel und Vertrieb von Autozubehörprodukten, insbesondere der Handel mit Fanartikeln der Formel 1-Rennfahrer M. und R. Sc. . Am 07.10.2001 erwarb der Angeklagte über eine Vorratsgesellschaft, die C. Vermögensverwaltungs GmbH mit Sitz in Si. , deren Alleingesellschafter er war, sämtliche Geschäftsanteile der Firma P. D. im Nennwert von 500.000,-- DM zum Kaufpreis von 5,-- DM. Am 12.10.2001 beschloss er die Liquidation der Gesellschaft und bestellte sich selbst zum Liquidator , nachdem er den Angeschuldigten J. Sch. als Geschäftsführer abberufen hatte. Zwischen P. D. und der Muttergesellschaft in St. bestanden enge Geschäftsbeziehungen. P. St. war eine der Hauptlieferanten von P. D. . Die Verbindlichkeiten aus den Lieferungen bauten sich seit dem 01.04.2001 kontinuierlich auf und betrugen am 12.10.2001 rund drei Mio. DM. Da die Forderungen in der Krise kreditiert worden waren, hatten sie eigenkapitalersetzenden Charakter. Es bestand damit ein Rückzahlungsverbot. Darüber hinaus hatte die W bank die Stundung der Forderungen zur Bedingung für den Fortbestand der Geschäftsverbindung erklärt. Am 04.10.2001 fassten J. Sch. und der Angeklagte gemeinschaftlich mit dem gesondert verfolgten Kaufmann W. in Kenntnis des Rückzahlungsverbotes der kreditierten Kaufpreisforderungen und in dem Bewusstsein, die Liquidität der Firma P. D. zu gefährden , folgende Vereinbarung:
6
(1) Sämtliche Gesellschaftsanteile an P. D. werden an die C. Vermögensverwaltungs GmbH zu einem symbolischen Kaufpreis von 5,-- DM veräußert.
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(2) Die offenen, bislang gestundeten Forderungen von P. St. gegen P. D. werden durch Warenlieferungen ausgeglichen.
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(3) P. D. wird in 'A. M. F. Vertriebs GmbH' umbenannt.
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Der Gesellschafterwechsel wurde am 07.10.2001 notariell beurkundet. J. Sch. wurde am 12.10.2001 als Geschäftsführer abberufen, blieb indes Geschäftsführer der Firma P. St. . Die vereinbarte Warenlieferung erfolgte am 18.10.2001. Der Kaufpreis in Höhe von 2.328.350,29 DM (= 1.190.466,60 EUR) wurde absprachegemäß verrechnet. Die gelieferten Waren waren der W bank sicherungsübereignet. Eine Veräußerung durfte nur im Rahmen ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs erfolgen. Die Angeschuldigten waren sich bewusst, dass die Warenlieferung nur dazu diente, eine Aufrechnungslage zu schaffen, um wertlos gewordene Forderungen der Muttergesellschaft zu realisieren. Infolge der Verrechnungsabrede wurde der P. D. keine Liquidität zugeführt, sondern die letzten werthaltigen und kurzfristig verfügbaren Vermögenswerte entzogen. Nachdem die W bank Kenntnis von der Veräußerung der sicherungsübereigneten Ware erlangt hatte, kündigte sie am 24.10.2001 die Geschäftsverbindung, was unmittelbar zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führte.
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2. Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
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Am 05.10.2001 erwarb der Angeklagte, der ab Ende der 90er Jahre als Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer für W. tätig war, auf dessen Veranlassung alle Geschäftsanteile der P. D. über eine Vorratsgesellschaft, deren Anteile ihm gehörten. Der Nennwert der Geschäftsanteile betrug insgesamt 500.000 DM, der Kaufpreis 5 DM. Im Zeitpunkt des Erwerbs der Gesellschaft bestanden Verbindlichkeiten gegenüber der P. St. , die zuvor 70 % der Geschäftsanteile gehalten hatte. P. D. verfügte nicht über die nötigen liquiden Mittel, um die Forderungen der Muttergesellschaft zu erfüllen. Zudem hatte das St. Mutterunternehmen auf Verlangen der W bank die Forderungen gegen ihre Tochtergesellschaft gestundet. Dies hatte zur Folge, dass die Forderungen auf mehr als 2 Mio. DM angewachsen waren. Darüber hinaus bestand bereits im März 2001 eine Überschuldung der Gesellschaft in Höhe von rund 3.600.000 Euro. Nach Erwerb der Gesellschaft berief der Angeklagte den Geschäftsführer ab, beschloss die Liquidation und bestellte sich selbst zum Liquidator. Anschließend sprach er allen 98 Arbeitnehmern die Kündigung aus und stellte sie überwiegend mit sofortiger Wirkung von ihrer Arbeitsleistung frei. Wie von vornherein mit W. abgesprochen, veräußerte er sodann Ware zum Kaufpreis von 2.328.350,29 DM (= 1.190.466,60 Euro) an P. St. , deren Geschäftsanteile W. gehörten. Die Kaufpreisforderung wurde aufgrund einer Absprache W. mit dem Angeklagten, die beide vor der Veräußerung der Geschäftsanteile getroffen hatten, mit den offenen Gegenforderungen verrechnet. Auf diese Weise sollte die alte Gesellschafterin vollständig befriedigt werden. Da das Warenlager an die W bank e.G. sicherungsübereig- net war und nach deren allgemeinen Geschäftsbedingungen nur im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs hätte veräußert werden dürfen, kündigte die Bank die Geschäftsverbindung zur P. D. und stellte ihre Forderungen in Höhe von 6,6 Mio. DM fällig, nachdem W. es abgelehnt hatte, andere Sicherheiten zu stellen. Infolge der Kündigung der Geschäftskonten trat unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ein. In Kenntnis der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit beantragte der Angeklagte erst am 27.12.2001 bei dem zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Am 01.03.2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
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Nicht festgestellt werden konnte, "dass dem Angeklagten die Fehlerhaftigkeit der Bilanz und die Überschuldung der P. D. bekannt war" (UA S. 6). Das Landgericht hat den Angeklagten danach vom Vorwurf der Untreue gegenüber P. D. aus tatsächlichen - subjektiven - Gründen freigesprochen. Er habe die aus seiner Sicht begründete Erwartung gehabt, die Liquidation nach Begleichen aller Forderungen mit einem Überschuss abschließen zu können, und deshalb weder mit der Schädigung fremden Vermögens gerechnet noch eine solche billigend in Kauf genommen.

II.

13
Das angefochtene Urteil war auf die Sachrüge hin aufzuheben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
14
1. Den Urteilsgründen lässt sich rechtsfehlerhaft schon nicht hinreichend entnehmen, unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten das Landgericht den Tatbestand der Untreue geprüft hat. Dem Senat ist deshalb die Nachprüfung verwehrt, ob die Feststellungen im Einzelnen rechtsfehlerfrei getroffen wurden oder ob der Tatrichter an seine Überzeugungsbildung zu hohe Anforderungen gestellt hat. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Juli 2009 zutreffend ausgeführt hat, kommt die Begehung einer Untreue gegenüber der P. D. sowohl durch einen Angriff auf das Stammkapital als auch durch eine Existenzgefährdung, insbesondere eine Liquiditätsgefährdung in Betracht (vgl. hierzu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 31. Juli 2009 - 2 StR 95/09 - zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).
15
Die in BGHSt 49, 147, 160 f. aufgestellten Grundsätze gelten in der Liquidation fort. Weiter war auch bei entsprechenden Feststellungen zur Sicherungstreuhand eine Untreue gegenüber der W bank zu prüfen (vgl. u. a. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 14 und 27). Der Tatrichter hat sich hierzu in den Urteilsgründen nicht verhalten, da er dies ersichtlich für entbehrlich hielt, weil er meinte, einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten nicht feststellen zu können.
16
2. Die Beweiswürdigung bezüglich des Vorsatzes des Angeklagten hält jedoch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
17
Sie weist mehrere Rechtsfehler auf. Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie ist jedoch rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ-RR 2005, 147; 2004, 238 jeweils m.w.N.). Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzu- setzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswürdigung , die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (BGH NStZ 2002, 656, 657; NStZ-RR 2004, 238, 239). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11; Beweiswürdigung unzureichende 1; BGH NStZ 2002, 48; NStZ-RR 2004, 238, 239). Diesen Anforderungen genügt - worauf die Staatsanwaltschaft und der Generalbundesanwalt zutreffend hinweisen - das angefochtene Urteil nicht. Dies gilt bereits für die Feststellung des Landgerichts, dem Angeklagten sei die Überschuldung der Gesellschaft nicht bekannt gewesen. Die Strafkammer hat sich nicht näher damit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte sämtliche Geschäftsanteile der P. D. im Nennwert von insgesamt 500.000 DM zum Preis von nur 5 DM erworben hat, was nahe legt, dass er wusste, dass das Eigenkapital aufgebraucht und die Geschäftsanteile wertlos waren. Das Landgericht hat weiter nicht erörtert, weshalb gerade der Angeklagte bei Testieren der Bilanz zum 31.03.2001 nicht erkannt haben sollte und hat, dass das Stammkapital bereits zum 31.03.2000 verbraucht war und dass in Wirklichkeit eine Unterdeckung von ca. 3.600.000 € vorlag. Der P. D. fehlten liquide Mittel; Kaufpreisforderungen der P. St. gegen die P. D. mussten gestundet werden. Es war naheliegend, dass dem Angeklagten diese Umstände bekannt waren, da er als Wirtschaftsprüfer die Bilanz testiert hatte und wenig später die Geschäftsanteile für nur 5 DM gekauft und zugleich die Liquidation betrieben hat. Ob der Sachverständige F. -B. Anhaltspunkte für die Kenntnis des Angeklagten von der Überschuldung gefunden hat, ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist, dass die Überschuldung zu erkennen war und nach der Vorbildung und der Tätigkeit des Angeklagten sich diesem aufdrängen musste. Schon diese Einzelindizien hätten einer Würdigung durch den Tatrichter be- durft; die weiter gebotene Gesamtwürdigung wurde rechtsfehlerhaft unterlassen.
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Bei entsprechenden Feststellungen zur Kenntnis des Angeklagten von der Überschuldung wäre auch die Verneinung des voluntiven Elements des Vorsatzes nicht ausschließbar anders ausgefallen. In diesem Zusammenhang war in die Gesamtbetrachtung einzustellen, dass - vor dem Hintergrund des hohen Forderungsbestandes der Muttergesellschaft - näher zu prüfen war, ob der Kauf der Gesellschaft und die sofortige Lieferung des Warenbestandes unter Verrechnung der kreditierten Forderungen von vornherein darauf angelegt waren, Gläubigerschutzbestimmungen zu umgehen. Die Kammer hält es demgemäß durchaus grundsätzlich für möglich, dass der Angeklagte handelte, um W. bei der Rückführung seiner Forderungen zu helfen (UA S. 12). Dass das Landgericht eine solche Tat dem Angeklagten nicht zutraut, genügt ohne tragfähige Erwägungen hierzu nicht, seinen Vorsatz zu verneinen.
19
3. Bei entsprechenden Feststellungen käme auch ein Insolvenzdelikt in Betracht. Weiter wird auch eine veruntreuende Unterschlagung zum Nachteil der W bank zu prüfen sein. Fischer Rothfuß Roggenbuck Appl Cierniak

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.