Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2009 - 1 StR 144/09

bei uns veröffentlicht am21.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 144/09
vom
21. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 13. November 2008 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat: Ein Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG ist bereits auf die Sachrüge hin zu berücksichtigen. Denn in einem Verstoß gegen das Verwertungsverbot liegt - anders als bei Missachtung des in § 51 Abs. 1 BZRG ebenfalls enthaltenen Vorhalteverbots - ein sachlich-rechtlicher Mangel (BGHSt 25, 100, 101; BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 9; BGH, Beschl. vom 18. März 2009 - 1 StR 50/09). Den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO musste die Revisionsbegründung daher insoweit nicht genügen. Die Strafkammer hat jedoch die Verurteilung des Angeklagten vom 21. November 1973 zu einer Jugendstrafe von einem Jahr - unter Aussetzung von deren Vollzug zur Bewährung - zu Recht berücksichtigt, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 23. März 2009 zutreffend, auch unter Berücksichtigung der Erwiderung der Verteidigerin vom 8. April 2009, dargelegt hat. Die Beseitigung des Strafmakels gemäß §§ 97 ff. JGG beschränkt nicht das aus § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG folgende Tilgungsverbot. Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Bundeszentralregistergesetz - BZRG | § 51 Verwertungsverbot


(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. (

Bundeszentralregistergesetz - BZRG | § 47 Feststellung der Frist und Ablaufhemmung


(1) Für die Feststellung und Berechnung der Frist gelten die §§ 35, 36 entsprechend. (2) Die Tilgungsfrist läuft nicht ab, solange sich aus dem Register ergibt, daß die Vollstreckung einer Strafe oder eine der in § 61 des Strafgesetzbuchs aufgefü

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. März 2009 - 1 StR 50/09

bei uns veröffentlicht am 18.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 50/09 vom 18. März 2009 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. März 2009 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgeric
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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 05. Juni 2014 - 10 C 4/14

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer Einbürgerungszusicherung. 2

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 12. Okt. 2011 - 1 A 246/11

bei uns veröffentlicht am 12.10.2011

Tenor Unter Abänderung des Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14. Dezember 2010 - 2 K 495/09 - wird der Bescheid des Beklagten vom 29. April 2009 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu er

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 50/09
vom
18. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. März 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 14. August 2008 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. Februar 2009 bemerkt der Senat: 1. Zwar ist die Rüge, mit der die Revision einen Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG geltend macht, nicht schon - wie der Generalbundesanwalt meint - unzulässig. Denn in einem Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG liegt - anders als bei Missachtung des in § 51 Abs. 1 BZRG enthaltenen Vorhalteverbots - ein sachlich-rechtlicher Fehler, der auf die allgemeine Sachrüge hin zu berücksichtigen ist (vgl. BGHSt 25, 100; BGH StraFo 2006, 296).
2. Die Rüge ist aber unbegründet.
Entgegen a) der Auffassung des Generalbundesanwalts scheitert sie jedoch nicht daran, dass nach der Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 1972 - 2 StR 384/72 - (BGHSt 25, 25, 26 ff.) eine indizielle Verwertung einer getilgten oder tilgungsreifen Verurteilung und der dieser zugrunde liegenden Tat in einem anderen Strafverfahren für solche Fälle zulässig war, in denen Vortat und Verurteilung bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung wegen der neuen Tat als Beweisanzeichen Bedeutung haben konnten. Denn der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Rechtsprechung (vgl. BTDrucks. 7/4328 S. 12) in dem Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes vom 25. Mai 1976 (BGBl I, 1278) die Vorschrift des § 49 Abs. 2 BZRG aF (die wortgleich ist mit der geltenden Regelung des § 51 Abs. 2 BZRG) dahingehend konkretisiert, dass diese ausschließlich bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der früheren Tat oder der früheren Verurteilung entstandene Rechte Dritter unberührt lässt. Dies entspricht seither der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (dazu grundlegend BGHSt 27, 108 f.).

b) Ein Verstoß gegen das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG, wonach eine im Register getilgte oder tilgungsreife Verurteilung und die ihr zugrunde liegende Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden dürfen, liegt aber deshalb nicht vor, weil die vom Landgericht indiziell verwertete Körperverletzungshandlung vom 4. Februar 2002 zum Nachteil der Geschädigten K. nicht Bestandteil der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Rastatt , Az. 9 Cs , rechtskräftig seit 28. Juni 2002, abgeurteilten Tat im Sinne des § 264 StPO ist, die eine Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen L. zum Gegenstand hat.

aa) Bei der zum Nachteil des Zeugen L. begangenen Körperverletzung und derjenigen zum Nachteil der Geschädigten K. handelt es sich jeweils um eine eigene verfahrensrechtliche Tat. Nach den Feststellungen des Landgerichts kam die Geschädigte hinzu, als der Angeklagte auf den Zeugen L. einschlug. Nachdem sie den Angeklagten aufgefordert hatte, den Zeugen in Ruhe zu lassen, nahm der Angeklagte sie „zur Seite in ein Nebenzimmer“ und schlug dort mehrfach mit den Fäusten auf sie ein. Liegen wie hier zwei materiell -rechtlich selbständige Taten vor, handelt es sich regelmäßig auch um zwei Taten im prozessualen Sinne, es sei denn, die einzelnen Handlungen sind innerlich derart miteinander verknüpft, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände richtig gewürdigt werden kann, die zu der anderen Handlung geführt haben, und dass die getrennte Aburteilung einen einheitlichen Lebensvorgang unnatürlich aufspalten würde (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 44, 45 jeweils m.w.N.).
Eine solche Verknüpfung der strafbaren Handlungen ist hier, gemessen am Verhalten des Angeklagten, nicht gegeben. Die örtliche und zeitliche Nähe sowie der situative Zusammenhang der beiden Körperverletzungshandlungen genügen dafür nicht. Vielmehr hebt sich jede Körperverletzungshandlung gegenüber einer bestimmten Person, soweit nicht die Voraussetzungen des § 52 StGB gegeben sind, so sehr von jeder Körperverletzungshandlung zum Nachteil eines anderen Menschen ab, dass ein noch so enger äußerer, zeitlicher und psychologischer Zusammenhang verschiedene Körperverletzungshandlungen nicht zu einer Tat im prozessualen Sinne machen kann (vgl. zur Tatidentität bei Tötungshandlungen BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 45). Vorliegend lagen auch weder eine gleichartige Angriffsrichtung noch dasselbe Tatobjekt noch eine Überschneidung im äußeren Tatablauf oder eine deliktsimmanente Verbindung der Handlungen vor.
bb) Auch eine Zusammenfassung der gegenüber den Zeugen L. und K. geführten Schläge zu einer natürlichen Handlungseinheit (vgl. dazu Fischer, StGB 56. Aufl. Vor § 52 Rdn. 3 ff.) scheidet gegenständlich aus. Denn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen sind einer additiven Betrachtungsweise nur ausnahmsweise zugänglich. Greift ein Täter - wie hier - nacheinander einzelne Menschen an, besteht regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann nur dann gelten , wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs - wie etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden - willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 45 m.w.N.). Ein solcher Sonderfall ist vorliegend indes nicht gegeben. Bereits der in Bezug auf die Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten K. neu gefasste Tatentschluss steht der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit entgegen.

c) Der Senat kann offen lassen, ob das Urteil auf dem von der Revision gerügten Verstoß beruhen würde. Nack Wahl Kolz Jäger Sander

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Für die Feststellung und Berechnung der Frist gelten die §§ 35, 36 entsprechend.

(2) Die Tilgungsfrist läuft nicht ab, solange sich aus dem Register ergibt, daß die Vollstreckung einer Strafe oder eine der in § 61 des Strafgesetzbuchs aufgeführten Maßregeln der Besserung und Sicherung noch nicht erledigt oder die Strafe noch nicht erlassen ist. § 37 Abs. 1 gilt entsprechend.

(3) Sind im Register mehrere Verurteilungen eingetragen, so ist die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Die Eintragung einer Verurteilung, durch die eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis für immer angeordnet worden ist, hindert die Tilgung anderer Verurteilungen nur, wenn zugleich auf eine Strafe erkannt worden ist, für die allein die Tilgungsfrist nach § 46 noch nicht abgelaufen wäre.