Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Mai 2013 - 1 StR 137/13

bei uns veröffentlicht am02.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 137/13
vom
2. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Mai 2013 beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. Juli 2012 wird als unzulässig verworfen. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

1
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, das in seiner Gegenwart verkündet wurde (SA Bl. 628 II), am 19. Juli 2012 wegen Betruges in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen Computerbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Mit beim Landgericht Nürnberg-Fürth am 25. Januar 2013 eingegangenem Schreiben, legte er „Beschwerde zur Verfris- tung der zustehenden Rechtsmittel“ ein und beantragte „die Wiedereinsetzung einer Revisionsfrist zu meinem Urteil“. Er machte geltend, „eigenhändig“ bereits am 23. Juli 2012 Revision eingelegt zu haben. Es sei „klar“ geworden, dass seine Revisionspost nicht beachtet worden oder abhanden gekommen sei. Die Entscheidung des Landgerichts sei verfassungswidrig, weil er wegen Straftaten verurteilt worden sei, die er nachweislich nicht begangen habe.
2
1. Das Schreiben des Angeklagten ist als Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision auszulegen; dieser ist unzulässig (§§ 45, 46 StPO).
3
a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, denn der Angeklagte hat die Frist des § 341 Abs. 1 StPO zur Revisionseinlegung versäumt.
4
Wie sich auch aus dem Vermerk des Vorsitzenden der Strafkammer vom 6. Februar 2013 (SA Bl. 664 II) ergibt, ist eine Revisionsschrift nicht zu den Akten gelangt. Da auch der Angeklagte keine Angaben zum Inhalt seiner Revisionsschrift und zu den Umständen der Revisionseinlegung macht, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass eine Revisionsschrift vom 23. Juli 2012 beim Landgericht eingegangen ist. In einem solchen Fall kann nicht zugunsten des Angeklagten von einer Revisionseinlegung ausgegangen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1998 - 4 StR 634/97, BGHR StPO § 345 Frist 1; und vom 6. November 1998 - 3 StR 511/97, BGH NStZ 1999, 372).
5
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unzulässig. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 13. März 2013 zutreffend ausgeführt: „Gemäß § 45 Abs. 2 StPO muss der Antrag Angaben nicht nur über die versäumte Frist und den Hinderungsgrund, sondern auch über den genauen Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten (BGH NStZ 1987, 217 m.w.N.). Denn nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Vorliegend hat der Angeklagte indessen weder dargetan noch glaubhaft gemacht, zu welchem Zeitpunkt ihm bewußt wurde, dass seine ´Revisionspost´ nicht zur Kenntnis genommen wurde. Die Notwendigkeit eines substantiierten Vortrags erscheint im vorliegenden Fall auch umso greifbarer, als der Angeklagte zwischen der behaupteten Einlegung der Revision am 23. Juli 2012 und dem Wiedereinsetzungsantrag vom 19. Januar ein halbes Jahr verstreichen ließ.“
6
2. Auch die in dem Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten enthaltene Revision des Angeklagten ist als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO).
7
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist dem Wiedereinsetzungsantrag noch hinreichend deutlich der Wille des Angeklagten zu entnehmen , das gegen ihn ergangene Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 19. Juli 2012 wegen ihn beschwerender materiell-rechtlicher Fehler anzufechten. Daher hat der Senat nicht nur über den Wiedereinsetzungsantrag, sondern auch über die nun eingelegte Revision des Angeklagten zu entscheiden. Sie ist wegen Versäumung der Frist des § 341 Abs. 1 StPO zur Einlegung der Revision als unzulässig zu verwerfen. Hierzu bedarf es - anders als bei Entscheidungen nach § 349 Abs. 2 StPO - keines Verwerfungsantrags des Generalbundesanwalts.
Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 345 Revisionsbegründungsfrist


(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn d

Strafprozeßordnung - StPO | § 46 Zuständigkeit; Rechtsmittel


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre. (2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung. (3) Gegen die den Antrag verwerfende E

Strafprozeßordnung - StPO | § 341 Form und Frist


(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des A

Referenzen

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.