Bundesfinanzhof Beschluss, 31. Jan. 2014 - X S 57/13

bei uns veröffentlicht am31.01.2014

Tatbestand

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I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die deshalb erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 8. Oktober 2013 X B 105/12 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 25. November 2013 die vorliegende Anhörungsrüge erhoben. Zur Begründung trägt er vor, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in diesem Beschluss seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

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Der BFH sei fehlerhaft von einer Klagefristversäumung ausgegangen, obwohl im Zeitpunkt seiner Entscheidung aktenkundig gewesen sei, dass ihm, dem Kläger, die Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2011 nicht bekannt gewesen sei, was er im Fall einer Terminsverlegung durch das FG auch in der mündlichen Verhandlung hätte vortragen können.

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Der BFH übersehe, dass er im Zeitpunkt der Entscheidung des FG am 29. März 2012 nicht reisefähig und nicht verhandlungsfähig gewesen sei, weil er am 26. März 2012 plötzlich sehr schwer erkrankt sei. Das Schreiben des FG vom 28. März 2012, selbst wenn es zugegangen sei, hätte weder ihm noch seiner Mutter rechtzeitig vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gelangen können.

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Der BFH habe die Tatsache nicht berücksichtigt, dass bereits am 27. März 2012 seine Reiseunfähigkeit glaubhaft gemacht worden sei.

Entscheidungsgründe

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II. Die Anhörungsrüge ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.

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Bei einer Anhörungsrüge muss der Rügeführer schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (hier: Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren X B 105/12) nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. April 2010 VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467, m.w.N.). Zudem muss er vortragen, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsversagung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß vor dem Gericht gerügt hat und inwiefern durch sein Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts anders hätte ausfallen können (Senatsbeschluss vom 20. September 2012 X S 22/12, BFH/NV 2013, 216, m.w.N.).

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Daran fehlt es im Streitfall.

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1. Der Kläger verkennt, darauf weist der Senat zunächst ausdrücklich hin, dass das FG die Klage deshalb abgewiesen hat, weil die Klagefrist und nicht die Einspruchsfrist versäumt worden ist. Die mit Telefax vom 12. Februar 2012 eingelegte Klage sei verfristet gewesen, da die Klagefrist bereits am 23. August 2011 geendet habe. Gründe für die Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist lägen nicht vor. Sie scheitere zudem auch daran, dass die Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO mit dem Telefax vom 12. Februar 2012 nicht gewahrt worden sei.

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Diese rechtliche Begründung trägt die Entscheidung des FG. Alle weiteren Ausführungen im finanzgerichtlichen Urteil --sei es zur Rücknahme des Einspruchs in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2010 und zur fehlenden Beschwer, da der angegriffene Einkommensteuerbescheid auf 0 € laute, wie auch diejenigen zur tatsächlichen Verständigung in dieser (früheren) mündlichen Verhandlung, stellen nur Zusatzbegründungen dar.

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2. Mit seiner Anhörungsrüge wiederholt der Kläger im Kern seine Auffassung, das FG und ihm nachfolgend der Senat habe den Sachverhalt anders gewürdigt als er. Außerdem macht er erneut die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das FG geltend, soweit er sich gegen die nicht erfolgte Terminsverlegung wendet.

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Einwendungen gegen die rechtliche Beurteilung des erkennenden Senats in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2013 und des FG im angefochtenen Urteil --die der Senat wie unter II.1. dargestellt nicht für durchgreifend hält-- können im Verfahren über die Anhörungsrüge nicht berücksichtigt werden, weil es dabei nicht um die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geht (vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom 4. Mai 2011 X S 8/11, BFH/NV 2011, 1383). Die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die Richtigkeit der Entscheidung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu überprüfen.

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3. Die Gerichtskosten richten sich nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (GKG) i.d.F. des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 --BGBl I 2013, 2586-- (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Die Anhörungsrüge als selbständiges Verfahren der FGO ist eine Rechtsstreitigkeit i.S. des § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG (vgl. insoweit Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., § 71 GKG Rz 2), die im vorliegenden Fall nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1. August 2013 anhängig geworden ist. Es fällt eine Festgebühr von 60 € an.

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Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 31. Jan. 2014 - X S 57/13 zitiert 6 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 56


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 133a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 71 Übergangsvorschrift


(1) In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderu

Referenzen

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) In Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) In Strafsachen, in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, werden die Kosten nach dem bisherigen Recht erhoben, wenn die über die Kosten ergehende Entscheidung vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung rechtskräftig geworden ist.

(3) In Insolvenzverfahren, Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung und Verfahren der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gilt das bisherige Recht für Kosten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung fällig geworden sind.