Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2010 - X B 16/10

bei uns veröffentlicht am04.05.2010

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben bzw. wurden nicht schlüssig dargelegt.

2

1. a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verlangt eine substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, m.w.N.).

3

b) Der Vortrag der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Zwar formulieren sie die Rechtsfrage, ob eine mittelbare Schenkung im steuerlichen Sinne nur eine Schenkung unter Auflage i.S. von § 516 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) oder auch ein Auftragsverhältnis i.S. von § 662 ff. BGB mit einem anschließenden Verzicht auf den Herausgabeanspruch gemäß § 667 BGB sein kann, und tragen fallbezogen vor, im letztgenannten Fall könnte rechtstechnisch für die dauernde Last nur auf die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater vom 7. Januar 2002 abgestellt werden. Sie tragen jedoch nicht vor, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage streitig ist, sondern führen lediglich an, die Rechtsfrage werde in der Literatur diskutiert, und verweisen in diesem Zusammenhang ohne weitere Erläuterungen auf eine Dissertation mit dem Titel "Mittelbare Schenkung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht". Daneben lässt ihr Vortrag nicht erkennen, warum die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage --wie von ihnen behauptet-- im allgemeinen Interesse liegen soll.

4

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen. Die Kläger haben es versäumt, dem angegriffenen Urteil tragende und entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze zu entnehmen und diese solchen aus den Urteilen des Niedersächsischen Finanzgericht (FG) vom 10. Juni 2008  8 K 437/07 (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2009, 1052; Revision eingelegt X R 10/09) und vom 28. August 2008  3 K 219/06 (DStRE 2009, 1050; Revision eingelegt X R 13/09) gegenüberzustellen, um so die Abweichung zu verdeutlichen. Im Übrigen liegt die von den Klägern behauptete Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von den Entscheidungen in DStRE 2009, 1052 und in DStRE 2009, 1050 schon deshalb nicht vor, weil in den Verfahren unterschiedliche Sachverhalte zu beurteilen waren. In den den Verfahren in DStRE 2009, 1052 und in DStRE 2009, 1050 zugrunde liegenden Streitfällen haben die Beteiligten eindeutige Vermögensübergabeverträge geschlossen, die jedoch nicht wie vereinbart durchgeführt worden sind. Im Streitfall der Kläger kam das FG hingegen zu dem Ergebnis, die Anerkennung der zwischen dem Kläger und seinem Vater getroffenen Vereinbarung scheitere bereits an klaren und eindeutigen Regelungen zum Beginn des Rechtsverhältnisses und für das behauptete Auftragsverhältnis könnten keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen werden.

5

3. Zu Unrecht machen die Kläger auch geltend, das FG habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO, § 76 Abs. 2 FGO). Eine sog. Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste (BFH-Beschluss vom 2. April 2002 X B 56/01, BFH/NV 2002, 947). Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht indes nicht, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend zu erörtern oder sie ihnen im Voraus anzudeuten (BFH-Beschluss vom 25. Mai 2000 VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235). Danach liegt im Streitfall keine Überraschungsentscheidung vor; denn die im Streitfall maßgebliche Frage, ob die wiederkehrenden Leistungen des Klägers an seinen Vater auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen beruhen, war zentraler Diskussionspunkt im Einspruchs- und im finanzgerichtlichen Verfahren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat bereits in dem Einspruchsbescheid vom 12. September 2006 (Bl. 5 der FG-Akte) darauf hingewiesen, dass keine klaren und eindeutigen Vereinbarungen vorliegen. Auch das FG hat im Schreiben vom 22. Oktober 2007 Zweifel daran geäußert, ob die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater die strengen Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an Verträge zwischen nahen Angehörigen erfülle, die klar und eindeutig vereinbart sein müssten. Eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor, auch wenn berücksichtigt wird, dass der im finanzgerichtlichen Verfahren selbst als Prozessbevollmächtigter tätig gewordene Kläger im Schriftsatz vom 27. November 2007 um einen konkreten richterlichen Hinweis bat, da er der Auffassung war, die Meinung des Gerichts, die Vereinbarung mit dem Vater genüge nicht den Anforderungen an Verträge zwischen nahen Angehörigen, sei nicht voll nachvollziehbar. Das Gericht ist zwar im Rahmen des § 76 Abs. 2 FGO gehalten, durch Hinweise den Weg zu zeigen, wie das erstrebte Prozessziel am wirksamsten und einfachsten erreicht werden kann; es ist jedoch nicht Aufgabe des Gerichts, im gerichtlichen Verfahren fachkundig vertretenen Beteiligten Rechtsrat und Rechtsauskunft zu geben (BFH-Urteil vom 28. November 1991 XI R 13/90, BFH/NV 1992, 609).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2010 - X B 16/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2010 - X B 16/10

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 04. Mai 2010 - X B 16/10 zitiert 7 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.