Bundesfinanzhof Beschluss, 17. Mai 2013 - VIII B 162/12


Gericht
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist weder aus Gründen der Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist vornehmlich in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (BFH-Beschluss vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51), oder wenn gegen eine bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung gewichtige Argumente vorgetragen werden, die der BFH noch nicht erwogen hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N.). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist geboten, wenn das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt, oder wenn der BFH in einem Fall, dessen Sachverhalt mit demjenigen des Streitfalls vergleichbar ist, eine andere Entscheidung getroffen hat.
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a) Diese Voraussetzungen sind indes nicht gegeben. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) der Nachweis der Investitionsabsicht auch bei noch in Gründung befindlichen Betrieben nicht zwingend eine verbindliche Bestellung des anzuschaffenden Wirtschaftsguts noch im Wirtschaftsjahr der Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags erfordert. Geklärt ist auch, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über den Finanzierungszusammenhang der Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags auch dann nicht entgegenstehen, wenn der Steuerpflichtige ihn nicht bereits in der ursprünglichen Steuererklärung, sondern erst in einem Nachtrag zur Steuererklärung geltend macht (BFH-Urteil vom 20. Juni 2012 X R 42/11, BFHE 237, 377). Der BFH hat auch entschieden, dass das Wahlrecht gemäß § 7g EStG noch nach Einlegung des Einspruchs ausgeübt werden kann und dass in Fällen, in denen der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut anschafft, bevor er dafür mit seiner Steuererklärung oder mit einem nachfolgenden Einspruch einen Investitionsabzugsbetrag geltend macht, es nicht erforderlich ist, dass er im Zeitpunkt der Anschaffung die Absicht hatte, den Investitionsabzugsbetrag in Anspruch zu nehmen (Senatsurteil vom 17. Januar 2012 VIII R 48/10, BFHE 236, 341).
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b) Von diesen Grundsätzen ist das FG bei seiner Entscheidung nicht abgewichen. Das FG geht davon aus, dass § 7g EStG auch zu Gunsten noch in Gründung befindlicher Betriebe anwendbar ist. Im Einzelnen hat es seine klageabweisende Entscheidung aber vornehmlich darauf gestützt, die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hätten nicht dargelegt, den Investitionsabzugsbetrag für eine im Jahr 2007 zumindest bereits in Gründung befindliche Einzelkanzlei des Klägers geltend gemacht zu haben. Ende 2007 habe der Kläger noch keine konkreten Schritte zur Gründung einer Einzelkanzlei unternommen, zu jenem Zeitpunkt habe auch noch keine Einzelkanzlei des Klägers existiert. Dafür spreche auch, dass die Einkommensteuererklärung des Klägers 2007 keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit aus einer Einzelkanzlei ausweise. Vielmehr habe der Kläger sämtliche Einkünfte, die er im Streitjahr 2007 aus seiner Anwaltstätigkeit erzielt habe, im Rahmen der Feststellungserklärung für die Sozietät, deren Mitglied er damals gewesen sei, deklariert.
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Diese Würdigung des FG ist nicht zu beanstanden. Denn die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 87, m.w.N.). Solche Verstöße sind jedoch im Streitfall nicht erkennbar. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG aus den ihm vorliegenden Umständen abgeleitet hat, der Kläger hätte im Streitjahr 2007 noch keine konkreten Vorkehrungen für die Gründung einer eigenen Rechtsanwaltskanzlei getroffen. Denn die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen binden den BFH als Revisionsgericht schon dann, wenn sie nur möglich, d.h. vertretbar sind; sie müssen nicht zwingend sein (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488).

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(1)1Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbeträge).2Investitionsabzugsbeträge können nur in Anspruch genommen werden, wenn
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der Gewinn - 2.
der Steuerpflichtige die Summen der Abzugsbeträge und der nach den Absätzen 2 bis 4 hinzuzurechnenden oder rückgängig zu machenden Beträge nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen durch Datenfernübertragung übermittelt.2Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; § 150 Absatz 8 der Abgabenordnung gilt entsprechend.3In den Fällen des Satzes 2 müssen sich die Summen der Abzugsbeträge und der nach den Absätzen 2 bis 4 hinzuzurechnenden oder rückgängig zu machenden Beträge aus den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen ergeben.
(2)1Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts im Sinne von Absatz 1 Satz 1 können bis zu 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzugerechnet werden; die Hinzurechnung darf die Summe der nach Absatz 1 abgezogenen und noch nicht nach den Absätzen 2 bis 4 hinzugerechneten oder rückgängig gemachten Abzugsbeträge nicht übersteigen.2Bei nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung nach Absatz 1 in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträgen setzt die Hinzurechnung nach Satz 1 voraus, dass das begünstigte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist.3Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts können in dem in Satz 1 genannten Wirtschaftsjahr um bis zu 50 Prozent, höchstens jedoch um die Hinzurechnung nach Satz 1, gewinnmindernd herabgesetzt werden; die Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sowie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 2 und 2a verringern sich entsprechend.
(3)1Soweit in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach Absatz 2 Satz 1 hinzugerechnet wurden, sind die Abzüge nach Absatz 1 rückgängig zu machen; die vorzeitige Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen vor Ablauf der Investitionsfrist ist zulässig.2Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern.3Das gilt auch dann, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet.4§ 233a Absatz 2a der Abgabenordnung ist nicht anzuwenden.
(4)1Wird in den Fällen des Absatzes 2 ein begünstigtes Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung nach Absatz 2 rückgängig zu machen.2Wurden die Gewinne der maßgebenden Wirtschaftsjahre bereits Steuerfestsetzungen oder gesonderten Feststellungen zugrunde gelegt, sind die entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheide insoweit zu ändern.3Das gilt auch dann, wenn die Steuer- oder Feststellungsbescheide bestandskräftig geworden sind; die Festsetzungsfristen enden insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 erstmals nicht mehr vorliegen.4§ 233a Absatz 2a der Abgabenordnung ist nicht anzuwenden.
(5) Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können unter den Voraussetzungen des Absatzes 6 im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Absatz 1 oder Absatz 2 Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden.
(6) Die Sonderabschreibungen nach Absatz 5 können nur in Anspruch genommen werden, wenn
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der Betrieb im Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, die Gewinngrenze des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 nicht überschreitet, und - 2.
das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird; Absatz 4 gilt entsprechend.
(7)1Bei Personengesellschaften und Gemeinschaften sind die Absätze 1 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft oder die Gemeinschaft tritt.2Vom Gewinn der Gesamthand oder Gemeinschaft abgezogene Investitionsabzugsbeträge können ausschließlich bei Investitionen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft nach Absatz 2 Satz 1 gewinnerhöhend hinzugerechnet werden.3Entsprechendes gilt für vom Sonderbetriebsgewinn eines Mitunternehmers abgezogene Investitionsabzugsbeträge bei Investitionen dieses Mitunternehmers oder seines Rechtsnachfolgers in seinem Sonderbetriebsvermögen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.