Bundesfinanzhof Urteil, 24. Apr. 2012 - VII R 44/07

published on 24/04/2012 00:00
Bundesfinanzhof Urteil, 24. Apr. 2012 - VII R 44/07
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Gericht

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Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betreiben in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Milcherzeugung und verkaufen ihre Milch an eine Molkerei. Den Klägern stand im Milchwirtschaftsjahr (Zwölfmonatszeitraums) 2004/2005 zunächst eine Anlieferungsreferenzmenge (Milchquote) von 553.678 kg zur Verfügung; eine Referenzmenge von weiteren 50.000 kg hatten sie seit 2000 verpachtet. Dieser Pachtvertrag wurde im Februar 2005 aufgelöst. Das Amt für den ländlichen Raum des Landrats erteilte ihnen daraufhin eine Bescheinigung über die Rückgewähr der betreffenden Referenzmenge. In dem Bescheid ist in einem "Hinweis" ergänzend ausgeführt, dass sie diese Quote im laufenden Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 nur noch insoweit ausnutzen könnten, als der Pächter sie nicht bereits ausgeschöpft habe; dies werde die Molkerei berechnen.

2

Da der Pächter die Quote bereits voll ausgenutzt hatte, teilte die Molkerei den Klägern mit, ihre Quote betrage zum 1. März 2005  553.678 kg und ab 1. April 2005  603.678 kg.

3

Am 3. Juni 2005 erteilte die Molkerei den Klägern ferner eine Bescheinigung, ihnen stehe am 31. März 2005 für den Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 553.678 kg zu. Gegen diese zum Zwecke der Festsetzung einer Milchprämie nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 270/1) erteilte Bescheinigung haben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Diese führte zur Änderung der Bescheinigung dahin, dass den Klägern für die Zeit vom 1. April 2004 bis 28. Februar 2005 eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 553.678 kg und für den Zeitraum vom 1. März 2005 bis 31. März 2005 eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von 603.678 kg zur Verfügung steht.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt --HZA--) der geltend macht, bei der Berechnung einer Milchprämie sei eine während des vorherigen Zwölfmonatszeitraums übergegangene Milchquote nicht zu berücksichtigen. Der erkennende Senat hat hierzu mit Beschluss vom 31. März 2009 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein Ersuchen um Vorabentscheidung vorgelegt, das der EuGH mit dem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-230/09 und C-231/09 vom 5. Mai 2011 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2011, 185) wie folgt beantwortet hat:

5

"Der Begriff "prämienfähige einzelbetriebliche Referenzmenge, über die der Betrieb verfügt" in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe ..., der dem in Art. 5 Buchst. k der Verordnung Nr. 1788/2003 in der durch die Verordnung Nr. 2217/2004 geänderten Fassung definierten Begriff der "verfügbaren Referenzmenge" entspricht, ist so auszulegen, dass er dann, wenn einem Erzeuger während des maßgebenden Zwölfmonatszeitraums eine Referenzmenge übertragen worden ist, auf die vom Übertragenden während desselben Zeitraums bereits Milch geliefert worden war, auf Seiten des Empfängers nicht den Teil der übertragenen Referenzmenge umfasst, auf den vom Übertragenden bereits abgabenfrei Milch geliefert worden war."

6

Das HZA sieht sich durch diese Entscheidung in seinem Rechtsstandpunkt bestätigt und beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich der Antrag, die Revision des HZA zurückzuweisen; sie haben sich jedoch nach Ergehen der Entscheidung des EuGH zu dem Verfahren nicht mehr geäußert.

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Auch der Beigetretene hat zu der Vorabentscheidung keine Stellungnahme abgegeben.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

10

Nach der Vorabentscheidung des EuGH steht einem Milcherzeuger, der während eines laufenden Zwölfmonatszeitraums eine bereits belieferte Milchquote oder einen Teil einer solchen Milchquote erworben hat, keine Milchprämie zu, bei welcher diese Quote mit zu berücksichtigen wäre. Wegen der Einzelheiten dieser rechtlichen Würdigung, an die der erkennende Senat bei seiner Entscheidung gebunden ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Vorabentscheidung verwiesen.

11

Von vorgenanntem Grundsatz ist das HZA in seiner Einspruchsentscheidung ausgegangen. Da die in der angefochtenen Bescheinigung enthaltene Festsetzung mithin rechtmäßig ist, ist die Klage abzuweisen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Annotations

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.