Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Juli 2010 - VII B 276/09

26.07.2010

Tatbestand

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I. Bei einer Kontrolle des LKW des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) durch Beamte einer vom Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) eingesetzten Mobilen Kontrollgruppe wurde festgestellt, dass an der Beifahrerseite des Fahrzeugs zwei Kraftstoffbehälter mit je 400 Liter Fassungsvermögen und an der Fahrerseite ein Kraftstoffbehälter mit 200 Liter Fassungsvermögen eingebaut waren. Nach Auskunft des Herstellers war das Fahrzeug ab Werk mit zwei 400 Liter Kraftstoffbehältern ausgerüstet worden. Den dritten Tank hatte der Kläger durch einen Karosseriebauer anbringen lassen. Das HZA sah lediglich einen der 400 Liter fassenden Kraftstoffbehälter als Hauptbehälter i.S. des § 15 Abs. 4 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) an und erhob für den bei der Kontrolle festgestellten Inhalt der beiden anderen Tanks Energiesteuer in Höhe von 137,83 €. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

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Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA den Dieselkraftstoff in den Zusatztanks zu Recht nachversteuert habe. Hauptbehälter könne nur ein einziger vom Hersteller eingebauter Kraftstoffbehälter sein. Seien weitere Kraftstoffbehälter am Fahrzeug angebracht, seien diese nur als Nebenbehälter anzusehen. Der Inhalt dieser Tanks könne nicht steuerfrei gestellt werden.

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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Nach seiner Ansicht müsse das Handeln einer Drittfirma, die im Auftrag des Herstellers Einbauten vornehme, einem Einbau durch den Hersteller gleichgestellt werden. Im Streitfall sei entscheidend, dass es bei der Baureihe des streitgegenständlichen LKW keine vom Hersteller vorgesehene serienmäßige Tankausstattung gebe. Die durch den Streitfall aufgeworfene Rechtsfrage stelle sich in einer Vielzahl von Fällen, in denen im Ausland zugelassene LKW mit zusätzlich eingebauten Tanks nach Deutschland einführen. Mit seiner Entscheidung verkenne das FG den Ausnahmetatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 1 (richtig § 15 Abs. 4 Nr. 1) EnergieStG.

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Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es ist der Ansicht, dass der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Ferner muss die aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).

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2. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Ohne eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren wendet sie sich gegen die Rechtsauffassung des FG und beanstandet dessen Auslegung von § 15 Abs. 4 EnergieStG. Dabei setzt der Kläger seine Rechtsauffassung, dass auch durch Drittfirmen, wie z.B. Karosseriebauer, eingebaute Zusatztanks als Hauptbehälter anzusehen seien, an die Stelle der vom FG vertretenen Ansicht. Darüber hinaus setzt sich die Beschwerde nicht mit dem Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2008 VII B 21/08 (BFH/NV 2009, 219) auseinander. In diesem hat der beschließende Senat ausgeführt, dass die Frage, ob ein Kraftstoffbehälter als Hauptbehälter angesehen werden könne, in der Regel eine Frage des Einzelfalls sei, deren Beantwortung von den konkreten Umständen des jeweiligen Streitfalls abhinge. Dabei komme es entscheidend auf die Art, den Typ und die Nutzung des Fahrzeugs, auf den jeweiligen Hersteller, die Herstellungsvorgänge und die vom Hersteller für alle Fahrzeuge desselben Typs vorgesehene serienmäßige Ausstattung an. Eine generelle Aussage, die für alle zum Einbau vorgesehenen Fahrzeugtanks Geltung beanspruchen könne, lasse sich nicht treffen.

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3. Im Übrigen ist die vom Kläger beanstandete Auslegung bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum Begriff des Hauptbehälters in Art. 112 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 105/1) dahingehend geklärt worden, dass der eng auszulegende Befreiungstatbestand nicht auf Kraftstoffbehälter angewendet werden kann, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden sind (EuGH-Urteil vom 3. Dezember 1998 C-247/97, Slg. 1998, I-8095). Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich diese Rechtsauffassung auf das Energiesteuerrecht übertragen (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 219).

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Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Juli 2010 - VII B 276/09 zitiert 5 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 15 Lieferung zu gewerblichen Zwecken


Im Sinn dieses Abschnitts werden Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 zu gewerblichen Zwecken geliefert, wenn sie aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaat befördert und1.an eine Person geliefert werden,

Referenzen

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.