Bundesfinanzhof Beschluss, 20. Jan. 2015 - VII B 207/12

bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Tenor

Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits hat das Hauptzollamt zu tragen (§ 143 Abs. 1, § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geriet mit dem Fahrzeug seines Arbeitgebers in eine Kontrolle, bei der Beamte des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt --HZA--) feststellten, dass der LKW mit einem Zusatztank versehen worden war. Hinsichtlich des Inhalts dieses Zusatztanks erließ das HZA Steuerbescheide gegen den Kläger und dessen Arbeitgeber. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) urteilte das Finanzgericht (FG), der Zusatztank könne nicht als Hauptbehälter des Fahrzeugs angesehen werden, weshalb der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei.

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Daraufhin legte der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Mit Beschluss vom 18. März 2013  4 K 3691/12 VE (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2013, Beilage Nr. 10, 62) hat das FG Düsseldorf dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) vorgelegt. Aufgrund dieses Vorabentscheidungsersuchens hat der beschließende Senat das anhängige Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 10. Juli 2013 gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt. Mit Urteil vom 10. September 2014 C-152/13 (ZfZ 2014, 301) hat der EuGH entschieden, dass der Begriff "Hauptbehälter" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 erster Gedankenstrich EnergieStRL dahin auszulegen sei, dass er Behälter, die in Nutzfahrzeugen fest eingebaut und zu deren unmittelbarer Kraftstoffversorgung bestimmt sind, auch dann erfasst, wenn sie von einer anderen Person als dem Hersteller eingebaut wurden, sofern diese Behälter die unmittelbare Verwendung des Kraftstoffs sowohl für den Antrieb der Nutzfahrzeuge als auch gegebenenfalls während des Transports für den Betrieb der Kühlanlage oder sonstigen Anlagen ermöglichen. Mit Schreiben vom 14. November 2014 hat das HZA mitgeteilt, aufgrund des EuGH-Urteils sei dem Begehren des Klägers stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben worden. Zugleich hat das HZA die Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 hat der Kläger die Hauptsache ebenfalls für erledigt erklärt und beantragt, dem HZA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zudem hat er gebeten, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 143 Abs. 1 i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO). Da die Erklärungen der Beteiligten erst im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde abgegeben wurden, ist das angefochtene Urteil einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden (BFH-Beschluss vom 23. Februar 2012 V B 61/10, BFH/NV 2011, 832).

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2. Aufgrund der Erledigung des Rechtsstreits durch Aufhebung des angefochtenen Abgabenbescheids waren die Kosten des gesamten Verfahrens nach § 143 Abs. 1 i.V.m. § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO dem HZA aufzuerlegen.

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Ergänzend weist der beschließende Senat darauf hin, dass der BFH an die Entscheidung des EuGH in ZfZ 2014, 301 und an dessen Auslegung des in Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL verwendeten Begriffs "Hauptbehälter" gebunden ist, so dass dem Kläger in dem von ihm angestrebten Revisionsverfahren ein Anspruch auf Steuerbefreiung des im Zusatztank festgestellten Kraftstoffs aufgrund der unmittelbaren Anwendung des Art. 24 Abs. 1 EnergieStRL --der unbedingt und hinreichend genau ist (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 2008 C-226/07, Slg. 2008, I-5999)-- hätte gewährt werden müssen. Dieser Rechtslage hat das HZA durch Aufhebung des angefochtenen Bescheids entsprochen.

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3. Für die Entscheidung darüber, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren notwendig war (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist das FG selbst dann zuständig, wenn die übereinstimmenden Erklärungen zur Erledigung der Hauptsache erst vor dem BFH abgegeben werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 832). Der vom Kläger gestellte Antrag ist daher unzulässig (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO Rz 560).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 143


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. (2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheid

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 139


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 74


Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 138


(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. (2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch

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(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen.

(2) Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben oder dass im Fall der Untätigkeitsklage gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten der Behörde aufzuerlegen. § 137 gilt sinngemäß.

(3) Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.