Bundesfinanzhof Beschluss, 07. Mai 2013 - VII B 102/12

bei uns veröffentlicht am07.05.2013

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) hat den Antrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Entlastung nach § 60 des Energiesteuergesetzes abgelehnt, weil sich die Klägerin nicht in ausreichendem Maße um die Realisierung ihrer Forderungen bemüht habe. Insbesondere habe es die Klägerin nach der Mitteilung des mit der Vollstreckung beauftragten Gerichtsvollziehers, dass der Warenempfänger verzogen sei, unterlassen, durch Anforderung eines Handelsregisterauszugs dessen neue Adresse zu ermitteln. Über ein halbes Jahr sei sie untätig geblieben.

2

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Unter Hinweis auf § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) machte sich das Finanzgericht (FG) die Begründung des HZA zu eigen.

3

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 2. Alternative FGO). Hierzu macht sie geltend, das Urteil des FG weiche vom Urteil desselben FG vom 3. April 2009  4 K 217/08 ab. In einem gleichgelagerten Fall habe das FG die Auffassung vertreten, dass in Fällen, in denen der Firmensitz aufgegeben worden und die Adresse des Geschäftsführers unbekannt sei, von der Aussichtslosigkeit eines weiteren Bemühens um die Realisierung der ausgefallenen Forderung ausgegangen werden könne. Auch im Streitfall seien die Vollstreckungsversuche an der Aufgabe des Firmensitzes des Warenempfängers gescheitert. Somit habe dasselbe FG bei gleichgelagerten Fällen unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten, weshalb die Zulassung der Revision geboten sei.

4

Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. Macht der Beschwerdeführer geltend, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), so muss er in der Beschwerdebegründung darlegen, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen und welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten. Hierzu muss er tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80, und vom 5. Juli 2002 XI B 67/00, BFH/NV 2002, 1479).

7

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Zwar übernimmt die Beschwerde den Leitsatz des Urteils vom 3. April 2009  4 K 217/08, doch stellt sie diesem keinen davon abweichenden Rechtssatz gegenüber, den das FG in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich formuliert hat. Im Kern rügt die Klägerin eine abweichende rechtliche Beurteilung des im Streitfall vorliegenden Sachverhalts. Dies kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision wegen Divergenz führen. Im Übrigen ist die Behauptung der Klägerin, es würden gleichgelagerte Sachverhalte vorliegen, unzutreffend. Tatsächlich liegen den beiden Entscheidungen des FG unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Während dem Urteil vom 3. April 2009  4 K 217/08 der Umstand zugrunde lag, dass nach Mitteilung des Gerichtsvollziehers der Schuldner unter der bekannten Adresse nicht zu ermitteln gewesen ist, wurde die Klägerin im Streitfall auf eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft verwiesen, deren Adresse nach Auskunft des Gerichtsvollziehers mit einer vom Warenempfänger angegebenen neuen Adresse übereinstimmte. Trotz dieser Hinweise ist die Klägerin über ein halbes Jahr untätig geblieben und hat erst später die Anschrift des ehemaligen Geschäftsführers des Warenempfängers ermittelt.

8

2. Ergänzend weist der beschließende Senat darauf hin, dass entgegen der Auffassung des HZA eine Divergenz grundsätzlich auch bei einer Abweichung von der Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben FG vorliegen kann (BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2010 III B 199/09, BFH/NV 2011, 411; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 174, m.w.N.; entgegen dem anders lautenden Leitsatz offengelassen in der Senatsentscheidung vom 2. Dezember 2011 VII B 43/11, BFH/NV 2012, 743). Ob dies auch für den Fall gelten kann, dass ein Senat des FG von einer früheren Entscheidung desselben Senats abweicht, kann im Streitfall offenbleiben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 07. Mai 2013 - VII B 102/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 07. Mai 2013 - VII B 102/12

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 07. Mai 2013 - VII B 102/12 zitiert 6 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 105


(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrun

Energiesteuergesetz - EnergieStG | § 60 Steuerentlastung bei Zahlungsausfall


(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag dem Verkäufer von nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 versteuerten Energieerzeugnissen für die im Verkaufspreis enthaltene Steuer gewährt, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausfällt, wenn

Referenzen

(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag dem Verkäufer von nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 versteuerten Energieerzeugnissen für die im Verkaufspreis enthaltene Steuer gewährt, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausfällt, wenn

1.
der Steuerbetrag bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit 5.000 Euro übersteigt,
2.
keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Zahlungsunfähigkeit im Einvernehmen mit dem Verkäufer herbeigeführt worden ist,
3.
der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war,
4.
Verkäufer und Warenempfänger nicht wirtschaftlich miteinander verbunden sind; sie gelten auch als verbunden, wenn sie Teilhaber oder Gesellschafter desselben Unternehmens oder Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung sind oder wenn Verkäufer oder Warenempfänger der Leitung des Geschäftsbetriebs des jeweils anderen angehören.

(2) Die Steuerentlastung hängt davon ab, dass sie bis zum Ablauf des Jahres, das dem Jahr folgt, in dem die Zahlungsunfähigkeit des Warenempfängers eingetreten ist, schriftlich beantragt wird. Dem Antrag sind beizufügen:

1.
Unterlagen über die Beschaffenheit, Herkunft und Versteuerung des Mineralöls,
2.
Nachweise über den Verkauf an den Warenempfänger,
3.
Nachweise über die eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Warenempfängers.

(3) Die Steuerentlastung erfolgt unter der auflösenden Bedingung einer nachträglichen Leistung des Warenempfängers. Der Verkäufer hat dem Hauptzollamt nachträgliche Leistungen des Warenempfängers unverzüglich anzuzeigen. Führt die Leistung nicht zum Erlöschen der Forderung des Verkäufers, vermindert sich die Erstattung oder Vergütung um den Teil der Teilleistung, der dem Steueranteil an der ausgefallenen Forderung entspricht. Das Hauptzollamt kann anordnen, dass der Verkäufer seine Forderung gegen den Warenempfänger in Höhe des ausgefallenen Steuerbetrages an die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) abtritt.

(1) Das Urteil ergeht im Namen des Volkes. Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefasst war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.