Bundesfinanzhof Urteil, 10. März 2016 - VI R 70/14
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 2014 9 K 2257/13 E aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten im Streitjahr (2011) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit ihren beiden Kindern bewohnten sie ein Zweifamilienhaus in A. In der Steuererklärung für das Streitjahr machten sie Zivilprozesskosten in Höhe von 7.485 € als außergewöhnliche Belastung geltend.
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Die Aufwendungen entstanden durch eine Erbstreitigkeit. Die Klägerin und ihre Eltern erwarben im Jahr 1995 zum Kaufpreis von 600.000 DM je zur Hälfte das Zweifamilienhaus in A. Den auf sie entfallenden Kaufpreisanteil finanzierte die Klägerin in Höhe von 200.000 DM. 100.000 DM wurden ihr von den Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zur Verfügung gestellt. Durch Testament setzten sich die Eltern der Klägerin wechselseitig als Erben ein. Der Längstlebende sollte von der Klägerin und ihrem Bruder als Schlusserben beerbt werden, mit der Maßgabe, dass die Klägerin den bereits erhaltenen Betrag von 100.000 DM auszugleichen habe. Der Vater der Klägerin verstarb kurz danach. Die Mutter übertrug der Klägerin im Jahr 2000 ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Zweifamilienhaus. Als Gegenleistung erhielt die Mutter ein lebenslanges Wohnrecht an den Räumen im Erdgeschoss. Außerdem verpflichtete sich die Klägerin, die Mutter bis an ihr Lebensende zu betreuen und zu pflegen. Kurz danach verstarb der Bruder der Klägerin. Dessen Ehefrau schlug ihr Erbe aus, so dass er von seinem Adoptivsohn C beerbt wurde. Als im Jahr 2004 die Mutter der Klägerin verstarb, wurde sie je zur Hälfte von der Klägerin und von C beerbt. Dieser war der Auffassung, die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils im Jahr 2000 stelle eine seinen Erbteil beeinträchtigende Schenkung dar und sei rückabzuwickeln. Als die Klägerin sich weigerte, verklagte er sie und beantragte, der Übertragung des im Jahr 2000 erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils an dem Haus in A auf die Erbengemeinschaft zuzustimmen und insoweit die Eintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch zu bewilligen. Außerdem beantragte er festzustellen, dass die Klägerin die im Jahr 1995 erhaltene Geldzuwendung von 100.000 DM auszugleichen habe. Das Landgericht D verurteilte die Klägerin, an C 25.998 € nebst Zinsen zu zahlen. Es stellte außerdem fest, dass sich die Klägerin bei der Teilung des Nachlasses ihrer Mutter 51.129 € auf ihren Erbteil anrechnen lassen müsse. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin wies das Oberlandesgericht D die Klage ab und verurteilte C zur Tragung aller Kosten.
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Für die erste Instanz entstanden der Klägerin Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 5.261 €. Durch die Einlegung der Berufung fielen Gerichtskosten in Höhe von 2.224 € an, die in Höhe von 100 € aber erst im Jahr 2012 entrichtet wurden.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage aus den in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2015, 1495 veröffentlichten Gründen statt.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 21. Oktober 2014 9 K 2257/13 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die von der Klägerin aufgewandten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).
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a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553).
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b) Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.
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c) Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen. Die geänderte Rechtsauffassung des Senats ist auch im Streitfall anwendbar.
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2. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.
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a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand.
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b) Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden. Die von der Klägerin getragenen Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen. Denn der im Zusammenhang mit der Erbstreitigkeit und damit zusammenhängenden Ausgleichszahlungen geführte Zivilprozess berührte keinen existenziell wichtigen Bereich und auch nicht den Kernbereich menschlichen Lebens i.S. der oben genannten Rechtsprechung.
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Im Streitfall ging es insbesondere darum, die Schmälerung der im Rahmen der Vermögensnachfolge erlangten Vermögensposition der Klägerin durch (vermeintliche) Rückübertragungsansprüche oder Ausgleichszahlungen zu verhindern. Die von C mit der zivilgerichtlichen Klage begehrte Zustimmung zur (Rück-)Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Zweifamilienhaus an die Erbengemeinschaft und der Ausgleich der Geldzuwendung von 100.000 DM berührten weder einen existenziell wichtigen Bereich noch den Kernbereich menschlichen Lebens. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Zweifamilienhaus oder die Stellung als Alleineigentümer an einem Zweifamilienhaus stellt kein existenzielles Bedürfnis dar. Dies gilt auch dann, wenn eine Wohnung in dem Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Bei den Aufwendungen zum Erwerb oder zur Erhaltung des Alleineigentums an einem Zweifamilienhaus handelt es sich nicht um zwangsläufige notwendige Aufwendungen für den Lebensunterhalt. Nichts anderes gilt für Prozesskosten zur Abwehr von entsprechenden Ansprüchen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Tenor
Unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheids für 2011 vom 30.11.2012 wird die Einkommensteuerfestsetzung 2011 dahingehend geändert, dass – gekürzt um die zumutbare Eigenbelastung – außergewöhnliche Belastungen von 7.385 € anerkannt werden.
Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird der Finanzbehörde übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist die Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung.
3Die klagenden Eheleute erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihr zu versteuerndes Einkommen betrug 53.010 €. Mit ihren beiden in den Jahren 2000 und 2002 geborenen Kindern bewohnten sie das Haus … in A-Stadt. In der Steuererklärung für das Streitjahr machten sie Zivilprozesskosten in Höhe von 7.485 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Kläger sind nicht rechtschutzversichert.
4Die Aufwendungen entstanden durch eine Erbstreitigkeit. Die Klägerin und ihre Eltern erwarben im Jahr 1995 zum Kaufpreis von 600.000 DM je zur Hälfte das Zweifamilienhaus … in A-Stadt. Den auf sie entfallenden Kaufpreisanteil finanzierte die Klägerin in Höhe von 200.000 DM. 100.000 DM wurden ihr von den Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zur Verfügung gestellt. Durch Testament setzten sich die Eltern der Klägerin wechselseitig als Erben ein. Der Längstlebende sollte von der Klägerin und ihrem Bruder (B) als Schlusserben beerbt werden, mit der Maßgabe, dass die Klägerin den bereits erhaltenen Betrag von 100.000 DM auszugleichen habe. Der Vater der Klägerin verstarb kurz danach. Die Mutter übertrug der Klägerin im Jahr 2000 ihren ½ Miteigentumsanteil. Als Gegenleistung erhielt die Mutter ein lebenslanges Wohnrecht an den Räumen im Erdgeschoss. Außerdem verpflichtete sich die Klägerin, die Mutter bis an ihr Lebensende zu betreuen und zu pflegen. Kurz danach verstarb der Bruder der Klägerin. Dessen Ehefrau schlug ihr Erbe aus, so dass er von seinem Adoptivsohn C (C) beerbt wurde. Als im Jahr 2004 die Mutter der Klägerin verstarb, wurde sie je zur Hälfte von der Klägerin und C beerbt. Dieser war der Auffassung, die Übertragung des ½ Miteigentumsanteils im Jahr 2000 stelle eine seinen Erbteil beeinträchtigende Schenkung dar und sei rückabzuwickeln. Als die Klägerin sich weigerte, verklagte er sie und beantragte, der Übertragung des im Jahr 2000 erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils an dem Haus … auf die Erbengemeinschaft zuzustimmen und insoweit die Eintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch zu bewilligen. Außerdem beantragte er, festzustellen, dass die Klägerin gemäß § 2050 BGB die im Jahr 1995 erhaltene Geldzuwendung von 100.000 DM auszugleichen habe. Wegen der Hilfsanträge wird auf Blatt 35 der Finanzgerichtsakte verwiesen. Das Landgericht D verurteilte die Klägerin mit Urteil vom ….2011 (Aktenzeichen: …), an C 25.998 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins ab dem 07.07.2007 zu zahlen. Das Gericht stellte außerdem fest, dass sich die Klägerin bei der Teilung des Nachlasses ihrer Mutter 51.129 € auf ihren Erbteil anrechnen lassen muss. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin wies das Oberlandesgericht D die Klage mit Urteil vom ….2012 insgesamt ab und verurteilte C zur Tragung aller Kosten (Aktenzeichen: …). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Blatt 30-55 der Finanzgerichtsakte verwiesen.
5Für die erste Instanz entstanden der Klägerin Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 5.261 €. Durch die Einlegung der Berufung fielen Gerichtskosten in Höhe von 2.224 € an, die in Höhe von 100 € aber erst im Jahr 2012 entrichtet wurden.
6In dem Einkommensteuerbescheid vom 30.11.2012 lehnte das beklagte Finanzamt (FA) die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung ab.
7Die Kläger legten am 12.12.2012 Einspruch ein und trugen vor, es sei ihnen bekannt, dass der Fiskus das Urteil des BFH zu Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung vom 12.06.2011 VI R 42/10 (Fundstelle: BStBl II, 2011, 1015) über den Einzelfall hinaus nicht anwende. Aber die Aufwendungen für familienrechtliche Prozesse, die eine Bedrohung für die Existenz darstellten, seien auch schon vor dieser Rechtsprechungsänderung abzugsfähig gewesen. Der Prozess sei für sie existenzbedrohend gewesen. Sie hätten eine Zwangsversteigerung des Hauses befürchtet. Insgesamt seien ihnen Prozesskosten in Höhe von 25.000 € entstanden. Da C sich wegen Schulden im Ausland aufhalte, seien sie mit den Kosten belastet.
8Mit Schreiben vom 18.03.2013 teilte das FA den Klägern mit, das Einspruchsverfahren ruhe gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO auf Grund des beim BFH anhängigen Verfahrens IX R 5/12.
9Der 9. Senat des BFH entschied in diesem Verfahren mit Urteil vom 16.04.2013 IX R 5/12 (BStBl II, 2013, 806), dass die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstandenen Kosten seiner Strafverteidigung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar seien. Es fehle schon an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen.
10Mit Schreiben vom 12.06.2013 forderten die Kläger deshalb das FA auf, nun über den Einspruch zu entscheiden.
11Am 28.06.2013 haben sie die vorliegende Klage erhoben.
12Sie meinen, das FA sei verpflichtet, über den Einspruch zu entscheiden.
13Sie verweisen auf das Urteil des BFH vom 12.06.2011 VI R 42/10 (BStBl II, 1015) und tragen vor, der Prozess gegen C sei nicht mutwillig geführt worden. Der Erfolg sei ebenso wahrscheinlich gewesen wie der Misserfolg. Das Landgericht habe den Streitwert auf 107.371 € festgesetzt. Die Kosten seien zur Rechtsverteidigung notwendig gewesen und nicht unangemessen hoch. Die Kläger legen Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass sie versucht haben, gegen C zu vollstrecken (Blatt 77-93 der Gerichtsakte).
14Die Kläger beantragen,
15den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 30.11.2012
16dahin zu ändern, dass – gekürzt um die zumutbare Eigen-
17belastung – außergewöhnliche Belastungen von 7.385 €
18anerkannt werden.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Das FA vertrat zunächst die Auffassung, das Einspruchsverfahren ruhe gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO auf Grund des beim BFH anhängigen Verfahrens IX R 5/12.
22Später meinte das FA, es komme zu einem Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO, da beim BFH zu der Anerkennung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung nun die Verfahren VI R 65/12, 66/12, 69/12, 70/12, 74/12, 5/13, 14/13 und X R 34/12 anhängig seien. Die Kläger würden sich auf diese Verfahren zwar nicht berufen. Die Vorschrift sei jedoch großzügig auszulegen.
23Nachdem die Berichterstatterin das FA sowohl schriftlich (Blatt 28 und 66-68 der Gerichtsakte) als auch in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Kläger sich nur auf das vom Fiskus mit einem sog. Nichtanwendungserlass (siehe BStBl I 2011, 1286) belegte Urteil des BFH vom 12.06.2011 VI R 42/10 (BStBl II, 2011, 1015) berufen und darüber hinaus gemäß § 363 Abs. 2 Satz 4 AO die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens beantragt haben, vertritt nun auch das FA nicht mehr die Auffassung, dass das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhe.
24Das FA verweist auf den weiterhin bestehenden Nichtanwendungserlass und meint - unter Berufung auf Hinweis 33.1-33.4 der Einkommensteuerrichtlinien sowie auf die Rechtsprechung des 3. Senats des BFH (vgl. Urteil vom 20.04.2006 III R 23/05, BStBl II 2007, 41, m.w.N.) - , eine Anerkennung als außergewöhnliche Belastung komme bei Prozesskosten nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nur für die unvermeidbaren Kosten des Scheidungsverfahrens, bei den Kosten für Streitigkeiten über das Umgangsrecht mit dem eigenen Kind und für die Kosten eines Vaterschaftsfeststellungsprozesses sei dies bisher bejaht worden. Im Streitfall sei es in den Prozessen nur um eine nicht existenzbedrohende Erbauseinandersetzungsstreitigkeit gegangen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist zulässig und begründet.
27I.
28Die Klage ist gemäß §§ 44, 46 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zulässig, da das FA ohne zureichenden Grund bis heute nicht über den im Dezember 2012 eingelegten Einspruch entschieden hat.
29Als zureichender Grund dafür, ein Rechtsbehelfsverfahren nicht abzuschließen, wird das Ruhen des Verfahrens angesehen (Gräber/von Groll, FGO, 7. Auflage 2010, § 46 Rz 21).
30Da die Kläger einem Ruhen nicht zugestimmt haben (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO), sich nicht auf die beim BFH anhängigen Verfahren VI R 65/12, 66/12, 69/12, 70/12, 74/12, 5/13, 14/13 und X R 34/12 berufen ( § 363 Abs. 2 Satz 2 AO) und auch unstreitig keine Allgemeinverfügung existiert, auf Grund der das Einspruchsverfahren ruhte (§ 363 Abs. 2 Satz 3 AO), ist im Streitfall ein zureichender Grund nicht ersichtlich. Der Nichtanwendungserlass des Bundesministers der Finanzen untersagt dem FA zwar die Anwendung des Urteils des BFH vom 12.06.2011 VI R 42/10 (BStBl II, 2011, 1015), nicht aber den Abschluss des Einspruchsverfahrens durch eine Einspruchsentscheidung.
31II.
32Die Klage ist auch begründet.
33Denn der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 7.385 € zu Unrecht nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt.
341.
35Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in einem bestimmtem Umfang ermäßigt, § 33 Abs. 1 EStG. Aufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
36Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit. Zwar könne sich der Steuerpflichtige nach einem verlorenen Zivilprozess einer Zahlungsverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Allein darauf komme es jedoch nicht an. Vielmehr seien die Kosten nur zwangsläufig, wenn auch das die Zahlungspflicht adäquat auslösende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sei. Derartige Kosten wurden daher nur ausnahmsweise als zwangsläufig erachtet, wenn der Prozess existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile vom 09.05.1996 III R 224/94, BStBl II 1996, 596; vom 04.12.2001 III R 31/00, BStBl II 2002, 382 und vom 20.04.2006 III R 23/05, BStBl II 2007, 41, m.w.N.).
37An dieser Rechtsprechung hält der 6. Senat des BFH in dem von den Klägern in Bezug genommenen Urteil vom 12.05.2011 (VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015) nicht mehr fest. Zivilprozesskosten können den Prozessbeteiligten danach unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Denn für den Steuerpflichtigen, der sein Recht durchsetzen wolle oder müsse, sei im Rechtsstaat die Beschreitung des Rechtsweges unausweichlich. Zivilprozesskosten seien nur dann nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige sich mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe bzw. wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hätte.
382.
39Im Streitfall ist die Klage unter Berücksichtigung der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, in vollem Umfang begründet. Die Rechtsanwaltskosten für das Verfahren vor dem Landgericht sind auch unter Zugrundelegung der Grundsätze der früheren Rechtsprechung zwangsläufig entstanden (vgl. BFH-Urteile vom 09.05.1996 III R 224/94, BStBl II 1996, 596; vom 04.12.2001 III R 31/00, BStBl II 2002, 382 und vom 20.04.2006 III R 23/05, BStBl II 2007, 41, m.w.N.).
40a. Aus den Urteilen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ergibt sich, dass die Klägerin zur Verteidigung ihrer Rechte gezwungen war, sich verklagen zu lassen. Sie beantragte weder mutwillig noch leichtfertig die Klageabweisung und legte nach einem Teilobsiegen des C Berufung ein, wodurch sie in vollem Umfang obsiegte. Die Rechtsverfolgung hatte aus der Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg. Das Prozesskostenrisiko realisierte sich bezüglich der hier streitigen Kosten nur dadurch, dass C nicht willens oder in der Lage war, der Klägerin die aufgewendeten Rechtsanwaltskosten und Gerichtskosten zu erstatten. Daran, dass die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten notwendig waren und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, bestehen keine Zweifel (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
41b. Der Prozess vor dem Landgericht war für die Klägerin und ihre Familie bei einer Würdigung der Gesamtumstände auch von existenzieller Bedeutung. Sie hatte 1995 einen halben Miteigentumsanteil an dem Haus … zur Nutzung durch ihre vierköpfige Familie erworben. Sie hatte für diesen Erwerb 200.000 € gezahlt und den Betrag finanziert, so dass die Eheleute mit den Zinsverpflichtungen belastet waren. Hätte C mit dem Hauptantrag seiner Klage obsiegt, so wäre die aus der Klägerin und C bestehende Erbengemeinschaft Eigentümerin des im Jahr 2000 erworbenen halben Miteigentumsanteils an dem Haus geworden. Angesichts der aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ersichtlichen Zerwürfnisse der Parteien hätte eine Teilungsversteigerung des Hauses gedroht. Da bei Zwangsversteigerungen ein Zuschlag selten zum Verkehrswert erfolgt, war zu befürchten, dass der von der Klägerin im Jahr 1995 erworbene halbe Miteigentumsanteil unter Wert versteigert werden würde. Dies hätten die Kläger zwar durch eine Selbstersteigerung abwenden können. Dafür hätten sie aber weitere erhebliche Aufwendungen tätigen müssen. Nach dem vom Landgericht eingeholten Gutachten soll der Sachwert des ½ Miteigentumsanteils am ….2000 128.000 € betragen haben. In dieser Situation geriet die Klägerin durch die Forderungen des C in eine Zwangslage, die eine Rechtsverteidigung vor dem Zivilgericht und die Übernahme eines entsprechenden Prozessrisikos erforderlich machten. Ohne den Zivilrechtsstreit hätten die Klägerin und ihre Familie voraussichtlich einen ganz erheblichen wirtschaftlichen Schaden erlitten, was – angesichts der Einkommensverhältnisse der Familie und ebenfalls voraussichtlich – , dazu geführt hätte, dass die Kläger ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im bisherigen Rahmen hätten erfüllen können. Unabhängig davon drohte der Verlust des von der vierköpfigen Familie genutzten Familienheims. Dies berührte einen elementaren Bereich ihres Lebens. Insofern liegt ein Sachverhalt vor, bei der auch nach bisheriger Rechtsprechung eine Zwangsläufigkeit der Zivilprozesskosten vorgelegen hätte.
42Soweit die Klägerin jedoch gegen das Urteil des Landgerichts Berufung einlegte, handelt es sich um eine (übliche) zivilrechtliche Streitigkeit, die sich gegen einen Anspruch auf Geld richtete und die angesichts der Höhe des Anspruchs nicht von wirtschaftlich existenzieller Bedeutung war. Der drohende Verlust des Familienheims war schon abgewendet. Die Aufwendungen für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens entstanden daher nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht zwangsläufig.
43c. Einem Abzug der Gerichtskosten für die Einlegung der Berufung als außergewöhnliche Belastung steht die Vorschrift des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809) nicht entgegen. Danach sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die Vorschrift ist mangels einer besonderen Anwendungsbestimmung in § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.
44d. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Urteil des 9. Senats des BFH vom 19.03.2013 (IX R 41/12, BFH/NV 2013, 1168). Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Kläger und seine von ihm geschiedene Ehefrau Eigentümer eines vermieteten Grundstücks waren. Weil die Frau einem Verkauf nicht zustimmte und er die Gemeinschaft nicht aufrechterhalten wollte, beantragte er, die Gemeinschaft im Wege der Teilungsversteigerung aufzulösen. Im Rahmen dieses Verfahrens einigten sich die geschiedenen Ehegatten. Der 9. Senat bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Anwalts- und Gerichtskosten für das Verfahren nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten. Dabei wies er darauf hin, dass aus der Entscheidung des 6.Senats vom 12.50.2011 (VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015) nicht folge, dass sämtliche Kosten von Verfahren, bei dem ein Gericht zu beteiligen sei, als außergewöhnliche Belastungen zu qualifizieren seien. Da eine verfrühte, unabgestimmte und damit vermeidbare Inanspruchnahme des Gerichts erfolgt sei, könne aber dahinstehen, ob der Senat der Rechtsauffassung des 6. Senats folge.
45Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem vom 9. Senat des BFH entschiedenen insoweit, als die Klägerin das Verfahren nicht in Gang gesetzt hat und es für sie auch nicht vermeidbar war.
46III.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
48IV.
49Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen, da zur Frage der Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung bereits zahlreiche Revisionsverfahren anhängig sind (Aktenzeichen: VI R 65/12, 66/12, 69/12, 70/12, 74/12, 5/13, 14/13 und X R 34/12).
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
- 1.
in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
---|---|---|---|---|
1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.