Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11

bei uns veröffentlicht am24.08.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Zutreffend hat das Finanzgericht (FG) das Fehlen der (Sach-)Anträge der Beteiligten im Tatbestand seines Urteils vom 16. November 2011  1 K 2036/05 als offenbare Unrichtigkeit korrigiert.

2

Nach § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Schreibfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit zu berichtigen. Die Berichtigung darf allerdings nur dazu dienen, das vom Gericht erkennbar Gewollte zu verwirklichen, nicht aber, die gewollte Entscheidung inhaltlich zu korrigieren. Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 107 Abs. 1 FGO ist danach nur gegeben, wenn es sich um ein "mechanisches" Versehen handelt, aufgrund dessen --wie bei einem Schreib- oder Rechenfehler-- das wirklich Gewollte nicht zum Ausdruck gelangt ist. Die Unrichtigkeit kann auch in einer Auslassung bestehen. Als Berichtigungsgegenstand erfasst § 107 FGO alle Bestandteile eines Urteils oder Beschlusses (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Juli 1991 II B 37/91, BFH/NV 1992, 124; vom 7. Dezember 2000 IX B 53/00, BFH/NV 2001, 631; vom 10. Februar 2004 X B 75/03, BFH/NV 2004, 663) und damit auch die (Sach-)Anträge.

3

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung sind im Streitfall erfüllt. Im Tatbestand des FG-Urteils fehlten die von den beiden Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gestellten Sachanträge; dies ist als offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 107 Abs. 1 FGO zu werten (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2005 VIII R 21/01, BFH/NV 2006, 491). Weichen nämlich die im Urteilstatbestand wiedergegebenen Anträge von den laut Sitzungsprotokoll (zu dessen Beweiskraft: § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) gestellten Anträgen ab oder fehlen sie gänzlich im Tatbestand, sind die protokollierten Anträge maßgebend (Umkehrschluss aus § 155 FGO i.V.m. § 314 Satz 2 ZPO; vgl. BFH-Urteile vom 18. Juni 1993 VI R 67/90, BFHE 171, 515, BStBl II 1994, 182; vom 25. Januar 2001 II R 22/98, BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11 zitiert 7 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 155


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 107


(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen. (2) Über die Berichtigung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urte

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 94


Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Aug. 2011 - IX B 49/11.

Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Dez. 2011 - IX B 3/11

bei uns veröffentlicht am 12.12.2011

Gründe 1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO);

Referenzen

(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind jederzeit vom Gericht zu berichtigen.

(2) Über die Berichtigung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozessordnung entsprechend.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.