Bundesfinanzhof Beschluss, 02. Nov. 2011 - III B 48/11

bei uns veröffentlicht am02.11.2011

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.

3

a) Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603, und vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.B.1.). Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, ist darzulegen, weshalb eine erneute oder weitere Entscheidung für erforderlich gehalten wird (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 59/03, BFH/NV 2004, 166). Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).

4

b) Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht.

5

Die Klägerin hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Bestandskraft eines Bescheides, durch den die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Festsetzung von Kindergeld ablehnt, auch den Zeitraum umfasst, für welchen kein Antrag gestellt worden ist und für welchen der Ablehnungsbescheid keine erkennbare bzw. keine eindeutig erkennbare Regelung für den Betroffenen enthält.

6

Die Klägerin legt nicht dar, dass die eben genannte Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Grundsätze geklärt, nach denen der Zeitraum zu bestimmen ist, auf den sich die Bindungswirkung eines nicht angefochtenen Ablehnungsbescheides erstreckt. Die Bindungswirkung erstreckt und beschränkt sich auf die Vergangenheit und den Monat der Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides, es sei denn, er enthält eine Einschränkung seines zeitlichen Regelungsbereichs (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, BFH/NV 2004, 786). Ob der Ablehnungsbescheid eine solche Einschränkung enthält, ist ggf. im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der sinngemäß heranzuziehenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ermitteln. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (Senatsurteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856).

7

Die Klägerin zieht diese Rechtsgrundsätze nicht in Zweifel. Sie trägt auch nicht vor, weshalb eine nochmalige Befassung mit den vorstehend dargestellten Grundsätzen erfolgen soll. Ebenso enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen dazu, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der von ihr formulierten Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten sein soll. Vielmehr behauptet die Klägerin, sie habe mit ihrem im Januar 2008 gestellten Antrag --entgegen der Auffassung des Finanzgerichts (FG)-- kein Kindergeld für den Zeitraum vor Antragstellung begehrt. Daneben sei --so die Klägerin-- für sie nicht eindeutig erkennbar gewesen, dass der Ablehnungsbescheid vom 29. Mai 2008 auch ihre Kindergeldansprüche ab Oktober 2005, d.h. seit ihrem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland, habe regeln wollen.

8

Im Ergebnis wendet sich die Klägerin mit ihrem Vortrag im Stil einer Revisionsbegründung gegen die vermeintlich unzutreffende Tatsachenwürdigung und vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG. Hierdurch lässt sich jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreichen (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2008 IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510; Senatsbeschluss vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.