Bundesfinanzhof Urteil, 20. Dez. 2017 - I R 9/16

ECLI:ECLI:DE:BFH:2017:U.201217.IR9.16.0
bei uns veröffentlicht am20.12.2017

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Januar 2016  1 K 453/13 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) für die von der Deutschen Rentenversicherung Bund in das Ausland (Kanada) gezahlten Leibrente kraft Abkommensrechts ausgeschlossen ist.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lebt seit 2001 in Kanada. Sie bezog in den Jahren 2009 bis 2011 (Streitjahre) eine Leibrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von ... € (2009), ... € (2010) und ... € (2011). Die Klägerin hielt sich in 2009 rund fünf Monate und 2010 rund vier Monate in Deutschland auf; dabei nutzte sie (mit ihrem Ehemann) eine von Bekannten auf Anfrage zur Verfügung gestellte Wohnung.

3

Mit Bescheiden vom 30. Mai 2013 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unter Hinweis auf § 49 Abs. 1 Nr. 7 und § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) Einkommensteuern gegen die Klägerin fest. Dabei berücksichtigte er die Rente jeweils nur mit ihrem steuerpflichtigen Teil (... %). Auf die dagegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) die Einkommensteuer jeweils auf ... € herabgesetzt (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. Januar 2016  1 K 453/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2016, 576).

4

Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

6

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es hat sich, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, der Rechtsauffassung des FA angeschlossen.

Entscheidungsgründe

II.

7

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht; es ist aufzuheben und die Klage ist abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die angefochtenen Steuerfestsetzungen sind rechtmäßig, da die Besteuerung der der Klägerin zugeflossenen Sozialversicherungsrenten nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen vom 19. April 2001 --DBA-Kanada 2001-- (BGBl II 2002, 671, BStBl I 2002, 505) beschränkt wird.

8

1. Die Klägerin wohnte in den Streitjahren in Kanada; sie war dort mit ihrem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig und i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada 2001 ansässig. In Deutschland war die Klägerin nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig, da sie --ohne einen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) zu haben-- durch den Bezug von Renten eines inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgers (inländische) Einkünfte i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG erzielt hat. Über diese von den Feststellungen des FG getragenen Grundlagen besteht zwischen den Beteiligten kein Streit; weitere Ausführungen dazu sind entbehrlich.

9

2. An der Besteuerung wird Deutschland durch das DBA-Kanada 2001 nicht gehindert; der Senat hält insoweit an der in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits geäußerten Rechtsauffassung (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2011 I B 159/11, BFH/NV 2012, 417) auch nach erneuter Prüfung fest (dieser Rechtslage zustimmend z.B. Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 49 Rz 90 mit Fußn. 6; Hick in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 18 Rz 167 f., 171, 174; Blümich/Wied, § 49 EStG Rz 218; Kuhn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 1003; Kühnen, EFG 2016, 578; Schober, EFG 2016, 990; Ismer in Vogel/ Lehner, DBA, 6. Aufl., Art. 18 Rz 87; Holthaus, Internationale Wirtschaftsbriefe 2017, 796, 797; im Ergebnis ebenso die Verwaltungspraxis, s. Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 8. Juni 2011, Internationales Steuerrecht 2011, 776; a.A. W. Wassermeyer in Wassermeyer, DBA, Kanada Art. 18 Rz 70a; Hagemann/Kahlenberg/Cloer, Betriebs-Berater 2017, 2775, 2785 f.).

10

a) Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 DBA-Kanada 2001 können regelmäßig wiederkehrende oder nicht wiederkehrende Ruhegehälter sowie ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person bezieht, nur in diesem Staat (Ansässigkeitsstaat) besteuert werden. Diese Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen können nach Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 aber auch im anderen Vertragsstaat (Quellenstaat) besteuert werden, wenn sie --nach Maßgabe verschiedener Voraussetzungen-- aus Quellen in jenem Staat resultieren, u.a. --nach Abs. 1 Satz 2 Buchst. a-- dann, wenn sie aus Quellen innerhalb des anderen Vertragsstaats bezogen werden und --nach Abs. 1 Satz 2 Buchst. b-- dann, wenn die Beiträge zu den Altersversorgungskassen oder -systemen im anderen Staat steuerlich abzugsfähig waren, oder wenn das Ruhegehalt von dem anderen Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einem ihrer staatlichen Organe finanziert worden ist. Danach steht bei einer Zuordnung der Sozialversicherungsrenten zu den tatbestandlichen Begriffen "Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen" (auch) Deutschland für die der Klägerin gezahlten Renten das Besteuerungsrecht zu.

11

b) Allerdings bestimmt Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001, dass Leistungen aufgrund des Sozialversicherungsrechts eines Vertragsstaats, die an eine im anderen Vertragsstaat --hier Kanada-- ansässige Person gezahlt werden, in diesem anderen Staat besteuert werden können, wobei jedoch der Betrag einer solchen Leistung, der in dem erstgenannten Staat --hier Deutschland-- vom zu versteuernden Einkommen ausgenommen wäre, wenn der Empfänger in diesem Staat ansässig wäre, von der Besteuerung in dem anderen Staat befreit ist. Diese Besteuerungszuordnung gilt zwar "ungeachtet der übrigen Bestimmungen dieses Abkommens" und geht damit diesen Bestimmungen vor. Das ändert indessen nichts daran, dass sie in den Kontext des Art. 18 DBA-Kanada 2001 und den dort angeordneten Besteuerungszuordnungen eingebunden ist. Demgemäß modifiziert Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001 die in Abs. 1 Satz 1 bestimmte Grundregel der Besteuerungszuordnung für den Bereich der Sozialversicherungsrenten lediglich insoweit, als sie den Ansässigkeitsstaat den in der Vorschrift genannten Restriktionen seines prinzipiell aufrechterhaltenen Besteuerungsrechts (nach Maßgabe des Besteuerungsrechts des Quellenstaats) unterwirft. Keinesfalls verdrängt die Regelung zugleich das in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 eingeräumte konkurrierende Zugriffsrecht des Quellenstaats. Dieses Recht bleibt vielmehr unberührt. Es wird in Deutschland innerstaatlich durch § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch wahrgenommen. Das Ziel des Abkommens, Doppelbesteuerungen zu vermeiden, wird dadurch nicht unterlaufen; vielmehr stellt Art. 23 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Buchst. d DBA-Kanada 2001 sicher, dass Kanada als Ansässigkeitsstaat entsprechende Maßnahmen im Einklang mit seinen innerstaatlichen Gesetzen vorsieht.

12

c) Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis nicht zuletzt durch Art. 18 Abs. 3 Buchst. a, b und d DBA-Kanada 2001. Abweichend von den Einkünften, welche in Abs. 3 Buchst. c des Art. 18 DBA-Kanada 2001 benannt werden, können die darin aufgeführten Einkünfte (u.a. Kriegsrenten, Kriegsfolgenleistungen, Unterhaltszahlungen) "nur" entweder in dem einen oder dem anderen Vertragsstaat besteuert werden; ein Zugriffsrecht des jeweils anderen Staates ist damit für solche Einkünfte ausgeschlossen.

13

d) Ein Hindernis für das Besteuerungsrecht Deutschlands folgt auch nicht aus Ziffer 5 Buchstabe b des Protokolls zu diesem Doppelbesteuerungsabkommen, das Bestandteil des Abkommens ist (s. Art. 30 DBA-Kanada 2001). Zwar gilt zu den Einkünften, die nach Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 besteuert werden, gemäß dieser Ziffer (dort Buchst. b) die Einschränkung, dass "von Ruhegehältern aus Quellen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ... die deutsche Steuer nur erhoben werden (darf), wenn die Ruhegehälter von der Bundesrepublik Deutschland, einem ihrer Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften gezahlt werden" – und zu den dort angeführten Zahlstellen gehört die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht. Der Wortlaut der Regelung erfasst aber nur die "Ruhegehälter" und macht dabei --gemeinsam mit Art. 18 Abs. 1 Satz 1 DBA-Kanada 2001-- seine Komplementärfunktion zu den in Art. 19 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada 2001 geregelten "Aktivbezügen" im öffentlichen Dienst ("Ruhegehälter" als Rückausnahme zum Regelungsbereich des Art. 19 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada 2001) deutlich (s.a. Rupp in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 18 DBA-Kanada 2001 Rz 7). Ein Einfluss dieser Protokollbestimmung auf die in Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001 "ungeachtet der übrigen Bestimmungen des Abkommens" angesprochenen "Leistungen aufgrund des Sozialversicherungsrechts eines Vertragsstaats" besteht nicht. Für diese Leistungen hält das Protokoll ausschließlich eine für die Entscheidung des vorliegenden Streitfalls nicht relevante Regelung in Nr. 7 zum Informationsaustausch mit dem Ansässigkeitsstaat bereit, um eine ordnungsgemäße Besteuerung der Sozialversicherungsrenten nach Maßgabe des Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001 zu gewährleisten.

14

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Einkommensteuergesetz - EStG | § 1 Steuerpflicht


(1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an d

Einkommensteuergesetz - EStG | § 49 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte


(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind1.Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);2.Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),a)für den im Inland eine Bet

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 122


(1) Beteiligter am Verfahren über die Revision ist, wer am Verfahren über die Klage beteiligt war. (2) Betrifft das Verfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe oder eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht, so kann das Bundesministerium der F

Abgabenordnung - AO 1977 | § 9 Gewöhnlicher Aufenthalt


Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist ste

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Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 13. Jan. 2016 - 1 K 453/13

bei uns veröffentlicht am 13.01.2016

Tenor Abweichend von den Bescheiden über Einkommensteuer für 2009 bis 2011 vom ….. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... wird die festgesetzte Einkommensteuer jeweils auf 0,00 Euro herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

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Tenor

Abweichend von den Bescheiden über Einkommensteuer für 2009 bis 2011 vom ….. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... wird die festgesetzte Einkommensteuer jeweils auf 0,00 Euro herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Besteuerung der von der Deutschen Rentenversicherung Bund in den Streitjahren gezahlten Leibrenten streitig.

2

Die am … geborene Klägerin ist am 02.05.2001 mit ihrem Ehemann in Kanada eingewandert und dort ansässig. Mit ihrem Ehemann besitzt sie in Kanada eine eigene Wohnstätte. Während ihrer Aufenthalte in Deutschland hatten sie und ihr Ehemann die Möglichkeit, bei Freunden und Verwandten zu wohnen. In ….… hatten Sie einen melderechtlichen Wohnsitz in einer von Freunden unentgeltlich überlassenen Wohnung. Die Klägerin ist ausgebildete …und übte in den letzten 12 Jahren ihres aktiven Berufslebens bis März 2000 die kaufmännische Leitung eines mittelständischen Unternehmens aus. Ihr monatliches Bruttoeinkommen habe nach ihren Angaben der Besoldungsstufe A 15 entsprochen. Die Klägerin bezog seit ….. von der Deutschen Rentenversicherung Bund folgende Leibrenten:

3

2009: … €
2010: … €
2011: … €.

4

Mit den Bescheiden über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom … setzte der Beklagte folgende Einkommensteuer fest:

5

2009: … €
2010: … €
2011: … €.

6

Dagegen legte die Klägerin am … Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung vom …. wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

7

Die Klägerin hat am …. Untätigkeitsklage erhoben.

8

Nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom ….. wird die Klage aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom …. als Anfechtungsklage fortgeführt. Auf die Begründungen in den Schriftsätzen vom 08.03.2014 und 04.06.2014 wird Bezug genommen. Die Rechtswidrigkeit der streitigen Steuerbescheide begründet die Klägerin im Wesentlichen mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Nacherwerbseinkommen aus Quellen der Deutschen Rentenversicherungsträger, mit einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zwischen Beziehern von Nacherwerbseinkommen aus kanadischen Quellen mit Ansässigkeit in Deutschland und Beziehern von Nacherwerbseinkommen aus deutschen Quellen mit Ansässigkeit in Kanada. Während der kanadische Staat nach der für den Steuerzahler günstigeren Lösung besteuere, hätten Bezieher deutscher Nacherwerbseinkommen nicht diese freie Wahl. In Kanada werde ihre Rente nicht konkurrierend, sondern absolut in voller Höhe besteuert. Eine teilweise Rückerstattung sei kostenaufwendig und nur bei Nachweis der Doppelentrichtung möglich. Eine Besteuerung von Sozialversicherungsrenten durch Deutschland sei nach Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada nicht möglich. Dies folge aus dem Protokoll zum DBA-Kanada.

9

Nachdem Deutschland in Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada ausdrücklich zugestimmt habe, dass die aus deutschen Altersversorgungskassen und –systemen gezahlten Sozialversicherungsrenten, entgegen dem innerstaatlichen Recht Deutschlands, in Kanada besteuert werden können, habe Deutschland nach internationalem Vertragsrecht auf sein Recht zur Besteuerung dieser Einkommen nach Art. 21 Abs. 3 DBA-Kanada verzichtet.

10

Im Jahr 2009 sei sie mit ihrem Ehemann 5 Monate und im Jahr 2010 rund 4 Monate in Deutschland gewesen. Im Jahr 2011 sei sie mit ihrem Ehemann nicht in Deutschland gewesen.

11

Die Klägerin beantragt,

12
1. abweichend von den Einkommensteuerbescheiden vom …. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … die Einkommensteuer jeweils auf Null Euro festzusetzen,
13
2. das Finanzamt ….. zu verurteilen, im Falle der Klageabweisung ein gem. Art. 25 DBA - Kanada praktikables Verfahren mit den zuständigen Behörden Kanadas auszuarbeiten, das eine Doppelbesteuerung verhindert und insbesondere die Gleichbehandlung von in Kanada ansässigen Personen gewährleistet, die substantiell unter den gleichen Umständen Einkünfte beziehen wie in Deutschland ansässige Personen, und
14
3. das Finanzamt ….. zu verurteilen, als zuständige Behörde die zuständigen Behörden Kanadas zu informieren, dass im Hinblick auf die Höhe des Ertragsanteils der Leibrenten von deutschen Rentenversicherungsträgern Zweifel bestehen, damit klar sei, dass Kanada zu hohe Steuerzahlungen zurückerstatten müsse, wenn sich die Zweifel am Ertragsanteil bestätigen sollten.
15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung trägt der Beklagte im Schreiben vom 24.07.2014 im Wesentlichen vor, dass eine Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtige i. S. v. § 1 Abs. 3 EStG nicht beantragt worden sei. Sie komme auch offenbar nicht in Betracht. Es liege keine Doppelbe-steuerung vor. Das DBA-Kanada schließe weder ein nach deutschem Steuerrecht bestehendes Besteuerungsrecht aus noch schränke es dieses ein. Für Leistungen aufgrund des Sozialversicherungsrechts gelte Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada. Diese Regelung weise Kanada nach dem 1. Satzteil ein Besteuerungsrecht für die Sozialversicherungsrente zu, wobei die Einschränkung im 2. Halbsatz zu beachten sei. Auf das Besteuerungsrecht des Quellenstaates Deutschland gehe Art. 18. Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada nicht ein. Das DBA-Kanada schließe das nach deutschem Steuerrecht bestehende Besteuerungsrecht weder aus noch schränke es dieses ein. Deutschland könne sein Besteuerungsrecht insoweit ungehindert ausüben. Eine Doppelbesteuerung habe Kanada als Ansässigkeitsstaat zu vermeiden und ggf. zu beseitigen. Es liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, da alle vom Alterseinkünftegesetz erfassten Rentner den gleichen Vorschriften unterzogen würden. Die beschränkte Steuerpflicht gelte sowohl für deutsche als auch kanadische Staatsbürger mit Wohnsitz in Kanada, sofern sie Sozialversicherungsrentenbezüge aus deutschen Quellen erhielten.

18

Zur Ausarbeitung eines praktikablen Verfahrens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sei er weder zuständig noch sehe er für entsprechende Aktivitäten eine Notwendigkeit. Entsprechendes gelte auch für die begehrte Belehrung der kanadischen Behörden über eine ggf. erforderliche Erstattungspflicht. Entsprechende Regelungen seien bereits im DBA-Kanada getroffen worden.

19

Auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom … wird Bezug genommen.

20

Dem Gericht lagen die Verfahrensakte 1 V 35/14 sowie je 1 Band Rechtsbehelfs- und Einkommensteuerakten vor.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Klage ist teilweise (betr. den Antrag zu 1.) begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 vom ….. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …. verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FinanzgerichtsordnungFGO -). Einer Besteuerung der Sozialversicherungsrenten der Klägerin stehen die Regelungen im Doppelbesteuerungsabkommen mit Kanada entgegen. Soweit die Klägerin mit den Anträgen zu 2. und 3. im Wege der sonstigen Leistungsklage begehrt, den Beklagten zu einem bestimmten Tun zu verpflichten, ist die Klage unbegründet.

22

Hinsichtlich der Anfechtungsklage (Antrag zu 1.) ist durch die während des Klageverfahrens erlassene Einspruchsentscheidung des Beklagten vom ... keine Erledigung eingetreten. Die Bezeichnung der Klage nach § 46 Abs. 1 FGO als Untätigkeitsklage ist insofern ungenau, als es bei der Klage nicht um eine Untätigkeit der Behörde geht. Die Klage hat nicht das Ziel, den Beklagten zum Erlass der Einspruchsentscheidung zu verpflichten. Sie ist vielmehr im Streitfall eine Anfechtungsklage gegen die angegriffenen Einkommensteuerbescheide für 2009 bis 2011 ohne Vorverfahren, mit dem Ziel, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide herbeizuführen. Werden daher während des Klageverfahrens - wie hier - die Einsprüche zurückgewiesen, so wird das Klageverfahren fortgesetzt, ohne dass eine erneute Klage erforderlich oder zulässig wäre (BFH-Beschluss vom 28.10.1988 III B 184/86, BStBl II 1989, 107; Gräber/Levedag, FGO, 8. Aufl., § 46 Rndr. 28).

23

Die Besteuerung der Renten ist durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 05.07.2004 (BGBl. I 2004, 1427, BStBl I 2004, 554) neu geregelt worden. Die Neuregelung ist seit dem 01.01.2005 in Kraft. Anlass waren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), die die ungleichmäßige Besteuerung von Alterseinkünften gerügt hatten (BVerfG vom 26.03.1980, 1 BvR 121/76, BVerfGE 54, 11; vom 24.06.1992, 1 BvR 459/87, BVerfGE 86, 369; vom 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73).

24

Nach den Regelungen des AltEinkG findet, beginnend im Jahr 2005, ein Systemwechsel hin zu einer nachgelagerten Besteuerung statt, so dass ab dem Jahr 2005 Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus berufsständischen Versorgungen - zumindest mit einem Anteil von 50 v. H. und dann bis 2040 graduell auf 100 v. H. ansteigend – besteuert werden. Das BVerfG hat drei Verfassungsbeschwerden gegen das AltEinkG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschlüsse vom 30.09.2015 – 2 BvR 1066/10, 2 BvR 1961/10 und vom 29.09.2015 – 2 BvR 2683/11, DStR 2015, 2757). Es wies dabei mehrfach darauf hin, dass bei der Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zugestanden habe. Insbesondere sei es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, dass Renteneinkünfte aus den verschiedenen Basisversorgungen steuerlich gleich behandelt würden, obwohl die hierfür bis 2004 geleisteten Beiträge teilweise in unterschiedlichem Maße steuerentlastet waren.

25

Zwar hat der Beklagte die Klägerin mit ihren seit ….. von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogenen Leibrentenzahlungen ohne Berücksichtigung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Kanada grundsätzlich zu Recht der beschränkten Einkommensteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) unterworfen.

26

Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht nicht als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG behandelt. Darunter fallen natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Klägerin hatte in den Streitjahren keinen Wohnsitz i. S. v. § 8 Abgabenordnung (AO) im Inland. Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dieser Wohnsitzbegriff knüpft ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an. Ein Wohnsitz setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit; erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht. Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinn besteht nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit Wohncharakter bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteil vom 25.09.2014 III R 10/14, BFH/NV 2015, 266, m. w. N.).

27

Unter Beachtung dieser Grundsätze hatte die Klägerin in den Streitjahren keinen Wohnsitz im steuerrechtlichen Sinne im Inland.

28

Zwar hat sie im Schreiben vom 12.02.2013 (Bl. 31 ESt-Akte) mitgeteilt, nach dem Rentenbeginn den Plan gehabt zu haben, jeweils für ein halbes Jahr in Kanada und ein halbes Jahr in Deutschland leben zu wollen. In der mündlichen Verhandlung hat sie ihre Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2009 mit rund 5 Monaten und im Jahr 2010 mit rund 4 Monaten angegeben. Jedoch hat die Klägerin im Schreiben vom 12.02.2013 angegeben, in Kanada eine eigene Wohnstätte und im Inland nur die Möglichkeit zum Wohnen bei Freunden und Verwandten zu haben. Diese Angaben hat sie in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dahingehend ergänzt, dass es sich bei der von ihr und ihrem Ehemann im Inland genutzten Wohnung, die zugleich auch ihr melderechtlicher Wohnsitz im Inland sei, um eine Wohnung des Ehepaares ….. handele, mit dem sie befreundet sei. Die von ihr und ihrem Ehemann genutzte Wohnung sei mit Möbeln des Ehepaares ….. eingerichtet. Die Aufenthalte der Klägerin in den Streitjahren in der Wohnung des Ehepaares …..gingen über ein bloßes Aufenthaltnehmen nicht hinaus. Die genutzte Wohnung stand ihr und ihrem Ehemann nicht jederzeit zur Verfügung, sondern setzte, wie die Klägerin glaubhaft versichert hat, jedes Mal eine Voranmeldung beim Ehepaar …. voraus, damit – was tatsächlich in den Streitjahren 2009 und 2010 auch der Fall war – sie sich in der Wohnung aufhalten durften. Eine eigene unbeschränkte tatsächliche Verfügungsmacht über die Wohnung des Ehepaares ….. stand der Klägerin nicht zu.

29

Die Klägerin hatte in den Streitjahren auch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Die Regelvermutung in § 9 Satz 2 AO, wonach stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6 Monaten Dauer als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, gilt nach Satz 3 nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als 1 Jahr dauert. Das ist hier der Fall, weil die Klägerin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft Aufenthaltszeiten in den Streitjahren von weniger als 6 Monaten angegeben hat und im Schreiben vom 12.02.2013 als Grund für die Aufenthaltsverteilung zwischen Kanada und der Bundesrepublik Deutschland starke soziale und familiäre Bindungen angegeben hat sowie das Aufenthalte im Inland bei Freunden und Verwandten Besuchscharakter gehabt hätten. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert, sich in den Streitjahren 2009 und 2010 ausschließlich aus privaten Gründen im Inland aufgehalten gehabt zu haben und im Jahr 2011 überhaupt nicht im Inland gewesen zu sein. Insbesondere sei sie – anders als ihr Ehemann – in den Streitjahren keiner Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland nachgegangen.

30

Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 und des § 1 a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte i. S. v. § 49 EStG haben (§ 1 Abs. 4 EStG). Die aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogenen Einkünfte der Klägerin in den Streitjahren sind sonstige Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dazu gehören die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, den inländischen landwirtschaftlichen Alterskassen, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährten Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Bei den von der Deutschen Rentenversicherung Bund geleisteten Zahlungen handelt es sich ausweislich der vorliegenden Rentenbezugsmitteilungen um eine Leibrente i. S. v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Hierunter fallen Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG).

31

Den der Besteuerung unterliegenden Anteil der am …. begonnenen Rente hat der Beklagte zutreffend mit … v. H. berücksichtigt. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Prozentsatz aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG stehenden Tabelle zu entnehmen.

32

Die Voraussetzungen einer unbeschränkten Steuerpflicht der Klägerin nach § 1 Abs. 2 EStG lagen nicht vor. Insbesondere stand sie nicht zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis und bezog dafür Arbeitslohn aus einer inländischen Kasse (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG).

33

Eine Behandlung der Klägerin als unbeschränkt steuerpflichtig i. S. v. § 1 Abs. 3 EStG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Beklagten, u. a. im Schreiben vom 10.01.2014, keinen entsprechenden Antrag gestellt hat (§ 1 Abs. 3 Satz 1 EStG). In der mündlichen Verhandlung hat sie durch ihren Bevollmächtigten nach einem Hinweis des Vorsitzenden erklärt, dass sie von einem entsprechenden Antrag abgesehen habe, weil die in § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG angegebene relative oder absolute Wesentlichkeitsgrenze in den Streitjahren wegen anderer, nicht der deutschen Besteuerung unterliegender Einkünfte nicht eingehalten würde.

34

Der Beklagte ist jedoch aufgrund der Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Kanada an einer Besteuerung der streitigen Rentenbezüge gehindert.

35

Für die hier streitigen Renteneinkünfte aus der deutschen Sozialversicherung haben grundsätzlich sowohl Kanada als auch Deutschland das Besteuerungsrecht (Art. 18 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und bestimmter anderer Steuern, zur Verhinderung der Steuerverkürzung und zur Amtshilfe in Steuersachen vom 19.04.2001 – BGBl. II 2002, 670 = DBA–Kanada 2001).

36

Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 DBA–Kanada 2001 können regelmäßig wiederkehrende oder nicht wiederkehrende Ruhegehälter sowie ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter und Vergütungen können nach Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 aber auch im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn sie aus Quellen innerhalb des anderen Vertragsstaates bezogen werden (a), die Beiträge zu den Altersversorgungskassen oder –systemen im anderen Staat steuerlich abzugsfähig waren, oder wenn das Ruhegehalt von dem anderen Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einem ihrer staatlichen Organe finanziert worden ist, und (b) sie nicht für Leistungen oder Tätigkeiten gezahlt werden, die von einer Person außerhalb des anderen Staates erbracht beziehungsweise ausgeübt wurden, als diese Person nicht in diesem anderen Staat ansässig war (c).

37

Die von der Klägerin in den Streitjahren bezogenen Leibrentenzahlungen der Deutschen Rentenversicherung Bund erfüllen die Voraussetzungen an ein Ruhegehalt oder ähnliche Vergütung i. S. v. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada.

38

Dem autonom auszulegenden Begriff der Ruhegehälter unterfallen nach Eintritt in den Ruhestand gezahlte Bezüge, die zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie der Versorgung des Empfängers dienen und die für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden (vgl. Ismer in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Art. 18 Rdnr. 15 f. m. w. N.). Als angestellte kaufmännische Leiterin eines mittelständischen Unternehmens war die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig i. S. v. § 1 SGB VI. Versicherungspflichtig sind u. a. Personen, die - wie die Klägerin – gegen Arbeitsentgelt beschäftig waren. Aufgrund dieses Versicherungsverhältnisses bezog die Klägerin mit Erreichen des 60. Lebensjahres ab …. eine Sozialversicherungsrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Diese Zahlungen stammten aus Quellen des anderen Vertragsstaates, d. h. der Bundesrepublik Deutschland. Die Beiträge der Klägerin zu der gesetzlichen Rentenversicherung waren gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (z. B. 2000) als Sonderausgaben steuerlich abzugsfähig. Das Ruhegehalt wird nicht für Leistungen oder Tätigkeiten gezahlt, die von der Klägerin außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erbracht bzw. ausgeübt wurden, als die Klägerin nicht in der Bundesrepublik Deutschland ansässig war. Die Klägerin übte ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland aus.

39

Der BFH hat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren für den vergleichbaren Fall von Sozialversicherungsleistungen der Deutsche Rentenversicherung Nord an einen kanadischen Staatsangehörigen in den Jahren 2005 bis 2009 keine ernstlichen Zweifel an dem der Bundesrepublik Deutschland als Quellenstaat in Art. 18 Abs. 1 Satz 2 DBA-Kanada 2001 eingeräumten konkurrierenden steuerlichen Zugriffsrecht gesehen (BFH-Beschluss vom 13.12.2011 I B 159/11, BFH/NV 2012, 417). Der Senat geht deshalb davon aus, dass Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 auch Sozialversicherungsrenten der Bundesrepublik Deutschland als Quellenstaat erfasst. Der Senat folgt nicht der im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass Sozialversicherungsrenten aus deutscher Sicht keine Ruhegehälter i. S. d. Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 sind (Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 18 Kanada Rdnr. 21). Nach dem OECD-Kommentar (MA-Kommentar 2005) sind Leistungen aus der Sozialversicherung in Art. 18 MA einzubeziehen. Nach Ziff. 24 MA-Kommentar fallen Ruhegehälter aus der Sozialversicherung unter Art. 18, wenn sie für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, sofern nicht Art. 19 MA anzuwenden ist. Art. 19 Abs. 2 MA ist nicht anwendbar, da das Ruhegehalt an die Klägerin nicht für eine Arbeit gezahlt wird, die eine Dienstleistung für den Staat oder eine Gebietskörperschaft darstellt. Zwar ist das DBA-Kanada vor dem Jahr 2005 bereits im Jahr 2001 abgeschlossen worden. Jedoch sieht der Senat für die Streitjahre im geänderten MA-Kommentar ein Argument für die Einbeziehung der hier streitigen Sozialversicherungsrente in Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001. Auch die in Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada 2001 getroffene Besteuerungszuordnung für Leistungen aufgrund des Sozialversicherungsrechts eines Vertragsstaates steht im Kontext des Art. 18 DBA-Kanada 2001 und baut auf den dort angeordneten Besteuerungszuordnungen auf. Sie modifiziert die in Abs. 1 Satz 1 be-stimmte Grundregel der Besteuerungszuordnung für den Bereich der Sozialversicherungsrenten (BFH-Beschluss vom 13.12.2011 I B 159/11, BFH/NV 2012, 417). Eine Modifikation einer Grundregel setzt aber voraus, dass die von der Modifikation erfassten Leistungen auch von der Grundregel erfasst werden. Dieser systematische Zusammenhang widerlegt die Auffassung, dass Sozialversicherungsleistungen keine Ruhegehälter i. S. v. Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 sind.

40

Die an die Klägerin in den Streitjahren von der Deutschen Rentenversicherung Bund gezahlten Leistungen unterfallen nicht der Regelung in Art. 18 Abs. 2 DBA-Kanada 2001. Der dort verwendete Begriff der Renten umfasst nach seiner Definition in Art. 18 Abs. 2 Satz 3 DBA-Kanada 2001 keine Renten, deren Kosten – wie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung – in dem Vertragsstaat steuerlich abzugsfähig waren, in dem sie erworben wurden (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz DBA-Kanada 2001).

41

Nach der sachlichen Quellensteuerbegrenzung für Deutschland in Ziff. 5 b des Protokolls zum DBA-Kanada 2001, dass nach Art. 30 DBA-Kanada 2001 Bestandteil des Abkommens ist, darf von Ruhegehältern aus Quellen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die deutsche Steuer nur erhoben werden, wenn die Ruhegehälter von der Bundesrepublik Deutschland, einem ihrer Länder oder einer Gebietskörperschaft gezahlt werden (vgl. Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Art. 18 DBA-Kanada 2001 Rdnr. 7). Danach ist eine Quellenbesteuerung nur für Ruhegehälter im öffentlichen Dienst möglich, worunter die Sozialversicherungsrente der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht fällt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 SGB IV), d. h. weder mit der Bundesrepublik Deutschland, einem ihrer Länder oder einer ihrer Gebietskörperschaften identisch.

42

Eine Besteuerung der klägerischen Sozialversicherungsrente nach Art. 21 Abs. 3 DBA- Kanada 2001 kommt nicht in Betracht. Diese Regelung knüpft in ihren Voraussetzungen an Art. 21 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 an. Abs. 1 erfasst nur Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den Art. 6 bis 20 DBA-Kanada 2001 nicht behandelt wurden. Das ist, wie oben zu Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada ausgeführt wurde, hier nicht der Fall.

43

Soweit die Klägerin im Wege der sonstigen Leistungsklage mit ihren Anträgen zu 2. und 3. begehrt, den Beklagten zu einem bestimmten Tun (Ausarbeitung eines praktikablen Verfahrens zur Verhinderung der Doppelbesteuerung, Information der kanadischen Steuerbehörden über Zweifel an der Rentenbesteuerung) zu verpflichten, ist die Klage insoweit unbegründet. Weder das DBA–Kanada 2001 noch andere inländische Rechtsvorschriften geben der Klägerin einen entsprechenden subjektiv öffentlichen Rechtsanspruch auf Ausarbeitung eines praktikablen Verfahrens zur Verhinderung der Doppelbesteuerung oder zur Information der kanadischen Steuerbehörden über Zweifel an der Rentenbesteuerung.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

45

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 FGO und einer entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

46

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen, weil die Frage, ob Ziffer 5 Buchst. b) des Protokolls zum DBA-Kanada 2001 der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung entzieht, grundsätzliche Bedeutung hat und er mit seiner Entscheidung von dem Beschluss des BFH vom 13.12.2011 (I B 159/11, BFH/NV 2012, 417) abweicht.

(1) Beteiligter am Verfahren über die Revision ist, wer am Verfahren über die Klage beteiligt war.

(2) Betrifft das Verfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe oder eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht, so kann das Bundesministerium der Finanzen dem Verfahren beitreten. Betrifft das Verfahren eine von den Landesfinanzbehörden verwaltete Abgabe oder eine Rechtsstreitigkeit über Landesrecht, so steht dieses Recht auch der zuständigen obersten Landesbehörde zu. Der Senat kann die zuständigen Stellen zum Beitritt auffordern. Mit ihrem Beitritt erlangt die Behörde die Rechtsstellung eines Beteiligten.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.