Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Oktober 2016 – AN 3 K 16.260 – abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 3. September 2015 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Fürth vom 20. Januar 2016 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für die Grundstücke FlNr. ... und ... anlässlich des Ausbaus der Ortsstraße S. Straße durch die beklagte Stadt.

Die beiden wirtschaftlich einheitlich genutzten Grundstücke des Klägers grenzen nicht an die im Süden vorbeiführende S. Straße an, sondern an die im Osten gelegene in Nord-Süd-Richtung verlaufende 33 m lange Stichstraße „Ortsstraße“; sie werden als landwirtschaftliche Hofstelle (FlNr. ...) und Zufahrt zur Stichstraße (FlNr. ...) genutzt. Südlich des Grundstücks FlNr. ... schließen sich das teils als Betriebsfläche und teils als landwirtschaftliche Nutzfläche genutzte Grundstück FlNr. ... sowie das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück FlNr. ... an. Sämtliche Grundstücke stehen im Eigentum des Klägers. Zur S. Straße hin verläuft über die Grundstücke eine Zufahrt, die im Einmündungsbereich über das im Eigentum der Beklagten stehende Grundstück FlNr. ... führt. An diesem Grundstück war am 3. Mai 2006 ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. ... im Grundbuch eingetragen worden.

Die Beklagte hatte den Kläger bereits mit Bescheiden vom 18. Oktober 2012 (in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Fürth vom 24. Juni 2013) für dessen Grundstücke FlNr. ... und ... zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von insgesamt 54.999,05 € für die Erneuerung der S. Straße herangezogen. Das Verwaltungsgericht hatte diese Bescheide mit rechtskräftigem Urteil vom 6. November 2014 (AN 3 K 13.1381 und 1382) aufgehoben, weil die Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße S. Straße abkoppele, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der S. Straße herangezogen werden könnten.

Mit Bescheid vom 3. September 2015 zog die Beklagte den Kläger als Eigentümer der Grundstücke FlNr. ... und ... erneut für die Erneuerung der S. Straße zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 36.094,04 € heran.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2015 (AN 3 S. 15.2357) lehnte das Verwaltungsgericht einen vom Kläger gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 3. September 2015 ab. Seinen Widerspruch wies das Landratsamt Fürth mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. Oktober 2016 die vom Kläger erhobene Klage als unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Bescheid der Beklagten vom 3. September 2015 das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. November 2014 nicht entgegenstehe, weil sich die Rechtskraft des Urteils nur auf die Feststellung beziehe, dass die Ortsstraße (Stichstraße) eine eigenständige Verkehrsanlage sei. Die Grundstücke FlNr. ... und ... seien zu Recht in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke der S. Straße einbezogen worden. Aus Sicht dieser Straße handele es sich um nicht gefangene Hinterliegergrundstücke. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2011 habe ein breit angelegter Zufahrtsweg von der S. Straße über die Grundstücke FlNr. ..., ... und ... hin zu den Grundstücken FlNr. ... und ... bestanden. Dass dieser direkte Zufahrtsweg auf die S. Straße vom Kläger gewünscht gewesen sei, ergebe sich aus dem Umstand, dass er die Grundstücke FlNr. ... und ... in den Jahren 2005/2006 von der Beklagten gekauft und sich für das Grundstück der Beklagten FlNr. ... ein Geh- und Fahrtrecht in das Grundbuch habe eintragen lassen. Der offenbar im Jahr 2006 abgeschlossene Pachtvertrag für das Grundstück FlNr. ... mit Herrn Sp. ändere nichts. Der Kläger habe selbst ausgeführt, dass es ihm trotz des Pachtvertrags möglich sei, das Grundstück zu überfahren. Im Übrigen sei nicht erkennbar, inwieweit diese rein schuldrechtliche Vereinbarung gegen eine wahrscheinliche tatsächliche Inanspruchnahme durch den Kläger spreche. Der Pachtvertrag mit der Gärtnerei S. sei erst 2012 und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt geschlossen worden. Nicht entscheidungserheblich sei der Umstand, dass derzeit Europaletten mit Steinen eine Durchfahrt vom Grundstück FlNr. ... aus zur S. Straße blockierten. Das Tor, welches das Grundstück FlNr. ... vom Grundstück FlNr. ... und damit auch von der S. Straße trenne, sei ebenfalls unerheblich, weil es erst 2016 errichtet worden sei. Für die tatsächliche wahrscheinliche Inanspruchnahme durch den Kläger spreche auch der Umstand, dass die Zufahrt vom Grundstück FlNr. ... zur S. Straße direkter, geradliniger und breiter angelegt sei als die Zufahrt zur (33 m langen) Stichstraße, welche einen beinahe 90-Grad-Winkel aufweise.

Der Senat hat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zugelassen. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung u.a. ausgeführt, dass ein Geh- und Fahrtrecht an dem – in fremdem Eigentum stehenden – Grundstück FlNr. ... ausschließlich zugunsten des Eigentümers des Grundstücks FlNr. 1 bestellt und im Grundbuch eingetragen worden sei. Eine weitergehende Nutzung auch für eine Zufahrt von den Grundstücken FlNr. ... und ... sei hiervon nicht erfasst.

Der Kläger beantragt‚

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2016 den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2015 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Einzelnen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hat seine Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2015 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts vom 20. Januar 2016 zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid ist nämlich aus zwei selbstständig tragenden Gründen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er muss bereits deshalb ohne weitere Sachprüfung aufgehoben werden, weil der erneuten Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag für die Grundstücke FlNr. ... und 21/8 die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 6. November 2014 (AN 3 K 13.1381 und 1382) entgegensteht (dazu 1.). Im Übrigen unterliegen beide Grundstücke nicht der Beitragspflicht für den Ausbau der S. Straße; insbesondere sind sie entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig, weil das im städtischen Eigentum stehende Anliegergrundstück FlNr. ..., auf dem sich die Zufahrt zur S. Straße befindet, aufgrund fehlender rechtlicher Sicherung nicht verlässlich benutzbar ist (dazu 2.).

1. Der erneuten Heranziehung des Klägers zu einem Beitrag für den Ausbau der S. Straße steht bereits die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 6. November 2014 (AN 3 K 13.1381 und 1382) entgegen (§ 121 VwGO).

a) Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 Nr. 1 VwGO). Die Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits entschieden worden ist (BVerwG, U.v. 20.10.2016 – 7 C 27.15 – juris Rn. 12 m.w.N.). Bei einem einer Anfechtungsklage stattgebenden Urteil – wie hier – geben erst die tragenden Gründe Aufschluss darüber, weshalb der geltend gemachte Aufhebungsanspruch durchgreift; deshalb nehmen diese im Sinn von § 121 VwGO an der Rechtskraft des Urteils teil (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, B.v. 24.8.2016 – 9 B 54.15 – juris Rn. 7; U.v. 7.8.2008 – 7 C 7.08 – BVerwGE 131, 346 Rn. 18). Soweit der personelle und sachliche Umfang der Rechtskraft reicht, ist die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage daran gehindert, einen neuen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen zu erlassen (BVerwG, B.v. 24.8.2016 – 9 B 54.15 – juris Rn. 7; U.v. 8.12.1992 – 1 C 12.92 – juris Rn. 12; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 27).

b) Gemessen an diesem Maßstab steht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 6. November 2014 (AN 3 K 13.1381 und 1382) der erneuten Beitragserhebung entgegen (§ 121 VwGO).

Mit diesem zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil hatte das Verwaltungsgericht den Beitragsbescheid vom 18. Oktober 2012 (in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Fürth vom 24. Juni 2013) für dieselben Grundstücke FlNr. ... und ... in Höhe von insgesamt 54.999,05 € mit der Begründung aufgehoben, sie seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Dabei hat es sich nicht etwa auf einen behebbaren formellen oder materiellen Fehler gestützt, etwa darauf, dass der Bescheid verfrüht, nämlich vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, erlassen worden wäre. Es hat seine stattgebende Entscheidung vielmehr tragend damit begründet, dass die Grundstücke FlNr. ... und ... für die Verbesserung und Erneuerung der S. Straße – im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2011 – nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehört haben. Da die S. Straße als Haupterschließungsstraße und die davon abzweigende, zu den Grundstücken des Klägers führende „Ortsstraße“ (Straßengrundstück FlNr. ...) als Anliegerstraße unterschiedlichen Straßenkategorien angehörten, handele es sich um zwei eigenständige Anlagen. Einem Grundstück werde eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung rechtfertigende Inanspruchnahmemöglichkeit aber grundsätzlich nur durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung vermittelt. Deshalb koppele die Stichstraße als Anliegerstraße die Grundstücke des Klägers von der Haupterschließungsstraße S. Straße ab, so dass diese ausbaubeitragsrechtlich nicht zum umlagefähigen Aufwand der S. Straße herangezogen werden könnten.

Mit dieser Begründung beschränkt sich die Rechtskraft des Urteils vom 6. November 2014 keineswegs auf die Frage, ob die klägerischen Grundstücke über die Stichstraße an die S. Straße angebunden seien. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr einen Sondervorteil für die klägerischen Grundstücke als (Grund-)Voraussetzung für die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG verneint. Diese grundstücksbezogene Anforderung, kann – im Gegensatz zu den einrichtungsbezogenen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten, wie etwa die straßenrechtliche Widmung (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2016 – 6 B 16.978 – BayVBl 2017, 418 ff.) – nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Ein Grundstück, dem die beitragsfähige Einrichtung im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten keinen beitragsrelevanten Vorteil vermittelt, ist und bleibt beitragsfrei. Die Rechtskraft des stattgebenden Urteils verbietet der Beklagten daher den Erlass eines neuen Beitragsbescheids unter einer Neubewertung der Vorteilssituation. Das gilt unabhängig davon, ob das Gericht die Vorteilssituation im rechtskräftig gewordenen Urteil richtig und vollständig gewürdigt hat oder nicht. Denn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage, die einen wiederholenden Bescheid rechtfertigen würde, steht nicht im Raum. Die Sachlage kann sich nämlich nach dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 6. November 2014 schon deshalb nicht in entscheidungserheblicher Weise geändert haben, weil es für die Frage der Beitragspflicht für die Grundstücke FlNr. ... und ... allein auf die tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2011 ankommt. Im Übrigen war die Zufahrt zur ausgebauten S. Straße nach den von der Beklagten vorgelegten Luftbildern schon in den Jahren 2009 und 2011 und damit zum Zeitpunkt des Urteils vom 6. November 2014 vorhanden. Demnach ist die nun zur Entscheidung stehende erneute Anfechtungsklage zulässig und ohne weitere Sachprüfung begründet.

2. Im Übrigen unterliegen die Grundstücke FlNr. ... und ... nicht der Beitragspflicht für den Ausbau der S. Straße.

a) Dass ihre Anbindung an die S. Straße über die Stichstraße (Ortsstraße auf dem Straßengrundstück FlNr. ...) keinen beitragsrelevanten Vorteil auslöst, hat das Verwaltungsgericht in seinem – rechtskräftigen – Urteil vom 6. November 2014 zutreffend entschieden. Die Stichstraße stellt aus rechtlichen Gründen zwingend eine eigenständige Einrichtung mit der Folge dar, dass die an sie angrenzenden klägerischen Grundstücke insoweit von der S. Straße als übernächster Verkehrseinrichtung abgekoppelt werden (vgl. BayVGH, U.v. 30.6.2016 – 6 B 16.515 – juris Rn. 17 f. m.w.N.).

b) Die klägerischen Grundstücke FlNr. ... und ... können entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil vom 13. Oktober 2016 auch nicht auf einem anderen Weg, nämlich nach den Grundsätzen für nicht gefangene Hinterliegergrundstücke (dazu etwa BayVGH‚ U.v. 25.10.2012 – 6 B 10.132 – juris Rn. 31, 39 ff.; B.v. 17.3.2017 – 6 CS 17.353 – juris Rn. 9 m.w.N.), beitragspflichtig sein. Zwar ist von ihnen aus die S. Straße auf einer tatsächlich angelegten Zufahrt über die im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke FlNr. ..., ... und das im Eigentum der Beklagten stehende Anliegergrundstück ... erreichbar; diese Zufahrt ist aber auf dem städtischen Grundstück FlNr. ... aufgrund fehlender rechtlicher Sicherung von den Grundstücken FlNr. ... und ... aus nicht verlässlich benutzbar.

Für die Bejahung eines Sondervorteils gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG ist nach ständiger Rechtsprechung – unabhängig von der Unterscheidung zwischen gefangenen und nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken – eine rechtlich verlässliche Benutzbarkeit einer Zufahrt bzw. eines Zugangs über das Anliegergrundstück erforderlich (BayVGH, B.v. 10.9.2010 – 6 ZB 09.2998 – juris Rn. 6; B.v. 14.3.2011 – 6 B 09.1830 – juris Rn. 19; B.v. 18.4.2012 – 6 ZB 11.2863 – juris Rn. 5; B.v. 25.4.2012 – 6 ZB 11.2029 – juris Rn. 4; U.v. 25.10.2012 – 6 B 10.133 – juris Rn. 43 jeweils m.w.N. der Rechtsprechung; so auch Driehaus in ders. , Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 401i; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 35 Rn. 24: „hinreichend gesicherte“ Inanspruchnahmemöglichkeit). Wird demnach ein Grundstück von der abgerechneten Straße durch ein in fremdem Eigentum stehendes Anliegergrundstück getrennt, bedarf es der Bestellung einer Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) oder zumindest einer schuldrechtlichen Vereinbarung zur Nutzung des Anliegergrundstücks (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2012 – 6 ZB 11.2029 – juris Rn. 4).

Eine solche rechtliche Sicherung fehlt für die Zufahrt von den Hinterliegergrundstücken FlNr. ... und ... über das in fremdem Eigentum stehende Grundstück FlNr. ... zur abgerechneten S. Straße.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und den in den Akten befindlichen Luftbildern war im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2011 eine befahrbare Zufahrt vom Grundstück FlNr. ... (in wirtschaftlicher Einheit mit dem als Zufahrt zur 33 m langen Stichstraße FlNr. ... genutzten Grundstück FlNr. ...) über die Grundstücke FlNr. ... und ... sowie den Grundstücksstreifen FlNr. ... zur S. Straße vorhanden. Zwar liegt das – hier nicht im Streit stehende – Grundstück FlNr. 1 im Südosten auf einer Breite von etwa 8 m an der S. Straße an. Doch kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit in diesem Bereich – theoretisch – eine Zufahrtsmöglichkeit von der S. Straße zu den Grundstücken des Klägers geschaffen werden könnte. Vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, wo die tatsächlich angelegte Zufahrt zur S. Straße im Jahr 2011 verläuft. Diese Zufahrt liegt weiter westlich und führt weitgehend über das im Eigentum der Stadt stehende (weitere) Anliegergrundstück FlNr. ... Zulasten dieses Grundstücks war daher – sinnvollerweise – am 3. Mai 2006 ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. ... bestellt und im Grundbuch eingetragen worden. Hierbei handelt es sich um eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB. Danach kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf. Die Stadt als Eigentümerin des „dienenden“ Grundstücks FlNr. ... muss somit das Überqueren ihres Grundstücks dulden. Berechtigt dazu ist aber nur der jeweilige Eigentümer eines bestimmt bezeichneten „herrschenden“ Grundstücks, hier also des Grundstücks FlNr. ... (subjektiv-dingliches Recht, vgl. hierzu Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1018 Rn. 3; Weber in Staudinger, BGB, Stand 2017, § 1018 Rn. 41; Grziwotz in Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1018 Rn. 5). Gegenstand der auf dem Grundstück FlNr. 181/10 ruhenden Grunddienstbarkeit ist damit nur die Überfahrt von Fahrzeugen zu und von dem Grundstück FlNr. 1. Eine Erweiterung dieses limitierten Überfahrtsrechts auch zugunsten der „Hinter-Hinterliegergrundstücke“ FlNr. ... und ... ist nicht möglich; entsprechenden Kraftfahrzeugverkehr hätte die Beklagte als Eigentümerin des Anliegergrundstücks FlNr. ... zivilrechtlich nicht zu dulden. Damit fehlt den von der Beklagten herangezogenen Grundstücken FlNr. ... und ... die rechtlich gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme der abgerechneten S. Straße über das Anliegergrundstück FlNr. ... (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2001 – 6 CS 01.1950 – juris Rn. 7).

3. Auf die übrigen von den Beteiligten dargelegten Gesichtspunkte kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. So ist es nicht relevant, ob die Zufahrt über das in fremdem Eigentum stehende Anliegergrundstück FlNr. ... – wie vom Verwaltungsgericht angenommen und vom Kläger bestritten – direkter, geradliniger und breiter ist und sich einfacher nutzen lässt als die Zufahrt über die 33 m lange Stichstraße auf dem Grundstück FlNr. ...

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen‚ weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werde

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Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Dezember 2015 - M 2 K 15.1651 - geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 27. November 2013 wird insoweit aufgehoben, als darin e
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 6 CS 19.577

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Tenor I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. Februar 2019 - W 2 S 18.1450 - wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Dezember 2015 - M 2 K 15.1651 - geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 27. November 2013 wird insoweit aufgehoben, als darin ein den Betrag von 4.197,87 € übersteigender Straßenausbaubeitrag festgesetzt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 9/10 und der Beklagte 1/10. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden‚ wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der Ortsstraße Kirchplatz durch den beklagten Markt.

Mit Bescheid vom 27. November 2013 wurde sie für ihr Grundstück Fl. Nr. 255 für die Erneuerung und Verbesserung des Kirchplatzes zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 4.632,73 € herangezogen. Nachdem über den von ihr eingelegten Widerspruch in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden war, erhob sie Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Dezember 2015 den Bescheid des Beklagten vom 27. November 2013 insoweit aufgehoben, als darin ein den Betrag von 3.868,71 € übersteigender Straßenausbaubeitrag festgesetzt worden war und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Für die Beurteilung der Verteilungsfragen sei auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten abzustellen. Diese seien mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung beim Beklagten im Mai 2009 entstanden. Dass eine Teilfläche der abgerechneten Anlage nördlich des Grundstücks Fl. Nr. 254 in diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam gewidmet gewesen sei, stehe der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten im Straßenausbaubeitragsrecht nicht entgegen. Das Merkmal „öffentlich“ im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, § 1 ABS erfordere bei einer Einrichtung wie einer Straße nicht zwingend eine wirksame Widmung nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz. Der Begriff der öffentlichen Einrichtung i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG sei weit gefasst und decke sich mit dem der öffentlichen Einrichtung, wie sie Art. 21 Abs. 1 GO verstehe, wozu alle Einrichtungen gehörten, die eine Kommune der Öffentlichkeit durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Widmungsakt zur Verfügung stelle und diese im öffentlichen Interesse unterhalte. An der „Öffentlichkeit“ auch hinsichtlich der fraglichen Teilfläche bestehe kein Zweifel. Sie sei Teil des historisch gewachsenen Ortskerns des Beklagten und auch nach historischem Kartenmaterial bei im Wesentlichen unveränderter Bebauung der angrenzenden Grundstücke jedenfalls seit Anfang des 19. Jahrhunderts der Öffentlichkeit zugänglich.

Mit Beschluss vom 18. Mai 2016 - 6 ZB 15.2785 - hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit dieses den Beitragsbescheid vom 27. November 2013 hinsichtlich eines Beitragsteils in Höhe von 329,16 € aufgehoben hat; gleichzeitig wurde der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den klageabweisenden Teil des Urteils abgelehnt.

Mit seiner Berufung macht der Beklagte geltend‚ das Merkmal „öffentlich“ im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG, § 1 ABS erfordere auch bei einer Einrichtung wie einer Ortsstraße zwingend eine wirksame Widmung nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 ABS knüpften ausdrücklich an „Ortsstraßen (Art. 46 BayStrWG)“ an. Die Widmung des Kirchplatzes sei westlich der Ostgrenze des Grundstücks Fl. Nr. 254 erst am 31. Juli 2015 vollständig erfolgt. Erst damit seien die sachlichen Beitragspflichten entstanden. Zu diesem Zeitpunkt seien aber die Hauptstraße/Wasserburger Straße zu Ortsstraßen abgestuft und die Eckermäßigungen (für die Grundstücke Fl. Nr. 190, 192 und 193) zu Recht gewährt worden. Nach der Vergleichsberechnung, die die beiden Hinterliegergrundstücke Fl. Nr. 187/2 und 182 einbeziehe, ergebe sich für das Grundstück der Klägerin ein Beitrag von 4.197,87 €.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß)‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Dezember 2015 aufzuheben, soweit darin der im angefochtenen Bescheid festgesetzte Straßenausbaubeitrag um mehr als 4.197,87 € verringert wurde und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die - entsprechend dem Zulassungsantrag und der zugelassenen Berufung - auf einen Beitragsteil von 329,16 € beschränkte Berufung des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet.

Auf die Berufung des Beklagten ist das erstinstanzliche Urteil zu ändern und der Bescheid des Beklagten vom 27. November 2013 insoweit aufzuheben, als darin ein den Betrag von 4.197,87 € übersteigender Straßenausbaubeitrag festgesetzt wurde. Denn dieser Bescheid ist in Höhe des Betrags von 4.197,87 € rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Bei dem Ausbau des Kirchplatzes handelt es sich um die Erneuerung einer Ortsstraße, für die der Beklagte auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG und seiner Ausbaubeitragssatzung vom 13. Februar 2003 Straßenausbaubeiträge erheben darf. Dem steht nicht entgegen, dass der Kirchplatz erst nach Durchführung der Baumaßnahme und Erlass des Beitragsbescheides vollständig als Ortsstraße gewidmet worden ist.

a) Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG (nunmehr geltend in der Fassung vom 8.3.2016, GVBl S. 36) können die Gemeinden zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Gemäß § 1 der Ausbaubeitragssatzung des Beklagten vom 13. Februar 2003 (ABS) erhebt der Beklagte zur Deckung seines Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der in § 5 Abs. 1 ABS genannten, in seiner Baulast stehenden öffentlichen Einrichtungen Beiträge nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes und dieser Satzung, soweit nicht Erschließungsbeiträge zu erheben sind. In § 5 Abs. 1 Nr. 1 ABS wird der Begriff „Ortsstraßen (Art. 46 BayStrWG)“ verwandt.

Der Ortsgesetzgeber knüpft damit, ebenso wie der Gesetzgeber in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, an die Regelungen des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes an. Der beitragsrechtliche Begriff „Ortsstraßen“ folgt dem straßenrechtlichen, in Art. 46 Nr. 2 BayStrWG definierten Begriff. Danach sind Ortsstraßen Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage oder innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Sinne des BauGB dienen mit Ausnahme der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, Staatsstraßen und Kreisstraßen (BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B. v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 7). Dementsprechend setzt - insoweit entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - der in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG verwendete Begriff „öffentlich“ bei einer Ortsstraße entweder eine Eintragung im Straßenbestandsverzeichnis (Art. 67 Abs. 3 BayStrWG) oder eine Widmung nach Art. 6 BayStrWG voraus (vgl. Art. 1 BayStrWG). Die sachlichen Beitragspflichten können erst entstehen, wenn eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist (BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B. v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 8; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 31 Rn. 3).

Nach Art. 67 Abs. 3 Satz 1 bis 3 BayStrWG sind die Bestandsverzeichnisse von den Straßenbaubehörden innerhalb von drei Jahren seit Inkrafttreten des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes am 1. September 1958 (Art. 80 BayStrWG) anzulegen. Sie sind nach Anlegung sechs Monate lang in den Gemeinden zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Straßenbaubehörden haben den Lauf dieser Frist vorher öffentlich bekannt zu machen. Nach Art. 67 Abs. 5 BayStrWG gilt eine Straße, die nicht im Bestandsverzeichnis aufgenommen worden ist, nicht als öffentliche Straße. Nach dieser sogenannten negativen Publizität des Art. 67 Abs. 5 BayStrWG wird unwiderleglich vermutet, dass keine öffentliche Straße vorliegt, wenn ein Grundstück bei der erstmaligen Anlegung des Bestandsverzeichnisses nicht als kommunale Straße eingetragen worden ist. Die negative Fiktion gilt selbst dann, wenn die Straße tatsächlich ununterbrochen für den örtlichen Verkehr in Anspruch genommen worden ist (BayVGH, B. v. 7.7.2010 - 8 ZB 09.3196 - juris Rn. 8; Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 67 Rn. 4). Dies kommt auch in den Fällen zum Tragen, in denen die Gemeinde zwar die Straße in das Bestandsverzeichnis aufgenommen hat, nicht aber die räumliche Erstreckung der Straße auf ein bestimmtes Grundstück oder einen bestimmten Grundstücksteil (vgl. Häußler, a. a. O., Art. 67 Rn. 46). Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG erhält eine Straße - außer durch die oben genannte Eintragung in das Bestandsverzeichnis - auch durch die Widmung die Eigenschaft einer öffentlichen Straße (BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B. v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 8).

b) Gemessen an diesem - straßenrechtlichen - Maßstab ist der Kirchplatz erst nach Durchführung der abgerechneten Baumaßnahme und nach Erlass des Beitragsbescheids in vollständiger Weise als Ortsstraße gewidmet worden.

Der Kirchplatz stellt zwar eine vorhandene Erschließungsanlage im Sinn des Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG (bis 31.3.2016: § 242 Abs. 1 BauGB) dar, die seit unvordenklicher Zeit im Wesentlichen in der heute noch bestehenden Gestalt angelegt ist, tatsächlich für den öffentlichen Innerortsverkehr genutzt wird und für die der Beklagte seit langem die Straßenbaulast übernommen hat. Bei Anlegung des Straßen- und Bestandsverzeichnisses war der Kirchplatz dennoch nicht wirksam aufgenommen worden. In der Eintragungsverfügung vom 15. September 1962 in das Bestandsverzeichnis ist der Kirchplatz mit dem Anfangspunkt „Ostrand des Rathauses“ und dem Endpunkt „Hauptstraße, Wasserburger Straße (B 12 und B 15)“ und seiner Länge von „0,101 km“ nur unvollständig erfasst, weil die platzartige Aufweitung nördlich des Grundstücks Fl. Nr. 254 und östlich des Grundstücks Fl. Nr. 255 nicht enthalten ist. Auch in der Eintragungsverfügung vom 8. Juni 1995 ist lediglich die „Ostgrenze von Fl. Nr. 254“ genannt. Das gleiche gilt für die Eintragungsverfügung vom 3. Dezember 2014.

Vollständig als Ortsstraße gewidmet wurde der Kirchplatz erst mit der Verfügung und Bekanntmachung vom 31. Juli 2015. In dieser Widmungsverfügung wurde erstmals die „Teilfläche der Fl. Nr. 253 von der Ostkante des Gebäudes Kirchplatz 3 bis zur Ostkante des Gebäudes Kirchplatz 2“ und eine Gesamtlänge der Einrichtung „von km 0,000 bis km 0,116“ genannt und damit die platzartige Fläche nördlich des Grundstücks Fl. Nr. 254 und östlich des Grundstücks Fl. Nr. 255 erfasst. Mithin hat der Kirchplatz seine Eigenschaft als Ortsstraße und öffentliche Einrichtung erst nach Durchführung der abgerechneten Straßenbaumaßnahmen und nach Erlass des Beitragsbescheides in vollem Umfang erhalten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 BayStrWG).

c) Trotz der erst nachträglichen vollständigen Widmung handelt es sich um eine beitragspflichtige Erneuerungsmaßnahme an einer Ortsstraße.

Es kommt hierbei nicht auf die straßenrechtliche Qualifizierung im Zeitpunkt der technischen Durchführung der Straßenausbaumaßnahme an. Zwar kann Gegenstand einer beitragspflichtigen Erneuerungsmaßnahme nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in Verbindung mit der Ausbaubeitragssatzung des Beklagten nur eine Ortsstraße sein. Deshalb ist neben dem Abschluss der Erneuerungsmaßnahme und dem Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung die entsprechende - vollständige - straßenrechtliche Widmung Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten (vgl. BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; B. v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 17). Das Gesetz gibt jedoch - wie im Erschließungsbeitragsrecht (dazu Driehaus, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 133 Rn. 21 m. w. N.) - keine Reihenfolge vor, in welcher diese Voraussetzungen eintreten müssen, damit die Beitragspflichten entstehen können. Dementsprechend ist es grundsätzlich unerheblich, wenn eine Widmung erst längere Zeit nach dem Abschluss der Ausbauarbeiten mit der Folge vorgenommen wird, dass erst dann die Beitragspflichten entstehen und der Lauf der Verjährungsfrist beginnt. Das gilt auch, wenn sämtliche Voraussetzungen für die Widmung bereits jahrelang vorgelegen haben (vgl. BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris; NdsOVG, B. v. 21.5.2012 - 9 LB 100/10 - nicht veröffentlicht; Driehaus in ders. , Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 487a). Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Beitragsbescheid auch noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens geheilt werden. Ein ursprünglich wegen fehlender oder nicht vollständiger Widmung rechtswidriger Beitragsbescheid unterliegt daher nicht der Aufhebung, wenn die (vollständige) Widmung der ausgebauten Straße nach Erlass des angefochtenen Bescheids nachgeholt wird (u. a. BayVGH, B. v. 18.5.2016 - 6 ZB 15.2785 - juris Rn. 17; B. v. 12.8.2008 - 6 ZB 05.1617 - juris Rn. 5; Driehaus in ders. , Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 172 ff., 177). Das führt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu einer „unzulässigen Rückwirkung“ der straßenrechtlichen Widmung. Vielmehr wird die ursprünglich unvollständige Widmung mit Wirkung für die Zukunft mit der Folge nachgeholt, dass die sachlichen Beitragspflichten mit dem Eintritt der letzten Voraussetzungen entstehen. Die Bestimmung des § 3 ABS steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift entsteht die Beitragsschuld mit dem Abschluss der Maßnahme (einschließlich des notwendigen Grunderwerbs). Eine Maßnahme ist abgeschlossen, wenn sie tatsächlich und rechtlich beendet und der Gesamtaufwand feststellbar ist (§ 3 Abs. 1 ABS). „Rechtlich beendet“ war die abgerechnete Erneuerungsmaßnahme aber erst - wie oben ausgeführt - mit der Bekanntmachung der vollständigen Widmung vom 31. Juli 2015. Nach Art. 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG i. V. m. Nr. 4 der Verfügung und Bekanntmachung der Widmung gilt die Widmung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben; damit wurde sie am 14. August 2015 wirksam.

Eine nachträgliche Widmung kann nur dann keine Beitragspflichten entstehen lassen, wenn der maßgebliche Sachverhalt (Erneuerung oder Verbesserung einer Straße) bereits abgeschlossen war, ohne dass Beitragstatbestände berührt wurden. Führt eine Gemeinde etwa an einer entsprechend gewidmeten Gemeindeverbindungsstraße (Art. 46 Nr. 1 BayStrWG) im Rahmen ihrer Straßenbaulast (Art. 47 Abs. 1 BayStrWG) - beitragsfreie - Erneuerungsmaßnahmen durch, kann sie nach Änderung der Verkehrsbedeutung und entsprechender Umstufung zur Ortsstraße diesen abgeschlossenen Sachverhalt beitragsrechtlich nicht rückwirkend als beitragspflichtige Erneuerung einer Ortsstraße umqualifizieren (BayVGH, U. v. 1.12.2016 - 6 BV 16.856 - juris). Davon kann indes im vorliegenden Fall keine Rede sein. Denn der Beklagte wollte nach seinem insoweit maßgeblichen Bauprogramm von Anfang an den Kirchplatz als vermeintliche - wenn auch nicht vollständig gewidmete - Ortsstraße im Rahmen der ihm obliegenden Straßenbaulast erneuern; dieser Sachverhalt ist erst abgeschlossen, wenn sämtliche Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten erfüllt sind.

d) Zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten am 14. August 2015 war nach den - unwidersprochenen - Angaben des Beklagten die frühere Bundesstraße B 15 im maßgeblichen Ortsbereich bereits zur Ortsstraße abgestuft worden; neuer Träger der Straßenbaulast war der Beklagte geworden. Die Regelung war mit Ablauf des 31. Mai 2015 und damit vor der Bekanntmachung der Widmung wirksam geworden (Bayerischer Staatsanzeiger vom 8.5.2015, VG-Akte S. 144). Damit war den an der früheren B 15 und nunmehrigen Ortsstraße gelegenen Grundstücken Fl. Nr. 190, 192 und 193 eine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung nicht nur hinsichtlich der Teileinrichtungen Straßenbeleuchtung und Parkplätze, sondern auch bezüglich der Fahrbahn zu gewähren. Entsprechend der vom Beklagten mit dem Zulassungsantrag vorgelegten Vergleichsberechnung vom 19. Dezember 2015 ergibt sich für das Grundstück der Klägerin ein Straßenausbaubeitrag in Höhe von 4.197,87 €.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO‚ § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Die Revision ist nicht zuzulassen‚ weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 329,16 € festgesetzt (§ 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.