Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 15. März 2019 - 22 A 16.40010, 22 A 17.40003

published on 15/03/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 15. März 2019 - 22 A 16.40010, 22 A 17.40003
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Tenor

I. Es wird gegenüber der Beklagten zu 1 festgestellt, dass die Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991 (Az. E-BbahnG 1/91) mit Schreiben vom 10. Mai 2010 wirksam gekündigt wurde. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten trägt die Beklagte zu 1 1/3. Die Kläger tragen 2/3 der Gerichtskosten als Gesamtschuldner. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 und 3. Die Beklagte zu 1 trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 Die Parteien streiten um die Frage, ob eine am 28. Februar 1991 in der Form einer Einigungsniederschrift vor der Enteignungsbehörde abgeschlossene Einigung über die Besitzüberlassung und Entschädigung durch ein Schreiben vom 10. Mai 2010 wirksam gekündigt worden ist.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 7. Mai 1982 wurde der Rangierbahnhof München-Nord planfestgestellt. Dieser Planfeststellungsbeschluss wurde in der Folgezeit bestandskräftig. Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses war auch ein auf das Bahnhofsgelände zuführendes Gleis, das auf einem Bahndamm gelegen die P* …straße kreuzt und über Privatgrundstücke verläuft. Für eine 1.430 m² Teilfläche kam es am 27. November 1989 zu einem Besitzeinweisungsbeschluss zu Gunsten der Deutschen Bundesbahn. Hiergegen legte der Rechtsvorgänger der Kläger und damalige Berechtigte, Herr … …, Widerspruch ein. Im Rahmen eines weiteren Besitzeinweisungsverfahrens für weitere Teilflächen einigten sich die damaligen Parteien dieses Besitzeinweisungsverfahrens am 28. Februar 1991 in der streitgegenständlichen Einigungsniederschrift zum Aktenzeichen E-BBahnG 1/91.

Die Einigungsniederschrift trägt den Betreff „vorzeitige Besitzeinweisung nach dem BBahnG/BayEG in eine weitere Teilfläche aus dem Grundstück Flurstück … Gemarkung A* …“. In der Nr. 1 der Niederschrift räumt Herr … … der Deutschen Bundesbahn den Besitz - soweit vorhanden - an einer Teilfläche des Grundstücks Flurstück … Gemarkung A* … mit Wirkung vom 5. März 1991 ein. Auf dieser Fläche sollte die Deutsche Bundesbahn die Arbeiten für den Bau des Rangierbahnhofs München-Nord durchführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen, insbesondere den Abbruch der auf der Teilfläche vorhandenen baulichen Anlangen und die Errichtung eines Verbindungsgleises treffen. Auf den Planfeststellungsbeschluss vom 7. Mai 1982 ist ausdrücklich Bezug genommen. Unter Nr. 2 der Einigung verpflichtet sich Herr … …, unverzüglich das Widerspruchsverfahren über den Besitzeinweisungsbeschluss vom 27. November 1989 für erledigt zu erklären. Unter Nr. 3 der besagten Einigung gewährt die Deutsche Bundesbahn für die Inbesitznahme näher ausgeführte Entschädigungen, bezogen auf die damals angenommenen Berechtigungen des Herrn … … Dieser Abschnitt der Einigung schließt mit folgendem Satz: „Die Dauer der Verzinsung und die endgültige Regelung der Entschädigung der Höhe nach bleibt einem förmlichen Enteignungsverfahren bzw. einer vertraglichen Regelung zwischen der Deutschen Bundesbahn und Herrn … … vorbehalten.“ Nr. 4 der Einigung regelt, wann die Entschädigungsbeträge jeweils zu zahlen sind. Unter Nr. 5 der Einigung verpflichtet sich die Deutsche Bundesbahn, Herrn … … die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Besitzeinweisungsverfahren zu erstatten. Zudem wurde Herrn … … ein Widerrufsrecht bis zum Ablauf des 4. März 1991 eingeräumt, das dieser jedoch nicht ausgeübt hat. Die Einigungsniederschrift trägt zwei Unterschriften der damaligen Parteienvertreter und eine Unterschrift eines Mitarbeiters der Enteignungsbehörde der Landeshauptstadt München.

Im September 1991 wurde die Bahntrasse fertiggestellt. Sie wurde jedoch im Bereich der Grundstücke des Herrn … … planabweichend errichtet (höherer Bahndamm und damit einhergehend breiterer Dammfuß), so dass statt der im Planfeststellungsbeschluss veranschlagten 2.035 m² wohl tatsächlich 2.475 m² in Beschlag genommen wurden. In einem vom März 1992 datierenden Enteignungsantrag beantragte die Deutsche Bundesbahn zunächst die Enteignung von 2.620 m² Fläche, später wurde dieser Wert auf 2.475 m² reduziert. Parallel zu diesem Enteignungsverfahren stritten sich die Beteiligten mehrfach vor den Zivilgerichten unter anderem über geänderte Eigentumsverhältnisse an dem streitgegenständlichen Grundstück und die Frage, wer inwieweit Inhaber eines 1972 am Grundstück bestellten Erbbaurechts geworden ist. Zu einem Enteignungsbeschluss kam es schließlich am 11. Oktober 2001, wobei die Enteignungsbehörde Herrn … … bezüglich einer Fläche von 2.474 m² enteignete. Dieser Enteignungsbeschluss wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. April 2005 aufgehoben, da das Vorhaben planabweichend gebaut worden sei und laut Planfeststellungsbeschluss nur 2.035 m² in Anspruch genommen werden dürften.

Unter dem 18. Mai 2006 „widerruft“ Herr … … in einem Schreiben an die Enteignungsbehörde die streitgegenständliche Einigungsniederschrift (Anlage K22). Die damalige vertragliche Regelung sei „gescheitert und gegenstandslos“, sie habe „keine Rechtskraft mehr“. Er sei davon ausgegangen, dass die Enteignungsbehörde die Besitzeinweisung bis 15. Februar 2006 habe aufheben wollen. Da er nur als halber Grundstückseigentümer ein Gestattungsgeld erhalten habe und nicht als halber wirtschaftlicher Erbbauberechtigter, sei dies ein weiterer Grund, dass diese Einigungsniederschrift keine Rechtskraft mehr habe. Aus diesem Grund widerrufe er die Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991. Er stelle hiermit nochmals den Antrag, bis zum 15. Juni 2006 die Besitzeinweisung aufzuheben. Ebenfalls stelle er einen Antrag auf Härteausgleich nach Art. 18 BayEG.

Am 23. Mai 2006 hob die Enteignungsbehörde den Besitzeinweisungsbeschluss vom 27. November 1989, auf den in der streitgegenständlichen Einigungsniederschrift Bezug genommen war, wegen der Aufhebung des Enteignungsbeschlusses durch das Verwaltungsgericht auf (Art. 39 Abs. 5 Satz 2 BayEG). Da der Bahnstreckenzulauf aber schon errichtet war, wies die Enteignungsbehörde Herrn … … nicht wieder in den Besitz der streitgegenständlichen Flächen ein. Bereits im Oktober 2005 hatte die DBNetz AG die Absicht geäußert, ein Planergänzungsverfahren durchzuführen, und einen Ruhensantrag für die laufenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren gestellt.

Am 2. August 2006 stellte die Enteignungsbehörde das Enteignungsverfahren bezogen auf den Antrag vom 11. März 1992 ein.

In der Folgezeit versuchte die DB Netz AG ohne neue Planfeststellung oder Planergänzung weiterhin die Besitzeinweisung und Enteignung von Teilflächen der Grundstücke des Herrn … … zu erreichen. So stellte sie am 14. August 2006 einen neuen Antrag auf Besitzeinweisung, nun bezogen auf eine Grundfläche von 2.035 m². Mit Beschluss vom 16. Oktober 2006 erfolgte über diese Fläche die Besitzeinweisung. Am 23. März 2007 wurde ein neuer Antrag auf Enteignung von 2.035 m² Fläche gestellt.

(Mit Urteil vom 8. Mai 2007 hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az. 22 A 07.40008) den Besitzeinweisungsbeschluss vom 16. Oktober 2006 auf. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 AEG seien nicht erfüllt. Der vollziehbare Planfeststellungsbeschluss schaffe die Voraussetzungen für eine Enteignung oder eine vorzeitige Besitzeinweisung nur im Rahmen der von ihm getroffenen Festsetzungen, nicht jedoch darüber hinaus. Die vorzeitige Besitzeinweisung müsse dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses dienen. Daran fehle es. Die Besitzeinweisung ziele zwar auf eine Grundstücksfläche ab, die den planfestgestellten Grunderwerbsunterlagen entspreche, bezwecke gleichwohl aber nicht die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. Mai 1982, sondern die Vollziehung eines geänderten Plans, hinsichtlich dessen die rechtlich verbindliche Feststellung noch ausstehe. Die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. Mai 1982 sei derzeit real gar nicht möglich, auch nicht teilweise. Der Eisenbahnbetrieb könne derzeit zwangsläufig nur auf einem flächenmäßig gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss erweiterten Damm stattfinden. Für eine Zurückführung des Dammes auf eine geringere Fläche, etwa durch Einfügung einer Stützmauer oder von Winkelträgern, bedürfe es einer Änderungsplanfeststellung, weil ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nicht vorliege. Zu einer Änderung der Besitzverhältnisse komme es aber nicht. Zwar sei zu bedenken, dass hier dem Eigentümer der Besitz schon seit längerer Zeit vorenthalten werde, ohne dass es dem Vorhabensträger gelungen wäre, sich das Eigentum an dem benötigten Gelände zu verschaffen. Maßgeblich sei aber, dass die Bahnanlage Teil des Schienennetzes der Eisenbahn des Bundes sei, dessen Erhalt dem Wohl der Allgemeinheit diene. Hieraus folge eine spezifische öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung der Betriebsanlagen, die mit der faktischen Indienststellung wirksam werde. Art. 87 e Abs. 4 Satz 1 GG reiche aus, um die Fälligkeit der Eigentümeransprüche für eine angemessene Zeit hinauszuschieben, um der Beigeladenen Gelegenheit zu geben, rechtmäßige Verhältnisse herzustellen. Aus der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung folge eine zumindest befristete Duldungspflicht. Es entstehe eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit. Es sei geboten, dass bei fehlender Einigung die Beigeladene die streitige Grundstücksfläche aufgrund Enteignungsverfahren erwerbe. Es sei Sache der Beigeladenen, die hierfür etwa erforderlichen fachplanungsrechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu schaffen.)

Nach diesem Urteil kam es nicht mehr zu einer Enteignung. In der Folgezeit begehrte Herr … … Entschädigung nach Aufhebung der vorzeitigen Besitzeinweisung. Am 6. Mai 2010 machte die Beklagte einen Anpassungsvorschlag zur streitgegenständlichen Einigung. Mit Schreiben vom 10. Mai 2010 (Anlage K 35) an den Bevollmächtigten der drei Beklagten kündigte der Klägerbevollmächtigte für Herrn … … die streitige Einigungsniederschrift. Mit der Aufhebung des Enteignungsbeschlusses vom 11. Oktober 2001 und der daraus resultierenden Aufhebung der vorzeitigen Besitzeinweisung durch Aufhebungsbeschluss vom 23. Mai 2006 sei die Geschäftsgrundlage der Einigung weggefallen. Insoweit bestehe kein Grund mehr, die Einigungsniederschrift aufrechtzuerhalten, da eine Einigung über die weitere Besitzeinräumung das Bestehen der Besitzeinweisung und eines Enteignungsverfahrens voraussetze. Die Einigungsniederschrift werde auch gekündigt, weil sich die Geschäftsgrundlage komplett geändert habe. Man sei bei Abschluss davon ausgegangen, dass die Einigungsniederschrift nur für kurze Zeit geschlossen werde, da zu erwarten gewesen sei bzw. beide Parteien davon ausgegangen seien, dass das Enteignungsverfahren oder eine vertragliche Regelung in absehbarer Zeit von höchstens ein bis zwei Jahren beendet sein würde. Hinzu käme, dass sich die Rechtsposition des Herrn … … gravierend verändert hätte. Die Einigungsniederschrift sei mit ihm nur in seiner Rechtsstellung als 1/2-Grundstückseigentümer und in dieser Entschädigungsposition getroffen worden. Es sei keine Entschädigung für seine Rechtsposition als Erbbauberechtigter zu 1/2 getroffen worden. Hinzu komme, dass er seit 1993 Eigentümer des gesamten Grundstücks geworden sei, ohne dass hierfür eine Entschädigung festgesetzt oder gezahlt worden sei. Höchstvorsorglich werde hilfsweise die Anpassung des Vertrages gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. VwVfG verlangt. Hiernach sei Herr … … für weitere Schadenspositionen zu entschädigen, auch aufgrund seiner erweiterten Rechtsstellung.

Die Kündigung der Besitzeinräumungs- und Entschädigungsvereinbarung wurde bahnseitig nicht akzeptiert und auch von der Enteignungsbehörde angezweifelt. Mit Schriftsatz vom 18. März 2013 erhoben die Kläger als Rechtsnachfolger des im September 2011 verstorbenen Herrn … … daher vor dem Verwaltungsgericht München Klage. Sie beantragten zuletzt,

1. festzustellen, dass die Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991, Az. E-BBahnG 1/91, mit Schreiben vom 10. Mai 2010 wirksam gekündigt wurde.

2. Hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991, Az. E-BBahnG 1/91, sich aufgrund des Zeitablaufs erledigt hat.

Die Vereinbarung habe wirksam gemäß § 60 Abs. 1 VwVfG gekündigt werden können. Die Parteien seien von plankonformer Errichtung ausgegangen. Sie seien auch vom Bestand der Besitzeinweisung vom November 1989 ausgegangen. Zudem habe sich die Eigentümer- und Rechtsstellung des Rechtsvorgängers der Kläger erheblich verändert. Es sei bei der Einigung von einem üblichen Zeitraum bis zur Enteignung von ca. zwei Jahren auszugehen gewesen. Eine Anpassung sei nicht möglich und nicht zumutbar. Die vorzeitige Besitzeinweisung sei Grundlage der Einigungsniederschrift gewesen. Ein Fortbestand dieser Einigung sei nicht zumutbar, weil darin die Zustimmung zur nicht plankonformen Errichtung läge, was nach § 22 AEG Grundlage für eine weitere Enteignung sein könne. Eine Anpassung wäre auch mit dem Sinn und Zweck des Enteignungsrechts unvereinbar. Wenn nämlich die Aufhebung eines Enteignungsbeschlusses zwingend die Aufhebung der Besitzeinweisung zur Folge habe, müsse auch eine Einigungsniederschrift kündbar sein. Die Einigungsniederschrift baue daher insgesamt auf dem Besitzeinweisungsbeschluss auf; die Geschäftsgrundlage sei weggefallen.

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragten mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013,

die Klage abzuweisen.

Zudem stellten sie den Antrag, die Enteignungsbehörde als Beteiligte an der Einigungsniederschrift zum Verfahren beizuladen. Die Beklagte zu 2 (Deutsche Bundesbahn AG) sei für diesen Rechtstreit nicht passivlegitimiert. Die wesentliche Geschäftsgrundlage der damaligen Einigung, nämlich die Inanspruchnahme von Flächen für einen Bahndamm und ein fortdauernden Besitzentzug, sei unverändert geblieben. Enteignungsbehörde und auch das Landgericht München I hielten eine Anpassung für möglich. Eine solche Anpassung habe man den Klägern unter dem 6. Mai 2010 auch angeboten. Hinsichtlich des Streitwertes des vorliegenden Verfahrens sei mindestens von einem Wert von 170.000 € auszugehen.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013 beantragte die Beklagte zu 3 (Bundeseisenbahnvermögen)

die Klage abzuweisen.

Das Bundeseisenbahnvermögen sei nicht passivlegitimiert. Die Beklagte zu 3 vertrat im Übrigen zur Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die gleiche Auffassung wie die Beklagten zu 1 und 2.

In einer Reihe weiterer Schriftsätze tauschten sich die Parteien u.a. auch zur Frage aus, wer von den drei Beklagten nun Rechtsnachfolger der an der damaligen Einigungsniederschrift beteiligten Deutschen Bundesbahn geworden ist. Die Kläger vertraten dabei die Auffassung, dass alle Beklagten Rechtsnachfolger der Deutschen Bundesbahn seien. Irgendwelche internen Ausgliederungen seien für sie nicht verbindlich und auch sonst unerheblich. Es habe keine verbindliche Erklärung irgendeiner der drei Beklagten gegeben, wer sich nun als Rechtsnachfolger an der Einigungsniederschrift beteiligt fühle.

Nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens wegen schwebender Vergleichsverhandlungen trennte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 24. Februar 2016 das Verfahren auf. Hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 der Einigungsniederschrift verwies es das Verfahren an den insoweit erstinstanzlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof und gab diesem Verfahren das Aktenzeichen M 24 K 16.879. Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhielt dieser Teil des Rechtstreits das Aktenzeichen 22 A 16.40010.

Hinsichtlich der Nr. 3 der Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991 verwies das Verwaltungsgericht den Rechtstreit an das Landgericht München I. Mit Beschluss vom 10. November 2016 (22 C 16.757) hob der Verwaltungsgerichtshof den Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. Februar 2016 auf und verwies den Rechtstreit insoweit zurück an das Verwaltungsgericht München. Die in einem Besitzeinweisungsverfahren erzielte Einigung stelle einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar, der nur einheitlich als öffentlich-rechtlich qualifiziert werden könne. Die Nr. 3 der Einigung zeige, dass einem förmlichen Enteignungsverfahren nicht habe vorgegriffen werden sollen. Wenn neben der sogenannten Bauerlaubnis auch für die durch den Besitzverlust entstehenden Vermögensnachteile eine Entschädigungsregelung vorgesehen sei, könne nicht von mehreren eigenständigen Verträgen gesprochen werden. Zwischen den Abreden bestehe hier ein untrennbarer Zusammenhang.

Hinsichtlich dieses an das Verwaltungsgericht zurückverwiesenen Verfahrens erklärte sich das Verwaltungsgericht dann mit Beschluss vom 16. Dezember 2016 für unzuständig und verwies den Rechtstreit auch insoweit an den Verwaltungsgerichtshof (unter Bezugnahme auf Art. 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und Satz 3 VwGO, § 6 AGVwGO). Beim Verwaltungsgerichtshof erhielt dieser Verfahrensteil dann das Aktenzeichen 22 A 17.40003.

In diesem Verfahren beantragte der Vertreter der Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nahm er auf die bereits beim Verwaltungsgericht München eingereichten Schriftsätze Bezug.

Nach zwischenzeitlichem faktischem Ruhen der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren aufgrund von Vergleichsverhandlungen beantragte der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2018, die Verfahren hinsichtlich der Einigungsniederschrift fortzusetzen. Mit weiterem Schriftsatz vom 4. März 2019 begründete er den gestellten Hilfsantrag. Die Einigungsniederschrift habe sich lediglich auf die vorläufige Besitzeinweisung im Rahmen des Enteignungsverfahrens bezogen und sei somit durch die weitere Entwicklung überholt. Die Einigungsniederschrift habe ausdrücklich auf einen erwarteten Enteignungsbeschluss Bezug genommen. Dieser Enteignungsbeschluss sei am 11. Oktober 2001 erlassen worden, somit sei spätestens zu diesem Zeitpunkt die Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991 zeitlich überholt gewesen. Genau betrachtet sei sie bereits sehr viel früher zeitlich überholt gewesen. Normalerweise hätte ein Enteignungsbeschluss zeitnah erlassen werden müssen. Die Einigungsniederschrift sei höchstens bis zum Ende des Jahres 1992 ausgelegt gewesen. Aus diesem Grund könnten sich die Beklagten hinsichtlich der Passivlegitimation auch nicht darauf berufen bzw. es sei treuwidrig, sich darauf zu berufen, dass die Übertragung der Verfahrensstellung durch den Ausgliederungsplan vom 1. Januar 1994 nur auf die Beklagte zu 1 übertragen worden sei. Die Einigungsniederschrift blockiere immer noch die Verfahren vor dem Oberlandesgericht München. Es sei auch rechtsmissbräuchlich, dass sich die Beklagten immer und in jedem Verfahren gegen die Kläger auf die fehlende Passivlegitimation berufen würden. Es werde versucht, die Kläger mit ihren Klagen ins Leere laufen zu lassen. Insoweit seien die Kläger immer gezwungen, alle Rechtsnachfolger der Deutschen Bundesbahn mitaufzunehmen. Es gebe keine rechtsverbindlichen Erklärungen der Beklagten gegenüber der Klägerseite, wer neuer Vertragspartner der Einigungsniederschrift sei. Insoweit hätten die Beklagten gegenüber den Klägern rechtsverbindlich erklären müssen, wer neue Vertragspartei der Einigungsniederschrift sei, da Rechtsnachfolger der Deutschen Bundesbahn alle drei Beklagten seien.

(Mit Beschluss vom 1. März 2019 lehnte der Berichterstatter den Antrag auf Beiladung der Landeshauptstadt München (Enteignungsbehörde) ab.)

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die darüber erstellte Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klagen sind als Feststellungsklagen gemäß § 43 VwGO zulässig. Mit dem Hauptantrag machen die Kläger die Wirksamkeit einer Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (und damit das Nichtbestehen des Vertrags ab dem Zeitpunkt der Kündigung) geltend (zur Zulässigkeit einer solchen Klage Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 49). Die Klage gegen die Beklagte zu 1 ist auch begründet, denn die Kündigung mittels Schreiben vom 10. Mai 2010 war wirksam (1.). Die Beklagte zu 1 war 2010 auch unstreitig Vertragspartnerin und fühlt sich ausweislich der Erklärungen in der mündlichen Verhandlung (immer noch) aus dem Vertrag verpflichtet. Die Klagen gegen die Beklagten zu 2 und 3 waren wegen fehlender Passivlegitimation abzuweisen (2.).

1. Die Einigung in der streitgegenständlichen Einigungsniederschrift vom 28. Februar 1991 ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (BayVGH, B.v. 10.11.2016 - 22 C 16.757 - juris Rn. 18). Im Vertrag selbst ist kein Kündigungsrecht vorgesehen. Die ausgesprochene Kündigung ging auch nicht ins Leere, weil der Vertrag etwa schon vorher gekündigt oder anderweitig gegenstandslos geworden wäre (a). Der Vertrag konnte aber gemäß Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG gekündigt werden, weil die dort normierten Voraussetzungen zum maßgeblichen Kündigungszeitpunkt im Mai 2010 vorlagen (b-d). Das Kündigungsschreiben vom 10. Mai 2010 wahrte auch die in Art. 60 Abs. 2 BayVwVfG vorgegebene Schriftform und enthielt eine ausreichende Begründung. Der Zugang dieses Kündigungsschreibens wurde nicht bestritten, die Kündigung wurde lediglich nicht akzeptiert, weil die Gegenseite den Vertrag nicht für kündbar hielt. Im Einzelnen:

a) Der Vertrag ist nicht bereits vor dem streitgegenständlichen Kündigungsschreiben gekündigt oder auf andere Weise gegenstandslos geworden. Wäre dies der Fall, wäre die Kündigung 2010 ins Leere gegangen und der mit der Klage gestellte Hauptantrag wäre abzulehnen gewesen. Das ist aber nicht der Fall:

aa) In dem Widerrufsschreiben des Rechtsvorgängers der Kläger vom 18. Mai 2006 ist keine Kündigung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses zu sehen. Zwar „widerruft“ der Rechtsvorgänger der Kläger in diesem Schreiben die Einigungsniederschrift, jedoch ist dieses Schreiben nicht an die Vertragspartner der Einigungsniederschrift, sondern an die Enteignungsbehörde gerichtet. Diese hat aber keine eigenen vertraglichen Rechte oder Pflichten durch die Einigungsniederschrift erworben. Eine Auslegung des Widerrufsschreibens ergibt daher keine Kündigung gegenüber dem Vertragspartner. Dem Rechtsvorgänger der Kläger war mit diesem Schreiben offensichtlich daran gelegen, die Enteignungsbehörde endlich dazu zu bringen, die vormalige Besitzeinweisung aufzuheben und weitere Entschädigung zu erhalten. Dass der Rechtsvorgänger der Kläger in diesem Schreiben die Einigungsniederschrift als „gescheitert und gegenstandslos“ bezeichnet und meint, dass sie „keine Rechtskraft mehr hat“, mag eine irrige Rechtsauffassung über den Fortbestand des Vertrages ausdrücken (dazu bb), enthält aber jedenfalls keine ex nunc wirkende Kündigung.

bb) Die Einigungsniederschrift ist auch nicht durch Überholung oder Wegfall des Vertragsgegenstands gegenstandslos geworden. Die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, die für die Fixierung des Vertragsinhalts maßgeblich gewesen sind, sind vom eigentlichen Vertragsinhalt abzugrenzen. Vertragsinhalt ist hier die Überlassung des Besitzes von Grundstücksflächen für ein Eisenbahngleis gegen eine bestimmte Entschädigung. Da das Eisenbahngleis immer noch vorhanden und auch der Besitz insoweit noch faktisch überlassen ist, ist der Vertragsgegenstand nicht weggefallen. Der Vertrag ist auch nicht wegen objektiven (ersatzlosen) Wegfalles einer Vertragspartei gegenstandslos geworden (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 14). Die Klägerseite hält gleich mehrere Rechtsnachfolger der früheren Deutschen Bundesbahn für am Vertrag beteiligt. Die Beklagtenseite geht auch von einer Rechtsnachfolge aus, wenn auch richtigerweise nur für eine Beklagte. Soweit die Klägerseite den Vertrag wegen geänderter Umstände und Rechtspositionen für „obsolet“ hält, kann ihr darin nicht gefolgt werden. Denn geänderte Umstände bezüglich der für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgeblichen Verhältnisse mögen nach Art. 60 BayVwVfG zu einer Anpassung oder Kündigung des Vertrages berechtigen, führen jedoch nicht automatisch zu einem Wegfall des Vertrages.

b) Die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgeblichen rechtlichen und die tatsächlichen Verhältnisse haben sich seit Abschluss des Vertrages wesentlich geändert. Maßgebliche rechtliche oder tatsächliche Verhältnisse sind solche, die zwar einerseits nicht zum schriftlich fixierten Vertragsinhalt geworden, andererseits aber auch nicht bloß inneres Motiv nur einer Vertragspartei geblieben sind. Maßgeblich sind solche Umstände, die von den Vertragsparteien zur Vertragsgrundlage gemacht worden sind und auf denen der beiderseitige Geschäftswille aufbaut (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 13). Der hier streitgegenständliche Vertrag enthält durch ausdrückliche Bezugnahmen auf außervertragliche Umstände hierfür gleich mehrere deutliche Anhaltspunkte:

So ist auf Seite 1 der Einigungsniederschrift konkret auf den Planfeststellungsbeschluss vom 07.05.1982 (und entsprechend markierte Planunterlagen) Bezug genommen. Dieser Planfeststellungsbeschluss fixierte für beide Vertragsparteien das, was auf den klägerischen Grundstücken zulässigerweise errichtet werden durfte. Nur darauf konnten und wollten sich die Vertragsparteien ersichtlich einstellen. In der Nummer 2 der Einigungsniederschrift ist dann auf den Besitzeinweisungsbeschluss vom 27. November 1989 Bezug genommen. Der Rechtsvorgänger der Kläger verpflichtete sich, das diesbezügliche Widerspruchsverfahren für erledigt zu erklären. Damit sind die Vertragsparteien ersichtlich vom Fortbestand dieses Besitzeinweisungsbeschlusses ausgegangen, denn sie verweisen am Ende der Nummer 3 der Einigungsniederschrift auf eine endgültige Regelung der Entschädigung in einem erwarteten förmlichen Enteignungsverfahren bzw. einer vertraglichen Regelung. Daraus wird deutlich, dass beide Parteien von dem Normalfall einer bald folgenden Klärung durch Enteignungsverfahren und abschließender Entschädigungsregelung (ggf. auch durch Einigung im Rahmen eines solchen Verfahrens, vgl. Art. 29 Abs. 1 und 3 BayEG) ausgegangen sind. Soweit die Beklagtenseite meint, der Verweis auf eine „vertragliche Regelung“ könnte demgegenüber auf eine Anpassung der Einigungsniederschrift abgezielt haben, geht sie schon deshalb fehl, weil die damalige Vertragspartnerin des Rechtsvorgängers der Kläger bald nach Abschluss der Einigungsniederschrift im März 1992 einen Enteignungsantrag gestellt und damit gezeigt hatte, dass auch sie vom eben geschilderten „Normalfall“ ausgegangen ist. Dass sich zudem nach Vertragsabschluss auch noch eine Veränderung der Rechtsstellung des Rechtsvorgängers der Kläger in Bezug auf das Grundstück ergeben hat (Volleigentum statt Teileigentum) kann vor dem Hintergrund der eben beschriebenen wesentlichen Gesichtspunkte dahinstehen.

Die genannten maßgeblichen Umstände haben sich seit Vertragsschluss wesentlich geändert. Zum einen wurde entgegen den Festlegungen des alten Planfeststellungsbeschlusses planabweichend gebaut (vgl. VG München, U.v. 7.4.2005 - M 24 K 04.5817 - juris Rn. 59). Damit mussten die Vertragsparteien und vor allem der Rechtsvorgänger der Kläger nicht rechnen. Infolge dieser Planabweichung scheiterten die Bemühungen der Bahnseite, eine Enteignung und weitere Besitzeinweisungen herbeizuführen. Der Besitzeinweisungsbeschluss von 1989 wurde am 23. Mai 2006 von der Enteignungsbehörde aufgehoben, weil vorher der Enteignungsbeschluss vom Verwaltungsgericht München (a.a.O.) aufgehoben worden war. Damit ist der Besitzeinweisungsbeschluss, dessen Bestand beide Vertragsparteien fixieren wollten, und unter dessen Eindruck der Rechtsvorgänger der Kläger die Einigungsniederschrift überhaupt nur unterzeichnete, nachträglich weggefallen. Auch alle weiteren Versuche der Bahnseite, eine Enteignung dennoch herbeizuführen, sind gescheitert. So wurde über den zuletzt gestellten Enteignungsantrag vom März 2007 von der Enteignungsbehörde mit Beschluss vom 1. Oktober 2008 abschlägig beschieden, nachdem der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 26. April 2007 (22 A 07. 40008 - juris) den Besitzeinweisungsbeschluss vom 16. Oktober 2006 mit deutlichen Worten aufgehoben hatte und damit das Enteignungsverfahren für die Beklagtenseite ohne jede Aussicht auf Erfolg war. Spätestens mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs war klar, dass es auf der Grundlage dessen, was Inhalt der bisherigen öffentlich-rechtlichen Entscheidungen war, nicht mehr zu einem von beiden Parteien im Vertrag noch in Aussicht genommenen Enteignungsverfahren würde kommen können. Auch insoweit liegt eine wesentliche Änderung der von den Parteien bei Vertragsabschluss für maßgeblich gehaltenen rechtlichen Verhältnisse vor.

c) Ein weiteres Festhalten an den Regelungen des alten Vertrages war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung dem Rechtsvorgänger der Kläger nicht zuzumuten, Art. 60 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Unzumutbar ist das Festhalten am Vertrag dann, wenn die Ausgleichsfunktion der beiderseitigen Leistungen so stark gestört ist, dass es dem benachteiligten Vertragspartner unmöglich wird, in der bisherigen vertraglichen Regelung seine Interessen auch nur annähernd noch gewahrt zu sehen. Für die Bewertung bedarf es insoweit einer Abwägung aller Gesichtspunkte des konkreten Falles. Es genügt insbesondere nicht, dass sich für eine Vertragspartei lediglich das normale Vertragsrisiko realisiert hat (vergleiche Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 60 Rn. 25,26).

Es liegt schon nahe, nach der nicht unerheblich planabweichenden Errichtung des Gleises und des Bahndammes durch die Bahn eine Grundlage für eine fortdauernde freiwillige vertragliche Bindung als nicht mehr gegeben anzusehen. Jedenfalls fällt als entscheidender Gesichtspunkt bei der Abwägung ins Gewicht, dass die Einigungsniederschrift im Rahmen eines (weiteren) Besitzeinweisungsverfahrens zu einem Vorhaben erfolgte, für das ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss vorlag. Das Gesetz selbst trifft vor dem Hintergrund des Eigentumsgrundrechts eine klare Wertung in Art. 39 Abs. 5 Satz 2 BayEG, indem es zwingend die Aufhebung der Besitzeinweisung verlangt, wenn ein Enteignungsbeschluss - wie hier - aufgehoben wird. Es besteht bei einer Sachlage wie vorliegend keinerlei Grund, jemanden, der zu einer nach Art. 39 Abs. 7, Art. 29 Abs. 1 BayEG ausdrücklich gewünschten Einigung im Rahmen der Besitzeinweisung bereit war, schlechter zu stellen, als denjenigen, der einen Besitzeinweisungsbeschluss ohne eigenes Entgegenkommen hingenommen hat. Zudem enthielt die Einigungsniederschrift der Sache nach in ihren Nummern 1 und 2 auch eine Bauerlaubnis (so BayVGH, B.v. 10.11.2016 - 22 C 16.757 - juris Rn. 18). Diese bezog sich auf das im alten Planfeststellungsbeschluss fixierte Projekt. Die Planänderungsabsichten der Bahn hatten zum Kündigungszeitpunkt noch keine konkrete Gestalt in der Form eines neuen Planfeststellungsbeschlusses erhalten. Nachdem niemand eine Bauerlaubnis für ein insbesondere hinsichtlich der benötigten Grundstücksfläche noch gar nicht bekanntes und mangels Planfeststellungsbeschluss auch noch rechtlich unsicheres Vorhaben geben muss, war ein Festhalten an der alten Einigungsniederschrift nicht zuzumuten.

d) Eine Anpassung des Vertragsinhalts wäre zum Kündigungszeitpunkt zwar möglich gewesen (aa), sie war dem Rechtsvorgänger der Kläger aber unzumutbar (bb).

aa) Der erkennende Senat hält eine Anpassung des Vertrages zwar für nicht unmöglich. Nach dem Vertragsinhalt werden eine bestimmte Fläche überlassen und bezogen auf eine bestimmte rechtliche Stellung des Rechtsvorgängers der Kläger bestimmte Entschädigungssummen versprochen. Diesbezüglich wäre eine Änderung (Anpassung) der Vertragsinhalte möglich, worauf ersichtlich auch das Landgericht München I im Rahmen einer Inzidentprüfung der Kündigung abgestellt hat (vgl. Urteil vom 13.7.2011 - 15 O 24888/10 - UA S. 21 f., vorgelegt als Anlage B 2).

bb) Die Kündigung ist nach der gesetzlichen Regelung des Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG nur als ultima ratio zulässig, wenn eine Anpassung einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts (a.a.O.) ist hier jedoch eine Anpassung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung dem Rechtsvorgänger der Kläger nicht zuzumuten gewesen. Dabei bezieht sich der erkennende Senat nicht nur auf den engeren Vertragsinhalt (Bauerlaubnis, Besitzüberlassung, Entgelt bezogen auf eine bestimmte Rechtsstellung und Fläche), sondern nimmt wie schon bei der Frage der Zumutbarkeit des Aufrechterhaltens der bisherigen Vertragsregelung die äußeren Rahmenumstände mit in den Blick. Unzumutbar ist die Vertragsanpassung nämlich, wenn die durch die Änderung der Verhältnisse eingetretene Äquivalenzstörung durch eine mögliche Vertragsanpassung nicht beseitigt, sondern allenfalls durch eine ihrerseits (weiterhin) nicht äquivalente Bestimmung der beiderseitigen Leistungen ersetzt werden könnte, die beiderseitigen Leistungen also weiterhin in einem solchen Missverhältnis stehen würden, dass trotz Änderung des Vertragsinhalts eine die Opfergrenze überschreitende Äquivalenzstörung fortbesteht und nicht beseitigt werden kann (Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 60 Rn. 34). Die Äquivalenzstörung liegt hier nicht nur darin, dass etwa die früher vereinbarten Geldsummen einer Erhöhung zur Angleichung an geänderte Werte oder Berechtigungen am Grundstück bedürften. Das Austauschverhältnis zwischen den Vertragsparteien ist vielmehr auch dadurch gestört, dass die im Vertrag enthaltene Bauerlaubnis ersichtlich auf ein spezielles (selbstverständlich plankonformes) Vorhaben der Bahn gerichtet war. Das plankonforme Vorhaben wurde nicht errichtet, sondern ein aliud. Eine bloße Anpassung der Geldbeträge hätte dieses Manko 2010 nicht beseitigt.

Das Argument der Beklagtenseite, dass eine vernünftige Vertragspartei schon deshalb eine Anpassung vorgenommen haben würde, weil zum einen nach dem genannten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Mai 2007 zumindest für angemessene Zeit ein weiteres Besitzrecht der Bahn aus öffentlich-rechtlicher Dienstbarkeit bestünde (also das Besitzrecht nicht schon allein durch den Wegfall der Einigung entfiele) und bei Wegfall des Vertrages die Bahn Entschädigung auf anderer Rechtsgrundlage schulden könnte, also gleichsam der vertragliche Geldfluss durch einen außervertraglichen Geldfluss zu ersetzen wäre, und deshalb eine Anpassung zumutbar erscheine, überzeugt nicht. Denn dass aus einem anderen Rechtsgrund ein Besitzrecht (zum Kündigungszeitpunkt möglicherweise noch) bestand, verpflichtet den Rechtsvorgänger der Kläger nicht, auch noch durch freiwillige Vereinbarungen einen Rechtszustand zu perpetuieren, dessen wesentlicher Entstehungsrahmen wie geschildert längst weggefallen ist. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in der genannten Entscheidung betont, dass die Bahnseite gehalten sei, „unverzüglich“ Änderungsplanfeststellungsverfahren durchzuführen und die Eigentümeransprüche überhaupt nur für „eine angemessene Zeit“ hinauszuschieben seien. Zum Zeitpunkt der Kündigung im Mai 2010 war aber immer noch kein entsprechender Planfeststellungsbeschluss erlassen (obwohl die Beklagte zu 1 der Enteignungsbehörde einen solchen schon bis spätestens 31. März 2009 angekündigt hatte, vgl. Gründe I. des Beschlusses der Enteignungsbehörde vom 1. Oktober 2008), so dass der Rechtsvorgänger der Kläger auch insoweit ein Interesse am Wegfall der Einigungsniederschrift haben konnte und gerade nicht gehalten war, seinerseits noch im Jahr 2010 den alten Rechtszustand der vertraglichen Einigung ohne zeitliche Begrenzung aufrechtzuerhalten. Dass bei Wegfall der Einigung gegebenenfalls Entschädigung aus anderen Rechtsgründen zu leisten wäre oder später nach Änderungsplanfeststellung im Rahmen einer Enteignung zu entschädigen sein würde, bedeutet nicht, dass der Rechtsvorgänger der Kläger an einer früher in einem anderen Rechtsrahmen abgeschlossenen freiwilligen Einigung festgehalten werden dürfte, um gesetzlich angeordnete Rechtsfolgen für nicht vertraglich geregelte Besitz- und Eigentumsentziehung für ein auch inhaltlich noch gar nicht absehbares und noch nicht durch unanfechtbaren Planfeststellungsbeschluss legalisiertes Änderungsvorhaben gleichsam vertraglich vorwegzunehmen. Derartiges kann von niemandem verlangt werden.

Somit war dem Hauptantrag der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1, deren Verfahrensstellung unstreitig ist, zu entsprechen. Über den Hilfsantrag war insoweit nicht mehr zu befinden.

2. Gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 war die Klage im Hauptantrag abzuweisen, weil sie im Zeitpunkt der Kündigung im Mai 2010 weder Vertragspartner waren noch sich sonst im Verfahren eigener Rechte aus der streitgegenständlichen Einigungsniederschrift berühmten. Dies hat der Vertreter der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung klargestellt. Er hat für die Beklagten zu 2 und 3 keine eigenen Rechte aus dem Vertrag geltend gemacht und angeführt, dass vertraglich vereinbarte Zahlungen allein von der Beklagten zu 1 erbracht werden.

Die Kläger vertreten die Ansicht, dass nach Wegfall der Deutschen Bundesbahn, die 1991 Vertragspartner der Einigungsniederschrift war, alle Rechtsnachfolger(innen) Vertragspartner(innen) geworden wären, weil die Kläger interne Aufspaltungsregelungen der Bahnunternehmen nicht zu beachten hätten. In der Konsequenz dieser unzutreffenden Ansicht hätten die Kläger nicht nur die Beklagten zu 1 bis 3, sondern auch noch die 1999 wie die Beklagte zu 1 durch Ausgliederung aus der Deutschen Bahn AG entstandenen DB Cargo AG, DB Regio AG, DB Reise und Touristik AG und die DB Station und Service AG mit verklagen müssen. Das wäre abwegig.

a) Vertragspartner der Einigungsniederschrift zum Zeitpunkt der Kündigung im Mai 2010 war allein die Beklagte zu 1, nicht jedoch auch noch zusätzlich die Beklagten zu 2 und 3. Der ursprüngliche Vertragspartner, die Deutsche Bundesbahn, ist durch die Bahnreform von 1993 weggefallen, allerdings nicht ersatzlos. Durch das Gesetzespaket vom 27.12.1993 (Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens) wurde eine Reihe von Einzelgesetzen verabschiedet. Durch das Gesetz zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen (BEZNG) erfolgte zunächst die Fusion der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn zu einem einheitlichen, nicht rechtsfähigen Sondervermögen des Bundes, dem Bundeseisenbahnvermögen (vgl. Hermes in Hermes/Sellner, Allgemeines Eisenbahngesetz, 2. Aufl. 2014, Einf. A Rn. 22). Das Gesetz über die Gründung einer Deutsche Bahn AG (Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG) bildete die Rechtsgrundlage für die Privatisierung des unternehmerischen Bereichs der Bahnen. Gemäß § 20 Abs. 1 BEZNG, § 8 Abs. 1 DBGrG wurden aus dem Bestand des Bundeseisenbahnvermögens alle Liegenschaften (Grundstücke, Teile hiervon, grundstücksgleiche Rechte, beschränkte dingliche Rechte) sowie sonstiges Vermögen an die Deutsche Bahn AG übertragen, soweit dies für das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen sowie für das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur notwendig (bahn-notwendig) ist (partielle Gesamtrechtsnachfolge, vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2001 - 11 C 11/00 - juris Rn. 20). Unter zu übertragenden Gegenständen wurden auch Verbindlichkeiten des Bundeseisenbahnvermögens verstanden (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2001, a.a.O. Rn. 21; Übergang aller bahnnotwendigen Verträge: OLG München, U.v. 16.10.2008 - 1 U 2466/03 - juris Rn. 190), soweit diese durch Rechtsgeschäft übertragbar waren. Mitzuübertragen waren auch die nicht zinspflichtigen Verbindlichkeiten sowie die durch dingliche Rechte an den zu übertragenden Liegenschaften gesicherten Verbindlichkeiten. Dass an den durch die Einigungsniederschrift begründeten Verbindlichkeiten ein Übertragungsverbot bestanden hätte, ist nicht ersichtlich. Die Einigungsniederschrift bezog sich auch auf den Bau und Betrieb einer Eisenbahnstrecke, so dass die „Bahnnotwendigkeit“ nicht in Frage zu stellen ist. 1999 erfolgte dann die Ausgründung von fünf Geschäftsbereichen aus der Deutschen Bahn AG. Ein Geschäftsbereich (Netz, Umschlagbahnhöfe, Bahnbau) ging an die DB Netz AG die insoweit eine partielle Gesamtrechtsnachfolgerin ist. Diese tritt seither als Vorhabensträgerin für Bahnbauprojekte und als Antragstellerin in Besitzeinweisungs- oder Enteignungsverfahren auf (vgl. den Antrag auf Enteignung vom 26.3.2007, Anlage K 23). Die vorliegend streitige Einigung bezieht sich somit auf Gegenstände, die zum Geschäftsbereich der Beklagten zu 1 gehören.

Dass sich, wie die Kläger meinen, eine der drei Beklagten verbindlich und ausdrücklich als Vertragspartner hätte bestätigen müssen, ist den geschilderten Übergangs- und Ausgliederungsvorschriften nicht zu entnehmen. Faktisch hat überdies die Beklagte zu 1 durch jahrelange Leistung auf die Zahlungspflichten des Vertrags eine solche „Bestätigung“ abgegeben.

Soweit die Kläger die Bahnnotwendigkeit mit dem Argument anzweifeln, dass nur planfeststellungsentsprechend Gebautes bahnnotwendig sein könne, übersehen sie, dass zum einen der derzeitige Bestand Teil des Schienennetzes der Eisenbahn des Bundes ist (BayVGH, U.v. 26.4.2007 - 22 A 07.40008 - juris Rn. 28) und damit die Bahnnotwendigkeit nicht insgesamt in Zweifel gezogen werden kann. Das Rechtsverhältnis kann auch nicht gleichsam quadratmeterweise aufgesplittet werden, weil damit die Einheitlichkeit des Vertrages, auf die sich auch die Kläger bei der Frage der Teilverweisung des Rechtsstreits an die Zivilgerichte berufen haben, nicht beachtet würde. Der Begriff der Bahnnotwendigkeit ist vor dem Hintergrund der Regelungen des Eisenbahnneuordnungsgesetzes für die gesellschaftsrechtliche Zuordnung entscheidend. Da die Einigungsniederschrift den Bau der Strecke überhaupt erst ermöglichte, ist sie insgesamt als bahnnotwendig anzusehen.

Soweit die Kläger auf Haftungsvorschriften verweisen (vgl. die Bezugnahme etwa auf § 9 DBGrG) ist dies unbehelflich, weil diese keine Bedeutung für die tatsächliche Stellung als Vertragspartner haben. Zudem machen die Kläger vorliegend keinen Haftungsanspruch geltend, sondern eine Feststellungsklage bezüglich der Wirksamkeit einer Kündigung. Diese Feststellung kann nur gegenüber dem Vertragspartner erfolgen. Eine Feststellung gegenüber einem Nicht-Vertragspartner, der sich tatsächlich auch nicht als Vertragspartner geriert, macht keinen Sinn.

Dass die Beklagte zu 3 im vorliegenden Fall eine weitere Rechtsstellung als Inhaberin eines Erbbaurechts zu ½ innehat, die jedoch als nicht-bahnnotwendig gerade nicht auf die Beklagte zu 2 übergegangen ist (vgl. die Rücknahme eines Übergabebescheides Anlage K 12), ist ebenfalls entscheidungsunerheblich. Sie mag dann in zivilrechtlichen Streitigkeiten bezüglich dieses Erbbaurechts Partei sein (wie beispielsweise im OLG-Verfahren 15 U 2038/02, Anlage K10, oder im Verfahren 1 U 2466/03, Anlage K 29), ist es aber nicht bei Streitigkeiten über den Fortbestand der Einigung.

Die Beklagten zu 2 und 3 waren daher zum Zeitpunkt der Kündigung nicht Vertragspartner aus der Einigungsniederschrift und daher nicht passivlegitimiert. Die Klage war im Hauptantrag daher insoweit abzuweisen.

b) Soweit die Beklagten zu 2 und 3 etwa in früherer Zeit Vertragspartner gewesen sind (etwa die DB AG bis 1999) hat sich die Einigungsniederschrift in dieser Zeit nicht durch Zeitablauf erledigt. Vielmehr sind diese Beklagten nicht (mehr) Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vertragspartnerin (Deutsche Bundesbahn) und berühmen sich auch keiner Rechte aus der Einigung vom 28. Februar 1991. Hinsichtlich des gestellten Hilfsantrags wird auf die Ausführungen oben unter 1.a) bb) verwiesen. Insoweit hat die Klage auch im Hilfsantrag keinen Erfolg.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO (zur Anwendbarkeit bei Feststellungsklagen vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 167 Rn. 26) i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO).

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 10/11/2016 00:00

Tenor I. Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Februar 2016 -Az. M 24 K 13.1214 in Nr. III aufgehoben. II. Der unter dem Az. M 24 K 13.1214 weitergeführte
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(1) Ist der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten und weigert sich der Eigentümer oder Besitzer, den Besitz eines für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahn benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen, so hat die Enteignungsbehörde den Träger des Vorhabens auf Antrag nach Feststellung des Planes oder Erteilung der Plangenehmigung in den Besitz einzuweisen. Der Planfeststellungsbeschluß oder die Plangenehmigung müssen vollziehbar sein. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht.

(2) Die Enteignungsbehörde hat spätestens sechs Wochen nach Eingang des Antrags auf Besitzeinweisung mit den Beteiligten mündlich zu verhandeln. Hierzu sind der Antragsteller und die Betroffenen zu laden. Dabei ist den Betroffenen der Antrag auf Besitzeinweisung mitzuteilen. Die Ladungsfrist beträgt drei Wochen. Mit der Ladung sind die Betroffenen aufzufordern, etwaige Einwendungen gegen den Antrag vor der mündlichen Verhandlung bei der Enteignungsbehörde einzureichen. Sie sind außerdem darauf hinzuweisen, daß auch bei Nichterscheinen über den Antrag auf Besitzeinweisung und andere im Verfahren zu erledigende Anträge entschieden werden kann.

(3) Soweit der Zustand des Grundstücks von Bedeutung ist, hat die Enteignungsbehörde diesen bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in einer Niederschrift festzustellen oder durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift oder des Ermittlungsergebnisses zu übersenden.

(4) Der Beschluß über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller und den Betroffenen spätestens zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Dieser Zeitpunkt soll auf höchstens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an den unmittelbaren Besitzer festgesetzt werden. Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Besitz entzogen und der Träger des Vorhabens Besitzer. Der Träger des Vorhabens darf auf dem Grundstück das im Antrag auf Besitzeinweisung bezeichnete Bauvorhaben durchführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen.

(5) Der Träger des Vorhabens hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung für die Entziehung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechts ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung sind von der Enteignungsbehörde in einem Beschluß festzusetzen.

(6) Wird der festgestellte Plan oder die Plangenehmigung aufgehoben, so ist auch die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Träger des Vorhabens hat für alle durch die Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten.

(7) Ein Rechtsbehelf gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses gestellt und begründet werden.

(8) Die Absätze 1, 3 und 5 bis 7 gelten entsprechend für Grundstücke, die für Unterhaltungsmaßnahmen benötigt werden. Bei Unterhaltungsmaßnahmen bedarf es nicht der vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung. Über die vorzeitige Besitzeinweisung nach Absatz 1 entscheidet bei Unterhaltungsmaßnahmen die Enteignungsbehörde.

(9) Im Übrigen gelten die Enteignungsgesetze der Länder.

(1) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Die Behörde kann den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

(2) Die Kündigung bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Sie soll begründet werden.

(1) Für Zwecke des Baus und des Ausbaus von Betriebsanlagen der Eisenbahn sowie für deren Unterhaltung ist die Enteignung zulässig. Die Enteignung zu Zwecken des Baus oder Ausbaus muss zur Ausführung eines nach § 18 Absatz 1 festgestellten oder genehmigten Bauvorhabens notwendig sein. Einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung bedarf es im Falle von Satz 2 nicht. Die nach Landesrecht zuständige Behörde stellt die Zulässigkeit der Enteignung fest, soweit im Falle einer Unterhaltungsmaßnahme keine Festlegung in einem genehmigten oder festgestellten Plan getroffen ist.

(2) Der festgestellte oder genehmigte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen. Er ist für die Enteignungsbehörde bindend.

(3) Hat sich ein Beteiligter mit der Übertragung oder Beschränkung des Eigentums oder eines anderen Rechtes schriftlich einverstanden erklärt, kann das Entschädigungsverfahren unmittelbar durchgeführt werden.

(4) Im übrigen gelten die Enteignungsgesetze der Länder.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) ist berechtigt und verpflichtet, der nach § 1 Abs. 1 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes zu gründenden Deutsche Bahn Aktiengesellschaft aus dem Bestand des Sondervermögens "Bundeseisenbahnvermögen" alle Liegenschaften (Grundstücke, Teile hiervon, grundstücksgleiche Rechte, beschränkte dingliche Rechte) sowie sonstiges Vermögen zu übertragen, soweit dies für das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen sowie für das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur notwendig (bahnnotwendig) ist. Im übrigen sind die nicht zinspflichtigen Verbindlichkeiten sowie die durch dingliche Rechte an den zu übertragenden Liegenschaften gesicherten Verbindlichkeiten des Bundeseisenbahnvermögens auf die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft zu übertragen. Die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft wird verpflichtet, unter den Voraussetzungen des § 26 Liegenschaften weiter zu übertragen.

(2) Sind zum Bundeseisenbahnvermögen gehörende Liegenschaften nicht unmittelbar und ausschließlich bahnnotwendig, so ist die Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) berechtigt und verpflichtet, der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft solche Liegenschaften insoweit zu übertragen, als die Bahnnotwendigkeit nachgewiesen ist. Bis zur Übertragung gemäß Satz 1 erhält die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft die Liegenschaften unentgeltlich zur Nutzung mit der Maßgabe, über Veränderungen an diesen Liegenschaften dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu berichten. Das Nähere regelt eine Vereinbarung zwischen der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft und dem Bundeseisenbahnvermögen, die der Genehmigung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen bedarf.

(3) Nicht bahnnotwendige Liegenschaften, insbesondere das nicht betrieblichen Zwecken dienende ehemalige Reichsbahnvermögen (Vorratsvermögen) in Berlin (West), verbleiben beim Bundeseisenbahnvermögen.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(1) Die Eintragung der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft in das Handelsregister hat folgende Wirkung:

1.
Die ausgegliederten Teile des Bundeseisenbahnvermögens einschließlich der Verbindlichkeiten gehen entsprechend der im Ausgliederungsplan vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft über. Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, verbleiben in Eigentum oder Inhaberschaft des Bundeseisenbahnvermögens.
2.
Die Bundesrepublik Deutschland wird entsprechend dem Ausgliederungsplan alleinige Aktionärin der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft.
3.
Der Mangel der notariellen Beurkundung des Ausgliederungsplanes wird geheilt.

(2) Mängel der Ausgliederung lassen die Wirkungen der Eintragung nach Absatz 1 unberührt.

(1) Durch den Übergang der Verbindlichkeiten auf die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft wird das Bundeseisenbahnvermögen von der Haftung für diese Verbindlichkeiten nicht befreit. § 418 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden. Die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft und das Bundeseisenbahnvermögen haften für diese Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander ist die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft allein verpflichtet.

(2) Die Ansprüche der Gläubiger gegen das Bundeseisenbahnvermögen aus den im Ausgliederungsplan aufgeführten Verbindlichkeiten verjähren in fünf Jahren, falls die Verjährung nach allgemeinen Vorschriften nicht schon früher eintritt. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem die Eintragung der Deutsche Bahn Aktiengesellschaft in das Handelsregister nach § 10 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs als bekanntgemacht gilt. Wird der Anspruch des Gläubigers erst nach diesem Zeitpunkt fällig, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit.

(3) Für Verbindlichkeiten des Bundeseisenbahnvermögens, die nicht auf die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft übergegangen sind, haftet die Gesellschaft nicht.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.