Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. März 2017 - 20 B 16.115

bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29. April 2015 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Klägerin. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Beigeladene wendet sich in Höhe von 2.334,06 EUR gegen die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag für die Entwässerungsanlage der Klägerin.

Mit Bescheid vom 13. Februar 1992 setzte die Klägerin für das in ihrem Eigentum befindliche Grundstück Fl.-Nr. 1359 der Gemarkung … einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 7.000,00 DM fest; dabei erhob sie nur einen Grundstücksflächenbeitrag für 3.500 qm, keinen fiktiven Geschossflächenbeitrag. Dem Bescheid lag die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23.12.1985 (BGS-EWS 1985) zu Grunde.

Im Jahr 1998 wurde eine Grundstücksteilung vollzogen, wodurch unter anderem das streitgegenständliche Grundstück Fl.-Nr. 1359/3 mit einer Fläche von 1.067 qm entstand, welches der Beigeladene mit notariellem Kaufvertrag vom 16. April 2009 erwarb.

Mit Bescheid vom 23. April 2010 setzte die Klägerin gegenüber dem Beigeladenen einen Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 5.588,80 EUR für die durch den Neubau eines Einfamilienhauses geschaffene Geschossfläche (638,72 qm x 8,75 EUR/qm) fest. Dem Bescheid liegt die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 16. Januar 1997 (BGS-EWS) in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung der 6. Änderungssatzung vom 24. November 2008 zu Grunde.

Dagegen erhob der Beigeladene mit Schreiben vom 4. Mai 2010 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2013 hob das Landratsamt Hof den Bescheid vom 23. April 2010 unter Anwendung von § 5 Abs. 6 BGS-EWS im Umfang von 2.334,06 EUR auf. 1992 sei für das Grundstück Fl.-Nr. 1359 auch ein fiktiver Geschossflächenbeitrag unter Ansatz eines Viertels der Grundstücksfläche gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS 1985 entstanden, weil die Sachverhaltsermittlung ergeben habe, dass bei Erlass des Bescheides vom 13. Februar 1992 kein Gebäude mehr vorhanden gewesen sei; bei dem im Lageplan zum Bescheid von 1992 vorhandenen Symbol handele es sich nach Auskunft des Vermessungsamtes um einen Wasserbehälter.

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2013, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am 20. Dezember 2013, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Hof vom 28. November 2013 aufzuheben.

Mit Urteil vom 29. April 2015 hob das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes vom 28. November 2013 insoweit auf, als er den Bescheid der Klägerin vom 23. April 2010 in Höhe von mehr als 818,32 € aufgehoben hat. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Mit Inkrafttreten der BGS-EWS vom 16. Januar 1997 am 1. Januar 1997 sei für die im Geltungsbereich des damaligen Bebauungsplanes gelegene Teilfläche des Grundstücks Fl.-Nr. 1359 ein Grundstücksflächenbeitrag (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS) und ein fiktiver Geschossflächenbeitrag entstanden, wobei ein Viertel der Grundstücksfläche als Geschossfläche anzusetzen gewesen wäre (§ 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS). Das vorher erlassene Satzungsrecht sei nichtig gewesen. Am 01. Januar 1997 sei neben dem Grundstücksflächenbeitrag ein Geschossflächenbeitrag gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS für eine fiktive Geschossfläche von einem Viertel der beitragspflichtigen Grundstücksfläche entstanden. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 BGS-EWS sei bei unbebauten Grundstücken die anzusetzende Geschossfläche nach der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung zu ermitteln. Fehle es an einer heranziehbaren Umgebungsbebauung, sei gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS ein Viertel der Grundstücksfläche als Geschossfläche anzusetzen. Nach Ausschöpfung der möglichen Erkenntnisquellen müsse davon ausgegangen werden, dass das Grundstück am 1. Januar 1997 unbebaut im Sinne des § 5 Abs. 4 BGS-EWS, d.h. auch kein Gebäude ohne Anschlussbedarf mehr vorhanden gewesen sei. Die Klägerin habe die Auskunft des Vermessungsamtes, dass sämtliche Gebäude der ehemaligen Gärtnerei vor Erlass des Bescheides vom 13. Februar 1992 abgebrochen worden seien, nicht widerlegen können. Die vorgelegten Fotos zeigten nur Ruinen, die nicht als Bebauung im Sinne des § 5 BGS-EWS gewertet werden könnten. Dass bereits am 1. Januar 1997 eine heranziehbare Umgebungsbebauung vorhanden gewesen wäre, werde von der Klägerin nicht geltend gemacht. Daher sei ein Viertel der Grundstücksfläche als fiktive Geschossfläche anzusetzen. Demzufolge sei am 1. Januar 1997 gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit § 6 b) BGS-EWS in seiner ursprünglichen Fassung vom 16. Januar 1997 ein Geschossflächenbeitrag in Höhe von 6,00 DM/qm fiktive Geschossfläche entstanden. Auf das durch die Parzellierung gebildete Grundstück Fl.-Nr. 1359/3 entfalle damit ein fiktiver Geschossflächenbeitrag in Höhe von 818,32 EUR (1067 qm Grundstücksfläche x ¼ = 266,75 qm fiktive Geschossfläche x 6,00 DM/qm Geschossfläche = 1.600,50 DM / 1,95583). In diesem Umfang sei die Beitragsfestsetzung mit Bescheid vom 23. April 2010 rechtswidrig, weil gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) und cc) und Abs. 2 KAG in Verbindung mit §§ 169 und 170 Abs. 1 AO die Festsetzungsfrist abgelaufen gewesen sei. Der Ansatz des Beklagten und des Beigeladenen erfordere zusätzlich die Heranziehung des § 5 Abs. 6 BGS-EWS. Danach sei im Falle der späteren Bebauung eines unbebauten Grundstücks, wenn sich der Beitragssatz zwischenzeitlich erhöht habe, von dem nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGS-EWS berechneten tatsächlichen Geschossflächenbeitrag nicht lediglich der fiktive Geschossflächenbeitrag nach § 5 Abs. 4 BGS-EWS abzuziehen, sondern gemäß § 5 Abs. 6 Satz 2 BGS-EWS der Betrag, der sich im Zeitpunkt des Entstehens der neu zu berechnenden Beitragsschuld - d.h. unter Anwendung des aktuellen Beitragssatzes gemäß § 6 BGS-EWS in der Änderungssatzung vom 24. November 2008 - bei Ansatz der nach § 5 Abs. 4 berücksichtigten Geschossfläche ergeben würde. Im Ergebnis laufe diese Vorgehensweise auf die vom Beigeladenen vorgenommene Saldierung der tatsächlichen und der fiktiven Geschossfläche hinaus und ergebe den Betrag von 2.334,06 EUR, in dessen Höhe die Widerspruchsbehörde den Beitragsbescheid vom 23. April 2010 aufgehoben habe (266,75 qm fiktive Geschossfläche gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS x 8,75 EUR/qm Geschossfläche). Die darin zum Ausdruck kommende Betrachtungsweise, dass der fiktive Geschossflächenbeitrag nicht lediglich eine Art Vorauszahlung oder vorläufigen Beitrag darstelle, sondern dass es sich hierbei um eine teilweise Veranlagung handele, mit der ein Teil der Geschossfläche endgültig abgerechnet werde, sehe § 5 Abs. 6 BGS-EWS aber nur für den Fall der späteren Bebauung eines unbebauten Grundstücks vor, „für das ein Beitrag nach Absatz 3 oder Absatz 4 festgesetzt worden ist“. Da die Bestimmung ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht darauf abstelle, dass ein fiktiver Geschossflächenbeitrag entstanden sei, sondern darauf, dass er für das vormals unbebaute Grundstück auch festgesetzt worden sei, müsse es im vorliegenden Fall, in dem die Festsetzung nach § 5 Abs. 4 BGS-EWS unterblieben sei, bei den allgemeinen Verjährungsvorschriften verbleiben.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29. April 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Eintritt der Festsetzungsverjährung habe zur Folge, dass eine Abgabefestsetzung durch einen Abgabebescheid nicht mehr zulässig sei. Die Festsetzungsverjährung erfasse den fiktiven Geschossflächenbeitrag als solchen, nicht einen bestimmten zahlenmäßig zu beziffernden Betrag. Der entstandene, aber nicht festgesetzte und deshalb verjährte fiktive Geschossflächenbeitrag sei bei der Berechnung des durch die Bebauung mit einer höheren Geschossfläche als der fiktiven Geschossfläche neu entstehenden, nachzuentrichtenden Beitrag zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Höhe des nachzuentrichtenden Beitrags sei der bereits entstandene fiktive Geschossflächenbeitrag nicht nur als Art Vorauszahlung in Abzug zu bringen. Der neu entstehende Geschossflächenbeitrag müsse vielmehr ins Verhältnis gesetzt werden zu dem bereits 1997 entstandenen fiktiven Geschossflächenbeitrag, für den eine nachträgliche Erhöhung nicht zulässig sei. Andernfalls würde gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung verstoßen werden, der es verbiete, einmal entstandene Beiträge nachträglich zu verändern. Zwar argumentiere das Verwaltungsgericht, dass die Regelung des § 5 Abs. 6 BGS-EWS nach ihrem Wortlaut nur anwendbar sei, wenn für ein unbebautes Grundstück, das später bebaut werde, ein fiktiver Geschossflächenbeitrag festgesetzt worden sei. Der Grundsatz der Nacherhebung des Unterschiedsbetrags zwischen tatsächlicher und fiktiver Geschossfläche unter Neuberechnung des Beitrags ergebe sich bereits aus der gesetzlichen Bestimmung des Art. 5 Abs. 2a KAG. Eine gesonderte Satzungsregelung sei nicht erforderlich. Die Höhe der Nacherhebung könne nicht davon abhängen, ob die Gemeinde die entstandenen Beiträge festgesetzt oder ob sie dies versäumt habe. Dies werde im vorliegenden Fall besonders deutlich, da das Grundstück im Zeitpunkt der Entstehung des Beitrags im Eigentum der Gemeinde gestanden habe. Die unterschiedliche Behandlung von Fällen, in denen der Beitrag im Zeitpunkt der Entstehung festgesetzt worden sei und solchen Fällen, in denen eine Festsetzung versäumt worden sei, verstoße gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit als Ausfluss des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG. Das Verwaltungsgericht führe nicht mehr aus, was der Verweis auf die allgemeinen Verjährungsvorschriften zur Folge habe. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsbegründung ergebe sich, dass das Gericht der Auffassung sei, dass die Festsetzungsverjährung nur den im Jahr 1997 entstandenen fiktiven Geschossflächenbeitrags in Höhe des zu diesem Zeitpunkt geltenden Beitragssatzes erfasse.

Die Klägerin beantragte,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Richtigerweise hätte der gesamte Widerspruchsbescheid aufgehoben werden müssen. Die Klägerin habe mehrfach vorgetragen, dass im Jahr 1997 ein Gebäude auf dem Grundstück vorhanden gewesen sei, welches keinen Schmutzwasserbedarf ausgelöst habe und damit auch keinen Geschossflächenbeitrag. Es sei somit nicht unbebaut gewesen, so dass 1997 auch kein Geschossflächenbeitrag entstanden sei. Zum Nachweis dieser Tatsache habe die Klägerin Fotos aus dem Jahr 2009 vorgelegt, die erkennen ließen, dass ein Gebäude auf dem Grundstück vorhanden gewesen sei. Darüber hinaus sei auch in dem dem Beitragsbescheid vom 13. Februar 1992 beiliegenden Lageplan eine bauliche Anlage eingezeichnet. Nicht nachvollziehbar sei, dass es sich hierbei lediglich um einen Wasserbehälter gehandelt haben soll. Aus Sicht der Klägerin sei zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht somit ein bebautes Grundstück vorhanden gewesen, welches aber mangels Anschlussbedarf der Gebäude nicht geschossflächenbeitragspflichtig gewesen sei.

Mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2017, 23. Februar 2017 und 24. Februar 2017 verzichteten die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Gleichzeitig legte der Beklagte ein Schreiben des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Wunsiedel vom 10. Februar 2017 vor.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. April 2015 wird geändert, weil der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. November 2013 rechtmäßig ist. Der Beitragsbescheid der Klägerin vom 23. April 2010 ist dagegen rechtswidrig und verletzt den Beigeladenen in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit er vom diesem angefochten worden ist. Zutreffend geht nämlich der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. November 2013 davon aus, dass ein Geschossflächenbeitrag nur in Höhe der ein Viertel der Grundstücksfläche übersteigenden neu geschaffenen Geschossfläche entstanden ist.

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die der Klägerin. Von dieser Ermächtigung hat die Klägerin durch den Erlass einer Beitrags- und Gebührensatzung vom 16. Januar 1997 (BGS/EWS 1997) Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Abgabesatzung und der zugrundeliegenden Entwässerungssatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern. So liegt es hier. Das Grundstück des Beigeladenen, welches zunächst als unbebautes Grundstück mit Bescheid vom 13. Februar 1992 nur mit der Grundstücksfläche veranlagt wurde, ist nachträglich mit einem Einfamilienhaus bebaut worden. Grundsätzlich entsteht hierbei ein zusätzlicher Herstellungsbeitrag, wenn wie von der Klägerin nach der tatsächlichen Geschossfläche abgerechnet wird. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt. Davon gehen auch alle Beteiligten aus.

Die Erhebung eines zusätzlichen Beitrags hat sich nach Art. 5 Abs. 2a KAG am Vorteilsbegriff zu orientieren. Daran anknüpfend kann ein Beitragstatbestand, der einmal verwirklicht wurde und damit eine Beitragspflicht entstanden ist, nicht mehr zur Beitragserhebung führen, wenn die Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Dies gebietet der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung (vgl. hierzu Driehaus, Kommunales Abgabenrecht, § 8 Anm. 746) im Zusammenhang mit den Vorschriften der Festsetzungsverjährung.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht noch davon aus, dass mit dem Inkrafttreten der BGS-EWS vom 16. Januar 1997 am 1. Januar 1997 für die im Geltungsbereich des damaligen Bebauungsplanes gelegene Teilfläche des Grundstücks Fl.-Nr. 1359 ein Grundstücksflächenbeitrag (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BGS-EWS) und ein fiktiver Geschossflächenbeitrag entstanden sind, wobei ein Viertel der Grundstücksfläche als Geschossfläche anzusetzen ist (§ 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS). Das vorher erlassene Satzungsrecht ist nichtig gewesen, weil die Satzung vom 23. Dezember 1985 eine Nebengebäuderegelung enthalten hat, die nach der Rechtsprechung des Senats zur Gesamtnichtigkeit des Beitragsteils der Abgabesatzung führt (BayVGH, U. v. 18. 1. 2005 - 23 B 04.2222 - BeckRS 2005, 39594). Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 BGS-EWS (1997) ist bei unbebauten Grundstücken die anzusetzende Geschossfläche nach der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung zu ermitteln. Fehlt es an einer heranziehbaren Umgebungsbebauung, ist gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS ein Viertel der Grundstücksfläche als Geschossfläche anzusetzen. Nach dem Vortrag der Beteiligten und dem vorgelegten Akteninhalt geht der Senat davon aus, dass das Grundstück des Beigeladenen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht am 1. Januar 1997 unbebaut war. Hierfür spricht bereits der Beitragsbescheid der Klägerin vom 13. Februar 1992, welcher ausdrücklich von einem unbebauten Grundstück ausgeht und nicht ersichtlich und vorgetragen ist, dass hernach eine Bebauung erfolgt ist. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist jedoch die schriftliche Stellungnahme des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Wunsiedel (Außenstelle Hof) vom 10. Februar 2017. Danach sei auf dem Flurstück 1359 der Gemarkung … im Jahre 1932 eine Gärtnerei mit Wasserbehälter eingemessen und in den amtlichen Karten vorgetragen worden. Im Jahre 1981 sei laut Fortführungsriss Nummer 2778 festgestellt, dass bis auf den Wasserbehälter sämtliche Gebäude der Gärtnerei abgebrochen gewesen und aus der Karte entfernt worden seien. Bei dem im Kartenausschnitt dargestellten Objekt handele es sich um den Wasserbehälter. Gründe, diese Ausführungen in Zweifel zu ziehen, sind nicht ersichtlich. Die Behauptung der Klägerin, auf dem Grundstück sei zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Nebengebäude vorhanden gewesen, welches keinen Schmutzwasserbedarf ausgelöst habe, ist unsubstantiiert und nicht belegt.

War damit das Grundstück des Beigeladenen zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 1. Januar 1997 unbebaut, so sind nach den Beitragstatbeständen der Satzung der Klägerin ein Beitrag für die Grundstücksfläche, der hier nicht im Streit steht, und ein fiktiver Geschossflächenbeitrag in Höhe eines Viertels der Grundstücksfläche entstanden. Eine Ermittlung der fiktiven Geschossfläche gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 BGS-EWS (1997) anhand der vorhandenen Umgebungsbebauung ist dabei mangels Anhaltspunkten nicht durchzuführen, so dass ein Herstellungsbeitrag in Höhe von einem Viertel der Grundstücksfläche (§ 5 Abs. 4 Satz 2 BGS-EWS) im Jahr 1997 entstanden und nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG i.V.m. §§ 169, 170 AO mit Ablauf des Jahres 2001 verjährt ist.

Daran ändert die Bestimmung des § 5 Abs. 6 der BGS-EWS (1997) der Klägerin nichts. Wird danach ein unbebautes Grundstück, für das ein Beitrag nach dem hier einschlägigen Absatz 4 festgesetzt worden ist, später bebaut, so wird der Herstellungsbeitrag (im Wege einer Gegenüberstellung der Geschossflächen nach Satz 2) neu berechnet. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass früher entstandene Beitragspflichten, die wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr veranlagt werden können, bei der Berechnung des zusätzlichen Beitrags nicht oder lediglich mit den im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht geltenden Beitragssatz berücksichtigt werden können. Eine entsprechende Auslegung der Satzungsbestimmung würde gegen das Gebot der Einmaligkeit der Beitragserhebung verstoßen und wäre damit (teil-)nichtig. Denn bei dem sog. fiktiven Geschossflächenbeitrag handelt es sich um einen Bestandteil eines echten Herstellungsbeitrags und nicht etwa um eine Vorauszahlung, weil der Vorteil im beitragsrechtlichen Sinn auch einem nicht bebauten, aber bebaubaren Grundstück innewohnt. Folglich ist die fiktive Geschossfläche und nicht ein fiktiver Geschossflächenbeitrag in Abzug zu bringen. Es ist damit eine neue Beitragspflicht entstanden, soweit die neu geschaffene Geschossfläche die fiktive Geschossfläche übersteigt (BayVGH; B. v. 26.4.1989 - 23 CS 90.468 - BeckRS 1990, 08814).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

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(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.