Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542

bei uns veröffentlicht am28.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 4 K 17.33768, 11.03.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 9 ZB 19.30489 - juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

a) Die Klägerin lässt durch ihre beiden Bevollmächtigten im Zulassungsverfahren die Fragen aufwerfen, ob nicht bei genitalen Beschneidungszahlen von 90 Prozent bei Frauen und Mädchen in Sierra Leone im Fall der Rückkehr bis zum Beweis des Gegenteils grundsätzlich von einer drohenden Beschneidung auszugehen sei, sowie ob der Schutz des Kindeswohls es nicht erfordere, in Klageverfahren wegen drohender Beschneidung in Ländern, in denen 80 Prozent der Mädchen beschnitten seien, die Flüchtlingseigenschaft festzustellen.

Beide Fragen sind jedoch nicht klärungsfähig bzw. entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass über 80 Prozent der Mädchen und Frauen in Sierra Leone von Genitalverstümmelung betroffen sind. Es hat jedoch die Wahrscheinlichkeit einer drohenden Genitalverstümmelung der Klägerin wegen des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative in Freetown verneint, weil die Eltern der Klägerin dort einer von der Großfamilie der Mutter der Klägerin vorangetriebenen Beschneidung ausweichen könnten. Die Darstellung der Eltern der Klägerin, dass die Tradition der Beschneidung so stark sei, dass sie eine solche keinesfalls verhindern könnten und sogar mit Entführung der Klägerin durch Dritte zu rechnen sei, hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung eingeführter Erkenntnismittel und einer von der Klägerseite vorgelegten Stellungnahme von Terre des Femmes als nicht glaubhaft angesehen.

Darüber hinaus ist auch die Klärungsbedürftigkeit der beiden angeblichen Grundsatzfragen nicht ausreichend dargelegt. Dem Zulassungsvorbringen lassen sich keine überprüfbaren Hinweise entnehmen, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfenen Fragen einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedürfen. Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten oder Presseberichte oder andere Erkenntnisse (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 9 ZB 19.30489 - juris Rn. 4).

b) Aus Vorstehendem folgt, dass auch die als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage, welchen Stellenwert der Schutz des Kindeswohls insbesondere in Beschneidungsfällen einnimmt, schon nicht klärungsfähig sein kann, weil - wie auch das Verwaltungsgericht festgestellt hat - das Kindeswohl einer Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet unter Berücksichtigung dessen, dass die Eltern der Klägerin in der Lage sein werden, eine Beschneidung zu verhindern, nicht entgegensteht. Die daneben noch gestellte Frage, welchen Stellenwert der Schutz des Kindeswohls im Asylverfahren einnimmt, ist - soweit ihr überhaupt eigenständige Bedeutung zukommen soll - jedenfalls nicht klärungsbedürftig. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass nach Art. 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtskonvention zwar bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist, dass jedoch kein absoluter Vorrang vermittelt wird und das Kindeswohl einer Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet nicht generell oder unter allen Umständen entgegen steht, sondern für jeden Einzelfall eine Abwägung zwischen den Belangen des Kindes und den öffentlichen Belangen vorzunehmen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.2.2011 - 1 B 22/10 - juris Rn. 4; OVG Lüneburg, B.v. 2.10.2012 - 8 LA 209/11 - juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 8.7.2011 - 10 ZB 10.3028 - juris Rn. 15). Dieser Maßstab ist auch im asylrechtlichen Verfahren anzulegen (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 2.10.2011 a.a.O.).

c) Der Frage: „Muss angesichts der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung am Rande des Existenzminimums lebt, zu dem Vorhanden - oder Nichtvorhandensein von Familienangehörige bzw. einer Großfamilie keine Feststellungen getroffen wurden, davon ausgegangen werden, dass die Eltern der Klägerin zumindest ein Existenzminimum sichern kann oder muss davon ausgegangen werden, dass angesichts der Gesamtumstände und auch den speziellen Umstände bei einer Rückkehr davon ausgegangen werden muss, dass sie ein Leben unterhalb eines Existenzminimums führen müsste“ lässt sich bereits keine allgemeine, über den Einzelfall der Klägerin hinausreichende Bedeutung entnehmen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihren Eltern nach Sierra Leone zurückkehren werde und der Vater der Klägerin das Existenzminimum der Familie am Ort der Fluchtalternative (Freetown) durch Arbeit werde sicherstellen können. Die Klägerin wendet sich hier im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 - 9 ZB 19.30847 - juris Rn. 4).

2. Der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 4.4.2019 - 9 ZB 17.31736 - juris Rn. 3 m.w.N.).

a) Dies zugrunde gelegt, hat die Klägerin, indem sie geltend macht, die Praxis des Staates Sierra Leone hinsichtlich der Beschneidung von Mädchen und Frauen sei vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden, keinen Gehörsverstoß dargetan. Die Aufklärung der Frage, ob der Staat Sierra Leone in der Lage oder willens wäre, Schutz vor einer Beschneidung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG), war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst. Das Verwaltungsgericht ist ausweislich seines Urteils davon ausgegangen, dass in Bezug auf die Befürchtung der Klägerin, im Fall einer Rückkehr nach Sierra Leone einer Genitalverstümmelung zum Opfer zu fallen, grundsätzlich ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründet sein könnte, dem jedoch jedenfalls das Bestehen einer Fluchtalternative entgegensteht (§ 3e AsylG).

b) Auch soweit die Klägerin einen Gehörsverstoß darauf stützt, dass das Verwaltungsgericht nicht untersucht habe, wie die Kernfamilie ohne Hilfe der verbliebenen Familie überleben könnte und wie sich dies auf die Beschneidungsgefahr für die Klägerin auswirken könnte, kann ihr nicht gefolgt werden. Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht statuiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 5.3.2018 - 1 BvR 1011/17 - juris Rn. 16). Insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 - 9 ZB 19.30163 - juris Rn. 7 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2019 - 9 ZB 19.31542 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2019 - 9 ZB 19.30847

bei uns veröffentlicht am 17.04.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung de

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2019 - 9 ZB 17.31736

bei uns veröffentlicht am 04.04.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung de

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2019 - 9 ZB 19.30163

bei uns veröffentlicht am 26.02.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung der B

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 9 ZB 19.30489

bei uns veröffentlicht am 27.02.2019

Tenor I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 05. März 2018 - 1 BvR 1011/17

bei uns veröffentlicht am 05.03.2018

Tenor Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 10. Feb. 2011 - 1 B 22/10

bei uns veröffentlicht am 10.02.2011

Gründe 1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Referenzen

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Kläger sind Staatsangehörige Sierra Leones; der Kläger zu 3. ist der 2016 in Freetown, Sierra Leone, geborene Sohn der Kläger zu 1. und 2. Sie begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 21. Dezember 2018 wies das Verwaltungsgericht ihre Klage ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 22.1.2019 - 9 ZB 18.31719 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Die Kläger sehen eine grundsätzliche Bedeutung in der Tatsachenfrage, ob die Versorgungs- und Sicherheitslage in Sierra Leone aktuell so desolat ist, dass hieraus Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG für rückkehrende Familien mit Kleinkindern abzuleiten seien. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass sich der Kläger zu 1. trotz der allgemein schlechten Wirtschaftslage und seiner nur rudimentären Schulbildung wegen seiner Berufserfahrung als Automechaniker und Kraftfahrer ein zumutbares Existenzminimum erwirtschaften könne. Auch sei der Klägerin zu 2. trotz zweier Kinder in geringem Umfang zumutbar, zum Familieneinkommen beizutragen, wie bereits durch das praktizierte Frisieren von Haaren erfolgt. Sowohl der Kläger zu 1. als auch die Klägerin zu 2. seien jung, gesund und arbeitsfähig und hätten bereits vor ihrer Ausreise unter Beweis gestellt, dass sie in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt in Sierra Leone sicherzustellen. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander. Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte oder andere Gerichtsentscheidungen oder Erkenntnisse, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 13 m.w.N.). Dem genügt die bloße Wiedergabe eines Zitats aus einer „aktuellen Veröffentlichung“ des Auswärtigen Amtes, die die Schwierigkeiten der Existenzsicherung in Sierra Leone aufzeigt, wie sie auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt wurden, nicht. Abgesehen davon ergibt sich hieraus auch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2019 - 9 ZB 18.31719 - juris Rn. 8).

Gleiches gilt für die Frage der Sicherheitslage im Hinblick auf die vom Kläger zu 1. angeführte Verfolgung durch die Poro Society; das Zulassungsvorbringen legt auch keine landesweite Aktivität des Geheimbundes dar. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht den Vortag des Klägers zu 1. hierzu bereits als unglaubhaft angesehen, so dass diese Frage nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 - 9 ZB 18.32071 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

2

1. Die Beschwerde wendet sich in erster Linie dagegen, dass das Berufungsgericht die Ausweisung des Klägers, die wegen des ihm zustehenden besonderen Ausweisungsschutzes als Ermessensausweisung verfügt worden ist, als rechtmäßig bestätigt hat. Sie macht geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers sein privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland überwiege. In diesem Zusammenhang hält sie die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob es im Falle einer Ermessensausweisung innerhalb des der Ausländerbehörde zustehenden Ermessensspielraums liegt, dass das zwischen dem auszuweisenden Ausländer und seinem minderjährigen deutschen Kind bestehende schützenswürdige Familienleben als nachrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse eingestuft wird

bzw. ob das Wohl minderjähriger Kinder im Rahmen der Ermessensausweisung eines ausländischen Elternteils generell Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Staates genießt."

3

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Berufungsgericht habe das Wohl der minderjährigen Kinder des Klägers unzureichend berücksichtigt bzw. gewichtet. Es habe neueste Entwicklungen auf dem Gebiet des Europarechts sowie den Kindeswohlvorrang nach Art. 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) vom 20. November 1989, die nach Rücknahme der Vorbehaltserklärung durch die Bundesrepublik Deutschland nunmehr unmittelbare Rechtswirkungen habe, nicht ausreichend beachtet. Sie nimmt insoweit auf einen Aufsatz von Benassi (InfAuslR 2010, 283 <289>) sowie auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. November 2009 (Nr. 182/08, Omojudi, InfAuslR 2010, 178) Bezug.

4

Mit diesem Vorbringen werden grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht aufgezeigt. Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern die von ihr aufgeworfenen Fragen der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist geklärt, dass es bei der im Rahmen der Ermessensentscheidung zu prüfenden Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung einer einzelfallbezogenen Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien bedarf (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137 Rn. 28 m.w.N.). An der Notwendigkeit einer jeweils einzelfallbezogenen Abwägung hat sich durch das nunmehr auch in Deutschland unmittelbar geltende Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (BGBl II 1992 S. 121) - UN-Kinderrechtskonvention (KRK) - und dessen Art. 3 Abs. 1 nichts Wesentliches geändert, da schon bisher gemäß Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG das besondere Gewicht der familiären Bindungen und insbesondere das Kindeswohl minderjähriger Kinder zu berücksichtigen waren. Art. 3 Abs. 1 KRK sieht vor, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Er schließt damit aber eine Aufenthaltsbeendigung für einen Elternteil aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - jedenfalls bei besonders schweren Straftaten und langfristig ungünstiger Prognose, wie sie hier vom Berufungsgericht festgestellt worden sind - nicht generell und unter allen Umständen aus. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind deshalb ohne Weiteres dahingehend zu beantworten, dass das zwischen dem Ausländer und seinem minderjährigen deutschen Kind bestehende Familienleben bzw. das Kindeswohl nicht generell und ausnahmslos Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse haben. Etwas anderes lässt sich auch aus dem von der Beschwerde angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht herleiten, der ebenfalls eine Abwägung der Schwere der Straftat und des Gewichts der familiären Bindungen im Einzelfall vornimmt. Soweit die Beschwerde die Abwägung des Berufungsgerichts im Falle des Klägers beanstandet, wirft sie keine Rechtsfrage auf, die sich losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles in verallgemeinerungsfähiger, grundsätzlicher Weise beantworten ließe.

5

2. Soweit die Beschwerde sich außerdem gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch das Berufungsgericht wendet, legt sie einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar. Sie setzt sich schon nicht mit der selbstständig tragenden Begründung des Berufungsgerichts auseinander, dass der Erteilung eines Aufenthaltstitels die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. Im Übrigen führt die Beschwerde lediglich aus, das Berufungsgericht habe sich in Widerspruch zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 23. Februar 2010 gesetzt, welche auf zahlreichen höchstrichterlichen Rechtsprechungen zur Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG beruhe. Sie wirft aber hierzu weder eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf, die die Zulassung einer Grundsatzrevision rechtfertigen könnte, noch benennt sie einen sonstigen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO. Insbesondere zeigt sie keinen bestimmten abstrakten Rechtssatz aus dem Berufungsurteil auf, mit dem das Berufungsgericht von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten obersten Gerichte abgewichen ist, wie dies für die Darlegung einer Divergenz im Sinne dieser Vorschrift erforderlich wäre.

6

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 45 Abs. 1 Satz 2 sowie § 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt, dass neben der Ausweisung die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie (hilfsweise) die Erteilung eines Reiseausweises im Streit waren.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 - 9 ZB 19.30057 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

a) Der im Zulassungsvorbringen aufgeworfenen Frage: „Muss angesichts der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung am Rande des Existenzminimums lebt, der Kläger nachvollziehbar ausgeführt hat, dass er sich nicht dem Schutz einer Großfamilie unterstellen kann, davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger zumindest sein Existenzminimum sichern kann oder muss davon ausgegangen werden, dass angesichts der Gesamtumstände und auch den speziellen Umstände beim Kläger bei einer Rückkehr davon ausgegangen werden muss, dass er unter dem Existenzminimum (und somit unter den inländischen Maßstäben unter Verstoß eines selbstbestimmten würdevollen Lebens) bleiben muss“ lässt sich bereits keine allgemeine, über den Einzelfall des Klägers hinausreichende Bedeutung entnehmen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auf die schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Basis zu der Einschätzung gelangt, dass sich der Kläger als junger, gesunder und erwerbsfähiger Mann, der über Schulbildung verfügt, im Fall der Rückkehr in sein Heimatland - selbst am Standort einer inländischen Fluchtalternative - ein neues Leben aufbauen können wird. Dem wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen getreten. Der Kläger wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 14).

b) Soweit im Zulassungsvorbringen ausgeführt wird, es sei grundsätzlich klärungs-bedürftig, ob der Kläger bei Bekanntwerden der Asylantragstellung mit politischer Verfolgung rechnen muss, kann der Antrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Unabhängig davon, dass dieser (neue) Sachvortrag weder im Verfahren der Anhörung vor dem Bundesamt noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Kläger thematisiert wurde und damit im Zulassungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen sein dürfte (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2018 - 1 ZB 17.31272 - juris Rn. 10), genügt dieses Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Es fehlt hier jede Ausführung zur Klärungsbedürftigkeit oder Klärungsfähigkeit.

2. Der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10).

Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß dargetan. Er macht geltend, das Gericht hätte eine Auskunft des Auswärtigen Amtes zu der Problematik einholen müssen, dass er sich in Sierra Leone mit der Society bzw. mit einer entsprechenden Frauenvereinigung „angelegt“ habe und angesichts der Gefährlichkeit dieser Vereinigung u.a. keine Unterstützung bei seiner Wiederansiedlung erlangen könne. Für das Verwaltungsgericht bestand jedoch schon mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, die Konsequenzen eines derartigen Konfliktes aufzuklären, weil es dem Kläger die diesbezüglich vorgetragene Verfolgungsgeschichte nicht geglaubt hat (vgl. UA S. 7 f.).

3. Inwieweit - wie der Kläger behauptet - die angefochtene Entscheidung von ober-gerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), wird nicht ausreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Es ist weder ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet, noch angegeben, von welchem Rechtssatz welchen Divergenzgerichts dieser abweichen soll (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Abs. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder das Gericht habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 15.2.2017 - 2 BvR 395/16 - juris Rn. 5 m.w.N.).

Danach hat der Kläger mit dem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei durch falsche Bewertung des wesentlichen Prozessstoffs zu der Feststellung gelangt, dass beim Kläger keine Homosexualität vorliege, welche geeignet sein könnte, eine begründete Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsland zu begründen, keinen Gehörsverstoß dargelegt, der auch vorliegt. Der Kläger kritisiert hier die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG aber gerade kein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 9). Im Übrigen lässt sich dem erstinstanzlichen Urteil (s. UA S. 6 f.) entnehmen, dass das Verwaltungsgericht schon deshalb nicht die Überzeugung von der drohenden Verfolgung des Klägers in Sierra Leone wegen Homosexualität gewinnen konnte, weil Homosexualität nach der Auskunftslage in Sierra Leone „nicht unter Strafe gestellt“ bzw. hinsichtlich eines formal noch bestehenden Gesetzes aus der britischen Kolonialzeit („Offences against the Person Act“, Abschnitt 61) davon auszugehen sei, dass dieses nicht angewendet werde. Es könne aufgrund der Quellen auch nicht angenommen werden, dass der Staat nicht schutzfähig und schutzwillig in Bezug auf nichtstaatliche Akteure sei. Die Frage, ob der Kläger als homosexuell anzusehen ist, wovon das Verwaltungsgericht nach seinen weiteren, ergänzenden Ausführungen allerdings auch nicht überzeugt war, war somit nicht entscheidungserheblich.

2. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 9 ZB 19.30489 - juris Rn. 3). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, „ob homosexuelle Personen bei einer Rückkehr nach Sierra Leone Verfolgungshandlungen ausgesetzt sind“, fehlt es jedenfalls an einer ausreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen (z. B. Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte) enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 13 m.w.N.). Der vom Kläger thematisierte Auszug aus Wikipedia war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Mit seinem Inhalt - und weiteren vom Kläger benannten Erkenntnismitteln - hat sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auseinandergesetzt (s. UA S. 6 f.). Aus den vom Kläger noch vorgelegten Presseberichten, dem Bericht von Amnesty International vom 8. Mai 2015 und den angeführten Urteilen des VG Augsburg vom 7. April 2011 (Au 7 K 10.30505 - juris) sowie des EuGH vom 7. November 2013 (C-199-12 - juris) lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass Homosexuelle in Sierra Leone allein wegen ihrer sexuellen Ausrichtung staatlichen Verfolgungshandlungen ausgesetzt sind oder der Staat hinsichtlich Verfolgungshandlungen von Seiten Dritter gegen Homosexuelle nicht in der Lage oder willens ist, Schutz zu gewähren (vgl. § 3d Abs. 1 und 2 AsylG). Aus aktuellen, allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen ergibt sich nichts Gegenteiliges; dergleichen wird vom Kläger auch nicht dargelegt. Einzelne geschilderte Übergriffe belegen im Übrigen nicht die grundsätzliche Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit des Staates (BVerwG, U.v. 5.7.1994 - 9 C 1/94 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 23.11.2017 - 9 ZB 17.30302 - juris Rn. 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen. Der Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 - 67 S 130/15 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Berlin hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft zivilgerichtliche Entscheidungen, die ein Mieterhöhungsbegehren nach Modernisierung der Mietwohnung zum Gegenstand haben.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in Berlin-Mitte. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist Mieterin einer in dem Haus gelegenen Wohnung und wurde in einem Vorprozess zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen verurteilt. Daraufhin schlossen die Parteien am 3./6. September 2010 eine Modernisierungsvereinbarung, woraufhin die Klägerin ihre zunächst eingelegte Berufung zurücknahm. Die Arbeiten wurden in der Folgezeit durchgeführt und spätestens am 28. Oktober 2010 beendet. Im unmittelbaren Anschluss daran verlangte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 unter Bezugnahme auf sechs im selben Anwesen liegende Vergleichswohnungen die Zustimmung der Klägerin zu einer Erhöhung der monatlichen Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB). Dabei legte sie die Ausstattung der Wohnung im modernisierten Zustand zugrunde. Die Klägerin stimmte dem Erhöhungsverlangen zu und zahlte ab November 2010 die um 37,32 € erhöhte Miete.

3

Etwa zehn Monate später machte die Beschwerdeführerin beginnend ab Mai 2012 eine Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 Abs. 1 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis 30. April 2013 gültigen Fassung, im Folgenden: a.F.) um monatlich 116,53 € geltend. Dem widersprach die Klägerin. Die Beschwerdeführerin reduzierte daraufhin den Betrag auf 79,21 €, so dass die bereits erfolgte Mieterhöhung nach § 558 BGB und die zuletzt begehrte Modernisierungsmieterhöhung zusammen einen Betrag von 116,53 € ausmachten. Die Klägerin zahlte die erhöhte Miete nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Den bis Juli 2014 vorbehaltlich gezahlten Erhöhungsbetrag von 2.138,67 € (für 27 Monate) forderte sie in dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Ausgangsverfahren zurück. Außerdem beantragte sie festzustellen, dass sie der Beschwerdeführerin keinen "Modernisierungszuschlag" schulde.

4

Durch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenem Urteil vom 10. März 2015 gab das Amtsgericht dem Zahlungsantrag statt und wies die Feststellungsklage ab. Es sei zwar zulässig, kumulativ nach § 558 und § 559 BGB vorzugehen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Modernisierung doppelt berücksichtigt werde. Eine Modernisierungsmieterhöhung sei daher vorliegend ausgeschlossen, weil bereits zuvor auf der Grundlage des modernisierten Zustands eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt worden sei. Der Klägerin stehe daher der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch zu. Ihre Feststellungsklage sei dagegen unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO bestehe.

5

Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten beide Parteien Berufung ein. Mit angegriffenem Urteil vom 16. Juli 2015 gab das Landgericht unter Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin auch dem Feststellungsantrag der Klägerin und damit der Klage insgesamt statt.

6

Das Mieterhöhungsschreiben vom 29. Oktober 2010 sei aus Sicht eines verständigen Mieters so zu verstehen, dass die Beschwerdeführerin sämtliche aus der Modernisierung herrührenden Rechte geltend gemacht und auf weitergehende (Mieterhöhungs-) Ansprüche habe verzichten wollen. Die Beschwerdeführerin habe unmittelbar nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen gestützt auf § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB die Miete erhöht, ohne die Möglichkeit einer späteren zusätzlichen Erhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auch nur zu erwähnen oder sie sich vorzubehalten. Für die Frage einer konkludenten vollständigen Abgeltung im Wege des Teilverzichts sei zwar auch von Bedeutung, ob sich einer der Vertragspartner zu einer "substantiellen Gegenleistung" verpflichtet habe und ob die Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt sei. Dies sei vorliegend aber der Fall, denn die Beschwerdeführerin habe vor dem Hintergrund der nach Art und Umfang "bis heute" streitigen Auseinandersetzungen über die Duldung der Modernisierung auf Grundlage des neuen Ausstattungszustands und der streitigen Rechtsauffassung zum Verhältnis der § 558 und § 559 BGB die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt. Die Beschwerdeführerin müsse daher ihr im Schreiben vom 29. Oktober 2010 zu Tage getretenes Verhalten nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen, denn sie habe zugewartet und, obwohl ihr dies bereits spätestens zum Zeitpunkt dieses Schreibens möglich gewesen sei, über einen Zeitraum von zehn Monaten keine Modernisierungsmieterhöhung geltend gemacht. Durch den Verzicht sei ein Erlassvertrag im Sinne von § 397 Abs. 1 BGB zustande gekommen, den die Klägerin - ebenfalls konkludent - angenommen habe.

7

Da von einem Verzicht auf eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auszugehen sei, bedürfe das im Einzelnen streitige und höchstrichterlich ungeklärte Verhältnis von § 558 und § 559 BGB keiner abschließenden Entscheidung, weshalb auch die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zuzulassen sei.

8

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge nach § 321a ZPO, mit der sie beanstandete, dass die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Erlassvertrags eine unzulässige Überraschungsentscheidung sei. Dieser Gesichtspunkt sei weder in erster Instanz noch im Berufungsrechtszug erörtert worden, sondern erstmals im Urteil des Landgerichts zur Sprache gekommen. Wenn die Beschwerdeführerin auf eine solche rechtliche Bewertung ihres Verhaltens hingewiesen worden wäre, hätte sie unter anderem vorgebracht, dass sie niemals auf eine Modernisierungsmieterhöhung habe verzichten wollen und die gegenteilige Auslegung ihres Schreibens vom 29. Oktober 2010 auch ihrer objektiven Interessenlage widerspreche. Insbesondere sei sie zum Zeitpunkt ihres ersten Mieterhöhungsverlangens noch gar nicht in der Lage gewesen, nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil amtliche Bescheinigungen und Rechnungen noch nicht vorgelegen hätten, um die Modernisierungskosten abschließend zu beziffern.

9

Mit durch die Verfassungsbeschwerde angegriffenem Beschluss vom 15. September 2015 verwarf das Landgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin als unzulässig. Die Beschwerdeführerin habe eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung entsprechend den Anforderungen des § 321a Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht dargelegt. Eine Gehörsverletzung liege auch nicht vor.

10

2. Mit ihrer fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vorgenannten Entscheidungen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch das Urteil des Amtsgerichts sowie eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die landgerichtlichen Entscheidungen.

11

Das Landgericht habe eine unzulässige Überraschungsentscheidung gefällt und dadurch gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter habe mit der Annahme eines Erlassvertrags nicht rechnen brauchen, weil diese fernliegend sei und den in Rechtsprechung und Lehre geklärten Anforderungen an das Zustandekommen von Erlassverträgen durch konkludentes Verhalten des Gläubigers widerspreche. Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass die Annahme eines solchen Vertrages in Betracht komme, hätte die Beschwerdeführerin tatsächlich und rechtlich weiter vorgetragen. Die Annahme eines Erlassvertrages sei überdies grob falsch, abwegig und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haltbar. Das Landgericht sei in willkürlicher Weise davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin eine Modernisierungsmieterhöhung spätestens zum 29. Oktober 2010 möglich gewesen sei.

12

Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss verletze die Beschwerdeführerin erneut in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Das Landgericht habe ihr Rügevorbringen weder zur Kenntnis genommen noch sich damit auseinandergesetzt.

13

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der Verband "Haus & Grund", die Klägerin des Ausgangverfahrens, der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Anwaltverein sowie die Bundesrechtsanwaltskammer Stellung genommen. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; er hat von dieser aber abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

14

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts vom 16. Juli 2015 richtet. Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 ff.>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist im dargelegten Umfang zur Durchsetzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.

15

1. Das Urteil des Landgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

16

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs gewährt den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen, Anträge zu stellen und Ausführungen zu dem in Rede stehenden Sachverhalt, den Beweisergebnissen sowie zur Rechtslage zu machen (vgl. BVerfGE 83, 24 <35>; 86, 133 <144>; stRspr). Darüber hinaus enthält Art. 103 Abs. 1 GG als weitergehende Garantie den Schutz vor Überraschungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410>; BVerfGK 14, 455 <456>; stRspr). Da die Beteiligten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit erhalten sollen, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, den Beweisergebnissen und den Rechtsauffassungen vor Erlass der Entscheidung zu äußern, setzt eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Es kann daher der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt abstellt. Dabei statuiert Art. 103 Abs. 1 GG zwar keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Die Parteien eines Zivilprozesses müssen, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfGE 86, 133 <145>; 98, 218 <263>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist aber dann anzunehmen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen eine gewissenhafte und kundige Partei auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; stRspr).

17

b) Nach diesen Maßstäben verletzt das Urteil des Landgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

18

aa) Die Annahme einer Verzichtserklärung und eines Erlassvertrages stellt eine Überraschungsentscheidung dar, mit der die Parteien nach dem Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten. Ein möglicher Verzicht der Beschwerdeführerin war weder im Vorfeld von den Parteien erörtert noch vom Gericht in der mündlichen Verhandlung in Erwägung gezogen worden. Auch im erstinstanzlichen Urteil ist dieser Gesichtspunkt nicht zur Sprache gekommen. Die Annahme eines Verzichts lag auch nicht derart nahe, dass die Beschwerdeführerin dazu aus Gründen prozessualer Vorsorge oder unter Berücksichtigung des Gebots des sichersten Weges vorsorglich hätte vortragen müssen, um möglicherweise andernfalls drohenden Rechtsnachteilen zuvorzukommen.

19

Durch das Unterlassen eines entsprechenden rechtlichen Hinweises hat das Landgericht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit abgeschnitten, zur Frage der Annahme eines Verzichtswillens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorzutragen.

20

bb) Die Entscheidung des Landgerichts beruht auch auf diesem Gehörsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung bei Gewährung rechtlichen Gehörs anders ausgefallen wäre.

21

Aus der Verfassungsbeschwerde und der mitgeteilten Anhörungsrüge geht hinreichend hervor, was die Beschwerdeführerin bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs vorgebracht hätte. So hat sie unter anderem ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an das Vorliegen eines Verzichtswillens strenge Anforderungen zu stellen seien und der Verzichtswille unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände unmissverständlich sein müsse. Dabei könne für das Vorliegen eines unmissverständlichen Verzichtswillens zwar sprechen, wenn in einer Situation erheblicher Unsicherheit seitens der gegnerischen Partei eine "substantielle Gegenleistung" erfolgt sei. Vorliegend sei aber schon kein Raum für ein (weiteres) Entgegenkommen der Beschwerdeführerin gewesen, weil sie der Klägerin bereits bei Abschluss der Modernisierungsvereinbarung im September 2010 entgegenkommen war. Mit dieser Vereinbarung hätten sich die Parteien auch ausdrücklich über Art und Umfang der Modernisierungsmaßnahmen gütlich geeinigt. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe daher im Hinblick auf die Modernisierungsmaßnahmen schon seit September 2010 zwischen den Parteien kein Streit mehr bestanden, weshalb insoweit auch weder eine "erhebliche Unsicherheit" vorgelegen habe noch die Zustimmung der Klägerin zur Mieterhöhung als "substantielle Gegenleistung" habe gewertet werden können. Auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB a.F. nicht sogleich erklärt, sondern zunächst zehn Monate zugewartet habe, könne nicht auf einen in dem Schreiben vom 29. Oktober 2010 enthaltenen stillschweigenden Verzicht geschlossen werden. Denn entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der Lage gewesen, auf Grundlage von § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil ihr weder die exakten Modernisierungskosten bekannt gewesen seien noch sämtliche Rechnungen vorgelegen hätten. Eine Mieterhöhungserklärung setze aber voraus, dass die Arbeiten vollständig abgerechnet, die Richtigkeit der Rechnungen nachgeprüft und schließlich die gesamten Modernisierungskosten ermittelt worden seien. Dies nehme regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch.

22

Danach spricht vieles dafür, dass dem Landgericht bei Gewährung rechtlichen Gehörs mit Blick auf die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 - VIII ZR 99/14 -, juris, Rn. 19) die Annahme eines schlüssig erklärten Verzichts auf das Recht zur Modernisierungsmieterhöhung und eines konkludent zustande gekommenen Erlassvertrags versperrt geblieben wäre. Infolgedessen hätte sich das Landgericht zu der höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage zum grundsätzlichen Verhältnis zwischen den § 558 und § 559 BGB verhalten und insoweit - wovon es selbst ausgegangen ist - wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, jedenfalls aber zur Fortbildung des Rechts die Revision zulassen müssen.

23

cc) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann zwar grundsätzlich durch das weitere Verfahren geheilt werden (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 62, 392 <397>; 73, 322 <326 f.>). Eine derartige Heilung scheidet hier jedoch aus. Die Ausführungen des Landgerichts in seinem Beschluss vom 15. September 2015, mit dem es über die Anhörungsrüge entschieden hat, sind hierzu nicht geeignet. Eine Heilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Landgericht die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen hat.

24

2. Angesichts des festgestellten Verstoßes des landgerichtlichen Urteils gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet ist, als die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Annahme eines Verzichtswillens eine Verletzung des Willkürverbots rügt. Ebenfalls kann offen bleiben, ob der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 einen weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründet.

III.

25

1. Das Urteil des Landgerichts ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts wird damit gegenstandslos.

26

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Insoweit wird von einer Begründung nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

27

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2019 - 9 ZB 18.31719 - juris Rn. 2 m.w.N.).

Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, „ob einer alleinstehenden Frau aus Sierra Leone, die - wie die Klägerin - nicht über einen schützenden Familienverband verfügt, im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone aufgrund der schlechten Versorgungslage eine existenziell lebensbedrohliche Lage droht“, sind diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat auf die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen sowie die besonders schwierige Lage alleinstehender Frauen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Grundlage davon ausgegangen, dass die Klägerin als gesunde und arbeitsfähige Frau ohne Unterhaltslasten mit überdurchschnittlicher Schul- und Berufsausbildung sowie Erfahrungen als Verkäuferin ihre Existenz sichern kann. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen und setzt sich auch nicht substantiiert mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander, sondern wendet sich im Gewand der Grundsatzrüge gegen die einzelfallbezogene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, wonach die Klägerin auch in den Jahren 2014 bis 2017 in der Lage gewesen sei, ein ausreichendes Einkommen zu generieren, und ihren anderslautenden Darstellungen nicht zu glauben seien. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund geltend gemacht (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - Rn. 14).

Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, genügt es zudem den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG in Bezug auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage nicht, wenn lediglich die Behauptung aufgestellt wird, die für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse stellten sich anders dar als vom Verwaltungsgericht angenommen. Vielmehr bedarf es zumindest eines überprüfbaren Hinweises auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte), die zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzeigen, dass die aufgeworfene Tatsachenfrage anders als in der angefochtenen Entscheidung zu beantworten ist (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 13 m.w.N.). Auch daran fehlt es.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verletzung rechtlichen Gehörs zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 VwGO).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder das Gericht habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 15.2.2017 - 2 BvR 395/16 - juris Rn. 5 m.w.N.).

a) Danach hat die Klägerin mit dem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend geprüft, ob ihr im Fall der Rückkehr nach Sierra Leone Verelendung drohe, keinen Gehörsverstoß dargelegt, der auch vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat sich, wie den Entscheidungsgründen seines Urteils (vgl. UA S. 12 ff.) entnommen werden kann, ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob für die Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG anzunehmen ist, weil ihr in Sierra Leone wegen der dortigen schwierigen Lebensbedingungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde bzw. sie dort einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wäre. Es hat allerdings eine von der Auffassung der Klägerin abweichende Beweiswürdigung vorgenommen.

Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen vom 29. März 2006 (9 L 137/06 - juris) anführt, lässt sich auch nicht - wie die Klägerin meint - der Schluss ziehen, dass es die Auskunftslage ansonsten, so wie sie sich anhand der eingeführten Erkenntnismittel darstellt, unberücksichtigt gelassen hätte bzw. diesen Erkenntnismitteln nichts habe entnehmen können. Das Zulassungsvorbringen verkennt hier schon, dass das Verwaltungsgericht sich nur auf eine rechtliche Auffassung bezieht, die in der genannten Entscheidung vertreten wurde.

b) Auch die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags begründet keinen Gehörsverstoß.

Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerwG, B.v. 10.8.2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 10 m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 - 1 BvR 291/13 - juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 26.4.2018 - 9 ZB 18.30178 - juris Rn. 4 m.w.N.).

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 27. November 2018 beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass der Klägerin als alleinstehender Frau ohne familiäre Unterstützung im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone eine existenziell lebensbedrohliche Lage drohe, eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe einzuholen. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Der Vortrag der Klägerin werde in Gänze als unglaubhaft zurückgewiesen. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche und Ungereimtheiten sei es auch nicht glaubhaft, dass die Klägerin in ihrer Zeit nach der Flucht im Januar 2014 ohne jegliche Unterstützung und einzig mit Prostitution ihr Leben gefristet habe. Darüber hinaus verfüge das Verwaltungsgericht aufgrund der eingeführten Erkenntnismittel bereits über die erforderliche Sachkunde und das erforderliche Sachwissen. Das Gericht gehe davon aus, dass eine allstehende, gesunde und arbeitsfähige Frau ohne Unterhaltsverpflichtung ausreichend Einkünfte erwerben könne, um zumindest ihre Existenzgrundlage sicherzustellen.

Zur Begründung ihres Zulassungsantrags trägt die Klägerin vor, dass das Gericht einen Widerspruch im Vortrag der Klägerin konstruiert habe, um ihn als unglaubhaft ablehnen zu können. Die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung, die Klägerin verfüge in Sierra Leone über finanzielle Mittel und ein soziales Netzwerk, sei willkürlich. Das Gericht habe weiterhin weder durch eigene Sachkunde noch aufgrund von Erkenntnismitteln darlegen können, dass die Klägerin in Sierra Leone keiner existenziellen Notlage ausgeliefert sei. Eine nicht sachgerechte Ablehnung des Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung (§ 86 Abs. 2 VwGO) wird mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt.

Die im Urteil ausführlich begründete Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin (auch) hinsichtlich der von ihr behaupteten persönlichen Lebensumstände nicht geglaubt werden könne, ist sachlich begründet. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung hierzu nicht nur die Unterschiede in den Darstellungen der Klägerin gegenüber Gericht und Bundesamt betreffend ihre Einkommenssituation in den Jahren 2014 bis 2017 angeführt, sondern es auch als lebensfern erachtet und nicht geglaubt, dass der Klägerin - wie von ihr behauptet - fremde Personen ohne Gegenleistung einen Reisepass und ein Visum organisiert sowie die gesamte Reise, einschließlich eines Fluges von Marokko nach Deutschland finanziert haben sollen. Zudem hat es auf die von ihm festgestellten und im Urteil ausführlich dargestellten Widersprüche im sonstigen Vortrag der Klägerin verwiesen und ist nach alledem zu der vertretbaren Schlussfolgerung gelangt, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche Lage in Sierra Leone falsch dargestellt habe und ebenso wie vor ihrer Ausreise ihre Existenzgrundlage entweder selbst oder mit Hilfe Dritter werde sicherstellen können. Das Beweisangebot ist bei dieser Würdigung durch das Verwaltungsgericht, nach der es sich bei der Klägerin gerade nicht um die (mittellose) alleinstehende Frau ohne familiäre Unterstützung handelt, unerheblich.

Darüber hinaus hat die Klägerin aber auch nicht dargelegt, warum die bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht ausreichen oder sonst Mängel aufweisen sollten. Nur in einem solchen Fall könnte sich die im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über einen Antrag auf Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten zu einem entsprechenden Anspruch verdichtet haben. Reichen die in das Verfahren bereits eingeführten Erkenntnismittel zur Beurteilung der geltend gemachten Gefahren aus und legt das Gericht diese - wie hier - erkennbar seiner Beweiswürdigung zugrunde, kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte unter Berufung auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen (BVerwG, B.v. 27.3.2013 - 10 B 34.12 - NVwZ-RR 2013, 620 = juris Rn. 4 m.w.N.). Dass das Verwaltungsgericht die eingeführten Erkenntnismittel und den Vortrag der Klägerin nicht in der von ihr gewünschten Weise bewertet hat, vermag - wie bereits ausgeführt - einen Gehörsverstoß nicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.