Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004

bei uns veröffentlicht am22.02.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Verwaltungsstreitsachen 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003 und 8 AS 40004 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Anträge werden abgelehnt.

III. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zu einem Drittel.

IV. Der Streitwert wird für jedes Verfahren bis zu ihrer Verbindung auf jeweils 15.000 Euro und ab der Verbindung auf insgesamt 45.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich in der Hauptsache gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von O. vom 19. Dezember 2014 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 für die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens F. zwischen Mangfallkm 26,200 und 23,000 auf der rechten Mangfallseite.

Die Planung sieht die Errichtung eines gesteuerten Hochwasserrückhaltebeckens im Nebenschluss mit den zugehörigen Bauwerken, Nutzungen und Nebeneinrichtungen südlich der Mangfall vor. Die Staufläche des Beckens erstreckt sich bei Vollstau über eine Fläche von 115 ha, die größtenteils landwirtschaftlich genutzt wird. Durch einen Einstau bis zum vorgesehenen maximalen Stauziel von 535 m ü. NN wird im Hauptbecken ein Volumen von 4,62 Mio. m3 gespeichert. Durch die Einbeziehung der Unterwasserbecken der L.-werke auf der Ostseite des Projektgebiets kann dieses Volumen um 2,0 Mio. m3 auf 6,62 Mio. m3 erhöht werden. Eine Befüllung des Hochwasserrückhaltebeckens ist zum einen dann vorgesehen, wenn an der Mangfall ein Hochwasserereignis größer HQ100 prognostiziert wird (Lastfall 1). Zum anderen soll eine Befüllung des Beckens erfolgen, wenn am Inn ein Hochwasserereignis größer HQ100 und gleichzeitig an der Mangfall ein Hochwasserereignis größer HQ30 erwartet wird (Lastfall 2).

Die Planfeststellungsbehörde hat die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom 19. Dezember 2014 und des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2017 angeordnet.

Die Antragsteller sind Eigentümer landwirtschaftlicher Nutzflächen, die durch das Vorhaben teilweise vorübergehend, teilweise dauerhaft in Anspruch genommen werden. Sie haben gegen die Planfeststellung Klagen erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Sie bestreiten die Planrechtfertigung des Vorhabens und vertreten die Auffassung, die Planung verstoße gegen zwingendes Recht und weise Abwägungsfehler auf.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 23. Dezember 2017 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Ablehnung der Anträge

und tritt den von den Antragstellern erhobenen Einwänden entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens sowie des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

Entfällt wie hier die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs, weil die Planfeststellungsbehörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO die sofortige Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses und des Planergänzungsbeschlusses angeordnet hat, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, wird regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben, ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 ff. m.w.N.).

Danach sind die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von den Antragstellern erhobenen Klagen abzulehnen, weil deren Erfolgsaussichten offen sind und bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das öffentliche Interesse an einer zeitnahen Umsetzung des Vorhabens das Interesse der Antragsteller, den Beginn der Bauarbeiten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die von ihnen erhobenen Klagen zu unterbinden, überwiegt.

1. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller ist die Anordnung des Sofortvollzugs im Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 und im Planergänzungsbeschluss vom 23. Dezember 2017 formell ordnungsgemäß begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

Hierfür bedarf es einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26.01 - juris Rn. 6; B.v. 31.1.2002 - 1 DB 2.02 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 10 CS 18.98 - juris Rn. 6). Die Frage, ob die angeführten Gründe die Vollziehungsanordnung auch tatsächlich rechtfertigen und ob damit eine besondere Eilbedürftigkeit erschöpfend dargetan wurde, ist an dieser Stelle unerheblich (BayVGH, B.v. 11.1.2018 - 20 CS 17.1913 - juris Rn. 13; OVG NW, B.v. 12.5.2014 - 16 B 330/14 - juris Rn. 2; vgl. auch Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 55 m.w.N.).

Daher kommt es in diesem Zusammenhang auf die von den Antragstellern angeführte lange Verfahrensdauer der Planfeststellung nicht an. Die Planfeststellungsbehörde hat die sofortige Vollziehbarkeit der Zulassungsentscheidung auch nicht lediglich pauschal und allgemein begründet. Vielmehr hat sie auf über zwei Seiten ausführlich und einzelfallbezogen dargestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zur zügigen Herstellung des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens angesichts der in den vergangenen Jahren eingetretenen immensen Hochwasserschäden zum wirksamen Schutz vor Hochwasser dringend erforderlich sei und nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden könne. Das Pfingsthochwasser von 1999 und die Hochwasser vom August 2002, August 2005 und Juni 2013 hätten deutlich gemacht, welche Gefahren und Risiken für Leib und Leben von sehr großen Niederschlags- und Abflussereignissen ausgingen. Aufgrund der Klimaänderung sei eine Häufung sehr großer Hochwasserereignisse prognostiziert, ohne dass vorhergesagt werden könne, wann das nächste sehr große Hochwasser stattfinden werde. Die Herstellung eines ausreichenden Hochwasserschutzes sei daher als dringlich anzusehen. Der bei einem Bruch oder einer Überströmung der vorhandenen Deiche von Überschwemmung bedrohte Bereich umfasse die Gemeinden im gesamten unteren Mangfalltal und die Stadt Rosenheim. Im Falle einer suspendierenden Klage würde ein in diesem Zeitraum stattfindendes größeres Hochwasserereignis aller Voraussicht nach mit erheblichen Gefahren für Gesundheit, Leben und Eigentum der Bewohner der flussabwärts von F. liegenden Siedlungen einhergehen; ebenso wären erhebliche Umweltschäden zu erwarten. Durch die Anordnung des Sofortvollzugs könne die Herstellung der Hochwasserschutzmaßnahmen weiterhin vollzogen werden, zumal die eigentliche Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens eines gewissen Vorlaufs bedürfe. Die Behörde setzt sich auch mit den Interessen der von der Planung Betroffenen auseinander und kommt im Wege der Abwägung dazu, dass ein besonderes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der planfestgestellten Maßnahme besteht.

Danach lässt die Begründung in nachvollziehbarer Weise erkennen, aufgrund welcher Erwägungen die Planfeststellungsbehörde die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und des Planergänzungsbeschlusses angeordnet hat. Zwar decken sich die dargestellten Überlegungen mit der Begründung der Planrechtfertigung und der im Rahmen der Planfeststellung getroffenen Abwägungsentscheidung. Die Behörde hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sie aus diesen Gründen auch das besondere Vollzugsinteresse bejaht (Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 98). Damit genügt sie in formeller Hinsicht der Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. dazu BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 10 CS 18.98 - juris Rn. 6).

2. Der Senat erachtet die Erfolgsaussichten in den Hauptsacheverfahren als offen. Zwar haben die Antragsteller - bei summarischer Prüfung - keine durchgreifenden Einwendungen gegen die Planrechtfertigung erhoben (dazu unten 2.1), die Erfolgsaussichten der Klagen können aber im Übrigen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht hinreichend beurteilt werden (dazu unten 2.2). Im Rahmen der danach zu treffenden Interessenabwägung sprechen jedoch gewichtige Gründe für die sofortige Vollziehung der streitgegenständlichen Planfeststellung‚ die das Suspensivinteresse der Antragsteller überwiegen (dazu unten 2.3).

2.1 Die gegen die Planrechtfertigung erhobenen Einwendungen der Antragsteller greifen voraussichtlich nicht durch.

2.1.1 Das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung ist für ein wasserrechtliches Vorhaben gegeben, wenn für seine Verwirklichung nach Maßgabe der von den wasserrechtlichen Bestimmungen verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 9.2.2017 - 7 A 2.15 u.a. - BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 208 m.w.N.).

Nach den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss vom 19. Dezember 2014 ist das Vorhaben Teil des Gesamtprojekts „Hochwasserschutz im unterem Mangfalltal“, das aus dem Ausbau der Deichstrecke zwischen F1.-W. und R. auf das Bemessungshochwasser HQ 100 zuzüglich eines Freibords von 1 m (sog. „Linienausbau“) und dem Bau des streitgegenständlichen Hochwasserrückhaltebeckens als einem von insgesamt 16 Seitenpoldern besteht. Das planfestgestellte Vorhaben dient dazu, den Hochwasserschutz für die im unteren Mangfalltal liegenden Städte und Gemeinden bei sehr großen Hochwasserabflüssen zu verbessern. Durch die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens samt Einbindung der Unterwasserbecken der L.-werke kann der Klimazuschlag von 15% zum HQ 100 in diesem Bereich erfolgreich eingehalten und gleichzeitig die durch den Linienausbau bewirkte Abflussverschärfung, die sich nachteilig auf die Unterlieger der Mangfall auswirken würde, wirksam aufgefangen werden.

Danach erweist sich das Vorhaben bei summarischer Prüfung als vernünftigerweise geboten. Der Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen stellt ein maßgebliches Ziel des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des bayerischen Wassergesetzes (BayWG) dar und ist wesentlicher Bestandteil des wasserhaushaltsgesetzlichen Bewirtschaftungssystems. Er wird in verschiedenen Vorschriften explizit angesprochen oder als übergeordnete Zielsetzung vorausgesetzt (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, §§ 67 ff. WHG, Art. 43 ff. BayWG). Auch im europäischen Recht ist die wirksame Hochwasservorsorge und Begrenzung von Hochwasserschäden von überragender Bedeutung (vgl. die Richtlinie 2007/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken, ABl. L 288 vom 6.11.2007 S. 27).

2.1.2 Die Einwendungen der Antragsteller stellen die Planrechtfertigung des Vorhabens nicht infrage.

Die Antragsteller machen geltend, weder der gesetzlich vorgesehene 15%ige Klimazuschlag noch die Abflussverschärfung durch den Linienausbau könnten das geplante Vorhaben rechtfertigen, da es nicht zulässig sei, eine neue Hochwasserschutzmaßnahme allein zu dem Zweck umzusetzen, dass der Klimazuschlag für eine ganze Region nachträglich umgesetzt wird. Zudem müsse jede Deichbaumaßnahme für sich den durch sie verloren gehenden Retentionsraumverlust ausgleichen, weshalb die Argumentation mit der Abflussverschärfung durch den Linienausbau nicht verfange.

Dabei verkennen die Antragsteller jedoch zum einen, dass die Verpflichtung nach Art. 44 Abs. 2 BayWG, bei der Planung von Hochwasserschutzeinrichtungen die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen, erst im Jahr 2004 bayernweit eingeführt und mit Inkrafttreten des Bayerischen Wassergesetzes vom 25. Februar 2010 (GVBl S. 66) gesetzlich normiert worden ist, weshalb sie bei den bereits zu früheren Zeitpunkten fertiggestellten Abschnitten des Linienausbaus keine Berücksichtigung finden konnte. Soweit sich die Antragsteller gegen die Dimensionierung des Vorhabens mit der Begründung wenden, es stelle einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Lastengleichheit dar, wenn sie einseitig die Lasten für einen Schutz für das ganze Mangfalltal tragen müssten, stellen sie nicht die Planrechtfertigung des Vorhabens infrage; vielmehr ist dieses Vorbringen im Rahmen der nachgelagerten Prüfung, ob die Dimensionierung des Vorhabens den zwingenden wasserrechtlichen Vorgaben und dem Gebot der fachplanerischen Abwägung entspricht, zu berücksichtigen. Soweit ein solches Vorhaben zur Umsetzung des in Art. 44 Abs. 2 BayWG vorgesehenen Klimafaktors mit zwingendem Recht vereinbar ist und die Abwägungsentscheidung einschließlich der Alternativenprüfung einer rechtlichen Kontrolle standhält, bestehen gegen seine Rechtmäßigkeit keine Bedenken; in diesem Fall entfaltet der Planfeststellungsbeschluss verfassungskonform enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 71 WHG), wobei die Regelung der dem Grunde nach vorgesehenen Entschädigung dann - wie die Enteignung selbst - dem Enteignungsverfahren nach dem BayEG vorbehalten ist (Art. 56 BayWG). Der Verweis der Antragsteller auf das Urteil des BGH vom 5. März 1981 (III ZR 9/80 - BGHZ 80, 111 = juris Rn. 19) geht daher fehl, da dieser Entscheidung eine andere Fallkonstellation, nämlich die Überschwemmung von Grundstücken aufgrund einer Hochwasserschutzmaßnahme ohne Entschädigung, zugrunde lag.

Auch greift der Einwand nicht durch, die behauptete Abflussverschärfung durch den Linienausbau sei vorgeschoben, weil der Verlust von Rückhalteflächen bereits im Rahmen der Verwirklichung der jeweiligen Einzelmaßnahme des Deichlinienausbaus auszugleichen sei. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich das Erhaltungsgebot des § 67 Abs. 1 WHG nur auf Flächen bezieht, deren Funktion, aus dem Gewässerbett austretendes Wasser zurückzuhalten und schadlos abfließen zu lassen, noch nicht beeinträchtigt ist. Das Gesetz spricht in § 67 Abs. 1 WHG von „natürlichen Rückhalteflächen“. Es werden daher nur solche Flächen erfasst, die noch nicht durch menschliche Nutzungen und Gestaltungen in ihrer Hochwasserrückhaltefunktion beeinträchtigt wurden (Maus in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 67 Rn. 18). Die Ausgleichspflicht nach § 67 Abs. 1, § 77 Abs. 1 Satz 2 WHG erfasst daher keine baulich veränderten Flächen oder die bei Hochwasser überfluteten Innerortslagen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 67 Rn. 19; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris Rn. 48). Da nach dem plausiblen Vorbringen des Beklagten aber auch innerhalb dieser Bereiche durch den Linienausbau faktischer Retentionsraum verloren geht, ist es nachvollziehbar, dass der Planfeststellungsbeschluss die Dimensionierung des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens auch mit der durch den Linienausbau bewirkten Abflussverschärfung begründet.

Hinzu kommt, dass im Rahmen der Vervollständigung des Linienausbaus die bislang noch bestehenden Lücken in der Deichlinie geschlossen werden sollen. Damit wird das bis dahin noch mögliche Ausufern von Hochwasser unterbunden; es leuchtet ein, dass die damit verbundene Abflusserhöhung aus der Mangfall zur Folge hat, dass sich für die Unterlieger am Inn, wo derzeit ein HQ 100 des Inns weitgehend schadlos abfließen kann, das Hochwasserrisiko erhöht. Diese Gefahr wird nach der Prüfung des amtlichen Sachverständigen durch die Befüllung des geplanten Hochwasserrückhaltebeckens kompensiert.

Die Antragsteller haben hiergegen keine substanziierten Einwendungen erhoben. Ihr Vorbringen, der Hochwasserschutz müsste an jeder einzelnen Maßnahme für sich genommen sichergestellt werden, zielt wiederum darauf, dass ihrer Auffassung nach nicht zu ihren Lasten der Hochwasserschutz für das gesamte untere Mangfalltal sichergestellt werden dürfe. Wie oben dargestellt betrifft dieser Vortrag nicht die Frage der Planrechtfertigung, sondern das Abwägungsgebot des Planungsrechts, insbesondere die Alternativenprüfung.

2.2 Auch wenn der Senat deshalb vorläufig davon ausgeht, dass die Planrechtfertigung des Vorhabens gegeben ist, können bei der im vorläufigen Rechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung die weiteren Erfolgsaussichten der Klagen nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden. Die Antragsteller haben in ihrem 124-seitigen Klageschriftsatz vielfältige Einwendungen erhoben. Sie bestreiten die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung u.a. mit behaupteten Verstößen gegen zwingende wasserrechtliche, naturschutzrechtliche, artenschutzrechtliche und raumordnungsrechtliche Vorschriften, rügen Untersuchungs- und Abwägungsdefizite und greifen die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Alternativenprüfung an. Der Antragsgegner ist in seiner Klageerwiderung auf diese Einwände eingegangen und hat sie nach vorläufiger Rechtsauffassung des Senats weitgehend plausibel ausgeräumt, sodass sich die Planfeststellung jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig erweist. Doch auch von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Vielmehr erfordert die Komplexität des Verfahrens weitere Auskünfte durch die Fachbehörden, die der Senat nur im Rahmen der Hauptsacheverfahren einholen kann, um die umfangreiche und komplexe Materie durchdringen und die Plausibilität der vorgenommenen Einschätzungen beurteilen zu können. So werden etwa nähere Erläuterungen zum verwendeten Grundwassermodell und zur geplanten Innendichtung, aber u.a. auch zu den Habitatanforderungen der Zauneidechse sowie zu den geplanten Ausgleichs- und Kohärenzmaßnahmen erforderlich sein. Auch zu der umfangreichen Prüfung der Standort- und Maßnahmealternativen sind noch Fragen offen. Deren Klärung kann erst im Rahmen der Hauptsacheverfahren erfolgen.

2.3 Aufgrund der danach vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Anträge nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen, weil ein vorrangiges öffentliches Interesse daran besteht, den Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses zur Verwirklichung des planfestgestellten Hochwasserrückhaltebeckens schon vor Eintritt seiner Bestandskraft vollziehen zu können. Das Interesse der Antragsteller, die Schaffung vollendeter Tatsachen und die Beeinträchtigung ihres Grundeigentums abzuwehren, solange über ihre Klagen gegen die Planfeststellung nicht rechtskräftig entschieden ist, hat ein geringeres Gewicht.

2.3.1 Bei der Gewichtung des Aussetzungsinteresses ist zugunsten der Antragsteller die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers in § 80 Abs. 1 VwGO für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen zu berücksichtigen. Die eigentumsrechtlich betroffenen Antragsteller haben ein berechtigtes Interesse daran, vor dem Entzug bzw. vor der rechtlichen Beschränkung ihrer landwirtschaftlichen Flächen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen, das als erheblich anzusehen ist.

2.3.2 Der Antragsgegner führt als öffentlichen Belang die besondere Dringlichkeit des sofortigen Baubeginns ins Feld. Die Errichtung des Hochwasserbeckens ist Teil des seit rund 20 Jahren geplanten und abschnittsweise verwirklichten Hochwasserschutzprojekts, wobei der darin vorgesehene Bau von Hochwasserdeichen entlang der Mangfall bereits sehr weit fortgeschritten ist. Nach dem plausiblen Vorbringen der Planfeststellungsbehörde kann alleine mit einem beidseitigen Linienausbau der landesgesetzlich geforderte Schutzstandard nicht erreicht werden, weil Deiche bei sehr großen Hochwässern überströmt werden oder brechen könnten. Dies hätte wiederum eine Überschwemmung der dicht besiedelten Wohn- und Gewerbegebiete des unteren Mangfalltals zur Folge. Hinzu kommt die bereits unter 2.1.2 dargestellte notwendige Kompensation der Abflussverschärfung, die bei bestimmten Hochwasserlagen auch die Unterlieger am Inn gefährdet. Daher ist die Realisierung des Projekts dringend geboten.

Aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs wurden bereits Maßnahmen zur Umsetzung der Planung ergriffen. Der Bauablaufplan sieht eine weitere Gesamtbauzeit von drei Jahren vor. Die geplante Fertigstellung des Beckens bis zum 31. Dezember 2021 setzt voraus, dass zum einen aufgrund der Vermeidungsmaßnahme V8 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 234: Fällarbeiten nur außerhalb der Vogelbrutzeit) Rodungsarbeiten noch vor dem 1. März 2019 durchgeführt werden, um zu ermöglichen, dass die erste geplante Deichschüttung (vgl. Nr. 2.3.1.1 des Planergänzungsbeschlusses, S. 12) noch in diesem Jahr erfolgen kann; die nächste Rodungsmöglichkeit besteht erst wieder im Winter 2019/2020. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen hätte demnach zur Folge, dass sich die Fertigstellung des Beckens um mindestens ein Jahr verzögern würde. Auch die Errichtung zweier Ausweichhabitate für Zauneidechsen, die Voraussetzung für die geplante Deichschüttung im dritten Baujahr sind (vgl. Nr. 2.3.1.2.1 des Planergänzungsbeschlusses, S. 12), muss bis spätestens 15. März 2019, dem Beginn der Aktivitätsperiode der Zauneidechse, abgeschlossen sein; anderenfalls würde sich die Bauzeit um mindestens ein Jahr verlängern. Zudem würde eine Verzögerung der im Bauzeitenplan für das Jahr 2019 vorgesehenen Verlegung und Erhöhung der bestehenden 110-kV-Leitung nach den Auskünften des Planungsbüros zu einer entsprechenden Verlängerung der Gesamtbauzeit führen.

2.3.3 Die Abwägung der hier im Raum stehenden Interessen fällt zulasten der Antragsteller aus.

Nach dem plausiblen Vorbringen des Antragsgegners besteht im Falle eines großen Hochwasserereignisses die konkrete Gefahr, dass Menschen zu Tode kommen oder verletzt werden und dass erhebliche Sach- und Umweltschäden entstehen. Damit sind höchstrangige Rechtsgüter betroffen (Art. 2 Abs. 2, Art. 20a GG) und es stehen Ereignisse in Form von Naturkatastrophen im Raum. Auch wenn solch große Hochwasserereignisse statistisch gesehen (noch) relativ selten sind - wenn auch mit steigender Tendenz -, ist es nicht auszuschließen, dass ein solches gerade in dem Zeitraum eintritt, um den sich die Errichtung des Hochwasserrückhaltebeckens verzögert, wenn die aufschiebende Wirkung der Klagen angeordnet wird. Demgegenüber müssen die Interessen der Antragsteller - ungeachtet ihres verfassungsrechtlich hohen Ranges - zurücktreten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur die Antragsteller zu 2 und 3, nicht aber der Antragsteller zu 1 von einem dauerhaften Eigentumsentzug betroffen ist. Soweit Grundstücke der Antragsteller mit Dienstbarkeiten belastet werden, ist deren landwirtschaftliche Nutzung größtenteils weiterhin möglich. Lediglich soweit das Leitungsrecht, wie im Falle der Antragsteller zu 1 und 2, ein Masterrichtungsrecht einschließt, ist die überbaute Fläche insoweit nicht landwirtschaftlich nutzbar. Das Überflutungsrecht, mit dem die Grundstücke der Antragsteller belastet werden, beansprucht diese ohnehin nur im Einstaufall. Unabhängig von der Tatsache, dass dieser im Hinblick auf die Lastfall-Bedingungen wohl nur selten eintreten wird, werden die Flächen danach ihre Nutzbarkeit nicht dauerhaft verlieren und Einstauschäden vom Antragsgegner entschädigt werden. Angesichts der veranschlagten Bauzeit ist zudem davon auszugehen, dass noch weit vor der Fertigstellung des Beckens die Hauptsacheverfahren anberaumt werden, in denen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses gerichtlich überprüft wird. Die bis dahin bereits durchgeführten Maßnahmen sind weitgehend reversibel; im Falle einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wäre der Vorhabenträger zur Wiederherstellung des früheren Zustands zu verpflichten (vgl. Art. 77 Satz 2 BayVwVfG).

Dabei verkennt der Senat nicht, dass mit der Ausführung des Vorhabens, beginnend mit der Rodung des Pflanzenbewuchses und den Aufschüttungen, Eingriffe in die Natur und Landschaft erfolgen und Umgestaltungen eintreten, die nur mit großem Aufwand und lediglich langfristig rückgängig gemacht werden könnten. Davon sind auch geschützte Arten und unter FFH-Gebietsschutz stehende Flächen betroffen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch eine Überschwemmung infolge eines durch die Verzögerung der Bauzeit eintretenden Hochwasserereignisses zu ganz erheblichen Schäden für den Naturhaushalt führen würde. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Schutz vor Überflutungen ein Gemeinwohlinteresse von überragender Bedeutung (EuGH, U.v. 28.1.1991 - C 57.89 - Slg. 1991, I - 883 [Deichanlage in der Leybucht]; BVerfG, B.v. 25.3.1998 - 1 BvR 1084/92 - NVwZ 1998, 725 = juris Rn. 37; BVerwG, U.v. 27.1.2000 - 4 C 2.99 - BVerwGE 110, 302 = juris Rn. 37; U.v. 22.7.2004 - 7 CN 1.04 - BVerwGE 121, 283 = juris Rn. 22). Angesichts des immensen und - zumindest im Hinblick auf Menschenleben irreparablen - Schadenspotenzials wird dem Hochwasserschutz regelmäßig der Vorrang vor privaten Eigentumsinteressen einzuräumen sein. Auch im vorliegenden Fall sind Anhaltspunkte für eine andere Bewertung nicht ersichtlich.

Dem Einwand der Antragsteller, das geplante Hochwasserrückhaltebecken erhöhe die Hochwassergefahr für F. und das Wasser werde sich bei voller Befüllung des Beckens ungehindert auf die Wohnbebauung ergießen, kommt bei der Abwägung kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Wie bereits oben ausgeführt, wird die nur in den Hauptsacheverfahren mögliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Planfeststellung voraussichtlich noch vor der Fertigstellung des Vorhabens erfolgen, sodass im Falle ihrer Rechtswidrigkeit derartige Folgen nicht zu befürchten sind. Der Senat beabsichtigt, nach einer Terminabstimmung mit den Beteiligten demnächst die mündliche Verhandlung in den Hauptsacheverfahren anzuberaumen, die jedenfalls noch in diesem Jahr und damit weit vor Fertigstellung der Trenndeiche, geschweige denn der Befüllung des Beckens, durchgeführt werden soll.

Auch die von den Antragstellern gerügte Verfahrensdauer der Planung führt zu keinem anderen Abwägungsergebnis. Nachdem nicht abschätzbar ist, wann und mit welcher Mächtigkeit das nächste Hochwasser eintritt, müssen angesichts der Gefahren eines nicht vollendeten Hochwasserschutzes die im Bauplan vorgesehenen Maßnahmen umgehend durchgeführt werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO.

Der Streitwert bemisst sich nach §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 34.2.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20a


Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 67 Grundsatz, Begriffsbestimmung


(1) Gewässer sind so auszubauen, dass natürliche Rückhalteflächen erhalten bleiben, das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert wird, naturraumtypische Lebensgemeinschaften bewahrt und sonstige nachteilige Veränderungen des Zustands de

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 77 Rückhalteflächen, Bevorratung


(1) Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Ausgleic

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 71 Enteignungsrechtliche Regelungen


(1) Dient der Gewässerausbau dem Wohl der Allgemeinheit, so kann bei der Feststellung des Plans bestimmt werden, dass für seine Durchführung die Enteignung zulässig ist. Satz 1 gilt für die Plangenehmigung entsprechend, wenn Rechte anderer nur unwese

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2019 - 8 AS 19.40002, 8 AS 19.40003, 8 AS 19.40004 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2018 - 20 CS 17.1913

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Gründe I. Die Antragstelle

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2018 - 10 CS 18.98

bei uns veröffentlicht am 15.02.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (RN 4 K 17.1854) durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017. Die Klage richtet sich gegen mehrere „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“, die die Antragsgegnerin der der Antragstellerin erteilten Befreiung von der Erlaubnispflicht (Negativzeugnis) gemäß Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 26. September 2017 beigefügt hat.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses ausgeführt, die Anordnung des Sofortvollzugs in dem Bescheid der Antragsgegnerin sei schon formell rechtswidrig, weil der Bescheid keinerlei Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO enthalte. Außerdem ergebe auch eine Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein; die Antragstellerin sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Anordnungen nicht angehört worden, zudem fehle jegliche Begründung für diese Anordnungen, die gerade im Hinblick auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig gewesen wäre.

Die Antragsgegnerin meint, die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid sei ausreichend. Die Rechtsprechung habe wiederholt festgehalten, dass diese Begründung durchaus knapp gehalten werden könne und dass es für bestimmte Rechtsbereiche eine „latente Sofortvollzugslage“ gebe, in denen die Anordnung ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall begründet werden könne. Hier habe sich die Antragsgegnerin schon mit Bescheid vom 12. Juli 2016 (gemeint ist ein „zeitlich begrenztes Negativzeugnis“) mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es mache hier keinen Sinn, keinen Sofortvollzug anzuordnen, denn dies würde die völlige Ungefährlichkeit des Tieres implizieren.

Damit kann die Antragsgegnerin die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.

Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substanziierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26/01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. insgesamt: BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3).

Lediglich in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, kann zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. Auch in diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2016, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 80 Rn. 247 f., jew. m.w.N.).

Nichts anderes ergibt sich auch aus den von der Antragsgegnerin herangezogenen Rechtsprechungsnachweisen (VGH BW, B.v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – juris Rn. 8 f., und OVG Hamburg, B.v. 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 – juris Rn. 4, jeweils zur einer Entziehung der Fahrerlaubnis, sowie VGH BW, B.v. 10.2.2005 – 8 S 2834/04 – juris Rn. 2 f., zu einer Baueinstellungsverfügung). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass in den jeweils gegenständlichen Bescheiden die genannten Anforderungen an die Begründung des Vollzugsinteresses eingehalten wurden.

Für die „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“ zu dem Negativzeugnis vom 26. September 2017 ist keinerlei Begründung angegeben oder auch sonst in irgendeiner Weise ersichtlich. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Vordruck auf der Rückseite des Negativzeugnisses nur der Hinweis, diese sei im öffentlichen Interesse geboten, „da ein eventuell eingelegter Widerspruch aufschiebende Wirkung hätte“. Dass ein eventueller Rechtsbehelf (hier richtig: Klage) aufschiebende Wirkung entfaltet, ist lediglich der Anlass dafür, dass die Verwaltungsbehörde gegebenenfalls die sofortige Vollziehung gesondert anordnen muss (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), jedoch keine Begründung für das besondere Interesse im Sinn des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Als Begründung des besonderen Vollzugsinteresses gibt es damit hier weder eine Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids noch überhaupt eine Bescheidsbegründung, auf die Bezug genommen werden könnte.

Auch die Abwägung des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann die Antragsgegnerin nicht in Frage stellen. Es trifft nicht zu, dass sich hier die Gefahrenlage „auch sich selbst“ ergibt und auch der Antragstellerin dies „aus dem bereits erteilten Bescheid“ (gemeint ist anscheinend das „zeitlich begrenzte Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016) bekannt sein musste. Das Sachverständigengutachten vom 24. Juli 2017, aufgrund dessen das Negativzeugnis erteilt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass für den Hund der Antragstellerin die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG zu befürworten sei, weil eine von ihm ausgehende Gefahr nicht zu erkennen sei. Die in dem „zeitlich begrenzten Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016 dargelegten Gründe waren weder unmittelbar noch durch eine Bezugnahme Gegenstand des hier streitgegenständlichen Bescheids; ihnen lag im Übrigen zugrunde, dass damals aufgrund des Alters des Hundes noch keine gesicherte Aussage zu einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit getroffen werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Bescheid keinerlei Begründung enthält, dies aber gerade im Hinblick auf die zu treffenden Ermessenserwägungen unerlässlich gewesen wäre (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I.

Die Antragstellerin zeigte mit Schreiben vom 13. August 2012, ergänzt durch Schreiben vom 25. September 2012 und 29. Oktober 2012 eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Altschuhen im Landkreis W.-S. (Landkreis) an. Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 12. August 2016 auf, Unterlagen zu der ihrerseits geltend gemachten vor dem 1. Juni 2012 durchgeführten Bestandssammlung vorzulegen. Mit weiterem Schreiben vom 24. Oktober 2016 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigten Untersagung der Sammlung an.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 2016 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin, gewerbliche Sammlungen von Alttextilien und Altschuhen aus privaten Haushaltungen im Landkreis durchzuführen. Derartige gewerbliche Sammlungen seien spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei die Tätigkeit spätestens eine Woche nach Bestandskraft des Bescheides einzustellen (Nr. 1.1 des Bescheides). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, sämtliche im Landkreisgebiet bestehenden Sammelcontainer innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides bzw. bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung innerhalb einer Woche nach Bestandskraft des Bescheides zu entfernen (Nr. 1.2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1.1 und 1.2 wurde angeordnet (Nr. 2) und bei Zuwiderhandlung gegen die Nr. 1.1 ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro, bei Zuwiderhandlung gegen die Nr. 1.2 für jeden nicht fristgerecht entfernten Sammelbehälter ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro angedroht (Nr. 3). Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei eine Gebühr in Höhe von 250 Euro und Auslagen in Höhe von 4,11 Euro festgesetzt wurden (Nrn. 4 und 5). Zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs wurde ausgeführt, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen sowie an zuverlässigen gewerblichen Sammlern bzw. Sammelunternehmen höher zu bewerten sei als die privaten Interessen der Antragstellerin an der Ausschöpfung des Rechtswegs. In diesem Falle könne die Antragstellerin bis zur Bestandskraft des Bescheides weiterhin Sammlungen durchführen und die Erfüllung der Voraussetzung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG wäre während dieses Zeitraums nicht sichergestellt. Zudem könne ein Sammler tätig werden, gegen den Bedenken gegen die Zuverlässigkeit bestünden. Es bestehe ein öffentliches Interesse an der Sicherstellung bzw. Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bzw. an zuverlässigen gewerblichen Altkleidersammlern. Das Interesse der Antragstellerin, in den Genuss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs zu kommen ergebe sich primär aus dem Aspekt, im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung sei zu befürchten, dass die von der Antragstellerin im Rahmen der gewerblichen Sammlungen eingesammelten Altkleider und Altschuhe keiner ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt würden. Des Weiteren würde eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch die Sammlung der Antragstellerin bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides bestehen. Das Interesse der Antragstellerin müsse im vorliegenden Fall hinter dem öffentlichen Interesse zurücktreten. Im Übrigen wäre die Antragstellerin bis zur Bestandskraft des Bescheides anderen Firmen gleichgestellt, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, gegebenenfalls auch durch die Umsetzung von Mehraufwendungen (z.B. durch Zahlung von Mieten für die Grundstücke von Containeraufstellung etc.) erfüllten und somit entsprechend den Vorgaben des KrWG handelten. Dies sei aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vertretbar.

Den gegen die Anordnung des Sofortvollzugs gestellten Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Juli 2017 (M 17 S. 16.5748) ab. In der Begründung führte es aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden formellen Anforderungen entspreche. Das Landratsamt habe hinreichend einzelfallbezogen und insbesondere nicht nur floskelhaft dargelegt, dass es ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids annehme. Die Begründung mache deutlich, dass die Behörde sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs vor Augen geführt habe, das Begründungserfordernis also seiner wahren Funktion gerecht geworden sei. Ob sie ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung zu Recht angenommen habe und die Begründung auch in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermöge, sei keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses. Darüber hinaus führte das Verwaltungsgericht aus, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederherzustellen gewesen sei, da die Klage der Antragstellerin keinen Erfolg habe. Insoweit wurde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2017 (M 17 K 16.5747) verwiesen.

Mit der fristgerecht eingelegten Beschwerde gegen diesen Beschluss macht die Antragstellerin im Wesentlichen geltend, dass die Begründung der ausreichenden Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Bescheids in der Begründung des Beschlusses des VG München noch substanzloser als die ohnehin schon rudimentäre Begründung des angegriffenen Bescheids der Antragsgegnerin sei. Das Verwaltungsgericht weise zwar zu Recht auf den Ausnahmecharakter einer solchen Anordnung hin, wende diese Grundsätze dann aber nicht an. Die Begründung allein, dass „die Anordnung des Sofortvollzugs zur Sicherstellung bzw. Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers erforderlich“ sei, erfülle die genannten Voraussetzungen jedenfalls keineswegs. Die Behörde müsse die für sie wesentlichen besonderen Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichend darlegen. Bloße formelhafte Begründungen genügten ebenso wenig wie eine bloße Wiederholung der Gründe für den Erlass des Verwaltungsaktes. Insbesondere lasse das Verwaltungsgericht unbeachtet, dass die Antragsgegnerin von der Anzeige der Sammlung bis zur Untersagung trotz bereits durchgeführter Sammlung (offenbar ohne Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bis dahin) fast vier Jahre völlig untätig geblieben sei. Nach Erlass des Bescheids solle trotz unveränderter Rahmenbedingungen durch die Fortführung der bereits seit Jahren bestehenden Sammlung nun eine derartige Gefährdung vorliegen, die die sofortige Vollziehung geboten mache. Hierfür fehle jedwede nachvollziehbare Begründung. Darüber hinaus wurden die zur Begründung des parallel gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2017 (Az. M 17 K 16.5747), der beim VGH unter dem Az. 20 ZB 17.1916 geführt wurde, vorgetragenen Argumente wiederholt.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27.Juli 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Darüber hinaus wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Akten des verwaltungsgerichtlichen Klage- und einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und die Akten des Zulassungsverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Die Pflicht zur schriftlichen Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen: einerseits wird die Behörde angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Daneben soll der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet werden, damit er die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO prüfen kann. Schließlich soll die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen dem Gericht eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle ermöglichen (vgl. zum Ganzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. Ergänzungslieferung Juni 2017, § 80 Rn. 245). Ausgehend von diesen Funktionen prüft das Gericht bei der Frage, ob die formellen Anforderungen an die Begründung eingehalten sind, ob die Warnfunktion eingehalten wurde, indem die Mindestanforderungen an die Begründung gewahrt sind (Schoch a.a.O., Rn. 247 m.w.N.). Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falls bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist. Die Begründung kann durchaus knapp gehalten sein, aus ihr muss jedoch hervorgehen, dass und warum die Verwaltung in concreto dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (Schoch a.a.O.). Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht.

Insoweit ist zum Beschwerdevorbringen zunächst anzumerken, dass diese Anforderung an die Begründung die Sofortvollzugsanordnung durch die Behörde betreffen und nicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die vorgetragene Rüge, dass die Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts noch substanzloser sei als die des Bescheides, ist daher unbehelflich.

Gleiches gilt auch für das Argument, es werde nicht dargetan, warum vier Jahre gewartet worden sei und nun plötzlich ein Sofortvollzug angeordnet werde. Denn dabei handelt es sich um ein inhaltliches Argument, das im Rahmen der Prüfung der formellen Anforderungen der Sofortvollzugsbegründung irrelevant ist.

Schließlich hat das Landratsamt, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, hinreichend ausführlich und auf den Einzelfall abstellend seine Gründe für eine Anordnung des Sofortvollzugs dargelegt. Das Landratsamt hat sich nicht auf lediglich formelhafte Ausführungen beschränkt, sondern ausgeführt, dass ohne eine Anordnung des Sofortvollzugs die Gefahr einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bestünde und zu befürchten sei, dass die gesammelten Altkleider und Altschuhe keiner ordnungsgemäßen schadlosen Verwertung zugeführt würden. Darüber hinaus wäre die Antragstellerin ohne die Anordnung des Sofortvollzugs anderen Firmen gleichgestellt, die die Voraussetzung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG gegebenenfalls auch durch die Umsetzung von Mehraufwendungen erfüllten und damit gesetzesgemäß handelten. Diese Ausführungen genügen zur Erfüllung der Warnfunktion.

Darüber hinaus rechtfertigen auch die Übrigen in der Beschwerdebegründung vorgetragenen, materiell-rechtlichen Erwägungen keine von der Abwägungsentscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des am heutigen Tage ergangenen Beschlusses im Zulassungsverfahren (20 ZB 17.1916) Bezug genommen.

Die Antragstellerin trägt nach § 154 Abs. 2 die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da im Beschwerdeverfahren durch ihn kein Sachantrag gestellt wurde, § 162 Abs. 3 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 VwGO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (RN 4 K 17.1854) durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017. Die Klage richtet sich gegen mehrere „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“, die die Antragsgegnerin der der Antragstellerin erteilten Befreiung von der Erlaubnispflicht (Negativzeugnis) gemäß Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 26. September 2017 beigefügt hat.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses ausgeführt, die Anordnung des Sofortvollzugs in dem Bescheid der Antragsgegnerin sei schon formell rechtswidrig, weil der Bescheid keinerlei Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO enthalte. Außerdem ergebe auch eine Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein; die Antragstellerin sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Anordnungen nicht angehört worden, zudem fehle jegliche Begründung für diese Anordnungen, die gerade im Hinblick auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig gewesen wäre.

Die Antragsgegnerin meint, die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid sei ausreichend. Die Rechtsprechung habe wiederholt festgehalten, dass diese Begründung durchaus knapp gehalten werden könne und dass es für bestimmte Rechtsbereiche eine „latente Sofortvollzugslage“ gebe, in denen die Anordnung ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall begründet werden könne. Hier habe sich die Antragsgegnerin schon mit Bescheid vom 12. Juli 2016 (gemeint ist ein „zeitlich begrenztes Negativzeugnis“) mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es mache hier keinen Sinn, keinen Sofortvollzug anzuordnen, denn dies würde die völlige Ungefährlichkeit des Tieres implizieren.

Damit kann die Antragsgegnerin die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.

Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substanziierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26/01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. insgesamt: BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3).

Lediglich in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, kann zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. Auch in diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2016, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 80 Rn. 247 f., jew. m.w.N.).

Nichts anderes ergibt sich auch aus den von der Antragsgegnerin herangezogenen Rechtsprechungsnachweisen (VGH BW, B.v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – juris Rn. 8 f., und OVG Hamburg, B.v. 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 – juris Rn. 4, jeweils zur einer Entziehung der Fahrerlaubnis, sowie VGH BW, B.v. 10.2.2005 – 8 S 2834/04 – juris Rn. 2 f., zu einer Baueinstellungsverfügung). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass in den jeweils gegenständlichen Bescheiden die genannten Anforderungen an die Begründung des Vollzugsinteresses eingehalten wurden.

Für die „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“ zu dem Negativzeugnis vom 26. September 2017 ist keinerlei Begründung angegeben oder auch sonst in irgendeiner Weise ersichtlich. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Vordruck auf der Rückseite des Negativzeugnisses nur der Hinweis, diese sei im öffentlichen Interesse geboten, „da ein eventuell eingelegter Widerspruch aufschiebende Wirkung hätte“. Dass ein eventueller Rechtsbehelf (hier richtig: Klage) aufschiebende Wirkung entfaltet, ist lediglich der Anlass dafür, dass die Verwaltungsbehörde gegebenenfalls die sofortige Vollziehung gesondert anordnen muss (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), jedoch keine Begründung für das besondere Interesse im Sinn des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Als Begründung des besonderen Vollzugsinteresses gibt es damit hier weder eine Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids noch überhaupt eine Bescheidsbegründung, auf die Bezug genommen werden könnte.

Auch die Abwägung des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann die Antragsgegnerin nicht in Frage stellen. Es trifft nicht zu, dass sich hier die Gefahrenlage „auch sich selbst“ ergibt und auch der Antragstellerin dies „aus dem bereits erteilten Bescheid“ (gemeint ist anscheinend das „zeitlich begrenzte Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016) bekannt sein musste. Das Sachverständigengutachten vom 24. Juli 2017, aufgrund dessen das Negativzeugnis erteilt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass für den Hund der Antragstellerin die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG zu befürworten sei, weil eine von ihm ausgehende Gefahr nicht zu erkennen sei. Die in dem „zeitlich begrenzten Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016 dargelegten Gründe waren weder unmittelbar noch durch eine Bezugnahme Gegenstand des hier streitgegenständlichen Bescheids; ihnen lag im Übrigen zugrunde, dass damals aufgrund des Alters des Hundes noch keine gesicherte Aussage zu einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit getroffen werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Bescheid keinerlei Begründung enthält, dies aber gerade im Hinblick auf die zu treffenden Ermessenserwägungen unerlässlich gewesen wäre (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Dient der Gewässerausbau dem Wohl der Allgemeinheit, so kann bei der Feststellung des Plans bestimmt werden, dass für seine Durchführung die Enteignung zulässig ist. Satz 1 gilt für die Plangenehmigung entsprechend, wenn Rechte anderer nur unwesentlich beeinträchtigt werden. In den Fällen der Sätze 1 und 2 ist die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht selbständig anfechtbar.

(2) Die Enteignung ist zum Wohl der Allgemeinheit zulässig, soweit sie zur Durchführung eines festgestellten oder genehmigten Plans notwendig ist, der dem Küsten- oder Hochwasserschutz dient. Abweichend von Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, bedarf es keiner Bestimmung bei der Feststellung oder Genehmigung des Plans. Weitergehende Rechtsvorschriften der Länder bleiben unberührt.

(3) Der festgestellte oder genehmigte Plan ist dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend.

(4) Im Übrigen gelten die Enteignungsgesetze der Länder.

(1) Gewässer sind so auszubauen, dass natürliche Rückhalteflächen erhalten bleiben, das natürliche Abflussverhalten nicht wesentlich verändert wird, naturraumtypische Lebensgemeinschaften bewahrt und sonstige nachteilige Veränderungen des Zustands des Gewässers vermieden oder, soweit dies nicht möglich ist, ausgeglichen werden.

(2) Gewässerausbau ist die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Ein Gewässerausbau liegt nicht vor, wenn ein Gewässer nur für einen begrenzten Zeitraum entsteht und der Wasserhaushalt dadurch nicht erheblich beeinträchtigt wird. Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, sowie Bauten des Küstenschutzes stehen dem Gewässerausbau gleich.

(1) Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 sind in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Ausgleichsmaßnahmen nach Satz 2 können auch Maßnahmen mit dem Ziel des Küstenschutzes oder des Schutzes vor Hochwasser sein, die

1.
zum Zweck des Ausgleichs künftiger Verluste an Rückhalteflächen getroffen werden oder
2.
zugleich als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme nach § 15 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes dienen oder nach § 16 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes anzuerkennen sind.

(2) Frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, sollen so weit wie möglich wiederhergestellt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.