Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. März 2019 - 4 CE 18.2597

published on 08.03.2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. März 2019 - 4 CE 18.2597
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Verwaltungsgericht Regensburg, RO 8 E 18.1905, 23.11.2018

Gericht

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Tenor

I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 23. November 2018 wird abgeändert. Der Antrag nach § 123 VwGO wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der eine öffentliche Wasserversorgungs- und Entwässerungseinrichtung betreibt, begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Inhalt, dem Antragsgegner bis zum Ergehen eines rechtskräftigen Urteils zu untersagen, die Durchleitung von Wasser und Abwasser durch die auf seinem Grundstück befindlichen Wasser- und Abwasserleitungen zu unterbrechen und die dort befindlichen Leitungen zu beseitigen.

Der Antragsgegner ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus samt Garage bebauten Grundstücks im Gemeindegebiet des Antragstellers. Über den nordöstlichen Teil des Grundstücks verlaufen eine öffentliche Wasserleitung und ein öffentlicher Abwasserkanal des Antragstellers, über die 22 weitere Grundstücke mit Wasser versorgt bzw. 13 weitere Grundstücke entwässert werden.

Die Leitungen, zu deren Errichtung Schlussrechnungen vom 29. September und 5. Oktober 1984 vorgelegt wurden, sollten nach Angaben des Antragstellers gemäß dem maßgeblichen Bebauungsplan insgesamt auf öffentlichem Straßengrund verlaufen; in dieser Weise seien sie auch ursprünglich hergestellt worden. Am 17. Oktober 1984, also nach Herstellung der Leitungen, sei das von den Eltern des Antragsgegners im Jahr 1982 erworbene streitgegenständliche Grundstück vermessen worden, wobei sich ergeben habe, dass es sich weiter als ursprünglich angenommen in Richtung Nordosten erstreckt und damit auch den Bereich der bereits verlegten Leitungen mit erfasst habe. Entgegen den ursprünglichen Festsetzungen des Bebauungsplans habe der Antragsgegner zudem in diesem Bereich über den Leitungen eine Garage errichtet. Es sei offen, ob den Vertragsparteien damals bewusst gewesen sei, dass in dem verkauften Grundstück Leitungen des Antragstellers liegen. Das Grundstück des Antragsgegners sei - im Bereich der im öffentlichen Straßengrund liegenden Leitungen - an die Wasserversorgungseinrichtung und die Abwasserentsorgungseinrichtung des Antragstellers angeschlossen.

Erstmals im Mai 2017 wandte sich der Antragsgegner mit der Forderung einer Verlegung der Leitungen an den Antragsteller. Die Parteien setzten sich im Folgenden hinsichtlich der Fragen einer Haftungsübernahme für Schadensfälle, einer etwaigen Duldungspflicht, der Eintragung einer Grunddienstbarkeit und der Beseitigung bzw. Verlegung der Leitungen in den öffentlichen Straßengrund auseinander. Der Antragsgegner machte geltend, dass bereits erhebliche Schäden an der Gartenmauer seines Grundstücks durch die Leitungen aufgetreten seien. Der Antragsteller bot eine Sanierung der Leitungen durch sog. „Inliner“ an. Schließlich setzte der Bevollmächtigte des Antragsgegners dem Antragsteller mit Schreiben vom 8. November 2018 eine Frist bis 25. November 2018 zur Stilllegung der Wasser- und der Kanalleitung auf dem Grundstück des Antragsgegners; andernfalls werde der Antragsgegner die Stilllegung des Kanals am 26. November 2018 selbst vornehmen. Ein Unternehmen sei bereits beauftragt.

Auf Antrag des Antragstellers hin untersagte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. November 2018 dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung, bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 100.000 Euro bis zu einem rechtskräftigen Urteil, das den Antragsteller zur Duldung der Beseitigung bzw. Unterbrechung der über das Grundstück des Antragstellers führenden Wasserleitung und Abwasserleitung verpflichtet, die Durchleitung von Wasser und Abwasser durch die im nordöstlichen Teil seines Grundstücks befindliche Wasser- und Abwasserleitung zu unterbrechen bzw. die dort befindlichen Leitungen zu beseitigen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag sei gegeben, weil keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei, auf die der Antragsteller einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt, wie er im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt werde, stützen könne. Der Antragsgegner sei nicht verpflichtet, die Inanspruchnahme seines Grundstücks nach den Satzungsregelungen des Antragstellers (§ 14 Abs. 1 Wasserabgabesatzung - WAS oder § 19 Abs. 1 Entwässerungssatzung - EWS) zu dulden, da es jeweils an der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Grundstücks fehle. Es sei nicht erkennbar, dass eine andere Leitungsführung über öffentlichen Grund nicht vernünftigerweise in Betracht zu ziehen gewesen sei. Bei summarischer Prüfung bestehe jedoch neben einem Anordnungsgrund auch ein Anordnungsanspruch. Dem Antragsteller stehe ein Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung seines Eigentums analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die Wasserleitungen stünden als Scheinbestandteile des Grundstücks des Antragsgegners (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Eigentum des Antragstellers. Eine Stilllegung stelle eine Beeinträchtigung dieses Eigentums dar. Insoweit bestehe keine Duldungspflicht des Antragstellers nach § 1004 Abs. 2 BGB. Offenbleiben könne dabei die Frage, ob den Antragsgegner seinerseits eine Duldungspflicht hinsichtlich der Leitungen treffe. Eine eigenmächtige Stilllegung der Leitungen stelle jedenfalls eine unzulässige Selbsthilfe im Sinne von § 229 BGB dar und sei vom Antragsteller nicht zu dulden. Die Selbsthilfe nach § 229 BGB verlange, dass obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden könne. Voraussetzung dafür sei aber stets, dass der Grundstückseigentümer zunächst die erforderlichen behördlichen und gerichtlichen Schritte ergreife und sich einen Rechtstitel verschaffe. Nur wenn solche obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden könne, sei ausnahmsweise die Selbsthilfe als Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols gerechtfertigt. Der Antragsgegner habe keine gerichtlichen Schritte ergriffen. Es sei auch nicht erkennbar, dass eine Anrufung des Gerichts aufgrund besonderer akuter Gefährdung seines Eigentums nicht rechtzeitig möglich gewesen wäre.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der der Antragsteller entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unabhängig von der Frage, ob eine Duldungspflicht nach dem Satzungsrecht des Antragstellers (WAS und EWS) besteht, abzulehnen.

a) Folgte man der Auffassung des Antragstellers, dass eine Duldungspflicht des Antragsgegners für die streitgegenständlichen Leitungen nach dem Satzungsrecht des Antragstellers (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO i.V.m. § 14 WAS bzw. § 19 EWS des Antragstellers) besteht, so fehlte dem Antrag bereits das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller in diesem Fall einen Verwaltungsakt mit Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf die Durchleitung von Wasser und Abwasser und den Bestand der Leitungen auf dem Grundstück des Antragsgegners erlassen könnte (vgl. § 25 WAS bzw. § 21 EWS). Ohne ausdrückliche Duldungsanordnung ist die Inanspruchnahme von Privatgrund gegen den Willen des Eigentümers selbst bei Bestehen einer satzungsrechtlichen Duldungsverpflichtung von vornherein rechtswidrig (vgl. BayVGH, B.v. 7.8.2006 - 4 ZB 05.1984 - BayVBl 2007, 309). Die Argumentation des Antragstellers, wonach einem solchen Bescheid ein langwieriges Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Sach- und Rechtslage vorausgehen müsste, steht dem nicht entgegen, da auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Bestehen eines Anordnungsanspruchs von dem Antragsteller glaubhaft gemacht werden muss.

b) Besteht dagegen - wie es hier der Fall sein dürfte (s. nachfolgend c) - keine mit Bescheid durchsetzbare (satzungsrechtliche) Duldungspflicht, so liegen zwar ein Rechtsschutzbedürfnis und ein Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung vor, jedoch kein Anordnungsanspruch. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem Antragsgegner sei die Unterbrechung und Beseitigung der Leitungen zu untersagen, weil darin eine verbotene Selbsthilfe nach § 229 BGB liege und vor Unterbrechung und Beseitigung der Leitungen ein gerichtlicher Titel erwirkt werden müsse, kann nicht gefolgt werden.

Die Beseitigung einer Leitung durch einen Grundstückseigentümer, zu deren Duldung er rechtlich nicht verpflichtet ist, hängt nicht davon ab, dass dieser vorher einen gerichtlichen Titel erwirkt, der ihm dies erlaubt. Nach übereinstimmender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U.v. 28.1.2011 - V ZR 141/10 - NJW 2011, 1068/1069) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 12.7.2013 - 9 B 12.13 - NVwZ 2013, 1292/1293) unterliegt der Anspruch des Eigentümers gegenüber dem hoheitlichen Störer, die zur Beseitigung der Störung notwendigen Maßnahmen zu dulden, nicht der Verjährung. Sind auf einem Grundstück fremde Leitungen verlegt, deren Beseitigung der Eigentümer nach § 1004 BGB verlangen konnte, entsteht auch nach (etwaiger) Verjährung des Anspruchs nicht etwa ein Recht des Störers, die Leitungen auf dem Grundstück zu halten. Der Eigentümer ist vielmehr berechtigt, diese von seinem Grundstück zu entfernen; einen damit verbundenen Eingriff in seine Sachen muss der Störer dulden. Die Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB hat lediglich zur Folge, dass der Grundstückseigentümer die Störung auf eigene Kosten beseitigen muss. Die Gefahr, dass das eingetragene Recht infolge der Verjährung des Beseitigungsanspruchs „inhaltslos“ wird, besteht nicht; ebenso wenig wird das Grundstückseigentum faktisch mit einer aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Duldungsdienstbarkeit belastet (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 9). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O., Rn. 4) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 10.1.2013 - 8 B 12.305 - BayVBl 2013, 606 Rn.17) ist der Grundstückseigentümer befugt, rechtswidrige Störungen seines Eigentums nach entsprechender Ankündigung (vgl. hierzu BGH, a.a.O., Rn. 10; BayVGH, U.v. 8.2.2012 - 4 B 11.175 - juris Rn. 29) auf eigene Kosten zu beseitigen. Dieses Recht folgt bei Eigentumsverletzungen durch hoheitliche Maßnahmen im öffentlichen Recht unmittelbar aus dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrecht. Das öffentliche Recht schützt den Eigentümer nicht weniger als das Zivilrecht und gewährt ebenso Abwehransprüche (BVerwG, U.v. 21.9.1984 - 4 C 51.80 - BayVBl 1985, 154). Nach § 903 Satz 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Im öffentlichen Recht gilt nichts anderes. Umfasst wird der Anspruch gegenüber dem Störer, jedenfalls die Maßnahmen zu dulden, die nötig sind, um die rechtswidrige Eigentumsstörung zu beseitigen. Das gilt insbesondere, wenn sie auf dem Eigentumsgrundstück vorgenommen werden sollen (BVerwG, B.v. 12.7.2013, a.a.O.). Des Rechts zur Selbsthilfe nach § 229 BGB bedarf es dazu nicht.

aa) Eine Grunddienstbarkeit für die Leitungen besteht unstreitig nicht. Dass eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und den Grundstückskäufern hinsichtlich der Duldung der Leitungen geschlossen worden wäre, die auf den Antragsgegner als Gesamtrechtnachfolger übergegangen wäre, trägt der Antragsteller nicht vor.

bb) Eine - vom Satzungsrecht des Antragstellers unabhängige - Duldungspflicht des Antragsgegners nach § 905 Satz 2 BGB, bei deren Vorliegen ein Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zur vorläufigen Sicherung des Anspruchs des Antragstellers gegeben wäre, besteht nicht. Selbst wenn hier beim Verlegen der Leitungen keine verbotene Eigenmacht vorgelegen haben sollte und man diese Vorschrift für anwendbar hielte (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 29.11.2010 - 4 B 09.2835 - BayVBl 2011, 372 Rn. 25 f.), käme eine Duldungspflicht nicht in Betracht, weil die Leitungen nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners (Schriftsatz vom 22.11.2018 an das Verwaltungsgericht) im innerörtlichen Bereich bei einer Tiefe von etwa 0,5 m (Wasserleitung) bzw. 1,8 m (Kanal) jedenfalls nicht so tief verlegt wären, dass dies ein Interesse eines Grundstückseigentümers an der Entfernung der Leitung ausschlösse (vgl. BayVGH, U.v. 5.10.2009 - 4 B 08.2877 - BayVBl 2010, 629 Rn. 25). Im Übrigen macht der Antragsgegner geltend, dass die Leitungen schadhaft seien und es bereits zu Schäden an der Gartenmauer gekommen sei.

c) Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass hier jedenfalls eine - generelle, d.h. dauerhafte - Duldungspflicht weder nach § 19 Abs. 1 EWS noch nach § 14 Abs. 1 WAS besteht, weil es jeweils an der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Grundstücks des Antragsgegners fehlt. Die Leitungsführung müsste vernünftigerweise über den öffentlichen Straßengrund erfolgen, der unmittelbar an das Grundstück des Antragsgegners angrenzt, wie das ursprünglich auch beabsichtigt war. Zwingende Gründe, die diesem Normalverlauf entgegenstehen und daher eine unbefristete Inanspruchnahme des privaten Grundstücks notwendig machen könnten, sind nicht ersichtlich. Es fehlt somit schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine auf Satzungsrecht gestützte Anordnung zur dauerhaften Duldung der Leitungen. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Antragsteller bei § 14 WAS im Gegensatz zu § 19 EWS den Mustersatzungstext (vgl. Anlagen zu den Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 31.5.1988 und vom 13.7.1989, AllMBl 1988 S. 562 ff. und 1989 S. 579) mit der Voraussetzung der Erforderlichkeit nicht übernommen und weitgehend nur den Gesetzestext des Art. 24 Abs. 2 Satz 3 GO wiederholt hat. Der Grundsatz der Erforderlichkeit des konkreten Leitungsverlaufs ist bereits in der Formulierung des Art. 24 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 GO („wenn die Inanspruchnahme den Grundstückseigentümer mehr als notwendig belasten würde“) enthalten.

d) Keiner abschließenden Klärung bedarf im vorliegenden Verfahren die Frage, ob eine Erforderlichkeit hinsichtlich des (vorläufigen) Belassens der Leitungen und der Durchleitung von Wasser und Abwasser zumindest für jenen Übergangszeitraum besteht, den der Antragsteller benötigt, um die Leitungen aus dem Grundstück des Antragsgegners zu entfernen und an anderer Stelle neu zu verlegen. Nach unwidersprochenem Vortrag des Antragstellers werden über die im Grundstück des Antragsgegners liegenden Leitungen 13 weitere Grundstücke hinsichtlich der Abwasserentsorgung erschlossen und 22 weitere Grundstücke mit Wasser versorgt. Sollte deren Ver- und Entsorgung nicht kurzfristig - d. h. innerhalb der vom Antragsgegner nach Verfahrensabschluss erneut einzuhaltenden Ankündigungsfrist - über Ersatzleitungen mit vertretbarem Aufwand und in einer für die angeschlossenen Grundstücke zumutbaren Weise möglich sein, könnte eine unkoordinierte Unterbrechung der bestehenden Leitungen unzuträgliche Zustände bis hin zu Gesundheits- oder Umweltgefahren zur Folge haben. In einer solchen Situation wäre es dem Antragsgegner, in dessen Grundstück die Leitungen seit ca. 34 Jahren liegen, grundsätzlich zumutbar, sie noch solange zu dulden, bis Abhilfe durch eine endgültige Verlegung geschaffen werden kann. Diese (Not-)Duldungspflicht für einen begrenzten Zeitraum folgt aus dem in § 14 WAS und § 19 EWS zum Ausdruck kommenden Gedanken der Solidargemeinschaft aller an die Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossenen Grundstückseigentümer. Der damit korrespondierende Duldungsanspruch des Einrichtungsträgers kann - ebenso wie bei einem Anspruch auf dauerhafte Duldung - nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig gesichert werden, sondern muss - durch eine auf §§ 14, 25 WAS bzw. §§ 19, 21 EWS gestützte und ggf. für sofort vollziehbar erklärte Duldungsanordnung gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend gemacht werden. In diesem Bescheid müssen die einer sofortigen Leitungsunterbrechung entgegenstehenden Gründe sowie die tatsächlichen Annahmen, auf denen die prognostizierte Dauer des Übergangszeitraums beruht, in einer für den Betroffenen nachvollziehbaren und gerichtlich überprüfbaren Weise dargelegt werden. Eine solche „Notduldungsanordnung“ kommt allerdings in den Fällen nicht in Betracht, in denen die Gemeinde die Zwangslage sehenden Auges herbeigeführt hat. Dafür ist hier jedoch derzeit nichts ersichtlich. Der Antragsteller wird daher zu prüfen haben, ob die angeschlossenen Grundstücke auch im Falle einer Leitungsunterbrechung kurzfristig bis zu einer Neuverlegung der Leitungen mit Frischwasser versorgt und ordnungsgemäß entwässert werden können bzw., falls dies nicht der Fall ist, welchen Zeitraum er für eine zumindest provisorische Betriebsfertigkeit der neuen Leitungen benötigt und daher auf die Inanspruchnahme des Grundstücks des Antragsgegners angewiesen ist.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung im Beschwerdeverfahren (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG) folgt der Streitwertfestsetzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die auf Angaben der Beteiligten beruht, die auch im Beschwerdeverfahren nicht infrage gestellt wurden.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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published on 28.01.2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 141/10 Verkündet am: 28. Januar 2011 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.