Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2015 - 21 ZB 15.50137

published on 16/07/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2015 - 21 ZB 15.50137
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, ohne dass es auf die nach § 78 Abs. 3 AsylVfG geltend gemachten Zulassungsgründe ankommt.

1.1 Der Antrag ist unzulässig. Die Beklagte ist durch die mit dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgte Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 24. September 2014 bereits im Zeitpunkt der Antragstellung (vgl. dazu Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 124 Rn. 18) nicht beschwert. Sie könnte ihre Rechtsstellung selbst durch eine Änderung dieses Urteils in einem Berufungsverfahren nicht mehr verbessern. Der Bundesamtsbescheid, mit dem der Asylantrag der Kläger wegen Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates für unzulässig erklärt und die Abschiebung nach Italien angeordnet worden war, ist wegen Ablaufs der Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO) gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG gegenstandslos geworden (vgl. BayVGH, B. v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000; B. v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50025 und B. v. 18.5.2015 - jeweils juris).

Die Wirksamkeit dieser Regelung hing nach ihrem Inhalt davon ab, dass die Überstellung der Kläger nach Luxemburg innerhalb der Frist des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III VO durchgeführt wird. Das folgt daraus, dass einerseits bei fruchtlosem Fristablauf die Zuständigkeit ohne weitere Entscheidung gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf den Mitgliedstaat - hier die Beklagte - übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Andererseits wird der Bezug auf diese zeitliche Beschränkung der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig dadurch hergestellt, dass gemäß Art. 26 Abs. 2 Dublin III-VO die Frist für die Durchführung der Überstellung in der Entscheidung anzugeben ist. Der angefochtene Bescheid verweist deshalb in den Gründen auf die Regelung des Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO. Mit der Unwirksamkeit der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig wird auch die in Abhängigkeit dazu erlassene Abschiebungsanordnung gegenstandslos.

Damit endete im vorliegenden Fall das dem materiellen Asylverfahren vorgeschaltete Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates mit Ablauf der Überstellungsfrist und die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist zur Prüfung des Asylbegehrens in der Sache zuständig geworden. Seit diesem Zeitpunkt konnte der Bescheid des Bundesamts vom 24. September 2014 keine Wirkung mehr entfalten. Dessen Aufhebung durch das Verwaltungsgericht beschwert die Beklagte daher nicht, so dass es auf die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ankommt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Verlängerung der Überstellungsfrist vor deren Ablauf nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Beklagte meint, sie sei durch das angegriffene Urteil deshalb beschwert, weil ihr dadurch die Möglichkeit der Umdeutung des Bescheids in eine Entscheidung nach § 71a AsylVfG genommen worden sei. Das greift ersichtlich nicht durch. Eine Umdeutung scheitert hier schon daran, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet ist (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Nach dem eindeutigen Inhalt des Bescheids vom 24. September 2014 hat die Beklagte die Asylanträge der Kläger ausschließlich als unzulässig im Sinn des § 27a AsylVfG abgelehnt und die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeigeführt. Demgegenüber wird mit einer Entscheidung nach § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, mithin das Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt. Diese Entscheidung löst in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) aus, die damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Das würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist (vgl. etwa BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris). Das Verwaltungsgericht hat darauf bereits hingewiesen.

Ebenso wenig führt der Einwand der Beklagten weiter, bei einer auf § 27a AsylVfG verweisenden Entscheidung handele es sich nicht nur um eine das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren abschließende Regelung, weil im Asylverfahren eine Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime gelte, der zufolge alle in einem Asylprozess typischerweise relevanten Fragen abschließend geklärt werden sollen. Das lässt wiederum den Regelungsgehalt des verfahrensgegenständlichen Bescheids und den Charakter des ihm vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens außer Acht. Die Beklagte hat den Asylantrag nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und damit - ohne in das materielle Asylverfahren eingetreten zu sein - das Vorschaltverfahren zur Bestimmung des nach der Dublin-Verordnung zuständigen Staates abgeschlossen.

1.2 Der Senat weist noch auf Folgendes hin: Betrifft eine Frage - wie hier hinsichtlich der Beschwer - ausschließlich eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags auf Zulassung der Berufung, ist sie nicht im Berufungsverfahren klärungsfähig, weil sie sich dort nicht stellt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 149 m. w. N.).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert bemisst sich nach § 30 RVG.

3. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 18. Mai 2015 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g
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published on 30/03/2015 00:00

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published on 06/03/2015 00:00

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published on 23/01/2015 00:00

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published on 29/04/2015 00:00

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
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published on 11/01/2016 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... Juli 2014, dem Kläger am 23. September 2015 zugestellt, Geschäftszeichen: ..., wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tra
published on 26/11/2015 00:00

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom ... September 2015, Geschäftszeichen ..., wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
published on 11/11/2015 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... März 2015 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar
published on 12/11/2015 00:00

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat. II. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... März 2014 wird aufgehoben. III. Der Kläger und die Bekla
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Annotations

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.