Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§§ 146, 147 VwGO) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Denn die geltend gemachten und dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Nachprüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin.

Gegenstand der Beschwerde der Antragstellerin ist die in Ziffer VI des angefochtenen Bescheides verfügte Duldungsanordnung zu der Tötungsanordnung in Ziffer I des Bescheides. Die Antragstellerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die gemäß § 37 Satz 1 Nr. 5 TierGesG sofort vollziehbaren Anordnungen in Ziffern I bis VI des angefochtenen Bescheides zu Unrecht abgelehnt. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 nicht den fachlichen Anforderungen entsprochen habe, weil keine sterile Kanüle für jedes Tier verwendet worden sei (1.a)), bei der Tuberkulinisierung teilweise Blutgefäße getroffen worden seien (1.b)), die Injektionsstellen nicht ordnungsgemäß gesäubert worden seien (1.c)), die Injektion bei einem Rind an der falschen Stelle durchgeführt worden sei (1.d)) und die kurz vorher stattgefundene Behandlung der betroffenen Rinder gegen Leberegel das Testergebnis beeinflusst habe (1.e)). Des Weiteren habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass der Antragsgegner bei der Anordnung der Tötung (auch) der als zweifelhaft getesteten Rinder sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe (2.). Diese Einwände gegen die erstinstanzliche Entscheidung greifen im Ergebnis nicht durch.

1. Die Anordnung der Tötung der streitgegenständlichen Rinder findet, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, ihre Rechtsgrundlage hinsichtlich der fünf Rinder, deren Testergebnis bei der ersten Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 „positiv“ war, in § 4a Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 7 Satz 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Tuberkulose des Rindes (Tuberkulose-VerordnungRindTbV) in der Neufassung vom 12. Juli 2013 (BGBl. 2013 I 2445, 2014 I 47), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 17. Mai 2017 (BGBl. I 1253). Nach § 4a Satz 1 Nr. 1 RindTbV ist das betroffene Rind, bei dem das Ergebnis der Tuberkulinprobe positiv im Sinne der Nummer 2.2.5.3.1 Buchstabe a oder der Nummer 2.2.5.3.2 Buchstabe a des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG ist, zu töten sowie anschließend zu untersuchen. Nach § 7 Satz 1 RindTbV ordnet die Behörde die Tötung des betroffenen Rindes an. Bei der Anordnung der Tötung handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung, hinsichtlich derer dem Landratsamt keinerlei Ermessen zukommt. Die Voraussetzung eines positiven Testergebnisses im Sinne der genannten Richtlinienvorschriften lag hier ausweislich der im Bescheid wiedergegebenen und in den Akten befindlichen Ergebnisse der Tuberkulinproben auch vor. Die Einwände der Beschwerde gegen die Art und Weise der Durchführung der Tuberkulin-Simultantests am 15./18. Mai 2018 greifen nicht durch.

a) Die Antragstellerin rügt zunächst, dass der Tuberkulintest, wie der Antragsgegner bestätigt hat, nicht bei jedem Rind mit einer sterilen Kanüle durchgeführt wurde. Vielmehr wurde eine sog. Stallkanüle verwendet, die nur dann gewechselt wurde, wenn ein Blutstropfen nach Injektion anzeigte, dass ein Blutgefäß getroffen worden war. Dieses Vorbringen führt jedoch nicht zum Erfolg der Beschwerde. Zwar dürfte die Handhabung des Tuberkulin-Simultantests mittels einer sog. Stallkanüle nicht den Anforderungen der in Ziffer 2.2.5.1 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 in der Fassung der Berichtigung vom 14. November 2014 (ABl L 329, S. 81) entsprochen haben. In der mit „Vorgehensweise“ überschriebenen Ziffer 2.2.5.1, Satz 5 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG ist ausgeführt:

„Dazu kann die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten eingeführt werden.“

Zwar spricht nach der Überzeugung des Senats viel dafür, dass die Formulierung „kann … eingeführt werden“, die durch eine Berichtigung der deutschen Textfassung vom 14. November 2014 eingefügt wurde, nicht im Sinne eines Ermessens zu verstehen ist, wie der Antragsgegner meint und wie es das in der deutschen Rechtssprache übliche Verständnis einer solchen Formulierung nahelegen mag. Der Senat hält auch nach der Berichtigung des deutschen Wortlauts an seiner schon zur früheren Fassung geäußerten Rechtsauffassung fest, dass die Verwendung einer sterilen Kanüle für jedes einzelne Tier nicht in das Ermessen des Amtstierarztes gestellt ist (vgl. zur früheren Fassung BayVGH, B.v. 3.7.2014 – 20 CS 14.1031 – juris Rn. 6 ff.; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.792 – juris Rn. 4; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.793 – juris Rn. 4; offen gelassen hinsichtlich der aktuellen Fassung BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 35). Denn die Formulierung „kann“ bezieht sich von ihrer Stellung im Satzzusammenhang nicht auf die Verwendung einer sterilen Kanüle, sie beschreibt vielmehr die Handlungsweise bei der Durchführung des Tuberkulintests. Für diese Auslegung spricht auch der notwendige Vergleich mit anderen Sprachfassungen (vgl. EuGH, U.v. 22.9.2016 – C-113/15 – juris Rn. 58 m.w.N.). Sowohl der englische („may be used“) als auch der französische Wortlaut („on pourra utiliser“) lassen sich übereinstimmend im Sinne von „könnte … genutzt werden“ übersetzen und lassen damit eher das Verständnis einer Beschreibung der Handlungsweise bei der Durchführung des Tests zu. Noch deutlicher wird dieser Sinngehalt der Bestimmung angesichts des zwingender formulierten niederländischen („wordt … ingebracht“, d.h. „wird … eingeführt“) und italienischen Wortlauts („introdurre“, d.h. „einführen“, also imperativer Infinitiv). Auch die Systematik sowie der Sinn und Zweck sowie auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sprechen für dieses Auslegungsergebnis. Wie aus den Erwägungsgründen 1, 5 und 6 der Änderungsverordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 hervorgeht, durch welche Anhang B der Richtlinie 64/432/EWG geändert wurde, hat die Kommission mit den Änderungen der Stellungnahme des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für Lebensmittelsicherheit Rechnung getragen (BayVGH, B.v. 3.7.2014 – 20 CS 14.1031 – juris Rn. 6 ff.; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.792 – juris Rn. 4; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.793 – juris Rn. 4). Dies geschah ausdrücklich, um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet u.a. der Rindertuberkulose zu berücksichtigen (Erwägungsgrund 1) und zum Zwecke der Überwachung und des Handels innerhalb der Gemeinschaft Testmethoden festzulegen, die der fachlichen Stellungnahme Rechnung tragen (Erwägungsgrund 5). Auch die im angefochtenen Bescheid (S. 7) zitierte Stellungnahme des Friedrich-Löffler-Instituts hält aus fachlichen, namentlich „veterinärhygienischen Gründen einen Wechsel der Kanüle bei jedem Tier für erforderlich, um eine parenterale Verschleppung von Infektionserregern zu unterbinden.“ Dass die somit aus fachlichen Gründen vorgegebene Vorgehensweise mit den auf dem Markt befindlichen Testsystemen schwierig zu bewerkstelligen sein mag, rechtfertigt es nicht, von einer rechtlichen Handlungsvorgabe abzuweichen (BayVGH, B.v. 3.7.2014 – 20 CS 14.1031 – juris Rn. 11; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.792 – juris Rn. 7; B.v. 8.5.2014 – 20 CS 14.793 – juris Rn. 7).

Der Verstoß gegen die Vorgabe der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhangs B zur Richtlinie 64/432/EWG bei der Testung der betroffenen Rinder führt jedoch nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Tötungsanordnung, weil sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Einfluss auf das Testergebnis hat. Dies kann zwar nicht den Feststellungen im Berufungsurteil des Senats vom 9. Juli 2015 (Az. 20 BV 14.1490) entnommen werden. Denn dort hat der Senat offen gelassen, ob der mit einer sog. „Stallkanüle“ durchgeführte Tuberkulintest gegen Nr. 2.2.5.1 des Anhangs B der RL 64/432/EWG verstößt, weil der dortige Kläger die Ergebnisse der Untersuchung und Nachuntersuchung seiner Rinder nicht in Frage gestellt hatte, soweit diese – bis auf ein getötetes Rind – negative Befunde erbracht hatten und sich die Beteiligten hinsichtlich des zunächst zweifelhaft getesteten und anschließend getöteten Rindes einig waren, dass dieses bei den nach § 4 Satz 1 Nr. 1 a) Rind TbV geforderten und durchgeführten Nachuntersuchungen ebenfalls abschließend negativ getestet worden war (BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 35). Das Testergebnis wurde deshalb nicht durch die verwendete Kanüle verfälscht und war damit belastbar. Allein diese Tatsachenfeststellung hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 1. Juni 2016 (Az. 3 B 67.15) im Revisionsverfahren zu Eigen gemacht (BVerwG, B.v. 1.6.2016 – 3 B 67.15 – juris Rn. 12).

Ein Einfluss der Vorgehensweise des Amtsveterinärs bei der vorliegend zu beurteilenden ersten Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 auf das Testergebnis ist jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, weil das verwendete Tuberkulin steril ist und keine lebenden Erreger enthält, weshalb jedenfalls bei der vorgeschriebenen intrakutanen Injektion, d.h. zwischen die beim Rind relativ dicken Hautschichten, eine Infektion ausgeschlossen ist. Dies hat der Antragsgegner aus fachlicher Sicht vorgetragen (vgl. die Stellungnahme der Landesanwaltschaft Bayern vom 12.6.2018, S. 6/7), ohne dass die Antragstellerin dem substantiiert entgegen getreten ist.

b) Das Testergebnis ist auch verwertbar, obwohl bei mehreren Rindern bei der Injektion des Tuberkulins entgegen Nr. 2.2.5.1. Satz 4 Anhang B RL 64/432/EWG Blutgefäße getroffen wurden, was sich nach dem Herausziehen der Kanüle an einem Blutstropfen auf derselben gezeigt hat (vgl. die Tatsachenfeststellung auf S. 7 unten des Bescheides des Antragsgegners). Zwar meint die Antragstellerin unter Berufung auf die Eidesstattliche Versicherung der Tierärztin Dr. H. vom 8. Juni 2018, dies sei für das Testergebnis relevant, weil Gefäßverletzungen, die bei der intrakutanen Injektion vermeidbar seien, zu Einblutungen in die Haut und damit zu einer zusätzlichen Schwellung führten, weshalb das Testergebnis verfälscht werde. Die genannte Richtlinienvorschrift ordnet jedoch nicht die Unverwertbarkeit eines Testergebnisses in einem solchen Falle an. Vielmehr gibt sie lediglich vor, dass die Kanüle vor der Testung des nächsten Rindes zu wechseln ist. Dies wurde von dem Amtsveterinär nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragsgegners jeweils auch so gehandhabt.

c) Nicht zu folgen ist auch dem Vorbringen der Beschwerde, die Injektionsstellen seien vor der Injektion nicht ordnungsgemäß gesäubert worden, wodurch das Testergebnis verfälscht worden sei. Zwar sieht Ziffer 2.2.5.1 Satz 1 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG vor, die Injektionsstellen zu scheren und zu säubern. Aus fachlicher Sicht sind allerdings Desinfektionsmittel, die eine sterile Umgebung schaffen würden, bei der Tuberkulinisierung nicht vorgesehen und aus fachlicher Sicht auch gar nicht zulässig, weil sie das Testergebnis beeinflussen (siehe die Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts sowie des Friedrich-Löffler-Instituts zur Tuberkulin-Injektionsstelle v. 5.2.2015, S. 2 oben). Auch eine sonstige Reinigung der Injektionsstelle ist in der fachlichen Empfehlung nicht zwingend vorgesehen.

d) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass die Injektion des Tuberkulins bei einem Rind (Ohrmarkennummer DE 0987957800) nicht in dem Übergangsbereich zwischen dem ersten und dem mittleren Nackendrittel liege, wie dies in der zitierten fachlichen Stellungnahme empfohlen werde. Zwar sieht auch Nummer 2.2.4 Satz 2 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG vor, dass die Injektionsstellen im Übergangsbereich zwischen dem ersten und dem mittleren Nackendrittel liegen, und die Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts und des Friedrich-Löffler-Instituts vom 5. Februar 2015 formuliert hierzu (S. 1), dass die Injektionsstelle für das Tuberkulin in dem beschriebenen Bereich liegen „soll“. Wie aus den weiteren Ausführungen in der Empfehlung hervorgeht, ist jedoch der beschriebene Bereich nicht der einzige für die Tuberkulinisierung in Betracht kommende Stelle. Bei der gleichzeitigen Injektion von Rinder- und Geflügeltuberkulin im sog. Simultantest befinden sich die empfohlenen Injektionsstellen nach Nummer 2.2.4 Satz 3 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG circa 10 cm vor oder hinter der Schulterblattgräte. In eben diesem Bereich befindet sich die geschorene Stelle bei dem betroffenen Rind (siehe Lichtbild v. 7.6.2018 in der Anlage zum Schriftsatz d. LAB v. 19.6.2018). Mithin wurden die Richtlinienvorgaben insoweit eingehalten.

e) Schließlich rügt die Antragstellerin ohne Erfolg, dass eine kurz vor der Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 durchgeführte Behandlung gegen Leberegel mit dem Präparat „Triclaben“ das Ergebnis des Tuberkulintests in einer Weise beeinflusst habe, welche zur Verfälschung des Testergebnisses geführt habe. Unabhängig von gewissen Unklarheiten, ob und welche der als „positiv“ bzw. „zweifelhaft“ getesteten Rinder überhaupt auf diese Weise behandelt wurden (die Tierärztin Dr. H. spricht in ihrer eidesstattlichen Versicherung von den „20 ältesten Tieren des Bestandes“, ohne jedoch durch Nennung der Ohrmarkennummer eine Identifizierung möglich zu machen), ist ein Einfluss der Leberegelbehandlung auf das Ergebnis des Tuberkulintests deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, weil der Wirkstoff von den Rindern ausgeschieden wird und Inkompatibilitäten von Triclaben mit dem verwendeten Tuberkulintest nicht bekannt sind. Dies geht aus der fachlich fundierten Stellungnahme der Landesanwaltschaft Bayern vom 12. Juni 2018 (S. 7) hervor, der die Antragstellerin nichts Substantielles entgegen gesetzt hat. Die vorgelegte tierärztliche Bescheinigung der Frau Dr. H., die die Behandlung mit Triclaben durchgeführt hat, bleibt insoweit zu vage, als dass sie die substantiierte amtsärztliche Einschätzung mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit erschüttern könnte.

Ist somit das Ergebnis der ersten Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 durch die Einwände der Antragstellerin nicht zu erschüttern, hat das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Duldungsverfügung zur Tötungsanordnung hinsichtlich der als „positiv“ getesteten Rinder zu Recht abgelehnt.

2. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts bleibt jedoch auch insoweit ohne Erfolg, als die vier als „zweifelhaft“ getesteten Rinder aus dem Bestand ihres Bruders betroffen sind. Neben den gegen die Verwertbarkeit der Nachuntersuchung erhobenen Einwendungen, die im Ergebnis nicht durchgreifen, wendet sich die Antragstellerin auch dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Ermessensausübung im Bescheid des Antragsgegners hinsichtlich dieser Rinder nicht beanstandet hat. Zum einen habe das Landratsamt keine weitere Nachuntersuchung der betroffenen Rinder in Erwägung gezogen, obwohl diese bereits am 26. Juni 2018 möglich wäre. Zum anderen habe der Antragsgegner nicht berücksichtigt, dass die betroffenen Rinder nach den Gegebenheiten im Betrieb des Bruders der Antragstellerin separiert werden könnten, sodass eine Infektion weiterer Tiere ausgeschlossen sei. Schließlich sei auch kein Ermessen hinsichtlich des Rindes mit der Ohrmarkennummer DE 0940012704 ausgeübt worden, dessen Testergebnis sich im Grenzbereich zwischen „zweifelhaft“ und „negativ“ befunden habe. Diesen Einwänden der Antragstellerin ist jedoch nicht zu folgen, weil die Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid keine Rechtsfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO aufweist und somit gerichtlicherseits nicht zu beanstanden ist.

a) Hinsichtlich der als „zweifelhaft“ getesteten Rinder beruht die Tötungsanordnung auf §§ 4 Satz 1 Nr. 1 a), 7 Satz 2 RindTbV. Nach § 4 Satz 1 Nr. 1 RindTbV ist, wenn das Ergebnis der Tuberkulinprobe bei einem Rind zweifelhaft im Sinne der Nummer 2.2.5.3.1 Buchstabe b oder der Nummer 2.2.5.3.2 Buchstabe b des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG ist, das betroffene Rind (a)) zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen (…) oder (b)) mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder (c)) mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen. Daraus folgt, dass der Antragsgegner hinsichtlich der vier Rinder mit zweifelhaftem Testergebnis ein Auswahlermessen hinsichtlich der anzuordnenden Rechtsfolge hatte. Dieses Ermessen hat der Antragsgegner ausweislich der ausführlichen Begründung im angefochtenen Bescheid (S. 9) erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt. Er hat dabei in Erwägung gezogen, dass alternativ zur Anordnung der Tötung der vier betroffenen Rinder eine erneute Untersuchung gemäß § 4 Satz 1 Nr. 1 b) RindTbV sechs Wochen nach der ersten Nachuntersuchung, mithin am 26. Juni 2018 möglich wäre, hat sich aber angesichts des Seuchengeschehens im betroffenen Bestand aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Vermeidung der Verbreitung und der Bekämpfung der Rindertuberkulose und damit auch im wohlverstandenen Interesse des Tierhalters, in dessen Bestand sich weitere 14 bisher nicht infizierte Rinder befinden, für die Anordnung der Tötung entschieden. Dies hat der Antragsgegner auch für den Senat überzeugend mit der raschen Verbreitung der Rindertuberkulose im Bestand des Bruders der Antragstellerin, in welchem außer dem im Februar 2018 getöteten Rind bei der ersten Tuberkuloseuntersuchung am 2./5. Februar 2018 zunächst kein weiteres Tier ein positives oder zweifelhaftes Testergebnis zeigte, sich bei der ersten Nachuntersuchung am 15./18. Mai 2018 dann aber fünf Rinder mit positivem Testergebnis als infiziert herausstellten und weitere vier Rinder als „zweifelhaft“ getestet wurden. Dies lässt den Schluss auf eine schnelle Verbreitung des Erregers zu, welche die Einwände der Antragstellerin nachhaltig widerlegt, mit welchen sie glaubhaft machen will, dass sie bzw. ihr Bruder das Geschehen „im Griff“ hätten.

b) Des Weiteren hat sich der Antragsgegner ausweislich der Bescheidsgründe auch mit der Frage befasst, inwieweit eine Separierung der „negativ“ getesteten Rinder als milderes Mittel in Betracht käme, welches gleichwohl den angestrebten Erfolg einer Eindämmung der Seuche nicht gefährden würde. Gleichwohl hat sich der Antragsgegner im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten im Betrieb und die Betriebsführung durch die Antragstellerin bzw. deren Bruder, die in der Stellungnahme des Landratsamtes gegenüber dem Verwaltungsgericht vom 29. Mai 2018 (S. 2), sowie im Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 19. Juni 2018 (S. 3) ausführlich dargelegt sind, für die Anordnung der Tötung auch der „zweifelhaft“ getesteten Tiere entschieden. Dem gegenüber sind die einschlägigen Ausführungen der Tierärztin Dr. H. in ihrer eidesstattlichen Versicherung zu unsubstantiiert, als dass sie die fachliche Einschätzung durch die Amtstierärzte des Landratsamtes ernsthaft erschüttern könnten. Die Anordnung der Tötung ist somit gegenüber den nach der Rindertuberkuloseverordnung gegebenen Alternativen nicht unverhältnismäßig.

c) Die Antragstellerin geht auch fehl in der Annahme, ein Ermessensfehler liege zumindest hinsichtlich des im Grenzbereich zwischen „negativ“ und „zweifelhaft“ getesteten Rindes (Ohrmarkennummer DE 0940012704) vor, weil zumindest bei diesem eine weitere Nachuntersuchung als milderes Mittel hätte angeordnet werden müssen. Eine unterschiedliche Behandlung dieses Rindes und der weiteren drei als „zweifelhaft“ getesteten Rinder war von Rechts wegen nicht geboten. Eine „zweifelhafte Reaktion“ liegt nach Nr. 2.2.5.2 des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG vor, wenn bei der Auswertung 72 Stunden (+/- 4 Stunden) nach der Tuberkulin-Applikation ein Anschwellen der Hautfaltendicke um 2 bis 4 mm und keine klinischen Veränderungen festzustellen sind. Dem gegenüber handelt es sich um eine negative Reaktion, wenn nur ein begrenztes Anschwellen der Hautfaltendicke um nicht mehr als 2 mm und keine klinischen Veränderungen wie verbreitete oder ausgedehnte Ödeme, seriöse Ausschwitzungen, Schorf, Schmerzempfindlichkeit oder Entzündungen der Lymphgefäße in der Umgebung der Infektionsstelle oder der Lymphknoten festzustellen sind. Bei einer Reaktion, die im Grenzbereich dazwischen liegt, dürfte es der fachlichen Beurteilung des Amtstierarztes überlassen bleiben, ob er von einer negativen oder zweifelhaften Reaktion ausgeht. Dass die Einschätzung im vorliegenden Falle offensichtlich fehlerhaft wäre, lässt sich nicht feststellen, zumal bei der Beurteilung auch die tatsächlichen Umstände mit der raschen Ausbreitung der Tuberkulose im Bestand eine Rolle gespielt haben dürften. Für Verfälschungen der Testergebnisse durch unbegründete nachträgliche Korrekturen oder unzutreffende Protokollierung, wie sie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 12. Juni 2018, Seite 10 ff., hinsichtlich der Tiere mit den Ohrmarkennummern DE 0945808862 („Perle“) und DE 0940012704 („Afra“) geltend macht, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der Antragsgegner hat im Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 19. Juni 2018 ausreichend dargelegt, wie es zu den entsprechenden Eintragungen kam. Angesichts dessen sind die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang vorgebrachten Vorwürfe fernliegend.

Abschließend ist die Interessenabwägung des Landratsamtes und des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Dem von durchaus achtenswerten Motiven getragenen, nachvollziehbaren privaten Interesse der Antragstellerin sowie ihres Bruders am Erhalt der Tiere stehen die Gefahr einer Weiterverbreitung der Rindertuberkulose im Bestand und damit möglicherweise die künftige Notwendigkeit der Tötung weiterer Tiere einerseits sowie das erhebliche öffentliche Interesse, eine Verbreitung der Seuche über den Bestand hinaus zu verhindern, andererseits gegenüber. Letzteres ist besonders hoch zu gewichten, da es sich bei der Rindertuberkulose um eine Zoonose handelt, die somit auch die Gesundheit und das Leben von Menschen, insbesondere auch des Halters bzw. der Eigentümer der infizierten Tiere, zumindest abstrakt bedroht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Die Anfechtung einer Anordnung

1.
der Absonderung, Einsperrung oder Bewachung kranker oder verdächtiger Tiere,
2.
von Maßnahmen diagnostischer Art, einer Impfung oder Heilbehandlung bei Tieren,
3.
eines Verbringungsverbotes für Tiere eines Bestandes oder eines Gebietes,
4.
über die Untersagung der Anwendung oder der Abgabe, den Rückruf oder die Sicherstellung eines immunologischen Tierarzneimittels oder die Untersagung der Anwendung eines In-vitro-Diagnostikums,
5.
der Tötung von Tieren,
6.
der unschädlichen Beseitigung toter Tiere, von Teilen von Tieren oder Erzeugnissen,
7.
der Reinigung, Desinfektion oder Entwesung,
8.
eines Verbotes oder einer Beschränkung des Personen- oder Fahrzeugverkehrs,
9.
über die Verpflichtung zur verstärkten Bejagung oder eines Verbotes oder einer Beschränkung der Jagd,
10.
der Suche nach verendeten wildlebenden Tieren,
11.
eines Verbotes oder einer Beschränkung der Nutzung landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Flächen,
12.
über die Duldung von Maßnahmen zur Absperrung von Räumlichkeiten, Örtlichkeiten oder Gebieten,
die auf eine Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 1 oder 2 Nummer 1 oder auf § 39 Absatz 2 gestützt ist, hat keine aufschiebende Wirkung. Ferner hat die Anfechtung einer Anordnung keine aufschiebende Wirkung, soweit
1.
eine Maßnahme nach Satz 1 angeordnet worden ist und die Anordnung auf § 5 Absatz 1, § 24 Absatz 3 oder § 38 Absatz 11 gestützt ist,
2.
die Tötung von Tieren und unschädliche Beseitigung von toten Tieren, Teilen von Tieren und Erzeugnissen auf Grund eines unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes angeordnet worden ist,
3.
die Bejagung oder die Suche nach verendeten wildlebenden Tieren durch andere Personen als den Jagdausübungsberechtigten angeordnet worden ist.

Die zuständige Behörde ordnet die Tötung von Rindern an, bei denen Tuberkulose festgestellt worden ist. Sie kann die Tötung verdächtiger Rinder anordnen, soweit dies zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose erforderlich ist.

Ist das Ergebnis der Tuberkulinprobe bei einem Rind positiv im Sinne der Nummer 2.2.5.3.1 Buchstabe a oder der Nummer 2.2.5.3.2 Buchstabe a des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG, das Ergebnis der erneuten Tuberkulinprobe nach § 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b zweifelhaft im Sinne der Nummer 2.2.5.3.1 Buchstabe b oder Nummer 2.2.5.3.2 Buchstabe b des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG oder das Ergebnis des Interferon-Gamma-Freisetzungstests positiv, so sind

1.
das betroffene Rind zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und
a)
die Organe mit pathologisch-anatomischen Veränderungen, die auf Tuberkulose hindeuten und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten und
b)
Teile der Lunge, die Tonsillen und die Retropharyngeal-, Lungen-, Darm-, Leber-, Nieren- und Euterlymphknoten, soweit sie keine Veränderungen aufweisen,
zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren und
2.
alle über sechs Wochen alten, noch nicht mittels Tuberkulinprobe untersuchten Rinder des Bestandes mittels Tuberkulinprobe zu untersuchen.
§ 4 Satz 3 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde ordnet die Tötung von Rindern an, bei denen Tuberkulose festgestellt worden ist. Sie kann die Tötung verdächtiger Rinder anordnen, soweit dies zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose erforderlich ist.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. April 2014 wird geändert und weiter die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17. März 2014 gegen Nr. 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 18. Februar 2014 wiederhergestellt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die vom Antragsteller zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 29. April 2014 in dem vom Antragsteller angestrebten Umfang.

Dabei geht der Senat davon aus, dass sich das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinsichtlich Nr. 1 der streitgegenständlichen Verfügung des Antraggegners vom 18. Februar 2014 nicht in der Hauptsache erledigt hat, weiterhin effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) zu gewähren und dabei der im Schriftsatz des Antragstellers vom 23. Juni 2014 zu sehende hilfsweise aufrecht erhaltene Sachantrag aus der Beschwerdeschrift vom 9. Mai 2014 zu berücksichtigen ist (§ 88 VwGO), weil der Antragsgegner der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 161 Rn. 9).

In Anbetracht der Erläuterungen des Antraggegners im Beschwerdeverfahren, den Ausführungen zur Begründung des angefochtenen Bescheides und den darin enthaltenen Hinweisen spricht vieles im einstweiligen, auf summarische Prüfung ausgelegten Rechtsschutzverfahren dafür, dass die für sofort vollziehbar angeordnete Untersuchungsverpflichtung auf Tuberkulose, betreffend alle über 30 Monate alten weiblichen Rinder des Bestandes des Antragstellers mit Ausnahme der Masttiere gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 TierSG (nunmehr § 38 Abs. 11 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 10 TierGesG) in ihrer Vollziehbarkeit nicht gegenstandslos geworden ist, weil nur die Sechs-Wochenfrist als koordinierende Zielvorgabe in Folge einer notwendigen Steuerung der Untersuchungszahlen abgelaufen ist, dadurch aber nicht die sofort vollziehbar erklärte Untersuchungspflicht an sich, welche jederzeit wieder konkretisiert und durch Androhung von Zwangsmitteln vollstreckt werden kann (vgl. Art. 19, 29 ff, 36 VwZVG). Diesen Umstand auszuklammern und das einstweilige Rechtsschutzverfahren als erledigt anzusehen, verkürzte den effektiven Rechtsschutz des Antragstellers und verwiese ihn möglicherweise darauf, gegen die Androhung von Zwangsmitteln vorgehen zu müssen, ohne sich weiter gegen den Grundverwaltungsakt im vorläufigen Rechtsschutz wehren zu können (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG).

Die Beschwerde hat auch deswegen Erfolg, weil der Antragsgegner nicht beabsichtigt, bei den angeordneten Bestandsuntersuchungen für jedes zu untersuchende Rind eine sterile Kanüle verwenden zu lassen.

Der Senat hat hierzu in seinen Beschlüssen vom 8. Mai 2014 Az. 20 CS 14.792 und Az. 20 CS14.793 Rn. 4 bis 7 ausgeführt:

„Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.“

Daran wird festgehalten. Der deutsche Wortlaut des vorerwähnten Anhanges B in Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 ist, soweit im summarischen Verfahren ersichtlich, nicht geändert worden. Auf davon möglicherweise abweichende Anleitungen im sogenannten OIE-Handbuch konnte es deswegen nicht ankommen, wobei fraglich ist, ob der in der Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners lediglich in englischer Sprache wiedergegebene Text dieses Handbuch des „Internationalen Tierseuchenamtes“ von „Chapter 2.4.7 Bovine tuberculosis“ zur Injektion des Tuberkulins auch auf Testsysteme hinweist, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Jedenfalls ist Anhang B Nr. 2.2.5.1 Satz 5 der Richtlinie 64/432/EWG i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 in der maßgebenden deutschen Sprachform und damit das materielle Recht bislang nicht geändert worden. Nicht weiter darauf abzustellen ist auch, ob das Bundesministerium, dessen Äußerung zum Regelungsgehalt von Anhang B Nr. 2.2.5.1 noch aussteht, wirksam gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierGesG durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates insbesondere Vorschriften über Untersuchungen einschließlich der Probennahme erlassen kann, welche von den Vorgaben des Anhanges B Nr. 2.2.5.1 abweichen.

Die bei der Untersuchung durchgeführten Testmethoden sind zweifelsohne Gegenstand des Antrages des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Das hat das Verwaltungsgericht in seiner angegriffenen Entscheidung vom 29. April 2014 verkannt. Schließlich ergingen die einschlägigen Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs erst am 8. Mai 2014 (a. a. O.).

Auf weiteres Vorbringen des Antragstellers zur Begründung seiner Beschwerde kommt es deswegen nicht entscheidungserheblich an. Soweit der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 die Mitwirkungspflichten eines von einer Untersuchungsanordnung betroffenen Landwirtes anspricht, obliegt es ihm, in seinen Bescheiden diese zu konkretisieren und den Betroffenen zu verdeutlichen.

Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die vom Antragsgegner zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 25. März 2014 in dem vom Antragsgegner angestrebten Umfang.

Plausible Gründe dafür, dass für weibliche Rinder im Betrieb des Antragstellers bei der Tuberkulinuntersuchung eine Altersgrenze von 12 Monaten und nicht, wie etwa in anderen Landkreisen und einer kreisfreien Stadt, von 24 Monaten gelten soll, hat der Antragsgegner unter Verweis auf ministerielle Schreiben nicht dargelegt. Es genügt nicht, auf in Kopie der Beschwerdebegründungsschrift beigelegte Schreiben zu verweisen. Vielmehr hätte ausführlich unter Bezugnahme auf den Inhalt der einzelnen Schreiben erläutert werden müssen, warum die Altersgrenze der zu untersuchenden Rinder in dem Gebietskörperschaften unterschiedlich (auch abweichend von § 2a RindTbV) festgelegt wurde und warum im Fall des Antragstellers eine Altersgrenze von 12 Monaten zu greifen hat.

Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.

Daher ist die Beschwerde des Antragsgegners mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die vom Antragsgegner zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 25. März 2014 in dem vom Antragsgegner angestrebten Umfang.

Plausible Gründe dafür, dass für weibliche Rinder im Betrieb des Antragstellers bei der Tuberkulinuntersuchung eine Altersgrenze von 12 Monaten und nicht, wie etwa in anderen Landkreisen und einer kreisfreien Stadt, von 24 Monaten gelten soll, hat der Antragsgegner unter Verweis auf ministerielle Schreiben nicht dargelegt. Es genügt nicht, auf in Kopie der Beschwerdebegründungsschrift beigelegte Schreiben zu verweisen. Vielmehr hätte ausführlich unter Bezugnahme auf den Inhalt der einzelnen Schreiben erläutert werden müssen, warum die Altersgrenze der zu untersuchenden Rinder in dem Gebietskörperschaften unterschiedlich (auch abweichend von § 2a RindTbV) festgelegt wurde und warum im Fall des Antragstellers eine Altersgrenze von 12 Monaten zu greifen hat.

Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.

Daher ist die Beschwerde des Antragsgegners mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

20 BV 14.1490

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Juli 2015

(VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869)

20. Senat

Sachgebietsschlüssel: 542

Hauptpunkte: Verdacht der Tuberkulose in einem milcherzeugenden Rinderbestand - Tötungsanordnung, Bestandssperre, Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier Bestand, Milchreglementierungen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch Landesanwaltschaft Bayern, Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

- Beklagter -

wegen Maßnahmen nach dem Tierseuchengesetz;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 20. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schaudig, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kraheberger aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juli 2015 am 9. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes Oberallgäu vom 16. Mai 2013 in Nummer II rechtswidrig und in Nummer V Ziffer 1 nichtig war. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat 11/15, der Beklagte 4/15 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Das Landratsamt Oberallgäu verpflichtete mit bestandskräftiger Allgemeinverfügung vom 30. Oktober 2012 alle Halter von Rindern, ihre über sechs Monate alten Rinder ab November 2012 nach näherer Anweisung auf Tuberkulose untersuchen zu lassen.

Im Betrieb des Klägers untersuchte das Veterinäramt am 13. und 16. Mai 2013 mit Tuberkulose-Simultantest 52 Rinder (70 im Bestandsregister, 54 für die Untersuchung ausgewählt). Bei einem trächtigen Rind trat eine zweifelhafte Reaktion ein.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 (zugestellt 17.5.2013) ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger sinngemäß an:

I.

Beim getesteten Rind wird der Verdacht auf Tuberkulose im Sinn des § 1 Nr. 2 Buchst. a RindTbV amtlich festgestellt.

II.

Das getestete Rind ist zu töten.

III.

Sämtliche Rinder des Bestandes unterliegen der Sperre und dürfen nur mit Genehmigung des Landratsamtes aus dem Bestand entfernt werden.

IV.

Die amtliche Anerkennung des Rinderbestandes des Klägers als tuberkulosefreier Bestand wird ausgesetzt.

V.

Die Milch des unter Tbc-Verdacht geratenen Tieres ist unschädlich zu beseitigen (Nr. 1); die Milch des Bestandes darf nur mit Genehmigung des Landratsamtes in Verkehr gebracht oder zur Erzeugung von Lebensmitteln verwendet werden (Nr. 2.1), die Rohmilch der negativ getesteten Tiere darf nur an einen bestimmten Verarbeitungsbetrieb unter der Maßgabe abgegeben werden, dass diese Milch einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren unterzogen wird (Nr. 2.2).

Der anschließende an Organen des bereits am 22. Mai 2013 getöteten Tieres vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte PCR-Test führte nach der Mitteilung vom 28. Mai 2013 an das Veterinäramt ebenfalls zu einem zweifelhaften Befund.

Gegen den Bescheid vom 16. Mai 2013 erhob der Kläger am 17. Juni 2013 Klage. Im gerichtlichen Verfahren teilte der Beklagte mit, dass mit Bescheid vom 22. Juli 2013 die Sperre aufgehoben und der Status der Tuberkulosefreiheit gemäß § 18 Satz 2 RindTbV (wieder) anerkannt worden sei. Der Kläger habe mittlerweile die Voraussetzungen für eine Aufhebung aller Reglementierungen durch die vorgeschriebene Nachuntersuchung geschaffen. Diese sei mit durchgehend negativen Testresultaten verlaufen.

Daraufhin berief sich der Kläger auf sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse und beantragte:

I.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist.

II.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 rechtswidrig war.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht waren sich die Beteiligtenvertreter darüber einig, dass hinsichtlich des getöteten Tieres der abschließende kulturelle Test einen negativen Befund ergeben habe.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung.

Mit Urteil vom 13. Mai 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sowohl Hauptantrag als auch Hilfsantrag seien zulässig, jedoch unbegründet. Zur Begründung der Abweisung des Nichtigkeitsantrags bezog sich das Verwaltungsgericht teilweise auf sein Urteil vom 10. Juli 2013 im Verfahren Au 1 K 13.266, in dem auch der Bevollmächtigte des Klägers für die dortige Klagepartei aufgetreten sei. Die im Bescheid vom 16. Mai 2013 getroffenen Anordnungen hätten sich unstreitig sämtlich erledigt, jedenfalls spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013. Eine Wiederholungsgefahr als ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit könne unterstellt werden. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet, weil der Bescheid vom 16. Mai 2013 rechtmäßig gewesen sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt habe. Der vom Beklagten verwendete Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose sei geeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung des Tieres eingesetzt zu werden. Die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae stelle auch eine Tuberkulose des Rindes dar. Aufgrund des zweifelhaften Ergebnisses eines getesteten Rindes sei auch rechtlich der Verdacht der Tuberkulose vorgelegen, weswegen das betroffene Tier zu töten gewesen sei (§ 1 Nr. 2 lit. a, § 4 Nr. 1 lit. a RindTbV). Deswegen seien auch Befugnisse zur Bestandssperre eröffnet gewesen. Zwar habe es für die in Nr. IV des Bescheides geregelte Aussetzung der amtlichen Anerkennung als Tbc-freier Bestand in der ab 15. März 2013 geltenden Fassung der Rindertuberkulose-Verordnung keine Rechtsgrundlage gegeben, sondern erst mit der Neufassung vom 12. Juli 2013 (§ 13 RindTbV). Damit bestehe kein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit mehr, weil auch im Falle eines erneuten Erlasses einer gleichen Regelung (nach dem entsprechenden Ergebnis eines Simultantests) eine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sei. Die in Nr. V des Bescheides geregelten Gebote zur Beseitigung von Milch bzw. zu deren Abgabe seien ebenfalls zu Recht ergangen. Auch wenn das getestete Tier noch keine Milch gegeben habe, liege keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Das Milchabgabeverbot finde im Übrigen seine Rechtsgrundlage auch in den Regelungen des § 39 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens in erster Instanz unter anderem vor, er könne nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in Nummern II bis V verneine. Die Bezugnahme auf ein anderes Urteil sei unverständlich und nicht als Begründungsersatz geeignet. Ein positives Testergebnis im Simultantest lasse lediglich einen Verdacht zu. Ein solches positives Ergebnis sei hier aber nicht vorgelegen, nur ein zweifelhaftes. Das Ergebnis des PCR-Testes sei fraglich gewesen, das Ergebnis der bakteriellen Kultur habe weder den Erreger M. caprae noch den Erreger M. bovis nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe weder weitere Amtsermittlungen betrieben, noch auf Antrag des Klägers Beweis erhoben. Die verwendeten Tuberkulosetests seien nicht geeignet, weil für den Erreger M. caprae nicht vorgesehen. Ein einheitlicher Simultantest sei nicht verfügbar, eine Kombination der in dessen Rahmen verwendeten Tierarzneimittel nicht möglich. Zur Aberkennung des Tbc-Freiheitsstatus sei die Kommission, und nicht das Landratsamt, zuständig. Weil der Nachweis zum Erreger M. bovis nicht vorgelegen sei, habe der Betrieb des Klägers seinen Status als „Tbc-frei“ nicht verlieren können und seien die Voraussetzungen für eine Milchsperre nicht gegeben gewesen. Weil der Beklagte weitere Untersuchungen auf Tuberkulose mittels Simultantest plane, auch im Bestand des Klägers, liege eine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Sie sei auch nicht ausgeschlossen, weil das Tierseuchengesetz durch das Tiergesundheitsgesetz ersetzt worden sei. Die Untersuchung nach beiden Gesetzen sei identisch. Außerdem sei das Verfahren auszusetzen und seien dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Schließlich gehe einschlägiges Europarecht als spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) vor. Selbst wenn § 39 LFGB anwendbar wäre, habe eine Ermessensausübung nicht stattgefunden. Außerdem sei der Bestand des Klägers nicht mit einer sterilen Kanüle untersucht worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und

festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist,

hilfsweise

festzustellen, dass dieser Bescheid rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt unter anderem vor, fraglich sei bereits die Zulässigkeit der Klage, die jedenfalls unbegründet sei. Auch der Erreger M. caprae verursache Rindertuberkulose. M. bovis und M. caprae stimmten genetisch zu 99,9% überein. Die Richtlinie 64/432/EWG beschreibe die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als einheitlicher Test angeboten werden müssten. Aus den Gebrauchsinformationen der Hersteller ergäben sich keine Bedenken gegen die Verwendung der Tuberkuline in Simultantests. Die Ergebnisse des durchgeführten Tuberkulintests seien hinreichend verlässlich gewesen. Beim getöteten Rind des Klägers handele es sich um einen Fall, in dem sich der Verdacht nicht bestätigt habe. Die amtliche Feststellung des Verdachts erweise sich als rechtmäßig. Die angeordnete Bestandssperre finde ihre Rechtsgrundlage in der Rindertuberkuloseverordnung. Ermessensausübung sei nicht erforderlich gewesen, eine solche bezüglich weiterer Maßnahmen lediglich eingeräumt gewesen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch im Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine hinreichende Rechtsgrundlage bestanden, die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei zu verfügen, wie sich aus einschlägigem Europarecht ergebe. Das Landratsamt sei die zum Vollzug der tierseuchenrechtlichen Frage zuständige Behörde gewesen. Außerdem habe die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei auf Unionsrecht gestützt werden können. Die Milchreglementierung habe keine echte Milchsperre bedeutet. Milch habe weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen abgegeben werden dürfen. Die Regelung habe ihre Stütze in § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 3 LFGB oder in einschlägigem Europarecht gefunden. Die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellten sich so nicht oder seien eindeutig zu beantworten.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger u. a. an, das zweifelhaft getestete Rind hätte abgetrennt untergebracht werden können anstatt gekeult zu werden. Die Beklagtenseite führte u. a. aus, die Tötungsanordnung sei eine von drei Alternativen gewesen, die angesichts des zweifelhaften Ergebnisses nur in Betracht gekommen sei. Eine Quarantäne sei aus räumlichen Gründen nicht möglich gewesen, Alternative c sei in Bayern seinerzeit nicht zur Verfügung gestanden. Das getötete Rind sei trächtig gewesen und habe als Jungrind noch keine Milch geben können. Bei Nr. V Ziff. 1 des Bescheides vom 16. Mai 2013 habe es sich um einen standardisierten Textbaustein gehandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg und führt unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils punktuell zur Stattgabe der Klage. Diese ist sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag soweit begründet, als der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2013 in Nr. V Ziff. 1 nichtig und in seiner Nr. II rechtswidrig gewesen war, im Übrigen unbegründet.

Der Hauptantrag ist zulässig.

Der Kläger hat nach § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO vorrangig eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben, die gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht subsidiär ist (§ 43 Abs. 2 VwGO). Eine solche Klage erlaubt nur die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 28). Der so angegriffene Bescheid vom 16. Mai 2013 enthält in seinen Nr. I bis V verschiedene Regelungen, mithin ein Bündel von Verwaltungsakten, deren Nichtigkeit - jedenfalls in Nr. II bis V (so die Berufungsbegründung) - der Kläger behauptet. Das von § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO geforderte berechtigte Interesse ist durch den Streit um die Nichtigkeit der mit dem streitgegenständlichen Bescheid erlassenen Verwaltungsakte indiziert (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.1986, BVerwG 8 C 127.84, NVwZ 1987, 330; Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 38). Der Kläger ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 26a und 38a m. w. N.) als Adressat von ihn als Inhaber eines milcherzeugenden Rinderbestandes (ehemals) betreffenden belastenden Regelungen klagebefugt. Eine rechtskräftige Entscheidung erfüllt streitschlichtende Funktion.

Zu Nr. V Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides liegt der besondere Nichtigkeitsgrund nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor. Der Bescheid gibt dem Kläger insoweit auf, die Milch des unter Nr. I aufgeführten Tieres, bei welchem der Verdacht auf Tuberkulose amtlich festgestellt wurde, unschädlich zu beseitigen. Er verlangt damit im Zeitpunkt seines Erlasses eine objektiv unmögliche Leistung. Niemand konnte die Milch unschädlich beseitigen, weil das Rind mit der Nr. DE 09 453 313 12, geboren 19. Januar 2011, als (trächtiges) Jungrind noch gar keine Milch geben konnte, was auch der sachverständige Behördenbedienstete in der mündlichen Verhandlung einräumte. Zudem wurde es am 22. Mai 2013 gekeult. Diese nichtige Regelung der Milchbeseitigung war unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG).

Im Übrigen ist der Hauptantrag unbegründet. Keine der weiteren Regelungen in Nr. I bis IV und in Nr. V Ziff. 2.1 und 2.2 des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt die Nichtigkeitstatbestände des Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG. Sie stellen Einzelfallregelungen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts dar, ohne besonders schwerwiegende offenkundige Fehler, und verlangen weder objektiv unmögliche Leistungen noch strafbare Handlungen. Das hat das Verwaltungsgericht dem Kläger bereits verdeutlicht. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht konnte in seiner Entscheidung zur weiteren Begründung auch auf das von ihm erlassene Urteil vom 10. Juli 2013 Au 1 K 13.266 verweisen, weil dieses den Verfahrensbeteiligten über deren Vertreter bekannt war (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, BVerwG 4 B 248.95, Buchholz 310 § 138 Nr. 6 VwGO - Nr. 30; siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015, 20 ZB 15.106; Eyermann a. a. O. § 108 Rn. 7).

Der Hilfsantrag ist zulässig, soweit der Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in den Nrn. I, II, III, IV und V Ziff. 2.1 und 2.2 beantragt. Die darin getroffenen Anordnungen haben sich spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013 erledigt, in Nr. II mit der Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage war ohne Durchführung eines Vorverfahrens statthaft (vgl. Art. 15 AGVwGO) und ist vor Ablauf der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Gefahr der Wiederholung, dass der Beklagte in vergleichbarer Art und Weise nochmals solche Anordnungen gegenüber dem Kläger erlässt, kann nicht ausgeschlossen werden (vgl. die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Oberallgäu vom 30.10.2012, ferner §§ 1, 4, 6 RindTbV in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 12. Juli 2013 BGBl I S. 2442, § 45 Abs. 2 TierGesG, § 39 LFGB, siehe auch die speziellen Vorschriften des sogenannten Hygienepakets der Gemeinschaft - dazu später -). Nach Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ist weiterhin denkbar, dass hinsichtlich der möglichen Anordnungen gemäß § 4 Satz 1 RindTbV wieder kein Auswahlermessen vorgenommen wird. Damit besteht die belegbare Erwartung, dass die Behörde in naher Zukunft auf eine gleichartige Sach- und Rechtslage mit gleichartigen Erwägungen gegenüber dem Kläger negative Entscheidungen treffen wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.1993, BVerwG 6 C 7.93). Jedenfalls kann - im Einklang mit dem Verwaltungsgericht - diese Wiederholungsgefahr hier unterstellt werden.

Die Klage ist im Hilfsantrag, soweit sie sich gegen Nr. I des angefochtenen Bescheides vom 16. Mai 2015 richtet, unbegründet. Denn der vom Beklagten vorgeschriebene und durchgeführte Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose ist nicht ungeeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung eines Tieres eingesetzt zu werden. Insoweit wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 130 b Satz 2 VwGO) und ergänzend im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren festgehalten, dass auch die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae eine Tuberkulose des Rindes darstellt, weil M. caprae eine Unterart (Subspezies) von M. bovis ist. Das belegen auch die vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Friedrich-Loeffler-Institutes. Als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums forscht dieses Institut u. a. auf dem Gebiet der Tierseuchen, des Tierschutzes und der Tierhaltung, und berät die Bundesregierung, aber auch die zuständigen Behörden im Hinblick auf Maßnahmen zur Erkennung von Tierseuchen und deren Bekämpfung, zur Vorbeugung vor und der Verhinderung der Verschleppung von Tierseuchen sowie auf die Beurteilung der Gefahren im Falle des Verdachts oder des Ausbruchs einer Tierseuche (vgl. im Einzelnen § 27 TierGesG, sowie vormals § 4 TierSG). Als insoweit sachverständige Bundesoberbehörde weist das Institut darauf hin, dass M. bovis und das sehr nah verwandte M. caprae das weiteste Wirtsspektrum unter den Erregern des M. tuberculosis-Komplexes haben, und dass in Bayern bislang ausschließlich das Myobacterium (M.) caprae nachgewiesen wurde. Auch die Tuberkulose, die Ziegen befällt, kann als Rindertuberkulose bezeichnet werden, M. bovis und M. caprae stimmen genetisch zu 99 Prozent überein, weshalb sich das aus M. bovis hergestellte Tuberkulin uneingeschränkt für Untersuchungen eignet, bei denen der Erreger M. caprae zu erwarten ist. Ein Beweis besteht darin, dass aufgrund des Untersuchungsprogrammes „Rindertuberkulose in den Landkreisen der Alpenkette“ durchgeführte Tuberkulintests mit M. bovis hergestelltem Tuberkulin mit positivem Ergebnis durch bakteriologischen Nachweis von M. caprae bestätigt wurden (vgl. die den Beteiligtenvertretern bekannten Beschlüsse des Senats vom 13.4.2015, 20 CS 15.610, 20 CS 15.627, 20 CS 15.628, 20 CS 15.641, 20 CS 15.642, vom 29. 4.2015 20 CS 15.750, 20 CS 15.770, 20 CS 15. 771 sowie 20 CS 15.773). Auch aus Gebrauchsinformationen der Hersteller ergeben sich keine Bedenken gegen die Anwendung der Tuberkuline im Simultantest. So wird nur die Mischung mit anderen Tierarzneimitteln vor der Injektion verboten, nicht aber auch, das betreffende Geflügeltuberkulin zusammen mit Rindertuberkulin eines anderen Herstellers im Simultantest anzuwenden. Das hat die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des Beklagten in ihrer Berufungserwiderung vom 22. September 2014 ausführlich und überzeugend dargestellt (vgl. dort die S. 6 bis 8). Auf diese Ausführungen nimmt der Senat ebenso Bezug (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, a. a. O.) wie auf die Darlegungen zur Rechtsgrundlage für den Simultantest (vgl. dort S. 5/6). § 1 Satz 1 Nr. 1c, Nr. 2 a RindTbV (sowohl in der Fassung vom 16.3.2013 bis 20./21.7.2013 als auch in der danach geltenden Fassung) in Verbindung mit Anhang B 2.2.1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 bestimmt als Simultantest die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als „einheitlicher Test“ angeboten werden müssen. Nach Anhang B Nr. 2.2.4 Satz 1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 werden „Tuberkulinproben…durchgeführt durch Einspritzen von Tuberkulin(en) in die Nackenhaut“. In den folgenden Sätzen wird die Lage der Injektionsstelle näher beschrieben. In Anhang B Nr. 2.2.5.1 zur vorgenannten Richtlinie wird die Vorgehensweise bei der Injektion näher beschrieben. In all diesen Regelungen findet sich aber kein Hinweis darauf, dass es sich um einen „einheitlichen Test“ im Sinne der Vorstellung des Klägers (wohl im Sinne eines Fertigarzneimittels nach § 4 Abs. 1 AMG) handeln müsste.

Darauf, ob jedes Tier des Rinderbestandes des Klägers seinerzeit hätte mit einer sterilen Kanüle untersucht werden müssen (vgl. jetzt Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 64/32/EWG in der Fassung der Berichtigung vom 14. November 2014 - hier Nr. 2.2.5.1 -) oder ob im Rahmen der Tuberkulinisierung der Einsatz einer sterilen Kanüle zu Beginn der Bestandsuntersuchung und bei Auftreten bestimmter Umstände wie Schäden an der Kanülenspitze oder Treffen eines Blutgefäßes genügt hätte (vgl. die Äußerung des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 26.3.2013, Anhang zur Berufungserwiderung des Beklagten), kommt es nicht mehr entscheidend an. Denn der Kläger hat die Ergebnisse der Untersuchung und Nachuntersuchung der Rinder seines Bestandes nicht in Frage gestellt, soweit diese - bis auf das getötete Rind - ausschließlich negative Befunde erbracht hatten. Darüber, dass das getötete Rind, bestätigt durch die nach § 4 Satz 1 Nr. 1 a RindTbV geforderten und durchgeführten Nachuntersuchungen, ebenfalls abschließend negativ getestet worden war, waren sich die Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einig. Für das getötete, normativ unter Verdacht gestellte Rind erhält der Kläger als Tierhalter eine Entschädigung durch die Tierseuchenkasse. Im Übrigen sieht auch die Rindertuberkuloseverordnung die Möglichkeit, dass weitere Tests (der Organe eines unter Verdacht stehenden und mittlerweile getöteten Tieres) ergeben können, dass sich der Verdacht auf Tuberkulose (vgl. § 1 Nr. 2 a RindTbV) nicht bestätigt. In einem solchen Fall sind angeordnete Schutzmaßnahmen aufzuheben (§ 9 Abs. 1 RindTbV). Dem ist der Beklagte mit seinem Bescheid vom 22. Juli 2015 nachgekommen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausspruch in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Mai 2013, bei dem (mittlerweile getöteten) Rind werde der Verdacht auf Tuberkulose des Rindes amtlich festgestellt, als gerechtfertigt und rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist hier § 1 Nr. 2 a RindTbV, seinerzeit in der seit 16. März 2013 geltenden Fassung. Eine zweifelhafte Reaktion im Sinn des Nr. 2.2.5.3.2 Buchst. b des Anhanges B der Richtlinie 64/432/EWG genügt hierfür. Die Verordnung (EG) 1226/2002 vom 8. Juli 2002 änderte diesen Anhang B; sie gilt gemäß Art. 288 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (i. d. F. der Bekanntmachung vom 9.5.2008 ABl Nr. C 115 Seite 47) allgemein, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV und insoweit gleichlautend Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung).

Der Hilfsantrag ist aber begründet, soweit in Nr. II des Bescheides vom 16. Mai 2013 die Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes angeordnet wurde. Grundsätzlich war das Landratsamt berechtigt, von den Befugnissen des § 4 RindTbV Gebrauch zu machen. Aber weder den Gründen dieses Bescheides noch den Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass der Beklagte insoweit über sein Entschließungsermessen hinaus von dem ihm eingeräumten Auswahlermessen ausgegangen ist. Zur Begründung wird im streitgegenständlichen Bescheid nur angeführt, die Anordnung der Tötung des betroffenen Tieres sei zum Schutz gegen die Seuchengefahr, hier - zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose - erforderlich, ohne auf die konkret angeordnete Maßnahme einzugehen. § 4 Satz 1 RindTbV in der Gültigkeit vom 16. März 2013 räumt den Behörden aber verschiedene Möglichkeiten ein, auf das Ergebnis einer zweifelhaften Tuberkulinprobe bei einem Rind zu reagieren, nämlich das betroffene Rind a) zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und die Organe mit pathologisch-anatomischen Veränderungen, die auf Tuberkulose hindeuten, in jedem Fall aber den Retropharyngeal-Lymphknoten sowie Teile der Lunge, des Darmes, der Leber, der Milz, der Niere und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren, oder b) mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder c) mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen… .

Dabei stehen die Alternativen zu a) bis c) in keinem Rangverhältnis, auch wird (mittlerweile) in den Ausführungshinweisen zur Rindertuberkuloseverordnung vom 11. Juni 2014 (abgedruckt in Geißler/Stein/Bätza, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, unter B-92) ein solches nicht vorgegeben. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und angesichts der örtlichen Verhältnisse hätten aber Überlegungen angestellt werden müssen, ob nicht eine Nachuntersuchung des verdächtigen Tieres eine geeignete und weniger einschneidende Maßnahme gewesen wäre, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, seinerzeit über einen Stall verfügt zu haben, in dem das betroffene Tier hätte abgesondert gehalten werden können. Auch die Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung, aufgrund der Gesamtsituation im Landkreis Oberallgäu sei es als das Sicherste und Beste erschienen, die Tötung des Tieres anzuordnen, lässt darauf schließen, dass ein Auswahlermessen überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde und damit Ermessensausfall vorgelegen war. Dies führt angesichts der Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung und zur Rechtsverletzung des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der betreffende Verwaltungsakt hätte deshalb aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte.

Die unter Nr. III angeordnete Schutzmaßnahme ist dagegen rechtmäßig und beruht auf § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 RindTbV. Bei Verdacht auf Tuberkulose sind Rinder des Bestandes im Stall oder mit Genehmigung der zuständigen Behörde auf der Weide abzusondern (Buchst. a des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV) und dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder dem sonstigen Standort entfernt werden (Buchst. b des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV). Diese im Bescheid angeordneten Maßnahmen, gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen, konnten auch durch die begünstigten Bescheide vom 16. Mai und 4. Juni 2013 modifiziert werden, welche dem Kläger gestatteten, seine Rinder aus seinem wegen Tuberkuloseverdacht gesperrten Betrieb auf die in beigefügten Lageplänen gekennzeichneten Weideflächen zu verbringen.

Auch die in Nr. IV ausgesprochene Aussetzung der amtlichen Anerkennung des klägerischen Rinderbestandes als tuberkulosefreier Bestand ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für sie bestand bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses eine ausreichende Rechtsgrundlage, nämlich Anhang B Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c der Richtlinie 64/432/EWG. Wie bereits ausgeführt, hat der Anhang B wegen seiner Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 die Qualität einer Verordnung, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV, siehe auch Art. 2 Abs. 2 dieser Änderungsverordnung). Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c bestimmt insoweit, dass der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Bestandes ausgesetzt und Tiere aus diesem Bestand gesperrt werden können, bis der Gesundheitsstatus von Tieren mit zweifelhafter Reaktion im Simultantest geklärt ist. Diese unmittelbar geltende Bestimmung, angeführt auch in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, wurde nunmehr in § 13 der seit 20./21. Juli 2013 wirksamen Rindertuberkuloseverordnung aufgenommen. Zur Regelung einer solchen tierseuchenrechtlichen Frage, wie sie Gegenstand der Richtlinie 64/432/EWG einschließlich deren Anhang B ist, war gemäß § 2 TierSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug des Tierseuchenrechts in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zum Vollzug des Tierseuchenrechts vom 23. Februar 2012 (GVBl S. 56) das Landratsamt die zuständige Behörde. Eine Zuständigkeit der „Kommission“, wie vom Kläger gefordert, scheidet aus. Die Richtlinie 64/432/EWG unterscheidet zwischen amtlich anerkannten tuberkulosefreien Rinderbeständen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d) und amtlich anerkannten tuberkulosefreien Mitgliedstaaten (Art. 2 Abs. 2 Buchst. e). Über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Mitgliedstaates befindet nach Anhang A Teil I Nr. 4 i. V. m. Art. 17 dieser Richtlinie die Kommission, über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Tierbestandes dagegen nach Anhang A Teil I Nr. 1 bis 3 B die zuständige Behörde. Diese zu bestimmen bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

Die Milchreglementierung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 i. V. m. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a und b Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (sogenannte Basisverordnung) und Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i und Nr. 3, Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmung über Tiergesundheit und Tierschutz trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. § 39 Abs. 2 LFGB ist insoweit obsolet (so auch VGH BW, U. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13, VBl BW 2015, 63; zum Vorrang vor § 5 Abs. 1 Gaststättengesetz siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 20 ZB 15.106). Nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung kann dazu die Einschränkung oder Untersagung des in Verkehrsbringen und der Einfuhr oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 vorgenannter Verordnung ist „Verstoß“ die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Der Kläger ist gemäß Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Lebensmittelunternehmer im Sinn des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letztgenannter Verordnung müssen Lebensmittelunternehmer die einschlägigen Vorschriften der Anhänge II und III erfüllen. Gemäß Anhang III, Abschn. IX, Kap. I müssen Lebensmittelunternehmer, die Rohmilch erzeugen oder gegebenenfalls sammeln, sicherstellen, dass die Vorschriften dieses Kapitels eingehalten werden. Was Tuberkulose anbelangt, muss Rohmilch von Kühen oder Büffelkühen stammen, die einem im Sinn der Richtlinie 64/432/EWG amtlich anerkannten tuberkulosefreien Bestand angehören (Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i). Rohmilch von Tieren, welche die Anforderungen der Nr. 2 nicht erfüllen, darf jedoch in folgenden Fällen mit Genehmigung der zuständigen Behörde verwendet werden, wenn es sich um Kühe oder Büffelkühe handelt, die mit einem negativen Ergebnis auf Tuberkulose oder Brucellose getestet wurden und keine Anzeichen dieser Krankheit zeigen, sofern die Milch so wärmebehandelt wurde, dass der Phosphatasetest negativ ausfällt (Kap. I, Nr. 3 a). Ansonsten darf Rohmilch von Tieren, die die Anforderungen der Nr. 1 bis 3 nicht erfüllen, nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden (Kap. I, Nr. 4).

So lagen die Dinge hier. Die Anerkennung des klägerischen Bestandes als tuberkulosefrei war ausgesetzt, so dass die Rohmilch nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde, hier des Landratsamtes Oberallgäu (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GDVG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG) verwendet werden durfte. Die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. V Ziff. 2.2 ausgesprochene Genehmigung der Abgabe der Milch nach einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren entsprach Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 3 a zur Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Die Benennung eines zur Übernahme der behandelten Rohmilch bereiten weiterverarbeitenden Betriebs in Nr. V Ziff. 2.2 Satz 2 der genehmigenden Verfügung begünstigte den Kläger, weil sie ihm die Suche nach einem geeigneten und übernahmebereiten Betrieb ersparte.

Mit der nunmehrigen Bezeichnung der einschlägigen Rechtsgrundlagen (anstatt § 39 LFGB, wie das Verwaltungsgericht meinte) wird die angefochtene Regelung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides nicht verändert. Ein Entschließungsermessen besteht gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zur Frage des Einschreitens ohnehin nicht, für ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahme ist angesichts des klaren Wortlautes der einschlägigen Bestimmungen in Anhang III Abschn. IX Kap. I der vorgenannten Verordnung nichts ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn auch kurz, und mit einem Schreibfehler behaftet (Verordnung (EG) Nr. 852/2004 statt 853/2004), auf die einschlägigen Vorschriften dieses Anhanges III Abschn. IX Kapitel I bezogen. Ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist (oder wie hier war), entscheidet der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Er muss bei seiner Beurteilung von sich aus alle ihm bekannten Tatsachen und Rechtsgrundlagen berücksichtigen, gleichgültig, ob sie von den Beteiligten vorgetragen worden sind (vgl. Eyermann, VwGO, a. a. O., § 113 Rn. 22). Insoweit sind auch die teils unmittelbar geltenden und verdrängenden Bestimmungen des Unionsrechts - hier auch des Hygienerechts - heranzuziehen.

Schließlich bedurfte es keiner Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu den vom Kläger als vorlagebedürftig aufgeworfenen Fragen nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV -, weil das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG vom 10.10.1997 NVwZ-RR 1998, 752/754; vom 14.12.1992 NVwZ 1993, 770; vom 15.1.1992 BVerwG 3 B 2/92; vom 20.3.1986 BVerwG 3 B 3/86; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41). Durch die Entscheidung des Senats, von einer solchen Vorlage abzusehen, wird Verfahrensrecht nicht verletzt (BVerwG vom 10.10.1997 a. a. O.).

Abgesehen davon bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und die vom Kläger zu einer Vorabentscheidung gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Denn die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellen sich so nicht oder sind eindeutig zu beantworten. Auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Berufungserwiderung vom 22. September 2014 - dort Seiten 17 bis 19 - wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG).

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. April 2014 wird geändert und weiter die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17. März 2014 gegen Nr. 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 18. Februar 2014 wiederhergestellt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die vom Antragsteller zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 29. April 2014 in dem vom Antragsteller angestrebten Umfang.

Dabei geht der Senat davon aus, dass sich das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinsichtlich Nr. 1 der streitgegenständlichen Verfügung des Antraggegners vom 18. Februar 2014 nicht in der Hauptsache erledigt hat, weiterhin effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) zu gewähren und dabei der im Schriftsatz des Antragstellers vom 23. Juni 2014 zu sehende hilfsweise aufrecht erhaltene Sachantrag aus der Beschwerdeschrift vom 9. Mai 2014 zu berücksichtigen ist (§ 88 VwGO), weil der Antragsgegner der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 161 Rn. 9).

In Anbetracht der Erläuterungen des Antraggegners im Beschwerdeverfahren, den Ausführungen zur Begründung des angefochtenen Bescheides und den darin enthaltenen Hinweisen spricht vieles im einstweiligen, auf summarische Prüfung ausgelegten Rechtsschutzverfahren dafür, dass die für sofort vollziehbar angeordnete Untersuchungsverpflichtung auf Tuberkulose, betreffend alle über 30 Monate alten weiblichen Rinder des Bestandes des Antragstellers mit Ausnahme der Masttiere gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 TierSG (nunmehr § 38 Abs. 11 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 10 TierGesG) in ihrer Vollziehbarkeit nicht gegenstandslos geworden ist, weil nur die Sechs-Wochenfrist als koordinierende Zielvorgabe in Folge einer notwendigen Steuerung der Untersuchungszahlen abgelaufen ist, dadurch aber nicht die sofort vollziehbar erklärte Untersuchungspflicht an sich, welche jederzeit wieder konkretisiert und durch Androhung von Zwangsmitteln vollstreckt werden kann (vgl. Art. 19, 29 ff, 36 VwZVG). Diesen Umstand auszuklammern und das einstweilige Rechtsschutzverfahren als erledigt anzusehen, verkürzte den effektiven Rechtsschutz des Antragstellers und verwiese ihn möglicherweise darauf, gegen die Androhung von Zwangsmitteln vorgehen zu müssen, ohne sich weiter gegen den Grundverwaltungsakt im vorläufigen Rechtsschutz wehren zu können (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG).

Die Beschwerde hat auch deswegen Erfolg, weil der Antragsgegner nicht beabsichtigt, bei den angeordneten Bestandsuntersuchungen für jedes zu untersuchende Rind eine sterile Kanüle verwenden zu lassen.

Der Senat hat hierzu in seinen Beschlüssen vom 8. Mai 2014 Az. 20 CS 14.792 und Az. 20 CS14.793 Rn. 4 bis 7 ausgeführt:

„Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.“

Daran wird festgehalten. Der deutsche Wortlaut des vorerwähnten Anhanges B in Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 ist, soweit im summarischen Verfahren ersichtlich, nicht geändert worden. Auf davon möglicherweise abweichende Anleitungen im sogenannten OIE-Handbuch konnte es deswegen nicht ankommen, wobei fraglich ist, ob der in der Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners lediglich in englischer Sprache wiedergegebene Text dieses Handbuch des „Internationalen Tierseuchenamtes“ von „Chapter 2.4.7 Bovine tuberculosis“ zur Injektion des Tuberkulins auch auf Testsysteme hinweist, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Jedenfalls ist Anhang B Nr. 2.2.5.1 Satz 5 der Richtlinie 64/432/EWG i. d. F. der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 in der maßgebenden deutschen Sprachform und damit das materielle Recht bislang nicht geändert worden. Nicht weiter darauf abzustellen ist auch, ob das Bundesministerium, dessen Äußerung zum Regelungsgehalt von Anhang B Nr. 2.2.5.1 noch aussteht, wirksam gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierGesG durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates insbesondere Vorschriften über Untersuchungen einschließlich der Probennahme erlassen kann, welche von den Vorgaben des Anhanges B Nr. 2.2.5.1 abweichen.

Die bei der Untersuchung durchgeführten Testmethoden sind zweifelsohne Gegenstand des Antrages des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Das hat das Verwaltungsgericht in seiner angegriffenen Entscheidung vom 29. April 2014 verkannt. Schließlich ergingen die einschlägigen Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs erst am 8. Mai 2014 (a. a. O.).

Auf weiteres Vorbringen des Antragstellers zur Begründung seiner Beschwerde kommt es deswegen nicht entscheidungserheblich an. Soweit der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 30. Juni 2014 die Mitwirkungspflichten eines von einer Untersuchungsanordnung betroffenen Landwirtes anspricht, obliegt es ihm, in seinen Bescheiden diese zu konkretisieren und den Betroffenen zu verdeutlichen.

Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die vom Antragsgegner zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 25. März 2014 in dem vom Antragsgegner angestrebten Umfang.

Plausible Gründe dafür, dass für weibliche Rinder im Betrieb des Antragstellers bei der Tuberkulinuntersuchung eine Altersgrenze von 12 Monaten und nicht, wie etwa in anderen Landkreisen und einer kreisfreien Stadt, von 24 Monaten gelten soll, hat der Antragsgegner unter Verweis auf ministerielle Schreiben nicht dargelegt. Es genügt nicht, auf in Kopie der Beschwerdebegründungsschrift beigelegte Schreiben zu verweisen. Vielmehr hätte ausführlich unter Bezugnahme auf den Inhalt der einzelnen Schreiben erläutert werden müssen, warum die Altersgrenze der zu untersuchenden Rinder in dem Gebietskörperschaften unterschiedlich (auch abweichend von § 2a RindTbV) festgelegt wurde und warum im Fall des Antragstellers eine Altersgrenze von 12 Monaten zu greifen hat.

Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.

Daher ist die Beschwerde des Antragsgegners mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die vom Antragsgegner zur Begründung seines Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 25. März 2014 in dem vom Antragsgegner angestrebten Umfang.

Plausible Gründe dafür, dass für weibliche Rinder im Betrieb des Antragstellers bei der Tuberkulinuntersuchung eine Altersgrenze von 12 Monaten und nicht, wie etwa in anderen Landkreisen und einer kreisfreien Stadt, von 24 Monaten gelten soll, hat der Antragsgegner unter Verweis auf ministerielle Schreiben nicht dargelegt. Es genügt nicht, auf in Kopie der Beschwerdebegründungsschrift beigelegte Schreiben zu verweisen. Vielmehr hätte ausführlich unter Bezugnahme auf den Inhalt der einzelnen Schreiben erläutert werden müssen, warum die Altersgrenze der zu untersuchenden Rinder in dem Gebietskörperschaften unterschiedlich (auch abweichend von § 2a RindTbV) festgelegt wurde und warum im Fall des Antragstellers eine Altersgrenze von 12 Monaten zu greifen hat.

Auch dafür, bei Durchführung des Tuberkulintestes nach jedem Tier die Kanüle nicht zu wechseln, wurden plausible und nachvollziehbare Gründe nicht dargelegt. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Zu Gesetz und Recht gehören auch Verordnungen und Richtlinien der Union (vgl. Art. 23 Abs. 1 GG sowie Art. 288 AEUV). Darunter fällt auch die Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen Nr. 64/432/EWG mit ihrem Anhang B, dieser geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 der Kommission von 8. Juli 2002. Nr. 2 dieses Anhanges beschäftigt sich mit der intrakutanen Tuberkulinprobe und bestimmt als Verfahrensvorschrift unter anderem: „… die Tuberkulindosis so einspritzen, dass gewährleistet ist, dass das Tuberkulin intrakutan deponiert wurde. Dazu die kurze, sterile Kanüle (abgeschrägte Seite nach außen) einer graduierten, mit Tuberkulin aufgezogenen Spritze schräg in die tieferen Hautschichten einführen. …“ (vgl. nunmehr Nr. 2.2.5.1 Sätze 4 und 5 des Anhanges B). Mit dieser Änderungsverordnung wurde auch den Stellungnahmen des wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit Rechnung getragen (vgl. Nrn. 1, 5 und 6 der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002).

Bestimmt aber diese Änderungsverordnung für jede Tuberkulinprobe die Verwendung einer kurzen, sterilen Kanüle, ergibt sich daraus eindeutig, dass bei jeder weiteren Probe und damit bei jedem weiteren Tier (wiederum) eine sterile Kanüle zu verwenden ist.

Zwar mag das Verfahren schwer praktikabel sein, weil es beim derzeitigen Stand der Technik bei jedem Rinderwechsel es auch des Wechsels der Kanüle(n) bedarf, der nach den Stellungnahmen zweier Amtstierärzte nur umständlich zu bewerkstelligen sei. Allein eine schwierige Handhabung rechtfertigt es jedoch nicht, von einer rechtlich vorgegebenen Vorgehensweise abzuweichen.

Obwohl die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 seit Ende Juli 2002 in Kraft ist (vgl. Art. 2), hat sich die Industrie offenbar nicht bemüht, Testsysteme zur Tuberkulinisierung zu schaffen, welche den Anforderungen der Nr. 2.2.5.1 Satz 5 des Anhanges B in vollem Umfange genügen. Dafür, dass solche Testsysteme aber möglich wären, sprechen die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 27. März 2014.

Daher ist die Beschwerde des Antragsgegners mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Streitwert ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

20 BV 14.1490

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Juli 2015

(VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869)

20. Senat

Sachgebietsschlüssel: 542

Hauptpunkte: Verdacht der Tuberkulose in einem milcherzeugenden Rinderbestand - Tötungsanordnung, Bestandssperre, Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier Bestand, Milchreglementierungen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch Landesanwaltschaft Bayern, Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

- Beklagter -

wegen Maßnahmen nach dem Tierseuchengesetz;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 20. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schaudig, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kraheberger aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juli 2015 am 9. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes Oberallgäu vom 16. Mai 2013 in Nummer II rechtswidrig und in Nummer V Ziffer 1 nichtig war. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat 11/15, der Beklagte 4/15 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Das Landratsamt Oberallgäu verpflichtete mit bestandskräftiger Allgemeinverfügung vom 30. Oktober 2012 alle Halter von Rindern, ihre über sechs Monate alten Rinder ab November 2012 nach näherer Anweisung auf Tuberkulose untersuchen zu lassen.

Im Betrieb des Klägers untersuchte das Veterinäramt am 13. und 16. Mai 2013 mit Tuberkulose-Simultantest 52 Rinder (70 im Bestandsregister, 54 für die Untersuchung ausgewählt). Bei einem trächtigen Rind trat eine zweifelhafte Reaktion ein.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 (zugestellt 17.5.2013) ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger sinngemäß an:

I.

Beim getesteten Rind wird der Verdacht auf Tuberkulose im Sinn des § 1 Nr. 2 Buchst. a RindTbV amtlich festgestellt.

II.

Das getestete Rind ist zu töten.

III.

Sämtliche Rinder des Bestandes unterliegen der Sperre und dürfen nur mit Genehmigung des Landratsamtes aus dem Bestand entfernt werden.

IV.

Die amtliche Anerkennung des Rinderbestandes des Klägers als tuberkulosefreier Bestand wird ausgesetzt.

V.

Die Milch des unter Tbc-Verdacht geratenen Tieres ist unschädlich zu beseitigen (Nr. 1); die Milch des Bestandes darf nur mit Genehmigung des Landratsamtes in Verkehr gebracht oder zur Erzeugung von Lebensmitteln verwendet werden (Nr. 2.1), die Rohmilch der negativ getesteten Tiere darf nur an einen bestimmten Verarbeitungsbetrieb unter der Maßgabe abgegeben werden, dass diese Milch einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren unterzogen wird (Nr. 2.2).

Der anschließende an Organen des bereits am 22. Mai 2013 getöteten Tieres vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte PCR-Test führte nach der Mitteilung vom 28. Mai 2013 an das Veterinäramt ebenfalls zu einem zweifelhaften Befund.

Gegen den Bescheid vom 16. Mai 2013 erhob der Kläger am 17. Juni 2013 Klage. Im gerichtlichen Verfahren teilte der Beklagte mit, dass mit Bescheid vom 22. Juli 2013 die Sperre aufgehoben und der Status der Tuberkulosefreiheit gemäß § 18 Satz 2 RindTbV (wieder) anerkannt worden sei. Der Kläger habe mittlerweile die Voraussetzungen für eine Aufhebung aller Reglementierungen durch die vorgeschriebene Nachuntersuchung geschaffen. Diese sei mit durchgehend negativen Testresultaten verlaufen.

Daraufhin berief sich der Kläger auf sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse und beantragte:

I.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist.

II.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 rechtswidrig war.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht waren sich die Beteiligtenvertreter darüber einig, dass hinsichtlich des getöteten Tieres der abschließende kulturelle Test einen negativen Befund ergeben habe.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung.

Mit Urteil vom 13. Mai 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sowohl Hauptantrag als auch Hilfsantrag seien zulässig, jedoch unbegründet. Zur Begründung der Abweisung des Nichtigkeitsantrags bezog sich das Verwaltungsgericht teilweise auf sein Urteil vom 10. Juli 2013 im Verfahren Au 1 K 13.266, in dem auch der Bevollmächtigte des Klägers für die dortige Klagepartei aufgetreten sei. Die im Bescheid vom 16. Mai 2013 getroffenen Anordnungen hätten sich unstreitig sämtlich erledigt, jedenfalls spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013. Eine Wiederholungsgefahr als ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit könne unterstellt werden. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet, weil der Bescheid vom 16. Mai 2013 rechtmäßig gewesen sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt habe. Der vom Beklagten verwendete Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose sei geeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung des Tieres eingesetzt zu werden. Die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae stelle auch eine Tuberkulose des Rindes dar. Aufgrund des zweifelhaften Ergebnisses eines getesteten Rindes sei auch rechtlich der Verdacht der Tuberkulose vorgelegen, weswegen das betroffene Tier zu töten gewesen sei (§ 1 Nr. 2 lit. a, § 4 Nr. 1 lit. a RindTbV). Deswegen seien auch Befugnisse zur Bestandssperre eröffnet gewesen. Zwar habe es für die in Nr. IV des Bescheides geregelte Aussetzung der amtlichen Anerkennung als Tbc-freier Bestand in der ab 15. März 2013 geltenden Fassung der Rindertuberkulose-Verordnung keine Rechtsgrundlage gegeben, sondern erst mit der Neufassung vom 12. Juli 2013 (§ 13 RindTbV). Damit bestehe kein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit mehr, weil auch im Falle eines erneuten Erlasses einer gleichen Regelung (nach dem entsprechenden Ergebnis eines Simultantests) eine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sei. Die in Nr. V des Bescheides geregelten Gebote zur Beseitigung von Milch bzw. zu deren Abgabe seien ebenfalls zu Recht ergangen. Auch wenn das getestete Tier noch keine Milch gegeben habe, liege keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Das Milchabgabeverbot finde im Übrigen seine Rechtsgrundlage auch in den Regelungen des § 39 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens in erster Instanz unter anderem vor, er könne nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in Nummern II bis V verneine. Die Bezugnahme auf ein anderes Urteil sei unverständlich und nicht als Begründungsersatz geeignet. Ein positives Testergebnis im Simultantest lasse lediglich einen Verdacht zu. Ein solches positives Ergebnis sei hier aber nicht vorgelegen, nur ein zweifelhaftes. Das Ergebnis des PCR-Testes sei fraglich gewesen, das Ergebnis der bakteriellen Kultur habe weder den Erreger M. caprae noch den Erreger M. bovis nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe weder weitere Amtsermittlungen betrieben, noch auf Antrag des Klägers Beweis erhoben. Die verwendeten Tuberkulosetests seien nicht geeignet, weil für den Erreger M. caprae nicht vorgesehen. Ein einheitlicher Simultantest sei nicht verfügbar, eine Kombination der in dessen Rahmen verwendeten Tierarzneimittel nicht möglich. Zur Aberkennung des Tbc-Freiheitsstatus sei die Kommission, und nicht das Landratsamt, zuständig. Weil der Nachweis zum Erreger M. bovis nicht vorgelegen sei, habe der Betrieb des Klägers seinen Status als „Tbc-frei“ nicht verlieren können und seien die Voraussetzungen für eine Milchsperre nicht gegeben gewesen. Weil der Beklagte weitere Untersuchungen auf Tuberkulose mittels Simultantest plane, auch im Bestand des Klägers, liege eine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Sie sei auch nicht ausgeschlossen, weil das Tierseuchengesetz durch das Tiergesundheitsgesetz ersetzt worden sei. Die Untersuchung nach beiden Gesetzen sei identisch. Außerdem sei das Verfahren auszusetzen und seien dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Schließlich gehe einschlägiges Europarecht als spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) vor. Selbst wenn § 39 LFGB anwendbar wäre, habe eine Ermessensausübung nicht stattgefunden. Außerdem sei der Bestand des Klägers nicht mit einer sterilen Kanüle untersucht worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und

festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist,

hilfsweise

festzustellen, dass dieser Bescheid rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt unter anderem vor, fraglich sei bereits die Zulässigkeit der Klage, die jedenfalls unbegründet sei. Auch der Erreger M. caprae verursache Rindertuberkulose. M. bovis und M. caprae stimmten genetisch zu 99,9% überein. Die Richtlinie 64/432/EWG beschreibe die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als einheitlicher Test angeboten werden müssten. Aus den Gebrauchsinformationen der Hersteller ergäben sich keine Bedenken gegen die Verwendung der Tuberkuline in Simultantests. Die Ergebnisse des durchgeführten Tuberkulintests seien hinreichend verlässlich gewesen. Beim getöteten Rind des Klägers handele es sich um einen Fall, in dem sich der Verdacht nicht bestätigt habe. Die amtliche Feststellung des Verdachts erweise sich als rechtmäßig. Die angeordnete Bestandssperre finde ihre Rechtsgrundlage in der Rindertuberkuloseverordnung. Ermessensausübung sei nicht erforderlich gewesen, eine solche bezüglich weiterer Maßnahmen lediglich eingeräumt gewesen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch im Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine hinreichende Rechtsgrundlage bestanden, die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei zu verfügen, wie sich aus einschlägigem Europarecht ergebe. Das Landratsamt sei die zum Vollzug der tierseuchenrechtlichen Frage zuständige Behörde gewesen. Außerdem habe die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei auf Unionsrecht gestützt werden können. Die Milchreglementierung habe keine echte Milchsperre bedeutet. Milch habe weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen abgegeben werden dürfen. Die Regelung habe ihre Stütze in § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 3 LFGB oder in einschlägigem Europarecht gefunden. Die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellten sich so nicht oder seien eindeutig zu beantworten.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger u. a. an, das zweifelhaft getestete Rind hätte abgetrennt untergebracht werden können anstatt gekeult zu werden. Die Beklagtenseite führte u. a. aus, die Tötungsanordnung sei eine von drei Alternativen gewesen, die angesichts des zweifelhaften Ergebnisses nur in Betracht gekommen sei. Eine Quarantäne sei aus räumlichen Gründen nicht möglich gewesen, Alternative c sei in Bayern seinerzeit nicht zur Verfügung gestanden. Das getötete Rind sei trächtig gewesen und habe als Jungrind noch keine Milch geben können. Bei Nr. V Ziff. 1 des Bescheides vom 16. Mai 2013 habe es sich um einen standardisierten Textbaustein gehandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg und führt unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils punktuell zur Stattgabe der Klage. Diese ist sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag soweit begründet, als der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2013 in Nr. V Ziff. 1 nichtig und in seiner Nr. II rechtswidrig gewesen war, im Übrigen unbegründet.

Der Hauptantrag ist zulässig.

Der Kläger hat nach § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO vorrangig eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben, die gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht subsidiär ist (§ 43 Abs. 2 VwGO). Eine solche Klage erlaubt nur die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 28). Der so angegriffene Bescheid vom 16. Mai 2013 enthält in seinen Nr. I bis V verschiedene Regelungen, mithin ein Bündel von Verwaltungsakten, deren Nichtigkeit - jedenfalls in Nr. II bis V (so die Berufungsbegründung) - der Kläger behauptet. Das von § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO geforderte berechtigte Interesse ist durch den Streit um die Nichtigkeit der mit dem streitgegenständlichen Bescheid erlassenen Verwaltungsakte indiziert (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.1986, BVerwG 8 C 127.84, NVwZ 1987, 330; Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 38). Der Kläger ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 26a und 38a m. w. N.) als Adressat von ihn als Inhaber eines milcherzeugenden Rinderbestandes (ehemals) betreffenden belastenden Regelungen klagebefugt. Eine rechtskräftige Entscheidung erfüllt streitschlichtende Funktion.

Zu Nr. V Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides liegt der besondere Nichtigkeitsgrund nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor. Der Bescheid gibt dem Kläger insoweit auf, die Milch des unter Nr. I aufgeführten Tieres, bei welchem der Verdacht auf Tuberkulose amtlich festgestellt wurde, unschädlich zu beseitigen. Er verlangt damit im Zeitpunkt seines Erlasses eine objektiv unmögliche Leistung. Niemand konnte die Milch unschädlich beseitigen, weil das Rind mit der Nr. DE 09 453 313 12, geboren 19. Januar 2011, als (trächtiges) Jungrind noch gar keine Milch geben konnte, was auch der sachverständige Behördenbedienstete in der mündlichen Verhandlung einräumte. Zudem wurde es am 22. Mai 2013 gekeult. Diese nichtige Regelung der Milchbeseitigung war unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG).

Im Übrigen ist der Hauptantrag unbegründet. Keine der weiteren Regelungen in Nr. I bis IV und in Nr. V Ziff. 2.1 und 2.2 des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt die Nichtigkeitstatbestände des Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG. Sie stellen Einzelfallregelungen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts dar, ohne besonders schwerwiegende offenkundige Fehler, und verlangen weder objektiv unmögliche Leistungen noch strafbare Handlungen. Das hat das Verwaltungsgericht dem Kläger bereits verdeutlicht. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht konnte in seiner Entscheidung zur weiteren Begründung auch auf das von ihm erlassene Urteil vom 10. Juli 2013 Au 1 K 13.266 verweisen, weil dieses den Verfahrensbeteiligten über deren Vertreter bekannt war (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, BVerwG 4 B 248.95, Buchholz 310 § 138 Nr. 6 VwGO - Nr. 30; siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015, 20 ZB 15.106; Eyermann a. a. O. § 108 Rn. 7).

Der Hilfsantrag ist zulässig, soweit der Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in den Nrn. I, II, III, IV und V Ziff. 2.1 und 2.2 beantragt. Die darin getroffenen Anordnungen haben sich spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013 erledigt, in Nr. II mit der Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage war ohne Durchführung eines Vorverfahrens statthaft (vgl. Art. 15 AGVwGO) und ist vor Ablauf der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Gefahr der Wiederholung, dass der Beklagte in vergleichbarer Art und Weise nochmals solche Anordnungen gegenüber dem Kläger erlässt, kann nicht ausgeschlossen werden (vgl. die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Oberallgäu vom 30.10.2012, ferner §§ 1, 4, 6 RindTbV in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 12. Juli 2013 BGBl I S. 2442, § 45 Abs. 2 TierGesG, § 39 LFGB, siehe auch die speziellen Vorschriften des sogenannten Hygienepakets der Gemeinschaft - dazu später -). Nach Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ist weiterhin denkbar, dass hinsichtlich der möglichen Anordnungen gemäß § 4 Satz 1 RindTbV wieder kein Auswahlermessen vorgenommen wird. Damit besteht die belegbare Erwartung, dass die Behörde in naher Zukunft auf eine gleichartige Sach- und Rechtslage mit gleichartigen Erwägungen gegenüber dem Kläger negative Entscheidungen treffen wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.1993, BVerwG 6 C 7.93). Jedenfalls kann - im Einklang mit dem Verwaltungsgericht - diese Wiederholungsgefahr hier unterstellt werden.

Die Klage ist im Hilfsantrag, soweit sie sich gegen Nr. I des angefochtenen Bescheides vom 16. Mai 2015 richtet, unbegründet. Denn der vom Beklagten vorgeschriebene und durchgeführte Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose ist nicht ungeeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung eines Tieres eingesetzt zu werden. Insoweit wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 130 b Satz 2 VwGO) und ergänzend im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren festgehalten, dass auch die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae eine Tuberkulose des Rindes darstellt, weil M. caprae eine Unterart (Subspezies) von M. bovis ist. Das belegen auch die vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Friedrich-Loeffler-Institutes. Als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums forscht dieses Institut u. a. auf dem Gebiet der Tierseuchen, des Tierschutzes und der Tierhaltung, und berät die Bundesregierung, aber auch die zuständigen Behörden im Hinblick auf Maßnahmen zur Erkennung von Tierseuchen und deren Bekämpfung, zur Vorbeugung vor und der Verhinderung der Verschleppung von Tierseuchen sowie auf die Beurteilung der Gefahren im Falle des Verdachts oder des Ausbruchs einer Tierseuche (vgl. im Einzelnen § 27 TierGesG, sowie vormals § 4 TierSG). Als insoweit sachverständige Bundesoberbehörde weist das Institut darauf hin, dass M. bovis und das sehr nah verwandte M. caprae das weiteste Wirtsspektrum unter den Erregern des M. tuberculosis-Komplexes haben, und dass in Bayern bislang ausschließlich das Myobacterium (M.) caprae nachgewiesen wurde. Auch die Tuberkulose, die Ziegen befällt, kann als Rindertuberkulose bezeichnet werden, M. bovis und M. caprae stimmen genetisch zu 99 Prozent überein, weshalb sich das aus M. bovis hergestellte Tuberkulin uneingeschränkt für Untersuchungen eignet, bei denen der Erreger M. caprae zu erwarten ist. Ein Beweis besteht darin, dass aufgrund des Untersuchungsprogrammes „Rindertuberkulose in den Landkreisen der Alpenkette“ durchgeführte Tuberkulintests mit M. bovis hergestelltem Tuberkulin mit positivem Ergebnis durch bakteriologischen Nachweis von M. caprae bestätigt wurden (vgl. die den Beteiligtenvertretern bekannten Beschlüsse des Senats vom 13.4.2015, 20 CS 15.610, 20 CS 15.627, 20 CS 15.628, 20 CS 15.641, 20 CS 15.642, vom 29. 4.2015 20 CS 15.750, 20 CS 15.770, 20 CS 15. 771 sowie 20 CS 15.773). Auch aus Gebrauchsinformationen der Hersteller ergeben sich keine Bedenken gegen die Anwendung der Tuberkuline im Simultantest. So wird nur die Mischung mit anderen Tierarzneimitteln vor der Injektion verboten, nicht aber auch, das betreffende Geflügeltuberkulin zusammen mit Rindertuberkulin eines anderen Herstellers im Simultantest anzuwenden. Das hat die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des Beklagten in ihrer Berufungserwiderung vom 22. September 2014 ausführlich und überzeugend dargestellt (vgl. dort die S. 6 bis 8). Auf diese Ausführungen nimmt der Senat ebenso Bezug (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, a. a. O.) wie auf die Darlegungen zur Rechtsgrundlage für den Simultantest (vgl. dort S. 5/6). § 1 Satz 1 Nr. 1c, Nr. 2 a RindTbV (sowohl in der Fassung vom 16.3.2013 bis 20./21.7.2013 als auch in der danach geltenden Fassung) in Verbindung mit Anhang B 2.2.1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 bestimmt als Simultantest die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als „einheitlicher Test“ angeboten werden müssen. Nach Anhang B Nr. 2.2.4 Satz 1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 werden „Tuberkulinproben…durchgeführt durch Einspritzen von Tuberkulin(en) in die Nackenhaut“. In den folgenden Sätzen wird die Lage der Injektionsstelle näher beschrieben. In Anhang B Nr. 2.2.5.1 zur vorgenannten Richtlinie wird die Vorgehensweise bei der Injektion näher beschrieben. In all diesen Regelungen findet sich aber kein Hinweis darauf, dass es sich um einen „einheitlichen Test“ im Sinne der Vorstellung des Klägers (wohl im Sinne eines Fertigarzneimittels nach § 4 Abs. 1 AMG) handeln müsste.

Darauf, ob jedes Tier des Rinderbestandes des Klägers seinerzeit hätte mit einer sterilen Kanüle untersucht werden müssen (vgl. jetzt Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 64/32/EWG in der Fassung der Berichtigung vom 14. November 2014 - hier Nr. 2.2.5.1 -) oder ob im Rahmen der Tuberkulinisierung der Einsatz einer sterilen Kanüle zu Beginn der Bestandsuntersuchung und bei Auftreten bestimmter Umstände wie Schäden an der Kanülenspitze oder Treffen eines Blutgefäßes genügt hätte (vgl. die Äußerung des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 26.3.2013, Anhang zur Berufungserwiderung des Beklagten), kommt es nicht mehr entscheidend an. Denn der Kläger hat die Ergebnisse der Untersuchung und Nachuntersuchung der Rinder seines Bestandes nicht in Frage gestellt, soweit diese - bis auf das getötete Rind - ausschließlich negative Befunde erbracht hatten. Darüber, dass das getötete Rind, bestätigt durch die nach § 4 Satz 1 Nr. 1 a RindTbV geforderten und durchgeführten Nachuntersuchungen, ebenfalls abschließend negativ getestet worden war, waren sich die Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einig. Für das getötete, normativ unter Verdacht gestellte Rind erhält der Kläger als Tierhalter eine Entschädigung durch die Tierseuchenkasse. Im Übrigen sieht auch die Rindertuberkuloseverordnung die Möglichkeit, dass weitere Tests (der Organe eines unter Verdacht stehenden und mittlerweile getöteten Tieres) ergeben können, dass sich der Verdacht auf Tuberkulose (vgl. § 1 Nr. 2 a RindTbV) nicht bestätigt. In einem solchen Fall sind angeordnete Schutzmaßnahmen aufzuheben (§ 9 Abs. 1 RindTbV). Dem ist der Beklagte mit seinem Bescheid vom 22. Juli 2015 nachgekommen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausspruch in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Mai 2013, bei dem (mittlerweile getöteten) Rind werde der Verdacht auf Tuberkulose des Rindes amtlich festgestellt, als gerechtfertigt und rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist hier § 1 Nr. 2 a RindTbV, seinerzeit in der seit 16. März 2013 geltenden Fassung. Eine zweifelhafte Reaktion im Sinn des Nr. 2.2.5.3.2 Buchst. b des Anhanges B der Richtlinie 64/432/EWG genügt hierfür. Die Verordnung (EG) 1226/2002 vom 8. Juli 2002 änderte diesen Anhang B; sie gilt gemäß Art. 288 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (i. d. F. der Bekanntmachung vom 9.5.2008 ABl Nr. C 115 Seite 47) allgemein, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV und insoweit gleichlautend Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung).

Der Hilfsantrag ist aber begründet, soweit in Nr. II des Bescheides vom 16. Mai 2013 die Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes angeordnet wurde. Grundsätzlich war das Landratsamt berechtigt, von den Befugnissen des § 4 RindTbV Gebrauch zu machen. Aber weder den Gründen dieses Bescheides noch den Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass der Beklagte insoweit über sein Entschließungsermessen hinaus von dem ihm eingeräumten Auswahlermessen ausgegangen ist. Zur Begründung wird im streitgegenständlichen Bescheid nur angeführt, die Anordnung der Tötung des betroffenen Tieres sei zum Schutz gegen die Seuchengefahr, hier - zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose - erforderlich, ohne auf die konkret angeordnete Maßnahme einzugehen. § 4 Satz 1 RindTbV in der Gültigkeit vom 16. März 2013 räumt den Behörden aber verschiedene Möglichkeiten ein, auf das Ergebnis einer zweifelhaften Tuberkulinprobe bei einem Rind zu reagieren, nämlich das betroffene Rind a) zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und die Organe mit pathologisch-anatomischen Veränderungen, die auf Tuberkulose hindeuten, in jedem Fall aber den Retropharyngeal-Lymphknoten sowie Teile der Lunge, des Darmes, der Leber, der Milz, der Niere und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren, oder b) mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder c) mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen… .

Dabei stehen die Alternativen zu a) bis c) in keinem Rangverhältnis, auch wird (mittlerweile) in den Ausführungshinweisen zur Rindertuberkuloseverordnung vom 11. Juni 2014 (abgedruckt in Geißler/Stein/Bätza, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, unter B-92) ein solches nicht vorgegeben. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und angesichts der örtlichen Verhältnisse hätten aber Überlegungen angestellt werden müssen, ob nicht eine Nachuntersuchung des verdächtigen Tieres eine geeignete und weniger einschneidende Maßnahme gewesen wäre, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, seinerzeit über einen Stall verfügt zu haben, in dem das betroffene Tier hätte abgesondert gehalten werden können. Auch die Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung, aufgrund der Gesamtsituation im Landkreis Oberallgäu sei es als das Sicherste und Beste erschienen, die Tötung des Tieres anzuordnen, lässt darauf schließen, dass ein Auswahlermessen überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde und damit Ermessensausfall vorgelegen war. Dies führt angesichts der Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung und zur Rechtsverletzung des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der betreffende Verwaltungsakt hätte deshalb aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte.

Die unter Nr. III angeordnete Schutzmaßnahme ist dagegen rechtmäßig und beruht auf § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 RindTbV. Bei Verdacht auf Tuberkulose sind Rinder des Bestandes im Stall oder mit Genehmigung der zuständigen Behörde auf der Weide abzusondern (Buchst. a des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV) und dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder dem sonstigen Standort entfernt werden (Buchst. b des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV). Diese im Bescheid angeordneten Maßnahmen, gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen, konnten auch durch die begünstigten Bescheide vom 16. Mai und 4. Juni 2013 modifiziert werden, welche dem Kläger gestatteten, seine Rinder aus seinem wegen Tuberkuloseverdacht gesperrten Betrieb auf die in beigefügten Lageplänen gekennzeichneten Weideflächen zu verbringen.

Auch die in Nr. IV ausgesprochene Aussetzung der amtlichen Anerkennung des klägerischen Rinderbestandes als tuberkulosefreier Bestand ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für sie bestand bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses eine ausreichende Rechtsgrundlage, nämlich Anhang B Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c der Richtlinie 64/432/EWG. Wie bereits ausgeführt, hat der Anhang B wegen seiner Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 die Qualität einer Verordnung, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV, siehe auch Art. 2 Abs. 2 dieser Änderungsverordnung). Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c bestimmt insoweit, dass der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Bestandes ausgesetzt und Tiere aus diesem Bestand gesperrt werden können, bis der Gesundheitsstatus von Tieren mit zweifelhafter Reaktion im Simultantest geklärt ist. Diese unmittelbar geltende Bestimmung, angeführt auch in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, wurde nunmehr in § 13 der seit 20./21. Juli 2013 wirksamen Rindertuberkuloseverordnung aufgenommen. Zur Regelung einer solchen tierseuchenrechtlichen Frage, wie sie Gegenstand der Richtlinie 64/432/EWG einschließlich deren Anhang B ist, war gemäß § 2 TierSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug des Tierseuchenrechts in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zum Vollzug des Tierseuchenrechts vom 23. Februar 2012 (GVBl S. 56) das Landratsamt die zuständige Behörde. Eine Zuständigkeit der „Kommission“, wie vom Kläger gefordert, scheidet aus. Die Richtlinie 64/432/EWG unterscheidet zwischen amtlich anerkannten tuberkulosefreien Rinderbeständen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d) und amtlich anerkannten tuberkulosefreien Mitgliedstaaten (Art. 2 Abs. 2 Buchst. e). Über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Mitgliedstaates befindet nach Anhang A Teil I Nr. 4 i. V. m. Art. 17 dieser Richtlinie die Kommission, über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Tierbestandes dagegen nach Anhang A Teil I Nr. 1 bis 3 B die zuständige Behörde. Diese zu bestimmen bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

Die Milchreglementierung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 i. V. m. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a und b Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (sogenannte Basisverordnung) und Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i und Nr. 3, Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmung über Tiergesundheit und Tierschutz trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. § 39 Abs. 2 LFGB ist insoweit obsolet (so auch VGH BW, U. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13, VBl BW 2015, 63; zum Vorrang vor § 5 Abs. 1 Gaststättengesetz siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 20 ZB 15.106). Nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung kann dazu die Einschränkung oder Untersagung des in Verkehrsbringen und der Einfuhr oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 vorgenannter Verordnung ist „Verstoß“ die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Der Kläger ist gemäß Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Lebensmittelunternehmer im Sinn des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letztgenannter Verordnung müssen Lebensmittelunternehmer die einschlägigen Vorschriften der Anhänge II und III erfüllen. Gemäß Anhang III, Abschn. IX, Kap. I müssen Lebensmittelunternehmer, die Rohmilch erzeugen oder gegebenenfalls sammeln, sicherstellen, dass die Vorschriften dieses Kapitels eingehalten werden. Was Tuberkulose anbelangt, muss Rohmilch von Kühen oder Büffelkühen stammen, die einem im Sinn der Richtlinie 64/432/EWG amtlich anerkannten tuberkulosefreien Bestand angehören (Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i). Rohmilch von Tieren, welche die Anforderungen der Nr. 2 nicht erfüllen, darf jedoch in folgenden Fällen mit Genehmigung der zuständigen Behörde verwendet werden, wenn es sich um Kühe oder Büffelkühe handelt, die mit einem negativen Ergebnis auf Tuberkulose oder Brucellose getestet wurden und keine Anzeichen dieser Krankheit zeigen, sofern die Milch so wärmebehandelt wurde, dass der Phosphatasetest negativ ausfällt (Kap. I, Nr. 3 a). Ansonsten darf Rohmilch von Tieren, die die Anforderungen der Nr. 1 bis 3 nicht erfüllen, nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden (Kap. I, Nr. 4).

So lagen die Dinge hier. Die Anerkennung des klägerischen Bestandes als tuberkulosefrei war ausgesetzt, so dass die Rohmilch nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde, hier des Landratsamtes Oberallgäu (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GDVG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG) verwendet werden durfte. Die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. V Ziff. 2.2 ausgesprochene Genehmigung der Abgabe der Milch nach einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren entsprach Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 3 a zur Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Die Benennung eines zur Übernahme der behandelten Rohmilch bereiten weiterverarbeitenden Betriebs in Nr. V Ziff. 2.2 Satz 2 der genehmigenden Verfügung begünstigte den Kläger, weil sie ihm die Suche nach einem geeigneten und übernahmebereiten Betrieb ersparte.

Mit der nunmehrigen Bezeichnung der einschlägigen Rechtsgrundlagen (anstatt § 39 LFGB, wie das Verwaltungsgericht meinte) wird die angefochtene Regelung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides nicht verändert. Ein Entschließungsermessen besteht gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zur Frage des Einschreitens ohnehin nicht, für ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahme ist angesichts des klaren Wortlautes der einschlägigen Bestimmungen in Anhang III Abschn. IX Kap. I der vorgenannten Verordnung nichts ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn auch kurz, und mit einem Schreibfehler behaftet (Verordnung (EG) Nr. 852/2004 statt 853/2004), auf die einschlägigen Vorschriften dieses Anhanges III Abschn. IX Kapitel I bezogen. Ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist (oder wie hier war), entscheidet der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Er muss bei seiner Beurteilung von sich aus alle ihm bekannten Tatsachen und Rechtsgrundlagen berücksichtigen, gleichgültig, ob sie von den Beteiligten vorgetragen worden sind (vgl. Eyermann, VwGO, a. a. O., § 113 Rn. 22). Insoweit sind auch die teils unmittelbar geltenden und verdrängenden Bestimmungen des Unionsrechts - hier auch des Hygienerechts - heranzuziehen.

Schließlich bedurfte es keiner Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu den vom Kläger als vorlagebedürftig aufgeworfenen Fragen nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV -, weil das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG vom 10.10.1997 NVwZ-RR 1998, 752/754; vom 14.12.1992 NVwZ 1993, 770; vom 15.1.1992 BVerwG 3 B 2/92; vom 20.3.1986 BVerwG 3 B 3/86; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41). Durch die Entscheidung des Senats, von einer solchen Vorlage abzusehen, wird Verfahrensrecht nicht verletzt (BVerwG vom 10.10.1997 a. a. O.).

Abgesehen davon bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und die vom Kläger zu einer Vorabentscheidung gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Denn die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellen sich so nicht oder sind eindeutig zu beantworten. Auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Berufungserwiderung vom 22. September 2014 - dort Seiten 17 bis 19 - wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Ist das Ergebnis der Tuberkulinprobe bei einem Rind zweifelhaft im Sinne der Nummer 2.2.5.3.1 Buchstabe b oder der Nummer 2.2.5.3.2 Buchstabe b des Anhangs B der Richtlinie 64/432/EWG, so sind

1.
das betroffene Rind
a)
zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und,
aa)
soweit pathologisch-anatomische Veränderungen festgestellt werden, die auf Tuberkulose hindeuten,
aaa)
die veränderten Organe und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren und
bbb)
Teile der Lunge, die Tonsillen und die Retropharyngeal-, Lungen-, Darm-, Leber-, Nieren- und Euterlymphknoten, soweit sie keine Veränderungen aufweisen, zu entnehmen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren,
oder,
bb)
soweit keine pathologisch-anatomischen Veränderungen festgestellt werden, die auf Tuberkulose hindeuten, Teile der Lunge, die Tonsillen, die Retropharyngeal-, Lungen-, Darm-, Leber-, Nieren- und Euterlymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren, oder
b)
mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder
c)
mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen und
2.
alle über sechs Wochen alten, noch nicht mittels Tuberkulinprobe untersuchten Rinder des Bestandes mittels Tuberkulinprobe zu untersuchen.
Für den Fall, dass die Untersuchung der pathologisch-anatomisch veränderten Organe und der dazu gehörenden Lymphknoten nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa mit negativem Ergebnis durchgeführt worden ist, sind die nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe bbb entnommenen Teile der Lunge, Tonsillen und Lymphknoten mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen. Bis zum Abschluss der Untersuchungen nach Satz 1 Nummer 2 dürfen die Tiere aus dem Gehöft oder von dem sonstigen Standort nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde entfernt werden; dies gilt nicht, wenn die Tiere unter amtlicher Kontrolle zur Schlachtung verbracht werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.