Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2018 - 11 CS 18.1245

bei uns veröffentlicht am09.07.2018

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis und der Pflicht zur Vorlage seines Führerscheins.

Das Amtsgericht Wolfratshausen entzog dem Antragsteller mit Urteil vom 14. Dezember 2005 wegen einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 Abs. 1, Abs. 2 StGB, BAK 1,52 ‰) die Fahrerlaubnis unter Anordnung einer Sperrfrist von neun Monaten für die Wiedererteilung. Nachdem er im Wiedererteilungsverfahren der Aufforderung des Landratsamts ... (im Folgenden: Landratsamt) zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen war, lehnte das Landratsamt den Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 17. August 2007 ab.

Am 14. September 2007 erwarb der Antragsteller eine tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B. Im Führerschein, dessen Gültigkeit bis 14. September 2017 befristet ist, ist die Stadt Most als Wohnsitz eingetragen.

Am 24. August 2017 beantragte der Antragsteller die Umschreibung seiner tschechischen in eine deutsche Fahrerlaubnis der Klasse B. Auf Anfrage erhielt das Landratsamt über das Kraftfahrt-Bundesamt ein Schreiben des Bezirksamts Ú. L. vom 14. Februar 2008. Danach sieht das Ressort Verkehr und Straßenbewirtschaftung des Bezirksamts als für das Überprüfungsverfahren zuständiges Verwaltungsorgan die Bedingungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis als nicht erwiesen an, da der Antragsteller mit seinem Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis zwei Dokumente über die Bescheinigung eines zeitweiligen Aufenthalts mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten vorgelegt habe. Aufgrund dieser Tatsache hege das Verwaltungsorgan Zweifel an der Erfüllung der Aufenthaltsbedingungen auf dem Gebiet der Tschechischen Republik. Außerdem hege das Verwaltungsorgan aufgrund der Mitteilung der deutschen Behörden Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers. Allerdings habe das Bezirksamt keine eindeutige Ungesetzlichkeit festgestellt, die die Bedingungen für eine Aufhebung der Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllen würde.

Nach Anhörung lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 den Antrag auf Umschreibung der Fahrerlaubnis ab (Nr. 1), stellte die Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis fest (Nr. 2), verpflichtete den Antragsteller zur Vorlage des Führerscheins, um einen Sperrvermerk anbringen zu können (Nr. 3) und ordnete hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins den Sofortvollzug an (Nr. 4). Die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis sei unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erteilt worden und berechtige den Antragsteller nicht zum Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Am 20. Dezember 2017 legte der Antragsteller den tschechischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vor.

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller zunächst Widerspruch und dann Klage einreichen, über die das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden hat. Außerdem ließ er die Aufhebung und Aussetzung des Sofortvollzugs beantragen. Mit Bescheid vom 6. Februar 2018 ordnete das Landratsamt auch hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis den Sofortvollzug an. Daraufhin beantragte der Antragsteller auch insoweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Das Begehren sei als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auszulegen, da die Widerspruchsbehörde hierüber noch nicht entschieden habe und die Klage derzeit somit unzulässig sei. Der Antrag sei jedoch unbegründet. Es lägen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedsstaats vor, die darauf hinwiesen, dass der Antragsteller in der Tschechischen Republik einen fiktiven Wohnsitz gehabt habe. Das ergebe sich aus dem Schreiben des Bezirksamts Ústí nad Labem vom 14. Februar 2008. Das Landratsamt habe daher auch inländische Umstände berücksichtigen dürfen. Zu seinem angeblichen Aufenthalt in der Tschechischen Republik habe der Antragsteller trotz gerichtlicher Aufforderung keine substantiierten und verifizierbaren Angaben gemacht.

Zur Begründung seiner hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller im Wesentlichen vortragen, der Führerschein weise als Wohnsitz die Stadt Most aus. Das werde auch durch eine tschechische Führerscheinauskunft bestätigt. Außerdem verfüge der Antragsteller über einen gültigen tschechischen Pass und eine gültige tschechische Bürgerkarte. Das Wohnsitzerfordernis sei daher im Zeitpunkt des Führerscheinerwerbs erfüllt gewesen. Davon sei auch die ermittelnde Polizeibeamtin in ihrer an das Landratsamt gerichteten Notiz vom 31. August 2017 ausgegangen. Eine hinsichtlich der Fahrerlaubnis negative Auskunft der Stadt Most sei den Akten nicht zu entnehmen. Der Antragsteller habe im Jahr 2007 mehr als 185 Tage in einem Apartment in Tschechien gewohnt und in dieser Zeit die Fahrerlaubnis wirksam erworben. Hierfür könnten von ihm nach über zehn Jahren keine Belege mehr gefordert werden. Außerdem sei der Antragsteller im Straßenverkehr seit der Trunkenheitsfahrt am 5. November 2005 nicht mehr negativ aufgefallen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der mit Widerspruch und Klage angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Klage bleibt es damit beim Sofortvollzug hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis, die das Landratsamt nachträglich angeordnet hat (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.3.2017 – 11 CS 17.315 – NJW 2017, 2057), und hinsichtlich der Pflicht zur Vorlage des Führerscheins, um einen Sperrvermerk anzubringen, der die Inlandsungültigkeit dokumentiert (§ 47 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-VerordnungFeV] vom 13.12.2010 [BGBl I S. 1980], zuletzt geändert durch Verordnung vom 3.5.2018 [BGBl I S. 566]).

1. Das Landratsamt hat gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV zu Recht festgestellt, dass die am 14. September 2007 erteilte tschechische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtigt, hiervon in Deutschland Gebrauch zu machen.

a) Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung, gemäß § 28 Abs. 1 FeV Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62). Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lassen sich keine mit dem Begriff „unbestreitbar“ verknüpften Mindestanforderungen an die qualitative Beweis- bzw. Aussagekraft entnehmen. Vielmehr wird insoweit zunächst vorausgesetzt, dass die Informationen von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt worden sind (EuGH, a.a.O. Rn. 67, 71 f.). Die entsprechende Prüfung obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (EuGH, a.a.O. Rn. 73). Die Heranziehung der Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats setzt nicht voraus, dass sich aus ihnen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zweifelsfrei ergibt bzw. dass sie insoweit als abschließender Beweis angesehen werden können. Es genügt, wenn sie darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (EuGH, a.a.O. Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 21). Auch insofern obliegt die Bewertung den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (EuGH, a.a.O. Rn. 74).

b) Demnach war es dem Landratsamt nicht verwehrt, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller bei der Erteilung der Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – NJW 2012, 1935 Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts (hier: Most) im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (BayVGH, U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellungsstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2018 – 11 B 17.2236 – juris; B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 16), ergibt sich schon daraus, dass der Europäische Gerichtshof die gleichrangige Heranziehung von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen Erkenntnisquellen zulässt (EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10 – NJW 2012, 1935 Rn. 62).

Die vom Landratsamt über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholte Auskunft des Bezirksamts Ú. L. vom 14. Februar 2008 weist auf einen Wohnsitzverstoß bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik am 14. September 2007 hin. Danach hat der Antragsteller mit seinem Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis zwei Dokumente über die Bescheinigung eines zeitweiligen Aufenthalts mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten vorgelegt. Auch wenn die im vorgelegten Schreiben zum Ausdruck gebrachten Zweifel des Bezirksamts als Verwaltungsorgan im Rahmen des Überprüfungsverfahrens offenbar nicht für die Annahme einer eindeutigen Ungesetzlichkeit als Voraussetzung für eine Aufhebung der Fahrerlaubniserteilung nach tschechischem Recht ausgereicht haben, sind die Zweifel durch das Unterbleiben der Aufhebung nicht ausgeräumt. Die Vorlage tschechischer Meldebestätigungen, die nichts über das tatsächliche Innehaben eines dortigen Wohnsitzes durch den Antragsteller besagen, und die ohnehin für das Landratsamt nicht maßgebliche Bewertung durch die Polizeibeamtin bei deren Weiterleitung an das Landratsamt hindern dieses ebenfalls nicht daran, die Wohnsitzvoraussetzung unter Berücksichtigung inländischer Erkenntnisse näher zu überprüfen.

c) Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor, die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 75; BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10). Mit dieser Auslegung der Richtlinie 2006/126/EG und der sie umsetzenden nationalen Vorschriften werden dem Anerkennungsgrundsatz zur Vermeidung seiner rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung legitime Grenzen gezogen.

Somit sind zur endgültigen Beurteilung der Frage, ob der Führerschein den Antragsteller aufgrund des Anerkennungsgrundsatzes auch zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt, inländische Umstände ergänzend heranzuziehen. Diese ergeben, dass der Antragsteller bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt hat. Er war nach der eingeholten Auskunft der deutschen Meldebehörde durchgehend mit einem Wohnsitz im Bundesgebiet gemeldet und hat dort noch am 12. September 2007 und somit zwei Tage vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis einen deutschen Personalausweis beantragt. Auffällig ist auch die enge zeitliche Abfolge zwischen den schriftlichen Hinweisen des Landratsamts vom 8. und 13. September 2006 sowie vom 2. November 2006 auf die Notwendigkeit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im damaligen Wiedererteilungsverfahren und die angebliche Wohnsitznahme in Cheb ab 1. November 2006. Gleiches gilt für den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Fahrerlaubnis mit Bescheid des Landratsamts vom 17. August 2007 und deren Erteilung in der Tschechischen Republik am 14. September 2007. Ferner fällt auf, dass der Antragsteller dort nur bis 3. Dezember 2007 gemeldet war. Zu seinen angeblichen Wohnsitzen in Cheb und Most hat er trotz Aufforderung durch das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 25. Januar 2018 keine näheren und überprüfbaren Angaben gemacht. Insoweit trifft ihn jedoch bei Vorliegen entsprechender Hinweise aus dem Ausstellungsmitgliedstaat darauf, dass das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt ist, eine Obliegenheit, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, BayVGH, U.v. 20.3.2018 – 11 B 17.2236 – juris Rn. 30 und B.v. 29.3.2018 – 11 CS 17.1817 – juris Rn. 15, jeweils m.w.N.). Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen.

Dass der Antragsteller im Straßenverkehr seit der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet nicht mehr negativ aufgefallen ist, ändert nichts daran, dass die tschechische Fahrerlaubnis von Anfang an mit dem Mangel des Wohnsitzverstoßes behaftet war und führt somit nicht durch Zeitablauf oder häufiges Gebrauchmachen zu deren Inlandsgültigkeit.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt. Gründe

Referenzen

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Aufhebung der Nummer 3 ihres Bescheids vom 12. September 2016, mit der sie die sofortige Vollziehbarkeit der Verpflichtung zur Vorlage des polnischen Führerscheins des Antragstellers angeordnet hat.

Der Antragsteller verzichtete am 26. Mai 2008 auf seine Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alt), nachdem er am 28. Juli 2007 mit einem Blutalkoholwert von 1,99 ‰ ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hatte.

Am 1. März 2011 stellte ihm die Behörde in Most, Tschechische Republik, einen Führerschein für die Fahrerlaubnisklasse B aus. In der Spalte 10 ist als Datum der Erteilung der 1. März 2011 eingetragen.

Nachdem die Antragsgegnerin von diesem Führerschein Kenntnis erlangt hatte, holte das Kraftfahrt-Bundesamt auf ihre Bitte eine Auskunft des tschechischen Verkehrsministeriums ein. Das Ministerium teilte am 28. Februar 2014 mit, der Führerschein sei gültig. Hinsichtlich der Fragen nach einem Wohnort für 185 Tage im Jahr, Familienangehörige, Unterkunft usw. ist jeweils „unbekannt“ angekreuzt. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 24. März 2015 auf, den tschechischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dem kam der Antragsteller nicht nach.

Mit Schreiben vom 6. April 2016 teilte das tschechische Verkehrsministerium mit, der Antragsteller habe seinen tschechischen Führerschein in einen polnischen Führerschein umgetauscht. Aus einem Auszug aus dem Europäischen Fahrzeug- und Fahrerlaubnis-Informations-System (Eucaris) ergibt sich, dass die Behörde Starosta Opolski dem Antragsteller am 21. April 2015 einen polnischen Führerschein mit der Nummer 00472151609 ausgestellt hat, der eine Fahrerlaubnis der Klasse B, erteilt am 1. März 2011, mit der Schlüsselzahl 70 bescheinigt.

Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 26. April 2016 auf, den polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Mit Bescheid vom 12. September 2016 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die polnische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen (Nr. 1 des Bescheids). Sie verpflichtete den Antragsteller, den am „24. April 2015“ ausgestellten polnischen Führerschein mit der Nummer 00472151609 unverzüglich vorzulegen (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nummer 2 des Bescheids an (Nr. 3). Unter Nummer 6 drohte sie ein Zwangsgeld für die Nichtvorlage des unter Nummer 1 genannten Führerscheins an. Zur Begründung des Sofortvollzugs führte die Antragsgegnerin aus, diese liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, da der Antragsteller ansonsten den ausländischen Führerschein missbräuchlich verwenden könne.

Über die gegen den Bescheid vom 12. September 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg noch nicht entschieden (Az: Au 7 K 16.1445). Auf den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2017 Nummer 3 des Bescheids vom 12. September 2016 aufgehoben und den Antrag im Übrigen abgelehnt.

Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht aus, die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht hinreichend begründet i.S.d. § 80 Abs. 3 VwGO. Es fehlten Erwägungen dazu, weshalb nur die Pflicht zur Vorlage des Führerscheins, nicht aber die Feststellung, dass der polnische Führerschein den Antragsteller nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige, für sofort vollziehbar erklärt worden sei.

Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 18. August 2010 (11 CS 10.785) geltend, die Behörde müsse keinen feststellenden Verwaltungsakt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassen. Es sei daher unerheblich, wenn dieser Verwaltungsakt nicht für sofort vollziehbar erklärt werde und die Anfechtungsklage dagegen aufschiebende Wirkung habe. Die fehlende Fahrberechtigung ergäbe sich ohnehin aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerde-verfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts im Ergebnis rechtswidrig wäre.

Die Anordnung des Sofortvollzugs der Pflicht zur Vorlage des polnischen Führerscheins leidet allerdings nicht an einem Begründungsmangel nach § 80 Abs. 3 VwGO, sondern es fehlt an der sofortigen Vollziehbarkeit der in Nummer 1 des Bescheids getroffenen Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung, die zur sofortigen Durchsetzung der Vorlagepflicht aber erforderlich ist.

Es trifft zwar zu, dass nach § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), ein feststellender Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung nach § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV nicht zwingend erlassen werden muss, sondern im Ermessen der Behörde steht (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 28 FeV Rn. 56; Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 28 FeV Rn. 45). Das Ermessen ist jedoch intendiert, sobald ein Feststellungsinteresse besteht, also regelmäßig dann, wenn unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob der EU-Führerschein anzuerkennen ist oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2016 - 11 CE 16.15 - juris Rn. 11; Dauer a.a.O. Rn. 56). Im Rahmen der Ermessensausübung ist auch zu berücksichtigen, dass die Feststellung über die fehlende Fahrberechtigung nach § 28 Abs. 3 Nr. 6 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl I S. 2722), und § 59 Abs. 1 Nr. 9 FeV in das Fahreignungsregister eingetragen werden kann, während die bloße Anordnung der Vorlage des EU-Führerscheins keine solche Eintragung erlaubt. Außerdem wird in der strafgerichtlichen Rechtsprechung zumindest für bestimmte Fallgestaltungen der Erlass eine feststellenden Verwaltungsakts nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV für notwendig erachtet, um eine Tatbestandswirkung für § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG (Fahren ohne Fahrerlaubnis) zu begründen (vgl. AG Bünde, B.v. 1.2.2016, 1 Ds 545/15 - juris Rn. 92).

Wird jedoch ein feststellender Verwaltungsakt nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassen und dieser mit Widerspruch oder Anfechtungsklage angegriffen, so besteht nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV nur dann eine Pflicht zur Vorlage des ausländischen Führerscheins, wenn die Feststellung über die fehlende Fahrberechtigung für sofort vollziehbar erklärt worden ist. Nur in diesem Fall ist der Betreffende nach § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV zur Vorlage seines EU-Führerscheins verpflichtet und diese Pflicht kann ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2016 - 11 CS 16.1084, v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230, v. 7.2.2017 - 11 CS 16.2562 - alle in juris).

Die Auffassung des Senats in seinem Beschluss vom 18. August 2010 (11 CS 10.785 - juris), dass bei fehlender sofortiger Vollziehbarkeit der Feststellung über die fehlende Fahrberechtigung die Rechtslage so zu bewerten ist, als wäre der feststellende Verwaltungsakt nicht erlassen worden, kann nach der Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung durch die Erste Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 17. Dezember 2010 (BGBl I S. 2279) nicht aufrecht erhalten werden. Mit dieser Änderung wurde in § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV zusätzlich zu dem Fall der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Möglichkeit der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung eingefügt. Damit gilt auch hinsichtlich der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung die Verweisung in § 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FeV auf § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV. Danach besteht die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung (hier: ihrer Feststellung) angeordnet hat. Im Umkehrschluss besteht keine durchsetzbare Vorlagepflicht, wenn die Verfügung angefochten und insoweit kein Sofortvollzug angeordnet worden ist.

Die Begründung zur Ersten Änderungsverordnung (BR-Drs. 580/10, S. 28) bestätigt dieses Ergebnis. Danach sollen die Verfahrensregelungen in § 47 FeV an die neue Möglichkeit, bezüglich der Gültigkeit ausländischer Fahrerlaubnisse in Deutschland einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Fahrberechtigung zu erlassen, angepasst werden. Daraus ist ersichtlich, dass das Verfahren bei der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung dem Verfahren bei der Entziehung der Fahrerlaubnis angepasst werden sollte und es damit auch erforderlich ist, hinsichtlich der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung den Sofortvollzug anzuordnen, wenn die zugleich verfügte und für sofort vollziehbar erklärte Vorlagepflicht vor Bestandskraft des feststellenden Verwaltungsakts durchgesetzt werden soll.

Im Übrigen kann die fehlende Fahrberechtigung auch nur dann vor Unanfechtbarkeit des feststellenden Verwaltungsakts nach § 28 Abs. 3 Nr. 6 StVG ins Fahreignungsregister eingetragen werden, wenn diesbezüglich der Sofortvollzug angeordnet ist. Darüber hinaus werden durch die Anordnung des Sofortvollzugs Zweifel hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 21 StGB unmittelbar ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts ausgeschlossen (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 28 FeV Rn. 57). Ist nur die Vorlagepflicht sofort vollziehbar, bestünde demgegenüber die widersprüchliche Situation, dass zwar ein Sperrvermerk in den EU-Führerschein eingetragen werden könnte, die Klage gegen den feststellenden Verwaltungsakt aber aufschiebende Wirkung hat und damit weiterhin nicht verbindlich geklärt ist, ob der Betreffende von der EU-Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch machen darf. Durch die Möglichkeit des Erlasses eines feststellenden Verwaltungsakts sollte aber gerade Rechtssicherheit auch hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG geschaffen werden (vgl. Empfehlungen des Verkehrsausschusses zur Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung, BR-Drs. 851/1/08, S. 3). Deshalb erscheint es folgerichtig, dass im Falle des Erlasses eines feststellenden Verwaltungsakts die Eintragung eines Sperrvermerks nur dann erfolgen kann, wenn die Feststellung über die fehlende Fahrberechtigung sofort vollziehbar ist.

Darüber, ob der Bescheid vom 12. September 2016 in allen seinen Nummern hinreichend bestimmt ist, da in Nummer 2 ein von der Eucaris-Auskunft vom 22. April 2016 abweichendes Erteilungsdatum des polnischen Führerscheins genannt ist und in Nummer 6 ein Zwangsgeld für die Nichtvorlage des in Nummer „1“ genannten Führerscheins angedroht wird, obgleich die Vorlagepflicht in Nummer 2 des Bescheids geregelt ist und in Nummer 1 nur festgestellt wird, dass die polnische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtige, und ob die vorliegenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat einen Wohnsitzverstoß hinreichend belegen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BayVGH, B.v. 8.9.2015 - 11 CS 15.1634 - juris), braucht deshalb hier nicht entschieden zu werden.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 1.7.1 entsprechend und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/ Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14), da nur noch der Sofortvollzug hinsichtlich der Vorlagepflicht im Streit steht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Eine Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Staaten aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt. Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält.

(2) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhalten, behalten ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.

(3) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hatten und die sich ausschließlich wegen des Besuchs einer Hochschule oder Schule im Inland aufhalten, begründen keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn die Dauer des Aufenthalts mindestens sechs Monate beträgt.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Inlandsungültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B.

Ihm wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 27. Juli 2006, Az. 2 Cs 104 Js 4414/06, die Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration - BAK - von 1,73 ‰) entzogen. Zu einer Neuerteilung kam es nicht, weil der Kläger kein positives Fahreignungsgutachten vorlegen konnte.

Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle am 19. Januar 2010 legte er einen am 13. August 2009 in M. (Tschechische Republik) ausgestellten Führerschein der Klassen A und B vor. Während der Kontrolle sei starker Alkoholgeruch festgestellt worden. Die Blutprobe habe eine BAK von 0,87 ‰ aufgewiesen.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2012 stellte das Landratsamt K. (im Folgenden: Landratsamt) nach vorheriger Anhörung fest, dass der Kläger nicht berechtigt sei, mit seinem tschechischen Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen (Nr. 1). Weiter verpflichtete es den Kläger, seinen tschechischen Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids zum Zwecke der Eintragung des Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen worden sei und daher die nach dem 19. Januar 2009 erworbene tschechische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden müsse.

Der Kläger erhob Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem zuletzt gestellten Antrag,

den Bescheid vom 23. Januar 2012 aufzuheben.

Das Landratsamt übermittelte mit Schreiben vom 5. Juni 2012 eine Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit (im Folgenden: Gemeinsames Zentrum) vom 21. Mai 2012 und hielt im Hinblick darauf weiter am streitgegenständlichen Bescheid fest, da der Kläger laut Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik nur in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 in M. gemeldet gewesen sei und somit bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009 gegen das Wohnsitzprinzip verstoßen worden sei.

Der Kläger legte eine Ablichtung einer Bestätigung des tschechischen „MINISTERSTVO VNITRA“ vom 30. Juli 2012 (Bl. 51 d. Gerichtsakte) vor; er habe danach im Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 seinen Wohnsitz in Tschechien, M., gehabt.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichts teilte das Gemeinsame Zentrum mit Schreiben vom 23. August 2012 mit, dass eine nochmalige Überprüfung der tschechischen Einwohnermelde-/Ausländermeldedatei die im Schreiben vom 21. Mai 2012 mitgeteilten Auskünfte bestätige. Der Kläger sei vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 in M. gemeldet gewesen. Über weitere offizielle Wohnsitznahmen in Tschechien lägen keine Dateieinträge vor. Weiterhin gehe aus den Auskunftsdateien hervor, dass der Kläger im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für Tschechien, gültig vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009, gewesen sei. Laut Auskunft der tschechischen Polizei werde eine Wohnsitznahme in Tschechien von Amts wegen gelöscht, wenn festgestellt werde, dass der Wohnsitznehmer sich nicht mehr an dieser Anschrift aufhalte. Hier handle es sich um ein Verwaltungsverfahren, bei welchem im Anschluss auch die tschechische Aufenthaltserlaubnis für ungültig erklärt und zur Fahndung ausgeschrieben werde. Dadurch komme es zu einer zeitlichen Verzögerung der Wohnsitzlöschung und Ungültigkeitserklärung der tschechischen Aufenthaltserlaubnis. Hinsichtlich der in Kopie übermittelten tschechischen Bestätigung könne von einem offiziellen Dokument ausgegangen werden. Eine Prüfung der tschechischen Auskunftsdateien in Bezug auf berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Klägers in Tschechien sei ohne Ergebnis verlaufen.

Mit Schriftsatz vom 26. September 2012 trug der Klägerbevollmächtigte vor, auch auf der Grundlage der Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums vom 23. August 2012 bestehe noch ergänzender Klärungsbedarf. Unbestreitbar stehe zunächst fest, dass der Kläger bei seiner Wohnsitznahme im tschechischen M. ab Februar 2009 dort gemeldet gewesen sei. Eine Abmeldung durch den Kläger selbst sei vor Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis (bis 20.11.2009) nicht erfolgt. Ob ein in der Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums erwähntes Amtslöschungsverfahren durchgeführt worden sei, sei näher aufklärungsbedürftig. Ferner sei auch eine unmittelbare Beschaffung der tschechischen Einwohnermelde-/Ausländermeldedateien geboten und möglich zur näheren Klärung, worauf eine mitgeteilte Wohnsitzmeldebeendigung per 20. Juli 2009 beruhe. Zweifel hieraus resultierten bereits daraus, dass in Tschechien bei Erteilung einer Fahrerlaubnis (vorliegend am 13.8.2009) regelmäßig auch das Bestehen eines Wohnsitzes geprüft werde. Ergänzend sei noch mitzuteilen, dass der Kläger verheiratet sei, von seiner Ehefrau jedoch bereits seit Oktober 2006 getrennt lebe und vor kurzem von ihr geschieden worden sei. Der Kläger habe keine Kinder. Er sei seit 1. Januar 1998 Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer Firma; die Leitung deren Geschäfte sei aufgrund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten auch vom Ausland aus möglich.

Mit weiterem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 16. Oktober 2012 legte der Kläger eine beglaubigte Übersetzung der tschechischen Bestätigung vom 30. Juli 2012 vor und machte geltend, bei dieser handle es sich nicht um die Bestätigung einer abstrakten Aufenthaltserlaubnis, sondern um eine Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsbestätigung für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 mit Angabe der Wohnsitzadresse des Klägers in M.

Auf Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichts hin teilte die beauftragte Übersetzerin für Tschechisch unter dem 30. Oktober 2012 mit, dass die vom Kläger vorgelegte Übersetzung unvollständig sei, da die deutsche Entsprechung des Begriffs „povolený“, der mit „erlaubt“, „genehmigt“ bzw. zusammen mit dem Wort „pobyt“ als „Aufenthaltserlaubnis“ oder „Aufenthaltsgenehmigung“ zu übersetzen sei, in den markierten Zeilen der gefertigten Übersetzung nicht enthalten sei. Gemäß der von der beauftragten Übersetzerin gefertigten Übersetzung der Bestätigung des Ministeriums des Innern der Tschechischen Republik, Bereich Asyl- und Migrationspolitik, Abteilung Aufenthalt von Ausländern C., vom 30. Juli 2012 lauten die für die vorliegende Sache entscheidungserheblichen Passagen wie folgt:

„Hatte auf dem Gebiet der Tschechischen Republik einen erlaubten Aufenthalt vorübergehend vom 09.02.2009 bis 20.11.2009; zwecks: Sonstiges; unter der Adresse: Tr. B., M.“

Der Kläger teilte mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. November 2012 mit, Anlass für die Wohnsitznahme in Tschechien sei die Trennung des Klägers von seiner Ehefrau und eine aufgenommene private Beziehung zu einer tschechischen Staatsbürgerin gewesen; gleichzeitig habe der Kläger auch Geschäftskontakte für etwaige Aufträge aus Tschechien für seine GmbH eruieren wollen.

Das Verwaltungsgericht wies den Kläger mit Schreiben vom 28. November 2012 darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die nationalen Gerichte den Sachverhalt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu bewerten hätten, und forderte ihn auf, sein Vorbringen durch Vorlage ergänzender Unterlagen glaubhaft zu machen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. November 2012 machte der Kläger insoweit geltend, der Rechtsprechung des EuGH könne nicht entnommen werden, dass dem Kläger die Darlegungs- und Beweislast dahingehend obliege, dass er seinen Wohnsitz in Tschechien gehabt habe.

Mit Urteil vom 11. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Laut Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik habe der Kläger nur vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 einen Wohnsitz gehabt, also nicht bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009. Auskünfte des Gemeinsamen Zentrums seien Informationen aus dem Ausstellermitgliedstaat. Die vom Kläger vorgelegte Aufenthaltserlaubnis für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 20. November 2009 könne den Wohnsitz für diesen Zeitraum nicht belegen, sondern nur die Erlaubnis zum Aufenthalt im genannten Zeitraum und unter der angegebenen Adresse. Der Kläger habe das Bestehen eines Wohnsitzes im maßgeblichen Zeitraum auch nicht glaubhaft gemacht, obwohl er vom Gericht ausdrücklich auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen worden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 20. März 2014 zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf die Zulassungsbegründung im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe der Bestätigung der Ausländerbehörde C. nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen. Diese weise ausdrücklich eine Meldung des Klägers mit Wohnsitz in M. vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 aus, unterscheide dabei zwischen der Aufenthaltserlaubnis und der tatsächlichen Wohnsitzmeldung unter der konkret angebenden Adresse. Die Bestätigung sei auf Anforderung des Klägers am 30. Juli 2012 ausgestellt worden und beschreibe die Meldesituation des Klägers in der Vergangenheit. Der Kläger habe sich beim Einwohnermeldeamt angemeldet und sich nicht vorzeitig wieder abgemeldet; auch sei kein Amtslöschungsverfahren durchgeführt worden. Ferner habe das Verwaltungsgericht rechtliche Hinweise insbesondere auf eine dem Kläger obliegende Beweisführungspflicht unterlassen, so dass der Kläger keine Unterlagen über die Meldung vorgelegt habe. Auch wäre dann ein Beweisantrag, z. B. auf Vernehmung des Bereichsleiters der Ausländerbehörde C., gestellt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11. Juni 2013 und den Bescheid des Landratsamts K. vom 23. Januar 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat wies den Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2015 auf die Bedeutung einer Meldebescheinigung des Ausstellermitgliedstaats, auf die Mitwirkungspflicht des EU-Fahrerlaubnisinhabers und den Umfang der Darlegungspflicht bei Behauptung eines Wohnsitzes ohne einwohnermelderechtliche Bestätigung nach der obergerichtlichen Rechtsprechung hin und gab ihm auf, bis spätestens 23. Februar 2015 Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen sowie Urkunden vorzulegen, dass er am Tag der Erteilung der tschechischen EU-Fahrerlaubnis am 13. August 2009 entgegen der einwohnermelderechtlichen Situation dennoch einen Wohnsitz im Sinne von Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl. L 403 S.18) innegehabt hat.

Der Kläger wies mit Schriftsatz vom 6. März 2015 innerhalb verlängerter Frist zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH hin, wonach die Nachprüfung des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen durch den Aufnahmemitgliedstaat nur eingeschränkt zulässig sei. Hier lägen einander widersprechende Informationen des Ausstellermitgliedstaats vor. Im Übrigen habe der Kläger, nachdem sich die Trennung von seiner Ehefrau als dauerhaft herausgestellt, und er eine tschechische Staatsbürgerin kennengelernt habe, mit der er eine längere Beziehung erwartet habe, im Februar 2009 in der Tschechischen Republik eine Wohnung angemietet und sich dort auch schwerpunktmäßig aufgehalten. Der Mietvertrag sei nicht mehr auffindbar. Die Abmeldung des Wohnsitzes in Deutschland sei lediglich fahrlässigerweise unterblieben. Die Leitung seiner Firma sei auch von M. aus durch die modernen Telekommunikationsmittel möglich gewesen, so dass seine Anwesenheit in M. an zwei bis drei Tagen im Monat ausreichend gewesen sei. Ferner habe die Firma über einen angestellten Elektromeister verfügt. Für ihn sei der Aufenthalt in Tschechien auch eine Art beruflicher Auszeit gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Über die zulässige Berufung konnte der Verwaltungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 8. und 9. April 2015 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2012 zu Recht abgewiesen. Er ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).

Der Kläger ist gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung - FeV) in der hier anwendbaren, am 23. Januar 2012 geltenden Fassung vom 18. August 1998 (BGBl I S. 2214), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. Dezember 2010 (BGBl I S. 2279), nicht berechtigt, von seiner ihm in der Tschechischen Republik am 13. August 2009 erteilten Fahrerlaubnis im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. In analoger Anwendung von § 3 Abs. 2 Satz 3 Straßenverkehrsgesetz - StVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2011 (BGBl I S. 1378), und gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 und 2 FeV a. F. ist er daher, wie im streitgegenständlichen Bescheid verfügt, verpflichtet, seinen Führerschein zum Eintrag eines entsprechenden Sperrvermerks vorzulegen.

Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt das Recht, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler i. S. d. § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Diese Bestimmungen entsprechen EU-Recht. Einen Aufenthalt als Studierender oder Schüler macht der Kläger nicht geltend.

Obwohl in dem tschechischen Führerschein des Klägers ein Wohnort in der Tschechischen Republik eingetragen ist, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund unbestreitbarer Auskünfte des Ausstellungsmitgliedstaats und ergänzend aufgrund inländischer Umstände unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags fest, dass das Wohnsitzerfordernis tatsächlich nicht erfüllt war.

1. Im Führerschein des Klägers wurde zwar ein Wohnsitz in der Tschechischen Republik ausgewiesen, allerdings im Widerspruch zu den melderechtlichen Verhältnissen.

Der Europäische Gerichtshof hat in seinen bislang ergangenen führerscheinrechtlichen Entscheidungen nicht festgestellt, dass durch die Eintragung eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Orts im Führerschein die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG L 403 S.18) positiv und in einer Weise bewiesen wird, die die Behörden und Gerichte anderer Mitgliedstaaten der Union als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen haben. In seinem Urteil vom 26. April 2012 (Hofmann, C-419/10 - Blutalkohol 49, 256) hat der Gerichtshof sogar die Verpflichtung der Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats herausgestellt, zu prüfen, ob der Inhaber einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis zur Zeit des Erwerbs seines Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat hatte. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, wären die deutschen Behörden befugt, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins abzulehnen.

Damit der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen (Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG) durchbrochen werden darf, müssen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings entweder Angaben aus dem zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Führerschein enthaltene Wohnsitzangabe nicht zutrifft. Bereits im Beschluss vom 9. Juli 2009 (Wierer, C-445/08 - NJW 2010, 217) hat der Europäische Gerichtshof ausgesprochen, dass der Aufnahmemitgliedstaat in diesem Zusammenhang nicht auf jene Informationen beschränkt ist, die der Ausstellungsmitgliedstaat in den Führerschein aufnimmt oder sonst von sich aus zur Verfügung stellt; die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats sind vielmehr berechtigt, von sich aus Informationen von einem anderen Mitgliedstaat einzuholen (ebenso EuGH, U.v. 1.3.2012, Akyüz, C-467/10, Rn. 72 - BayVBl 2012, 561). Da die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG verpflichtet sind, einander bei der Durchführung dieser Richtlinie zu unterstützen, und sie im Bedarfsfall Informationen über die von ihnen ausgestellten, umgetauschten, ersetzten, erneuerten oder entzogenen bzw. registrierten Führerscheine auszutauschen haben, korrespondiert mit dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes des Inhabers einer EU-Fahrerlaubnis im Erteilungszeitpunkt zu erkundigen, eine Verpflichtung dieses Staats, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2012 - 11 B 10.2427 - NZV 2013, 259).

Die Informationen der Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats sind von den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats daraufhin zu bewerten, ob diese „unbestreitbar“ sind, und ob sie belegen, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellungsmitgliedstaates hatte (vgl. zu dieser doppelten Prüfungspflicht der nationalen Gerichte EuGH, U.v. 1.3.2012 a. a. O. Rn. 74). Ergänzend zu den vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen dürfen die nationalen Gerichte des Aufnahmemitgliedstaates alle Umstände eines vor ihnen anhängigen Verfahrens berücksichtigen.

Aus einer im Verwaltungsverfahren oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Ausstellungsmitgliedstaat eingeholten Meldebescheinigung können sich unbestreitbare Informationen darüber ergeben, dass der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dort zum Zeitpunkt der Erteilung nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte (vgl. OVG NW, U.v. 17.1.2014 - 16 A 1292/10 - juris). Eine solche Meldebescheinigung liegt hier vor. Danach hat der Kläger nur vom 9. Februar 2009 bis 20. Juli 2009 einen Wohnsitz in der Tschechischen Republik innegehabt, also nicht bei Erteilung der Fahrerlaubnis am 13. August 2009. Die tschechischen Dienstkräfte des Gemeinsamen Zentrums haben unmittelbar Zugriff auf die zentrale Einwohnermeldedatei; eine andere Meldesituation als in der zentralen Einwohnermeldedatei ausgewiesen kann nicht vorliegen. Die vom Kläger verlangte weitere Aufklärung durch eine Anfrage bei der Stadt M. und die Vorlage von etwaigen Meldeunterlagen kann nichts anderes ergeben.

Die Bestätigung der Ausländerbehörde C. vom 30. Juli 2012 ist nicht geeignet, die einwohnermelderechtliche Information des Gemeinsamen Zentrums in Frage zu stellen.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass die vom Gemeinsamen Zentrum erlangte Information, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Ausstellung seines tschechischen Führerscheins am 13. August 2009 nicht mehr in Tschechien gemeldet gewesen sei, durch die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Ausländerbehörde C. vom 30. Juli 2012 deshalb nicht in Frage gestellt werde, weil die vorgelegte Bestätigung lediglich bescheinige, dass der vorübergehende Aufenthalt des Klägers unter der angegebenen Anschrift für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 erlaubt gewesen sei, nicht aber, dass der Kläger sich in dem genannten Zeitraum auch in M. aufgehalten habe. Für die Dauer des gemeldeten Aufenthalts des Klägers maßgebend seien vielmehr die vom Gemeinsamen Zentrum eingeholten Auskünfte aus dem Einwohnermelderegister der Tschechischen Republik.

Der Senat hat bereits in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil (v. 15.10.2012 - 11 B 12.1178 - juris Rn. 31) zur unterschiedlichen Bedeutung von ausländerrechtlicher Bestätigung und melderechtlicher Auskunft ausgeführt, dass, wenn im tschechischen Fremdenregister zur Person des Klägers ein vorübergehender Aufenthalts als „EU-Angehöriger“ eingetragen ist, dieser Zeitraum der ausländerbehördlichen Erfassung nicht mit der einwohnermelderechtlichen Erfassung gleichgesetzt werden kann. Aus der Dauer der ausländerbehördlichen Erfassung ergebe sich nicht, dass der Kläger während dieses gesamten Zeitraums seinen ordentlichen Wohnsitz in dem Land gehabt habe.

In Fällen, in denen die erteilte Aufenthaltserlaubnis einen anderen Zeitraum ausweist als die einwohnermelderechtliche Erfassung liegen keine sich widersprechenden unbestreitbaren Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vor. Die Aufenthaltserlaubnis hat einen anderen Zweck als die Meldung eines Wohnsitzes bei der Einwohnermeldebehörde. Bei ersterer kommt es nicht darauf an, wo der Ausländer während seines erlaubten Aufenthalts wohnt; schließlich muss er sich trotz Erlaubnis nicht im Land aufhalten. Die in der Aufenthaltserlaubnis genannte Adresse hat allenfalls den Zweck, den Ausländer unter einer bestimmten Anschrift zu erreichen, oder z. B. um zu überprüfen, ob sich der Ausländer nach Ablauf der Erlaubnis noch im Land aufhält. Die Angabe der Adresse beim Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat nicht den Zweck, nachzuweisen, dass der Betreffende eine Wohnung im Sinne des Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innehat. Anders verhält es sich bei der Meldung beim Einwohnermeldeamt. Diese Meldung ist zunächst eine vom Betroffenen gegenüber den zuständigen Behörden in der Regel in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht abgegebene Erklärung, einen Wohnsitz unter einer angegebenen Adresse innezuhaben. Eine solche Erklärung einer Person kann in der Regel nur von der Meldebehörde geprüft werden, sei es weil sie die Meldedaten aller Personen unter der angegebenen Adresse kennt und/oder weil sie über die örtlichen Gegebenheiten Bescheid weiß.

Es kann offen bleiben, in welcher Weise es zur Abmeldung des Klägers zum 20. Juli 2009 kam; denn es kommt nicht darauf an, ob er sich selbst abgemeldet hat oder vom Amts wegen abgemeldet wurde. In beiden Fällen bestand kein gemeldeter Wohnsitz mehr. Eine Zeugenvernehmung des Bereichsleiters der Ausländerbehörde C. kann insoweit keine neuen Erkenntnisse bringen, als die bekannten, nämlich, dass der Kläger bei der Ausländerbehörde für den Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 unter der Adresse „gemeldet“ war. Die rechtliche Beurteilung dieser Meldung im Hinblick auf die Einhaltung der Wohnsitzvoraussetzung ist von den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats vorzunehmen. Der Kläger hat auch keine Anmelde- oder Abmeldebestätigungen vorgelegt, die etwas anderes auswiesen.

Es steht daher nach unbestreitbaren Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat fest, dass der Kläger bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 13. August 2009 keinen gemeldeten Wohnsitz in der Tschechischen Republik hatte.

2. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. U.v. 25.3.2013 - 11 B 12.1068 - juris Rn. 28) ist von der Nichteinhaltung der Wohnsitzvoraussetzung auszugehen, wenn die EU-Fahrerlaubnis zu einem Zeitpunkt erworben wurde, zu dem der Fahrerlaubnisinhaber ausweislich einer behördlichen Mitteilung des Ausstellungsmitgliedstaats dort nicht mehr einwohnermelderechtlich gemeldet war und ein substantiierter Gegenvortrag des Betroffenen nicht vorliegt.

Aus dem Fehlen eines gemeldeten Wohnsitzes ergibt sich noch nicht ohne weiteres, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht eingehalten ist. Die Meldedaten sagen nichts Unwiderlegbares darüber aus, ob jemand tatsächlich einen Wohnsitz unter der gemeldeten Adresse unterhält. So ist es möglich, dass eine Person unter einer bestimmten Adresse mit Wohnsitz gemeldet ist, dort aber tatsächlich nicht wohnt, und es ist ebenso möglich, dass jemand eine Wohnung im Sinne des Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innehat, dort aber nicht gemeldet ist.

Legt der Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis dar, dass entgegen der vom Ausstellungsmitgliedstaat erteilten Informationen über melderechtliche Gegebenheiten die Wohnsitzvoraussetzung des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG bei Erteilung der EU-Fahrerlaubnis im Ausstellungsmitgliedsstaat erfüllt war, ist hierüber nach allgemeinen Beweisregeln zu befinden. Dabei obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber‚ substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den beruflichen und persönlichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden (BVerwG, B. v. 22.10.2014 - 3 B 21.14 - juris Rn. 3; U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 30). Soweit es ein Beteiligter unterlässt, zur Klärung der ihn betreffenden, insbesondere der für ihn günstigen Tatsachen beizutragen, gebietet es auch der Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nicht, allen nur denkbaren Möglichkeiten nachzugehen.

Das Verwaltungsverfahren kennt zwar ebenso wie der Verwaltungsprozess grundsätzlich keine Behauptungslast und Beweisführungspflicht, da Behörden und Verwaltungsgerichte den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln haben (vgl. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO)‚ jedoch sollen die Beteiligten bei der Sachaufklärung gemäß Art. 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayVwVfG mitwirken bzw. sind sie hierzu nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO heranzuziehen. Unterlässt es ein Beteiligter aber ohne zureichenden Grund, seinen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, obwohl ihm das ohne weiteres möglich und zumutbar ist und er sich der Erheblichkeit der in Rede stehenden Umstände bewusst sein muss, kann dieses Verhalten je nach den Gegebenheiten des Falles bei der Beweiswürdigung zu seinen Lasten berücksichtigt werden (vgl. zum Verwaltungsverfahren Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 26 Rn. 40 f. und 43 f., § 24 Rn. 12a ff. und 50; zum Verwaltungsprozess s. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 86 Rn. 11 f., § 108 Rn. 17). Denn die gerichtliche Aufklärungsverpflichtung findet ihre Grenze in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2013 a. a. O. Rn. 31). Grundsätzlich hat jeder Prozessbeteiligte den Prozessstoff umfassend vorzutragen, also auch bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken; das gilt insbesondere für die „in seine Sphäre fallenden Ereignisse“ (Kopp/Schenke a. a. O. § 86 Rn. 11 m. w. N.). Denn gerade dann, wenn ein Beteiligter sich nicht klar und eindeutig zu Gegebenheiten äußert, die seine eigene Lebenssphäre betreffen und über die er deshalb besser als der Verfahrensgegner Bescheid wissen muss, darf ein Gericht im Rahmen der sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Befugnis zur freien Beweiswürdigung das prozessuale Erklärungsverhalten eines Beteiligten berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2006 - 11 CS 05.2853 - Rn. 31).

Als ordentlicher Wohnsitz gilt gemäß Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die eine enge Beziehung zwischen Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Ein ordentlicher Wohnsitz ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Person im Laufe eines Jahres zeitlich überwiegend dort wohnt, und dass das aufgrund persönlicher sowie ggf. beruflicher Bindungen geschieht (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2013 - 11 B 12.1314 - juris Rn. 28).

Der Senat hat im Beschluss vom 3. Juni 2013 (11 CE 13.738 - juris Rn. 12 ff.) zu einem solchen Wohnsitznachweis ausgeführt:

„Der Betroffene muss somit je nach den Umständen des Einzelfalls darlegen, an welchem Ort, unter welcher Adresse und in welchen Zeiträumen er den Wohnsitz innegehabt haben will, warum er dort dennoch nicht gemeldet war, in welchem Umfang er sich dort tatsächlich aufgehalten hat, um welche Art von Unterkunft es sich bei der angegebenen Adresse handelt (Pension, Hotel, Mietwohnung oder Ähnliches), zu welchem Zweck sich er dort aufgehalten hat und ob er im fraglichen Zeitraum einer beruflichen Tätigkeit im Inland oder im Ausstellermitgliedstaat nachgegangen ist, und hierzu etwaige Dokumente (Mietverträge, Nachweise über den Zahlungsverkehr und über geschäftliche Tätigkeiten, Arbeitsverträge etc.) vorlegen bzw. erläutern, warum solche nicht vorliegen.

Ist der Betroffene im Inland mit einem (weiteren) Wohnsitz gemeldet oder hatte er einen tatsächlichen Wohnsitz im Inland inne, ist insbesondere darzulegen, dass es sich bei dem Wohnsitz im EU-Ausstellermitgliedstaat um einen Wohnsitz im Sinne von Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG gehandelt hat. Die Glaubhaftigkeit der Angaben hierzu setzt auch voraus, dass der Betreffende erklärt, warum er gleichzeitig im Bundesgebiet eine Wohnung innehatte, warum er dort etwaig mit Hauptwohnsitz gemeldet war, wo sich der berufliche und private Schwerpunkt befand und z. B. im Falle einer bestehenden Ehe, ob er getrennt lebte, und dass er, soweit vorhanden, Unterlagen hierzu vorlegt (Steuererklärungen, Nachweise über ausgeübte Tätigkeiten etc.)“.

Der Kläger hat nichts dargelegt, was auf einen Wohnsitz in M. in diesem Sinne hindeuten würde. Es reicht nicht aus, lediglich vorzutragen, er habe im maßgeblichen Zeitraum eine Freundin in der Tschechischen Republik gehabt und sich auch um Kontakte für die Firma in Deutschland bemüht, zumal der Kläger in der Berufung die Suche nach geschäftlichen Kontakten in der Tschechischen Republik nicht mehr erwähnt, sondern vielmehr eine „Art beruflicher Auszeit“ geltend macht. Gleichzeitig führt er aus, er habe seine Firma über moderne Kommunikationsmittel von der Tschechischen Republik aus geleitet. Das zeigt, dass seine „beruflichen Bindungen“ nach wie vor und ausschließlich in Deutschland lagen. Auch sein Aufenthaltszweck für die Tschechische Republik laut Aufenthaltserlaubnis war „Sonstiges“. Eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit hat er dort nicht angemeldet (Auskunft des Gemeinsamen Zentrums vom 23.8.2012).

Zu seinen persönlichen Bindungen in der Tschechischen Republik lässt sich der Kläger nicht näher aus. Darüber hinaus trägt er nur vor, der Mietvertrag über die Wohnung in der Tschechischen Republik liege ihm nicht mehr vor, schildert aber entgegen den Anforderungen des Senatsschreibens vom 29. Januar 2015 nicht einmal die Art der Wohnung und nennt auch nicht den Namen des Vermieters.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger, hätte er sich tatsächlich in dem Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis 20. November 2009 überwiegend in der Tschechischen Republik aufgehalten und dort eine Wohnung im Sinne von Art. 12 der EU-Richtlinie 2006/126/EG innegehabt, dies neben näherer Angaben zur Wohnung durch eine breitere Schilderung seiner Aktivitäten in der Tschechischen Republik und durch sonstige Aufenthaltsbelege, die „enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen“, vgl. Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG, ausreichend hätte darlegen können. Stattdessen stellt er - zu Unrecht - vor allem darauf ab, dass die Fahrerlaubnisbehörde ihm nicht nachgewiesen habe, dass er zum Zeitpunkt der Ausstellung der Tschechischen EU-Fahrerlaubnis am 13. August 2009 keinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik gehabt habe.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der im Jahr 1994 geborene Kläger, der noch nie Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis war, wendet sich gegen die Feststellung, dass seine polnische Fahrerlaubnis ihn nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

Am 16. Mai 2012 verwarnte ihn das Amtsgericht Landsberg am Lech nach § 14 Jugendgerichtsgesetz (JGG), erteilte ihm Weisungen (§ 10 JGG) und ordnete verschiedene Auflagen (§ 15 JGG) sowie ein Fahrverbot von zwei Monaten an. Dem lag zu Grunde, dass der Kläger ohne die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis und unter Cannabiseinfluss mit einem „frisierten“ Mofa gefahren und im Besitz von fünf Gramm Marihuana gewesen war.

Mit Bescheid vom 7. November 2013, unanfechtbar seit 12. Dezember 2013, lehnte das Landratsamt Landsberg am Lech (im Folgenden: Landratsamt) seinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ab, da er das angeordnete medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorlegte.

Die zuständige Behörde in Stettin (Szczecin), Polen, erteilte ihm am 24. Juli 2015 eine Fahrerlaubnis der Klasse B und stellte ihm eine Führerscheinkarte aus, auf der unter Nr. 8 ein Wohnsitz in Polen eingetragen ist.

Am 22. April 2016 zeigte der Kläger bei einer Verkehrskontrolle in Landsberg a. Lech den polnischen Führerschein vor und gab an, er habe die polnische Fahrerlaubnis erworben, während er für seinen Arbeitgeber in Polen auf Montage gewesen sei. Ermittlungen der Polizeiinspektion Landsberg ergaben, dass der Kläger seit dem Jahr 2009 durchgängig in Landsberg am Lech gemeldet ist. In einem an den Arbeitgeber des Klägers gerichteten Zeugenanhörungsbogen gab der dortige Personalleiter an, der Kläger sei seit 1. September 2011 dort beschäftigt und dabei noch nie in das europäische Ausland entsandt worden.

Auf Nachfrage des Kraftfahrt-Bundesamts teilte die Stadt Stettin mit, der polnische Führerschein sei gültig. Der Kläger habe vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 über einen gemeldeten Wohnsitz in Polen verfügt. Beigefügt war eine auf den 1. Juni 2015 datierte Bestätigung der Anmeldung eines bis 15. Dezember 2015 dauernden vorübergehenden Aufenthalts eines Ausländers.

Weitere Ermittlungen des Landratsamts ergaben, dass der Kläger am 14. September 2015 in Landsberg am Lech ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen hat.

Nach Anhörung stellte das Landratsamt mit Bescheid vom 28. September 2016 fest, der Kläger sei nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Das Landratsamt forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Vorlage des polnischen Führerscheins auf und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nummern 2, 3 und 4 des Bescheids). Zur Begründung ist ausgeführt, der polnische Führerschein müsse nicht anerkannt werden, da er unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erworben worden sei. Am 6. Oktober 2016 legte der Kläger seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vor.

Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Da die Rechtsbehelfsbelehrung:im Bescheid vom 28. September 2016 fehlerhaft gewesen sei, könne innerhalb eines Jahres Klage erhoben werden.

Die gegen den Bescheid vom 28. September 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Die aus Polen stammenden Informationen wiesen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bei Erteilung der Fahrerlaubnis hin. Zwar setze die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bei Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sei. Der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins seine Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen habe, sei aber ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet habe, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen. Hier habe der Kläger sich vor dem Erwerb der Fahrerlaubnis lediglich 54 Tage in Polen aufgehalten und von vornherein nur einen vorübergehenden Aufenthalt von 198 Tagen beabsichtigt.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, bei den aus Polen stammenden Erkenntnissen handele es sich nicht um unbestreitbare Informationen i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, die die Möglichkeit zur Berücksichtigung der vorliegenden inländischen Erkenntnisse eröffnen würden. Allein die Begründung eines vorübergehenden Aufenthalts und der kurz darauf erfolgte Erwerb der Fahrerlaubnis reichten als Anknüpfungstatsachen nicht aus, um die Inlandstatsachen heranziehen zu können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2017 und den Bescheid des Landratsamts Landsberg am Lech vom 28. September 2016 mit der Maßgabe, dass sich die Anfechtung nicht auf die Nummern drei und vier des Bescheids bezieht, sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 1. März 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Wohnsitzverstoß liege schon deshalb vor, da der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis noch keine 185 Tage in Polen gewohnt habe. Selbst wenn man annähme, die 185-Tage-Frist müsse im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung nicht zwingend verstrichen sein, würden unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vorliegen, die auf einen Wohnsitzverstoß schließen ließen. Mit der Anmeldebestätigung vom 1. Juni 2015 werde nur bestätigt, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt habe, sich bis 15. Dezember 2015 in Polen aufzuhalten. Wie lange er sich tatsächlich in Polen aufgehalten habe, lasse sich der Bescheinigung nicht entnehmen. Diese Umstände seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Kläger sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis in Polen angemeldet habe. Die inländischen Umstände sprächen für sich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 sind im Umfang der Anfechtung rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, da dieser Führerschein unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellt worden ist.

1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland jedoch nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18 – RL 2006/126/EG) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (und damit auch die zugrundeliegenden Fahrerlaubnisse, vgl. EuGH, U.v. 26.10.2017 – C-195/16 – ABl EU 2017, Nr. C 437, S. 8 – juris Rn. 48 f.). Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG). Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 RL 2006/126/EG achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 – und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung – erfüllt.

2. Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 –16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 a.a.O. Rn. 10; B.v. 23.1.2017 a.a.O. Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 a.a.O. Rn. 14 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Ausstellung des Führerscheins hinweisen und in Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen auf einen Wohnsitzverstoß schließen lassen.

a) Die Fahrerlaubnisbehörde ist durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein des Klägers nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats das Wohnsitzerfordernis nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 17; B.v. 19.3.2013 – 11 CS 13.407 – juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 – 11 CS 09.1934 – juris Rn. 29-36; offen gelassen in BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 (3 B 21.14 – ZfSch 2015, 58 = juris Rn. 6) nicht entnehmen. Dieser Entscheidung lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der weder vor Ausstellung des Führerscheins noch unter Berücksichtigung des nach Ausstellung des Führerscheins kurzzeitig weiter bestehenden Aufenthalts eine Aufenthaltsdauer von 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat im Kalenderjahr erreicht wurde. Auf die Frage, ob die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sein muss, kam es dort daher nicht entscheidungserheblich an. Grundsätzlich bildet jedoch der Umstand, dass sich der Betreffende – wie hier – erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse im Ausstellungsmitgliedstaat angemeldet hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29).

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Die Erklärung der Stadt Stettin – Amt für Bürgerangelegenheiten – (Urzad Miasta Szczecin) vom 23. August 2016 teilt eine Anmeldung des Klägers in Polen im Zeitraum 1. Juni 2015 bis 15. Dezember 2015 mit. Die beigefügte Bestätigung bescheinigt eine am 1. Juni 2015 vorgenommene Registrierung eines Ausländers für einen vorübergehenden Aufenthalt („Potwiedzenie zameldowania cudzoziemca na pobyt czasowy“) mit einer beabsichtigten Dauer des Aufenthalts („zamierzony czas trwania popytu od“) vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 unter einer Adresse in Stettin. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die darauf hindeutet, dass ein Wohnsitzverstoß vorliegt, denn bei einer tatsächlichen Verlegung des Wohnsitzes steht in der Regel nicht schon von vornherein fest, wie lange der Aufenthalt an dem neuen Wohnort genau andauern wird.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Entscheidung des Senats vom 22. Mai 2017 (11 CE 17.718 – juris) auch nicht zu entnehmen, dass ein Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß nur bei Bestätigung der Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland durch die Meldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats angenommen werden könnte. Hierbei handelte es sich in der genannten Entscheidung nur um einen weiteren, nicht aber um einen notwendigen Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 a.a.O. Rn. 18).

Die Zusammenschau der Informationen der polnischen Behörden ergibt hier, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob der Wohnsitz des Klägers im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 RL 2006/126/EG erfüllt hat, denn der Kläger hat sich von vornherein nur für einen knapp über 185 Tage andauernden Aufenthalt angemeldet und dann nach sehr kurzer Zeit einen Führerschein erworben. Angesichts der Notwendigkeit einer entsprechenden Fahrausbildung und -prüfung, ggf. in einer fremden Sprache, und der Tatsache, dass es für den Kläger möglich gewesen wäre, vor oder nach dem kurzen Meldezeitraum in Polen in Deutschland eine Fahrerlaubnis zu erwerben, deuten diese Umstände darauf hin, dass der Kläger die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland umgehen wollte.

b) Unter Heranziehung der Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und Berücksichtigung der inländischen Umstände steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats ein Wohnsitzverstoß bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des polnischen Führerscheins fest. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – Rn. 10). Hier spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Klägers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er während seines behaupteten Aufenthalts in Polen in Deutschland ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen und eine Arbeitsstelle innegehabt. Der Personalleiter seines Arbeitgebers hat den vom Kläger behaupteten Einsatz in Polen auf Nachfrage ausdrücklich verneint. Damit steht fest, dass sich sein Lebensmittelpunkt in Deutschland und nicht in Polen befunden hat.

c) Aufgrund dieser durchgreifenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Kläger oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48.14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 – 3 B 21.14 – DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Kläger jedoch auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht gemacht.

3. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Feststellung, dass ihn seine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, und hinsichtlich der Verpflichtung, seinen polnischen Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde zur Anbringung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Der in Deutschland geborene und wohnhafte Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis. Mit Strafbefehl vom 1. März 2004, rechtskräftig seit 17. April 2004, sprach ihn das Amtsgericht Gemünden der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig, verhängte eine Geldstrafe und ordnete eine isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) von 12 Monaten für die Fahrerlaubniserteilung an. Dem lag zugrunde, dass der Antragsteller am 30. November 2003 nach Alkoholkonsum (BAK: 1,66 ‰) mit einem Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen gefahren war. Zwei Anträge des Antragstellers auf Erteilung der Fahrerlaubnis hat das Landratsamt Main-Spessart (Fahrerlaubnisbehörde) mit Bescheiden vom 26. Oktober 2006 und vom 29. Januar 2013 abgelehnt, da der Antragsteller die von ihm geforderten Fahreignungsgutachten jeweils nicht beigebracht hatte.

Bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 26. September 2016 legte der Antragsteller einen am 13. November 2013 ausgestellten polnischen Führerschein der Klasse B vor. Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörde ergaben, dass der Antragsteller durchgehend mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelte der Fahrerlaubnisbehörde auf Anfrage über das polnische Ministerium für Infrastruktur - Abteilung Transport und Straßenverkehr - eine Auskunft der Stadt Szczecin (Stettin) vom 10. Januar 2017, wonach die erteilte polnische Fahrerlaubnis gültig sei. Fragen nach dem Aufenthalt des Antragstellers oder enger Familienangehöriger zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung, der Existenz der Unterkunft, einer beruflichen Tätigkeit, etwaigem Eigentum und etwaigen Kontakten zu öffentlichen Behörden und Sozialleistungsträgern wurden jeweils mit „unknown“ beantwortet. Der Auskunft beigefügt war eine Bescheinigung der Stadt Stettin in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 unter der Adresse W … 60/1 in Stettin bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland.

Nach Anhörung stellte die Fahrerlaubnisbehörde mit Bescheid vom 6. Februar 2017 fest, dass die polnische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtige, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen (Nr. 1), verpflichtete ihn zur Vorlage des Führerscheins zum Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit in Deutschland (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro an (Nr. 3) und ordnete hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit und der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins die sofortige Vollziehung an (Nr. 4).

Am 20. Februar 2017 legte der Antragsteller den Führerschein vor, der ihm nach Anbringung des Sperrvermerks wieder ausgehändigt wurde.

Über die gegen den Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden. Den gleichzeitig eingereichten Antrag, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung die Anbringung eines Aberkennungsvermerks auf dem Führerschein zu untersagen und ihn zu verpflichten, den bereits aufgebrachten Vermerk zu entfernen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. März 2017 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerde-verfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund des für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakts nicht in Betracht kommt, da der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege eines Antrags auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehren kann (§ 123 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO). Ebenfalls zu Recht hat es den zu Gunsten des Antragstellers so ausgelegten Antrag hinsichtlich der gemäß Art. 21a VwZVG sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung angesichts des bereits angebrachten Sperrvermerks als unzulässig angesehen, weil sich dieser behördliche Ausspruch schon vor Klageerhebung durch die Vorlage des Führerscheins erledigt hatte und der Antragsteller deshalb insoweit von Anfang an kein Rechtsschutzbedürfnis besaß (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 21-23). Für den Sperrvermerk wäre im Erfolgsfall die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO in Betracht gekommen.

2. Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist, hat ihn das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zutreffend als unbegründet abgelehnt, weil die Klage nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird und auch die Interessenabwägung gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage spricht.

a) Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV). Das Landratsamt Main-Spessart hat sowohl hinsichtlich der Feststellung der Inlandsungültigkeit als auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins (§ 47 Abs. 2 FeV) den Sofortvollzug angeordnet (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.3.2017 - 11 CS 17.315 - juris Rn. 14 ff.).

b) Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - bei fehlenden beruflichen Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie). Als ordentlicher Wohnsitz gilt gemäß Art. 12 der Richtlinie der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Fall eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr wohnt. Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese Voraussetzung muss nicht erfüllt sein, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 der Richtlinie achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 - und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung - erfüllt.

c) Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 - Akyüz, C-467/10 - NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75).

d) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Erteilung der Fahrerlaubnis hinweisen und die Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen, insbesondere der durchgehenden Meldung des Antragstellers in Deutschland, auf einen Wohnsitzverstoß schließen lässt.

aa) Die Fahrerlaubnisbehörde ist entgegen der Ansicht des Antragstellers durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Allein die Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellungsmitgliedstaat im Führerschein steht dem nicht entgegen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 - C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 19.3.2013 - 11 CS 13.407 - juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 - 11 CS 09.1934 - juris Rn. 29-36; offen BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Ansonsten bildet jedoch der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen hat, ein sehr gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29). So liegt es auch im Fall des Antragstellers, der seinen gemeldeten Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Es sind keine Umstände ersichtlich, die die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Polen bereits im Zeitpunkt der Anmeldung oder der Erteilung der Fahrerlaubnis als gesichert erscheinen ließen.

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Zwar beweist die Erklärung einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die Wohnsitzvoraussetzung nicht geprüft zu haben, für sich betrachtet nicht unbedingt, dass der Inhaber seinen Wohnsitz nicht gleichwohl im Ausstellungsmitgliedstaat hatte (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 55). Allein die Beantwortung der Fragen zu den näheren persönlichen Umständen des Antragstellers im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung durch die polnische Behörde mit „unknown“ lässt daher nicht zwangsläufig auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis schließen. Allerdings beschränken sich die von der Fahrerlaubnisbehörde über das Kraftfahrt-Bundesamt eingeholten Auskünfte nicht auf die Angabe „unknown“. Vielmehr lag der Auskunft eine Bescheinigung des Amts der Stadt Stettin - Bürgerangelegenheiten - (Urzad Miasta Szczecin) vom 30. Oktober 2013 in polnischer Sprache über die Anmeldung eines vorübergehenden Aufenthalts (Potwierdzenie zameldowania na pobyt czasowy) bei, in der die Adresse des vorübergehenden Aufenthalts des Antragstellers (Adres miejsca pobytu czasowego) vom 30. Oktober 2013 bis 31. Juli 2014 mit ‚Szczecin W … 60/1‘ bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland (Adres miejsca pobytu stalego: Niemcy) angegeben war. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die im Zusammenhang mit den weiteren eingeholten Auskünften gesehen werden muss. Wenn in einer Meldebestätigung des Ausstellungsmitgliedstaats zwar ein nach eigenen Angaben des Antragstellers längerer Aufenthalt von mehr als 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat, aber zugleich ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland bescheinigt und der Aufenthalt in Polen demgegenüber als vorübergehend bezeichnet wird, ergeben sich daraus erhebliche Zweifel daran, dass der Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 - 11 ZB 16.2458 - juris Rn. 14, B.v. 7.2.2017 - 11 CS 16.2562 - juris Rn. 15; OVG RhPf, B.v. 15.1.2016 - 10 B 11099/15 - NJW 2016, 2052 Rn. 6; NdsOVG, B.v. 29.3.2016 - 12 ME 32/16 - NJW 2016, 2132 Rn. 9).

bb) Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 7.2.2017 a.a.O. Rn. 16 m.w.N.). Insoweit spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Antragstellers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er zur Begründung seiner Klage eine Teilnahmebescheinigung über einen Alkohol-Abstinenzcheck der TÜV SÜD L. Service GmbH, Service-Center Würzburg, für den Zeitraum vom 7. August 2013 bis 7. Februar 2014 vorlegen lassen, wonach bei ihm aufgrund kurzfristiger und für ihn unvorhersehbarer Einbestellungen unter anderem am 5. November 2013, 4. Dezember 2013 und 23. Januar 2014 Urinscreenings durchgeführt wurden. Diese Daten fallen genau in die Zeit, in der der Antragsteller vorgibt, sich in Polen aufgehalten zu haben.

cc) Aufgrund dieser gravierenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Antragsteller oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 - 3 B 48.14 - juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 - 3 B 21.14 - DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 - 3 C 18.12 - BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 - juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 - 11 CS 15.685 - juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 - 16 A 2255/10 - juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Antragsteller jedoch bisher nicht gemacht. Seine Klage wird daher voraussichtlich erfolglos bleiben.

e) Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage eine Interessenabwägung vorgenommen mit dem Ergebnis, dass aufgrund der noch nicht getilgten Straftat vom 30. November 2003 (§ 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis 30.4.2014 geltenden Fassung) auch unter Berücksichtigung der seither verstrichenen Zeit und der beruflichen Interessen des Antragstellers die Belange der Verkehrssicherheit überwiegen. Dem schließt sich der Senat angesichts der noch nicht nachgewiesenen Wiedererlangung der Fahreignung des Antragstellers an. Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, diesen Nachweis durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) zu erbringen.

3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. März 2017 getroffene Feststellung, dass die ihm für die Klasse B erteilte tschechische Fahrerlaubnis ihn nicht berechtige, hiervon in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, und die unter Androhung unmittelbaren Zwangs verfügte Verpflichtung, seinen tschechischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser wurde am 30. März 2017 angebracht.

Der Antragsteller, der seit seiner Geburt im Jahr 1986 mit Wohnsitz durchgehend in Nürnberg gemeldet ist, steuerlich im Inland erfasst ist und auch sein Kraftfahrzeug im Inland angemeldet hatte, hatte am 26. Februar 2007 auf die ihm im Jahr 2003 und 2004 erteilte Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, M und L verzichtet, um eine kostenpflichtige Entziehung wegen einer Fahrt unter Drogen (Cannabis, Amphetamin) zu vermeiden. Bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 1. Februar 2015 wies er einen am 23. Oktober 2014 in Bilina/Tschechien ausgestellten Führerschein vor, in den ein Wohnsitz in Bilina eingetragen ist.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2016 teilte die Polizeiinspektion Marktredwitz der Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin mit, durch umfangreiche Ermittlungen vom 6. August 2015 in einer anderen Führerscheinsache habe festgestellt werden können, dass unter der in dem tschechischen Führerschein angegebenen Meldeadresse „...“ neun deutsche Staatsangehörige mit vorübergehendem Aufenthalt als EU-Bürger gemeldet seien. Diese seien beim „Tschechischen Statistikamt“ öffentlich im Internet recherchierbar gewesen und hätten ein Unternehmen (Groß- und Einzelhandel) mit Sitz an der genannten Adresse gegründet. Dabei sei als Gründungsdatum bei einer Person der 10. Dezember 2013, bei allen anderen der 23. Januar 2014 und als Rechtsform „ausländische natürliche Person“ angegeben. Die Anzahl der Angestellten sei jeweils mit „unbekannt“ vermerkt. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 habe das Gemeinsame Zentrum der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Schwandorf eine aktuelle Auskunft aus dem tschechischen Ausländerregister zu dieser Adresse übermittelt, wonach 36 weitere deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz dort aktuell gemeldet seien. Es stehe zweifelsfrei fest, dass es sich nur um einen Scheinwohnsitz zur Umgehung des Wohnortprinzips handle. Beigefügt war ein Schreiben der Distriktabteilung der Polizei in Bilina vom 3. Dezember 2015, wonach es sich bei der Meldeadresse um ein Reihenhaus handele, das zu einer Pension umgewandelt worden sei, ohne dass es tatsächliche Hinweise auf das Vorhandensein einer Pension gebe (abgeschalteter Telefonanschluss, kein Schild und Briefkasten, keine Türglocke und Kontaktdaten des Betreibers). Gegen den Besitzer des Objekts werde polizeilich wegen einer unerlaubten unternehmerischen Tätigkeit ermittelt. Er sei telefonisch nicht zu erreichen. Möglicherweise verstecke er sich wegen der polizeilichen Ermittlungen. Die örtliche Polizei habe im Zeitraum vom 15. November bis 13. Dezember 2015 eine Überprüfung durchgeführt, bei ihrer Streifentätigkeit jedoch bei keiner der Überprüfungen jemanden antreffen können. Ergänzend teilte die Polizeiinspektion Marktredwitz mit, dass gegen 41 der 44 unter der Anschrift gemeldeten Personen fahrerlaubnisrechtliche Einschränkungen bestünden bzw. in der Vergangenheit bestanden hätten. Mit Schreiben vom 27. August 2016 übermittelte sie eine Liste vom 20. Januar 2016 mit Personen, die des Führerscheintourismus verdächtigt wurden. Diese wies neun Personen aus, die unter der Anschrift ... ein Einzelunternehmen angemeldet hatten, und 36 Personen, darunter der Antragsteller, die dort nach einer aktuellen Auskunft des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit ihren Wohnsitz angemeldet hatten. Nach einem vom tschechischen Verkehrsministerium am 22. September 2016 beantworteten Formularfragebogen hatte der Antragsteller einen Wohnsitz unter der Anschrift ... inne. Er habe sich dort für mindestens 185 Tage aufgehalten. Die Unterkunft existiere und sei der Ort, wo ein Geschäftsbetrieb geführt werde. Ob sich dort auch engere Familienangehörige aufhielten, ob Vermögensinteressen oder Verwaltungskontakte zu Behörden und sozialen Einrichtungen (Zahlung von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung) bestünden, sei unbekannt.

Gegen den Bescheid vom 15. März 2017 erhob der Antragsteller Klage (AN 10 K 17.00657), über die noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 9. Mai 2017 mit der Begründung ab, dass er wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Es lägen vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen, nämlich Mitteilungen des gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit, der zuständigen Polizeiinspektion und des tschechischen Verkehrsministeriums, vor, die darauf hinwiesen, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins seinen Wohnsitz im Inland gehabt habe. Die gemeldeten Personen hätten nach den tatsächlichen Verhältnissen in dem Anwesen nicht alle ihren ordentlichen und realen Wohnsitz haben können. Es habe im Jahr 2015 bei der polizeilichen Überprüfung einen unbewohnten Eindruck gemacht. Nach den Erkenntnissen der Polizei Marktredwitz hätten schon vor Erteilung des Führerscheins neun deutsche Staatsangehörige ihren Wohnsitz dort gehabt, so dass nicht auch noch der Antragsteller dort habe Aufnahme finden können. Mit den bekannten tatsächlichen Verhältnissen seien die Informationen des tschechischen Verkehrsministeriums nicht in Einklang zu bringen. Diese Informationen wiesen zudem aus, dass über persönliche Bindungen nichts bekannt sei, was jedoch Voraussetzung für die Annahme eines Wohnsitzes sei. Unter Berücksichtigung des beibehaltenen Inlandswohnsitzes und der Umstände, die zum Verlust der Fahrerlaubnis geführt hätten, stehe fest, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten worden sei.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt. Er trägt vor, die gerichtlichen Ausführungen seien nicht geeignet, einen Wohnsitzverstoß nachhaltig zu belegen. Nicht jede Information aus dem Ausstellerstaat könne als geeignet bezeichnet werden, die Umstände des Ausgangsverfahrens zur Frage eines Wohnsitzverstoßes heranzuziehen. Das tschechische Verkehrsministerium habe mit Schreiben vom 20. September 2016 bestätigt, dass der Antragsteller seinen Wohnsitz in Tschechien genommen habe. Unerheblich sei das Fehlen von detaillierten Informationen zu seinen persönlichen Verhältnissen, was auf der Grundlage der gestellten Fragen nicht möglich sei. Es sei davon auszugehen, dass ausländische Behörden aufgrund einer Anfrage aus Deutschland keine umfassenden eigenen Ermittlungen anstellten, sondern lediglich Informationen zur Verfügung stellten, auf die sie ohne größere Zwischenschritte zugreifen könnten. Die Frage nach persönlichen Verhältnissen an eine fachfremde Behörde scheine allein den Zweck zu verfolgen, die Heranziehung der Umstände des Ausgangsverfahrens zu ermöglichen und damit in rechtswidriger Weise den Anerkennungsgrundsatz zu unterlaufen. Die vorliegenden Informationen, die sich auf Dezember 2015 bezögen, könnten keine Auskunft über die Verhältnisse im Jahr 2014 geben. Die Heranziehung derartig wahlloser und unzusammenhängender Informationen habe eine exzessive Ausdehnung der Möglichkeiten zur Wohnsitzüberprüfung zur Folge, die nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang zu bringen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

Die Fahrerlaubnisbehörde durfte gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Oktober 2017 (BGBl I S. 3549/3553), feststellen, dass der am 23. Oktober 2014 ausgestellte tschechische Führerschein den Antragsteller nicht berechtigt, Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde. Die Prüfung, ob solche Informationen als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und als unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – Akyüz – NJW 2012, 1341, Rn. 73 f.). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein. Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 75). Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, a.a.O. Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12 m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass solche unbestreitbaren Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats hier vorliegen. Aus dem Schreiben der örtlichen Polizei vom 3. Dezember 2015 ergibt sich, dass sich an der Meldeadresse ein formal in eine Pension umgewandeltes Reihenhaus ohne genehmigten Geschäftsbetrieb und ohne irgendwelche Hinweise auf einen tatsächlichen Pensionsbetrieb befand. Aus der Beantwortung des Fragebogens durch das tschechische Verkehrsministerium am 22. September 2016 geht hervor, dass der Antragsteller dort für mehr als 185 Tage einen Wohnsitz angemeldet hatte, wobei es sich auch um den Sitz eines Geschäftsbetriebs handelte. Allerdings belegt eine behördliche Auskunft, dass der Betreffende unter der gemeldeten Anschrift mehr als 185 Tage seinen Wohnsitz hatte, noch nicht das Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes. Denn sie beruht regelmäßig auf einer entsprechenden Erklärung des Betreffenden und ist ebenso wie eine Zulassung zum vorübergehenden Aufenthalt (ausländerbehördliche Erfassung) kein unwiderlegbares Indiz (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2013 – 11 CE 13.738 – juris Rn. 5; U.v. 7.5.2014 – 11 B 14.654 – juris Rn. 38 f.). Trotz angeblichen Geschäftsbetriebs lagen dem tschechischen Verkehrsministerium – was in diesem Fall insbesondere zu erwarten gewesen wäre – keine steuerlichen Informationen zum Antragsteller vor. Ebenso waren persönliche Bindungen unbekannt. Lautet die Antwort auf eine derartige Frage „unknown“, kann nicht ohne besonderen Anhalt unterstellt werden, dass die ausländische Behörde, die hier offenkundig Daten zu den Meldeverhältnissen und zum Gewerbe des Antragstellers ermittelt hat, die sonstigen gestellten Fragen ohne hinreichende Ermittlungen beantwortet hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Prüfung der Fragen, namentlich der Meldeverhältnisse enger Familienangehöriger, des Vorhandenseins von Vermögen und von behördlichen Kontakten (Zahlung von Steuern, Bezug von Sozialleistungen, Kfz-Anmeldung), „umfassende“ oder schwierige Ermittlungen oder „größere Zwischenschritte“ erfordern würde und sich nicht durch eine Abfrage der einschlägigen Datenbanken oder eine Anfrage bei der zuständigen Behörde erledigen ließe. Nachdem ein ordentlicher Wohnsitz neben dem Vorhandensein einer Unterkunft persönliche und berufliche Bindungen voraussetzt, sind entsprechende Negativauskünfte geeignet, Zweifel am Vorhandensein eines tatsächlichen Wohnsitzes zu wecken (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 14). Ferner ist nach im Internet veröffentlichten Informationen des tschechischen Statistikamts die größtenteils gleichzeitige Gründung von neun Einzelunternehmen in demselben Reihenhaus und jeweils in derselben Rechtsform bereits für Dezember 2013/Januar 2014 erfasst. Nach einer Mitteilung des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit vom Oktober 2015 waren nach einer aktuellen Auskunft aus dem tschechischen Ausländerregister 36 weitere deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz unter der streitgegenständlichen Adresse gemeldet, darunter der Antragsteller. Dies und die von der örtlichen Polizei Ende 2015 ermittelten Informationen stehen in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang mit der Erkenntnis, dass dieselbe Adresse bereits mehr als 185 Tage vor der Ausstellung des Führerscheins an den Antragsteller für die gleichzeitige und gleichförmige Gründung von acht Einzelunternehmen durch verschiedene deutsche Staatsangehörige genutzt worden ist. Selbst wenn das ministerielle Antwortschreiben vom 22. September 2016 nicht berücksichtigt würde, würden die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden Informationen in der Gesamtschau als Hinweis auf die Einrichtung einer rechtsmissbräuchlich genutzten Scheinanschrift und damit die Möglichkeit eines nur fiktiven Wohnsitzes genügen.

Nicht berechtigt ist der Vorwurf, die zum Teil aus anderen Ermittlungsverfahren gewonnenen Informationen, die indes alle die melderechtlichen Verhältnisse an der gleichen Wohnsitzadresse betreffen, seien „wahllos“ und „unzusammenhängend“. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 1. März 2012 (C-467/10 – Akyüz – NJW 2012, 1341, Rn. 67 ff.) zwar Ausführungen zur Übermittlung sowie Bewertung und Beurteilung solcher Informationen gemacht, dabei die Art der vom Ausstellerstaat erlangten Information jedoch nicht näher eingegrenzt.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen können somit auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, darunter die von den deutschen Behörden ermittelten Informationen, dass der Antragsteller durchgehend mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war und dass bei der Vielzahl weiterer deutscher Staatsangehöriger, die unter der tschechischen Anschrift gemeldet waren, fast ausnahmslos fahrerlaubnisrechtliche Einschränkungen bekannt sind. Hinzu kommt, dass der Antragsteller in keiner Weise an der Aufklärung der Dauer seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat sowie den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, mitgewirkt hat. Auch wenn nur sonstige aus dem Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Führerschein eingetragene Angabe zum Wohnsitz unzutreffend ist, obliegt es dem Fahrerlaubnisinhaber, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48/14 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20 jeweils m.w.N.).

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der im Jahr 1994 geborene Kläger, der noch nie Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis war, wendet sich gegen die Feststellung, dass seine polnische Fahrerlaubnis ihn nicht berechtige, Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

Am 16. Mai 2012 verwarnte ihn das Amtsgericht Landsberg am Lech nach § 14 Jugendgerichtsgesetz (JGG), erteilte ihm Weisungen (§ 10 JGG) und ordnete verschiedene Auflagen (§ 15 JGG) sowie ein Fahrverbot von zwei Monaten an. Dem lag zu Grunde, dass der Kläger ohne die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis und unter Cannabiseinfluss mit einem „frisierten“ Mofa gefahren und im Besitz von fünf Gramm Marihuana gewesen war.

Mit Bescheid vom 7. November 2013, unanfechtbar seit 12. Dezember 2013, lehnte das Landratsamt Landsberg am Lech (im Folgenden: Landratsamt) seinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ab, da er das angeordnete medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorlegte.

Die zuständige Behörde in Stettin (Szczecin), Polen, erteilte ihm am 24. Juli 2015 eine Fahrerlaubnis der Klasse B und stellte ihm eine Führerscheinkarte aus, auf der unter Nr. 8 ein Wohnsitz in Polen eingetragen ist.

Am 22. April 2016 zeigte der Kläger bei einer Verkehrskontrolle in Landsberg a. Lech den polnischen Führerschein vor und gab an, er habe die polnische Fahrerlaubnis erworben, während er für seinen Arbeitgeber in Polen auf Montage gewesen sei. Ermittlungen der Polizeiinspektion Landsberg ergaben, dass der Kläger seit dem Jahr 2009 durchgängig in Landsberg am Lech gemeldet ist. In einem an den Arbeitgeber des Klägers gerichteten Zeugenanhörungsbogen gab der dortige Personalleiter an, der Kläger sei seit 1. September 2011 dort beschäftigt und dabei noch nie in das europäische Ausland entsandt worden.

Auf Nachfrage des Kraftfahrt-Bundesamts teilte die Stadt Stettin mit, der polnische Führerschein sei gültig. Der Kläger habe vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 über einen gemeldeten Wohnsitz in Polen verfügt. Beigefügt war eine auf den 1. Juni 2015 datierte Bestätigung der Anmeldung eines bis 15. Dezember 2015 dauernden vorübergehenden Aufenthalts eines Ausländers.

Weitere Ermittlungen des Landratsamts ergaben, dass der Kläger am 14. September 2015 in Landsberg am Lech ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen hat.

Nach Anhörung stellte das Landratsamt mit Bescheid vom 28. September 2016 fest, der Kläger sei nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Das Landratsamt forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Vorlage des polnischen Führerscheins auf und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nummern 2, 3 und 4 des Bescheids). Zur Begründung ist ausgeführt, der polnische Führerschein müsse nicht anerkannt werden, da er unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erworben worden sei. Am 6. Oktober 2016 legte der Kläger seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vor.

Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Da die Rechtsbehelfsbelehrung:im Bescheid vom 28. September 2016 fehlerhaft gewesen sei, könne innerhalb eines Jahres Klage erhoben werden.

Die gegen den Bescheid vom 28. September 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München abgewiesen. Die aus Polen stammenden Informationen wiesen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bei Erteilung der Fahrerlaubnis hin. Zwar setze die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist bei Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sei. Der Umstand, dass der Betreffende erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins seine Wohnung im Ausstellungsmitgliedstaat genommen habe, sei aber ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet habe, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen. Hier habe der Kläger sich vor dem Erwerb der Fahrerlaubnis lediglich 54 Tage in Polen aufgehalten und von vornherein nur einen vorübergehenden Aufenthalt von 198 Tagen beabsichtigt.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, bei den aus Polen stammenden Erkenntnissen handele es sich nicht um unbestreitbare Informationen i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, die die Möglichkeit zur Berücksichtigung der vorliegenden inländischen Erkenntnisse eröffnen würden. Allein die Begründung eines vorübergehenden Aufenthalts und der kurz darauf erfolgte Erwerb der Fahrerlaubnis reichten als Anknüpfungstatsachen nicht aus, um die Inlandstatsachen heranziehen zu können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Juli 2017 und den Bescheid des Landratsamts Landsberg am Lech vom 28. September 2016 mit der Maßgabe, dass sich die Anfechtung nicht auf die Nummern drei und vier des Bescheids bezieht, sowie den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 1. März 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Wohnsitzverstoß liege schon deshalb vor, da der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis noch keine 185 Tage in Polen gewohnt habe. Selbst wenn man annähme, die 185-Tage-Frist müsse im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung nicht zwingend verstrichen sein, würden unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vorliegen, die auf einen Wohnsitzverstoß schließen ließen. Mit der Anmeldebestätigung vom 1. Juni 2015 werde nur bestätigt, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt habe, sich bis 15. Dezember 2015 in Polen aufzuhalten. Wie lange er sich tatsächlich in Polen aufgehalten habe, lasse sich der Bescheinigung nicht entnehmen. Diese Umstände seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Kläger sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis in Polen angemeldet habe. Die inländischen Umstände sprächen für sich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 sind im Umfang der Anfechtung rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist nicht berechtigt, mit seinem polnischen Führerschein Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, da dieser Führerschein unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis ausgestellt worden ist.

1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland jedoch nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18 – RL 2006/126/EG) in Einklang. Nach Art. 2 Abs. 1 RL 2006/126/EG werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt (und damit auch die zugrundeliegenden Fahrerlaubnisse, vgl. EuGH, U.v. 26.10.2017 – C-195/16 – ABl EU 2017, Nr. C 437, S. 8 – juris Rn. 48 f.). Allerdings darf ein Führerschein nur an Bewerber ausgestellt werden, die im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats ihren ordentlichen Wohnsitz haben oder nachweisen können, dass sie während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten dort studiert haben (Art. 7 Abs. 1 Buchst. e RL 2006/126/EG). Nach Art. 7 Abs. 5 Unterabsatz 2 RL 2006/126/EG achten die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sorgfältig darauf, dass eine Person die Anforderungen des Absatzes 1 – und somit auch die Wohnsitzvoraussetzung – erfüllt.

2. Die Prüfung, ob Informationen über den Wohnsitz des Fahrerlaubnisinhabers zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins als vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührend und unbestreitbar eingestuft werden können, obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – Akyüz, C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 73 und 74). Dabei muss die Begründung eines Scheinwohnsitzes aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 –16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 a.a.O. Rn. 75). Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist, heranziehen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 a.a.O. Rn. 10; B.v. 23.1.2017 a.a.O. Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 a.a.O. Rn. 14 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die aus dem Ausstellungsmitgliedstaat Polen stammenden Informationen auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei der Ausstellung des Führerscheins hinweisen und in Zusammenschau mit den übrigen bekannten Umständen auf einen Wohnsitzverstoß schließen lassen.

a) Die Fahrerlaubnisbehörde ist durch den Eintrag eines polnischen Wohnsitzes im Führerschein des Klägers nicht gehindert, die über das Kraftfahrt-Bundesamt beigebrachten Erkenntnisse der polnischen Behörden zu berücksichtigen. Vielmehr dürfen Angaben im Führerschein selbst und andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen als Erkenntnisquellen gleichrangig herangezogen werden (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08, Wierer – NJW 2010, 217 Rn. 51). Solche Informationen können insbesondere Angaben einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats sein (EuGH, B.v. 9.7.2009 a.a.O. Rn. 61).

Zwar setzt nach der Rechtsprechung des Senats das Wohnsitzerfordernis nicht zwangsläufig voraus, dass die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis bzw. der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen ist (BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 17; B.v. 19.3.2013 – 11 CS 13.407 – juris Rn. 41; B.v. 22.2.2010 – 11 CS 09.1934 – juris Rn. 29-36; offen gelassen in BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 23). Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, spricht viel für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes ab dem Beginn des Aufenthalts. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Betreffende über keine weitere Wohnung verfügt oder wenn die Art und die Einrichtung dieser Wohnung bzw. die Art und Intensität der bestehenden persönlichen oder beruflichen Bindung eine Beendigung des Aufenthalts bereits vor dem Ablauf eines halben Jahres als praktisch ausgeschlossen erscheinen lassen. Gegenteiliges lässt sich auch dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 (3 B 21.14 – ZfSch 2015, 58 = juris Rn. 6) nicht entnehmen. Dieser Entscheidung lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der weder vor Ausstellung des Führerscheins noch unter Berücksichtigung des nach Ausstellung des Führerscheins kurzzeitig weiter bestehenden Aufenthalts eine Aufenthaltsdauer von 185 Tagen im Ausstellungsmitgliedstaat im Kalenderjahr erreicht wurde. Auf die Frage, ob die 185-Tage-Frist im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins bereits verstrichen sein muss, kam es dort daher nicht entscheidungserheblich an. Grundsätzlich bildet jedoch der Umstand, dass sich der Betreffende – wie hier – erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter der angegebenen Adresse im Ausstellungsmitgliedstaat angemeldet hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat, ohne einen ordentlichen Wohnsitz zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2010 a.a.O. Rn. 29).

Ein weiterer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß ergibt sich aus den vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Unterlagen der polnischen Behörden. Die Erklärung der Stadt Stettin – Amt für Bürgerangelegenheiten – (Urzad Miasta Szczecin) vom 23. August 2016 teilt eine Anmeldung des Klägers in Polen im Zeitraum 1. Juni 2015 bis 15. Dezember 2015 mit. Die beigefügte Bestätigung bescheinigt eine am 1. Juni 2015 vorgenommene Registrierung eines Ausländers für einen vorübergehenden Aufenthalt („Potwiedzenie zameldowania cudzoziemca na pobyt czasowy“) mit einer beabsichtigten Dauer des Aufenthalts („zamierzony czas trwania popytu od“) vom 1. Juni bis 15. Dezember 2015 unter einer Adresse in Stettin. Auch hierbei handelt es sich um eine unbestreitbare Information einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die darauf hindeutet, dass ein Wohnsitzverstoß vorliegt, denn bei einer tatsächlichen Verlegung des Wohnsitzes steht in der Regel nicht schon von vornherein fest, wie lange der Aufenthalt an dem neuen Wohnort genau andauern wird.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Entscheidung des Senats vom 22. Mai 2017 (11 CE 17.718 – juris) auch nicht zu entnehmen, dass ein Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß nur bei Bestätigung der Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland durch die Meldebehörde des Ausstellungsmitgliedstaats angenommen werden könnte. Hierbei handelte es sich in der genannten Entscheidung nur um einen weiteren, nicht aber um einen notwendigen Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 a.a.O. Rn. 18).

Die Zusammenschau der Informationen der polnischen Behörden ergibt hier, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, ob der Wohnsitz des Klägers im Ausstellungsmitgliedstaat die Voraussetzungen des Art. 12 RL 2006/126/EG erfüllt hat, denn der Kläger hat sich von vornherein nur für einen knapp über 185 Tage andauernden Aufenthalt angemeldet und dann nach sehr kurzer Zeit einen Führerschein erworben. Angesichts der Notwendigkeit einer entsprechenden Fahrausbildung und -prüfung, ggf. in einer fremden Sprache, und der Tatsache, dass es für den Kläger möglich gewesen wäre, vor oder nach dem kurzen Meldezeitraum in Polen in Deutschland eine Fahrerlaubnis zu erwerben, deuten diese Umstände darauf hin, dass der Kläger die strengeren Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Deutschland umgehen wollte.

b) Unter Heranziehung der Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und Berücksichtigung der inländischen Umstände steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats ein Wohnsitzverstoß bei Erteilung der Fahrerlaubnis und Ausstellung des polnischen Führerscheins fest. Soweit unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats vorliegen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt oder die darauf hinweisen, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht gegeben war, sind zur endgültigen Beurteilung dieser Frage die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also ergänzend auch die „inländischen Umstände“ (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – Rn. 10). Hier spricht als gewichtiger inländischer Umstand für einen Scheinwohnsitz des Klägers in Polen lediglich zur Erlangung einer Fahrerlaubnis die Tatsache, dass er dauerhaft, also auch im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis, mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet war. Des Weiteren hat er während seines behaupteten Aufenthalts in Polen in Deutschland ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen und eine Arbeitsstelle innegehabt. Der Personalleiter seines Arbeitgebers hat den vom Kläger behaupteten Einsatz in Polen auf Nachfrage ausdrücklich verneint. Damit steht fest, dass sich sein Lebensmittelpunkt in Deutschland und nicht in Polen befunden hat.

c) Aufgrund dieser durchgreifenden Zweifel an der Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzung bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis hätte es dem Kläger oblegen, die Angaben zu seinem Aufenthalt in Polen weiter zu substantiieren. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Fahrerlaubnisinhaber substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat im Zusammenhang mit der Fahrerlaubniserteilung sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden, machen muss, wenn er trotz der das Gegenteil ausweisenden Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat und der inländischen Umstände darauf beharrt, das Wohnsitzerfordernis eingehalten zu haben (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48.14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014 – 3 B 21.14 – DAR 2015, 30 Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.8.2016 - 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.2015 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30). Solche Angaben hat der Kläger jedoch auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht gemacht.

3. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die im Bescheid des Landratsamts Miltenberg vom 26. Januar 2017 getroffene Feststellung, dass ihn die am 29. März 2013 erteilte polnische Fahrerlaubnis nicht berechtige, von dieser in Deutschland Gebrauch zu machen, sowie die unter Androhung unmittelbaren Zwangs verfügte Verpflichtung, seinen polnischen Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen.

Der Antragsteller ist bis März 2016 mehrmals im Zusammenhang mit dem Konsum von Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten. Im Jahr 2002 hatte er deshalb auf seine deutsche Fahrerlaubnis der Klasse M verzichtet. Von einer im Jahr 2006 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis durfte er wegen eines darin eingetragenen deutschen Wohnsitzes im Bundesgebiet keinen Gebrauch machen. Eine im Jahr 2009 erteilte tschechische Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen. Im November 2015 wurde der Fahrerlaubnisbehörde bekannt, dass er im Besitz eines am 29. März 2013 ausgestellten polnischen Führerscheins der Klassen A und B war, in dem als Wohnanschrift „… … … … … *“ angegeben ist. Nach einem vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Schreiben des polnischen Landratsamts S* … vom 23. Dezember 2015 wurde dem Antragsteller (wohnhaft: … … …*) die polnische Fahrerlaubnis aufgrund einer ärztlichen Untersuchung, eines Fahrschulbesuchs, der Ablegung der theoretischen und praktischen Prüfung, der Wohnsitznahme in S* … und der eidesstattlichen Versicherung seines Aufenthalts in der Republik Polen für mehr als 185 Tage/Jahr, der Bescheinigung, ein EU-Bürger zu sein, der Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht im Besitz einer gültigen deutschen Fahrerlaubnis zu sein, und einer Abmeldung aus Deutschland erteilt. Beigefügt waren Bescheinigungen der Stadtverwaltung S* … vom 28. Mai 2012, 11. Oktober 2012 und 1. Februar 2013 über einen jeweils befristeten und vorübergehenden Aufenthalt des Antragstellers bis zu drei Monaten unter verschiedenen Adressen in S* … für die Zeiten vom 28. Mai bis 27. August 2012 (ul. … …*), vom 11. Oktober 2012 bis 27. Januar 2013 (* … … …*) und vom 1. Februar bis 31. Mai 2013 (* … …*), wobei als ständiger Aufenthalt („… … … …“) jeweils Deutschland („…“) angegeben war.

Im Inland war der Antragsteller seit 1. Dezember 2001 durchgehend mit Wohnsitz im Landkreis Miltenberg gemeldet. Am 31. Januar 2013 meldete er sich nach Polen ab und am 8. April 2013 wieder unter seiner vormaligen Anschrift an.

Gegen den Feststellungsbescheid des Landratsamts Miltenberg vom 26. Januar 2017 über die Inlandsungültigkeit der polnischen Fahrerlaubnis ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch einlegen, den die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2017 zurückwies. Aus den polnischen Unterlagen ergebe sich, dass der Antragsteller nur befristete Aufenthalte von drei Monaten unter verschiedenen polnischen Anschriften angemeldet habe, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen jedoch nur vom 31. Januar bis 8. April 2013. Er habe sich aus Miltenberg nur abgemeldet, um dem polnischen Verkehrsamt eine Abmeldung vorlegen zu können. Daraufhin habe er sich gezielt am bisherigen deutschen Hauptwohnsitz rückgemeldet. Die vom Ausstellerstaat herrührenden Informationen wiesen darauf hin, dass der Antragsteller in Polen einen fiktiven Wohnsitz begründet habe, um der Anwendung der strengeren Bedingungen zum Erwerb des deutschen Führerscheins zu entgehen. Somit dürften das Erklärungsverhalten des Antragstellers und inländische Erkenntnisse berücksichtigt werden, darunter, dass die im Führerschein verzeichnete Wohnanschrift bereits in anderen Führerscheinangelegenheiten als dauerhafter Wohnsitz angegeben worden sei und mehrere Fahrschulen aus S* …, sogar in unmittelbarer Nähe dieser Anschrift, den schnellen und unkomplizierten Erwerb der polnischen Fahrerlaubnis im Internet bewürben.

Am 25. Juli 2017 ließ der Antragsteller Klage (W 6 K 17.770) erheben, über die das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden hat. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 18. August 2017 unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ab. Ergänzend wurde ausgeführt, der kurze Aufenthalt in Polen vor Ausstellung des polnischen Führerscheins von nur 88 Tagen sei ein Indiz für eine fehlende Wohnsitznahme. Die Wohnsitzbescheinigungen der Stadt S* …, die einen ständigen Aufenthalt in Deutschland angäben, stünden in Widerspruch zu der Abmeldung aus dem Inland von 66 Tagen. Der gemeldete vorübergehende Aufenthalt spreche gegen die Begründung eines Lebensmittelpunktes. Zudem habe sich die polnische Behörde den erforderlichen Aufenthalt eidesstattlich versichern lassen. Hierzu in Widerspruch stünden die Angaben des Antragstellers, dass sein Vermieter der Behörde unter Vorlage des Mietvertrages die Erfüllung der Wohnsitzvoraussetzungen bestätigt habe. Unabhängig davon spreche auch eine Interessenabwägung gegen eine Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Dabei fielen die aktenkundige fahrerlaubnisrechtliche Vorgeschichte, die Zweifel an der Fahreignung wecke, und die Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln bis in jüngste Zeit, die auf eine Verstrickung ins Drogenmilieu hinwiesen, gravierend ins Gewicht.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, und macht geltend, es sei Sache der polnischen Behörde, die Wohnsitzvoraussetzungen zu prüfen, was durch Befragung des Vermieters und Prüfung des Mietvertrages auch geschehen sei. Auch ein auf Dauer angelegter Aufenthalt werde zu Anfang nur befristet ausgewiesen, so dass hieraus keine negativen Schlüsse gezogen werden könnten. Der angegriffene Bescheid beruhe auf Mutmaßungen, was gegen das Anerkennungsprinzip verstoße. Außerdem verstoße der Gerichtsbeschluss gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Seit Ausstellung des polnischen Führerscheins im Januar 2013 fahre der Antragsteller völlig beanstandungsfrei. Nach der Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte reiche ein bloßer Hinweis auf einen Wohnsitzverstoß nicht aus. Auch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Akyüz, wonach Ansatzpunkte als Information ausreichen sollten, sei nicht geeignet, den Anerkennungsgrundsatz auszuhebeln. Insbesondere widersprüchliche unbestreitbare Informationen könnten nicht den Anfangsverdacht eines Wohnsitzverstoßes begründen. Die vorliegenden Informationen seien qualitativ nicht beweisbzw. aussagekräftig und damit auch nicht unbestreitbar. Die melderechtlichen Erkenntnisse und persönlichen Verhältnisse (z.B. Kinder lebten beim Antragsteller) seien nicht zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um Erkenntnisse des Ausstellungsmitgliedstaates handele. Bei Bestehen von zwei Wohnsitzen und bei Vorliegen einer Erklärung der Behörde, sie habe das Bestehen eines tatsächlichen Wohnsitzes nicht geprüft, dürften die Zweifel an der Einhaltung des Wohnsitzprinzips nicht zu Lasten des Wohnsitzinhabers gehen, der auf die Richtigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis vertrauen dürfe. Widersprächen sich der Wohnsitzeindruck und die Wohnsitzangaben, dürfe eine deutsche Behörde an Stelle der zuständigen ausländischen Führerscheinbehörde keine verbindliche Entscheidung treffen. Es seien keine besonderen Umstände im Sinne der EuGH-Rechtsprechung erkennbar, die der deutschen Behörde eine Befugnis zum Eingriff in die ausländische Kompetenz zur Ausstellung und zum Entzug des Führerscheins vermittelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.

Die Fahrerlaubnisbehörde durfte gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl I S. 2), feststellen, dass der am 29. März 2013 ausgestellte polnische Führerschein den Antragsteller nicht berechtigt, von diesem in Deutschland Gebrauch zu machen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Eine Person, deren persönliche Bindungen im Inland liegen, die sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU (oder EWR) aufhält, hat ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Voraussetzung entfällt, wenn sie sich zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält (§ 7 Abs. 1 Satz 4 FeV).

Diese Bestimmungen stehen mit Art. 2 Abs. 1, Art. 7 und Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (Neufassung, ABl EG Nr. L 403 S.18) in Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2017 – 11 CS 17.1022 – juris Rn. 14). Voraussetzung für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis, die ein Mitgliedstaat ausgestellt hat, ist gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126/EG ein Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 2006/126/EG. Die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung von durch EU-Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnissen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG gilt nicht, wenn entweder Angaben im zugehörigen Führerschein oder andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen vorliegen, nach denen das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde (vgl. EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn. 62).

Hieraus folgt, dass es dem Antragsgegner nicht verwehrt war, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller bei der Erteilung der EU-Fahrerlaubnis tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz in Polen hatte (vgl. EuGH, U.v. 26.4.2012 – C-419/10, Hofmann – juris Rn. 90). Durch den Eintrag eines im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats liegenden Wohnorts im Führerschein wird das tatsächliche Innehaben eines Wohnsitzes an diesem Ort nicht positiv und in einer Weise bewiesen, dass die Behörden und Gerichte anderer EU-Mitgliedstaaten dies als nicht zu hinterfragende Tatsache hinzunehmen hätten (vgl. BayVGH, U.v. 25.9.2012 – 11 B 10.2427 – NZV 2013, 259). Die Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe nach Art. 15 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG vermittelt dem Aufnahmemitgliedstaat vielmehr das Recht, sich bei den Behörden des Ausstellungsmitgliedstaats über das tatsächliche Bestehen eines ordentlichen Wohnsitzes zu erkundigen; dem steht die Verpflichtung dieses Staats gegenüber, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2015 – 11 B 14.654 – juris Rn. 33). Dass ggf. auch widersprüchliche behördliche Informationen aus dem Ausstellungsstaat von der Fahrerlaubnisbehörde des Aufnahmemitgliedstaats als Hinweis auf einen Scheinwohnsitz gewertet werden dürfen (stRspr, vgl. BayVGH, U.v. 20.3.2018 – 11 B 17.2236 – juris; B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 16), ergibt sich schon daraus, dass Angaben im Führerschein wie auch andere vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende Informationen gleichrangig („oder“) als Erkenntnisquellen genutzt werden dürfen (vgl. EuGH, B.v. 9.7.2009 – C-445/08 – EuZW 2009, 735 Rn. 51).

Ferner lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 67 ff.) keine mit dem Begriff „unbestreitbar“ verknüpften Mindestanforderungen an die qualitative Beweisbzw. Aussagekraft entnehmen. Vielmehr wird insoweit zunächst vorausgesetzt, dass die Informationen von einer Behörde des Ausstellungsmitgliedstaats stammen, selbst wenn sie nur indirekt in Form einer Mitteilung Dritter übermittelt worden sind (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 67, 71 f.). Die entsprechende Prüfung obliegt den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 73). Weiter setzt die Heranziehung der Informationen gerade nicht voraus, dass sich aus ihnen ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis zweifelsfrei ergibt bzw. dass sie insoweit als abschließender Beweis angesehen werden können. Es genügt, wenn sie darauf „hinweisen“, dass der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellungsmitgliedstaats einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck begründet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74 f.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 3 C 18/12 – BVerwGE 146, 377 = juris Rn. 21). Auch insofern obliegt die Bewertung den Behörden und Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 74).

Liegen unbestreitbare Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats, wie insbesondere eine kurze Aufenthaltsdauer, vor, aus denen sich die Möglichkeit ergibt bzw. die darauf hinweisen, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten war, sind bei der Beurteilung dieser Frage alle Umstände des anhängigen Verfahrens zu berücksichtigen, also auch die „inländischen Umstände“ (EuGH, U.v. 1.3.2012 – C-467/10 – NJW 2012, 1341 Rn. 75; stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 –juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NW, B.v. 9.1.2018 – 16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff.). Mit dieser Auslegung der Richtlinie 2006/126/EG und der sie umsetzenden nationalen Vorschriften wird nicht der Anerkennungsgrundsatz „ausgehebelt“, sondern werden diesem zur Vermeidung seiner rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung legitime Grenzen gezogen.

Nach diesen Maßgaben ist das Verwaltungsgericht zum einen zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den melderechtlichen Informationen der polnischen Stadtverwaltung um Informationen des Ausstellungsmitgliedstaats handelt, zum andern, dass diese auf einen fehlenden ordentlichen Wohnsitz in Polen zur Zeit der Ausstellung des streitgegenständlichen Führerscheins hinweisen. Aus den drei Meldebescheinigungen der Stadtverwaltung vom 28. Mai 2012, 11. Oktober 2012 und 1. Februar 2013 ergibt sich, dass der Antragsteller seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland während der drei unzusammenhängenden Aufenthaltszeiten in Polen in den Jahren 2012 und 2013 beibehalten hat, dort also keinen ordentlichen Wohnsitz oder in Deutschland und Polen gleichzeitig einen Wohnsitz unterhielt, dass er während des sehr begrenzten Aufenthalts in Polen dreimal umzog, bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis am 29. März 2013 noch keinen Aufenthalt von 185 Tage im Kalenderjahr (dazu BVerwG, B.v. 22.10.2014 – 3 B 21/114 – DAR 2015, 30 = juris Rn. 6) vorweisen konnte und zwei Tage nach Erteilung der Fahrerlaubnis seinen Aufenthalt in Polen beendet hat. Diese Umstände weisen jedenfalls in der Zusammenschau auf einen Wohnsitzverstoß hin, was es dem Antragsgegner erlaubte, die ihm vorliegenden Informationen aus dem Inland zu nutzen, nämlich die durchgehende Meldung mit Wohnsitz im Inland seit 1. Dezember 2001, die kurzzeitige Abmeldung nach Polen vom 31. Januar bis 8. April 2013 und anschließende Wiederaufnahme des bisherigen Wohnsitzes, sowie die behördlichen Erkenntnisse, dass weitere deutsche Staatsangehörige die polnische Anschrift vor einem Führerscheinerwerb in Polen genutzt haben. Hierbei handelt es sich um gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in der fraglichen Zeit tatsächlich nicht in S* … wohnte. Die Abmeldung nach Polen lässt zudem darauf schließen, dass er entweder gegenüber den polnischen Meldebehörden unzutreffende Angaben gemacht hat, oder darauf, dass die Abmeldung aus Deutschland nur zum Schein erfolgte, was beides gegen die inhaltliche Richtigkeit der polnischen Bescheinigungen spricht. Hinzu kommt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angeführt hat, dass der Antragsteller an der Aufklärung der Dauer seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat und seiner persönlichen und beruflichen Bindungen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden haben sollen, nur unzureichend mitgewirkt hat. Insoweit trifft ihn bei Vorliegen entsprechender Hinweise aus dem Ausstellungsmitgliedstaat, dass das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt ist, jedoch eine Obliegenheit, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48/14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014, a.a.O. Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20; B.v. 22.8.2016 – 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.201 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30).

Nachdem sich die Aberkennung des Rechts, von der polnischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, voraussichtlich als rechtmäßig erweist, ist die angegriffene Entscheidung auch nicht unverhältnismäßig. Dass der Antragsteller, der noch im März 2016 als Beifahrer in einem Kraftfahrzeug mit einer nicht unerheblichen Menge an Betäubungsmitteln angetroffen worden ist, seit Januar 2013 im Straßenverkehr nicht mehr aufgefallen ist, bedeutet in Anbetracht des nicht sehr hohen Entdeckungsrisikos nicht, dass er seither beanstandungsfrei gefahren ist oder von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.