Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2017 - 1 CS 17.2337

bei uns veröffentlicht am18.12.2017

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro fest-gesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe rechtfertigen nicht, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und der Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 17. November 2016 zu gewähren.

Die Antragstellerin macht die Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen geltend sowie eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, das sie auf eine „Riegelwirkung“ bzw. eine „erdrückende Wirkung“ des Gebäudes aufgrund seiner Kubatur und Situierung stützt. Insoweit fehlt es für ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO bereits an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse, soweit sie sich durch die bauliche Anlage als solche in ihren Rechten verletzt sieht. Denn nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners sowie der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Fotos ist der Rohbau fertig gestellt. In einem solchen Fall kann das mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung verfolgte Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen in Bezug auf den Baukörper und seine Auswirkungen zu verhindern, nicht mehr erreicht werden. Die Inanspruchnahme des Gerichts durch den Nachbarn für seine subjektive Rechtsstellung stellt sich daher als unnütz dar (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 – juris Rn. 18; B.v. 12.8.2010 – 2 CS 10.20 – juris Rn. 2; B.v. 14.6.2007 – 1 CS 07.265 – juris Rn. 16; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 66; zur Fertigstellung des Rohbaus vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2010 – 2 CS 10.465 – juris Rn. 2). Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als Prozessvoraussetzung ist von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2015 a.a.O.). Es kann auch während eines Prozesses entfallen.

Anders verhält es sich zwar, soweit der Nachbar geltend macht, (auch) durch die Nutzung der baulichen Anlage in seinen Rechten verletzt zu werden. Diese mögliche Rechtsverletzung kann grundsätzlich auch nach der Fertigstellung mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung noch verbessert werden mit der Folge, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den einstweiligen Rechtsschutz insoweit weiterbesteht (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2010 a.a.O.). Das Interesse des Nachbarn ist in dieser Situation darauf gerichtet, die „vorzeitige Aufnahme“ oder Fortsetzung der Nutzung der baulichen Anlage bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern. Richtet sich das nachbarliche Interesse in dieser Weise auf eine – vorbeugende – Nutzungsuntersagung, ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes indessen auch das Interesse des Bauherrn an der einstweiligen Aufnahme bzw. Weiterführung der genehmigten Nutzung zu berücksichtigen mit der Folge, dass dem Nachbarn, jedenfalls vorübergehend bis zur Entscheidung in der Hauptsache, die mit der Nutzung einhergehenden Beeinträchtigungen zuzumuten sein können. Nur wenn diese Beeinträchtigungen erkennbar und erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was die Nachbarn letztlich hinzunehmen haben werden, ist es gerechtfertigt, bereits vor der Entscheidung in der Hauptsache die Nutzung der baulichen Anlage im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu unterbinden.

Das Verwaltungsgericht hat ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin zum einen abgelehnt, weil die Klage voraussichtlich unzulässig sei. Zum anderen hat es unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 4. Oktober 2017 (Az. M 11 SN 17.4263) darauf abgestellt, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Hinblick auf die immissionsschutzrechtlichen Fragen offen seien und die Antragstellerin mit ihrer Klage und dem Eilantrag fast bis zum Abschluss der Rohbauphase zugewartet habe.

Im Beschwerdeverfahren kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin ihr Klagerecht verwirkt hat. Denn im Rahmen der vorliegend gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zum einen eine Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Ausdruck kommenden Gebots der Rücksichtnahme geltend macht, weil es ihr gegenüber zu unzumutbaren Lärmimmissionen kommen soll. Da das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten insoweit als offen angesehen hat, weil die angegriffene Baugenehmigung einerseits für die Ostfassade des streitgegenständlichen Gebäudes Lärmschutzauflagen vorgesehen hat, andererseits aber darauf verzichtet hat, Grenzwerte zugunsten der Nachbarn festzusetzen und sich aus dem vorliegenden Bericht des Ingenieurbüros G* … vom 9. April 2015 ergibt, dass die Immissionsrichtwerte an der bestehenden Wohnbebauung außerhalb des Plangebiets „nachts gerade eingehalten werden“, war eine gesonderte Auseinandersetzung im Beschwerdeverfahren zu dieser Frage entbehrlich. Es ist allerdings nicht erkennbar, dass die vom Betrieb des streitgegenständlichen Gebäudes ausgehenden Geräuschimmissionen so gravierend wären, dass eine vorbeugende bzw. sofortige Unterbindung der Nutzung geboten wäre. Zudem ließen sich Beeinträchtigungen im Wege des bauaufsichtlichen Einschreitens im Falle einer dauerhaften Überschreitung der Lärmwerte im vorliegenden Fall leicht vermeiden, indem beispielsweise die Nutzung der zu dem Wohngebäude der Antragstellerin gerichteten Dachterrasse im Obergeschoss in den Nachtstunden untersagt wird.

Zum anderen macht die Antragstellerin geltend, dass mit der Aufnahme der Nutzung unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten aus den Fenstern und dem zurückspringenden Dachgeschoss einhergingen. Auch insoweit ist die Beschwerde nicht begründet, da das genehmigte Vorhaben nach summarischer Prüfung nachbarschützende Vorschriften nicht verletzt. Die Antragstellerin kann entgegen ihrer Auffassung nach den vorliegenden Akten im Ergebnis keine begünstigende Rechtsfolge daraus herleiten, dass das Vorhaben der Beigeladenen (in Folge der vorläufigen Außervollzugsetzung des Bebauungsplans 112 durch den Senat mit Beschluss vom 26. Juni 2017 – 1 NE 17.716) im Verhältnis zu ihrem Baugrundstück auch über die Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche hinaus den Grenzabstand möglicherweise verletzt. Zwar ist Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO insoweit nachbarschützend, als der Bauherr die öffentliche Fläche nur bis zur Mitte in Anspruch nehmen kann, damit der Gegenüberlieger „mit seiner Hälfte“ ebenso verfahren kann. Dies setzt aber zunächst voraus, dass auch die Antragstellerin unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche angrenzt (vgl. Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2017, Art. 6 Rn. 72, 74). Die öffentliche Verkehrsfläche, die sich vorliegend zwar u.a. auf dem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Grundstück FlNr. … befindet, grenzt jedoch nicht unmittelbar an das Grundstück der Antragstellerin an. Vielmehr liegt zwischen dem zu Verkehrszwecken gewidmeten Bereich und dem Grundstück der Antragstellerin noch ein größerer Grundstücksstreifen, der nicht zu Verkehrszwecken gewidmet ist. Insoweit überzeugt der Hinweis der Antragstellerin auf die zulässige Einbeziehung von Grundstücken Dritter oder öffentlichen Flächen nicht. Denn damit können schmale Grünstreifen oder kleine Grünflächen an öffentlichen Verkehrsflächen einbezogen werden, die als sog. Zubehör und Bestandteil der öffentlichen Fläche anzusehen sind (vgl. Dhom in Simon/Busse a.a.O. Rn. 74). Diese können von dem unmittelbar an die Verkehrsfläche angrenzenden Baugrundstück in Anspruch genommen werden. Für den vorliegenden Fall, dass ein Grundstück nicht unmittelbar an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt, erscheint es zweifelhaft, dass sich der Bauherr auf die Begünstigung berufen können soll, weil der nicht gewidmete Grundstücksteil nicht mehr – wie bei öffentlichen Verkehrsflächen – für die Errichtung oberirdischer baulicher Anlagen in Betracht kommt. Der Antragstellerin steht daher aller Voraussicht nach ein Abwehranspruch nicht zu.

Das Vorhaben der Beigeladenen erweist sich nach summarischer Prüfung auch nicht insoweit als rücksichtslos, als durch die terrassenähnliche Dachgeschossnutzung und die Anzahl der Fenster keine Einblicke in die Wohnräume des Anwesens der Antragstellerin, denen durchgehend ein Balkon vorgelagert ist, ermöglicht werden, die in einem dicht bebauten innerörtlichen Bereich aus städtebaulichen Gesichtspunkten nicht hinzunehmen wären.

Mit der Aufnahme oder Fortsetzung der Nutzung des Gebäudes werden daher auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keine Fakten geschaffen, die bei einem Unterliegen der Beigeladenen im Hauptsacheverfahren nicht oder jedenfalls nur schwer wieder rückgängig zu machen wären und deshalb die Durchsetzung etwaiger Nachbarrechte der Antragstellerin unverhältnismäßig erschweren könnten. Gleichermaßen ist in den Blick zu nehmen, dass der Antragsgegner nach der Außervollzugsetzung des Bebauungsplans 112 bis zur Entscheidung in der Hauptsache mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2017 (1 NE 17.716) nach Presseberichten im Frühjahr 2018 erneut über den Bebauungsplan beschließen möchte (vgl. Immobilien-Zeitung vom 26. November 2017) und dabei die Situierung des Gebäudes im Hinblick auf die Abstandsflächenvorschriften nach städtebaulich vertretbaren Gesichtspunkten regeln könnte.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummern 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 04. Okt. 2017 - M 11 SN 17.4263

bei uns veröffentlicht am 04.10.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2015 - 9 CS 15.1762

bei uns veröffentlicht am 17.11.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 als Gesamtschuldner. Der Beigeladene zu 1 trägt

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2017 - 1 NE 17.716

bei uns veröffentlicht am 26.06.2017

Tenor I. Der Bebauungsplan “westlich der L-straße und des W…“ wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt. II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2017 - 1 CS 17.2337.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2018 - 1 CS 18.1265

bei uns veröffentlicht am 27.07.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 als Gesamtschuldner. Der Beigeladene zu 1 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten und Tiefgarage durch die Antragsgegnerin an den Beigeladenen zu 1 als Voreigentümer des Baugrundstücks Fl. Nr. 88/8 Gemarkung G.

Das im Miteigentum der Antragsteller stehende Grundstück Fl. Nr. 88/2 Gemarkung G. liegt südlich des Baugrundstücks. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 3670 der Antragsgegnerin, der als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet nach der Baunutzungsverordnung 1962 (BauNVO 1962) festsetzt. Für das Baugrundstück ist zudem eine Fläche für Garagen mit eingeschossiger Bebauung festgesetzt.

Die Antragsteller hatten die ursprüngliche Planung eines Mehrfamilienhauses mit sieben Wohneinheiten, die mit Bauantrag vom 1. Oktober 2012 bei der Antragsgegnerin zur Genehmigung eingereicht wurde, unterzeichnet. Mit Unterlagen vom 15. Mai 2013 wurde die Planung in ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten und Tiefgarage geändert und - auf Aufforderung der Antragsgegnerin - mit Datum vom 28. Januar 2014 Abweichungen von den Abstandsflächen nach Norden und Süden beantragt. Diese Planung genehmigte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. April 2014 und erteilte die beantragten Abweichungen sowie Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Zahl der Vollgeschoße und der Fläche für Garagen. Die Baugenehmigung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 30. April 2014 öffentlich bekannt gemacht. Die Anzeige des Baubeginns ging bei der Antragsgegnerin am 9. September 2014 ein.

Mit Unterlagen vom 17. August 2014 beantragte der Beigeladene zu 2 als neuer Eigentümer und Bauherr einen Änderungsbescheid und unter dem 21. August 2014 eine weitere Abweichung von den Abstandsflächen nach Osten. Die Baugenehmigung hierfür wurde - einschließlich der beantragten Abweichung und Befreiungen - von der Antragsgegnerin am 3. November 2014 erteilt.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2015 haben die Antragsteller Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. April 2014 beim Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit weiterem Schriftsatz vom 28. April 2015 stellten sie Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Juli 2015 abgelehnt hat. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da die Antragsteller die Klagefrist gegen den öffentlich bekannt gemachten Baugenehmigungsbescheid vom 14. April 2014 nicht eingehalten hätten. Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden, da die Antragsteller spätestens mit Baubeginn im September 2014 hätten erkennen können, dass für das Bauvorhaben eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Sei wären daher verpflichtet gewesen, spätestens zu diesem Zeitpunkt Einwendungen gegen die erteilte Baugenehmigung geltend zu machen.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts haben die Antragsteller Beschwerde erhoben. Sie sind der Ansicht, dass die Baugenehmigung nicht öffentlich hätte bekanntgemacht werden dürfen und der Bauherr die Beteiligungsmöglichkeiten der Nachbarn vereitelt habe. Die Baugenehmigung sei einem anderen Nachbarn individuell zugestellt worden und ein Nebeneinander von öffentlicher Bekanntmachung und Individualzustellung nicht vorgesehen. Die Antragsteller hätten zudem keinen Anlass gehabt, gegen die Baugenehmigung vorzugehen, da sie von einer Übereinstimmung der genehmigten Planung mit den unterzeichneten Plänen ausgegangen seien. Die geänderte Bauausführung sei aber mit Baubeginn noch nicht absehbar gewesen. Bei den erteilten Abweichungen der Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller handle es sich nicht nur um geringfügige Überschreitungen. Es sei 1 H einzuhalten und die nachbarlichen Interessen nicht ausreichend gewürdigt. Die Antragsteller hätten auch nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis, da das Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht fertig gestellt gewesen sei und auch jetzt noch keine Fertigstellung vorliege. Zudem fänden derzeit Geländeauffüllungen statt.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Juli 2015 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, da das Bauvorhaben nahezu fertig gestellt sei. Ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften sei daher im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig zu machen. Im Übrigen seien die erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften nicht zu beanstanden.

Der Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 2 beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Klagefrist von den Antragstellern schuldhaft versäumt worden sei. Im Übrigen werde die genehmigte Höhe des Baukörpers nicht überschritten und die Abstandsflächen würden weitgehend eingehalten. Lediglich aufgrund des atypischen Grenzverlaufs zu den Antragstellern hin erfolge eine geringfügige Überschreitung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

1. Den Antragstellern fehlt es für ihren Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO am Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbarantrag auf vorläufigen Rechtsschutz entfällt regelmäßig mit Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Bauvorhabens. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen (BayVGH, B. v. 8.4.2014 - 9 CS 13.2007 - juris Rn. 17 m. w. N.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 66). Ausreichend ist insoweit die Fertigstellung des Rohbaus (BayVGH, B. v. 20.2.2013 - 15 CS 12.2425 - juris Rn. 19). Wie sich aus den Lichtbildern vom 28. September 2015 ergibt, die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom selben Tag (Bl. 50 der VGH-Gerichtsakte) vorgelegt worden sind, ist der Baukörper weit über den Rohbau hinaus fortgeschritten. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Bezugsfertigkeit bereits gegeben ist oder noch gewisse Außenarbeiten erforderlich sind. Soweit die Antragsteller geltend machen, es würden noch Geländeauffüllungen erfolgen, die Auswirkungen auf die Abstandsflächen hätten, ändert dies nichts am bereits errichteten Baukörper des Gebäudes. Andererseits ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Geländearbeiten gerade der Verkürzung der Abstandsflächen dienen würden oder ob sie nicht lediglich im Rahmen der Bauausführung entstanden sind und nunmehr zur Wiederherstellung der natürlichen und der Genehmigung zugrundeliegenden Geländeoberfläche bestimmt sind.

Zwar kann trotz Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis des Nachbarn im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausnahmsweise fortbestehen, sofern daneben eine Verletzung in eigenen Rechten (auch) durch die Nutzung der genehmigten Anlage geltend gemacht wird (vgl. BayVGH, B. v. 8.4.2014 - 9 CS 13.2007 - juris Rn. 18, B. v. 30.10.2013 - 9 CS 13.1728 - juris Rn. 3). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da sich die Antragsteller ausschließlich gegen die Höhe des Bauvorhabens wenden und eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften geltend machen.

Da das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als Prozessvoraussetzung von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen ist (BayVGH, B. v. 27.8.2014 - 9 CS 14.1404 - juris Rn. 3), kommt es nicht darauf an, ob - worauf der Bevollmächtigte der Antragsteller abstellt - das Rechtsschutzbedürfnis im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) vorlag oder ob der Baufortschritt, wie er in den Lichtbildern vom 11. Mai 2015 dokumentiert ist (vgl. Bl. 70 der VG-Akte im Hauptsacheverfahren), geeignet war, das Rechtsschutzbedürfnis bereits zu diesem Zeitpunkt entfallen zu lassen. Denn das Rechtsschutzbedürfnis kann auch während des Prozesses entfallen (BayVGH, B. v. 20.2.2013 - 15 CS 12.2425 - juris Rn. 19). Eine andere Beurteilung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Antragsteller möglicherweise aufgrund der Umstände des Einzelfalls hier von der geänderten Bauausführung keine frühere Kenntnis erlangen konnten.

2. Offen bleiben kann deshalb, ob die Klage der Antragsteller - worauf das Verwaltungsgericht abgestellt hat - wegen der Bestandskraft der öffentlich bekannt gemachten Baugenehmigung unzulässig ist oder ob den Antragstellern im Klageverfahren aufgrund der vorliegenden Besonderheiten des Einzelfalles vielmehr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 60 Rn. 10). Insoweit dürfte hier nämlich zu berücksichtigen sein, dass das mit Bescheid vom 14. April 2014 genehmigte Bauvorhaben von den ursprünglich von den Antragstellern unterzeichneten Plänen abweicht, ohne dass diese - entgegen der vom Beigeladenen zu 1 gegenüber der Antragsgegnerin abgegebenen Bestätigung vom 13. März 2014 (Bl. 73 der Behördenakte B2-2012-928, B2-2014-724) - im Laufe des Verfahrens erneut beteiligt worden sind. Es erscheint daher zumindest fraglich, ob bei Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis und im Hinblick auf die Pflicht der Nachbarn, Einwendungen gegen ein Bauvorhaben möglichst ungesäumt vorzutragen, vorliegend - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - ohne Weiteres auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werden kann. Die Antragsteller mussten zwar im Hinblick auf die Unterzeichnung der Pläne im Herbst 2012 mit der Erteilung einer Baugenehmigung durch die Antragsgegnerin rechnen, nicht jedoch wohl mit der Genehmigung eines hiervon nicht nur unwesentlich abweichenden Bauvorhabens. Inwieweit die tatsächliche und genehmigte Bauausführung von der von den Antragstellern unterzeichneten Planung abweicht sowie ob und wann die hier vorliegende Änderung der Bauausführung für die Antragsteller in Folge dessen erkennbar gewesen ist, bedarf gegebenenfalls der weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da die Beigeladene zu 2 - anders als der Beigeladene zu 1 - einen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Verwaltungsgericht).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 17. November 2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung eines … mit Tiefgarage auf den im Umgriff des Bebauungsplans Nr. 112 des Antragsgegners liegenden Grundstücken Flnrn. 2450/9, 2450/10 und 2450/88 der Gemarkung … Die Baugenehmigung wurde am 19. November 2016 im Amtsblatt des Antragsgegners öffentlich bekannt gemacht.

Gegen diese Baugenehmigung erhob die Eigentümerin des Grundstücks Flnr. 2450/7, das nördlich an das Grundstück Flnr. 2450/9 angrenzt, am … Dezember 2016 Anfechtungsklage. Die Klage ist bei der Kammer unter dem Aktenzeichen M 11 K 16.5732 anhängig. Außerdem hat diese Eigentümerin gegen den Bebauungsplan Nr. 112 eine Normenkontrollklage erhoben, die beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig ist.

Die Antragstellerin ist Sondereigentümerin einer Wohnung eines auf dem Grundstück Flnr. 2469/4 befindlichen Anwesens (…straße ...). Dieses Grundstück befindet sich östlich der Bauvorhabengrundstücke, grenzt an diese allerdings nicht direkt an. Dazwischen liegt noch das dem Antragsgegner gehörende Grundstück Flnr. 2469/3. Die Wohnung der Antragstellerin befindet sich im zweiten Obergeschoss im südlichen Teil des Anwesens und besitzt einen zum Bauvorhaben hin ausgerichteten Balkon.

Mit Beschluss vom 26. Juni 2017 setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan Nr. 112 des Antragsgegners bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug (1 NE 17.716).

Am … Juli 2017 erhob die Antragstellerin ebenfalls Klage gegen die Baugenehmigung vom 17. November 2016, die bei der Kammer unter dem Aktenzeichen M 11 K 17.3560 anhängig ist. Vorsorglich wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Versäumung der Klagefrist sei als unverschuldet anzusehen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom ... September 2017 beantragte die Antragstellerin zusätzlich,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom … Juli 2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. November 2016 anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Es sei davon auszugehen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollhauptsacheverfahren seine Eilentscheidung bestätigen werde. Das Objekt, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befinde, umfasse nur drei Stockwerke und ein Dachgeschoss. Das Bauvorhaben umfasse dagegen 5 Vollgeschosse. Es habe eine Wandhöhe von 16,5 Metern. Ein Teil der gegenüber der Wohnung der Antragstellerin liegenden Wand sei zurückversetzt und messe noch eine Höhe von 13,55 Metern. Zudem liege das natürliche Gelände bis zu einem halben Meter tiefer. Es komme auch bei einer 13,55 Meter hohen Gebäudewand zu einer deutlichen Erhöhung im Vergleich zum Bestandsbau. Außerdem handele es sich trotz des Gebäudeversatzes um einen fünfstöckigen Sonderbau. Zudem weise das … auf einer Länge von 3,2 Metern die volle Wandhöhe von 16,60 Metern zum Sondereigentum der Antragstellerin auf. Infolgedessen würden die Abstandsflächen unterschritten und die Antragstellerin in den vom Abstandsflächenrecht umfassten Schutzgütern massiv verletzt. Das Maß der baulichen Nutzung habe zudem abriegelnde und erdrückende Wirkung. Die weitere Umgebungsbebauung weise kein solches Maß auf. Der bisherige Straßenverlauf werde verändert. Dadurch würden sich die Abstandsflächen des Objektes in der …straße ... selbst verändern. Wegen der Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten (200) und des dadurch bedingten Verkehrsaufkommens sei mit einem erheblichen Lärmaufkommen zu rechnen. Mit weiteren massiven Lärmimmissionen sei durch die im Dachgeschoss vorgesehene intensive Nutzung (Spa, Panoramasauna, Mehrzweckräume) zu rechnen. Es entstehe eine dachterrassenähnliche Nutzungsmöglichkeit für die Besucher. Der Bau schreite voran. Der Bescheid sei gegenüber der Antragstellerin noch nicht bestandskräftig, weil Wiedereinsetzung zu gewähren sei. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Ihr Sondereigentum liege im Bereich der Abstandsflächen. Durch die Dachterrasse und das erhöhte Verkehrsaufkommen sei mit erheblichen Lärmimmissionen zu rechnen. Der Wohnfriede werde durch die Einblicksmöglichkeit auf den Balkon verletzt. Der Antrag sei auch begründet. Die Klage sei wegen der zu gewährenden Wiedereinsetzung zulässig. Die Klage sei zudem begründet. Die Antragstellerin sei in ihren vom Abstandsflächenrecht umfassten Schutzgütern verletzt. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei nicht anzuwenden, weil der außer Vollzug gesetzte Bebauungsplan nicht herangezogen werden könne. Die nach der Wandhöhe zu bemessende Tiefe der Abstandsflächen sei nicht eingehalten. Die Abstandsflächen lägen insbesondere nicht mehr auf dem Grundstück der Bauherrin und würden die Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche überschreiten. Eine Ausnahme, dass eine Tiefe von weniger als 1 H eingehalten werden dürfe, komme nicht in Frage. Auch das 16-Meter-Privileg finde keine Anwendung. Ginge man von der Wirksamkeit des Bebauungsplans aus, verletze das Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme. Die deutlich größere Gebäudehöhe und der massive Baukörper würden zu einer massiven Einschränkung der vom Abstandsflächenrecht geschützten Rechtsgüter wie Besonnung, Belichtung und Belüftung führen. Der soziale Wohnfriede werde nachhaltig gestört. Das Vorhaben habe eine erhebliche erdrückende und abriegelnde Wirkung. Außerdem würde die Antragstellerin in ihrem Recht auf Rücksichtnahme durch die zu erwartenden massiven Lärmbelästigungen verletzt. Die Hauptsacheklage werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein. Das Aussetzungsinteresse überwiege daher das Vollzugsinteresse.

Die Beigeladene beantragte, den Antrag abzulehnen.

Sie wandte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 26. September 2017 im Wesentlichen ein:

Die Beigeladene habe im Vertrauen auf die Wirksamkeit von Bebauungsplan und Baugenehmigung bereits am 22. Mai 2017 mit der Verwirklichung des Vorhabens begonnen. Die Antragstellerin habe sich erst mit Schreiben vom 24. Juni 2017 beim Antragsgegner erkundigt, welche Arbeiten auf dem Vorhabengrundstück stattfänden. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 6. Juli 2017 umfänglich aufgeklärt. Der Abstand des Gebäudes, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befinde, zum Bauvorhaben betrage an der engsten Stelle ca. 20 Meter. Zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Grundstück, auf dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde, liege das im Eigentum des Antragsgegners liegende Grundstück Flnr. 2469/3, das bis zum Beginn der Bauarbeiten faktisch als Abstellfläche für Fahrzeuge verwendet worden sei. Selbst bei Anwendung der Abstandsflächenregelung der BayBO läge die zu bildende Abstandsfläche vollständig außerhalb des Grundstücks, auf dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde. Das Gebäude der Antragstellerin verfüge über drei Geschosse zuzüglich Dachgeschoss, wobei das Erdgeschoss als Hochparterre ausgebildet sei. Die traufseitige Wandhöhe betrage ca. 9,30 Meter. Es sei offensichtlich, dass auch das Gebäude, in dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde, die Abstandsflächen nicht einhalte. Angesichts der vorhandenen Nutzungen sei die Antragstellerin bereits jetzt mit einem gewerblich geprägten Umfeld und entsprechenden Besucherfrequenzen konfrontiert. Die Beigeladene rechne damit, dass die Gäste des … überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen würden. Im Übrigen sei im Rahmen des Bebauungsplans die schalltechnische Verträglichkeit des … mit der östlich gelegenen Bebauung untersucht worden. Die durch die Antragstellerin befürchtete lärmintensive Nutzung der straßenseitigen Dachterrassenfläche werde faktisch durch einen in der Baugenehmigung noch nicht berücksichtigten Technikaufbau unterbunden. Die Höhenentwicklung in der näheren Umgebung sei inhomogen. Die Beigeladene habe beim Antragsgegner zwischenzeitlich die Aufstellung eines geänderten Bebauungsplans beantragt. Die Beigeladene gehe von einer alsbaldigen Erledigung des Normenkontrollverfahrens wegen der Planänderung aus. Der Beigeladenen drohe bei Außervollzugsetzung der Baugenehmigung ein erheblicher finanzieller Schaden. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Sie sei keine Nachbarin im Rechtssinne. Sie sei auch in ihrem Sondereigentum nicht betroffen. Bezüglich der Abstandsflächen gelte, dass eine Nichteinhaltung vom Sondereigentümer nur gerügt werden könne, wenn die maßgeblichen Abstandsflächen nicht nur auf dem Gemeinschaftseigentum zum Liegen kommen, sondern auch in das Sondereigentum hineinreichen. Im vorliegenden Fall komme die östliche Abstandsfläche noch auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flnr. 2469/3 zum Liegen. Die behauptete Lärmbeeinträchtigung sei nicht gegeben. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die behauptete Belastung über das Maß hinausreiche, die das gesamte Grundstück und mithin die Eigentümergemeinschaft als solche betreffe. In der Hauptsache würden die Erfolgsaussichten fehlen. Die Hauptsacheklage sei unzulässig. Es fehle die Klagebefugnis. Außerdem sei die Klage verfristet. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren. Die Klage sei überdies unbegründet. Das Maß der baulichen Nutzung sei nicht drittschützend. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Auch in Ansehung von § 22 Abs. 1 BImSchG sei eine Rechtsverletzung nicht ersichtlich. Die im Bauleitplanverfahren erstellte schalltechnische Untersuchung belege, dass die Richtwerte der TA Lärm eingehalten seien. Die Einstufung als Mischgebiet sei ohne weiteres sachgerecht.

Mit Schreiben vom … September 2017 ergänzte der Bevollmächtigte der Antragstellerin sein Vorbringen. Es werde weiterhin mit Hochdruck gearbeitet. Die Wände für das dritte Obergeschoss seien mittlerweile errichtet. Es bestehe die Gefahr, dass durch die Fertigstellung des Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis entfalle.

Der Antragsgegner hat sich bisher nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens M 11 SN 4263, des zugehörigen Hauptsacheverfahrens M 11 K 17.3560, des Verfahrens M 11 K 16.5732 und die in diesem letztgenannten Verfahren vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Er ist zwar zulässig.

Insbesondere ist die Antragstellerin als Sondereigentümerin einer Wohnung im Anwesen …straße ... entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie im Sinne dieser Vorschrift ausreichend geltend gemacht hat, durch die erteilte Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein.

Die Antragstellerin macht im Wesentlichen eine Verletzung von Vorschriften des Abstandsflächenrechts sowie des Gebots der Rücksichtnahme durch unzumutbare Lärmimmissionen und durch eine übermäßige, abriegelnde und erdrückende Bebauung geltend. Auf jeden dieser geltend gemachten Verstöße kann eine Nachbarklage grundsätzlich gestützt werden.

Das Vorbringen der Antragstellerin ist in Bezug auf jeden dieser Gesichtspunkte zur Bejahung der Antragsbefugnis ausreichend. In Bezug auf das Abstandsflächenrecht hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass es im vorliegenden Fall auf die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften wegen der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 112 des Antragsgegners ankomme, die in Richtung des Anwesens …straße ... fallenden Abstandsflächen des Bauvorhabens nicht auf den eigenen Grundstücken der Beigeladenen zum Liegen kämen und selbst über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinausreichen würden. Da die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO grundsätzlich als nachbarschützend anzusehen ist, weil diese Regelung auch und gerade dazu dient, dass der gegenüberliegende Nachbar ebenso verfahren und auch auf seiner Seite die öffentliche Fläche zur Hälfte für die Lage seiner Abstandsflächen in Anspruch nehmen kann (vgl. Simon / Busse / Dhom / Franz / Rauscher, 125. EL Mai 2017, BayBO Art. 6 Rn. 608), ist damit ein Verstoß gegen eine drittschützende Norm grundsätzlich hinreichend geltend gemacht. Die Antragsbefugnis ist insoweit auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Antragstellerin „nur“ Sondereigentümerin einer der im Anwesen …straße ... gelegenen Wohnungen ist. Es ist anerkannt, dass auch ein einzelner Wohnungseigentümer die Nachbarrechte geltend machen kann, sofern gerade eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (vgl. für das Abstandsflächen-recht z. B. BayVGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 1 CS 17.918 - juris). Das ist hier nicht von vornherein zu verneinen, da die Antragstellerin hinreichend dargelegt hat, dass ihre Wohnung zum Bauvorhaben hin ausgerichtet ist und die ostseitigen Abstandsflächen des Bauvorhabens gerade vor ihrer Wohnung zum Liegen kommen. In Bezug auf die behauptete erdrückende bzw. abriegelnde Wirkung und die geltend gemachten Lärmimmissionen gilt angesichts der Kubatur des Bauvorhabens, der vorgesehenen Nutzungen sowie des Umstands, dass der Gebäudeteil des Anwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befindet, einen geringeren Abstand zum Vorhaben aufweist als die weiter nördlich gelegenen Wohnungen in der …straße, nichts anderes.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

a) Nach summarischer Prüfung ist offen, ob die Hauptsacheklage Erfolg haben wird. aa) Die Klage ist voraussichtlich zulässig.

Insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben. Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO beträgt die Klagefrist im vorliegenden Fall ein Jahr.

Zwar dürfte die in der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt des Antragsgegners vom 19. November 2016 (Anlage K 2 zur Klageschrift) enthaltene falsche Gemarkungsangabe („…“) die Anstoßfunktion der Bekanntmachung nicht in Frage stellen, weil wegen der - richtigen - Straßenbezeichnung für die Betroffenen wohl kein Zweifel bestehen konnte, wo das Bauvorhaben lag.

Allerdings war in der Bekanntmachung eine Rechtsbehelfsbelehrung:abgedruckt, die dem Umstand, dass beim Verwaltungsgericht München seit dem 1. Mai 2016 eine Klageerhebung auch in elektronischer Form möglich ist (vgl. E-Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungsgerichte - ERVV VwG - GVBl. S. 69), nicht Rechnung trug. Zwar verlangt § 58 Abs. 1 VwGO nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Belehrung auch über die Form (z. B. BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 - 1 B 145/97 - juris Rn. 5). Die Belehrung darf aber andererseits hinsichtlich der Formerfordernisse keine irreführenden oder gar unrichtigen Angaben oder Zusätze enthalten, die geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG a. a. O. Rn. 7). Das ist hier jedoch gerade der Fall. Die im Amtsblatt abgedruckte Rechtsbehelfsbelehrung:verweist nur darauf, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden könne. Die durch die ERVV VwG eingeführte Möglichkeit der Klageerhebung erwähnt sie nicht. Bereits dies dürfte zur Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO führen. Hinzukommt, dass in den nach der Rechtsbehelfsbelehrung:abgedruckten „Hinweisen zur Rechtsbehelfsbelehrung:“ sogar noch ausdrücklich betont wird, dass die Klageerhebung in elektronischer Form (z. B. durch E-Mail) unzulässig sei. Auch wenn der Klammerzusatz insoweit richtig ist, als durch eine einfache E-Mail keine Klage zulässig erhoben werden konnte und kann, ist der gesamte Hinweis jedenfalls falsch, weil er nur so verstanden werden kann, dass jede elektronische Form der Klageerhebung und damit auch diejenige, die den Erfordernissen der ERVV VwG genügt, unzulässig sei. Indem die Rechtsbehelfsbelehrung:bzw. die ihr beigefügten Hinweise eine zulässige Form der Klageerhebung ausschließen, war sie geeignet, die Erhebung der Klage zu erschweren. Infolgedessen ist § 58 Abs. 2 VwGO einschlägig.

Auf den von der Antragstellerin gestellten Wiedereinsetzungsantrag kommt es deshalb nicht an.

Die Antragstellerin ist auch klagebefugt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Antragsbefugnis verwiesen.

bb) Ob die Klage in der Sache Erfolg haben wird, ist offen.

aaa) In Bezug auf das Abstandsflächenrecht dürfte die Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig sein, weil sie gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO verstößt.

Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist ein Sonderbau mit der Folge, dass die Vorschriften des Abstandsflächenrechts zum Genehmigungsmaßstab der Baugenehmigung gehören (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO).

Die Kammer geht davon aus, dass kein Fall vorliegt, in dem sich aus planungsrechtlichen Vorschriften ergeben würde, dass die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ganz oder zum Teil nicht gelten würden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. Juni 2017 den Bebauungsplan Nr. 112 außer Vollzug gesetzt. Diese Entscheidung hat in personeller Hinsicht Wirkung gegenüber jedermann (Bier, in Schoch / Schmid-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 47 Rn. 182), somit auch gegenüber der im Normenkontrollverfahren nicht beteiligten Antragstellerin. Die Außervollzugsetzung hat inhaltlich die Wirkung, dass der Bebauungsplan jedenfalls seitdem so zu behandeln ist, als existiere er nicht (Bier, in Schoch / Schmid-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 47 Rn. 185). Ob dies nicht nur bedeutet, dass er als Grundlage für künftige Baugenehmigungen ausscheidet, sondern darüber hinaus im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung einer vor Außervollzugsetzung erteilten Baugenehmigung zwingend von der Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen ist, kann dahin stehen. Die Beteiligten haben gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs inhaltlich nichts vorgebracht, das Anlass böte, in Abweichung von der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der den Bebauungsplan als voraussichtlich insgesamt unwirksam angesehen hat (vgl. S. 8 oben der Gründe), vorläufig von der Wirksamkeit oder zumindest von einer Teilwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen.

Die Baugenehmigung verstößt wohl gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO. Zwar dürfte das Grundstück Flurnummer 2469/3, das im Eigentum des Antragsgegners steht, als Fläche im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Betracht kommen. Aus der von der Beigeladenen selbst vorgelegten Darstellung der ostseitigen Abstandsflächen (Anlage B 6 zum Schriftsatz vom 26. September 2017) ergibt sich jedoch, dass diese Abstandsflächen bei Zugrundelegung von 1 H im südlichen Teil deutlich über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinausragen. Die Länge der östlichen Außenwand des südlichen Bauteils beträgt nach den Bauvorlagen schon für sich genommen 18,35 Meter, so dass nicht erkennbar ist, dass die Beigeladene insoweit das 16-Meter-Privileg (Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO) in Anspruch nehmen könnte. Es wurde auch nicht dargelegt, dass sich eine geringere Abstandsflächentiefe auf Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO stützen ließe. Vorläufig muss deshalb angenommen werden, dass das Bauvorhaben mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO nicht vereinbar ist.

bbb) Die Antragstellerin ist aber hierdurch wohl nicht in ihren subjektiven Rechten als Sondereigentümerin verletzt.

Die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO ist zwar nachbarschützend (siehe oben). Auch steht der Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass der Bebauung auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft ein annähernd gleichgewichtiger Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht entgegenzuhalten ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 1 CS 17.918 - juris). Nach den Angaben der Beigeladenen soll das Anwesen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine traufseitige Wandhöhe von 9,30 Meter besitzen. Diese Wandhöhe zugrunde gelegt, dürften nach den der Kammer möglichen Messungen anhand der vorliegenden Pläne die westlichen Abstandsflächen des Anwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 entweder überhaupt nicht überschreiten oder jedenfalls bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie dies umgekehrt beim Vorhaben der Beigeladenen der Fall ist.

Die Antragstellerin ist jedoch durch den Abstandsflächenverstoß im Ergebnis wohl nicht konkret in ihrem Sondereigentum beeinträchtigt. Nach der handschriftlichen Eintragung auf dem als Anlage Ast 5 zur Antragsschrift vom ... September 2017 vorgelegten Foto befindet sich die Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss im südlichen Bereich des Anwesens, unmittelbar angrenzend an das Nachbargebäude …straße ... (Flurnummer 2469/2). Aus der Zusammenschau mit der Abstandsflächendarstellung der Beigeladenen (Anlage B 6 zur Antragserwiderung vom 26. September 2017) ist ersichtlich, dass die Abstandsflächenüberschreitung über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinweg genau in dem Bereich vor der Wohnung der Antragstellerin liegt.

Allein dies genügt jedoch wohl nicht, um eine konkrete Beeinträchtigung des Sondereigentums der Antragstellerin bejahen zu können. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass ein Sondereigentümer erst dann konkret beeinträchtigt sei, wenn die Abstandsflächen auf seinem Sondereigentum zum Liegen kommen (so VG München, Urteil vom 4. März 2016 - M 8 K 14.5724). Das würde bedeuten, dass ein Sondereigentümer eine Abstandsflächenverletzung auch dann noch nicht geltend machen könnte, wenn die Abstandsflächen bis unmittelbar vor die Außenwand seiner Wohnung fallen. Die Kammer kann für das Eilverfahren offen lassen, ob dem zu folgen sein wird. Selbst wenn man einen weniger strengen Maßstab anlegt, muss aber mindestens berücksichtigt werden, wie groß der Abstand zwischen den Gebäuden tatsächlich ist, in welcher Etage sich die betroffene Wohnung befindet und wie gravierend der Abstandsflächenverstoß ist. Im vorliegenden Fall dürfte der Abstand zwischen der Wohnung der Antragstellerin zur fraglichen Wand des streitgegenständlichen Gebäudes immerhin bereits 20 Meter betragen. Aus dem vorgelegten Foto über die Lage der Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss ist ohne weiteres erkennbar, dass das Fußbodenniveau dieser Wohnung um deutlich mehr als 5 Meter höher liegt als das Niveau der Geländeoberfläche. Umgekehrt kann man der Ab-standsflächendarstellung der Beigeladenen entnehmen, dass die Abstandsflächentiefe des Vorhabens die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 zwar nicht unerheblich, jedenfalls aber wohl nicht um 5 Meter oder mehr überschreitet. Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen dem Bodenniveau der im 2. Obergeschoss befindlichen Wohnung der Antragstellerin und dem Niveau des oberen Abschlusses der Wand des Bauvorhabens nicht größer ist als der Höhenunterschied zwischen einer auf dem Niveau der natürlichen Geländeoberfläche befindlichen Erdgeschosswohnung und einem mit gleichem Abstand errichteten, aber 5 Meter niedrigeren und damit jedenfalls die Abstandsflächen einhaltenden - und damit von den Nachbarn hinzunehmenden - Gebäude. Nach vorläufiger Ansicht der Kammer liegt daher eine über die grundstücksbezogene Beeinträchtigung hinausgehende konkrete Beeinträchtigung der im Sondereigentum der Antragstellerin stehenden Wohnung nicht vor, weil nicht anzunehmen ist, dass auch und gerade bezüglich dieser Wohnung die vom Abstandsflächenrecht gestellten Mindestanforderungen an Belichtung, Belüftung und Sozialabstand nicht eingehalten sind.

ccc) Nach summarischer Prüfung zu verneinen ist auch, dass das Vorhaben eine konkret die Wohnung der Antragstellerin beeinträchtigende abriegelnde oder erdrückende Wirkung hat. Insoweit muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass das streitgegenständliche Gebäude sich in immerhin 20 Meter Entfernung befindet und die Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss liegt. Nichts anderes ergibt sich auch bei Mitberücksichtigung der Gesamtlänge des Gebäudekomplexes, den das Gebäude mit dem nördlich anschließenden Bestandsgebäude, an das es angebaut wird, bildet. Denn auch die Wohnung der Antragstellerin befindet sich in einem Gebäude, das nach Süden hin geschlossen an andere Gebäude angebaut ist. Dieser Gebäudekomplex mit der Wohnung der Antragstellerin dürfte, wie man dem Lageplan der genehmigten Bauvorlagen entnehmen kann, knapp 90 Meter lang sein. Insgesamt ist das Bauvorhaben nach summarischer Prüfung gegenüber der Antragstellerin somit nicht aufgrund seiner Kubatur und Situierung rücksichtslos.

ddd) Ob das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht gegenüber der Antragstellerin rücksichtslos ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die angegriffene Baugenehmigung sieht einerseits für die Ostfassade des streitgegenständlichen Gebäudes Lärmschutzauflagen vor, verzichtet andererseits aber darauf, Grenzwerte zugunsten der Nachbarn festzusetzen. Ob die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, muss als offen angesehen werden, zumal sich aus der von der Beigeladenen als Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 26. September 2017 vorgelegten Zusammenfassung des im Bebauungsplanverfahren erstellten Berichts des Ingenieurbüros … vom ... April 2015 ergibt, dass die Immissionsrichtwerte an der bestehenden Wohnbebauung außerhalb des Plangebiets „nachts gerade eingehalten“ seien.

b) Angesichts der nur hinsichtlich der geltend gemachten Lärmimmissionen offenen Erfolgsaussichten überwiegt das private Interesse der Beigeladenen, die Bauarbeiten fortführen zu können, das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass ihr im Fall der Nichtfortführung des Baus ein ganz erheblicher finanzieller Schaden entsteht. Auch ist davon auszugehen, dass selbst dann, wenn die Baugenehmigung die Antragstellerin in Bezug auf den Lärmschutz in ihren Rechten verletzen sollte, durch die Fortführung der Bauarbeiten keine nicht mehr rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen werden, sondern durch ergänzende Auflagen und ggf. durch gewisse Umplanungen eine die Rechte der Antragstellerin wahrende Gesamtsituation erreicht werden kann. Nicht zu verkennen ist zwar, dass sich, obwohl die Baugenehmigung im Dezember 2016 von anderer Seite angefochten, ein Normenkontrollverfahren eingeleitet und der die Grundlage bildende Bebauungsplan vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof schließlich außer Vollzug gesetzt worden ist, die Beigeladene trotz des damit verbundenen Risikos dafür entschieden hat, mit dem Bau zu beginnen bzw. diesen fortzuführen. Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin den Eilantrag erst zu einem Zeitpunkt gestellt hat, zu dem sich, wie die mit der Antragsschrift vom ... September 2017 vorgelegten Bilder zeigen, das Bauvorhaben schon in einem fortgeschrittenen Stadium befand, obwohl der Beginn der Bauarbeiten der Antragstellerin, die in ihrer Eigentumswohnung auch selbst wohnt, nicht verborgen geblieben sein konnte. Insgesamt ist es deshalb angemessen, dass die Beigeladene die Bauarbeiten vorläufig fortsetzen darf.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. den Nrn. 1.5 u. 9.7.1 des Streitwertkatalogs.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I. Der Bebauungsplan “westlich der L-straße und des W…“ wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

II. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan “westlich der L-straße und des W…“ in seinem nördlichen Teilbereich Sondergebiet „Tourismus“, den die Antragsgegnerin am 24. August 2016 beschlossen und am 12. Oktober 2016 bekanntgemacht hat.

Der Bebauungsplan sieht in seinem nördlichen Teil, in dem die Antragstellerin Eigentümerin eines mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks ist, ein Sondergebiet „Tourismus“, insbesondere mit Übernachtungsmöglichkeiten im mittleren Preissegment sowie weiteren touristischen Dienstleistungen, vor. Dieser Bereich wird durch eine Kletterhalle geprägt. Der Antragsgegner hat insoweit zuletzt am 7. Dezember 2016 beschlossen, eine Kletterhalle im Bereich des geplanten Sondergebiets G… 2020 vorzusehen. Im Süden schließt zunächst ein weiteres Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „besonderer Wohnbedarf“ an, anschließend sieht der Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet vor. In allen drei Teilen des Bebauungsplans findet sich zum Pflanzgebot die Festsetzung „pfg 2“ (Pflanzgebot 2), die gewährleisten soll, dass hochwertig gestaltete, abwechslungsreiche Grün- und Freiflächen entstehen und durch die Vernetzung dieser Flächen eine Durchlässigkeit gegeben ist, die den jeweiligen Bereich für alle Bewohner des Quartiers erlebbar macht.

Die Antragstellerin hat gegen diesen Bebauungsplan Normenkontrollklage erhoben, die beim Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 1 N 16.2567 anhängig ist. Sie beantragt, den Bebauungsplan in seinem nördlichen Teilbereich Sondergebiet „Tourismus“ außer Vollzug zu setzen, weil der Bebauungsplan gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit verstoße. Es handle sich um eine Gefälligkeitsplanung zu Gunsten der Beigeladenen und damit um eine Negativ- bzw. Verhinderungsplanung zu ihren Lasten. Auch sei der Bebauungsplan mit seinen Festsetzungen so nicht vollziehbar. Westlich von ihrem Bestandsgebäude sei auf ihrem Grundstück eine Grün- und Freifläche vorgesehen, die für jedermann, insbesondere für die auf den Nachbargrundstücken in den geplanten Gebäuden untergebrachten Touristen, zugänglich sein solle. Da eine Einigung auf ein zivilrechtliches Betretungs- und Nutzungsrecht auf ihrem Grundstück nicht habe erzielt werden können, sei der Bebauungsplan einschließlich seiner Begründung an dieser Stelle nicht umsetzbar und damit nicht erforderlich. Des Weiteren macht sie die Unbestimmtheit der Planung im Hinblick auf die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung und zum Maß der baulichen Nutzung geltend. Ihre Belange seien nicht ausreichend abgewogen worden. Ungeachtet der Frage, ob von der Beigeladenen gegenwärtig ein neues aussagekräftiges Bebauungskonzept erarbeitet werde, halte diese an einer touristischen Nutzung fest und habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie von einer weiteren Vollziehung des Bebauungsplans absehe. Da der Bebauungsplan derzeit noch wirksam sei und jederzeit vollzogen werden könne, fehle es weder am Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag, noch an der Gefahr, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten dem Antrag entgegen. Die Aussetzung des Vollzugs des Bebauungsplans sei nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen Gründen dringend geboten. Die Antragstellerin führe lediglich aus, dass ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung zu befürchten sei, dass Tatsachen geschaffen würden, die später nicht mehr oder nur schwer rückgängig gemacht werden könnten, wenn in der Hauptsache die Unwirksamkeit des Bebauungsplans festgestellt werden würde. Dies gelte für das bereits genehmigte Hostel im nördlichen Bereich des Bebauungsplans nicht. Auch stelle der bloße Vollzug des Bebauungsplans keinen schweren Nachteil dar. Der Bebauungsplan sei auch nicht offensichtlich abwägungsfehlerhaft. Ein sog. „Platz-Erlebnis“ im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin sei durch die Festsetzung „pfg 2“ weder vorgesehen noch festgesetzt. Diese Festsetzung beinhalte lediglich einen sich über die Baugebiete erstreckenden innenliegenden Bereich mit geringerer baulicher Dichte und verbesserter Grünausstattung in den Freibereichen. Die Festsetzung sei ohne weiteres umsetzbar. Dem Antragsgegner sei auch bekannt gewesen, dass die auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandene rückwärtige Freifläche (gegenwärtig) nicht für eine „halb“-öffentliche Nutzung zur Verfügung stehe. Aufgrund des durch den Bebauungsplan geschaffenen großen städtebaulichen Potentials sei aber zumindest von einer mittelfristigen Umsetzung der Planung auszugehen. Auch solle die im nördlichen Bereich festgesetzte Kletterhalle dort nicht mehr verwirklicht werden. Die Beigeladene habe aufgrund dieser wesentlichen Änderung der bisherigen Plankonzeption die Einleitung eines förmlichen Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans beantragt und erarbeite ein neues Konzept für diesen Bereich, sodass vor diesem Hintergrund der Bebauungsplan im Sondergebiet „Tourismus“ nicht (weiter) vollzogen werde. Im Übrigen handle es sich nicht um eine Gefälligkeits- oder Negativplanung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren des Normenkontrollantrags (1 N 16.2567) Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners fehlt dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin gegen die Errichtung des Hostels vorgehen könnte. Angesichts des unterschiedlichen Streitgegenstands und Prüfungsumfangs der Verfahren kommt den Rechtsschutzmöglichkeiten nach § 80a Abs. 3 und § 123 VwGO nicht der Vorrang vor einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu; vielmehr können die Verfahren grundsätzlich nebeneinander in Anspruch genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2016 - 1 NE 16.1765 - juris Rn. 6 unter Hinweis auf B.v. 10.8.2016 - 1 NE 16.1174 - juris Rn. 5 zum Sonderfall, dass mit einer Baugenehmigung die Festsetzungen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans vollständig umgesetzt worden sind).

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin fehlt auch nicht im Hinblick auf die angekündigte (wesentliche) Änderung der bisherigen Planungskonzeption im nördlichen Teilbereich des Bebauungsplans. Danach ist beabsichtigt, dass die bisher dort geplante Kletterhalle im Bereich des geplanten Sondergebiets G… 2020 errichtet werden soll (vgl. Niederschrift der Sitzung des Marktgemeinderats vom 7. Dezember 2016, TOP 11). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen handelt es sich dabei aber nicht um einen gesicherten Verzicht auf den weiteren Vollzug des Bebauungsplans. Denn zum einen liegt nach den vorgelegten Unterlagen noch kein Beschluss zur Änderung des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans vor, sondern nur ein schriftlicher Antrag der Beigeladenen an den Antragsgegner, einen Beschluss über die Aufstellung eines Teiländerungsplans zu fassen. Damit gilt der Bebauungsplan in seiner hier zugrunde liegenden Fassung fort. Zum anderen verdeutlicht die angekündigte Erarbeitung eines neuen Bebauungskonzepts durch die Beigeladene, dass auch weiterhin eine Bebauung im Sondergebiet „Tourismus“ beabsichtigt und - durch die Beigeladene selbst oder durch Dritte - möglich ist. Dass für das Hostel bereits eine Baugenehmigung erteilt wurde, vermag daran nichts zu ändern.

2. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen zwingend geboten ist. Prüfungsmaßstab bei Bebauungsplänen sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 3.1.2013 - 1 NE 12.2151 - BayVBl 2013, 406). Erweist sich, dass der Normenkontrollantrag zulässig und voraussichtlich begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 - BauR 2015, 968).

Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung wird sich der angegriffene Bebauungsplan als unwirksam erweisen, weil er (insgesamt) gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit einer Festsetzung (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) verstößt. Dort wird gemäß der zeichnerischen Festsetzung „pfg2“ und der textlichen Festsetzung Nummer 7 „Grünflächen, pfg 2“, die sich auf sämtliche Teilgebiete des Bebauungsplans erstreckt, im Rahmen des Pflanzgebots verbindlich eine Vernetzung der Grün- und Freiflächen innerhalb des Pflanzgebots und damit des Bebauungsplangebiets vorgeschrieben. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56). Nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, sowie Pläne, die einer positiven Plankonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind oder wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 - BVerwGE 153, 16 unter Hinweis auf U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537, U.v. 26.3.2009 - 4 C 21.07 - BVerwGE 133, 310 und U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137). Nach vorläufiger Einschätzung des Senats ist der angefochtene Bebauungsplan vor dem Hintergrund der vorstehend aufgeführten textlichen und zeichnerischen Festsetzung auf Dauer oder jedenfalls auf unabsehbare Zeit nicht vollziehbar und entbehrt daher der städtebaulichen Erforderlichkeit. Zwar weisen der Antragsgegner und die Beigeladene zu Recht darauf hin, dass das Pflanzgebot dem Wortlaut nach keine Festsetzung einer öffentlichen Freifläche oder eines öffentlichen Platzes darstellt und ohne weiteres umgesetzt werden kann. Dabei kann offen bleiben, woraus sich die vorgesehene Beschränkung der Umsetzung des Pflanzgebots (erst) für den Fall der Umgestaltung der Freifläche ergibt. Denn das insoweit vorgesehene Grundstück im nördlichen Teilbereich des Bebauungsplans steht im Eigentum der Antragstellerin. Diese beabsichtigt nach ihren unwidersprochenen und eindeutigen Angaben nicht, den vorgesehenen Teilbereich des Grundstücks, der gegenwärtig als Parkfläche genutzt wird, der Öffentlichkeit bzw. den Bewohnern des Quartiers zur Verfügung zu stellen. Damit kann aber das grundlegende Konzept, das dem Bebauungsplan ausweislich der vorgenannten Festsetzungen und nach Nummer 6 der Begründung des Bebauungsplans zugrunde liegt, nicht umgesetzt werden. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung war für die Antragsgegnerin ersichtlich, dass eine zivilrechtliche Regelung für die öffentliche Nutzung der Freifläche der Antragstellerin nicht zustande gekommen war und dies auf absehbare Zeit auch so bleiben würde. Entgegen der Auffassungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen handelt es sich bei der Festsetzung aber nicht nur um eine bloße verbesserte Grünausstattung des sich über die Teilbaugebiete erstreckenden Innenbereichs einschließlich einer geringeren baulichen Dichte. Denn Ziel der Bauleitplanung war nach den vorliegenden Unterlagen nicht nur die aufgeführte Schaffung überwiegend von Wohnbauflächen und Flächen für touristische Zwecke, sondern gerade auch eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität der Anlieger und Bewohner des Quartiers durch hochwertig gestaltete, abwechslungsreiche Grün- und Freiflächen mit verschiedenen Schwerpunkten (beispielsweise als Kinderspiel-, Treff- und Ruhebereiche) und die Vernetzung dieser Flächen mit der damit einhergehenden Durchlässigkeit des Baugebiets vom Bahnhof bis in den Wohnbereich. Durch den Ausschluss der vorstehend genannten Betroffenen aus dem nördlichen Teilbereich, der unmittelbar an den Bahnhof angrenzt, kann dieses grundlegende Konzept erkennbar nicht mehr verwirklicht werden. Auf die Frage, ob in dem im Bauplanungsverfahren vorgelegten Planungskonzept für diese nördliche Teilfläche ein Platz“Erlebnis“ vorgesehen war, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

Eine nur teilweise Außervollzugsetzung des angegriffenen Bebauungsplans, wie sie die Antragstellerin beantragt hat, kommt hier nicht in Betracht, da der Plan nicht teilbar ist. Es ist nicht mit hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass der Antragsgegner den „Restplan“ auch ohne die Festsetzung „pfg2“ in der vorliegenden Form getroffen hätte, da die Konzeption zum Pflanzgebot, die gewährleisten soll, dass hochwertig gestaltete, abwechslungsreiche Grün- und Freiflächen entstehen und durch die Vernetzung dieser Flächen eine Durchlässigkeit gegeben ist, gerade auf die Vernetzung und Nutzung des Freiflächenbereichs abgestimmt ist. In einem solchen Fall hindert § 88 VwGO das Normenkontrollgericht nicht, abweichend vom gestellten Antrag die angegriffene Rechtsnorm insgesamt für unwirksam zu erklären (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 - 4 NB 3.91 - NVwZ 1992, 567). Entsprechendes muss dann auch für das Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gelten (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand Oktober 2016, § 47 Rn. 145).

Erweist sich der angegriffene Bebauungsplan aber bereits aus den vorstehend dargestellten Überlegungen voraussichtlich als unwirksam, bedarf es keines Eingehens auf die weiteren, von der Antragstellerin aufgeführten Rechts- und Abwägungsmängel. Der Senat weist aber im Hinblick auf ein mögliches (Teil)Änderungsverfahren darauf hin, dass Zweifel bestehen, ob im Hinblick auf die Festsetzung „pfg2“ das im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachtende Gebot der Konfliktbewältigung hinreichend berücksichtigt worden ist. Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Aufstellung eines Bebauungsplans alle betroffenen und schutzwürdigen privaten Interessen, insbesondere soweit sie sich aus dem Eigentum und seiner Nutzung herleiten lassen, zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, B.v. 21.2.1991 - 4 NB 16.90 - NVwZ 1991, 873). Auch wenn die bei der Durchführung eines Bebauungsplans absehbar verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Folgeprobleme nicht bereits im Bebauungsplan selbst oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem verbindlich und abschließend geregelt werden müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.1997 - 4 BN 4.97 - NVwZ 1998, 953) bestehen Zweifel, ob die Abwägungsentscheidung insoweit diesen Anforderungen genügt. Denn der Antragsgegner geht ungeachtet der gegenwärtig nicht möglichen „halb“-öffentlichen Nutzung der Freifläche ohne weitere Abwägung von Art, Ausmaß und Gewicht der potentiellen Beeinträchtigung des Grundeigentums der Antragstellerin und ohne Auseinandersetzung mit den Einwänden der Antragstellerin aufgrund des durch den Bebauungsplan geschaffenen großen städtebaulichen Potentials zumindest von einer mittelfristigen Umsetzung der Planung aus.

Der Senat hat darüber hinaus auch erhebliche Zweifel, ob die Bekanntmachungen der öffentlichen Auslegungen vom 13. Januar 2016 und 13. Juli 2016 im Hinblick auf die Darstellung der verfügbaren Informationen über Umweltbelange der nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB gebotenen Anstoßwirkung gerecht werden. Nach dieser Vorschrift sind von der Gemeinde neben Ort und Dauer der Auslegung der Planentwürfe auch Angaben dazu bekannt zu machen, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind. Mit der durch das Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien (EAG Bau vom 24.6.2004 - BGBl I S. 1359) eingefügten Hinweispflicht wollte der Gesetzgeber die Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten - Aarhus-Konvention - vom 25.6.1998, BGBl II 2006, 1251) umsetzen (s. BT-Drs. 15/2250 S. 44). Da der Hinweis zu den umweltbezogenen Informationen nicht nur dazu dient, der betroffenen oder bereits interessierten Öffentlichkeit eine effektive Vorbereitung auf ihre Beteiligung zu ermöglichen, sondern darüber hinaus das Ziel verfolgt, eine breitere Öffentlichkeit für Entscheidungsverfahren im Umweltbereich zu interessieren und ihre Beteiligungsbereitschaft zu fördern, muss dem Hinweis bereits eine erste inhaltliche Einschätzung entnommen werden können, welche Umweltbelange in den Stellungnahmen und sonstigen Unterlagen behandelt werden. Denn ohne konkrete, stichwortartige Benennung der verfügbaren umweltbezogenen Informationen kann die Öffentlichkeit nicht entscheiden, ob die Planung aus ihrer Sicht weitere, von den vorhandenen Stellungnahmen nicht abgedeckte Umweltbelange berührt, denen sie durch eigene Stellungnahmen Gehör verschaffen will (vgl. BVerwG, U.v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206).

Dieser Anforderung werden die Hinweise auf die verfügbaren umweltbezogenen Informationen in den genannten Bekanntmachungen nach vorläufiger Einschätzung des Senats nicht gerecht. Die Hinweise in den Bekanntmachungen mit einem kurzen Klammerzusatz, welche Informationen dem Umweltbericht zu entnehmen seien, lassen die konkret durch die Planung berührten Umweltbelange wie etwa Lärm, Erschütterungen, Zauneidechse nicht erkennen und ermöglichen keine inhaltliche Einschätzung, welche Informationen der Gemeinde zu den durch die Planung berührten umweltbezogenen Belangen vorgelegen haben (vgl. BVerwG, U.v. 18.7.2013 a.a.O.).

Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist auch aus wichtigen Gründen dringend geboten. Daran vermögen die Ausführungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen nichts zu ändern, wonach der Kletterturm in einem anderen Bebauungsplangebiet errichtet und eine Teiländerung des Bebauungsplans beschlossen werden solle. Wie vorstehend unter Nummer 1 ausgeführt, handelt es sich dabei um bloße Absichtserklärungen, die an der Wirksamkeit des Bebauungsplans nichts ändern und auch über den mit (nicht bestandskräftiger) Baugenehmigung genehmigten Bau des Hostels hinaus eine weitere Bebauung im nördlichen Teilbereich nicht ausschließt. Mit dem Vollzug des angegriffenen Bebauungsplans würden bauliche Anlagen und damit Tatsachen geschaffen, die nur schwer rückgängig gemacht werden könnten, denen bei Erfolg des Normenkontrollantrags die Rechtsgrundlage entzogen wird. Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist daher im öffentlichen Interesse dringend geboten.

Der Antragsgegner und die Beigeladene, die einen Antrag gestellt hat, tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO).

In entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat der Antragsgegner die Nummer I der Entscheidungsformel in derselben Weise zu veröffentlichen wie die streitgegenständliche Satzung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.