Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 17. November 2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung eines … mit Tiefgarage auf den im Umgriff des Bebauungsplans Nr. 112 des Antragsgegners liegenden Grundstücken Flnrn. 2450/9, 2450/10 und 2450/88 der Gemarkung … Die Baugenehmigung wurde am 19. November 2016 im Amtsblatt des Antragsgegners öffentlich bekannt gemacht.

Gegen diese Baugenehmigung erhob die Eigentümerin des Grundstücks Flnr. 2450/7, das nördlich an das Grundstück Flnr. 2450/9 angrenzt, am … Dezember 2016 Anfechtungsklage. Die Klage ist bei der Kammer unter dem Aktenzeichen M 11 K 16.5732 anhängig. Außerdem hat diese Eigentümerin gegen den Bebauungsplan Nr. 112 eine Normenkontrollklage erhoben, die beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig ist.

Die Antragstellerin ist Sondereigentümerin einer Wohnung eines auf dem Grundstück Flnr. 2469/4 befindlichen Anwesens (…straße ...). Dieses Grundstück befindet sich östlich der Bauvorhabengrundstücke, grenzt an diese allerdings nicht direkt an. Dazwischen liegt noch das dem Antragsgegner gehörende Grundstück Flnr. 2469/3. Die Wohnung der Antragstellerin befindet sich im zweiten Obergeschoss im südlichen Teil des Anwesens und besitzt einen zum Bauvorhaben hin ausgerichteten Balkon.

Mit Beschluss vom 26. Juni 2017 setzte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan Nr. 112 des Antragsgegners bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug (1 NE 17.716).

Am … Juli 2017 erhob die Antragstellerin ebenfalls Klage gegen die Baugenehmigung vom 17. November 2016, die bei der Kammer unter dem Aktenzeichen M 11 K 17.3560 anhängig ist. Vorsorglich wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Versäumung der Klagefrist sei als unverschuldet anzusehen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom ... September 2017 beantragte die Antragstellerin zusätzlich,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom … Juli 2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. November 2016 anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Es sei davon auszugehen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Normenkontrollhauptsacheverfahren seine Eilentscheidung bestätigen werde. Das Objekt, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befinde, umfasse nur drei Stockwerke und ein Dachgeschoss. Das Bauvorhaben umfasse dagegen 5 Vollgeschosse. Es habe eine Wandhöhe von 16,5 Metern. Ein Teil der gegenüber der Wohnung der Antragstellerin liegenden Wand sei zurückversetzt und messe noch eine Höhe von 13,55 Metern. Zudem liege das natürliche Gelände bis zu einem halben Meter tiefer. Es komme auch bei einer 13,55 Meter hohen Gebäudewand zu einer deutlichen Erhöhung im Vergleich zum Bestandsbau. Außerdem handele es sich trotz des Gebäudeversatzes um einen fünfstöckigen Sonderbau. Zudem weise das … auf einer Länge von 3,2 Metern die volle Wandhöhe von 16,60 Metern zum Sondereigentum der Antragstellerin auf. Infolgedessen würden die Abstandsflächen unterschritten und die Antragstellerin in den vom Abstandsflächenrecht umfassten Schutzgütern massiv verletzt. Das Maß der baulichen Nutzung habe zudem abriegelnde und erdrückende Wirkung. Die weitere Umgebungsbebauung weise kein solches Maß auf. Der bisherige Straßenverlauf werde verändert. Dadurch würden sich die Abstandsflächen des Objektes in der …straße ... selbst verändern. Wegen der Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten (200) und des dadurch bedingten Verkehrsaufkommens sei mit einem erheblichen Lärmaufkommen zu rechnen. Mit weiteren massiven Lärmimmissionen sei durch die im Dachgeschoss vorgesehene intensive Nutzung (Spa, Panoramasauna, Mehrzweckräume) zu rechnen. Es entstehe eine dachterrassenähnliche Nutzungsmöglichkeit für die Besucher. Der Bau schreite voran. Der Bescheid sei gegenüber der Antragstellerin noch nicht bestandskräftig, weil Wiedereinsetzung zu gewähren sei. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Ihr Sondereigentum liege im Bereich der Abstandsflächen. Durch die Dachterrasse und das erhöhte Verkehrsaufkommen sei mit erheblichen Lärmimmissionen zu rechnen. Der Wohnfriede werde durch die Einblicksmöglichkeit auf den Balkon verletzt. Der Antrag sei auch begründet. Die Klage sei wegen der zu gewährenden Wiedereinsetzung zulässig. Die Klage sei zudem begründet. Die Antragstellerin sei in ihren vom Abstandsflächenrecht umfassten Schutzgütern verletzt. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei nicht anzuwenden, weil der außer Vollzug gesetzte Bebauungsplan nicht herangezogen werden könne. Die nach der Wandhöhe zu bemessende Tiefe der Abstandsflächen sei nicht eingehalten. Die Abstandsflächen lägen insbesondere nicht mehr auf dem Grundstück der Bauherrin und würden die Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche überschreiten. Eine Ausnahme, dass eine Tiefe von weniger als 1 H eingehalten werden dürfe, komme nicht in Frage. Auch das 16-Meter-Privileg finde keine Anwendung. Ginge man von der Wirksamkeit des Bebauungsplans aus, verletze das Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme. Die deutlich größere Gebäudehöhe und der massive Baukörper würden zu einer massiven Einschränkung der vom Abstandsflächenrecht geschützten Rechtsgüter wie Besonnung, Belichtung und Belüftung führen. Der soziale Wohnfriede werde nachhaltig gestört. Das Vorhaben habe eine erhebliche erdrückende und abriegelnde Wirkung. Außerdem würde die Antragstellerin in ihrem Recht auf Rücksichtnahme durch die zu erwartenden massiven Lärmbelästigungen verletzt. Die Hauptsacheklage werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein. Das Aussetzungsinteresse überwiege daher das Vollzugsinteresse.

Die Beigeladene beantragte, den Antrag abzulehnen.

Sie wandte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 26. September 2017 im Wesentlichen ein:

Die Beigeladene habe im Vertrauen auf die Wirksamkeit von Bebauungsplan und Baugenehmigung bereits am 22. Mai 2017 mit der Verwirklichung des Vorhabens begonnen. Die Antragstellerin habe sich erst mit Schreiben vom 24. Juni 2017 beim Antragsgegner erkundigt, welche Arbeiten auf dem Vorhabengrundstück stattfänden. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 6. Juli 2017 umfänglich aufgeklärt. Der Abstand des Gebäudes, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befinde, zum Bauvorhaben betrage an der engsten Stelle ca. 20 Meter. Zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Grundstück, auf dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde, liege das im Eigentum des Antragsgegners liegende Grundstück Flnr. 2469/3, das bis zum Beginn der Bauarbeiten faktisch als Abstellfläche für Fahrzeuge verwendet worden sei. Selbst bei Anwendung der Abstandsflächenregelung der BayBO läge die zu bildende Abstandsfläche vollständig außerhalb des Grundstücks, auf dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde. Das Gebäude der Antragstellerin verfüge über drei Geschosse zuzüglich Dachgeschoss, wobei das Erdgeschoss als Hochparterre ausgebildet sei. Die traufseitige Wandhöhe betrage ca. 9,30 Meter. Es sei offensichtlich, dass auch das Gebäude, in dem sich die Sondereigentumseinheit der Antragstellerin befinde, die Abstandsflächen nicht einhalte. Angesichts der vorhandenen Nutzungen sei die Antragstellerin bereits jetzt mit einem gewerblich geprägten Umfeld und entsprechenden Besucherfrequenzen konfrontiert. Die Beigeladene rechne damit, dass die Gäste des … überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen würden. Im Übrigen sei im Rahmen des Bebauungsplans die schalltechnische Verträglichkeit des … mit der östlich gelegenen Bebauung untersucht worden. Die durch die Antragstellerin befürchtete lärmintensive Nutzung der straßenseitigen Dachterrassenfläche werde faktisch durch einen in der Baugenehmigung noch nicht berücksichtigten Technikaufbau unterbunden. Die Höhenentwicklung in der näheren Umgebung sei inhomogen. Die Beigeladene habe beim Antragsgegner zwischenzeitlich die Aufstellung eines geänderten Bebauungsplans beantragt. Die Beigeladene gehe von einer alsbaldigen Erledigung des Normenkontrollverfahrens wegen der Planänderung aus. Der Beigeladenen drohe bei Außervollzugsetzung der Baugenehmigung ein erheblicher finanzieller Schaden. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Sie sei keine Nachbarin im Rechtssinne. Sie sei auch in ihrem Sondereigentum nicht betroffen. Bezüglich der Abstandsflächen gelte, dass eine Nichteinhaltung vom Sondereigentümer nur gerügt werden könne, wenn die maßgeblichen Abstandsflächen nicht nur auf dem Gemeinschaftseigentum zum Liegen kommen, sondern auch in das Sondereigentum hineinreichen. Im vorliegenden Fall komme die östliche Abstandsfläche noch auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flnr. 2469/3 zum Liegen. Die behauptete Lärmbeeinträchtigung sei nicht gegeben. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die behauptete Belastung über das Maß hinausreiche, die das gesamte Grundstück und mithin die Eigentümergemeinschaft als solche betreffe. In der Hauptsache würden die Erfolgsaussichten fehlen. Die Hauptsacheklage sei unzulässig. Es fehle die Klagebefugnis. Außerdem sei die Klage verfristet. Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren. Die Klage sei überdies unbegründet. Das Maß der baulichen Nutzung sei nicht drittschützend. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Auch in Ansehung von § 22 Abs. 1 BImSchG sei eine Rechtsverletzung nicht ersichtlich. Die im Bauleitplanverfahren erstellte schalltechnische Untersuchung belege, dass die Richtwerte der TA Lärm eingehalten seien. Die Einstufung als Mischgebiet sei ohne weiteres sachgerecht.

Mit Schreiben vom … September 2017 ergänzte der Bevollmächtigte der Antragstellerin sein Vorbringen. Es werde weiterhin mit Hochdruck gearbeitet. Die Wände für das dritte Obergeschoss seien mittlerweile errichtet. Es bestehe die Gefahr, dass durch die Fertigstellung des Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis entfalle.

Der Antragsgegner hat sich bisher nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens M 11 SN 4263, des zugehörigen Hauptsacheverfahrens M 11 K 17.3560, des Verfahrens M 11 K 16.5732 und die in diesem letztgenannten Verfahren vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Er ist zwar zulässig.

Insbesondere ist die Antragstellerin als Sondereigentümerin einer Wohnung im Anwesen …straße ... entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie im Sinne dieser Vorschrift ausreichend geltend gemacht hat, durch die erteilte Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein.

Die Antragstellerin macht im Wesentlichen eine Verletzung von Vorschriften des Abstandsflächenrechts sowie des Gebots der Rücksichtnahme durch unzumutbare Lärmimmissionen und durch eine übermäßige, abriegelnde und erdrückende Bebauung geltend. Auf jeden dieser geltend gemachten Verstöße kann eine Nachbarklage grundsätzlich gestützt werden.

Das Vorbringen der Antragstellerin ist in Bezug auf jeden dieser Gesichtspunkte zur Bejahung der Antragsbefugnis ausreichend. In Bezug auf das Abstandsflächenrecht hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass es im vorliegenden Fall auf die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften wegen der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 112 des Antragsgegners ankomme, die in Richtung des Anwesens …straße ... fallenden Abstandsflächen des Bauvorhabens nicht auf den eigenen Grundstücken der Beigeladenen zum Liegen kämen und selbst über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinausreichen würden. Da die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO grundsätzlich als nachbarschützend anzusehen ist, weil diese Regelung auch und gerade dazu dient, dass der gegenüberliegende Nachbar ebenso verfahren und auch auf seiner Seite die öffentliche Fläche zur Hälfte für die Lage seiner Abstandsflächen in Anspruch nehmen kann (vgl. Simon / Busse / Dhom / Franz / Rauscher, 125. EL Mai 2017, BayBO Art. 6 Rn. 608), ist damit ein Verstoß gegen eine drittschützende Norm grundsätzlich hinreichend geltend gemacht. Die Antragsbefugnis ist insoweit auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Antragstellerin „nur“ Sondereigentümerin einer der im Anwesen …straße ... gelegenen Wohnungen ist. Es ist anerkannt, dass auch ein einzelner Wohnungseigentümer die Nachbarrechte geltend machen kann, sofern gerade eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (vgl. für das Abstandsflächen-recht z. B. BayVGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 1 CS 17.918 - juris). Das ist hier nicht von vornherein zu verneinen, da die Antragstellerin hinreichend dargelegt hat, dass ihre Wohnung zum Bauvorhaben hin ausgerichtet ist und die ostseitigen Abstandsflächen des Bauvorhabens gerade vor ihrer Wohnung zum Liegen kommen. In Bezug auf die behauptete erdrückende bzw. abriegelnde Wirkung und die geltend gemachten Lärmimmissionen gilt angesichts der Kubatur des Bauvorhabens, der vorgesehenen Nutzungen sowie des Umstands, dass der Gebäudeteil des Anwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft, in dem sich die Wohnung der Antragstellerin befindet, einen geringeren Abstand zum Vorhaben aufweist als die weiter nördlich gelegenen Wohnungen in der …straße, nichts anderes.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

a) Nach summarischer Prüfung ist offen, ob die Hauptsacheklage Erfolg haben wird. aa) Die Klage ist voraussichtlich zulässig.

Insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben. Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO beträgt die Klagefrist im vorliegenden Fall ein Jahr.

Zwar dürfte die in der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt des Antragsgegners vom 19. November 2016 (Anlage K 2 zur Klageschrift) enthaltene falsche Gemarkungsangabe („…“) die Anstoßfunktion der Bekanntmachung nicht in Frage stellen, weil wegen der - richtigen - Straßenbezeichnung für die Betroffenen wohl kein Zweifel bestehen konnte, wo das Bauvorhaben lag.

Allerdings war in der Bekanntmachung eine Rechtsbehelfsbelehrung:abgedruckt, die dem Umstand, dass beim Verwaltungsgericht München seit dem 1. Mai 2016 eine Klageerhebung auch in elektronischer Form möglich ist (vgl. E-Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungsgerichte - ERVV VwG - GVBl. S. 69), nicht Rechnung trug. Zwar verlangt § 58 Abs. 1 VwGO nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Belehrung auch über die Form (z. B. BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 - 1 B 145/97 - juris Rn. 5). Die Belehrung darf aber andererseits hinsichtlich der Formerfordernisse keine irreführenden oder gar unrichtigen Angaben oder Zusätze enthalten, die geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG a. a. O. Rn. 7). Das ist hier jedoch gerade der Fall. Die im Amtsblatt abgedruckte Rechtsbehelfsbelehrung:verweist nur darauf, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden könne. Die durch die ERVV VwG eingeführte Möglichkeit der Klageerhebung erwähnt sie nicht. Bereits dies dürfte zur Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO führen. Hinzukommt, dass in den nach der Rechtsbehelfsbelehrung:abgedruckten „Hinweisen zur Rechtsbehelfsbelehrung:“ sogar noch ausdrücklich betont wird, dass die Klageerhebung in elektronischer Form (z. B. durch E-Mail) unzulässig sei. Auch wenn der Klammerzusatz insoweit richtig ist, als durch eine einfache E-Mail keine Klage zulässig erhoben werden konnte und kann, ist der gesamte Hinweis jedenfalls falsch, weil er nur so verstanden werden kann, dass jede elektronische Form der Klageerhebung und damit auch diejenige, die den Erfordernissen der ERVV VwG genügt, unzulässig sei. Indem die Rechtsbehelfsbelehrung:bzw. die ihr beigefügten Hinweise eine zulässige Form der Klageerhebung ausschließen, war sie geeignet, die Erhebung der Klage zu erschweren. Infolgedessen ist § 58 Abs. 2 VwGO einschlägig.

Auf den von der Antragstellerin gestellten Wiedereinsetzungsantrag kommt es deshalb nicht an.

Die Antragstellerin ist auch klagebefugt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Antragsbefugnis verwiesen.

bb) Ob die Klage in der Sache Erfolg haben wird, ist offen.

aaa) In Bezug auf das Abstandsflächenrecht dürfte die Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig sein, weil sie gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO verstößt.

Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist ein Sonderbau mit der Folge, dass die Vorschriften des Abstandsflächenrechts zum Genehmigungsmaßstab der Baugenehmigung gehören (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO).

Die Kammer geht davon aus, dass kein Fall vorliegt, in dem sich aus planungsrechtlichen Vorschriften ergeben würde, dass die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ganz oder zum Teil nicht gelten würden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 26. Juni 2017 den Bebauungsplan Nr. 112 außer Vollzug gesetzt. Diese Entscheidung hat in personeller Hinsicht Wirkung gegenüber jedermann (Bier, in Schoch / Schmid-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 47 Rn. 182), somit auch gegenüber der im Normenkontrollverfahren nicht beteiligten Antragstellerin. Die Außervollzugsetzung hat inhaltlich die Wirkung, dass der Bebauungsplan jedenfalls seitdem so zu behandeln ist, als existiere er nicht (Bier, in Schoch / Schmid-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 47 Rn. 185). Ob dies nicht nur bedeutet, dass er als Grundlage für künftige Baugenehmigungen ausscheidet, sondern darüber hinaus im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung einer vor Außervollzugsetzung erteilten Baugenehmigung zwingend von der Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen ist, kann dahin stehen. Die Beteiligten haben gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs inhaltlich nichts vorgebracht, das Anlass böte, in Abweichung von der Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der den Bebauungsplan als voraussichtlich insgesamt unwirksam angesehen hat (vgl. S. 8 oben der Gründe), vorläufig von der Wirksamkeit oder zumindest von einer Teilwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen.

Die Baugenehmigung verstößt wohl gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO. Zwar dürfte das Grundstück Flurnummer 2469/3, das im Eigentum des Antragsgegners steht, als Fläche im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Betracht kommen. Aus der von der Beigeladenen selbst vorgelegten Darstellung der ostseitigen Abstandsflächen (Anlage B 6 zum Schriftsatz vom 26. September 2017) ergibt sich jedoch, dass diese Abstandsflächen bei Zugrundelegung von 1 H im südlichen Teil deutlich über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinausragen. Die Länge der östlichen Außenwand des südlichen Bauteils beträgt nach den Bauvorlagen schon für sich genommen 18,35 Meter, so dass nicht erkennbar ist, dass die Beigeladene insoweit das 16-Meter-Privileg (Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO) in Anspruch nehmen könnte. Es wurde auch nicht dargelegt, dass sich eine geringere Abstandsflächentiefe auf Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO stützen ließe. Vorläufig muss deshalb angenommen werden, dass das Bauvorhaben mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO nicht vereinbar ist.

bbb) Die Antragstellerin ist aber hierdurch wohl nicht in ihren subjektiven Rechten als Sondereigentümerin verletzt.

Die Regelung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BayBO ist zwar nachbarschützend (siehe oben). Auch steht der Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass der Bebauung auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft ein annähernd gleichgewichtiger Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht entgegenzuhalten ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 - 1 CS 17.918 - juris). Nach den Angaben der Beigeladenen soll das Anwesen der Wohnungseigentümergemeinschaft eine traufseitige Wandhöhe von 9,30 Meter besitzen. Diese Wandhöhe zugrunde gelegt, dürften nach den der Kammer möglichen Messungen anhand der vorliegenden Pläne die westlichen Abstandsflächen des Anwesens der Wohnungseigentümergemeinschaft die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 entweder überhaupt nicht überschreiten oder jedenfalls bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie dies umgekehrt beim Vorhaben der Beigeladenen der Fall ist.

Die Antragstellerin ist jedoch durch den Abstandsflächenverstoß im Ergebnis wohl nicht konkret in ihrem Sondereigentum beeinträchtigt. Nach der handschriftlichen Eintragung auf dem als Anlage Ast 5 zur Antragsschrift vom ... September 2017 vorgelegten Foto befindet sich die Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss im südlichen Bereich des Anwesens, unmittelbar angrenzend an das Nachbargebäude …straße ... (Flurnummer 2469/2). Aus der Zusammenschau mit der Abstandsflächendarstellung der Beigeladenen (Anlage B 6 zur Antragserwiderung vom 26. September 2017) ist ersichtlich, dass die Abstandsflächenüberschreitung über die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 hinweg genau in dem Bereich vor der Wohnung der Antragstellerin liegt.

Allein dies genügt jedoch wohl nicht, um eine konkrete Beeinträchtigung des Sondereigentums der Antragstellerin bejahen zu können. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass ein Sondereigentümer erst dann konkret beeinträchtigt sei, wenn die Abstandsflächen auf seinem Sondereigentum zum Liegen kommen (so VG München, Urteil vom 4. März 2016 - M 8 K 14.5724). Das würde bedeuten, dass ein Sondereigentümer eine Abstandsflächenverletzung auch dann noch nicht geltend machen könnte, wenn die Abstandsflächen bis unmittelbar vor die Außenwand seiner Wohnung fallen. Die Kammer kann für das Eilverfahren offen lassen, ob dem zu folgen sein wird. Selbst wenn man einen weniger strengen Maßstab anlegt, muss aber mindestens berücksichtigt werden, wie groß der Abstand zwischen den Gebäuden tatsächlich ist, in welcher Etage sich die betroffene Wohnung befindet und wie gravierend der Abstandsflächenverstoß ist. Im vorliegenden Fall dürfte der Abstand zwischen der Wohnung der Antragstellerin zur fraglichen Wand des streitgegenständlichen Gebäudes immerhin bereits 20 Meter betragen. Aus dem vorgelegten Foto über die Lage der Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss ist ohne weiteres erkennbar, dass das Fußbodenniveau dieser Wohnung um deutlich mehr als 5 Meter höher liegt als das Niveau der Geländeoberfläche. Umgekehrt kann man der Ab-standsflächendarstellung der Beigeladenen entnehmen, dass die Abstandsflächentiefe des Vorhabens die Mitte des Grundstücks Flurnummer 2469/3 zwar nicht unerheblich, jedenfalls aber wohl nicht um 5 Meter oder mehr überschreitet. Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen dem Bodenniveau der im 2. Obergeschoss befindlichen Wohnung der Antragstellerin und dem Niveau des oberen Abschlusses der Wand des Bauvorhabens nicht größer ist als der Höhenunterschied zwischen einer auf dem Niveau der natürlichen Geländeoberfläche befindlichen Erdgeschosswohnung und einem mit gleichem Abstand errichteten, aber 5 Meter niedrigeren und damit jedenfalls die Abstandsflächen einhaltenden - und damit von den Nachbarn hinzunehmenden - Gebäude. Nach vorläufiger Ansicht der Kammer liegt daher eine über die grundstücksbezogene Beeinträchtigung hinausgehende konkrete Beeinträchtigung der im Sondereigentum der Antragstellerin stehenden Wohnung nicht vor, weil nicht anzunehmen ist, dass auch und gerade bezüglich dieser Wohnung die vom Abstandsflächenrecht gestellten Mindestanforderungen an Belichtung, Belüftung und Sozialabstand nicht eingehalten sind.

ccc) Nach summarischer Prüfung zu verneinen ist auch, dass das Vorhaben eine konkret die Wohnung der Antragstellerin beeinträchtigende abriegelnde oder erdrückende Wirkung hat. Insoweit muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass das streitgegenständliche Gebäude sich in immerhin 20 Meter Entfernung befindet und die Wohnung der Antragstellerin im 2. Obergeschoss liegt. Nichts anderes ergibt sich auch bei Mitberücksichtigung der Gesamtlänge des Gebäudekomplexes, den das Gebäude mit dem nördlich anschließenden Bestandsgebäude, an das es angebaut wird, bildet. Denn auch die Wohnung der Antragstellerin befindet sich in einem Gebäude, das nach Süden hin geschlossen an andere Gebäude angebaut ist. Dieser Gebäudekomplex mit der Wohnung der Antragstellerin dürfte, wie man dem Lageplan der genehmigten Bauvorlagen entnehmen kann, knapp 90 Meter lang sein. Insgesamt ist das Bauvorhaben nach summarischer Prüfung gegenüber der Antragstellerin somit nicht aufgrund seiner Kubatur und Situierung rücksichtslos.

ddd) Ob das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht gegenüber der Antragstellerin rücksichtslos ist, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die angegriffene Baugenehmigung sieht einerseits für die Ostfassade des streitgegenständlichen Gebäudes Lärmschutzauflagen vor, verzichtet andererseits aber darauf, Grenzwerte zugunsten der Nachbarn festzusetzen. Ob die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, muss als offen angesehen werden, zumal sich aus der von der Beigeladenen als Anlage B 7 zum Schriftsatz vom 26. September 2017 vorgelegten Zusammenfassung des im Bebauungsplanverfahren erstellten Berichts des Ingenieurbüros … vom ... April 2015 ergibt, dass die Immissionsrichtwerte an der bestehenden Wohnbebauung außerhalb des Plangebiets „nachts gerade eingehalten“ seien.

b) Angesichts der nur hinsichtlich der geltend gemachten Lärmimmissionen offenen Erfolgsaussichten überwiegt das private Interesse der Beigeladenen, die Bauarbeiten fortführen zu können, das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass ihr im Fall der Nichtfortführung des Baus ein ganz erheblicher finanzieller Schaden entsteht. Auch ist davon auszugehen, dass selbst dann, wenn die Baugenehmigung die Antragstellerin in Bezug auf den Lärmschutz in ihren Rechten verletzen sollte, durch die Fortführung der Bauarbeiten keine nicht mehr rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen werden, sondern durch ergänzende Auflagen und ggf. durch gewisse Umplanungen eine die Rechte der Antragstellerin wahrende Gesamtsituation erreicht werden kann. Nicht zu verkennen ist zwar, dass sich, obwohl die Baugenehmigung im Dezember 2016 von anderer Seite angefochten, ein Normenkontrollverfahren eingeleitet und der die Grundlage bildende Bebauungsplan vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof schließlich außer Vollzug gesetzt worden ist, die Beigeladene trotz des damit verbundenen Risikos dafür entschieden hat, mit dem Bau zu beginnen bzw. diesen fortzuführen. Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin den Eilantrag erst zu einem Zeitpunkt gestellt hat, zu dem sich, wie die mit der Antragsschrift vom ... September 2017 vorgelegten Bilder zeigen, das Bauvorhaben schon in einem fortgeschrittenen Stadium befand, obwohl der Beginn der Bauarbeiten der Antragstellerin, die in ihrer Eigentumswohnung auch selbst wohnt, nicht verborgen geblieben sein konnte. Insgesamt ist es deshalb angemessen, dass die Beigeladene die Bauarbeiten vorläufig fortsetzen darf.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. den Nrn. 1.5 u. 9.7.1 des Streitwertkatalogs.

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(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro fest-gesetzt.

Gründe

Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ geben keine Veranlassung, die angegriffene Entscheidung zu ändern.

Zwar ist der vom Antragsteller geltend gemachte Beschwerdegrund, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass für das an das Grundstück des Antragstellers angrenzende Grundstück durch den Bebauungsplan ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO festgesetzt worden sei, berechtigt, die angegriffene Entscheidung erweist sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage des Antragstellers im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse des Antragstellers überwiegt. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Umbau der „C* … … Bauabschnitt 3“ verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

1. Soweit sich der Antragsteller als Wohnungseigentümer auf die Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs beruft und das genehmigte Vorhaben im nördlichen Bereich des Bebauungsplans der Art der baulichen Nutzung für nicht mit § 6 BauNVO vereinbar erachtet, weil es in diesem Bereich innerhalb eines Gebiets liege, für das ein Mischgebiet im Sinn des § 6 BauNVO festgesetzt worden sei, wird er damit in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben, da es insoweit bereits an der erforderlichen Klagebefugnis nach § 42 VwGO fehlen würde. Denn insoweit macht er einen Verstoß gegen Rechte geltend, die im gemeinschaftlichen Eigentum für das gesamte Grundstück wurzeln und daher nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auch nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht von einzelnen Wohnungseigentümern geltend gemacht werden können (vgl. BVerwG, U.v. 20.8.1992 – 4 B 92.92 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110; BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 2 CS 13.807 – NVwZ 2013, 1622). Eine konkrete Beeinträchtigung des Sondereigentums des Antragstellers, welche über das hinausginge, was die Eigentümergemeinschaft als solche für das Gemeinschaftseigentum geltend machen kann, ist weder erkennbar noch dargelegt. Im Hinblick auf die fehlende subjektive Berechtigung des Antragstellers kommt es ungeachtet einer ausreichenden Darlegung auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob das Vorhaben die für die Einordnung als Einkaufszentrum im Sinn des § 11 BauNVO notwendigen Voraussetzungen aufweist bzw. ob es sich um einen im Mischgebiet im Sinn des § 6 BauNVO zulässigen Einzelhandelsbetrieb handelt.

Demgegenüber kommt eine mögliche Verletzung von Rechten des Antragstellers insoweit in Betracht, als sein Sondereigentum (eine Wohnung im 3. Obergeschoss) im Bereich der Abstandsflächen liegt.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Der Antragsteller, der eine Verletzung von Abstandsflächen im Bereich des Aufzugsturms (in den Planunterlagen Nr. 4.1 mit „A 2“ bezeichnet) und der von der gemeinsamen Grundstücksgrenze ab dem 1. Obergeschoss zurückspringenden Wand (in den Planunterlagen Nr. 4.1 mit „A 11“ bezeichnet) geltend macht, kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mit Erfolg auf einen möglichen Verstoß gegen Abstandsflächenrecht berufen.

2.1 Dabei kann offen bleiben, ob der Aufzugsschacht entsprechend den Ausführungen des Antragstellers eine Abstandsfläche aufwirft, die im nordöstlichen Bereich des Grundstücks FlNr. 846/2 zum Liegen kommt. Denn der Antragsteller wird durch die Verschiebung des Aufzugsschachts nicht (mehr) unmittelbar in seinem Sondereigentum beeinträchtigt, da die Wand des Aufzugsschachts nicht gegenüber seinem Sondereigentum liegt. Damit geht die Abstandsfläche an dem Wohngebäude und somit auch am Sondereigentum des Antragstellers vorbei. Eine eigene Betroffenheit des Antragstellers ist insoweit nicht gegeben (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 4 B 92.92 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110).

2.2 Soweit hingegen die Abstandsfläche „A 11“ betroffen ist, liegt eine Beeinträchtigung des Sondereigentums des Antragstellers vor. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen, das nur im Erdgeschoss an die Grundstücksgrenze und ab dem 1. Obergeschoss zurückspringend bebaut werden soll, hält die erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Eine Verkürzung der erforderlichen Abstandsfläche auf die Hälfte der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Tiefe scheidet nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO aus. Denn unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall aufgrund der zurückspringenden westlichen Außenwand auch für die dem Sondereigentum des Antragstellers gegenüberliegende Außenwand die Privilegierung in Betracht zu ziehen wäre, ist in den Blick zu nehmen, dass die westlichen, die nördlichen und die östlichen Außenwände des geplanten Gebäudes an die Grundstücksgrenzen gebaut werden sollen. Damit ist eine Privilegierung nach Art. 6 Abs. 6 Satz 2 BayBO ausgeschlossen.

Die nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO maßgebliche Abstandsfläche beträgt somit 1 H. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die Abstandsfläche nach der Gesamthöhe der zurückgesetzten Wandfläche (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 2 B 16.2432 – juris Rn. 35; B.v. 11.11.2015 – 2 CS 15.1251 – juris Rn. 4) oder nach der Höhe der freistehenden Wandfläche (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2000 – 26 CS 99.2723 – BayVBl 2001, 628) zu bestimmen ist. Denn unter Berücksichtigung der abgestimmten Höhenangaben im Plan Nummer 4.2 ist zum einen von einer effektiven (Gesamt) Wandhöhe von bis zu 14,50 m auszugehen, zum anderen von einer effektiven Wandhöhe von rund 9 m. Gemessen an einem Abstand des geplanten Vorhabens zur Grundstücksgrenze von 7,20 m bis maximal 8 m wird die erforderliche Abstandsfläche somit in beiden Fällen nicht eingehalten.

Der Antragsteller kann sich jedoch nicht mit Erfolg auf die Verletzung der nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn nach der obergerichtlichen Rechtsprechung kann sich ein Nachbar nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 15; U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37 sowie BVerwG, B.v. 14.10.2014 – 4 B 51.14 – juris zur Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben in der gesamten Rechtsordnung). So liegt der Fall hier. Die Abstandsflächenüberschreitung durch das genehmigte Bauvorhaben und diejenige durch das dem Grundstück des Beigeladenen gegenüberliegende Gebäude, in dem der Antragsteller Eigentümer einer Wohnung ist, halten sich flächenmäßig nicht nur in etwa die Waage, vielmehr überwiegt die Flächenüberschreitung durch das Gebäude des Antragstellers. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen liegt ausweislich der vorstehenden Ausführungen zur Wandhöhe und einer Breite der Wand von 4 m sowie einer verbleibenden Grundstückstiefe von 7,20 m bis 8 m ungefähr die Hälfte der Abstandsflächen auf dem Grundstück, auf dem das Wohngebäude liegt, in dem der Antragsteller Wohneigentum hat. Demgegenüber liegt die Abstandsflächen-überschreitung bei seinem Wohngebäude, das an zwei Seiten eine Grenzbebauung aufweist sowie an den verbleibenden weiteren Gebäudeseiten die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO nicht einhält, bei einer Wandhöhe von rund 11 m, einer Breite der Wand von rund 10 m und einer verbleibenden Grundstückstiefe von 3 m erkennbar in einem deutlich größeren Rahmen. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass sich die Abstandsflächenüberschreitung beim Gebäude des Antragstellers bei Berücksichtigung des nach den vorliegenden Plänen nicht privilegierten Balkons an seiner Wohnung nochmals erhöhen würde. Die beidseitigen Abweichungen führen auch nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen. Denn zum einen handelt es sich bei der der Wohnung des Antragstellers gegenüberliegenden Wand um eine geschlossene Wand ohne Fensteröffnungen, zum anderen beträgt der Abstand zwischen dem Balkon der Wohnung des Antragstellers und der Gebäudewand der Beigeladenen 9,30 m an der nordöstlichen Ecke des Balkons. Die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts, Belichtung, Belüftung und Besonnung, werden daher nicht beeinträchtigt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO zu erstatten, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro fest-gesetzt.

Gründe

Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ geben keine Veranlassung, die angegriffene Entscheidung zu ändern.

Zwar ist der vom Antragsteller geltend gemachte Beschwerdegrund, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass für das an das Grundstück des Antragstellers angrenzende Grundstück durch den Bebauungsplan ein Kerngebiet nach § 7 BauNVO festgesetzt worden sei, berechtigt, die angegriffene Entscheidung erweist sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage des Antragstellers im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse des Antragstellers überwiegt. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Umbau der „C* … … Bauabschnitt 3“ verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

1. Soweit sich der Antragsteller als Wohnungseigentümer auf die Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs beruft und das genehmigte Vorhaben im nördlichen Bereich des Bebauungsplans der Art der baulichen Nutzung für nicht mit § 6 BauNVO vereinbar erachtet, weil es in diesem Bereich innerhalb eines Gebiets liege, für das ein Mischgebiet im Sinn des § 6 BauNVO festgesetzt worden sei, wird er damit in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben, da es insoweit bereits an der erforderlichen Klagebefugnis nach § 42 VwGO fehlen würde. Denn insoweit macht er einen Verstoß gegen Rechte geltend, die im gemeinschaftlichen Eigentum für das gesamte Grundstück wurzeln und daher nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG auch nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht von einzelnen Wohnungseigentümern geltend gemacht werden können (vgl. BVerwG, U.v. 20.8.1992 – 4 B 92.92 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110; BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 2 CS 13.807 – NVwZ 2013, 1622). Eine konkrete Beeinträchtigung des Sondereigentums des Antragstellers, welche über das hinausginge, was die Eigentümergemeinschaft als solche für das Gemeinschaftseigentum geltend machen kann, ist weder erkennbar noch dargelegt. Im Hinblick auf die fehlende subjektive Berechtigung des Antragstellers kommt es ungeachtet einer ausreichenden Darlegung auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob das Vorhaben die für die Einordnung als Einkaufszentrum im Sinn des § 11 BauNVO notwendigen Voraussetzungen aufweist bzw. ob es sich um einen im Mischgebiet im Sinn des § 6 BauNVO zulässigen Einzelhandelsbetrieb handelt.

Demgegenüber kommt eine mögliche Verletzung von Rechten des Antragstellers insoweit in Betracht, als sein Sondereigentum (eine Wohnung im 3. Obergeschoss) im Bereich der Abstandsflächen liegt.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Der Antragsteller, der eine Verletzung von Abstandsflächen im Bereich des Aufzugsturms (in den Planunterlagen Nr. 4.1 mit „A 2“ bezeichnet) und der von der gemeinsamen Grundstücksgrenze ab dem 1. Obergeschoss zurückspringenden Wand (in den Planunterlagen Nr. 4.1 mit „A 11“ bezeichnet) geltend macht, kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mit Erfolg auf einen möglichen Verstoß gegen Abstandsflächenrecht berufen.

2.1 Dabei kann offen bleiben, ob der Aufzugsschacht entsprechend den Ausführungen des Antragstellers eine Abstandsfläche aufwirft, die im nordöstlichen Bereich des Grundstücks FlNr. 846/2 zum Liegen kommt. Denn der Antragsteller wird durch die Verschiebung des Aufzugsschachts nicht (mehr) unmittelbar in seinem Sondereigentum beeinträchtigt, da die Wand des Aufzugsschachts nicht gegenüber seinem Sondereigentum liegt. Damit geht die Abstandsfläche an dem Wohngebäude und somit auch am Sondereigentum des Antragstellers vorbei. Eine eigene Betroffenheit des Antragstellers ist insoweit nicht gegeben (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 4 B 92.92 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110).

2.2 Soweit hingegen die Abstandsfläche „A 11“ betroffen ist, liegt eine Beeinträchtigung des Sondereigentums des Antragstellers vor. Das geplante Vorhaben der Beigeladenen, das nur im Erdgeschoss an die Grundstücksgrenze und ab dem 1. Obergeschoss zurückspringend bebaut werden soll, hält die erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Eine Verkürzung der erforderlichen Abstandsfläche auf die Hälfte der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Tiefe scheidet nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO aus. Denn unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall aufgrund der zurückspringenden westlichen Außenwand auch für die dem Sondereigentum des Antragstellers gegenüberliegende Außenwand die Privilegierung in Betracht zu ziehen wäre, ist in den Blick zu nehmen, dass die westlichen, die nördlichen und die östlichen Außenwände des geplanten Gebäudes an die Grundstücksgrenzen gebaut werden sollen. Damit ist eine Privilegierung nach Art. 6 Abs. 6 Satz 2 BayBO ausgeschlossen.

Die nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO maßgebliche Abstandsfläche beträgt somit 1 H. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die Abstandsfläche nach der Gesamthöhe der zurückgesetzten Wandfläche (vgl. BayVGH, U.v. 4.5.2017 – 2 B 16.2432 – juris Rn. 35; B.v. 11.11.2015 – 2 CS 15.1251 – juris Rn. 4) oder nach der Höhe der freistehenden Wandfläche (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2000 – 26 CS 99.2723 – BayVBl 2001, 628) zu bestimmen ist. Denn unter Berücksichtigung der abgestimmten Höhenangaben im Plan Nummer 4.2 ist zum einen von einer effektiven (Gesamt) Wandhöhe von bis zu 14,50 m auszugehen, zum anderen von einer effektiven Wandhöhe von rund 9 m. Gemessen an einem Abstand des geplanten Vorhabens zur Grundstücksgrenze von 7,20 m bis maximal 8 m wird die erforderliche Abstandsfläche somit in beiden Fällen nicht eingehalten.

Der Antragsteller kann sich jedoch nicht mit Erfolg auf die Verletzung der nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn nach der obergerichtlichen Rechtsprechung kann sich ein Nachbar nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn. 15; U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37 sowie BVerwG, B.v. 14.10.2014 – 4 B 51.14 – juris zur Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben in der gesamten Rechtsordnung). So liegt der Fall hier. Die Abstandsflächenüberschreitung durch das genehmigte Bauvorhaben und diejenige durch das dem Grundstück des Beigeladenen gegenüberliegende Gebäude, in dem der Antragsteller Eigentümer einer Wohnung ist, halten sich flächenmäßig nicht nur in etwa die Waage, vielmehr überwiegt die Flächenüberschreitung durch das Gebäude des Antragstellers. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen liegt ausweislich der vorstehenden Ausführungen zur Wandhöhe und einer Breite der Wand von 4 m sowie einer verbleibenden Grundstückstiefe von 7,20 m bis 8 m ungefähr die Hälfte der Abstandsflächen auf dem Grundstück, auf dem das Wohngebäude liegt, in dem der Antragsteller Wohneigentum hat. Demgegenüber liegt die Abstandsflächen-überschreitung bei seinem Wohngebäude, das an zwei Seiten eine Grenzbebauung aufweist sowie an den verbleibenden weiteren Gebäudeseiten die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO nicht einhält, bei einer Wandhöhe von rund 11 m, einer Breite der Wand von rund 10 m und einer verbleibenden Grundstückstiefe von 3 m erkennbar in einem deutlich größeren Rahmen. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass sich die Abstandsflächenüberschreitung beim Gebäude des Antragstellers bei Berücksichtigung des nach den vorliegenden Plänen nicht privilegierten Balkons an seiner Wohnung nochmals erhöhen würde. Die beidseitigen Abweichungen führen auch nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen. Denn zum einen handelt es sich bei der der Wohnung des Antragstellers gegenüberliegenden Wand um eine geschlossene Wand ohne Fensteröffnungen, zum anderen beträgt der Abstand zwischen dem Balkon der Wohnung des Antragstellers und der Gebäudewand der Beigeladenen 9,30 m an der nordöstlichen Ecke des Balkons. Die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts, Belichtung, Belüftung und Besonnung, werden daher nicht beeinträchtigt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO zu erstatten, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nummer 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.