Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 22. Juli 2019 - Vf. 64-VI-16
vorgehend
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.000 € auferlegt.
Gründe
I.
II.
III.
IV.
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Tenor
1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
1. Der als Rechtsanwalt tätige Antragsteller war bis zum 30. April 2014 Mitglied des Stadtrates der Antragsgegnerin; er hatte in dem kommunalverfassungsrechtlichen Klageverfahren Az. B 5 K 11.594 die Verpflichtung der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin begehrt, ihn Tonbandaufnahmen von Ausschuss- und Stadtratssitzungen anhören zu lassen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 26. April 2013 hatte das Gericht diese Klage abgewiesen und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. In der Folgezeit begehrte er die Erstattung der ihm in dem Verfahren entstandenen Kosten. Die hierauf gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Juni 2015 ab (Az. B 5 K 13.640); der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg (BayVGH, B.v. 20.11.2015 Az. 4 ZB 15.1510). Nachdem die Kostenbeamtin des Gerichts die vom Antragsteller für das Klageverfahren zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 621,78 Euro festgesetzt hatte (Beschluss vom 28.10.2015), setzte sie mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. Dezember 2015 die vom Antragsteller an die Antragsgegnerin für das Verfahren auf Zulassung der Berufung zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 406,50 Euro fest.
2. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth
die Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom
Zur Begründung trug er - ergänzt durch sein Vorbringen in den Schriftsätzen vom 18. und
Bereits mit Schriftsatz vom
die Erinnerung zurückzuweisen.
Sie führten aus, die Straf- und Disziplinarverfahren gegen den ersten Bürgermeister stünden in keinem Zusammenhang mit dem Verfahren Az. B 5 K 11.594. Es bestehe keine Interessenkollision, weil sich aus den Stadtratsbeschlüssen keine Regressforderung gegen den ersten Bürgermeister ergebe. Ergänzend führten sie am 8. Februar 2016 aus, dass ihnen die Antragsgegnerin in dem Verfahren Az. B 5 K 11.594 am 13. Oktober 2011 Vollmacht erteilt habe; das klageabweisende Urteil sei am 26. April 2013 ergangen. Die Vertretung des ersten Bürgermeisters in dem Ermittlungsverfahren sei erst im Jahr 2015 erfolgt.
Mit Schreiben vom
Mit Schriftsätzen vom
Mit Schriftsätzen vom
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Über die Kostenerinnerung entscheidet die Kammer, weil die Kostengrundentscheidung in dem aufgrund der Kammersitzung vom 16. Juni 2015 erlassenen Urteil getroffen worden war (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., 2014, Rn. 3 zu § 165; VG Augsburg, B.v. 21.8.2015 - Au 4 M 15.726 - Juris Rn. 29; VG München, B.v. 23.5.2011 - M 12 M 10.3347 - Juris Rn. 9).
2. Die zulässige Kostenerinnerung hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann offenbleiben, ob ein Rechtsanwaltsvertrag nach § 134 BGB nichtig ist, wenn ein Rechtsanwalt entgegen § 43a Abs. 4 BRAO widerstreitende Interessen vertritt, weil in einer solchen Konstellation auf jeden Fall der Anspruch auf gesetzliche Gebühren, die im Zeitpunkt des Verstoßes noch nicht verdient sind, entfällt (vgl. zum Meinungsstand: LG Saarbrücken, U.v. 16.1.2015 - 13 S 124/14
Letztlich bedarf diese Frage aber keiner Klärung, weil hier zur Überzeugung des Gerichts kein Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO vorliegt. Nach dieser Vorschrift darf ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten. Grundlagen dieser Regelung sind das Vertrauensverhältnis zum Mandanten, die Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtsanwalts und die im Interesse des Gemeinwohls in Gestalt der Rechtspflege gebotene Gradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung (Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl. 2016, Rn. 54 zu § 43a BRAO). Dabei verpflichtet diese Norm den Rechtsanwalt nur im Rahmen seiner anwaltlichen Berufsausübung und knüpft dabei an seine berufliche Vorbefassung an; sie erfasst also alle vorangegangenen anwaltlichen Berufstätigkeiten (Feuerich/Weyland, a. a. O., Rn. 56 zu § 43a BRAO; Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, Rn. 196 zu § 43a).
Eine von dieser Vorschrift erfasste Fallgestaltung liegt dann vor, wenn bei einer Sachverhaltsidentität der Rechtsanwalt schon einmal eine andere Partei in derselben Rechtssache im entgegengesetzten Interesse beraten oder vertreten hat. Maßgeblich für den Begriff „derselben Rechtssache” ist der sachlich rechtliche Inhalt des anvertrauten Interesses, also das anvertraute materielle Rechtsverhältnis, welches bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist. Dabei kommt es nicht auf den einzelnen Anspruch sondern auf das zugrundeliegende einheitliche Lebensverhältnis an, welches auch durch einen längeren Zeitablauf nicht aufgehoben wird. Maßgeblich ist, ob eine Identität der Tatsachen und der Interessengesamtheit besteht bzw. ob die neue Sache noch zu dem ursprünglich dem Rechtsanwalt anvertrauten materiellen Rechtsverhältnis gehört, ohne dass es sich um ein und dasselbe Verfahren handeln muss. Dieselbe Rechtssache liegt vielmehr auch dann vor, wenn in Verfahren verschiedener Art und verschiedener Zielrichtungen ein und derselbe Sachverhalt von rechtlicher Bedeutung sein kann (Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl. 2016, Rn. 60 ff. zu § 43a). Ausreichend ist eine Teilidentität des historischen Vorganges. Der Interessengegensatz muss allerdings konkret gegeben sein, das Anknüpfen an einen möglichen, tatsächlich aber nicht bestehenden (latenten) Interessenkonflikt genügt demgegenüber nicht (vgl. BGH B.v. 16.1.2013 - IV ZB 32/12 - NJW 2013, 1247; U.v.
Gemessen daran liegt hier kein Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO vor. Nach Auffassung des Gerichts, das seine Überzeugung zu der aufgeworfenen Rechtsfrage erlangen konnte, ohne vorher - wie vom Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 20. Juni 2016 beantragt - eine Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer einholen zu müssen, liegt hier keine Interessenkollision vor, die in dem streitgegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren der unbefangenen Ausübung des Mandats durch die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin entgegengestanden hätte. Denn die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin haben - mangels Sachverhaltsidentität - nicht eine andere Partei in derselben Rechtssache im entgegengesetzten Interesse beraten oder vertreten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin den ersten Bürgermeister in den Jahren 2008 und 2009 in dem gegen ihn wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue im Amt von der Staatsanwaltschaft Hof geführten (Az. 16 Js 16705/08
Angesichts der Tatsache, dass - wie oben dargelegt - für die Prüfung einer Interessenkollision gemäß § 43a Abs. 4 BRAO allein auf die vorangegangenen anwaltlichen Berufstätigkeiten abzustellen ist, kommt es auf die neuerlichen, d. h. nach Rechtshängigkeit der der Kostenerinnerung zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren eingeleiteten straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren gegen den ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin ersichtlich nicht an. Abgesehen davon, dass die Staatsanwaltschaft Hof - nach Vortrag des Antragstellers - mittlerweile auch das neuerliche Ermittlungsverfahren (Az. 16 JS 12323/13
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, weil Teil 5 des als Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG erlassenen Kostenverzeichnisses keinen entsprechenden Gebührentatbestand enthält.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 406,50 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.107,72 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.
Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben, die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind.
(2) Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 46a.
(3) Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist:
- 1.
die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten, - 2.
die Erteilung von Rechtsrat, - 3.
die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und - 4.
die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.
(4) Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.
(5) Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung beschränkt sich auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Diese umfassen auch
- 1.
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes, - 2.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitgliedern, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um eine Vereinigung oder Gewerkschaft nach § 7 des Rechtsdienstleistungsgesetzes oder nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes handelt, und - 3.
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers gegenüber Dritten, sofern es sich bei dem Arbeitgeber um einen Angehörigen der in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten sozietätsfähigen Berufe oder um eine Berufsausübungsgesellschaft solcher Berufe handelt.
(6) Ist ein Arbeitgeber, der nicht den in § 59c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt, können diese auch durch den Syndikusrechtsanwalt erbracht werden. Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach Satz 1 ist keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1.