Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 19/19
Tenor
Als für den Rechtsstreit gegen die Antragsgegner gemeinsam örtlich zuständiges Gericht wird das Landgericht Hechingen bestimmt.
Gründe
I.
II.
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Urteil einreichenBayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss, 20. März 2019 - 1 AR 19/19 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.
Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.04.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ Saab 900 Cabriolet.
4Dieses Fahrzeug befand sich im Besitz des Beklagten, der in Q wohnt. Er bot das Cabriolet im September 2014 über das Internet zum Kauf an. Der Kläger, der in M wohnt, wurde auf das Inserat aufmerksam. Er nahm in Q eine Fahrzeugbesichtigung vor und einigte sich mit dem Beklagten darauf, das Cabriolet zum Preis von 5.650,00 EUR zu kaufen. Nach entsprechender Barzahlung verbrachte der Kläger das Fahrzeug nach M.
5Bei dem Kläger entstand zu Hause nach Durchsicht der Fahrzeugpapiere der Eindruck, dass die im Kaufvertrag vom 07.09.2014 angegebene „Gesamtlaufleistung: 173.000 km“ unzutreffend sei und das Fahrzeug tatsächlich eine erheblich höhere Laufleistung aufweise. Noch bevor er die Zulassung des Fahrzeugs auf seinen Namen veranlasst hatte, erklärte der Kläger am 09.09.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, das Cabriolet bis zum 20.09.2014 in M abzuholen.
6Nachdem der Beklagte sich nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags einließ, erhob der Kläger vor dem Landgericht Bielefeld eine Klage, mit der er beantragt hat,
71.
8den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.650,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins seit dem 14.10.2014 zzgl. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über Basiszins seit dem 14.10.2014 zu zahlen
92.
10festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des PKW Saab 900 Cabriolet, amtliches Kennzeichen ####, Fahrzeugident.nr. #### wie auch der zugehörigen Fahrzeugpapiere in Annahmeverzug befindet.
11Der Beklagte hat die Zuständigkeit des angerufen Gerichts gerügt und beantragt,
12den Rechtsstreit an das Landgericht Potsdam zu verweisen.
13Das Landgericht hat den Kläger mit Verfügung vom 19.12.2014 darauf hingewiesen, dass es die vom Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit teile, und nachgefragt, ob der Kläger gleichfalls die Verweisung an das Landgericht Potsdam beantrage. Darauf hat der Kläger ablehnend reagiert. Das Landgericht hat unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Hinweises Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.
14Darin hat der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 28.04.2015 als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass seine örtliche Zuständigkeit fehle. Insbesondere liege im Bezirk des Landgerichts Bielefeld nicht der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO). Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages könne nicht von einem einheitlichen Erfüllungsort am Belegenheitsort der gekauften Sache ausgegangen werden; vielmehr seien die Leistungspflichten gem. § 269 ZPO grundsätzlich gesondert zu bestimmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht Zug um Zug die Rückgabe bzw. -übereignung des Fahrzeugs beantragt habe. Auch der mutmaßliche Parteiwille sei nicht darauf ausgerichtet, dass die Kaufsache nach Übergabe an den Käufer an dessen Wohnsitz verbleibe. Die Praktikabilität spreche eher gegen einen dortigen Gerichtsstand, weil es in Gebrauchtwagenfällen häufig auf den Arglisteinwand ankäme und Zeugen aus dem Umfeld des Verkäufers vernommen werden müssten. Ein entscheidendes Kriterium für einen Gerichtsstand am Wohnsitz des Käufers könne auch nicht darin gesehen werden, dass man ihn als vermeintliches „Opfer“ einer Pflichtverletzung des Verkäufers belohnen müsse.
17Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt darin vor, dass die Klageabweisung durch Prozessurteil rechtsfehlerhaft gewesen sei. Dem Beklagten sei im Übrigen bekannt gewesen, dass das Saab Cabriolet von der Ehefrau des Klägers habe genutzt werden sollen, also „relativ stationär“ am Wohnsitz des Klägers.
18Soweit das Landgericht einen Zug-um-Zug-Antrag vermisst habe, hätte Anlass bestanden, insoweit einen richterlichen Hinweis zu erteilen. Wäre dies geschehen, so wäre der Hauptsacheantrag - wie nunmehr in der Berufungsinstanz geschehen - umgestellt worden.
19Der Kläger beantragt,
20das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und nach Feststellung der Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld die Sache an das Landgericht Bielefeld zur anderweiten Entscheidung in der Hauptsache zurückzuverweisen, wobei der Hauptsacheantrag dahingehend ergänzt werde, dass der Beklagte zu verurteilen sei, an ihn 5.650,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins seit dem 14.04.2014 zzgl. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über Basiszins seit dem 14.10.2014 Zug um Zug gegen Rücknahme des PKW Saab 900 Cabrio, Fahrzeugident.nr. #### zu zahlen
21hilfsweise den Rechtsstreit zur Entscheidung über den vorstehenden Antrag und den Feststellungsantrag I. Instanz an das Landgericht Potsdam zu verweisen
22ganz hilfsweise in der Sache auch zur Hauptsache unter Berücksichtigung des oben ergänzten Antrags selbst zu entscheiden.
23Der Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Er bekräftigt das landgerichtliche Urteil mit näheren Ausführungen. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass bei Vertragsschluss über eine „relativ stationäre“ Verwendung des Saab Cabriolets am Wohnsitz des Klägers gesprochen worden sei. Das ergebe sich nicht aus dem Vertragstext.
26Nach Zustimmung der Parteien hat der Senat mit Beschluss vom 17.09.2015 das schriftliche Verfahren angeordnet mit Schriftsatzfrist bis zum 08.10.2015.
27Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
28II.
29Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
30Sie führt zu der tenorierten Aufhebung und Zurückverweisung, weil in dem angefochtenen Urteil zu Unrecht nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden wurde (§ 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
311. Das Landgericht hätte die Klage nicht wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig abweisen dürfen. Der Kläger konnte vielmehr gem. § 35 ZPO nach seiner Wahl die Klage vor dem Landgericht Bielefeld erheben, weil dort der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben ist (§ 29 Abs. 1 ZPO).
32Nach der Regelung des § 29 Abs. 1 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis - auch - das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Der insofern maßgebliche Ort richtet sich nach dem materiellen Recht (BGH NJW 2011, 2056 - juris-Tz. 29).
33Nach dem vom Kläger zur Klagebegründung vorgetragenen Sachverhalt soll ihm gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreis von 5.650,00 EUR zustehen, weil er wirksam von dem Kaufvertrag über das Saab 900 Cabriolet zurückgetreten sei.
34Das materielle Recht enthält keine abschließende Regelung, an welchem Ort die hier streitige Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises zu erfüllen ist. Abzustellen ist vielmehr auf § 269 Abs. 1 BGB. Danach richtet sich der Ort für die Leistung nach der von den Parteien getroffenen Bestimmung oder nach den Begleitumständen, die sich insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses ergeben. Wenn sich insoweit keine Feststellungen treffen lassen, bildet der Wohnsitz des Verkäufers, der vermeintlich die Rückzahlung des Kaufpreises schuldet, den maßgeblichen Leistungsort.
35Die Parteien haben bei Abschluss des Kaufvertrages zwar keine ausdrückliche Bestimmung getroffen, wie im Falle der Rückabwicklung des Vertrages zu verfahren sei. Ihnen kann allerdings der mutmaßliche Wille unterstellt werden, dies nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu tun. Dabei ergibt sich aus §§ 346, 323, 440, 434, 433 BGB, dass der Käufer selbst bei wirksamer Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts keinen uneingeschränkten Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises hat, sondern dass dieser Anspruch vom Verkäufer nur Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache zu erfüllen ist.
36Der Kläger hat zwar erstinstanzlich keinen solchen Zug-um-Zug-Antrag gestellt, weil das Landgericht den gem. § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO gebotenen richterlichen Hinweis auf eine entsprechende Klageumstellung unterlassen hat. Der Kläger hat dies allerdings erwartungsgemäß mit der Berufungsbegründung nachgeholt und für den Fall der Zurückverweisung angekündigt, die Rückzahlung des Kaufpreises nur Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe beanspruchen zu wollen. Diese neue Antragstellung ist nunmehr für die Beurteilung entscheidend, ob die Klage als zulässig anzusehen und deshalb eine Zurückverweisung vorzunehmen ist (Ball, in: Musielak/Voit ZPO, 12. Aufl. 2015, § 538 Rnr. 25).
37Wenn man vor diesem Hintergrund davon ausgeht, dass hier nach einem wirksamen Rücktritt die ausgetauschten Leistungen Zug um Zug rückabzuwickeln sind, dann steht wiederum rechtlich außer Frage, dass der Beklagte als Verkäufer verpflichtet ist, das – unterstellt: – mangelhafte Fahrzeug bei dem Kläger in M abzuholen (Reinking/Eggert Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rnr. 1220). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll der Verkäufer dann auch bei dieser Gelegenheit der Fahrzeugabholung Zug um Zug seine Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises erfüllen.
38Dieses mutmaßlich auch von den Parteien so gewollte Prozedere spricht dafür, bei der Rückabwicklung eines Autokaufs im Rahmen des § 29 Abs. 1 ZPO einen einheitlichen Gerichtsstand des Erfüllungsortes dort anzunehmen, wo sich das gekaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vertragsgemäß befindet – nämlich regelmäßig am Wohnsitz des Käufers. Dies entspricht zu Recht der vorherrschenden Auffassung (BGH NJW 1983, 1479 – juris-Tz. 14; OLG Schleswig, Urt. 3 U 99/11 vom 04.09.2012; OLG Düsseldorf, Beschl. 22 W 19/13 vom 17.07.2013; OLG Köln DAR 2011, 260; OLG Karlsruhe MDR 2013, 898; OLG Nürnberg, Urt. 2 U 2074/08 vom 20.02.2009; OLG Bamberg ZfSch 2013, 568; OLG München MDR 2014, 450; Palandt/Grüneberg BGB, 74. Aufl. 2015, § 269 Rnr. 16; Reinking/Eggert a.a.O. Rnrn. 1217f, 1264; Zöller/Vollkommer ZPO, 30. Aufl. 2014; ZPO § 29 Rnr. 25 „Kaufvertrag“).
39Für die abweichende Rechtsansicht des Landgerichts, der Gerichtsstand des Erfüllungsortes liege am Wohnsitz des Beklagten in Q, lassen sich dagegen keine tragfähigen Umstände anführen:
40Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch die nach § 439 BGB vom Verkäufer vorrangig geschuldete Nacherfüllung grundsätzlich an dessen Betriebs- oder Wohnsitz vorzunehmen ist (BGH NJW 2011, 2278). Das lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass dort auch die spätere Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erfolgen hat. Vielmehr wird sich im Gegenteil das Scheitern der Nacherfüllung als Rücktrittsvoraussetzungen in der Regel erst dann feststellen lassen, wenn der Käufer das Fahrzeug im Anschluss an den Nacherfüllungsversuch wieder zur bestimmungsgemäßen Verwendung zurückerhalten hat.
41Auch die vom Landgericht angeführten Erwägungen zur Prozessökonomie vermögen keinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Verkäufers zu begründen. Abgesehen davon, dass sich der Erfüllungsort i.S.d. § 29 Abs. 1 ZPO - wie dargestellt - nach dem materiellen Recht richtet (BGH NJW 2004, 54 - juris-Tz. 12), müssen auch nicht bei jeder Rückabwicklungsklage – wie offenbar das Landgericht meint – „Arglistzeugen“ am Wohnort des Verkäufers vernommen werden. Vielmehr richtet sich der erforderliche prozessuale Aufwand nach den Umständen des Einzelfalles. So wird es im Streitfall zur Klärung der relevanten Frage, ob das Saab Cabriolet eine zugesagte Gesamtlaufleistung nicht aufweist, möglicherweise auf die Vernehmung der Vorbesitzer ankommen, die nicht zwangsläufig aus Q kommen müssen. Außerdem wird möglicherweise das Gutachten eines Kfz-Sachverständigen einzuholen sein, bei dem ein Auseinanderfallen des Standorts des zu untersuchenden Fahrzeugs und des Gerichtsortes regelmäßig zu Mehrkosten führt.
422. Der Rechtsstreit ist noch nicht entscheidungsreif, so dass keine eigene Sachentscheidung des Senats in Betracht kommt.
43III.
44Auch eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst.
45IV.
46Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Im Übrigen hat der Senat nur i.S.d. § 545 Abs. 2 ZPO über die Frage der Zuständigkeit entschieden, die der Revision nicht zugänglich ist (BGH NJW 2003, 2917).
Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Tenor
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
1
Gründe:
I.
2Die Klägerin und Antragstellerin beantragte bei dem Amtsgericht Hagen als Mahngericht am 05.09.2012 einen Mahnbescheid gegen den Beklagten und Antragsgegner zu 1) wegen einer behaupteten Forderung in Höhe von 5.864,16 € und Nebenforderungen aus einem Verkehrsunfall, der sich zwischen der ihr und dem Antragsgegner zu 1) in C ereignete hatte. Der Antragsgegner zu 1) führte nach dem Vorbringen der Antragstellerin in der Klageschrift bei dem Verkehrsunfall den bei der Beklagten und Antragsgegnerin zu 2) haftpflichtversicherten PKW, dessen Halter und Eigentümer er ist. In dem Mahnbescheidsantrag benannte die Antragstellerin das Landgericht Bielefeld als Abgabegericht. Der Mahnbescheid wurde dem Antragsgegner zu 1) am 20.02.2013 an dessen Wohnort in Herford zugestellt. Auf den Widerspruch des Antragsgegners zu 1) wurde der Rechtsstreit an das Landgericht Bielefeld abgegeben.
3Mit Schriftsatz vom 31.12.2014 begründete die Antragstellerin zu 1) die Klage und erweiterte sie gleichzeitig gegen die Beklagte und Antragsgegnerin zu 2), eine Aktiengesellschaft mit Sitz in N und einer beteiligten Niederlassung in G, die vorgerichtlich eine Zahlung unter Hinweis auf den Verdacht einer vorsätzlichen Verursachung des Unfalls durch den Antragsgegner zu 2) und ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eine sofortige Zahlung abgelehnt hatte.
4Das Landgericht Bielefeld wies unter dem 05.01.2015 darauf hin, eine Zuständigkeit für die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 2) sei nicht ersichtlich. Mit Schriftsatz vom 22.01.2015 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, den sie damit begründete, sie habe den Mahnbescheid wegen der fraglichen Einstandspflicht der Antragsgegnerin zu 2) zunächst nur gegenüber dem Antragsgegner zu 1) beantragt.
II.
51.
6Das Oberlandesgericht Hamm ist gem. § 36 Abs. 1 ZPO als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zur Entscheidung über den Antrag berufen.
72.
8Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des Gerichtsstands liegen nicht vor. In Betracht kommt allein eine Bestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Danach erfolgt eine Bestimmung des Gerichtsstands, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet war, die Antragstellerin aber hinsichtlich des Antragsgegners zu 1) ihr Wahlrecht gem. § 35 ZPO bindend dahin ausgeübt hat, dass sie das Landgericht Bielefeld gewählt hat.
9Hat ein Kläger im Mahnbescheidsantrag ein zuständiges Abgabegericht benannt, so hat er sein Wahlrecht gem. § 35 ZPO ausgeübt und ist grundsätzlich an die Wahl gebunden. Er kann eine Verweisung an ein anderes zuständiges Gericht nach Abgabe des Rechtsstreites nicht mehr erreichen, weil die getroffene Wahl für ihn mit der Zustellung des Mahnbescheides verbindlich und unwiderruflich geworden ist (Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage 2015, § 35 ZPO Rn. 3). Auch die Bestimmung eines anderen Gerichts im Wege der Gerichtsstandsbestimmung ist dann, nach dem Verlust des gemeinsamen Gerichtsstands, nicht mehr möglich (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.03.1969 - 19 AR 2/69, OLGZ 1969, 442, 443; Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Auflage 2014, § 36 ZPO, Rn. 15).
10a)
11Bei Stellen des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids gegen den Antragsgegner zu 1) bestand für den Rechtsstreit neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Antragsgegners mit Wohnsitz in I im Bezirk des LG Bielefeld ein Gerichtsstand gem. § 32 ZPO bei dem Landgericht Paderborn, da der Verkehrsunfall sich in C im Bezirk des Landgerichts Paderborn ereignete.
12b)
13Hatte die Antragstellerin mithin zunächst jeweils das Wahlrecht gem. § 35 ZPO, hat sie dieses - bezogen auf den Antragsgegner zu 1) - durch Angabe des Landgerichts Bielefeld Abgabegerichts im Mahnbescheid gem. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO mit bindender Wirkung ausgeübt.
14Die Antragstellerin hat in dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids gegen den Antragsgegner zu 1) als Gericht, an das der Rechtsstreit bei Widerspruch abzugeben sei, das Landgericht Bielefeld angegeben. Dieses war bei Zustellung des Mahnbescheids am 20.02.2013 gem. § 12 ZPO auch zuständig. Denn der Antragsgegner zu 1) hatte weiterhin seinen Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Bielefeld, nämlich in I1.
15c)
16Anders liegt der Fall zwar, wenn ein gemeinsamer Gerichtsstand auf Beklagtenseite nicht gegeben ist und verschiedene Beklagte zunächst im Mahnverfahren in Anspruch genommen worden. Fehlt ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand, kann in der Angabe des für die Streitgenossen jeweils für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständigen Gerichts keine nach § 35 ZPO bindende Gerichtsstandswahl gesehen werden (BGH, X ARZ 423/13, NJW-RR 2013, 1531, 1532). Dem liegt jedoch zugrunde, dass der Kläger in diesen Verfahren eine vorübergehende Trennung der Verfahren im Hinblick auf die notwendige Angabe eines zuständigen Gerichts als Abgabegericht nicht verhindern kann (Senat, 32 SA 42/12, juris). § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dient aber auch unter Berücksichtigung der Prozessökonomie nicht dazu, bei einem (ursprünglich) vorhandenen gemeinsamen Gerichtsstand für mehrere Beklagte nach Erweiterung der Klage auf weitere Beklagte für alle Beklagten ein gemeinsames Verfahren zu eröffnen, wenn ursprünglich ein gemeinsamer Gerichtsstand bestanden hat und der Kläger diesen in dem zunächst beantragten Mahnbescheid gegen einen Beklagten zur Abgabe gerade nicht gewählt hat.
17Insofern liegt der hier zu beurteilende Fall nicht anders, als wenn der Antragsteller ohne vorausgegangenes Mahnverfahren unmittelbar Klage gegen den Antragsgegner zu 1) vor dem Wohnsitzgericht erhoben hätte. Auch dann könnte er nicht durch die Klageerweiterung auf die Antragsgegnerin zu 2) die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung herbeiführen.
18d)
19Der Sonderfall, dass einer klagenden Partei erst nach Wahl des Gerichtsstands bekannt wird, dass weitere Schuldner der Klageforderung vorhanden sind, die zusammen mit der bereits verklagten Partei in einem gemeinsamen besonderen Gerichtsstand verklagt werden könnten (dazu OLG München, 22 AR 62/77 einerseits und KG Berlin, 28 AR 90/99 andererseits, beide zit. nach juris), liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Antragstellerin hatte auch nach ihrem Vorbringen jedenfalls zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids am 20.02.2013 – bis zu dem sie ihr Wahlrecht noch ausüben und eine gemachte Angabe ändern konnte - Kenntnis aller Tatsachen, die die Haftung auch der Antragsgegnerin zu 2) begründeten. Es stand der Antragstellerin damit von vorneherein offen, Klage in dem für beide Antragsgegner eröffneten Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zu erheben. Dass sie zunächst allein den Antragsgegner zu 1) in Anspruch genommen hat und in dem Verfahren gegen ihn den Gerichtsstand Bielefeld in Kenntnis der in Betracht kommenden Gesamtschuldnerschaft der Antragsgegnerin zu 2) gewählt hat, ist allein ihr zuzurechnen.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.
(1) Für Klagen, in denen
- 1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation, - 2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder - 3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz beruht,
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die in Absatz 1 genannten Klagen einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dienlich ist. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume oder über das Bestehen solcher Verhältnisse ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Räume befinden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Art handelt.
Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht E bestimmt.
1
Gründe:
2I.
3Die Antragsteller haben die Bestimmung des Landgerichts C als zuständiges Gericht für eine beabsichtigte Klage beantragt, mit der sie von den Antragsgegnern als Gesamtschuldner in der Hauptsache Schadensersatz in Höhe von 60.000 € begehren. Zur Begründung ihrer angeblichen Ansprüche tragen sie unter anderem Folgendes vor:
4Im Mai 2015 hätten sie aufgrund eines von einem Notar in I beurkundeten Kaufvertrags von der Antragsgegnerin zu 1 ein in X gelegenes bebautes Grundstück erworben. Der Kaufpreis sei auf Basis eines vom Antragsgegner zu 2 im Auftrag der Antragsgegnerin zu 1 erstellten Wertgutachtens ermittelt worden, wobei im Gutachten dieser Verwendungszweck ausdrücklich benannt sei. Die Antragsgegnerin zu 1 habe ihnen das Haus als Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung angepriesen. Das Haus sei auch bei der Besichtigung so vorgestellt worden, dass jeweils eigenständige Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss beständen. Auch der Sachverständige habe die Immobilie entsprechend beschrieben. Dies sei unzutreffend, da das Dachgeschoss mangels Erreichens der erforderlichen lichten Höhe nicht zu Wohnzwecken genutzt werden könne. Die Antragsteller behaupten, die Antragsgegnerin zu 1 habe hinsichtlich des Vorhandenseins zweier Wohnungen unzutreffende Behauptungen zumindest ins Blaue getätigt und sie damit arglistig getäuscht. Der Vertrag zwischen den Antragsgegnern über die Gutachtenerstattung stelle einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Antragsteller dar. Der Antragsgegner zu 2 hafte, da er hinsichtlich der Wohnfläche schuldhaft ein falsches Gutachten erstattet habe. Die zu Wohnzwecken unzureichende lichte Höhe hätte ihm auffallen müssen.
5Die Bestimmung des Landgerichts C als das für die Klage zuständige Gericht liege schon wegen der Belegenheit der streitgegenständlichen Immobilie nahe. Zudem sei bei der Beurkundung in I eine unerlaubte Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB erfolgt, was den Gerichtsstand gem. § 32 ZPO begründe. Für den Antragsgegner zu 2 lägen der allgemeine Gerichtsstand und der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts in E. Zur Zuständigkeitsbestimmung hat die Antragsgegnerin zu 1 ausgeführt, sie müsse an ihrem Wohnsitz verklagt werden, wo allein vertragliche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten. Der Antragsgegner zu 2 hat erklärt, keine Bedenken gegen die Bestimmung des Landgerichts C zu haben.
6II.
7Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung im Bestimmungsverfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen, da im Verhältnis der Landgerichte in L und E (allgemeine Gerichtsstände der Antragsgegner) sowie des von den Antragstellern als zuständiges Gericht favorisierten Landgerichts C der Bundesgerichtshof das nächst höhere Gericht ist und das Oberlandesgericht Hamm von den Antragstellern wegen der Zuständigkeitsbestimmung angerufen wurde.
8Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner in Anspruch genommen und sind nach dem zugrunde zu legenden Vortrag der Antragsteller zumindest einfache Streitgenossen gemäß § 60 ZPO. Sie haben keinen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand. Es ist auch kein anderweitiger gemeinsamer Gerichtsstand für das Klagebegehren zuverlässig zu bestimmen.
9Soweit sich die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1 richten soll, besteht zumindest angesichts der Belegenheit des Grundstücks in X im Bezirk des Landgerichts C ein besonderer Gerichtsstand gem. § 29 ZPO: Die Antragsteller machen vorliegend Gewährleistungsansprüche geltend, die ihre Grundlage in dem mit der Antragsgegnerin zu 1 geschlossenen Grundstückskaufvertrag haben. Da Gewährleistungsansprüche unmittelbar aus dem ursprünglichen, auf Übereignung einer mangelfreien Sache gerichteten Erfüllungsanspruch folgen, sind sie auch am selben Ort wie diese zu erfüllen; Erfüllungsort der Verkäuferpflicht beim Grundstückskauf ist der Ort der Belegenheit des Grundstücks (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.08.2014 – 11 SV 75/14 – zitiert nach juris, dort Tz. 7; Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 29 ZPO Rn. 25 „Schadensersatz“).
10Soweit sich die Klage gegen den Antragsgegner zu 2 richten soll, liegt der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gem. § 29 ZPO hingegen in E. Für Klagen auf Schadensersatz wegen der Verletzung einer einem Dritten gegenüber bestehenden Schutzpflicht ist die streitige Verpflichtung im Sinne des § 29 ZPO die Verpflichtung, für deren Nicht- oder Schlechterfüllung Ersatz begehrt wird (BayObLG, Beschl. v. 26.10.2005 – 1Z AR 188/05 – zitiert nach juris, dort Tz. 9). Dies ist vorliegend die Pflicht zur richtigen Begutachtung. Diese Primärpflicht des Sachverständigen aus dem Werkvertrag ist an dessen (Wohn-)Sitz zu erfüllen; eine besondere Ortsbezogenheit, wie sie beispielsweise regelmäßig für den Bauvertrag angenommen wird, besteht für den Vertrag über die Erstellung eines Gutachtens nicht (vgl. allgemein zum Erfüllungsort für den werkvertraglichen Anspruch gegen den Unternehmer: Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 29 ZPO Rn. 25 „Werkvertrag“, speziell zur Schadensersatzklage des Auftraggebers eines Gutachtens über die Bebaubarkeit eines Grundstücks: LG Flensburg, Beschl. v. 31.03.1998 – 4 O 20/98 – BauR 1998, 1047).
11Als zuständiges Gericht wird das Landgericht E bestimmt.
12An dieser Bestimmung ist das Gericht nicht durch die Formulierung des Antrags, „das Landgericht C als das zuständige Gericht zu bestimmen“, gehindert. Zum einen ist bereits der Antragsschrift vom 25.08.2016 zu entnehmen, dass die Antragsteller die Bestimmung des Landgerichts C nahelegen wollen, nicht aber, dass sie eine Zuständigkeitsbestimmung nur für den Fall anstreben, dass das Landgericht C bestimmt wird. Zum anderen ist der Senat im Bestimmungsverfahren nicht an Parteianträge gebunden (Senat, Beschl. v. 13.02.2012 – 32 Sa 5/12 – zitiert nach juris, dort Tz. 8, Münchener Kommentar/ Patzina, 5. Aufl. 2016, § 36 ZPO Rn. 31).
13Die Bestimmung des zuständigen Gerichts folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage von Erwägungen der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit. Eine Bestimmung des Landgerichts C kommt in der vorliegenden Konstellation allerdings nicht in Betracht. Gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann regelmäßig nur ein Gericht bestimmt werden, bei dem wenigstens einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl. Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 36 ZPO Rn. 17). Ein Fall, in dem die Rechtsprechung hiervon aus Zweckmäßigkeitsgründen Ausnahmen zugelassen hat, liegt hier nicht vor:
14Ausnahmsweise kann auch ein Gericht bestimmt werden, bei dem keiner der verklagten Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, wenn dieses Gericht für einen oder mehrere Streitgenossen ausschließlich zuständig ist oder wenn es aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung zwischen dem Kläger und einem Streitgenossen für Klagen gegen diesen Streitgenossen mit ausschließlicher Wirkung prorogiert wurde und dies im Einzelfall dem anderen Streitgenossen zugemutet werden kann oder wenn - im Falle der parteierweiternden Drittwiderklage - bei ihm für einen der (wider-) beklagten Streitgenossen der Gerichtsstand des
15§ 33 Abs. 1 ZPO begründet ist und für die widerbeklagten Streitgenossen kein gemeinschaftlicher allgemeiner Gerichtsstand besteht (vgl. nur: Senat, Beschl. v. 13.02.2012 – 32 Sa 5/12 – zitiert nach juris, dort Tz.11). Soweit es in der Kommentierung zudem ohne weitere Einschränkung für zulässig erachtet wird, ein Gericht zu bestimmen, an dem für eine Partei der besondere Gerichtsstand gem.
16§ 29 ZPO eröffnet ist (Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 36 ZPO Rn. 18), findet diese Auffassung in der dem Senat bekannten Rechtsprechung keine Stütze und entspricht in dieser Allgemeinheit auch nicht der Auffassung des Senats. Insbesondere erscheint auch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Erleichterung der Beweisaufnahme die Durchbrechung des Grundsatzes, dass regelmäßig nur ein Gericht bestimmt werden kann, bei dem wenigstens einer der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, nicht zwingend angezeigt, zumal die Distanz zwischen der streitgegenständlichen Immobilie in X zum Landgericht C nur unwesentlich geringer ist als die zum Eer Landgericht, wo sich der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners zu 2 befindet.
17In der Abwägung zwischen den Landgerichten der allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner in L und E konnte der Senat nicht ausmachen ist, dass der Vorwurf gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 den Schwerpunkt des Rechtsstreits bilden würde, was für eine Bestimmung des Landgerichts L gesprochen hätte. Daher hat letztlich die Distanz zum streitbefangenen Grundstück den Ausschlag gegeben. Schließlich ist nicht zu erkennen, dass der Antragsgegnerin zu 1, gegen die – wie oben ausgeführt - ein besonderer Gerichtsstand beim Landgericht C begründet ist, eine Prozessführung in E nicht zuzumuten wäre.