Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2017 - L 7 AS 85/16

published on 19/06/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Juni 2017 - L 7 AS 85/16
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Bundessozialgericht, B 14 AS 250/17 B, 18/01/2018

Gericht

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Tenor

I. Auf die Berufungen wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Januar 2016 abgeändert und der Beklagte verpflichtet, den Antrag vom 6.2.2015 auf Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit von 2000 bis 2008 zu verbescheiden.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Klagen auf Bewilligung von höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum März 2014 bis August 2014 und März 2015 bis August 2015 werden abgewiesen.

IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren vom Beklagten sinngemäß die Bewilligung von SGB II-Leistungen unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen für 2000 bis 2008 in Höhe von insgesamt 136.725,39 €, die Meldung weiterer Rentenzeiten für 2014, die Weiterleitung ihrer Anträge an die Bundesagentur für Arbeit sowie im Berufungsverfahren erstmals höhere SGB II-Leistungen für die Zeiträume von März 2014 bis August 2014 und von März 2015 bis August 2015.

Die 1983 bzw. 1981 geb. Kläger sind verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten seit ihrer erstmaligen Antragstellung am 9.1.2009 mit kurzen Unterbrechungen Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger zu 1 ist nach eigenen Angaben selbständig tätig. Seit 2011 haben die Kläger über 300 Verfahren am Sozialgericht anhängig gemacht sowie rund 180 Verfahren am Bay. Landessozialgericht.

Den Klägern wurde mit vorläufigem Bescheid vom 15.1.2014 für die Zeit vom 1.3.2014 bis 31.8.2014 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 1.058,78 € bewilligt. Dabei wurde ein vorläufiges Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 24 € monatlich bedarfsmindernd berücksichtigt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2014 (W 14/14) zurückgewiesen. Die Kläger erhoben am 10.2.2014 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 128/14). Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 14.7.2014 wurden für die Zeit ab 1.6.2014 bis 31.7.2014 wegen der aufgenommenen abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 1 bei der Bäckerei S. die Leistungen neu berechnet. Mit anderweitig angefochtenem Bescheid vom 18.12.2014 wurden die Leistungen endgültig bewilligt. Hieraus ergab sich eine Überzahlung von insgesamt 2.876,86 für die Monate März bis August, die mit Erstattungsbescheiden vom 19.12.2014 geltend gemacht wurden. Für die Monate April, Mai und Juli 2014 ergab sich kein Leistungsanspruch mehr. Die Klage S 14 AS 128/14 haben die Kläger mit Schreiben vom 13.4.2015 am 15.5.2015 zurückgenommen.

Im Berufungsverfahren L 7 AS 83/16 wurde der Beklagte verpflichtet, den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X vom 6.2.2015 und 9.2.2015 betreffend den Bewilligungszeitraum 3/14 bis 8/14 zu verbescheiden. Dies ist mit Bescheid vom 16.2.2017 zwischenzeitlich erfolgt. Der Bescheid ist nicht bestandskräftig (aktuell Untätigkeitsklage anhängig S 8 AS 484/17).

Bzgl. der Höhe der SGB II-Leistungen für den Bewilligungszeitraum 3/15 bis 8/15 ist eine Berufung unter dem Aktenzeichen L 7 AS 724/16 anhängig (Klageerhebung vor dem Sozialgericht am 1.2.2016, S 14 AS 104/16).

Mit Schreiben vom 6.2.2015 stellten die Kläger beim Beklagten folgende Anträge:

„1. Antrag auf Übernahme der Dispozinsen,

  • 2.Antrag auf Berücksichtigung der Verluste aus Selbstständigkeit,

  • 3.Antrag auf Aufhebung des fiktiven Einkommens aus Selbstständigkeit,

  • 4.Antrag auf Anerkenntnis des Darlehens als Betriebsausgaben,

  • 5.Antrag auf Korrektur der falsch ergangenen Alg 2 Bescheide,

  • 6.Antrag auf Unterbindung der falschen Verdächtigungen durch Herrn K.,

  • 7.Antrag auf Unterbindung der Anrechnung eines mutwillig und rechtswidrig generierten Einkommens,

  • 8.Antrag auf Einhaltung des SGB II,

  • 9.Antrag auf Akzeptanz der nachgewiesenen Kosten für Büromaterial und Porto als Betriebsausgaben,

  • 10.Antrag auf Einhaltung der Berechnung und Berücksichtigung der hierin gemachten Angaben,

  • 11.Antrag auf Akzeptanz der mehrfach eingereichten Arbeitslosenmeldungen von mir und meiner Frau für den Zeitraum 2000-2008,

  • 12.Antrag auf Korrektur der eindeutig falsch ergangenen Bescheide

  • 13.Antrag auf Nachzahlung der unterschlagenen Rentenzeiten und ALG Leistungen 2000-2008 bzw. 2014“.

Da der Beklagte auf der Durchführung eines erneuten Vorverfahrens bestehe, forderten sie hiermit die zeitnahe Bearbeitung dieser Anträge, damit diese erneut ins Klageverfahren gehen. Allein für 2014 fehle für 3 Monate die Meldung an den Rentenversicherungsträger, obwohl sie im ganzen Jahr im Leistungsbezug gestanden hätten.

Mit Schreiben vom 8.2.2015 stellten sie beim Beklagten ferner Antrag auf Nachholung des Verwaltungsverfahrens zu ihren Arbeitslosmeldungen 2000 bis 2008.

Zu o.g. Anträgen erging eine Reihe von Bescheiden, die Gegenstand diverser Klage- und Berufungsverfahren sind.

Mit Schreiben vom 16.3.2015 teilte der Beklagte auf den Antrag vom 6.2. und 8.2.2015 mit, dass Bezugszeiten von Arbeitslosengeld II automatisch an den Rentenversicherungsträger gemeldet würden. Meldungen zur Arbeitslosenversicherung würden nicht erfolgen, da Bezugszeiten von Arbeitslosengeld II keine Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung auslösten. Der Zeitraum 2000 bis 31.12.2004 falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Im Übrigen könnten Meldungen frühestens ab Beginn des Leistungsbezugs, hier also ab Januar 2009 erfolgen. Im Schreiben wurde als Betreff „Vollzug des Zweiten Buches-Sozialgesetzbuch (SGB II)“ genannt. Das Schreiben wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde bekanntgegeben, die wiederum mit „Bescheid vom 16.3.2015“ überschrieben war.

Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte habe ihre Arbeitslosmeldungen aus den Jahren 2000-2008 bislang nicht bearbeitet und somit das Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt. Soweit sich der Beklagte auf die fehlende Zuständigkeit für den Zeitraum 2000 bis 2004 berufe, benenne er weder die zuständigen Stellen, noch leite er die Anträge an die zuständigen Stellen weiter.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.3.2015 wurden die Widersprüche gegen das Schreiben vom 16.3.2015 als unzulässig verworfen. Dieses Schreiben enthalte keinen Verwaltungsakt. Es habe allein der Information gedient. Es enthalte außerdem den Hinweis, dass die Kläger seit Januar 2009 SGB II-Leistungen bezögen. Daraus ergebe sich eindeutig, dass der Beklagte für Zeiten vor der Antragstellung nicht zuständig sei. Entscheidungen für diese Zeiträume könnten daher nicht getroffen werden.

Hiergegen erhoben die Kläger am 2.4.2015 mit dem Betreff „Meldung zur Rentenversicherung“ Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 335/15). Der Beklagte blockiere Verwaltungsverfahren. Dadurch würden ihnen Leistungen unterschlagen. Ihre Arbeitslosmeldungen hätten sie mehrfach auch ans Gericht eingereicht. Wenn der Beklagte für die Arbeitslosmeldungen 2000-2008 nicht zuständig sei, hätte er diese an die zuständige Stelle weiterleiten müssen.

Am 26.8.2016 erhoben die Kläger gegen den Beklagten und die Bundesagentur für Arbeit Untätigkeitsklage auf Anerkennung der Arbeitslosmeldungen 2000 bis 2008 zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 972/16). Sie überreichten einzelne schriftliche Arbeitslosmeldungen. Die Klagen gegen die Bundesagentur für Arbeit wurden mit den Aktenzeichen S 5 AL 251/16 und S 5 AL 311/16 erfasst, die jeweils am 21.11.2016 zurückgenommen wurden. Die gegen den Beklagten gerichteten Klagen wurden mit Urteil vom 27.10.2016 wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richten sich die Berufungen, die unter dem Aktenzeichen L 7 AS 777/16 anhängig sind.

Am 2.11.2015 erhoben die Kläger eine weitere Klage, gerichtet auf „Nachzahlung der unterschlagenen ALG Leistungen und Rentenzeiten für den Zeitraum 2000 bis 2008“, welche mit dem Aktenzeichen S 14 AS 1188/15 erfasst wurde. Der Beklagte hafte auch für diese Zeit. Mit Gerichtsbescheid vom 23.2.2016 wurden die Klagen wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen sind unter dem Aktenzeichen L 7 AS 131/16 anhängig.

Ferner erhoben die Kläger am 24.11.2016 Klage zum Sozialgericht auf „Nachmeldung und Nachzahlung der ALG Leistungen und Rentenzeiten 2000-2008 durch die BA“, welche mit den Aktenzeichen S 5 AL 323/16 und S 5 AL 326/16 erfasst wurden. Diese Klagen wurden jeweils am 19.12.2016 zurückgenommen.

Mit Urteil vom 27.1.2016 wurden die Klagen (S 14 AS 335/15) als unzulässig abgewiesen. Die Kläger seien nicht beschwert. Die geltend gemachten Rechte könnten den Klägern offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen. Ein Anspruch gegen den Beklagten auf Nachzahlung von Leistungen bestehe vom 1.1.2000 bis 31.12.2008 nicht, da sie keinen Antrag gestellt hätten. Daher scheide auch ein Anspruch auf Nachzahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für diesen Zeitraum aus. Dies gelte auch für 2014, da seit 1.1.2011 keine Pflichtbeiträge für Arbeitslosengeld II-Bezieher an den Rentenversicherungsträger abgeführt werden.

Hiergegen legten die Kläger am 8.2.2016 Berufung beim Bay. Landessozialgericht (L 7 AS 85/16) ein. Der Beklagte mache weiterhin, was er wolle, und das Sozialgericht unterstütze Straftaten, da es weiterhin Verfahren pauschal ablehne. Es gehe um die falschen Anrechnungsfälle im Bewilligungszeitraum März 2014 bis August 2014 und März 2015 bis August 2015.

Mit weiterem Schreiben vom 30.10.2016 erstellten die Kläger eine Hochrechnung „unterschlagener ALG-Leistungen und Rentenzeiten 2000 bis 2008“ auf der Basis des SGB II-Bewilligungsbescheides von 2009 in Höhe von insgesamt 136.725,39 €, die ihnen zustehen würden.

Außerdem forderten sie mit Schreiben vom 18.11.2016 eine Zusammenlegung der am Sozialgericht anhängigen Verfahren S 5 AL 251/16 und S 5 AL 311/16 mit den hier anhängigen Berufungsverfahren. Es würde ausreichen, dass am Bay. Landessozialgericht bereits 4 Verfahren in dieser Sache geführt würden. Sie legten zudem ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 21.11.2016 vor, wonach Zeiten der Arbeitslosigkeit in den Jahren 2000 bis 2008 nicht bestätigt werden könnten. Sämtliche Unterlagen aus diesem Zeitraum seien bereits gelöscht. Mit Schreiben vom 8.6.2016 forderten die Kläger erneut die Festsetzung der „unterschlagenen Gelder“. Der Beklagte hafte auch für die Zeit von 2000 bis 2008.

Bereits mit Schreiben vom 9.3.2016 erteilten die Kläger ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG in allen offenen Verfahren. Dieses Einverständnis wurde mit Schreiben vom 3.12.2016 ausdrücklich wiederholt.

Der Beklagte erteilte mit Schriftsatz vom 31.5.2017 sein Einverständnis mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.1.2016 und den Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, SGB II-Leistungen unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen für 2000 bis 2008 in Höhe von insgesamt 136.725,39 € zu bewilligen, weitere Renten-zeiten für 2014 zu melden, ihre Anträge an die Bundesagentur für Arbeit weiterzuleiten sowie im Berufungsverfahren erstmals höhere SGB II-Leistungen für die Zeiträume von März 2014 bis August 2014 und von März 2015 bis August 2015 zu bewilligen, hilfsweise ihren Leistungsantrag vom 6.2.2015 zu verbescheiden.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufungen.

Mit Schriftsatz vom 11.3.2016 widersprach er ausdrücklich der Erweiterung des Klage- und Berufungsverfahrens durch Einbeziehung der Bewilligungszeiträume 3/14 bis 8/14 und 3/15 bis 8/15.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§ 143,144, 151 SGG) sind nur im tenorierten Umfang begründet.

Die im Berufungsverfahren erstmals erhobenen Klagen, gerichtet auf höhere Grundsicherungsleistungen für die Zeiträume 3/14 bis 8/14 und von 3/15 bis 8/15 sind als unzulässig abzuweisen.

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden. Die Beteiligten haben einer solchen Entscheidung schriftlich zugestimmt.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2015. Der Bescheid vom 16.3.2015 enthält Informationen über die Art und Weise der Meldung von Bezugszeiten, lehnt darüber hinaus aber den Antrag auf eine weitere Meldung für 2014 inzident ab. Auch formal wurde ein Bescheid erlassen im Sinne von § 31 SGB X. Darauf weisen der Betreff „Vollzug des SGB II“ und die Überschrift auf der PZU „Bescheid vom 16.3.2015“ hin, auch wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung:fehlte. Die Kläger haben dieses Schreiben als ablehnenden Bescheid aufgefasst und dagegen Widerspruch eingelegt. Wie sich insbesondere aus dem Widerspruchsbescheid ergibt, werden dagegen für die Zeit vor dem 9.1.2009 ausdrücklich keinerlei Entscheidungen getroffen.

Ihr Klageziel geht aber ausgehend von den Anträgen Nr. 11 und 13 vom 6.2.2015 und vom 8.2.2015 über die im Bescheid getroffene Ablehnung einer weiteren Meldung von Bezugszeiten an den Rentenversicherungsträger für 2014, hinaus. Zu Recht hat das Sozialgericht diese Anträge über den Wortlaut der Klageschrift hinaus in seiner Entscheidung berücksichtigt. Gleichwohl sind die Anträge ihrem Wortlaut nach nicht ohne weiteres zu verstehen und bedürfen der Auslegung nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung. In zeitlicher Hinsicht begehren sie vom Beklagten für 2000 bis 2008 Arbeitslosengeld II unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen und die Meldung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Abführung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger. Die Forderung beläuft sich nach ihren Berechnungen auf insgesamt 136.725,39 €. Außerdem begehren sie vom Beklagten für 2014 die Meldung von SGB II-Bezugszeiten an den Rentenversicherungsträger für April, Mai und Juli 2014. Schließlich machen sie erstmals im Berufungsverfahren höhere Grundsicherungsleistungen für 3/14 bis 8/14 und für 3/15 bis 8/15 geltend. Zuletzt verlangen sie sinngemäß die Weiterleitung ihrer Anträge betreffend 2000 bis 2008 an die zuständigen Stellen.

Zeitraum 2000 bis 2008:

Soweit die Kläger für 2000 bis 2008 gegenüber dem Beklagten Arbeitslosengeld II-Ansprüche unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen geltend machen, sind die erhobenen allgemeinen Leistungsklagen nach § 54 Abs. 5 SGG unzulässig und die Berufungen unbegründet. Über einen geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat zwingend ein Bescheid zu ergehen. Daran fehlt es hier. Ausdrücklich hat der Beklagte es abgelehnt, Entscheidungen zum Zeitraum 2000 bis 8.1.2009 zu treffen.

Auch eine Feststellungsklage nach § 55 Nr. 1 SGG, gerichtet hier auf Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, ist gegenüber den Anfechtungs- und Gestaltungsklagen subsidiär und aus diesem Grund unzulässig.

Vorliegend kann die unzulässige Leistungsklage in eine zulässige Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG, gerichtet auf Verbescheidung des klägerischen Antrags vom 6.2.2015, umgedeutet werden. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht verbeschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig.

Der Antrag auf Bewilligung von SGB II-Leistungen unter Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit für die Zeit von 2000 bis 2008 datiert vom 6.2.2015 und ist bislang nicht verbeschieden. Für die Zulässigkeit der Klage kommt es nicht darauf an, ob die Kläger einen Anspruch in der Sache selbst haben oder nicht. Vielmehr kann grundsätzlich ein Anspruch auf Verbescheidung geltend gemacht werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2017, § 88 Rn 4a). Desweiteren ist die erforderliche Sperrzeit von 6 Monaten abgelaufen. Die Untätigkeitsklage ist auch begründet. Ein wichtiger Grund für die Nichtverbescheidung ist nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte rechtsirrig annimmt, dass es eines Bescheides nicht bedarf, wenn ein Anspruch in der Sache offensichtlich nicht gegeben ist, kann dies als zureichender Grund nicht anerkannt werden. Die Erhebung der Untätigkeitsklage ist vorliegend nicht rechtsmissbräuchlich. Dies kann nur angenommen werden, wenn materiell-rechtliche Ansprüche unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt offensichtlich ausscheiden. Da Ansprüche nicht ausschließlich für die Zeit vor Inkrafttreten des SGB II geltend gemacht werden, kann ein Fall von Rechtsmissbrauch noch nicht bejaht werden.

Für eine weitere, isolierte Klage auf Meldung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Abführung von Pflichtbeiträgen an den Rentenversicherungsträger besteht, ungeachtet der Frage, welche Klageart hierfür einschlägig wäre nach §§ 54, 88 SGG, kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Meldung von rentenrechtlichen Zeiten bzw. Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen ist unmittelbare Folge eines positiven Bewilligungsbescheides. Darauf hat der Beklagte auch im Bescheid vom 16.3.2015 hingewiesen, wonach die Meldung von Zeiten automatisch erfolgen würde.

Soweit die Kläger zuletzt vom Beklagten die Weiterleitung ihrer Anträge bzw. Arbeitslosmeldungen an den zuständigen Leistungsträger verlangen, ist ungeachtet der statthaften Klageart als Leistungs-, Feststellungs- oder Untätigkeitsklage ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar. Vielmehr können die Kläger ihre vermeintlichen Ansprüchen im Verwaltungsverfahren unmittelbar gegen die Bundesagentur für Arbeit richten, welche die von den Klägern beim unzuständigen Leistungsträger gestellten Anträge gegen sich gelten lassen muss, § 16 SGB I. Eine Klage gegen den Beklagten auf Weiterleitung der gestellten Anträge ist objektiv nicht geeignet, die Rechtsposition der Kläger gegenüber der Bundesagentur für Arbeit insoweit zu verbessern.

2014

Soweit die Kläger vom Beklagten die Meldung von weiteren SGB II-Bezugszeiten für die Monate April, Mai und Juli 2014 an den Rentenversicherungsträger begehren, hat der Beklagte den Antrag im Ergebnis zu Recht mit Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2015 abgelehnt. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Berufungen sind insoweit unbegründet.

Die Versicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI wurde durch Art. 19 Nr. 2b des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom 9.12.2012 (BGBl. I S. 1885) mit Wirkung zum 1.1.2011 aufgehoben. Für Leistungszeiträume ab dem 1.1.2011 sind für SGB II-Leistungsbezieher keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung zu entrichten. Stattdessen sind nunmehr für Bezieher von SGB II-Leistungen sog. Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI zu berücksichtigen. Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte nach dem 31.12.2010 Arbeitslosengeld II bezogen haben. Die Meldung der Anrechnungszeiten ist in § 193 SGB VI geregelt. Zur Meldung von Anrechnungszeiten verpflichtet ist die Bundesagentur für Arbeit und nicht der Beklagte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte nicht passivlegitimiert ist, liegen aber für die Monate April, Juni und Juli 2014 keine Anrechnungszeiten vor. Mit bestandskräftigem endgültigem Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 wurde für die Beteiligten nach § 77 SGG bindend festgestellt, dass in diesen Monaten kein Leistungsanspruch besteht, dementsprechend hat keine Meldung an den Rentenversicherungsträger zu erfolgen, da in diesen Monaten keine Leistungen bezogen werden. Das Ergebnis des Überprüfungsverfahrens bleibt abzuwarten.

Soweit die Kläger nunmehr im Berufungsverfahren ihre Klage erweitert haben und weitere Grundsicherungsleistungen für die Zeiträume 3/14 bis 8/14 und 3/15 bis 8/15 begehren, ist diese Klageänderung nach § 99 SGG unzulässig. Der Beklagte hat der Klageänderung ausdrücklich widersprochen. Sie ist auch nicht sachdienlich, da die geltend gemachten Ansprüche auf völlig neue Sachverhalte gestützt werden. Der Bewilligungszeitraum 3/15 bis 8/15 ist zudem Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens L 7 AS 724/16 und eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bewilligungszeitraum 3/14 bis 8/14 ist unzulässig, da mit der Erhebung dieser Klage am 8.2.2016 im Rahmen des Berufungsverfahrens die Klagefrist nach § 87 Abs. 1 SGG nicht gewahrt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kläger hatten nur in Bezug auf die Untätigkeitsklage Erfolg, was aber im Vergleich zur geltend gemachten Forderung von über 136.000 € nicht wesentlich ins Gewicht fällt.

Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

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Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

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Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit,

1.
für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind (§ 56),
1a.
in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat,
2.
in der sie aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst leisten,
2a.
in der sie sich in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes befinden, wenn sich der Einsatzunfall während einer Zeit ereignet hat, in der sie nach Nummer 2 versicherungspflichtig waren; sind zwischen dem Einsatzunfall und der Einstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art nicht mehr als sechs Wochen vergangen, gilt das Wehrdienstverhältnis besonderer Art als mit dem Tag nach Ende einer Versicherungspflicht nach Nummer 2 begonnen,
2b.
in der sie als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen, es sei denn, sie sind für die Zeiten als Soldaten auf Zeit nach § 186 nachversichert worden,
3.
für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
3a.
für die sie von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit das Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn dieser Zahlung zuletzt versicherungspflichtig waren; der Zeitraum von einem Jahr verlängert sich um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches,
4.
für die sie Vorruhestandsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren.
Pflegepersonen, die für ihre Tätigkeit von dem oder den Pflegebedürftigen ein Arbeitsentgelt erhalten, das das dem Umfang der jeweiligen Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld im Sinne des § 37 des Elften Buches nicht übersteigt, gelten als nicht erwerbsmäßig tätig; sie sind insoweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig. Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, sind nicht nach Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig. Wehrdienstleistende oder Zivildienstleistende, die für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weitererhalten oder Leistungen an Selbständige nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, sind nicht nach Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig; die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gilt in diesen Fällen als nicht unterbrochen. Trifft eine Versicherungspflicht nach Satz 1 Nr. 3 im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind. Die Versicherungspflicht nach Satz 1 Nummer 2b bis 4 erstreckt sich auch auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte

1.
wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,
1a.
nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
2.
wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt haben,
3.
wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben,
3a.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Ausbildungsuchende gemeldet waren, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
4.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren, oder
5.
eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn dieser Rente liegende Zurechnungszeit,
6.
Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben; dies gilt nicht für Empfänger der Leistung,
a)
die Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches nur darlehensweise oder
b)
nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben.
Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten nach Satz 1 Nummer 1 und 3. Nach Vollendung des 25. Lebensjahres schließen Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit aus.

(2) Anrechnungszeiten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3a liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes unterbrochen ist; dies gilt nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine selbständige Tätigkeit ist nur dann unterbrochen, wenn sie ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht weiter ausgeübt werden kann.

(3) Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben liegen bei Versicherten, die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig werden konnten, erst nach Ablauf der auf Antrag begründeten Versicherungspflicht vor.

(4) Anrechnungszeiten liegen bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld nicht vor, wenn die Bundesagentur für Arbeit für sie Beiträge an eine Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung, an ein Versicherungsunternehmen oder an sie selbst gezahlt haben.

(4a) Zeiten der schulischen Ausbildung neben einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind nur Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung, wenn der Zeitaufwand für die schulische Ausbildung unter Berücksichtigung des Zeitaufwands für die Beschäftigung oder Tätigkeit überwiegt.

(5) Anrechnungszeiten sind nicht für die Zeit der Leistung einer Rente wegen Alters zu berücksichtigen.

Anrechnungszeiten sowie Zeiten, die für die Anerkennung von Anrechnungszeiten erheblich sein können, sind für Versicherte durch die zuständige Krankenkasse, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, den zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches oder durch die Bundesagentur für Arbeit zu melden.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.