Tenor
I. Auf die Berufungen wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Januar 2016 abgeändert und der Beklagte verpflichtet, den Antrag vom 6.2.2015 auf Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit von 2000 bis 2008 zu verbescheiden.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klagen auf Bewilligung von höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum März 2014 bis August 2014 und März 2015 bis August 2015 werden abgewiesen.
IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren vom Beklagten sinngemäß die Bewilligung von SGB II-Leistungen unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen für 2000 bis 2008 in Höhe von insgesamt 136.725,39 €, die Meldung weiterer Rentenzeiten für 2014, die Weiterleitung ihrer Anträge an die Bundesagentur für Arbeit sowie im Berufungsverfahren erstmals höhere SGB II-Leistungen für die Zeiträume von März 2014 bis August 2014 und von März 2015 bis August 2015.
Die 1983 bzw. 1981 geb. Kläger sind verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten seit ihrer erstmaligen Antragstellung am 9.1.2009 mit kurzen Unterbrechungen Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger zu 1 ist nach eigenen Angaben selbständig tätig. Seit 2011 haben die Kläger über 300 Verfahren am Sozialgericht anhängig gemacht sowie rund 180 Verfahren am Bay. Landessozialgericht.
Den Klägern wurde mit vorläufigem Bescheid vom 15.1.2014 für die Zeit vom 1.3.2014 bis 31.8.2014 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 1.058,78 € bewilligt. Dabei wurde ein vorläufiges Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 24 € monatlich bedarfsmindernd berücksichtigt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2014 (W 14/14) zurückgewiesen. Die Kläger erhoben am 10.2.2014 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 128/14). Mit vorläufigem Änderungsbescheid vom 14.7.2014 wurden für die Zeit ab 1.6.2014 bis 31.7.2014 wegen der aufgenommenen abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 1 bei der Bäckerei S. die Leistungen neu berechnet. Mit anderweitig angefochtenem Bescheid vom 18.12.2014 wurden die Leistungen endgültig bewilligt. Hieraus ergab sich eine Überzahlung von insgesamt 2.876,86 für die Monate März bis August, die mit Erstattungsbescheiden vom 19.12.2014 geltend gemacht wurden. Für die Monate April, Mai und Juli 2014 ergab sich kein Leistungsanspruch mehr. Die Klage S 14 AS 128/14 haben die Kläger mit Schreiben vom 13.4.2015 am 15.5.2015 zurückgenommen.
Im Berufungsverfahren L 7 AS 83/16 wurde der Beklagte verpflichtet, den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X vom 6.2.2015 und 9.2.2015 betreffend den Bewilligungszeitraum 3/14 bis 8/14 zu verbescheiden. Dies ist mit Bescheid vom 16.2.2017 zwischenzeitlich erfolgt. Der Bescheid ist nicht bestandskräftig (aktuell Untätigkeitsklage anhängig S 8 AS 484/17).
Bzgl. der Höhe der SGB II-Leistungen für den Bewilligungszeitraum 3/15 bis 8/15 ist eine Berufung unter dem Aktenzeichen L 7 AS 724/16 anhängig (Klageerhebung vor dem Sozialgericht am 1.2.2016, S 14 AS 104/16).
Mit Schreiben vom 6.2.2015 stellten die Kläger beim Beklagten folgende Anträge:
„1. Antrag auf Übernahme der Dispozinsen,
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2.Antrag auf Berücksichtigung der Verluste aus Selbstständigkeit,
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3.Antrag auf Aufhebung des fiktiven Einkommens aus Selbstständigkeit,
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4.Antrag auf Anerkenntnis des Darlehens als Betriebsausgaben,
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5.Antrag auf Korrektur der falsch ergangenen Alg 2 Bescheide,
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6.Antrag auf Unterbindung der falschen Verdächtigungen durch Herrn K.,
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7.Antrag auf Unterbindung der Anrechnung eines mutwillig und rechtswidrig generierten Einkommens,
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8.Antrag auf Einhaltung des SGB II,
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9.Antrag auf Akzeptanz der nachgewiesenen Kosten für Büromaterial und Porto als Betriebsausgaben,
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10.Antrag auf Einhaltung der Berechnung und Berücksichtigung der hierin gemachten Angaben,
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11.Antrag auf Akzeptanz der mehrfach eingereichten Arbeitslosenmeldungen von mir und meiner Frau für den Zeitraum 2000-2008,
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12.Antrag auf Korrektur der eindeutig falsch ergangenen Bescheide
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13.Antrag auf Nachzahlung der unterschlagenen Rentenzeiten und ALG Leistungen 2000-2008 bzw. 2014“.
Da der Beklagte auf der Durchführung eines erneuten Vorverfahrens bestehe, forderten sie hiermit die zeitnahe Bearbeitung dieser Anträge, damit diese erneut ins Klageverfahren gehen. Allein für 2014 fehle für 3 Monate die Meldung an den Rentenversicherungsträger, obwohl sie im ganzen Jahr im Leistungsbezug gestanden hätten.
Mit Schreiben vom 8.2.2015 stellten sie beim Beklagten ferner Antrag auf Nachholung des Verwaltungsverfahrens zu ihren Arbeitslosmeldungen 2000 bis 2008.
Zu o.g. Anträgen erging eine Reihe von Bescheiden, die Gegenstand diverser Klage- und Berufungsverfahren sind.
Mit Schreiben vom 16.3.2015 teilte der Beklagte auf den Antrag vom 6.2. und 8.2.2015 mit, dass Bezugszeiten von Arbeitslosengeld II automatisch an den Rentenversicherungsträger gemeldet würden. Meldungen zur Arbeitslosenversicherung würden nicht erfolgen, da Bezugszeiten von Arbeitslosengeld II keine Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung auslösten. Der Zeitraum 2000 bis 31.12.2004 falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Im Übrigen könnten Meldungen frühestens ab Beginn des Leistungsbezugs, hier also ab Januar 2009 erfolgen. Im Schreiben wurde als Betreff „Vollzug des Zweiten Buches-Sozialgesetzbuch (SGB II)“ genannt. Das Schreiben wurde den Klägern mit Postzustellungsurkunde bekanntgegeben, die wiederum mit „Bescheid vom 16.3.2015“ überschrieben war.
Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte habe ihre Arbeitslosmeldungen aus den Jahren 2000-2008 bislang nicht bearbeitet und somit das Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt. Soweit sich der Beklagte auf die fehlende Zuständigkeit für den Zeitraum 2000 bis 2004 berufe, benenne er weder die zuständigen Stellen, noch leite er die Anträge an die zuständigen Stellen weiter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.3.2015 wurden die Widersprüche gegen das Schreiben vom 16.3.2015 als unzulässig verworfen. Dieses Schreiben enthalte keinen Verwaltungsakt. Es habe allein der Information gedient. Es enthalte außerdem den Hinweis, dass die Kläger seit Januar 2009 SGB II-Leistungen bezögen. Daraus ergebe sich eindeutig, dass der Beklagte für Zeiten vor der Antragstellung nicht zuständig sei. Entscheidungen für diese Zeiträume könnten daher nicht getroffen werden.
Hiergegen erhoben die Kläger am 2.4.2015 mit dem Betreff „Meldung zur Rentenversicherung“ Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 335/15). Der Beklagte blockiere Verwaltungsverfahren. Dadurch würden ihnen Leistungen unterschlagen. Ihre Arbeitslosmeldungen hätten sie mehrfach auch ans Gericht eingereicht. Wenn der Beklagte für die Arbeitslosmeldungen 2000-2008 nicht zuständig sei, hätte er diese an die zuständige Stelle weiterleiten müssen.
Am 26.8.2016 erhoben die Kläger gegen den Beklagten und die Bundesagentur für Arbeit Untätigkeitsklage auf Anerkennung der Arbeitslosmeldungen 2000 bis 2008 zum Sozialgericht Augsburg (S 14 AS 972/16). Sie überreichten einzelne schriftliche Arbeitslosmeldungen. Die Klagen gegen die Bundesagentur für Arbeit wurden mit den Aktenzeichen S 5 AL 251/16 und S 5 AL 311/16 erfasst, die jeweils am 21.11.2016 zurückgenommen wurden. Die gegen den Beklagten gerichteten Klagen wurden mit Urteil vom 27.10.2016 wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richten sich die Berufungen, die unter dem Aktenzeichen L 7 AS 777/16 anhängig sind.
Am 2.11.2015 erhoben die Kläger eine weitere Klage, gerichtet auf „Nachzahlung der unterschlagenen ALG Leistungen und Rentenzeiten für den Zeitraum 2000 bis 2008“, welche mit dem Aktenzeichen S 14 AS 1188/15 erfasst wurde. Der Beklagte hafte auch für diese Zeit. Mit Gerichtsbescheid vom 23.2.2016 wurden die Klagen wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen sind unter dem Aktenzeichen L 7 AS 131/16 anhängig.
Ferner erhoben die Kläger am 24.11.2016 Klage zum Sozialgericht auf „Nachmeldung und Nachzahlung der ALG Leistungen und Rentenzeiten 2000-2008 durch die BA“, welche mit den Aktenzeichen S 5 AL 323/16 und S 5 AL 326/16 erfasst wurden. Diese Klagen wurden jeweils am 19.12.2016 zurückgenommen.
Mit Urteil vom 27.1.2016 wurden die Klagen (S 14 AS 335/15) als unzulässig abgewiesen. Die Kläger seien nicht beschwert. Die geltend gemachten Rechte könnten den Klägern offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen. Ein Anspruch gegen den Beklagten auf Nachzahlung von Leistungen bestehe vom 1.1.2000 bis 31.12.2008 nicht, da sie keinen Antrag gestellt hätten. Daher scheide auch ein Anspruch auf Nachzahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für diesen Zeitraum aus. Dies gelte auch für 2014, da seit 1.1.2011 keine Pflichtbeiträge für Arbeitslosengeld II-Bezieher an den Rentenversicherungsträger abgeführt werden.
Hiergegen legten die Kläger am 8.2.2016 Berufung beim Bay. Landessozialgericht (L 7 AS 85/16) ein. Der Beklagte mache weiterhin, was er wolle, und das Sozialgericht unterstütze Straftaten, da es weiterhin Verfahren pauschal ablehne. Es gehe um die falschen Anrechnungsfälle im Bewilligungszeitraum März 2014 bis August 2014 und März 2015 bis August 2015.
Mit weiterem Schreiben vom 30.10.2016 erstellten die Kläger eine Hochrechnung „unterschlagener ALG-Leistungen und Rentenzeiten 2000 bis 2008“ auf der Basis des SGB II-Bewilligungsbescheides von 2009 in Höhe von insgesamt 136.725,39 €, die ihnen zustehen würden.
Außerdem forderten sie mit Schreiben vom 18.11.2016 eine Zusammenlegung der am Sozialgericht anhängigen Verfahren S 5 AL 251/16 und S 5 AL 311/16 mit den hier anhängigen Berufungsverfahren. Es würde ausreichen, dass am Bay. Landessozialgericht bereits 4 Verfahren in dieser Sache geführt würden. Sie legten zudem ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 21.11.2016 vor, wonach Zeiten der Arbeitslosigkeit in den Jahren 2000 bis 2008 nicht bestätigt werden könnten. Sämtliche Unterlagen aus diesem Zeitraum seien bereits gelöscht. Mit Schreiben vom 8.6.2016 forderten die Kläger erneut die Festsetzung der „unterschlagenen Gelder“. Der Beklagte hafte auch für die Zeit von 2000 bis 2008.
Bereits mit Schreiben vom 9.3.2016 erteilten die Kläger ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG in allen offenen Verfahren. Dieses Einverständnis wurde mit Schreiben vom 3.12.2016 ausdrücklich wiederholt.
Der Beklagte erteilte mit Schriftsatz vom 31.5.2017 sein Einverständnis mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.1.2016 und den Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, SGB II-Leistungen unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen für 2000 bis 2008 in Höhe von insgesamt 136.725,39 € zu bewilligen, weitere Renten-zeiten für 2014 zu melden, ihre Anträge an die Bundesagentur für Arbeit weiterzuleiten sowie im Berufungsverfahren erstmals höhere SGB II-Leistungen für die Zeiträume von März 2014 bis August 2014 und von März 2015 bis August 2015 zu bewilligen, hilfsweise ihren Leistungsantrag vom 6.2.2015 zu verbescheiden.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufungen.
Mit Schriftsatz vom 11.3.2016 widersprach er ausdrücklich der Erweiterung des Klage- und Berufungsverfahrens durch Einbeziehung der Bewilligungszeiträume 3/14 bis 8/14 und 3/15 bis 8/15.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§ 143,144, 151 SGG) sind nur im tenorierten Umfang begründet.
Die im Berufungsverfahren erstmals erhobenen Klagen, gerichtet auf höhere Grundsicherungsleistungen für die Zeiträume 3/14 bis 8/14 und von 3/15 bis 8/15 sind als unzulässig abzuweisen.
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden. Die Beteiligten haben einer solchen Entscheidung schriftlich zugestimmt.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2015. Der Bescheid vom 16.3.2015 enthält Informationen über die Art und Weise der Meldung von Bezugszeiten, lehnt darüber hinaus aber den Antrag auf eine weitere Meldung für 2014 inzident ab. Auch formal wurde ein Bescheid erlassen im Sinne von § 31 SGB X. Darauf weisen der Betreff „Vollzug des SGB II“ und die Überschrift auf der PZU „Bescheid vom 16.3.2015“ hin, auch wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung:fehlte. Die Kläger haben dieses Schreiben als ablehnenden Bescheid aufgefasst und dagegen Widerspruch eingelegt. Wie sich insbesondere aus dem Widerspruchsbescheid ergibt, werden dagegen für die Zeit vor dem 9.1.2009 ausdrücklich keinerlei Entscheidungen getroffen.
Ihr Klageziel geht aber ausgehend von den Anträgen Nr. 11 und 13 vom 6.2.2015 und vom 8.2.2015 über die im Bescheid getroffene Ablehnung einer weiteren Meldung von Bezugszeiten an den Rentenversicherungsträger für 2014, hinaus. Zu Recht hat das Sozialgericht diese Anträge über den Wortlaut der Klageschrift hinaus in seiner Entscheidung berücksichtigt. Gleichwohl sind die Anträge ihrem Wortlaut nach nicht ohne weiteres zu verstehen und bedürfen der Auslegung nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung. In zeitlicher Hinsicht begehren sie vom Beklagten für 2000 bis 2008 Arbeitslosengeld II unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen und die Meldung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Abführung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger. Die Forderung beläuft sich nach ihren Berechnungen auf insgesamt 136.725,39 €. Außerdem begehren sie vom Beklagten für 2014 die Meldung von SGB II-Bezugszeiten an den Rentenversicherungsträger für April, Mai und Juli 2014. Schließlich machen sie erstmals im Berufungsverfahren höhere Grundsicherungsleistungen für 3/14 bis 8/14 und für 3/15 bis 8/15 geltend. Zuletzt verlangen sie sinngemäß die Weiterleitung ihrer Anträge betreffend 2000 bis 2008 an die zuständigen Stellen.
Zeitraum 2000 bis 2008:
Soweit die Kläger für 2000 bis 2008 gegenüber dem Beklagten Arbeitslosengeld II-Ansprüche unter Anerkennung ihrer schriftlichen Arbeitslosmeldungen geltend machen, sind die erhobenen allgemeinen Leistungsklagen nach § 54 Abs. 5 SGG unzulässig und die Berufungen unbegründet. Über einen geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat zwingend ein Bescheid zu ergehen. Daran fehlt es hier. Ausdrücklich hat der Beklagte es abgelehnt, Entscheidungen zum Zeitraum 2000 bis 8.1.2009 zu treffen.
Auch eine Feststellungsklage nach § 55 Nr. 1 SGG, gerichtet hier auf Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, ist gegenüber den Anfechtungs- und Gestaltungsklagen subsidiär und aus diesem Grund unzulässig.
Vorliegend kann die unzulässige Leistungsklage in eine zulässige Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG, gerichtet auf Verbescheidung des klägerischen Antrags vom 6.2.2015, umgedeutet werden. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht verbeschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig.
Der Antrag auf Bewilligung von SGB II-Leistungen unter Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosigkeit für die Zeit von 2000 bis 2008 datiert vom 6.2.2015 und ist bislang nicht verbeschieden. Für die Zulässigkeit der Klage kommt es nicht darauf an, ob die Kläger einen Anspruch in der Sache selbst haben oder nicht. Vielmehr kann grundsätzlich ein Anspruch auf Verbescheidung geltend gemacht werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2017, § 88 Rn 4a). Desweiteren ist die erforderliche Sperrzeit von 6 Monaten abgelaufen. Die Untätigkeitsklage ist auch begründet. Ein wichtiger Grund für die Nichtverbescheidung ist nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte rechtsirrig annimmt, dass es eines Bescheides nicht bedarf, wenn ein Anspruch in der Sache offensichtlich nicht gegeben ist, kann dies als zureichender Grund nicht anerkannt werden. Die Erhebung der Untätigkeitsklage ist vorliegend nicht rechtsmissbräuchlich. Dies kann nur angenommen werden, wenn materiell-rechtliche Ansprüche unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt offensichtlich ausscheiden. Da Ansprüche nicht ausschließlich für die Zeit vor Inkrafttreten des SGB II geltend gemacht werden, kann ein Fall von Rechtsmissbrauch noch nicht bejaht werden.
Für eine weitere, isolierte Klage auf Meldung weiterer rentenrechtlicher Zeiten bzw. Abführung von Pflichtbeiträgen an den Rentenversicherungsträger besteht, ungeachtet der Frage, welche Klageart hierfür einschlägig wäre nach §§ 54, 88 SGG, kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Meldung von rentenrechtlichen Zeiten bzw. Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen ist unmittelbare Folge eines positiven Bewilligungsbescheides. Darauf hat der Beklagte auch im Bescheid vom 16.3.2015 hingewiesen, wonach die Meldung von Zeiten automatisch erfolgen würde.
Soweit die Kläger zuletzt vom Beklagten die Weiterleitung ihrer Anträge bzw. Arbeitslosmeldungen an den zuständigen Leistungsträger verlangen, ist ungeachtet der statthaften Klageart als Leistungs-, Feststellungs- oder Untätigkeitsklage ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar. Vielmehr können die Kläger ihre vermeintlichen Ansprüchen im Verwaltungsverfahren unmittelbar gegen die Bundesagentur für Arbeit richten, welche die von den Klägern beim unzuständigen Leistungsträger gestellten Anträge gegen sich gelten lassen muss, § 16 SGB I. Eine Klage gegen den Beklagten auf Weiterleitung der gestellten Anträge ist objektiv nicht geeignet, die Rechtsposition der Kläger gegenüber der Bundesagentur für Arbeit insoweit zu verbessern.
2014
Soweit die Kläger vom Beklagten die Meldung von weiteren SGB II-Bezugszeiten für die Monate April, Mai und Juli 2014 an den Rentenversicherungsträger begehren, hat der Beklagte den Antrag im Ergebnis zu Recht mit Bescheid vom 16.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2015 abgelehnt. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Berufungen sind insoweit unbegründet.
Die Versicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI wurde durch Art. 19 Nr. 2b des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom 9.12.2012 (BGBl. I S. 1885) mit Wirkung zum 1.1.2011 aufgehoben. Für Leistungszeiträume ab dem 1.1.2011 sind für SGB II-Leistungsbezieher keine Beiträge mehr zur Rentenversicherung zu entrichten. Stattdessen sind nunmehr für Bezieher von SGB II-Leistungen sog. Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VI zu berücksichtigen. Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte nach dem 31.12.2010 Arbeitslosengeld II bezogen haben. Die Meldung der Anrechnungszeiten ist in § 193 SGB VI geregelt. Zur Meldung von Anrechnungszeiten verpflichtet ist die Bundesagentur für Arbeit und nicht der Beklagte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte nicht passivlegitimiert ist, liegen aber für die Monate April, Juni und Juli 2014 keine Anrechnungszeiten vor. Mit bestandskräftigem endgültigem Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 wurde für die Beteiligten nach § 77 SGG bindend festgestellt, dass in diesen Monaten kein Leistungsanspruch besteht, dementsprechend hat keine Meldung an den Rentenversicherungsträger zu erfolgen, da in diesen Monaten keine Leistungen bezogen werden. Das Ergebnis des Überprüfungsverfahrens bleibt abzuwarten.
Soweit die Kläger nunmehr im Berufungsverfahren ihre Klage erweitert haben und weitere Grundsicherungsleistungen für die Zeiträume 3/14 bis 8/14 und 3/15 bis 8/15 begehren, ist diese Klageänderung nach § 99 SGG unzulässig. Der Beklagte hat der Klageänderung ausdrücklich widersprochen. Sie ist auch nicht sachdienlich, da die geltend gemachten Ansprüche auf völlig neue Sachverhalte gestützt werden. Der Bewilligungszeitraum 3/15 bis 8/15 ist zudem Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens L 7 AS 724/16 und eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bewilligungszeitraum 3/14 bis 8/14 ist unzulässig, da mit der Erhebung dieser Klage am 8.2.2016 im Rahmen des Berufungsverfahrens die Klagefrist nach § 87 Abs. 1 SGG nicht gewahrt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kläger hatten nur in Bezug auf die Untätigkeitsklage Erfolg, was aber im Vergleich zur geltend gemachten Forderung von über 136.000 € nicht wesentlich ins Gewicht fällt.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.