Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 29. Sept. 2014 - L 19 R 673/12

bei uns veröffentlicht am29.09.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.07.2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte rentenrechtliche Zeiten, die der Kläger im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentenrecht (FRG) zu berücksichtigen hat.

Der 1939 in L-Stadt geborene Kläger hat seine Schulausbildung sowie sein Studium mit dem Abschluss Dipl. Ingenieur im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Anschließend war er von 1957 bis 1989 als Dipl. Ingenieur tätig. Im Oktober 1989 wurde der Kläger noch vor dem sog. „Fall der Mauer“ im Alter von 50 Jahren ausgebürgert.

Auf seinen Antrag vom 31.08.1999 hin erhielt der Kläger von der Beklagte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab dem 01.09.1999 in Höhe von monatlich 1.750,89 DM. Zuvor hatte der Kläger gegen eine Rentenauskunft vom 27.01.1998 Widerspruch erhoben, da bei ihm nicht das alte Fremdrentenrecht angewendet werde. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Gegen den hiergegen von der Beklagte auf Wunsch des Kläger erlassenen Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG), die mit Urteil vom 31.10.2000 als unbegründet abgewiesen wurde (Az: S 3 RA 146/98). Die hiergegen beim Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung wurde mit Urteil vom 11.07.2001 als unbegründet zurückgewiesen (Az: L 13 RA 264/00). Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 12.12.2001 als unzulässig verworfen (Az: B 4 RA 157/01 B).

Gegen einen Bescheid der Beklagten vom 09.12.2008, bei dem es um die Höhe des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag des Klägers ging, hatte der Kläger mit Schreiben vom 27.12.2008 Widerspruch eingelegt und im weiteren Verfahren unterschiedliche Sachargumente vorgetragen, unter anderem im Schreiben vom 20.06.2009 auch den Hinweis darauf, dass eine gravierende Grundgesetzverletzung durch Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) vorliege, weil deutsche Bundesbürger, die vor dem Stichtag 01.01.1937 geboren worden seien, anders, also ungleich behandelt würden, als Bundesbürger, die nach dem 01.01.1937 geboren worden seien. Diese Argumentation hielt der Kläger im Schreiben vom 30.09.2009 weiterhin aufrecht, so dass die Beklagte dieses Schreiben als Antrag nach § 44 SGB X auf Überprüfung des Altersrentenbescheides vom 07.10.1999 wertete und ihn mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11.11.2009 ablehnte. Es bestünden keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. für einen verfassungsrechtlichen Verstoß. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2010 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Es sei geradezu aberwitzig, dass insbesondere diejenigen diskriminiert würden, die in der Deutschen Demokratischen Republik - DDR - in der Opposition gewesen seien und Widerstand gegen das System im Osten geleistet hätten. Von diesen Bundesbürgern sei ein wesentlicher Beitrag zum Fall der Mauer als Voraussetzung der Wiedervereinigung geleistet worden. In den Jahren vor dem Fall der Mauer sei der Kläger durch seine Grafiken gegen die Mauer aufgefallen. Diese Bilder (auch ein Grund zur Ausbürgerung) seien im Jahr 1990 (nachweislich vor dem Einigungsvertrag) auf Initiative des damaligen hessischen Sozialministers in F-Stadt ausgestellt gewesen. Er sei im Jahre 1989 im Alter von 50 Jahren durch eine Ausbürgerung Bundesbürger geworden, habe vereinigungsbedingt keine zusätzliche Alterssicherung mehr aufbauen können und sei entgegen den gesetzlichen Regelungen zum verbrieften Recht auf Eigentum des Einigungsvertrages in Bezug auf die Betriebsrente enteignet worden. Die Betriebsrente sei nicht gewährt worden, obwohl der Pensionssicherungsverein nach dem Einigungsvertrag verpflichtet gewesen wäre, die Zahlung der Betriebsrente zu übernehmen. Dieser Vorgang bedeute eine unzumutbare soziale Härte für den Kläger. Vorgelegt wurde hierzu ein „Diagramm zur Darstellung der zeitlichen Entwicklung der Sach- und Rechtslage in Verbindung mit der Anwendung des Fremdrentenrechts (FRG)“, eine Mitteilung des Kombinats VEB N. - Rosa Luxemburg - vom 17.07.1986 über die Gewährung einer Zusatzrente, eine Urkunde über 20 Jahre Betriebstreue und erfolgreiche Mitarbeit im VEB N., ein Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2009 sowie ein Beitragsbescheid der ... Krankenkasse vom 17.07.2009.

Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 18.07.2012 die Klage gegen den Bescheid vom 11.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat das SG darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu Recht den Überprüfungsantrag des Klägers abgelehnt habe, da die weitere Anwendung des Fremdrentenrechts nur für Versicherte angeordnet sei, die vor dem 01.01.1937 geboren seien. Die Regelung des § 259 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI verstoße nicht gegen das Grundgesetz, dies habe zuletzt das Bundessozialgericht mit Urteil vom 14.12.2011 unter dem Aktenzeichen B 5 R 36/11 R festgestellt. Es liege auch kein Verstoß gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensprinzip vor. Es liege weder eine unzulässige Rückwirkung vor noch seien Versicherte aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt. Der allgemeine Gleichheitssatz sei ebenfalls nicht verletzt und es liege auch kein Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 1 GG vor.

Zur Begründung der hiergegen am 03.08.2012 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung verweist der Kläger nochmals auf seine Ausführungen im sozialgerichtlichen Verfahren. Er weist insbesondere darauf hin, dass das Datum 01.01.1937 willkürlich und diskriminierend sei. Es habe bis zum Fall der Mauer nicht existiert, auch bis zum Datum des Einigungsvertrages, also bis zur Wiedervereinigung nicht. Im Gerichtsbescheid sei eine Würdigung des Enteignungsstichtages 01.01.1937 nicht erfolgt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.07.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07.10.1999 zu verurteilen, die vom Kläger bis November 1990 im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach den Regelungen des FRG zugrunde zu legen und ihm auf dieser Grundlage rückwirkend eine höhere Altersrente zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.07.2012 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG Bayreuth mit dem Aktenzeichen S 3 RA 146/98 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - erklärt.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Es kann dabei dahingestellt bleiben, dass bereits rechtskräftig über die hier anhängige Rechtsfrage entschieden wurde, da diese Gegenstand des Verfahrens S 3 RA 146/98 gewesen ist. Nachdem die hiergegen eingelegte Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden war und die Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundessozialgericht als unzulässig verworfen wurde, ist rechtskräftig festgestellt worden, dass die Stichtagsregelung des § 259 a SGB VI nicht gegen Verfassungsrecht verstößt und auch sonst nicht rechtswidrig ist. Die Überprüfung einer bereits rechtskräftig gewordenen gerichtlichen Entscheidung, die normalerweise einem Gerichtsverfahren in gleicher Sache entgegen stehen und ein weiteres Klageverfahren unzulässig machen würde, wird ausnahmsweise im Rahmen des § 44 SGB X für möglich erachtet, wenn neue rechtliche oder tatsächliche Aspekte vorgetragen werden und die Beklagte aufgrund dessen eine weitere neue Sachprüfung durchführt, so dass die neue Entscheidung der Beklagten nochmals Gegenstand eines Klageverfahrens sein kann (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 77 Rdnr 6 m. w. N.; Roos, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl., 2010, Vorbem. § 39 Rdnr 2; Breitkreuz/Merten, Die beiden Anwendungsfälle des § 44 Abs. 1 S 1 SGB X im Lichte rechtsstaatlich gebotener Bestandskraft, in: SGb 2014, 113 - 118; Voelzke/Hahn, Bestandskraft versus materielle Gerechtigkeit - Grenzen bei der Überprüfung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte, in: SGb 2012, 685 - 691 jeweils m. w. N.). Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Beklagte tatsächlich mit dem Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 in eine erneute Sachprüfung der formellen und materiellen Rechtslage eingetreten ist. Jedenfalls ist das SG von einer neuen materiell-rechtlichen Prüfung der Beklagten ausgegangen und hat durch Gerichtsbescheid über diese Klage in der Sache entschieden, so dass die Berufung hiergegen zulässig ist.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 18.07.2012 im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 11.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 als unbegründet abgewiesen. Der Überprüfungsantrag des Kläger vom 30.09.2009 nach § 44 SGB X erweist sich als unbegründet.

Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung, die § 259 a SGB VI enthält, bereits Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG Bayreuth mit dem Aktenzeichen S 3 RA 146/98 gewesen ist. Es hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass zwischenzeitlich das BSG mit Urteil vom 14.12.2011 (Az B 5 R 36/11, veröffentlicht bei juris) die damalige rechtliche Betrachtung nochmals ausdrücklich bestätigt hat.

In seinem Urteil vom 14.12.2011 hat das BSG ausführlich dargelegt, dass es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, dass vor dem 19.05.1990 in der ehemaligen DDR zurückgelegte Pflichtbeitragszeiten von nach dem 31.12.1936 Geborenen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet am 18.05.1990 nicht aufgrund des Fremdengesetzes bewertet würden. Nach der materiell-rechtlichen Regelung des § 256 a SGB VI in Verbindung mit § 259 a SGB VI sind auf einen Versicherten, der nach dem relevanten Stichtag des 01.01.1937 geboren ist, die Regelungen des Fremdrentengesetzes nicht mehr anzuwenden. Vielmehr werden rentenrechtliche Zeiten, die im Beitrittsgebiet zurückgelegt wurden, als Beitragszeiten nach § 248 Abs.3 SGB VI berücksichtigt und hierfür die entsprechenden Entgeltpunkte nach § 256 a SGB VI ermittelt. Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands sei das FRG geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet worden. Gegen die in den Jahren 1991, 1992 und 1993 durchgeführten Rechtsänderungen, die letztlich ein einheitliches Rentenrecht in beiden Teilen Deutschlands für Versicherte, die nach dem 01.01.1937 geboren worden sind, begründeten, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstoße nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensprinzip, da dieses nicht soweit gehe, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, sei verfassungsrechtlich nicht geschützt (BSG, a. a. O., Rdnr. 21).

Dieser Ansicht schließt sich der Senat - wie bereits mit Urteil vom 06.08.2014 (Az: L 20 R 332/12) - an, zumal diese Argumentation auch im SGB VI selbst eine entsprechende Stütze findet. So bestimmt § 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI ausdrücklich, dass über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden wird. Dies bedeutet, dass Versicherungsverläufe oder Rentenauskünfte unverbindlich sind und vom Versicherten stets unter dem Vorbehalt einer (zulässigen) Änderung der gesetzlichen Regelungen gewertet werden müssen. Selbst formelle, bestandskräftige Feststellungsbescheide können im Falle der konkreten Leistungsgewährung unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen noch aufgehoben oder abgeändert werden. Dabei ist noch wesentlich zwischen rentenrechtlichen Zeiten aufgrund eigener Beitragsleistung und sonstigen, vom Gesetzgeber zuerkannten rentenrechtlichen Zeiten zu unterscheiden. Vorliegend fehlt es bereits an eigenen Beitragsleistungen des Klägers zum System der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit bis zum Fall der Mauer.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 14.12.2011 weiter ausgeführt, dass im Falle der 1993 angeordneten Stichtagsregelung auch keine unzulässige Rückwirkung im Rechtssinne vorliegt. Eine echte Rückwirkung liege nur vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, d. h. gültig geworden ist. Die streitige Regelung des § 259 a SGB VI hat aber nicht in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen, sondern sich auf künftig entstehende Rentenrechte beschränkt (BSG, a. a. O., Rdnr 23 - 24). Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Erlasses der Stichtagsregelung noch keinen Anspruch auf Rentenleistungen, sondern erst ab dem 01.09.1999 einen Anspruch auf vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.

Auch eine unechte Rückwirkung im Rechtssinne liegt nicht vor. Wie das BSG in seinem Urteil vom 14.12.2011 darlegt, liegt eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt“ worden sind. Eine derartige unechte Rückwirkung sei nur ausnahmsweise unzulässig. Eine unzulässige unechte Rückwirkung liege hier nicht vor. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich eigentumsgeschützter Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen müsse, sei von einem systemimmanenten Zwang zu Veränderung beherrscht. Dies gelte hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - in Folge des Untergangs der DDR im erheblichen Umfang rentenrechtliche Folgen des Zweiten Weltkriegs hätten bewältigt werden müssen. Insbesondere sei eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente betroffen habe und die daher auch in der Lage gewesen seien, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen (BSG a. a. O. Rdnr. 26). Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, sei mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht, denn die Verfassung gewähre keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (BSG a. a. O. Rdnr 27 unter Bezug auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liege daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen uneingeschränkt an. Gerade die besondere Situation des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf demographische Entwicklungen ebenso reagieren muss wie auf wirtschaftliche, kann aus systemimmanenten Gründen Rentenanwartschaften lediglich abstrakt in dem Sinne garantieren, dass zurückgelegte rentenrechtliche Beitragszeiten für alle Versicherten gleichermaßen berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss aber auch eine Korrektur der Bewertungsvorschriften möglich und zulässig sein, wenn auch nur innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen, insbesondere unter Beachtung der Eigentumsgarantie aus Art 14 GG. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ein Eingriff in individuelle Rechte grundsätzlich möglich, wenn und soweit dies erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zukunft zu gewährleisten (vgl. hierzu z. B. die Problematik der Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten, Beschluss des BVErfG vom 11.11.2008, Az: 1 BvL 3/05 u. a., veröffentlicht in juris). Unzweifelhaft stand der Gesetzgeber bei der Frage der Überführung der Rentenanwartschaften aus der DDR in das System der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vor immensen Herausforderungen, gleichwohl die Funktionsfähigkeit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung für die Zukunft zu gewährleisten, so dass die hierbei vorgenommenen Rechtsänderungen auch in einem ganz besonderen Kontext gesehen und bewertet werden müssen.

Das Bundessozialgericht hat sich in seinem Urteil vom 14.12.2011 auch ausdrücklich mit der Frage der Stichtagsregelung auseinandergesetzt. Allein die Verwendung einer Stichtagsregelung begründet danach keinen Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG, selbst wenn damit gewisse Härten verbunden sind. Auf die Ausführungen des BSG (a. a. O., Rdnr. 28 - 29) wird insoweit Bezug genommen.

Das Bundessozialgericht hat aber auch festgestellt, dass der vom Gesetzgeber konkret gewählte Zeitpunkt des Stichtages angemessen ist. Mit der Einigung Deutschlands sei der Gesetzgeber vor der Aufgabe gestanden, die in der DDR erworbenen rentenrechtliche Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies habe mit diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung beziehungsweise der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen können, dass bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach dem SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen worden sei. Hiervon sei auch weitestgehend Gebrauch gemacht worden, während auf andere Grundlagen für die Rentenwertfestsetzung nur noch übergangsweise und in eng umgrenzten Ausnahmefällen zurückgegriffen worden sei. Schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.05.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR habe nämlich wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der alten DDR-Renten nur noch in begrenztem Umfang Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG bestanden. Diese sei daher auf den Personenkreis begrenzt worden, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern gehabt habe, während umgekehrt alle Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik erst nach diesem Zeitpunkt begründet hätten, nunmehr die von dem bisher zuständigen Rentenversicherungsträger nach dem für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhielten. Mit dem Beitritt der neuen Länder zum 01.01.1992 zur Bundesrepublik Deutschland sei das Bedürfnis danach geschwunden, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt würden, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland am 18.05.1990 habe zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes nur noch bei Rentenbeginn vor dem 01.01.1996, dann aus Gründen der Vereinfachung nur noch bei einem Geburtsdatum vor dem 01.01.1937 zur Anwendung der alten Rechtslage geführt. Hierbei handle es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sein. Der Gesetzgeber habe letztendlich wie bei jeder Stichtagsregelung eine Vertrauensabwägung durchführen müssen, die rechtlich nicht zu beanstanden sei (BSG, a. a. O., Rdnr 30).

Der Senat schließt sich auch diesen Ausführungen des Bundessozialgerichts vollumfänglich an. Bei der Frage der Angemessenheit der Stichtagsregelung kommt es - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht darauf an, ob ein Versicherter aktiven oder passiven Widerstand in der DDR geleistet hat oder nicht, ob sich sein Verhalten positiv oder beschleunigend auf den „Mauerfall“ ausgewirkt haben könnte oder nicht und wenn ja, in welchem Umfang dies der Fall sein könnte. Die Stichtagsregelung hat sich ausschließlich an den rentenrechtlichen Besonderheiten zu orientieren, nämlich dahingehend, ob dem durch die Stichtagsregelung betroffenen Versicherten ein unzumutbarer Nachteil etwa daraus entsteht, dass er nur noch begrenzte Zeit zur weiteren rentenrechtlichen Vorsorge zur Verfügung hat. Der Kläger war seit Vollendung des 50. Lebensjahres in der Bundesrepublik Deutschland und hatte somit noch ausreichend Zeit bis zum Beginn der Regelaltersrente, seine rentenrechtlichen Zeiten und Anwartschaften entsprechend auszurichten und eine adäquate Altersvorsorge zu betreiben. Dass dies der Fall war, wird auch aus der mit Bescheid vom 07.10.1999 zuerkannten Rentenhöhe deutlich. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers gegenüber anderen Versicherten, die ebenfalls von der Stichtagsregelung betroffen sind, kann darin nicht gesehen werden. Auf mögliche Unterschiede zu Herrn B. - wie vom Kläger vorgetragen - kommt es vorliegend nicht an, da dieser von der Stichtagsregelung nicht betroffen ist. Dass persönliche Härten durch eine Stichtagsregelung entstehen können oder diese zumindest als ungerecht empfunden werden, ist für den Senat nachvollziehbar, begründet aber weder eine Rechtswidrigkeit der Stichtagsregelung noch einen verfassungsrechtlich relevanten Rechtsverstoß.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 14.12.2011 sieht der Senat auch keine Veranlassung das Verfahren auszusetzen und die Streitsache dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.

Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 18.07.2012 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und E

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 248 Beitragszeiten im Beitrittsgebiet und im Saarland


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(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab dem 1.1.2010 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewähren muss, weil ihm ein höherer Nachteilsausgleich nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) zustehe und seine rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten seien.

2

Der 1947 geborene Kläger arbeitete in der DDR zunächst als Ingenieur und später als Niederlassungs- und Betriebsteilleiter. Nachdem er seine Ausreise beantragt hatte, wurde er ab dem 27.11.1986 von der Tätigkeit als Betriebsteilleiter beurlaubt und als Hilfsarbeiter beschäftigt. In der DDR war er weder Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) noch gehörte er einem dortigen Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an. Am 25.5.1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "C" und war vom 4.9.1989 bis zum 31.12.2009 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.

3

Mit Bescheid vom 17.1.1991 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rentenrechtliche Zeiten bis zum 31.12.1984 verbindlich fest, ohne über deren Zuordnung zum FRG zu entscheiden. Später lehnte sie es als Versorgungsträgerin für die Zusatzversorgungssysteme ab, (fiktive) Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen, weil der Kläger am 30.6.1990 nicht mehr im Beitrittsgebiet beschäftigt gewesen sei (Bescheid vom 23.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004). Das Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen erkannte den Kläger als Verfolgten iS des § 1 Abs 1 BerRehaG an, setzte die Verfolgungszeit vom 25.11.1986 bis 25.5.1989 fest und ordnete ihn der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabschluss) der Anlage 13 und dem Wirtschaftsbereich 17 (Handel/Binnenhandel) der Anlage 14 zum SGB VI zu (Bescheid vom 6.7.2005 mit Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG).

4

Mit Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 stellte die BfA alle im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31.12.1998 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. In Spalte 3 des Versicherungsverlaufs ordnete sie den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet jeweils fiktive Verdienste in DM zu, die sie ermittelt hatte, indem sie die in Mark der DDR tatsächlich erzielten Beträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochgewertet und durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf bundesdeutsches Lohnniveau angehoben hatte. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage stellte die Beklagte fest, dass die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 nach § 11 BerRehaG als Pflichtbeitragszeit gelte und die Vergleichsberechnungen, die unter Anwendung des § 13 Abs 1a BerRehaG durchgeführt worden seien, keinen höheren Rentenbetrag ergeben hätten. Allerdings könne erst im Leistungsfall verbindlich entschieden werden, ob die festgestellten Pflichtbeitragszeiten zu einer höheren Leistung führten (Bescheid über die Prüfung des rentenrechtlichen Nachteilausgleiches im Rahmen des BerRehaG außerhalb eines Rentenverfahrens vom 24.10.2005). Die Widersprüche gegen beide Bescheide wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006). Das SG Gießen hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 18.9.2009).

5

Während des Berufungsverfahrens gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.1.2010 (Rentenbescheid vom 6.11.2009). Die Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet bewertete sie anhand der fiktiven Verdienste in DM, die in Spalte 3 des Versicherungsverlaufs enthalten und in Spalte 1 mit der Abkürzung "SVA" (= beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung im Beitrittsgebiet) gekennzeichnet waren (Anlage 2 des Rentenbescheids). Der Ermittlung des Rentenwerts lagen insgesamt 54,7453 persönliche Entgeltpunkte (pEP) zugrunde (Anlage 6 des Rentenbescheids). Mit Rentenbescheid vom 18.1.2010 stellte die Beklagte die Altersrente rückwirkend zum 1.1.2010 auf der Grundlage von 56,0318 pEP höher fest. Die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 bewertete sie nunmehr als beitragsgeminderte Zeit und berücksichtigte nach dem BerRehaG für jeden Kalendermonat mit Verfolgungszeit den monatlichen Durchschnittswert von 0,0561 EP (= 0,6174 EP : 11 Kalendermonate) aus dem Kalenderjahr 1985 (letztes Kalenderjahr vor Beginn der Verfolgung).

6

Mit Urteil vom 25.3.2011 hat das Hessische LSG die Berufung zurückgewiesen, die Klage gegen den Rentenbescheid vom 18.1.2010 abgewiesen und die Revision zugelassen: Der Rentenbescheid vom 18.1.2010 sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er sowohl den Rentenbescheid vom 6.11.2009 als auch den ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 vollständig ersetzt habe. Der rentenrechtliche Nachteilsausgleich iS des BerRehaG sei keinesfalls anhand der Leistungsgruppen des FRG zu berechnen. Ebenso wenig seien die übrigen rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nach dem FRG zu bewerten, wie das SG unter Hinweis auf § 259a SGB VI zutreffend ausgeführt habe. Schließlich seien die Vorschriften des SGB VI und des BerRehaG auch verfassungskonform. Denn die Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 S 1 GG) erfasse keine FRG-Zeiten, weil für sie keine Eigenleistungen an einen Versicherungsträger der Bundesrepublik Deutschland erbracht worden seien. Soweit der Gesetzgeber mit dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) in Rechtspositionen von FRG-Berechtigten eingegriffen habe, sei dies durch Gründe des Allgemeinwohls (Schaffung eines einheitlichen Rentenversicherungssystems, Finanzierbarkeit der Rentenversicherung) gerechtfertigt und verhältnismäßig. Auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) sei nicht verletzt, weil der Gesetzgeber die besondere Situation der Sowjetzonenflüchtlinge im Vergleich zu den im Beitrittsgebiet Verbliebenen durch die Vorschriften des BerRehaG auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung hinreichend berücksichtigt habe. Eine darüber hinausgehende Besserstellung - insbesondere unter Anwendung der Leistungsgruppen nach dem FRG - könnten Altübersiedler aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht beanspruchen. Dass der Kläger keine Ansprüche nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) erworben habe, beruhe wesentlich auf dem Umstand, dass er keine Versorgungszusage erhalten und damit dem System der zusätzlichen Altersversorgung nicht angehört habe.

7

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 3, 14 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Die rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, müssten nach dem FRG in der Fassung berechnet werden, die es am 25.5.1989 gehabt habe, als er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Dann ergäben sich wesentlich höhere EP, was auch positive Wirkungen auf den rentenrechtlichen Nachteilsausgleich für die Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG habe. Am 25.5.1989 habe er eine Rentenanwartschaft erworben, die ihm konkret zugeordnet sei, im Einigungsvertrag erwähnt werde und unter dem Eigentumsschutz des Art 14 GG stehe. Sie beruhe auf seiner entgeltlichen Erwerbstätigkeit in der DDR, für die er Beiträge an deutsche Rentenversicherungssysteme gezahlt habe und damit auf Eigenleistungen eines Deutschen iS des Art 116 GG. Er habe in der DDR durch eigene Arbeit Rentenanwartschaften erworben und mit seinen Beiträgen zur Finanzierung der Rentenversicherung beigetragen, die schlussendlich durch die Wiedervereinigung in das gesamtdeutsche System inkorporiert worden seien. Der Einigungsvertrag habe die erworbenen und nach dem FRG berechneten Anwartschaften weder eingeschränkt noch beschnitten, wie dies nun durch § 259a SGB VI geschehe. Das RÜG führe zu einer Teilenteignung der Rentenanwartschaften von Altübersiedlern. Hierzu sei der Gesetzgeber nur bei Vorliegen von Gründen von erheblichem Gewicht befugt. Es sei sehr zweifelhaft, ob die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung ein solcher Grund sei. In diesem Zusammenhang sei es sachwidrig, gerade ihn für die finanziellen Folgelasten der Wiedervereinigung mitverantwortlich zu machen, obwohl er im Zeitpunkt der Wiedervereinigung bereits durch seine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Finanzierung dieser zusätzlichen Lasten beigetragen habe. Überdies werde er gegenüber Personen benachteiligt, die bis zum Mauerfall in der DDR verblieben seien. Denn als Flüchtling habe er in der DDR Hab und Gut zurückgelassen sowie wertvolle Jahre seines Lebens in erheblicher Armut und mit Freiheitseinschränkungen und Zwangsmaßnahmen zugebracht. Darüber hinaus habe er Ansprüche nach dem AAÜG verloren, weil er am 30.6.1990 - anders als die dort verbliebenen Kollegen - nicht mehr in der DDR gelebt habe.

8

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Januar 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2010 höhere Altersrente

        

a)    

unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten vom 24. August 1963 bis 25. Mai 1989 nach dem FRG und

        

b)    

unter rentensteigernder Berücksichtigung eines Nachteilsausgleichs nach § 13 BerRehaG mit Bewertung der Verfolgungszeit nach den Leistungsgruppen des FRG zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Für das Begehren des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es sei fraglich, ob eine bloße Übersiedlung gleichsam automatisch bestimmte gesetzliche Leistungsansprüche nach sich ziehe, die zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland kodifiziert gewesen seien. Die postulierte Rechtsposition - Anwendung des FRG auf die von ihm bis zum 25.11.1986 zurückgelegten Beitragszeiten - genieße keinen Grundrechtsschutz aus Art 14 Abs 1 GG. Da der Kläger nicht in den Genuss einer Rentenwertfeststellung auf der Basis des FRG gelangen könne, sei er auch nicht in seinem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip verletzt. Immerhin existiere mit § 259a SGB VI eine Übergangsregelung, von der der Kläger allerdings nicht profitiere. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung erst das 42. Lebensjahr vollendet gehabt habe und im Hinblick auf die neue Rechtslage durchaus in der Lage gewesen sei, etwa befürchtete Leistungseinbußen durch private Dispositionen zu kompensieren. Der Kläger sei auch nicht iS des Art 3 Abs 1 GG gegenüber anderen Personen willkürlich benachteiligt. Mit der Übergangsregelung des § 259a SGB VI und dem darin enthaltenen Stichtag des 1.1.1937 habe der Gesetzgeber eine sachgerechte Lösung geschaffen, weil die Personen, die am 1.1.1992 die damalige Regelaltersgrenze des 65. Lebensjahres (gemeint 55. Lebensjahr) vollendet gehabt hätten, noch in den Genuss des "alten Rechts" gelangt seien. Zudem hänge es von der individuellen Versicherungs- und Beitragsbiographie ab, ob Versicherte von der Anwendung des FRG oder der Anwendung des § 259a SGB VI profitierten. Wer Beiträge zur FZR gezahlt habe, für den sei die neue Rechtslage vorteilhaft. Der Kläger sei auch nicht im Zusammenhang mit der Bewertung seiner Verfolgungszeiten in Grundrechten verletzt. Insoweit sei der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG bereits nicht eröffnet. Zudem habe das FRG - in der vom Kläger begehrten Form - nur bis Ende 1991 und das BerRehaG erst ab 1994 gegolten, so dass schon deshalb beide Gesetze nicht miteinander kombiniert werden könnten. Sollte das FRG tatsächlich auf den Kläger Anwendung finden, sei auch die Regelung des § 22 Abs 4 FRG zu berücksichtigen, wonach die nach dem FRG fingierten Arbeitsentgelte vom Rentenbeginn an um 40 % zu kappen seien.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht erkennen, ob das LSG die letzte Rentenwertfestsetzung der Beklagten im Bescheid vom 18.1.2010 auch hinsichtlich im ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 geregelter Beitrittsgebietszeiten überprüfen durfte (hierzu im Einzelnen nachfolgend unter A.). Da der Regelungsgegenstand des Vormerkungsbescheides offen ist, kann derzeit nicht entschieden werden, ob und inwieweit hierdurch verkörperte Verwaltungsakte iS von § 96 Abs 1 SGG durch die erstmalige Bestimmung des Rentenwerts und diese ihrerseits durch die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 ersetzt worden sind. Hiervon ausgehend ist derzeit in mehrfacher Hinsicht offen, ob über die Klage gegen die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 hinsichtlich derjenigen Beitrittsgebietszeiten, die nicht Verfolgungszeiten sind, durch Prozess- oder durch Sachurteil zu entscheiden ist. Dies darf aber wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkung nicht offen bleiben (BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris). Soweit die Klage die Berücksichtigung von Verfolgungszeiten im Rahmen der Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 betrifft, könnte hierüber im Sinne der Zurückweisung der Revision zwar bereits jetzt abschließend entschieden werden (hierzu nachfolgend unter B.). Der Senat sieht hiervon indessen zugunsten einer einheitlichen Entscheidung über den Rentenwert durch das Berufungsgericht ab.

12

A. Mit seiner ursprünglichen Klage hat sich der Kläger ua gegen den Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 gewandt, soweit diese Zeiten im Beitrittsgebiet mit Ausnahme der im weiteren Bescheid vom 24.10.2005 gesondert geregelten Verfolgungszeiten betreffen. Streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid sind während des Berufungsverfahrens durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 6.11.2009 iS von § 96 Abs 1 SGG ersetzt worden. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Während nämlich der Rentenversicherungsträger erstmals mit der "Feststellung einer Leistung" über Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entscheiden (§ 149 Abs 5 S 3 SGB VI) und den Rentenwert bestimmen darf, bedarf es mit diesem Zeitpunkt umgekehrt keines diese Entscheidung nur vorbereitenden Verfahrens über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Hierzu ergangene Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs 2 SGB X) und dürfen durch weitere Feststellungen einzelner wertbestimmender Elemente von vornherein nicht mehr ersetzt werden. Das insofern anhängige Klageverfahren findet indessen seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gerade gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs 1 SGG, der hier bereits in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) anzuwenden ist, unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht. Mit dem Erlass des weiteren Rentenbescheides vom 18.1.2010 wurde schließlich insoweit auch die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt.

13

Indessen hat es das LSG unterlassen festzustellen, ob der ursprünglich mit der Klage angegriffene Vormerkungsbescheid überhaupt beansprucht hat, Regelungen auch für die streitigen Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zu treffen, und daher insofern durch den Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt werden könnte. Dies hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BSG Urteil vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6). Der Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und der ihn bestätigende Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 verlautbaren - insofern den Wortlaut des § 149 Abs 5 S 1 SGB VI wiederholend -, dass die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.1998, als für die Beteiligten verbindlich festgestellt werden, sofern sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Die in Bezug genommenen früheren Feststellungen bestimmen damit mittelbar den Regelungsgehalt des Bescheides vom 24.10.2005 bzw des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides und sind umgekehrt ihrerseits einer Überprüfung im Rahmen des gegen diese Bescheide gerichteten Klageverfahrens entzogen. Da die Beklagte nicht bereits selbst die zeitlich vorgängigen und sachlich vorrangigen Bescheide aufgeführt hat, auf die sie sich insofern beziehen will, bleibt nur, den Regelungsgehalt des ursprünglich angegriffenen Feststellungsbescheides durch einen Abgleich mit früher an den Kläger gerichteten Bescheiden zu ermitteln. Hierzu ist das Revisionsgericht, das zwar selbst entscheiden kann, ob es sich bei einer Verlautbarung der Verwaltung um einen Verwaltungsakt handelt und welchen Inhalt dieser Verwaltungsakt ggf hat, jedoch die Existenz von Verlautbarungen, um deren Inhalt es geht, nicht selbst feststellen darf, derzeit nicht in der Lage.

14

Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nur zu entnehmen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 17.1.1991 die rentenrechtlichen Zeiten bis zum 31.12.1984 ohne eine Entscheidung über die Zuordnung zum FRG festgestellt hat. Aus dem Bescheid geht hervor, dass für den Zeitraum bis 31.12.1984 lediglich Zeiten der Schul- und Fachschulausbildung des Klägers verbindlich festgestellt wurden. Ob in der Zwischenzeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24.10.2005 weitere Vormerkungsbescheide durch die Beklagte erlassen worden sind, die die Zeiten im Beitrittsgebiet bereits abschließend geregelt haben, hat das LSG nicht festgestellt. Somit ist unklar, ob der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch Zeiten des Klägers im Beitrittsgebiet verbindlich festgestellt hat oder vielmehr nur spätere Zeiten regelt. Sollte der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch derartige Zeiten verbindlich geregelt haben, wäre die Klage im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 1.). Andernfalls wäre ausgehend von einer gewillkürten Klageänderung zunächst die Zulässigkeit der geänderten Klage zu klären. Soweit sich diese Klage als zulässig erweist, wäre auch sie im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 2.).

15

1. Soweit der ursprünglich angegriffene Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 Nicht-Verfolgungszeiten im Beitrittsgebiet abschließend geregelt hat, ist die Rentenwertfestsetzung im ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 insofern gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die aufgrund erneuter gesetzlicher Klageänderung geänderte Klage gegen den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ist dann allerdings unbegründet. Für das mit ihr verfolgte Begehren, die vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten (Nicht-Verfolgungs-)Zeiten nach Maßgabe des FRG zu bewerten, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

16

a) Zutreffend hat die Beklagte die in der Zeit vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs 3 SGB VI berücksichtigt und für sie entsprechende EP nach § 256a SGB VI ermittelt. Der Kläger wird damit - wie grundsätzlich alle anderen, die vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben - dem Überleitungsprogramm des Einigungsvertrages und der nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen unterworfen. Für die Wertbestimmung seines Rentenrechts ist aufgrund gesetzlich angeordneter Gleichstellung und entsprechend den allgemeinen Grundlagen des bundesdeutschen Rentenrechts auch insofern das im Beitrittsgebiet individuell beitragsversicherte Erwerbseinkommen maßgeblich. Dagegen gehört der Kläger nicht zum Kreis derjenigen, deren EP für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.5.1990 ausnahmsweise weiterhin aufgrund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Dies sind gemäß § 259a SGB VI nur diejenigen, die am 18.5.1990 einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet hatten und vor dem 1.1.1937 geboren sind. Zwar hatte der Kläger am 18.5.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, doch wurde er erst am 1947 geboren.

17

b) Erst recht findet das FRG vom 25.2.1960 auf ihn keine Anwendung.

18

Zwar hatte der Kläger als bis zum 18.5.1990 Zugezogener bei Zuzug in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in dieser Fassung. Nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG sollten die Berechtigten nach Möglichkeit so gestellt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht (vgl § 17 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 FRG aF). Demnach wurde bei Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs 1 FRG in der vom 1.1.1984 bis 30.6.1990 geltenden aF). Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art 14 Nr 14a des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606) zum 1.1.1992 neu gefasste § 15 Abs 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Art 14 Nr 16b RÜG zum 1.1.1992 § 17 Abs 1 FRG aF gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 1.1.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 75 RÜG). Schon hiervon war der Kläger nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 1.1.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 16 Buchst b des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24.6.1993, BGBl I 1038). Auch vor dem 19.5.1990 Zugezogene wurden damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 1.1.1937 geboren waren.

19

Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es besteht daher auch keine Veranlassung, das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheiden vorzulegen.

20

aa) Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstößt nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG - vgl hierzu zuletzt etwa BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90 ff mwN = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).

21

Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.

22

Es liegt weder eine unzulässige Rückwirkung vor noch war der Kläger aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.

23

Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfG Beschluss des 1. Senats vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9).

24

Die Ersetzung der FRG-Regelungen für den Personenkreis, dem der Kläger angehört, hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Sie beschränkt sich vielmehr auf künftig entstehende Rentenrechte.

25

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige unechte Rückwirkung ist nur ausnahmsweise unzulässig.

26

Die Ersetzung der FRG-Regelungen bewirkt keine unzulässige unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Insbesondere hatte der Wert künftiger Rentenrechte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die für alle Zeiten eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich eigentumsgeschützter Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen muss, ist von einem systemimmanenten Zwang zu Veränderung beherrscht. Dies gilt hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - infolge des Untergangs der DDR in erheblichem Umfang rentenrechtliche Folgen des 2. Weltkriegs bewältigt werden mussten. Insbesondere ist eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente traf und die daher auch in der Lage waren, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik aufzubauen.

27

Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.

28

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung ist ebenfalls nicht verletzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Stichtagsregelung hat zur Folge, dass es nur für die vor dem 1.1.1937 Geborenen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.5.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, bei der Anwendung des vor Einführung der §§ 256a und b SGB VI geltenden Rechts bleibt. Allein für diesen Personenkreis werden daher EP weiter auf der Grundlage des FRG ermittelt, während umgekehrt für alle nach dem 31.12.1936 Geborenen und diejenigen, die am 18.5.1990 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet hatten, das Überleitungsrecht des SGB VI gilt.

29

Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Zeitpunkts muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 43 f mwN = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Das ist hier der Fall.

30

Mit der Einigung Deutschlands stand der Gesetzgeber vor der Aufgabe, die in der DDR erworbenen rentenrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies konnte mit diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung bzw der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen, dass bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach dem SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen wurde. Hiervon wurde auch weitestgehend Gebrauch gemacht, während auf andere Grundlagen für die Rentenwertfestsetzung nur noch übergangsweise und in eng umgrenzten Ausnahmefällen zurückgegriffen wurde. Schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (STVtr) bestand nämlich wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der DDR-Renten nur noch in begrenztem Umfang Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG. Diese wurde daher auf den Personenkreis begrenzt, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatte (Art 23 § 1 Abs 2 S 1 des Gesetzes zu dem genannten Vertrag - StVtrG - vom 25.6.1990, BGBl II 518; vgl zur Unbedenklichkeit dieses Stichtags vor Art 3 Abs 1 GG: BSG Beschluss vom 4.7.1996 - 13 BJ 191/95 - Juris RdNr 6), während umgekehrt alle Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik erst nach diesem Zeitpunkt begründet hatten, nunmehr die von dem bisher für sie zuständigen Rentenversicherungsträger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhielten (Art 20 Abs 7 StVtr). Mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik und dem Inkrafttreten eines einheitlichen Rentenrechts zum 1.1.1992 schwand das Bedürfnis danach, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt wurden, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik am 18.5.1990 führte zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl BT-Drucks 12/405, 128) nur noch bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 (§ 259a SGB VI idF des RÜG), dann aus Gründen der Vereinfachung (BT-Drucks 12/4810, 24 f) nur noch bei einem Geburtsdatum vor dem 1.1.1937 (§ 259a SGB VI idF des Rü-ErgG) zur Anwendung der alten Rechtslage. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997 - 4 RA 56/95 - Juris RdNr 18 mwN). Letztendlich musste der Gesetzgeber - wie bei jeder Stichtagsregelung - zwischen dem Vertrauen der Betroffenen in die bestehende und den Gründen für eine andere - für einige Betroffene ungünstigere - Regelung abwägen. Wenn er bei den bis 1937 Geborenen, damals relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden Regelung und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, ist dies nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997, aaO, RdNr 19). Für den Personenkreis der ab 1937 Geborenen wirkten sich die Neuregelungen grundsätzlich erst allmählich aus. Erst wenn für den Einzelnen der Versicherungsfall (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres, dh für am 1.1.1937 Geborene am 1.1.2002) eintritt, erfassen ihn die Neuregelungen. Bis dahin bestand im Regelfall die Möglichkeit, sich auf die Neuerungen einzustellen.

31

Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger nicht in ein Zusatzversorgungssystem der DDR einbezogen ist. Da der Kläger nicht über eine Versorgungszusage verfügt, käme einzig eine fiktive Einbeziehung nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG in Betracht(vgl nur BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17). Voraussetzung ist jedoch, dass aufgrund der am 30.6.1990 bestehenden Sachlage aus bundesrechtlicher Sicht ein fiktiver Anspruch auf Einbeziehung bestanden hat. Der an das Inkrafttreten des Neueinbeziehungsverbots des § 22 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) anknüpfende Stichtag des 30.6.1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Einheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit damit die Überführung teilweise von Umständen abhängt, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben, handelt es sich nicht um Rechtsakte oder Vorgänge, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Hieraus erwachsende Nachteile sind daher von ihr auch nicht auszugleichen (BVerfG Beschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1). Da sich der Kläger zum 30.6.1990 bereits nicht mehr im Beitrittsgebiet aufhielt, kommt eine fiktive Einbeziehung demnach ebenfalls nicht in Betracht. Eine Verpflichtung des bundesdeutschen Gesetzgebers, Betroffenen im Nachhinein rentenrechtliche Vergünstigungen zukommen zu lassen, die ihnen das Rentenrecht der DDR versagt hatte, besteht nicht (BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 68).

32

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen die mit dem RÜG und dem Rü-ErgG eingeführten Regelungen der Ermittlung von EP nach §§ 256 ff SGB VI schließlich auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.

33

Der Kläger hat mit seiner Übersiedlung keine dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterliegende Rentenanwartschaft erworben. Durch das FRG begründete Rentenansprüche und -anwartschaften unterliegen jedenfalls dann nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (BVerfG Beschluss vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua - BVerfGE 116, 96, 121 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Zwar unterfallen nach der Rechtsprechung des BVerfG rentenrechtliche Positionen grundsätzlich dem Eigentumsschutz (BVerfGE 116, 96, 121 mwN). Regelmäßige Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Im Falle der durch das FRG begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum iS des Art 14 Abs 1 S 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften den Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG.

34

Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG für den Fall unterstellen wollte, dass sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Einheit verbinden (offengelassen in BVerfGE 116, 96, 124), hätte der Gesetzgeber mit dem RÜG und dem Rü-ErgG von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art 14 Abs 1 S 2 GG) einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Der Kläger wäre auch dann nicht in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG verletzt.

35

Auch für rentenrechtliche Anwartschaften gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 S 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfGE 116, 96, 124 f mwN). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfGE 116, 96, 125).

36

Der Gesetzgeber hatte mit den im Rahmen des RÜG und Rü-ErgG erlassenen Vorschriften zur Ermittlung von EP im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem FRG Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

37

Der Untergang der DDR und der Beitritt der neuen Länder gab Anlass zu einer Neuregelung des im FRG geregelten Kriegsfolgenrechts und machte eine rentenrechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich. Die Absicherung im Alter sollte sich in West- und Ostdeutschland an einheitlichen ordnungspolitischen und sozialpolitischen Grundentscheidungen orientieren (vgl BT-Drucks 12/405, 108). Wie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet sollten auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlichen individuellen Entgelte maßgebend sein. Die fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentenrecht hatte ihre Legitimation verloren. Gleichzeitig stellte sich mit dem massiven Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung die Frage nach der Finanzierbarkeit des Systems. §§ 256a, 259a SGB VI dienen demnach dazu, ein an einheitlichen Grundprinzipien orientiertes Rentenrecht zu schaffen und die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.

38

Der Gesetzgeber durfte im Blick auf das signifikant unterschiedliche Rentenniveau in den beiden deutschen Staaten (vgl Art 20 Abs 3 S 1 GG und BVerfG Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - BVerfGE 112, 368 ff = SozR 4-2600 § 307a Nr 3)mit dem Systemwechsel die Erwartung einer Aufwandsbegrenzung für die gesetzliche Rentenversicherung verbinden. Ebenso liegt auf der Hand, dass eine weitgehende Vereinheitlichung der Wertbestimmung von Rentenrechten auf der Grundlage von DDR-Beitragszeiten den Verwaltungsaufwand reduziert.

39

Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber ein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung stand, mit der er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können.

40

Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der Ermittlung von EP nach dem FRG überwiegt.

41

Ob die Neuregelung für die Betroffenen mit Nachteilen behaftet ist oder sich vorteilhaft auswirkt, hängt wesentlich von der individuellen Erwerbsbiographie ab. So ist die Rentenwertfeststellung nach dem individuell beitragsversicherten Erwerbseinkommen im Einzelfall möglicherweise günstiger, wenn ein Versicherter Mitglied der FZR war (§ 256a Abs 2 S 1, Abs 3 SGB VI). Auch ist zu berücksichtigen, dass § 254d Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI für Personen, die - wie der Kläger - am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet hatten, die Rentenwertfeststellung unter Zugrundelegung des günstigeren aktuellen Rentenwerts (West) gewährleistet. Auch soweit demgegenüber die Mehrzahl der Betroffenen zunächst eine Minderung des Werts ihrer FRG-Rentenanwartschaft erwarten musste, die allerdings durch die 40prozentige Rentenminderung auf der Grundlage des verfassungsgemäßen (vgl BVerfGE 116, 96 ff) § 22 Abs 4 FRG idF des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung vom 25.9.1996 stark relativiert wurde, bleibt die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Trotz des - unterstellten - Eigentumsschutzes der rentenrechtlichen Gesamtposition darf nämlich bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Eingriffs berücksichtigt werden, dass die Anwartschaften zum Teil nicht auf Eigenleistungen beruhen. Ist es aber zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, dazu berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind. Dies ist hier in Bezug auf die Anwartschaftsteile der Fall, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde liegen (BVerfGE 116, 96 ff, 128 f).

42

Auch soweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f; 116, 96, 124, 130 ff), sind die angegriffenen Regelungen nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Neuerungen für DDR-Übersiedler wirkten zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens grundsätzlich - und so auch im Falle des Klägers - auf noch nicht abgeschlossene Rentenrechtsverhältnisse für die Zukunft ein und verschlechterten insoweit teilweise die betroffene Rechtsposition nachträglich. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfGE 116, 96, 132). Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl BVerfGE 116, 96, 132 mwN).

43

Das Interesse derjenigen Berechtigten an der Beibehaltung der Rentenwertermittlung für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG ist grundsätzlich nicht höher zu bewerten, als es die Gemeinwohlgründe sind, die den Gesetzgeber bei der Neugestaltung bestimmt haben. Die betroffenen Personen durften nicht damit rechnen, dass sie über die gesamte Zeit ihres Versicherungsverhältnisses bis zum Beginn ihrer Rente nicht mehr von Umgestaltungen betroffen sein würden. Es musste den Betroffenen einsichtig sein, dass die Einigung Deutschlands nicht ohne Auswirkungen auch für sie bleiben würde. Sie mussten damit rechnen, dass der Gesetzgeber auf diese Situation durch eine Veränderung des Rentenversicherungsrechts auch zu ihren Lasten reagieren würde. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 259a SGB VI eine nicht zu beanstandende Übergangsregelung geschaffen.

44

2. Ob die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 18.1.2010 hinsichtlich der ursprünglich streitigen Beitrittsgebietszeiten ggf noch im Wege einer gewillkürten Klageänderung gemäß §§ 153, 99 SGG angegriffen werden kann, lässt sich derzeit ebenfalls nicht abschließend feststellen.

45

Den geänderten Klageanträgen des Klägers im Berufungsverfahren kann bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 Abs 1 SGG eine gewillkürte Klageänderung entnommen werden, die auch zulässig wäre. Die Beklagte hat sich nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2011 ohne Beanstandung hierauf eingelassen. Indessen ist die geänderte Klage jedenfalls derzeit unzulässig. Dies ergibt sich zwar nicht aus der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des LSG, das grundsätzlich nur im Rahmen von § 96 Abs 1 SGG und soweit ihm dies sonst ausdrücklich zugewiesen ist(vgl § 29 Abs 2 bis 4 SGG)als Gericht erster Instanz entscheiden darf. Da das Berufungsgericht nämlich eine Sachentscheidung getroffen hat, ist es dem BSG als Rechtsmittelgericht verwehrt, die sachliche Zuständigkeit zu überprüfen (§ 98 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG). Jedenfalls wären aber die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage mangels eines durchgeführten Vorverfahrens nicht erfüllt (§§ 78 ff SGG).

46

Das LSG wird das Verfahren ggf in entsprechender Anwendung von § 114 Abs 2 SGG auszusetzen haben und der Beklagten Gelegenheit geben müssen, das ausstehende Vorverfahren nachzuholen. Die Beklagte wäre ihrerseits nicht notwendig an einer Sachentscheidung gehindert. Sie hätte zunächst insbesondere zu prüfen, ob die Frist zur Einlegung des Widerspruchs gewahrt ist. Dabei wäre in Rechnung zu stellen, dass die dem Bescheid vom 18.1.2010 beigefügte Belehrung, dass dieser "Bescheid" nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens wird, auch bei Anwendbarkeit dieser Vorschrift unrichtig war, weil der größte Teil des Regelungsgehalts von Verwaltungsakten in diesem Bescheid bei seinem Ergehen gerade nicht streitbefangen war, und die Belehrung bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 SGG erst recht ins Leere geht. Damit könnte iS von § 66 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGG davon auszugehen sein, dass der Sache nach eine Belehrung erteilt wurde, der der Adressat entnehmen musste, ein Rechtsbehelf sei nicht gegeben, sodass auch der Ablauf der einjährigen Rechtsbehelfsfrist der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs nicht entgegen stünde(BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 28/07 R - BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 28 ff). Darüber hinaus könnte die Beklagte ggf auch ungeachtet der Tatsache, dass ggf die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, im Rahmen ihrer Sachherrschaft sachlich über den Widerspruch entscheiden (BSG Urteil vom 12.10.1979 - 12 RK 19/78 - BSGE 49, 85, 87 = SozR 1500 § 84 Nr 3).

47

Auch wenn auf diesem Wege schließlich eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts in Betracht käme, müsste die Klage aus den vorstehend unter 2. genannten Gründen abgewiesen werden.

48

B. Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs nach dem BerRehaG hat die Beklagte mit dem ursprünglich mit der Klage angefochtenen weiteren Bescheid vom 24.10.2005 und dem auch hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 lediglich beansprucht, verbindlich festzustellen, dass die vom Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen anerkannten Verfolgungszeiten "in der Rentenversicherung als Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen sind". Diese Bescheide sind iS von § 96 Abs 1 SGG durch den ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt worden, der seinerseits durch den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ersetzt worden ist. Soweit die Klage aufgrund gesetzlicher Klageänderung den Wert des Rechts des Klägers auf Altersrente gerade im Blick auf die Verfolgungszeiten und das hierfür zugrunde zu legende Erwerbseinkommen betrifft, ist sie bereits aufgrund der derzeit vorliegenden Feststellungen unbegründet.

49

Für Verfolgungszeiten (§ 2 BerRehaG) werden die allgemein anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften durch die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BerRehaG (Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung) ergänzt (§ 10 S 1 BerRehaG). Der Nachweis darüber, dass eine Person Verfolgter iS des § 1 BerRehaG ist, und dass Ausschließungsgründe nach § 4 BerRehaG nicht vorliegen, kann exklusiv nur durch eine Bescheinigung nach diesem Gesetz erbracht werden(§ 17 Abs 1 BerRehaG). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind als "für die Ausführung … des … Vierten Abschnitts … zuständige Behörden" an diese Bescheinigung gebunden (§ 22 Abs 3 BerRehaG). Die Bescheinigung enthält nach § 22 Abs 1 BerRehaG in den Fällen des § 1 folgende Angaben:

1.    

die Feststellung nach § 1 Abs 1,

2.    

die Bestätigung, dass Ausschließungsgründe nach § 4 nicht vorliegen,

3.    

Beginn und Ende der Verfolgungszeit (§ 2),

4.    

Dauer der verfolgungsbedingten Unterbrechung eines Fach- oder Hochschulstudiums vor dem 3.10.1990,

5.    

Angaben über eine wegen Verfolgungsmaßnahmen nicht abgeschlossene Fach- oder Hochschulausbildung oder sonstige berufsbezogene Ausbildung sowie die voraussichtliche Dauer dieser Ausbildung bis zum regelmäßigen Abschluss,

6.    

Angaben über die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre, einschließlich Angaben über die

a)    

Leistungsgruppe nach den Anlagen 1 bis 16 des Fremdrentengesetzes für Verfolgungszeiten vor dem 1.1.1950,

b)    

Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich nach Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch für Verfolgungszeiten nach dem 31.12.1949,

c)    

tatsächliche oder ohne die Verfolgung gegebene Zugehörigkeit zu einem zu benennenden Zusatz- oder Sonderversorgungssystem und die jeweilige Tätigkeit oder Funktion,

7.    

Angaben über eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu Beginn der Verfolgung in einem der in § 14 Abs 2 genannten Bereiche oder im Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung.

50

Die Bindungswirkung derartiger Bescheinigungen erstreckt sich demgemäß für Verfolgungszeiten nach § 1 BerRehaG neben der Feststellung der Verfolgteneigenschaft und der Verfolgungszeit insbesondere auch auf die Angaben über die Beschäftigung, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre einschließlich der Angaben über die Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich der Anlage 14 zum SGB VI.

51

Die sich aus den Anlagen 13 und 14 ergebenden Tabellenwerte basieren auf den in der ehemaligen DDR erhobenen statistischen Angaben und stellen die im Beitrittsgebiet in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen und Berufsgruppen erzielten Durchschnittsverdienste dar. Anlage 13 enthält eine Einstufung der Qualität des bisherigen Berufs und fünf Qualifikationsgruppen, welche sich an den Ausbildungstrukturen in der ehemaligen DDR orientieren. Hinsichtlich der Einstufung ist auf die Qualifikation und die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit abzustellen. Im Rahmen der Bewertung von Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG dienen die Anlagen 13 und 14 zum SGB VI der fiktiven Ermittlung des Einkommens, das der Verfolgte ohne die Verfolgungszeiten unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs voraussichtlich erzielt hätte.

52

Zutreffend hat daher die Beklagte bereits im ursprünglich angefochtenen Feststellungsbescheid und danach in den Rentenbescheiden die Feststellungen des Landesamtes für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen im Bescheid vom 6.7.2005 als bindend zugrunde gelegt (vgl in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 12.2.1998 - 3 C 25/97 - ZOV 1998, 278 f = Bucholz 115, Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr 11; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.11.2007 - L 21 R 327/05 - Juris RdNr 47; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 15.2.2001 - L 3 RJ 11/00 - Juris RdNr 28 f und Urteil vom 10.11.2010 - L 3 R 11/10 - Juris RdNr 29 f). Die gesetzlich ausdrücklich angeordnete Bindung der Rentenversicherungsträger an die - alle - Feststellungen in der Bescheinigung hindert die Beklagte an der Berücksichtigung abweichender wertbestimmender Elemente im Rahmen der ihr obliegenden Rentenwertfestsetzung und beschränkt deren Überprüfung im Rechtsweg darauf, ob die verbindlichen Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde richtig und vollständig übernommen wurden. Dass die Beklagte bei der Ermittlung der EP gemäß § 13 Abs 1 S 1 Nr 2 BerRehaG nicht von den für sie verbindlichen Feststellungen ausgegangen wäre, hat der Kläger indessen weder gerügt noch ist es sonst ersichtlich.

53

Unter diesen Umständen ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der Kläger im Kern ein Begehren geltend macht, das er wegen der Rechtswegzuweisung in § 27 Abs 1 S 1 BerRehaG nur im Verwaltungsrechtsweg hätte geltend machen können. Diesbezüglich hat das BVerwG (Urteil vom 12.2.1998, aaO) bereits darauf hingewiesen, dass eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Anspruch auf vollen Ersatz der Verfolgungsschäden zu gewähren, nicht gegeben ist. Zwar hat die staatliche Gemeinschaft aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) die Pflicht, Lasten mitzutragen, die ihre Ursache in schicksalshaften Umständen haben, von denen einzelne Teile der Bevölkerung betroffen wurden. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht jedoch ausreichend dadurch erfüllt, dass er den Personenkreis der politisch Verfolgten im Hinblick auf die Einbußen von Berufschancen und deren Folge bei der Rentenversicherung so gestellt hat wie den Durchschnitt der Versicherten mit vergleichbaren Qualifikationen im Beitrittsgebiet. Dass er als Maßstab für den Umfang der Ausgleichsleistungen die berufliche Qualifikation bestimmt hat, ist schon unter Berücksichtigung der in der Regel leichteren Feststellbarkeit der Grundlagen und damit der Reduzierung eines erheblichen Verwaltungsaufwandes sowie der Unsicherheit von hypothetischen Feststellungen über sonstige mögliche Berufsentwicklungen nicht sachwidrig.

54

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, in denen Personen aufgrund gesetzlicher Pflicht nach dem 8. Mai 1945 mehr als drei Tage Wehrdienst oder Zivildienst im Beitrittsgebiet geleistet haben.

(2) Für Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, gelten Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet nach Vollendung des 16. Lebensjahres und nach Eintritt der vollen Erwerbsminderung in der Zeit vom 1. Juli 1975 bis zum 31. Dezember 1991 als Pflichtbeitragszeiten.

(3) Den Beitragszeiten nach Bundesrecht stehen Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind; dies gilt entsprechend für Beitragszeiten im Saarland bis zum 31. Dezember 1956. Beitragszeiten im Beitrittsgebiet sind nicht

1.
Zeiten der Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung,
2.
Zeiten einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit neben dem Bezug einer Altersrente oder einer Versorgung wegen Alters,
3.
Zeiten der freiwilligen Versicherung vor dem 1. Januar 1991 nach der Verordnung über die freiwillige und zusätzliche Versicherung in der Sozialversicherung vom 28. Januar 1947, in denen Beiträge nicht mindestens in der in Anlage 11 genannten Höhe gezahlt worden sind.

(4) Die Beitragszeiten werden abweichend von den Vorschriften des Dritten Kapitels der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet, wenn für die versicherte Beschäftigung Beiträge nach einem Beitragssatz für bergbaulich Versicherte gezahlt worden sind. Zeiten der Versicherungspflicht von selbständig Tätigen im Beitrittsgebiet werden der allgemeinen Rentenversicherung zugeordnet.

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.03.2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die rentenrechtlichen Zeiten, die die Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten sind.

Die 1943 geborene Klägerin legte im Beitrittsgebiet Zeiten vom 01.09.1958 bis 27.11.1987 zurück. Am 16.01.1988 siedelte sie von der damaligen DDR in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist Besitzerin des Vertriebenenausweises C.

Im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens erging zuletzt ein Bescheid am 05.11.2002. Ein Überprüfungsverfahren im Sinne des § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) mit Bescheid vom 23.10.2007 war erfolglos. Die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten seien nach dem ab 01.01.1992 geltenden Recht nicht mehr nach dem FRG zu berücksichtigen.

Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 23.07.2008 Regelaltersrente ab 01.01.2008.

Am 19.06.2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Rentenbescheides vom 23.07.2008.

Mit Bescheid vom 02.07.2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 23.07.2008 ab. Gemäß § 44 SGB X sei ein rechtswidriger Bescheid zurückzunehmen, wenn sich herausstelle, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Überprüfung des Bescheides vom 23.07.2008 habe ergeben, dass er rechtmäßig gewesen sei.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 14.05.2010 durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Nürnberg erheben lassen. Zur Begründung hat dieser unter anderem im Wesentlichen vorgetragen, die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten seien nach dem FRG zu berücksichtigen. Das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) sei verfassungswidrig. Die in den Beitrittsgebieten entstandenen Rentenansprüche seien als eigentumsähnliches Recht nach Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützt. Die Umbewertung durch das Überleitungsgesetz sei ein enteignungsgleicher Eingriff. Darüber hinaus erfolge durch den Ausschluss vom Fremdrentengesetz für Zeiten im Beitrittsgebiet eine Ungleichbehandlung für Zeiten in anderen europäischen Territorien. Ein sachlicher Grund für die Schaffung des § 259a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe Anspruch auf Vertrauensschutz, nachdem sie Beiträge zu dem jeweiligen rentenrechtlichen System stets im Vertrauen darauf entrichtet habe, ein angemessenes Äquivalent zu erhalten.

Im Erörterungstermin am 21.02.2012 hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass der Versicherungsverlauf nicht länger gerügt werde. Begehrt werde nach wie vor die Behandlung der Zeiten im Beitrittsgebiet nach dem Fremdrentengesetz.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Sozialgerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Urteil vom 06.03.2012 hat das Sozialgericht die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 02.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 sei rechtmäßig. Der Rentenbescheid vom 23.07.2008 sei rechtmäßig gewesen, so dass kein Anspruch der Klägerin gem. § 44 SGB X bestanden habe, diesen abändern zu lassen. Die Vorschrift des § 259a SGB VI sei nicht auf die Klägerin anwendbar. Sie sei erst im Jahre 1943 geboren. Gemäß § 259a SGB VI sei das FRG nur für Betroffene, die vor dem 01.01.1937 geboren seien, anwendbar.

Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht sei diesen gesetzlichen Neuregelungen nicht zu entnehmen. Art. 14 GG gebe keinen individualgrundrechtlichen Schutz für Rechtspositionen, die in der DDR gegenüber den Organen der DDR erworben worden seien. Zwar möge Art. 14 GG dadurch tangiert sein, dass die Klägerin in den 80er Jahren nach dem damals geltenden Recht noch eine Anwartschaft auf Bewertung ihrer DDR-Zeiten nach dem FRG erworben habe. Ein Eingriff in die damalige Rechtsposition der Klägerin, wie er durch die erfolgte Gesetzesänderung erfolgt sei, sei aber durch die Gründe des Allgemeinwohls und zur Finanzierbarkeit der Rentenversicherung gerechtfertigt, zumal die Anwartschaft nach dem FRG nicht einmal auf einer eigenen Beitragsleistung der Klägerin beruhe. Es liege kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Der Gesetzgeber sei berechtigt gewesen, die Anwendbarkeit des FRG durch die Übergangsvorschrift des § 259a SGB VI vor dem Hintergrund von Vertrauensschutz für ältere Versicherte auf die Jahrgänge bis 1936 begrenzen. Es liege auch kein Verstoß gegen das europäische Fürsorgeabkommen 1953 vor. Das europäische Fürsorgeabkommen 1953 habe für die ehemalige DDR nicht gegolten.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Berufung beim Bayer. Landessozialgericht einlegen lassen. Zur Begründung hat dieser im Wesentlichen vorgetragen, es bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen das RÜG. Auf der politischen Ebene sei das Kernproblem bekannt und in der Diskussion (unter Verweis auf die Bundestagsdrucksachen 17/6108, 17/6390 und 17/6486). Auch der Petitionsausschuss habe sich für eine Neuregelung der Renten für Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR ausgesprochen. Weiter hat er auf ein Schreiben der Beklagten vom 06.02.1989 an die Klägerin verwiesen, in dem wohl (das ist nicht genau zu entnehmen) ein Versicherungsverlauf eine Leistungsgruppenzuweisung vornimmt.

Der Klägerbevollmächtigte hat vorgetragen, dass die gesetzlichen Regelungen im deutlichen Widerspruch zu jahrelangen Bekundungen der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland sowie einem Handbuch des Bundesinnenministeriums stünden, in denen stets zugesichert worden sei, die in der damaligen DDR zurückgelegten Zeiten nach dem FRG zu behandeln. Darin sei eine Selbstbindung der Verwaltung zu erblicken, die zudem durch vor der Wiedervereinigung gelebte Verwaltungspraxis fortlaufend bestätigt und für die ein Vertrauensschutz aufgebaut worden sei. Insoweit werde beantragt, den ehemaligen Innenminister Herrn Gerhard Rudolf Baum sowie den ehemaligen Innenminister Wolfgang Schäuble als sachverständigen Zeugen zu hören.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Nürnberg vom 06.03.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 23.07.2008 abzuändern und der Klägerin höhere Rente unter Berücksichtigung ihrer in der ehemaligen DDR zurückgelegten Zeiten nach dem FRG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgericht Nürnberg vom 06.03.2012 zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf das ihrer Ansicht nach zutreffende Urteil des Sozialgerichts Nürnberg.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Abänderung des Rentenbescheides vom 23.07.2008 im Wege des Überprüfungsverfahrens hat, denn der Bescheid ist rechtmäßig.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Die Beklagte ist nicht zur Abänderung des Rentenbescheides vom 23.07.2008 verpflichtet, denn sie hat die von der Klägerin in der ehemaligen DDR zurückgelegten Zeiten zu Recht nach den Vorschriften des SGB VI berechnet. Das FRG ist auf die Klägerin nicht anwendbar.

Die Beklagte hat zutreffend die in der Zeit vom 01.09.1958 bis 27.11.1987 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 1 SGB VI berücksichtigt und für sie entsprechende Entgeltpunkte nach § 256a SGB VI ermittelt.

Die Klägerin gehört nicht zum Kreis derjenigen, deren Entgeltpunkte für Pflichtbeitragszeiten im Beitragsgebiet vor dem 19.05.1990 ausnahmsweise weiterhin aufgrund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Dies sind gemäß § 259a SGB VI nur diejenigen, die am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet hatten und vor dem 01.01.1937 geboren sind. Die Klägerin hatte am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, sie wurde jedoch erst 1943 geboren.

Auch das FRG vom 25.02.1960 findet auf sie keine Anwendung. Zwar hatte die Klägerin bis zum 18.05.1990 als Zugezogene bei Zuzug in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung ihrer im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in dieser Fassung. Nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG sollten die Berechtigten nach Möglichkeit so gestellt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht (vgl. § 17 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 1 FRG aF). Demnach wurde bei der Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für die Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs. 1 FRG in der vom 01.01.1984 bis 30.06.1990 geltenden aF). Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde jedoch das FRG geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art 14 Nr. 14a RÜG neu gefasste § 15 Abs 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Artikel 14 Nr. 16b RÜG zum 01.01.1992 § 17 Abs. 1 FRG aF gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 01.01.1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI in der Fassung des Artikels 1 Nr. 45 RÜG). Schon hiervon war die Klägerin nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 01.01.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis. Auch vor dem 19.05.1990 Zugezogene wurden damit vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 01.01.1937 geboren waren (vgl. dazu BSG vom 14.12.2011, B 5 R 36/11 R).

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in dem vorgenannten Urteil festgestellt, dass dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch die fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstoße nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip. Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzten die Befugnis des Gesetzgebers Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte in der Vergangenheit anknüpften. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung sei eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Jedoch gehe der Vertrauensschutz nicht soweit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, sei verfassungsrechtlich nicht geschützt. Zum einen liege keine unzulässige Rückwirkung vor. Zum anderen sei, unabhängig vom Bewilligungsakt, die bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - bei Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, mangels hinreichender Konkretisierung kein geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewähre keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage.

Auch sei der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstoße nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. Dem Gesetzgeber sei es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringe. Die Wahl des Zeitpunktes müsse sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren. Mit der Einigung Deutschlands habe der Gesetzgeber vor der Aufgabe gestanden, die in der DDR erworbenen rentenrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies habe zu diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen können, das bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen worden sei. Davon sei auch weitestgehend Gebrauch gemacht worden. Allerdings habe schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.05.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschaft- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der DDR-Renten nur noch im begrenzten Umfang ein Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG bestanden. Diese sei zunächst auf den Personenkreis begrenzt worden, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern gehabt hatte. Mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik und dem Inkrafttreten eines einheitlichen Rentenrechts zum 01.01.1992 sei das Bedürfnis nicht mehr vorhanden gewesen, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt worden seien, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik am 18.05.1990 habe danach zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes nur noch bei Rentenbeginn vor dem 01.01.1996, dann aus Gründen der Vereinfachung nur noch bei Geburtsdatum vor dem 01.01.1937 zur Anwendung der alten Rechtslage geführt. Hierbei habe es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich seien, gehandelt.

Die Regelungen des RÜG verstießen auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die Klägerin habe mit ihrer Übersiedlung keine dem Schutz des Arti14 Abs. 1 GG unterliegende Rentenanwartschaft erworben. Durch das FRG begründete Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unterlägen jedenfalls nicht dem Schutz des Art 14 Abs. 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zugrunde lägen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt worden seien. Zwar unterfielen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes rentenrechtliche Positionen grundsätzlich dem Eigentumsschutz. Regelmäßige Voraussetzung sei jedoch, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden seien. Im Falle der durch die FRG begründeten Rechte fehle es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum im Sinne des Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG unverzichtbar sei. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition sei, würden rentenversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften im Schutz des Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG erfahren. Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterstellen wollte, hätte der Gesetzgeber mit dem RÜG von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums einen verfassungsgemäßen Verbrauch gemacht. Die Regelungen seien erforderlich und verhältnismäßig (vgl. insoweit BSG vom 14.12.2011 aaO mwN).

Der Senat schließt sich vollumfänglich den Ausführungen des BSG an und geht davon aus, dass die Bestimmungen des Rentenüberleitungsgesetzes nicht verfassungswidrig sind.

Zum weiteren Vorbringen des Klägerbevollmächtigten ist anzumerken:

Die Tatsache, dass § 259a SGB VI Gegenstand von politischen Diskussionen ist oder war, kann nicht zur Begründung der Verfassungswidrigkeit des § 259a SGB VI herangezogen werden. Wie oben dargelegt, besteht ein weiter Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber, Übergangsvorschriften und Stichtagsregelungen zu treffen. Die politische Diskussion hierzu bringt keinen Erkenntnisgewinn für die verfassungsrechtliche Dimension.

Ein vom Klägerbevollmächtigten angegebener "Vertrauensschutz" der einem Handbuch des Bundesinnenministeriums bzw. Bekundungen von Politikern zu entnehmen sei, kann ein zu berücksichtigendes Vertrauen im Sinne des Art 14 GG nicht begründen.

Die angeblichen oder tatsächlichen Äußerungen von Politikern, für Bürger aus dem Beitrittsgebiet seien immer die FRG Werte zugrunde zu legen, entfalten keinerlei rechtliche Bindungswirkung. Rechtliche Bindungswirkungen können nur Verwaltungsakte oder Zusicherungen bewirken, diese müssen jedoch von den zuständigen Stellen ergehen. Offensichtlich sind die damaligen Bundesinnenminister nicht die zuständigen Behördenvertreter der Rentenversicherungsträger.

Sofern angeblich ein Handbuch im Bundesinnenministerium solche Verfahrensweise vorgeschrieben haben sollte, ist auch dies irrrelevant. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, inwieweit das Bundesinnenministerium Verwaltungsvorschriften für die Rentenversicherungsträger erlassen könnte. Zum anderen kann eine Selbstbindung der Verwaltung nicht bei einer Gleichbehandlung im Unrecht entstehen. Wie oben dargelegt war der Rentenbescheid vom 23.07.2008 jedoch rechtmäßig.

Soweit sich die Klägerin auf einen Bescheid (der jedoch nicht vorliegt) aus dem Jahre 1989 beruft, ist dieser mit den nachfolgenden Bescheiden gemäß § 149 SGB VI aufgehoben worden. Im Übrigen haben sich die Bescheide durch die Übernahme in den Rentenbescheid erledigt. Darüber hinaus kann die Klägerin aus etwaigen Vormerkungsbescheiden nach altem Recht keine weitergehende Rechtsposition herleiten als ihr nach derzeitigem materiellem Recht zusteht (vgl. Bayer. LSG vom 24.05.2011, L 6 R 332/10).

Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft erforderlich sind, zu speichern. Ein Versicherungskonto darf auch für Personen geführt werden, die nicht nach den Vorschriften dieses Buches versichert sind, soweit es für die Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht und für Prüfungen bei Arbeitgebern (§ 28p des Vierten Buches) erforderlich ist.

(2) Der Träger der Rentenversicherung hat darauf hinzuwirken, dass die im Versicherungskonto gespeicherten Daten vollständig und geklärt sind. Die Daten sollen so gespeichert werden, dass sie jederzeit abgerufen und auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung übermittelt werden können. Stellt der Träger der Rentenversicherung fest, dass für einen Beschäftigten mehrere Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8a des Vierten Buches gemeldet oder die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Vierten Buches überschritten sind, überprüft er unverzüglich diese Beschäftigungsverhältnisse. Stellen die Träger der Rentenversicherung fest, dass eine Beschäftigung infolge einer Zusammenrechnung versicherungspflichtig ist, sie jedoch nicht oder als versicherungsfrei gemeldet worden ist, teilen sie diese Beschäftigung mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mit. Satz 4 gilt entsprechend, wenn die Träger der Rentenversicherung feststellen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungsverhältnisse die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften über den Übergangsbereich nicht oder nicht mehr vorliegen.

(3) Der Träger der Rentenversicherung unterrichtet die Versicherten regelmäßig über die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Sozialdaten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (Versicherungsverlauf).

(4) Versicherte sind verpflichtet, bei der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen.

(5) Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Bei Änderung der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.