Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 13. Nov. 2018 - L 19 R 314/17

bei uns veröffentlicht am13.11.2018
vorgehend
Sozialgericht Würzburg, S 6 R 94/17, 25.04.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.04.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine große Witwenrente hat.

Die 1971 geborene Klägerin ist die Witwe des 1960 geborenen und am 07.05.2016 verstorbenen Versicherten G. A. Sie beantragte am 23.05.2016 beim Rentenservice der ... eine Vorschusszahlung aus der dem verstorbenen Versicherten gewährten Rentenzahlung - Erwerbsminderungsrente -. Der Rentenservice gab diesen Antrag an die Beklagte weiter, da eine Vorschusszahlung nicht in Betracht komme, nachdem die Ehe nicht mindestens ein Jahr bestanden habe.

Am 23.06.2016 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes, des verstorbenen Versicherten. Sie gab an, dass die Ehe am 18.03.2016 geschlossen worden sei. In der Anlage R 0510 gab sie weiter an, der Versicherte sei plötzlich und unvermutet gestorben, und verneinte die übrigen Ausnahmegründe. In einem Begleitschreiben erläuterte die Klägerin, dass sie mit dem Versicherten seit Anfang 2011 in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt habe und bereits seit dem 28.11.2013 verlobt gewesen sei. Die Hochzeit sei schon im Juli 2014 geplant gewesen und aus privaten und finanziellen Gründen damals nicht zustande gekommen. Es sei dann entschlossen worden, im Sommer 2015 zu heiraten. Der verstorbene Versicherte habe sie Anfang Mai 2015 mit einem Spontanurlaub überraschen wollen, um dort zu heiraten. Es seien von ihm schon Vorbereitungen getroffen worden, als er durch einen Handbruch an dem Urlaub gehindert gewesen sei. Zudem befinde sie sich selbst in einer Beschäftigung, während der verstorbene Versicherte eine Privatinsolvenz hinter sich gehabt habe und seit Oktober 2013 Rentenbezieher gewesen sei.

Beigefügt war ein am 17.03.2016 geschlossener Ehevertrag mit gegenseitigem Erb- und Pflichtteilsverzicht. Die Klägerin führte hierzu aus, dass dieser Vertrag sicher nicht geschlossen worden wäre, wenn mit dem baldigen Tod ihres Mannes gerechnet worden wäre, da in dieser kurzen Zeit kein Zugewinn möglich gewesen wäre und nur Kosten für den Ehevertrag entstanden wären. Es sei der Klägerin und dem verstorbenen Versicherten wichtig gewesen, die Beziehung zu besiegeln und einen gemeinsamen Namen zu tragen. Eine große Hochzeitsfeier sei für den Sommer geplant gewesen. Ihr sei es auch wichtig gewesen, den Namen ihres früheren Ehemannes abzulegen. Außerdem habe sie als Ehefrau auch Auskunft im Krankenhaus bekommen, was Vieles erleichtert habe. Bei einem Routineeingriff am 23.03.2016 sei kurze Zeit später ein hoher Entzündungswert festgestellt worden und dies sei mit einer Organbelastung unter Bildung von Bauchwasser verbunden gewesen. Ihr Mann habe sich im April 2016 privat alternativ behandeln lassen, um seine Beschwerden zu lindern. Am 22.04.2016 seien dann in einer Klinik über 5 Liter Bauchwasser entfernt worden. Der neu gesetzte Stent hätte wiederum Probleme ausgelöst, die die Nieren in Mitleidenschaft gezogen hätten und eine Urämie nach sich gezogen hätten. Es sei nicht vorherzusehen gewesen, dass die bereits begonnene Urämie schon die Schleimhäute geschädigt hatte und eine innere Blutung ausgelöst hatte. Ihr Mann sei schließlich an einer Unterversorgung des Blutsauerstoffs als Folge des lapidaren Eingriffs des Setzens eines Gallenstents verstorben.

Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht der E. GmbH bei. Danach habe sich der Verstorbene Versicherte seit März 2016 dort regelmäßig in Behandlung befunden. Es habe ein Nierenversagen mit Urämien, Schleimhautnekrosen im Verdauungstrakt und Verblutung über dem Darm bei Pankreaskarzinom und Hepatitis vorgelegen. Nach einer Stentverlegung sei eine sehr starke Leberschwellung eingetreten, die zu einer Nierenschwellung und Nierenversagen geführt habe. An Therapien sei eine Bioresonanztherapie durchgeführt worden, die den Kreatininwert gesenkt habe und eine Wachstumsstagnation des Tumors mit sich gebracht habe.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.09.2016 lehnte die Beklagte eine Witwenrentengewährung ab. Die am 18.03.2016 geschlossene Ehe habe nicht mindestens ein Jahr gedauert. Besondere Umstände des Einzelfalls, die gegen die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sprechen würden, seien nicht festzustellen gewesen. Im Zeitpunkt der Eheschließung habe bereits ein Tumorleiden vorgelegen, für welches nach Diagnosesicherung kein Heilungsansatz mehr bestanden habe. Aus medizinischer Sicht sei zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem tödlichen Ausgang binnen Jahresfrist mit weitaus überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechnen gewesen. Es sei bereits Anfang März 2016 eine Therapie unter überwiegend palliativen Gesichtspunkten eingeleitet worden. Die Lebenserwartung betrage bei dem festgestellten fortgeschrittenen Tumorleiden meist leider nur wenige Monate.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 30.09.2016 per Telefax Widerspruch ein. Es sei für die Beurteilung auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen, da bereits seit 2014 eine Heirat geplant gewesen sei und eine konkrete Planung im Mai 2015 nur aufgrund eines Unfalles nicht zustande gekommen sei. Zudem hätte seinerzeit aufgrund zwischenzeitlicher Behandlungsmöglichkeiten noch ohne weiteres eine größere Lebenserwartung für den verstorbenen Versicherten bestanden.

Die Beklagte holte einen Befundbericht zur stationären Behandlung des Versicherten im Klinikum F-Stadt vom 22.04.2016 bis 28.04.2016 ein, wobei dort die Diagnose Pankreaskarzinom mit maligner Grunderkrankung und infauster Prognose festgehalten war. Die Erstdiagnose des Pankreaskarzinoms sei 2/2016 erfolgt. Eine Verschlechterung mit Cholangitis sei im März 2016 eingetreten und spezifische therapeutische Ansätze seien nicht gegeben gewesen. Weitere ärztliche Unterlagen betrafen die stationäre Behandlung in der R.-Kreisklinik Bad N. für Innere Medizin. Ein erster Bericht wurde zum Aufenthalt vom 04.02.2016 bis 13.12.2016 (gemeint offensichtlich 13.02.2016) erstellt. Danach sei beim verstorbenen Versicherten ein lokal fortgeschrittenes Pankreaskarzinom diagnostiziert worden. Im Zuge eines Harnaufstaus mit Lymphkörperschwellung sei der linke Harnleiter abgedrückt gewesen, was Schmerzen und die nachfolgende Diagnostik verursacht habe. Sämtliche Unterlagen seien an die Patientenkoordination der Uni G-Stadt weitergeleitet worden, um den Fall dort im Tumorboard vorzustellen und die Frage nach einer eventuellen Operabilität zu klären - vgl. Tumorboardprotokoll vom C. Center M. vom 18.02.2016. Vom 22.03.2016 bis 24.03.2016 hatte sich der verstorbene Versicherte erneut in der Klinik unter der Diagnose eines Verschlussikterus bei fortgeschrittenem Pankreaskarzinom befunden. Berichtet worden war eine zunehmende Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit zunehmendem Ikterus und Bauchschmerzen. Vom 04.04. bis 11.04.2016 befand sich der verstorbene Versicherte nochmals in der Klinik bei akuter Cholangitis bei fortgeschrittenem Pankreaskarzinom bei liegendem Stent der Gallenwege.

Die beratende Ärztin der Beklagten, Frau T., kam am 17.11.2016 in Auswertung dieser Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die Diagnose des Pankreaskarzinoms im Februar 2016 zu einer infausten Prognose geführt habe und zum Zeitpunkt der Eheschließung im März 2016 der Tod absehbar gewesen sei.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2016 den Widerspruch zurück. Die zusätzlich eingeholten ärztlichen Unterlagen hätten die Einschätzung des Medizinischen Dienstes bestätigt. Die gesetzliche Vermutung habe vor diesem Hintergrund nicht widerlegt werden können.

Hiergegen hat die Klägerin am 26.01.2017 per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die Eheschließung bereits lange vor der Erkrankung des verstorbenen Versicherten geplant gewesen sei. Am 28.11.2013 habe der verstorbene Versicherte einen Verlobungskuchen gebacken. Hiervon werde ein Foto vorgelegt. Auch gebe es eine WhatsApp-Nachricht, in der die Klägerin ihrer besten Freundin die Verlobung mitgeteilt habe. Es sei sogar schon im Jahr 2011 erwogen worden, die Beziehung zu verfestigen und noch ein gemeinsames Kind zu bekommen. Dazu hätte jedoch auf eigene Kosten die Zeugungsfähigkeit des verstorbenen Versicherten wiederhergestellt werden müssen und dessen finanzielle Lage habe sich zu dieser Zeit deutlich verschlechtert; er habe Privatinsolvenz anmelden müssen. Der verstorbene Versicherte habe auch immer wieder die Absicht geäußert, die Klägerin zu heiraten. Er habe aus diesem Grund einen Raum zum Feiern auf seinem Grundstück ausbauen wollen, was er aber aus gesundheitlichen Gründen habe unterbrechen müssen. Hierfür gebe es Zeugen. Ebenso gebe es Zeugen dafür, dass der verstorbene Versicherte im Frühjahr 2015 vorgehabt habe, der Klägerin im Mai im Rahmen eines Urlaubs einen Antrag zu machen und dann, wenn die Klägerin „Ja“ sage, wovon er ausgehe, sie unverzüglich zu heiraten. Es seien schon Vorbereitungen für den Überraschungsurlaub getroffen worden, als dieser wegen eines Handgelenkbruchs des verstorbenen Versicherten am 29.04.2015 habe abgesagt werden müssen. Zudem seien die Eltern der Klägerin und die Kinder des verstorbenen Versicherten über die Heiratsabsichten unterrichtet gewesen. Auch zeige der Abschluss eines Ehevertrages mit erheblichen Kosten, dass von den Ehegatten nicht von einer so kurzen Ehedauer ausgegangen worden sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2017 hat die Klägerin angegeben, dass sie nicht wisse, ob im Anschluss an die Überraschungshochzeit ein Ehevertrag geschlossen worden wäre. Es sei schon länger über eine Hochzeit gesprochen gewesen und es habe auch im Raum gestanden, dass ein Ehevertrag geschlossen werde, weil der verstorbene Versicherte insolvent gewesen sei.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25.04.2017 die Klage abgewiesen. Es hat die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nicht als widerlegt angesehen. Von einem plötzlichen und unerwarteten Eintreten des Todes des Ehepartners sei dann nicht auszugehen, wenn dieser zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten habe. Zwar sei auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass andere als Versorgungsgründe überwiegen würden. Allein die medizinisch nachvollziehbar begründete Hoffnung auf einen möglichen mehrjährigen Krankheitsverlauf sei nicht ausreichend. Statistische Wahrscheinlichkeiten zur voraussichtlichen Lebensdauer würden nichts aussagen. Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung beim verstorbenen Versicherten belegt. Die einer Versorgungsehe entgegenstehenden Gründe würden nicht in den Vordergrund treten oder mit ihnen gleichziehen. So sei der Kinderwunsch unabhängig von einer geschlossenen bzw. beabsichtigten Eheschließung. Die Eheschließung lasse sich auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Krankheit gefassten Entschlusses darstellen. In dem Gutachten im Zusammenhang mit dem Antrag des verstorbenen Versicherten auf eine Rente wegen Erwerbsminderung sei nicht von einer kürzlich erfolgten Verlobung die Rede, obwohl man dies zumindest in einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten erwarten würde. Die Ausführungen zu der geplanten Hochzeit im Mai 2015 seien nicht nachvollziehbar, da hier noch keine Anmeldung zur Eheschließung oder ähnliches erfolgt gewesen sei. Eine Eheschließung hätte während des Urlaubs nicht stattfinden können. Auch die Investition in einen Ehevertrag sei kein Umstand, der gegen eine Versorgungsehe spreche. Die Vereinbarung vor allem des Erb- und Pflichtteilverzichts sei verständlich, so dass sich der Eindruck gewinnen lasse, einerseits vermeintlich negative Auswirkungen durch die Eheschließung vermeiden, andererseits aber von den positiven Auswirkungen profitieren zu wollen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin per Telefax am 15.05.2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin einen ergänzenden Screenshot des WhatsApp-Verlaufes vorgelegt, in dem ein Datum (29.11.2013) enthalten ist.

Der Senat hat die Unterlagen des Standesamtes Bad N. über die Anmeldung zur Eheschließung beigezogen. Danach haben die Klägerin und ihr verstorbener Ehegatte am 11.03.2016 die Anmeldung für einen Termin am 18.03.2016 vorgenommen. An diesem Tag wurden auch die entsprechenden Meldeunterlagen erstellt.

Im Erörterungstermin vom 18.04.2018 hat die Klägerin geschildert, dass bei Stellung der Diagnose in Bad N. der dortige Arzt eine Skizze über die konkrete Ausformung der Karzinomerkrankung gemacht habe und hierbei Möglichkeiten einer zur Heilung führenden Behandlung sowie entgegenstehende Schwierigkeiten diskutiert worden seien. Es sei keine Rede davon gewesen, dass keinerlei Heilungschancen bestünden. Der Begriff der palliativen Behandlung sei ihr gegenüber erst in einem Telefongespräch mit einer Vorzimmerdame der Universitätsklinik G-Stadt erwähnt worden, die die Klägerin dazu gedrängt habe, auf ihren Mann Einfluss zu nehmen, an einer Chemotherapie teilzunehmen. Es sei auch eine Behandlung in einer Spezialklinik in I-Stadt vorgesehen gewesen, wobei die Aufnahme zugesagt gewesen sei, jedoch aufgrund der zwischenzeitlichen gesundheitlichen Komplikation nicht mehr zustande gekommen sei. Der tatsächliche Eheschließungstermin sei festgelegt worden, weil ihr Mann die Eheschließung gleich habe umsetzen wollen, nachdem sie als Nichtehefrau Schwierigkeiten gehabt habe, Auskünfte zur gesundheitlichen Situation zu bekommen. Es sei geplant gewesen, nach Abschluss der Behandlungen eine Feier nach eigenen Vorstellungen nachzuholen.

Der Senat hat Unterlagen ärztlicher Art zur Behandlung des verstorbenen Versicherten angefordert.

Die Universitätsklinik G-Stadt hat in dem zusammengestellten Tumorboard über die Aufnahme vom 03.03.2016 festgehalten, dass ein Pankreaskarzinom mit Infiltration des Truncus coeliakus in der Vena Portae gegeben sei und bei unmittelbarer Nachbarschaft zu ausgedehnten malignitätsverdächtigen Lymphknotenpaketen in erster Linie die Harntransportstörung im Rahmen einer diffusen Tumorausbreitung zu beobachten sei. Bei bislang fehlender histopathologischer Sicherung des mutmaßlichen Pankreaskopfkarzinoms scheine aufgrund der Vor-OPs eine Laparoskopie nicht möglich. Der Versicherte wünsche ein erneutes CT. Dies sei aktuell nicht indiziert und die zeitnahe Operation sei nötig. Der Versicherte wolle sich jedoch nicht vor April operieren lassen, da noch persönliche Termine anstehen würden und er einer Chemotherapie eher ablehnend gegenüberstehe. Es sei die ausdrückliche Empfehlung zur möglichst zeitnahen Exploration besprochen worden, da sonst eine Therapie unnötig verzögert werde und dies mit einem zeitnahen tödlichen Ausgang assoziiert sei. Der Versicherte habe weiter auf dem 10. April beharrt. Für den 11.04.2016 ist festgehalten, dass der Versicherte aus der Klinik Bad N. entlassen worden sei und bereits Anschlusstermine in der Universitätsklinik G-Stadt vorbereitet gewesen seien. Nach Aussage der Ehefrau des Versicherten, also der Klägerin, sei es dem Patienten sehr schlecht gegangen. Es sei ihm permanent übel, und er könne nicht sprechen und nicht laufen. Es seien auf seinen Wunsch sämtliche Termine abgesagt worden. Eine Chemotherapie habe der Versicherte überdies dezidiert abgelehnt. Er möchte sich in einer Klinik für komplementäre Medizin in I-Stadt behandeln lassen.

Die R.-Kreisklinik Bad N. hat mitgeteilt, dass der verstorbene Versicherte von der fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankung bereits ab Zeitpunkt der Diagnosestellung im Februar 2016 gewusst habe und auch über die Inoperabilität des Tumors aufgeklärt worden sei. Dass eine Prognose infaust ist, werde man unter ärztlich-ethischen Aspekten im Allgemeinen so nicht ausdrücken, um einen Menschen nicht in völlige Verzweiflung zu stürzen. Die Klägerin sei bei den Gesprächen anwesend gewesen und habe um die Situation gewusst sowie sich an der Suche nach „Therapie-Alternativen“ andernorts beteiligt.

Das Helios Klinikum F-Stadt hat mitgeteilt, dass zu Beginn der dortigen Behandlung die lebensbedrohliche Erkrankung und die infauste Prognose bereits bekannt gewesen sei.

Der Praktische Arzt Dr. D. hat mitgeteilt, dass sich der verstorbene Versicherte und die Klägerin am 14.02.2016 nach dem stationären Aufenthalt in der Kreisklinik Bad N. vorgestellt hätten und mit beiden die Genese, Prognose und Therapiemöglichkeiten der Erkrankung erörtert worden seien.

Das I. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der verstorbene Versicherte zur Behandlung eines fortgeschrittenen, aber noch nicht metastasierten Pankreaskarzinoms angemeldet gewesen und zur stationären Aufnahme vorgesehen gewesen sei. Auch wenn die Prognose des Pankreaskarzinoms statistisch insgesamt ungünstig sei, so gelinge es doch in einigen Fällen eine Kuration zu erzielen. Weiter ist ausgeführt worden: „Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Behandlung mit einem potentiell kurativen Ansatz, auch wenn der Erfolg dieses Vorgehens zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sicher beurteilt werden kann“.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.04.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 15.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin große Witwenrente aus der Versicherung des am 07.05.2016 verstorbenen Versicherten G. A. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.04.2017 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und der ebenfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Würzburg S 5 U 47/13 und S 13 U 184/12 Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Witwenrente gemäß § 46 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), da der Anspruch wegen der Regelung des § 46 Abs. 2a SGB VI ausgeschlossen ist.

§ 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (idF vom 20.04.2007) bestimmt, dass eine Witwe, die nicht wieder geheiratet hat, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf eine große Witwenrente hat, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und die Witwe das 47. Lebensjahr vollendet hat. Im Gefolge der Übergangsregelung des § 242a Abs. 5 SGB VI gilt bei einem Tod eines Versicherten im Jahr 2016 noch eine modifizierte Altersgrenze von 45 Jahren und 5 Monaten als Mindestalter für einen daraus hergeleiteten Anspruch auf große Witwenrente. Die Klägerin ist die Witwe des am 07.05.2016 verstorbenen Versicherten G. A., der die allgemeine Wartezeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI erfüllt hatte. Die 1971 geborene Klägerin hat ab 11.10.2016 die Altersgrenze von 45 Jahren und 5 Monaten erfüllt gehabt. Sie hat nach dem Tod ihres Ehegatten auch nicht wieder geheiratet. Damit bestünde nach der genannten Vorschrift grundsätzlich ab 01.11.2016 ein Anspruch auf eine große Witwenrente, zuvor auf eine kleine Witwenrente (§ 46 Abs. 1 SGB VI) bzw. die erhöhten Zahlungen im sog. Sterbevierteljahr (§ 67 Nr. 4 SGB VI).

Gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI, der nach § 242a Abs. 3 SGB VI für alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Ehen gilt, haben Hinterbliebene allerdings keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Im Fall der Klägerin hat die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, da die Ehe am 18.03.2016 geschlossen wurde und der Versicherte am 07.05.2016 verstorben ist. Damit gilt zunächst die gesetzlich festgelegte Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, dass also eine sogenannte Versorgungsehe vorgelegen hat.

„Besondere Umstände“ i.S.v. § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt. Nach der Rechtsprechung sind als besondere Umstände i.S.v. § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (gegebenenfalls auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an (BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 55/08 R - nach juris). Diese Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat müsste ergeben, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den - auf Grund Gesetzes angenommenen - Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalles zu bewerten (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 134/08 R; BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 13 R 55/08 R, jew. nach juris). Die Umstände sind nachzuweisen; die Beweislast trägt, wer die Hinterbliebenenrente beantragt - hier also die Klägerin (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 6).

Zu den zentralen äußeren Umständen zählt der Gesundheitszustand der Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung.

Der im Verlauf des Verfahrens getätigte Vortrag der Klägerin, dass der Entschluss zur Eheschließung bereits deutlich vor dem tatsächlichen Heiratstermin erfolgt gewesen sei und deshalb auf diesen früheren Zeitpunkt und nicht auf das Datum der Eheschließung für die Beurteilung der gesundheitlichen Situation des Versicherten und der Kenntnis der späteren Eheleute von der Erkrankung und ihrem Schweregrad abzustellen sei, hat sich in dieser Tragweite nicht bestätigen lassen. Allein das Zusammenleben in einer eheähnlichen Gemeinschaft ist - unabhängig von deren Dauer - ohne Bedeutung, weil es gerade auf die Verbindlichkeit einer Eheschließung und die daran anknüpfenden rechtlichen Folgen verzichtet. Gleiches gilt für eine Verlobung, die zwar eine Heiratsabsicht kundtut, aber noch keine weiteren konkreten Vorbereitungsschritte der Eheschließung abverlangt und im Fall der Klägerin solche auch nicht mit sich gebracht hat. Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin mit dem nun nachgereichten Screenshot das Vorliegen einer Verlobung ab dem angegebenen Datum ausreichend belegt hat oder nicht.

Die nach dem Vortrag der Klägerin konkreter vorbereitete „Überraschungshochzeit“ war nach der Auswertung der entsprechenden Schilderung nicht als Termin für die Eheschließung selbst vorbereitet, weil noch keine Unterlagen beschafft worden waren und auch etwa der Ehevertrag noch nicht vorbereitet war; vielmehr hätte es sich um einen Heiratsantrag/ein Heiratsversprechen mit nachträglicher rechtlicher Eheschließung handeln sollen. Eine hinreichende Konkretisierung mit nachfolgender planmäßiger Umsetzung oder nur auf Grund zwingender Hindernisse eingetretener und fortbestehender Verzögerung war für den Senat - auch wenn man die Angaben der Klägerin zu ihren Gunsten als zutreffend unterstellt - nicht zu erkennen.

Deshalb ist für die Beurteilung der gesundheitlichen Verhältnisse und der Kenntnis der Eheleute über den Schweregrad der Erkrankung des verstorbenen Versicherten zutreffend auf das Datum der Eheschließung bzw. das eine Woche vorher liegende Datum der Anmeldung beim Standesamt abzustellen gewesen, wobei zwischen diesen beiden kurz aufeinanderfolgenden Zeitpunkten kein wesentlicher Unterschied zu ersehen war.

Der Ehemann der Klägerin litt zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer Karzinomerkrankung, die nach den ärztlichen Unterlagen der behandelnden Ärzte nicht mehr kurativ, sondern nur noch palliativ behandelt werden konnte und wurde. Die Passage im Brief des Hanseklinikums I-Stadt, die einen potentiell kurativen Ansatz anspricht, steht - schon grammatikalisch - in keinem harmonischen Kontext zur übrigen Antwort und wirkt wie ein eingefügter Textbaustein; ein konkreter Bezug zur Krankengeschichte des verstorbenen Versicherten ist daraus nicht zu entnehmen. Er stünde auch im Widerspruch zu allen übrigen ärztlichen Aussagen und könnte daher nicht überzeugen.

Für den Senat steht nach den durchgeführten Ermittlungen fest, dass der verstorbene Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung erkrankt war und sowohl er als auch die Klägerin Kenntnis von der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung hatten, wie die Unterlagen des Dr. D. und des R.-Kreisklinikums ersehen lassen. Auch die Klägerin hat eingeräumt, dass sie von der Uniklinik G-Stadt gewarnt worden sei, dass bei Unterlassen der Behandlung mit einem baldigen Eintritt des Todes ihres Ehemannes zu rechnen sei.

Aus Sicht des Senats kommt dem Vorliegen einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung zentrale Bedeutung zu, weniger dagegen der ärztlichen Prognose über die verbleibende Restlebenszeit und ebenso nicht den Erwartungen der Eheleute zur Dauer der Restlebenszeit. Selbst bei einer Prognose einer Lebenserwartung von mehr als einem Jahr, die hier nicht abgegeben worden war, könnte ohne weiteres eine Versorgungsehe vorgelegen haben. Somit ist es sowohl für den Tatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI („nicht mindestens ein Jahr“) als auch hinsichtlich des Vorliegens der „besonderen Umstände“ letztlich unerheblich, ob der Versicherte und die Klägerin bei der Eheschließung damit gerechnet haben, dass der Versicherte das erste Jahr nach der Eheschließung überleben werde.

Die Prognose spielt allerdings insofern eine indirekte Rolle als bei der Beurteilung eine Verknüpfung zwischen dem Schweregrad der Erkrankung und dem notwendigen Gewicht der anderweitigen Beweggründe hergestellt wird. Die Rechtsprechung geht dabei von Folgendem aus: Im Rahmen der Gewichtung ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI nicht erfüllt. Doch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung - hier die objektiv als infaust zu bezeichnende Krankheitssituation des Versicherten - mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht völlig ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssten dann bei abschließender Gesamtbewertung diejenigen besonderen - inneren und äußeren - Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten im Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Demgemäß steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme (Vermutung) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden (BSG, Urteile vom 05.05.2009 und vom 06.05.2010, a.a.O.).

Zur Überzeugung des Senats sind besondere Umstände nicht nachgewiesen, die gegen eine Versorgungsehe sprechen und angesichts der lebensbedrohlichen Erkrankung auch von ausreichendem Gewicht sind.

Es ist bereits wiederholt entschieden worden (vgl. z.B. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 20.04.2011 - L 20 R 20/09 - Rn. 41, veröffentlicht in juris), dass das Vorliegen einer Liebesbeziehung allein nicht ausreicht, die Vermutung über das Vorliegen einer Versorgungsehe hinreichend zu erschüttern, wenn die vorliegende schwere und akut lebensbedrohliche Erkrankung den Nachweis besonderer Gründe erforderlich macht (a.a.O. Rn. 40).

Die von der Klägerseite als weitere Motive für die Eheschließung genannten Umstände verändern dies nicht. Die Angabe, dass durch die Eheschließung die Handlungsfähigkeit und Auskunftsmöglichkeit der Klägerin gegenüber Ärzten und Behörden hätte erreicht werden sollen, mag zwar nicht zu widerlegen sein. Ihr kommt angesichts der Tatsache, dass dies auch durch eine Vollmacht für den nichtehelichen Lebenspartner hätte hergestellt werden können, nur eine untergeordnete Bedeutung zu.

Auch das „Besiegelnwollen“ der Beziehung und das Tragen eines gemeinsamen Namens sind - vor allem nachdem sie erst nach Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung in den Vordergrund gerückt wurden - keine so bedeutsamen Gründe der Ehegatten, dass sie der gesetzlichen Vermutung zumindest gleichwertig wären. Zwar sieht der Senat den Wunsch der Klägerin, mit der Eheschließung die Änderung ihres Ehenamens herbeizuführen, als einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Eheschließung an (vgl. auch BSG, Urteil v. 27.08.2009 - B 13 R 101/08 R - nach juris), ohne dass - nach der Gesamtschau der objektiven und subjektiven Umstände - dieser Beweggrund den Versorgungszweck überwiegen würde noch diesem als zumindest gleichwertig anzusehen wäre. Weiter reicht es auch nicht aus, dass die Klägerin angab, den Namen des Exmannes ablegen zu wollen. Denn die Klägerin wäre zuvor nicht gehindert gewesen, eine Namensänderung zu beantragen. Nach Rechtskraft des Scheidungsurteils hätte die Versicherte ihren Geburtsnamen wieder annehmen können (§ 1355 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch). Dass finanzielle Mittel nicht zur Verfügung gestanden hätten, ist - anders als bei den für eine evtl. Wiederherstellung der Zeugungsfähigkeit des Versicherten im Raum stehenden Geldbeträgen - dem Senat nicht ersichtlich. Beim Standesamt wären Gebühren für die Namensänderung in Höhe von weniger als 100 Euro zu erwarten, hinzukommen würden allenfalls Unkosten wegen der Änderung von Ausweisdokumenten.

Auch die als weiterer Grund angeführte Tatsache, dass die Klägerin zukünftig eigene Versorgungsansprüche aus eigener Beschäftigung haben werde, führt nicht dazu, dass die gesetzlich vermutete Versorgungsabsicht widerlegt wäre. Wie bereits dargelegt, geht es vorrangig um die Ermittlung und Bewertung weiterer bedeutsamer Gründe für die Eheschließung und nicht darum, die Versorgungsabsicht in Frage zu stellen. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, dass die Rechtsvermutung nur bei Witwen bzw. Witwern gelten soll, die ihrerseits keine oder nur eine nicht genügende Versorgung haben.

In der Gesamtbetrachtung sah der Senat die dargelegten anderen Motive nicht als zumindest gleichwertig zur unterstellten Versorgungsabsicht an und zwar weder allein, noch in der Summe.

Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.04.2017 ist somit nicht zu beanstanden und die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 46 Witwenrente und Witwerrente


(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 50 Wartezeiten


(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf 1. Regelaltersrente,2. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und3. Rente wegen Todes.Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1355 Ehename


(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach d

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 67 Rentenartfaktor


Der Rentenartfaktor beträgt für persönliche Entgeltpunkte bei 1.Renten wegen Alters1,02.Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung0,53.Renten wegen voller Erwerbsminderung1,04.Erziehungsrenten1,05.kleinen Witwenrenten und kleinen Witwerrenten bis zum E

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 242a Witwenrente und Witwerrente


(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 13. Nov. 2018 - L 19 R 314/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 06. Mai 2010 - B 13 R 134/08 R

bei uns veröffentlicht am 06.05.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ger

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(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(2) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig (§ 240 Abs. 2) sind oder
2.
am 31. Dezember 2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind.

(3) Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die nicht mindestens ein Jahr verheiratet waren, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(4) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht ab Vollendung des 45. Lebensjahres, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und der Versicherte vor dem 1. Januar 2012 verstorben ist.

(5) Die Altersgrenze von 45 Jahren für die große Witwenrente oder große Witwerrente wird, wenn der Versicherte nach dem 31. Dezember 2011 verstorben ist, wie folgt angehoben:

Todesjahr
des Versicherten
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
20121451
20132452
20143453
20154454
20165455
20176456
20187457
20198458
20209459
2021104510
2022114511
202312460
202414462
202516464
202618466
202720468
2028224610
ab 202924470.

(1) Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Regelaltersrente,
2.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und
3.
Rente wegen Todes.
Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt für einen Anspruch auf
1.
Regelaltersrente, wenn der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat,
2.
Hinterbliebenenrente, wenn der verstorbene Versicherte bis zum Tod eine Rente bezogen hat.

(2) Die Erfüllung der Wartezeit von 20 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Versicherte, die die allgemeine Wartezeit vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung nicht erfüllt haben.

(3) Die Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und
2.
Rente für Bergleute vom 50. Lebensjahr an.

(4) Die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf

1.
Altersrente für langjährig Versicherte und
2.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

(5) Die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

Der Rentenartfaktor beträgt für persönliche Entgeltpunkte bei

1.Renten wegen Alters1,0
2.Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung0,5
3.Renten wegen voller Erwerbsminderung1,0
4.Erziehungsrenten1,0
5.kleinen Witwenrenten und kleinen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,1,0
anschließend0,25
6.großen Witwenrenten und großen Witwerrenten bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,1,0
anschließend0,55
7.Halbwaisenrenten0,1
8.Vollwaisenrenten0,2.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente besteht ohne Beschränkung auf 24 Kalendermonate, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist. Dies gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(2) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig (§ 240 Abs. 2) sind oder
2.
am 31. Dezember 2000 bereits berufsunfähig oder erwerbsunfähig waren und dies ununterbrochen sind.

(3) Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Witwen oder Witwer, die nicht mindestens ein Jahr verheiratet waren, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde.

(4) Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht ab Vollendung des 45. Lebensjahres, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind und der Versicherte vor dem 1. Januar 2012 verstorben ist.

(5) Die Altersgrenze von 45 Jahren für die große Witwenrente oder große Witwerrente wird, wenn der Versicherte nach dem 31. Dezember 2011 verstorben ist, wie folgt angehoben:

Todesjahr
des Versicherten
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
20121451
20132452
20143453
20154454
20165455
20176456
20187457
20198458
20209459
2021104510
2022114511
202312460
202414462
202516464
202618466
202720468
2028224610
ab 202924470.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwenrente.

2

Die 1950 geborene Klägerin lebte seit 1978 mit dem 1946 geborenen und am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Sie heirateten am 2.7.2004. Aus der ersten Ehe der Klägerin waren ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen, aus der ersten Ehe des Versicherten eine Tochter. Die Klägerin hatte in den Jahren 2003 und 2004 ein monatliches Bruttoeinkommen von ca 2.400 Euro aus ihrer Beschäftigung als Apothekenhelferin.

3

Im Oktober 2002 erkrankte der Versicherte an einem Blasenkarzinom, das operativ entfernt wurde. Im Februar 2004 wurde eine fortschreitende Metastasierung diagnostiziert. Die ab 1.6.2004 durchgeführte Chemotherapie diente lediglich palliativen Zwecken. Der Versicherte wurde in den Zeiträumen vom 24.5. bis 3.6.2004 und vom 8.6. bis 10.6.2004 stationär behandelt, danach aufgrund einer deutlichen Verschlechterung erneut vom 14.6. bis 10.7.2004, wobei die Chemotherapie abgebrochen und die Behandlung mit Morphin fortgesetzt wurde. Unter dieser Medikation war der Versicherte mit Hilfe eines Stützrollators zeitweise gehfähig. Die Eheschließung erfolgte am 2.7.2004 auf der Krankenstation. Zur Entlassung des Versicherten wurde eine sog Homecare-Betreuung eingerichtet. Am 27.7.2004 wurde der Versicherte notfallmäßig erneut stationär aufgenommen; er verstarb noch am selben Tag.

4

Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente lehnte die Beklagte ab, da sie von einer sog Versorgungsehe gemäß § 46 Abs 2a SGB VI ausging(Bescheid vom 13.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005).

5

Das SG Berlin hat - nach Vernehmung der Schwester, des Sohnes und der Tochter der Klägerin sowie nach deren persönlicher Anhörung - die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, der Klägerin ab 27.7.2004 Witwenrente aus der Versicherung des Verstorbenen zu gewähren. Dem Anspruch stehe der Ausschlussgrund gemäß § 46 Abs 2a SGB VI nicht entgegen.

6

Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 31.1.2007 die Berufung der Beklagten nach persönlicher Anhörung der Klägerin zurückgewiesen unter Neufassung des Tenors, dass der Klägerin ab 27.7.2004 große Witwenrente zu gewähren sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a SGB VI sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens widerlegt, weil zur Überzeugung des Senats trotz der sehr kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass die Versorgung der Klägerin der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei. Hierbei stütze sich der Senat auf die glaubhaften Einlassungen der Klägerin in ihren vorbereitenden Schriftsätzen, im Termin zur mündlichen Verhandlung und auf die Aussagen ihrer vom SG als Zeugen vernommenen Kinder. Danach stehe fest, dass - neben Versorgungserwägungen - zumindest gleichgewichtiger Zweck der Eheschließung gewesen sei, der beiderseitigen Liebesbeziehung nach langjährigem Zusammenleben durch den Akt der Eheschließung den - nach Wortwahl der Klägerin - "offiziellen Segen" zu geben und so eine Rechtsposition zu erlangen. Die Klägerin habe überzeugend ausgeführt, dass der Heiratswunsch schon viele Jahre vor der Krebserkrankung bestanden habe, jedoch aus finanziellen Gründen und familiären Erwägungen nicht eher realisiert habe werden können. Die mit dem Versicherten im Familienverbund lebenden Kinder der Klägerin, die ihn als "Vater" angesehen hätten, hätten die langjährige Heiratsabsicht ebenfalls bestätigt.

7

Der Umstand der seit 1978 gelebten langjährigen Liebesbeziehung stehe einem überwiegenden Versorgungsgedanken entgegen. Die Liebesbeziehung sei ohnehin nicht auf gegenseitige Versorgungsansprüche ausgerichtet gewesen, weil die Klägerin einer vollschichtigen Berufstätigkeit nachgegangen sei, mit der sie ohne Weiteres ihren eigenen Lebensunterhalt habe sichern können. Dies habe die Klägerin vor dem Senat eindrucksvoll dargelegt.

8

Ebenso wenig spreche der Krankheitsverlauf des Versicherten gegen diese Einschätzung. Die Klägerin habe glaubhaft ausgeführt, dass sie trotz palliativer Behandlung des Versicherten nicht davon ausgegangen sei, dass "mein Mann so bald würde sterben müssen". Doch auch wenn die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung gewusst haben sollte, dass der Tod des Versicherten in naher Zukunft bevorstehe, verbliebe es bei dem vorrangigen Motiv der Eheschließung, der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben. Daher habe für den Senat keine Veranlassung bestanden, den von der Beklagten hilfsweise gestellten Beweisanträgen zu folgen. Selbst wenn eine Nottrauung gemäß § 7 Personenstandsgesetz (PStG) vorgelegen hätte, änderte dies nichts an der zur Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat.

9

Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 46 Abs 2a SGB VI und von §§ 103, 128 SGG. Die Klägerin habe den Nachweis des Vorliegens "besonderer Umstände", die die Rechtsvermutung des § 46 Abs 2a SGB VI widerlegen könnten, nicht erbracht. Die Verrechtlichung einer Liebesbeziehung durch Eheschließung sei kein von der Versorgungsabsicht verschiedener Beweggrund. Die zuvor seit 26 Jahren geführte eheähnliche Lebensgemeinschaft unterstreiche den Versorgungscharakter der Ehe. Im Fall der lebensbedrohlichen Erkrankung eines Partners sei die wirtschaftliche Absicherung des Überlebenden das maßgebliche Motiv für die Heirat. Konkrete Heiratspläne seien erst nach Bekanntwerden der weit fortgeschrittenen Krebserkrankung gefasst und realisiert worden. Die Hoffnung oder Erwartung, eine lebensbedrohliche Erkrankung zu überleben, könne kein besonderer Umstand im Sinne der Norm sein. Das LSG hätte sich zudem gedrängt fühlen müssen, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag, den Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung bei der Nottrauung zu befragen, nachzukommen.

10

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 sowie des Sozialgerichts Berlin vom 6. März 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Januar 2007 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Das angefochtene Urteil beruht - wie die Beklagte zutreffend rügt - auf einer Verletzung der Pflicht des Berufungsgerichts zur Sachaufklärung (§ 103 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG kann der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf große Witwenrente zu Recht abgelehnt hat.

14

1. Gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, ua dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 27.7.2004 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten hatte sie auch das 45. Lebensjahr vollendet.

15

Nach § 46 Abs 2a SGB VI, der mit Wirkung vom 1.1.2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (vom 21.3.2001, BGBl I 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1.1.2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl § 242a Abs 3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (vom 2.7. bis 27.7.2004); damit ist der Tatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 1 SGB VI erfüllt. Ob jedoch "besondere Umstände" iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI vorliegen, die den Eintritt der entsprechenden Rechtsfolge - Ausschluss des Anspruchs auf Witwenrente - hindern, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.

16

2. Entgegen dem Vorbringen der Revision ist der vom Berufungsgericht als maßgeblich zugrunde gelegte Beweggrund der Klägerin für die Eheschließung, nämlich der Wunsch, nach langjährigem eheähnlichem Zusammenleben mit dem Versicherten der beiderseitigen Liebesbeziehung den "offiziellen Segen" zu geben und sie damit auch formal und rechtlich zu manifestieren, nicht von vornherein - losgelöst von den Umständen des konkreten Einzelfalls - ungeeignet, einen besonderen Umstand iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI zu begründen.

17

Der Senat hat im Urteil vom 5.5.2009 (B 13 R 55/08 R - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6 mwN)zur Auslegung und Anwendung des Ausnahmetatbestands des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI bereits entschieden, dass eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner von den Tatsacheninstanzen festgestellter Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht möglich ist. Daran hält er in Kenntnis hiergegen vorgebrachter Bedenken (vgl Pötter, RVaktuell 2010, 15, 21) nach erneuter Prüfung fest. Wie in dem genannten Urteil näher dargelegt ist, sind nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI als "besondere Umstände des Falles" alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Die vom Gesetzgeber selbst intendierte Einzelfallprüfung lässt eine abschließende abstrakt-generelle (normgleiche) Einordnung einzelner denkbarer Ehemotive durch das Revisionsgericht nicht zu. Vielmehr kommt es nach dem Gesetz auf die - gegebenenfalls auch voneinander abweichenden - Beweggründe beider Ehegatten im konkreten Einzelfall an (Senatsurteil aaO, RdNr 20). Dabei sind die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu bewerten (aaO RdNr 24). Diese Notwendigkeit einer einzelfallbezogenen Würdigung nach Maßgabe des § 46 Abs 2a SGB VI wird nicht dadurch entbehrlich, dass die damit verbundenen Anforderungen den Wunsch der Verwaltung nach "überprüfbaren … objektiven Kriterien"(vgl Pötter, aaO) nicht erfüllen können.

18

In diesem Zusammenhang kann es zwar nicht als Verletzung von Bundesrecht angesehen werden, wenn die Tatsacheninstanz annimmt, dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI nicht erfüllt sein wird. Gleichwohl darf dabei nicht von vornherein der Nachweis ausgeschlossen werden, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgesichtspunkten geheiratet wurde. Bei der abschließenden Gesamtbewertung darf wiederum gefordert werden, dass diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sind, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist (BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 27).

19

Der Frage, ob besondere Umstände iS des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, ist vorrangig anhand aller vorhandenen objektiven Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) nachzugehen (aaO RdNr 29 mwN). Sie ist in erster Linie auf tatsächlicher Ebene zu beantworten (BSG vom 15.9.2009 - B 5 R 282/09 B - BeckRS 2009, 72520 RdNr 7). Somit obliegt es zuvörderst den Tatsacheninstanzen, sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Indizien eine Überzeugung davon zu verschaffen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (vgl auch BSG vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R - Juris RdNr 14 f). Ein Rentenversicherungsträger, der vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit seine Annahme, dass eine Versorgungsehe vorliege, verteidigen will, kann deshalb durch das Stellen von Beweisanträgen darauf hinwirken, dass alle Umstände - auch die für eine Versorgungsehe sprechenden Indizien - in die Beweiswürdigung des Gerichts einbezogen werden.

20

3. Vorliegend hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG einen solchen Beweisantrag zur Entscheidung des Gerichts gestellt; sie hat verlangt, den zuständigen Standesbeamten zu den Umständen der Eheschließung zu vernehmen. Diesem Beweisantrag hätte das LSG nachkommen müssen; seine Ablehnung unter Berufung darauf, dass unabhängig von den konkreten Umständen der Trauung die volle Überzeugung des Senats zur Motivationslage für die Heirat bereits feststehe, verletzt Bundesrecht (§ 103 SGG).

21

Einer der Ausnahmefälle, der es erlaubt hätte, auf die Vernehmung des von der Beklagten mit der Bezeichnung "den zuständigen Standesbeamten" hinreichend konkret benannten Zeugen zu verzichten, ist nicht gegeben. Solche Ausnahmefälle sind dann anzunehmen, wenn es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht ankommt, diese bereits erwiesen sind oder das Beweismittel ungeeignet oder unerreichbar ist (vgl Senatsurteil vom 23.8.2001 - B 13 RJ 59/00 R - SozR 3-2200 § 1248 Nr 17 S 72 f; BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 B - Juris RdNr 10; BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 2/07 B - Juris RdNr 11; s auch BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.

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Auf die von der Beklagten unter Beweis gestellten tatsächlichen Umstände der Eheschließung kommt es schon deshalb entscheidungserheblich an, weil das LSG alle Umstände des Einzelfalls, die für oder gegen eine Versorgungsabsicht sprechen könnten, aufzuklären und in einer abschließenden Gesamtbewertung zu würdigen hat. Zur Klärung dieser tatsächlichen Voraussetzungen war der benannte Zeuge auch ein geeignetes und erreichbares Beweismittel. Als Standesbeamter, der die Eheschließung auf der Station im Krankenhaus vollzogen hat, hätte er zu den näheren Umständen der Heirat, wie etwa ihm gegenüber geäußerte Eheschließungsmotive der Eheleute, Zeugnis geben können. Bislang sind im gerichtlichen Verfahren nur Personen vernommen worden, die (als Kinder und Schwester) der Sphäre der Klägerin zugehörig sind. Nicht zuletzt beruht die Beweiswürdigung des LSG im Wesentlichen auf den Angaben der Klägerin zu ihren eigenen Beweggründen. Die Zeugenaussage des Standesbeamten könnte aber nicht nur Anhaltspunkte zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin ergeben, sondern darüber hinaus weitere Erkenntnisse zu den inneren Motiven beider Eheleute für die Heirat erbringen. Solche Ermittlungen waren auch deshalb angezeigt, weil sich die Klägerin zum Beweis des Vorliegens der besonderen Umstände iS von § 46 Abs 2a Halbs 2 SGB VI gerade auf ihre innere Motivation für die Heirat berufen und hierzu vor dem SG und dem LSG bereitwillig Auskunft gegeben hat. Eine unzulässige Ausforschung im Bereich der privaten Lebensführung (vgl dazu Senatsurteil vom 5.5.2009 - BSGE 103, 99 = SozR 4-2600 § 46 Nr 6, RdNr 22, 29 mwN) stand daher nicht zu befürchten.

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Das LSG hätte sich somit - ausgehend von seiner materiellen Rechtsansicht - zur Zeugenvernehmung des Standesbeamten zu den näheren Umständen der Trauung gedrängt fühlen müssen. Wenn es anstelle dessen ausgeführt hat, dass selbst im Fall einer sog Nottrauung aus Anlass einer lebensbedrohlichen Erkrankung (§ 7 PStG idF des bis zum 31.12.2008 gültigen Gesetzes vom 4.5.1998, BGBl I 833) "dies nichts an der dargelegten, zur vollen Überzeugung des Senats feststehenden Motivationslage für die Heirat" ändere, so handelt es sich um eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung. Einer der besonders gelagerten Ausnahmefälle, für die diskutiert wird, ob ein Beweisantrag auf Zeugenvernehmung dann abgelehnt werden darf, wenn aufgrund der Fülle und Güte bereits erhobener Beweise die entscheidungserheblichen Tatsachen mit einer solchen Gewissheit feststehen, dass die Überzeugung des Gerichts durch die beantragte weitere Beweiserhebung - ihr Erfolg unterstellt - nicht mehr erschüttert werden kann (vgl BVerwG vom 11.4.1991 - 3 C 73.89 - Buchholz 310 § 86 Abs 1 Nr 229 S 55 f mwN; BVerwG vom 12.3.2010 - 8 B 90/09 - Juris RdNr 25 f mwN; s auch BSG vom 31.8.1987 - 4a BJ 117/87 - Juris RdNr 5 - zu den beim Zeugenbeweis im Vergleich zum Sachverständigenbeweis strengeren Anforderungen), liegt hier nicht vor. Insbesondere zeigt das Urteil des LSG plausible Gründe für das Bestehen einer für jedermann nachvollziehbaren, unerschütterlichen Überzeugung des Berufungsgerichts nicht auf. Eine solche Überzeugung ist auch kaum denkbar, solange ausschließlich Personen aus dem Umfeld der Klägerin gehört und darauf verzichtet wurde, auch andere in Frage kommende Auskunftspersonen (vgl zB SG Düsseldorf vom 14.12.2009 - S 52 (10) R 22/09 - Juris) zu den Beweggründen der Nottrauung im Krankenhaus zu befragen.

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Auf diesem Verstoß gegen § 103 SGG beruht die Entscheidung des LSG. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht nach den beantragten weiteren Ermittlungen zu einem für die Beklagte günstigen Ergebnis gekommen wäre.

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Das LSG wird die unterlassene Beweisaufnahme zu den näheren Umständen der Trauung nachzuholen und auf dieser Grundlage eine neue Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen haben. Es wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung.

(2) Zum Ehenamen können die Ehegatten durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen eines Ehegatten bestimmen.

(3) Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens soll bei der Eheschließung erfolgen. Wird die Erklärung später abgegeben, so muss sie öffentlich beglaubigt werden.

(4) Ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Ehename aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Ehegatten aus mehreren Namen, so kann nur einer dieser Namen hinzugefügt werden. Die Erklärung kann gegenüber dem Standesamt widerrufen werden; in diesem Falle ist eine erneute Erklärung nach Satz 1 nicht zulässig. Die Erklärung, wenn sie nicht bei der Eheschließung gegenüber einem deutschen Standesamt abgegeben wird, und der Widerruf müssen öffentlich beglaubigt werden.

(5) Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, oder dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde eines Ehegatten zum Zeitpunkt der Erklärung gegenüber dem Standesamt einzutragen ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.