Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 11. Mai 2015 - L 12 EG 60/13

bei uns veröffentlicht am11.05.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt

gegen

..., vertreten durch das Zentrum ... Familie und Soziales, ...

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 11. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Spiegl, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Kunz sowie die ehrenamtlichen Richter M. und E. für Recht erkannt:

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Berechnung des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für das am ... 2009 geborene Kind J der Klägerin streitig.

Die 1983 geborene Klägerin war vor der Geburt ihres Kindes seit 01.10.2005 bei der H. GmbH als Fotografin beschäftigt. Sie bezog nach dem Anstellungsvertrag vom 06.08.2005 ein Festgehalt von 1.100,- € brutto monatlich zzgl. eines persönlichen Zuschlags von 100,- €. Weiter war arbeitsvertraglich vereinbart, dass die Klägerin darüber hinaus eine Sitting-Provision von 2,50 € netto je fotografiertes Sitting erhält. Diese Sitting-Provision wurde ab September 2007 auf 3,- € netto erhöht. Die Sitting-Provisionen wurden von der Klägerin von den Kunden der H. GmbH bar vereinnahmt. Von der Arbeitgeberin wurden keine Abrechnungen über die von der Klägerin eingenommenen Sitting-Provisionen erstellt, auch Sozialabgaben und Einkommenssteuer wurden auf die Sitting-Provisionen nicht abgeführt. Seit 25.11.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nach Beendigung der Entgeltfortzahlung bezog sie vom 07.01.2009 bis 24.02.2009 wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit Krankengeld, vom 05.06.2009 bis 12.09.2009 Mutterschaftsgeld. Mit Bescheid vom 10.02.2009 verhängte das Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von Schwaben für die Klägerin ein Beschäftigungsverbot ab 25.02.2009.

Die Klägerin hat mit Antrag vom 01.09.2009 für das am 18.07.2009 geborene Kind J für den 1. bis 12. Lebensmonat Elterngeld beantragt. Dem Antrag lagen u. a. die monatlichen Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge der H. GmbH sowie von der Klägerin selbst erstellte Aufstellungen über die von ihr bezogenen Netto-Sitting-Provisionen (Januar 2008: 252,00 €, Februar 2008: 276,00 €, März 2008: 830,50 €, April 2008: 620,00 €, Mai 2008: 129,00 €, Juni 2008: 450,00 €, Juli 2008: 61,00 €, 2008: 620,80 €, September 2008: 1.037,70 € und Oktober 2008: 1.406,50 €) bei.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 12.10.2009 der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat bewilligt und zwar wegen des bezogenen Mutterschaftsentgeltes für den 1. Lebensmonat ein gekürztes Elterngeld in Höhe von 116,10 € und für den 2. Lebensmonat in Höhe von 181,25 € sowie für den 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 519,00 € monatlich. Der Beklagte legte dabei als Bemessungszeitraum die Monate April 2008 bis Dezember 2008 sowie März 2009 bis Mai 2009 zugrunde. Unberücksichtigt blieben die Monate Januar 2009 und Februar 2009, da in diesen Monaten eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung bei der Klägerin mit einer Einkommensminderung vorlag. Der Beklagte legte bei der Bemessung des Einkommens aus nicht selbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge der H. GmbH zugrunde, in denen die Sitting-Provisionen nicht ausgewiesen waren, und ermittelte hieraus ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 595,30 €. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass das Elterngeld nach den vorliegenden Unterlagen festzustellen sei und entgangenes Elterngeld aufgrund fehlerhafter Monatsabrechnungen ggf. über eine private Schadensersatzforderung vom Arbeitgeber einzuklagen sei.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 29.10.2009. Der Arbeitgeber habe das Entgelt für den Bemessungszeitraum nicht korrekt abgerechnet. Zwischen den Parteien würden zurzeit noch Verhandlungen schweben, die kurz vor dem Klageverfahren stehen, um die ausstehenden Abrechnungen sowie Löhne zu erhalten. Es wurde eine Musterabrechnung des Steuerberaters der Klägerin unter Zugrundelegung der tatsächlichen vertraglichen Vereinbarungen vorgelegt. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass diese Abrechnungen für den Krankengeldbezug ab dem Beschäftigungsverbot der Klägerin zugrunde gelegt worden seien.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010 den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte hat u. a. ausgeführt, dass Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG) seien. Entscheidend für die Berücksichtigung nach dem BEEG sei nur das Einkommen, das im maßgeblichen 12-Monatszeitraum und in den einzelnen Monaten tatsächlich zugeflossen sei (steuerliches Zuflussprinzip). Nachberechnungen außerhalb des 12-Monatszeitraums bzw. des betroffenen Monats oder auch Nachzahlungen aufgrund arbeitsgerichtlicher Verfahren, die danach zufließen, könnten hingegen nicht mehr berücksichtigt werden, da sie im Bemessungszeitraum nicht als Erwerbseinkommen zur Verfügung gestanden hätten.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 22.07.2010 zum Sozialgericht Augsburg, die mit Schriftsatz vom 24.09.2010 begründet wurde. Die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin habe die Nettolohnabrechnungen nicht korrekt erstellt. Die Vergütungen für „Fotografie-Sitzungen“ seien der Klägerin jeweils in bar ausgezahlt worden, die Arbeitgeberin habe es aber versäumt, diese Beträge als Lohnleistungen in die Entgeltabrechnung einzustellen, so dass sich das Bruttogehalt und demgemäß das ausgewiesene Nettoentgelt der Klägerin erheblich verringert habe. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien sei diesbezüglich ein Verfahren beim Arbeitsgericht anhängig.

Mit Schriftsatz vom 30.12.2010 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Kopie des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.11.2010 übersandt, in dem die frühere Arbeitgeberin zu Nachzahlungen für den Zeitraum vom 01.12.2008 mit Unterbrechungen bis September 2009 verurteilt wurde; des Weiteren wurde festgestellt, dass die ehemalige Arbeitgeberin der Klägerin verpflichtet ist, dieser den durch die fehlerhafte oder fehlende Berücksichtigung der Nettoprovisionen in den Gehaltsabrechnungen beim Elterngeld entstehenden Schaden zu ersetzen.

Das Sozialgericht Augsburg hat mit Schriftsatz vom 13.05.2011 um Übersendung von Belegen über die von der Klägerin im Bemessungszeitraum vereinnahmten Arbeitsentgeltzahlungen gebeten.

Mit Schriftsatz vom 23.05.2011 wurde hierzu eine von der Klägerin gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin erstellte „Nettoprovisionsabrechnung“ übersandt, die jeweils als Barleistungen gezahlt worden seien. Des Weiteren hat die Klägerin auf die von ihrem Steuerberater ermittelte „Musterabrechnung“ für den Zeitraum Juni 2008 bis Mai 2009 verwiesen, die Abrechnung für April und Mai 2008 werde nachgereicht, des Weiteren hat die Klägerin auf die von der H. GmbH ausgestellte Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III über das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Klägerin in der Zeit von 2008 bis September 2009 sowie auf die Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 verwiesen.

Der Beklagte hat zu den vorgelegten Unterlagen mit Schriftsatz vom 10.08.2011 dahingehend Stellung genommen, dass für die maßgeblichen Kalendermonate im 12-Monatszeitraum keine geänderten Verdienstbescheinigungen des Arbeitgebers ausgestellt worden seien, sondern lediglich die Musterrechnungen des Steuerberaters vorliegen würden, in denen jedoch auch Einmalzahlungen enthalten seien, die nicht einzeln aufgeführt seien. Des Weiteren sei immer noch nicht erkennbar, dass die mit Gerichtsurteil vom 11.11.2010 festgestellten Beträge der Klägerin im Bemessungszeitraum bereits zugeflossen seien. Laut Urteil sei der Arbeitgeber erst zu einer Zahlung samt Zinsen verurteilt worden, von bereits geleisteten Barzahlungen sei nichts ersichtlich. Nach dem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit habe die Klägerin eine einmalige Entschädigung in Höhe von 11.622,47 € nachbezahlt bekommen. Es werde nochmals um Vorlage der neu festgesetzten Verdienstbescheinigungen durch den Arbeitgeber für den maßgeblichen 12-Monats- zeitraum (4/08 bis 5/09) mit korrektem Bruttoverdienst und den entsprechenden Abzügen unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorgaben gebeten.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben hierzu mit Schriftsatz vom 29.08.2011 mitgeteilt, dass die Nettolohnabrechnungen nicht vorgelegt werden könnten, da sich die frühere Arbeitgeberin bisher strikt geweigert habe, die Abrechnungen zu erstellen. Die ehemalige Arbeitgeberin sei inzwischen insolvent, inwieweit der Insolvenzverwalter sich bereit erkläre, entsprechende korrigierte Nettolohnabrechnungen noch zu erstellen, sei nicht ersichtlich. Aus dem Tenor des Urteils des Arbeitsgerichts ergebe sich, welche ausstehenden Lohnzahlungen seit dem 01.12.2008 noch bestehen würden. Die Zahlungen seitens des Arbeitsamtes seien erfolgt, da das Arbeitsamt selbstverständlich die Musterabrechnungen und das Urteil zugrunde gelegt habe.

Mit weiterem Schriftsatz vom 20.10.2011 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Schreiben des Insolvenzverwalters vorgelegt, in dem dieser mitteilt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Mit weiterem Schreiben vom 15.11.2011 wurde schließlich mitgeteilt, dass die Klägerin in den Jahren 2010 und 2011 keine Zahlungen auf den ausstehenden Lohn erhalten habe, die in dem Urteil des Arbeitsgerichts titulierten Ansprüche seien zur Insolvenztabelle angemeldet worden.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 05.03.2012 den Streitstand nochmals zusammengefasst. Die Klägerin habe entsprechend ihrem Arbeitsvertrag für abgehaltene „Fotositzungen“ jeweils ein Nettoentgelt in bar ausbezahlt bekommen, das sie bei den Kunden direkt kassiert habe. Dieses sei in den Arbeitsunterlagen entsprechend vermerkt und verbucht worden. Der Arbeitgeber habe aber das Entgelt nicht in die entsprechenden Brutto-/Nettolohnberechnungen aufgenommen. Nachdem die Klägerin dann schwangerschaftsbedingt ein Arbeitsverbot erhalten habe, sei nach den zugrundeliegenden Gesetzen der durchschnittliche Bruttoverdienst der letzten drei Monate weiter gezahlt worden. Dies bedeute, dass die zuvor fehlerhaften Abrechnungen nunmehr entsprechend zu korrigieren seien. Der Steuerberater der Klägerin habe eine „Rückrechnung“ in Hinblick auf die letzten Monate vorgenommen, in dem er die in bar erhaltenen Beträge der Klägerin als netto zugrunde gelegt habe und den Nettobetrag auf den Bruttobetrag zurückgerechnet habe. Die frühere Arbeitgeberin habe diese Abrechnungen erhalten, die Abrechnungen aber entsprechend nicht korrigiert. Die Klägerin habe deshalb zunächst ein zu geringes Krankengeld und später ein zu geringes Arbeitslosengeld erhalten und auch das Erziehungsgeld sei nicht richtig berechnet worden. Mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil sei der frühere Arbeitgeber verpflichtet worden, aufgrund des bestehenden Schwangerschaftsverbotes und dann im Hinblick auf den Mutterschutz die entsprechenden Entgelte zu zahlen und zwar das durchschnittliche Bruttoentgelt aus den letzten drei Monaten. In das Bruttoentgelt seien die Beträge, die für die Sitzungen angefallen und in bar als netto einbehalten worden seien, als brutto einzustellen. Dies habe die frühere Arbeitgeberin aber nicht getan. Bei den vorgelegten „Probeabrechnungen“ handle es sich daher um Abrechnungen, wie sie der Arbeitgeber hätte erstellen müssen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 28.01.2013 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilt, dass ihnen nicht klar sei, warum die nunmehr von einem Steuerberater anhand der angegebenen Bruttozahlungen erstellten Nettolohnabrechnungen, die den Bruttoarbeitslohn, die sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Abzüge und den Nettolohn ausweisen, nicht ausreichend sein sollen. Der Klägerin sei es nicht möglich, von dem nicht mehr existenten Arbeitgeber die für diesen Zeitraum nicht erstellten Nettolohnabrechnungen zu erhalten. Die Ansicht des Beklagten, die nur auf den reinen Wortlaut abstelle, sei viel zu eng und nur vor dem Hintergrund zu erklären, dass man „Geld sparen“ möchte. Der Beklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 06.02.2013 vorgetragen, dass es ihm durchaus bewusst sei, dass ein nicht mehr existierender Arbeitgeber auch keine Verdienstabrechnungen ausstellen könne. Jedoch könne aus den vom Steuerbüro erstellten Musterabrechnungen nicht entnommen werden, wie sich der Bruttoarbeitslohn zusammensetze. So würden keine Einmalzahlungen bestätigt, die laut bescheinigtem Arbeitsentgelt bei der Bundesanstalt für Arbeit in den Monaten 8 bis 11/2008 vorgelegen hätten. Die abweichenden Bruttoentgeltbeträge hätten nicht erklärt werden können. Es sei dem Beklagten daher nicht möglich, das korrekte Entgelt zu beziffern bzw. eine plausible Grundlage für die Elterngeldberechnung zu finden.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 19.04.2013 noch darauf hingewiesen, dass die Klägerin keinen Einfluss darauf habe, welche Bescheinigung der ehemalige Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitsamt abgegeben habe. Er habe dort „Einmalzahlungen“ aufgeführt, die tatsächlich so nicht geflossen seien. Tatsächlich habe er wohl die einbehaltenen „Nettoprovisionen“ gemeint. Er habe übersehen, dass es sich um ein Nettoentgelt handele, das eigentlich in die Abrechnungen entsprechend hätte aufgenommen werden müssen.

Das Sozialgericht Augsburg hat mit Urteil vom 16.05.2013 die Klage der Klägerin abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Bewilligung von Elterngeld unter Berücksichtigung von Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit aus erzielten, jedoch nicht abgerechneten Sitting-Provisionen. Zwischen den Beteiligten sei allein streitig, ob die von der Klägerin im Bemessungszeitraum bezogenen Sitting-Provisionen bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien. Dies sei nicht der Fall. Die streitigen Sitting-Provisionen, die den Angaben der Klägerin zufolge im Bemessungszeitraum in Form von Barzahlungen, ausbezahlt direkt von den Kunden der H. GmbH anlässlich der jeweiligen Foto-Sittings, in Höhe der von ihr erstellten Aufstellung zugeflossen seien, habe der Beklagte zu Recht bei der Bemessung des Elterngeldes unberücksichtigt gelassen. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne der Klägerin zwar nicht entgegen gehalten werden, dass ihr die streitigen Sitting-Provisionen nicht während des Bemessungszeitraums zugeflossen seien. Die erfolgreiche Zahlungsklage der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Koblenz sei nicht auf die Nachzahlung von Sitting-Provisionen gerichtet gewesen, sondern auf die Zahlungsansprüche der Klägerin, die sich aus der unter Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten unterbliebenen Abrechnung der ausbezahlten Sitting-Provisionen durch die H. GmbH ergeben. Der Berücksichtigung der streitigen Sitting-Provisionen stehe entgegen, dass eine Abrechnung des Arbeitgebers hierüber nicht bestehe. Die „fiktiven“ Muster-Abrechnungen des Steuerberaters der Klägerin könnten nach Auffassung des Gerichts nicht als Ersatz herangezogen werden. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) zu § 2 Abs. 7 BEEG entschieden, dass gemäß § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers seien, diese gleichwohl aber nicht als alleinige Erkenntnisquelle für die Art und Höhe der arbeitgeberseitigen Zahlungen heranzuziehen seien und nicht die für die Gewährung des Elterngeldes zuständigen Stellen von ihrer ihnen obliegenden Verpflichtung zur Sachaufklärung entbinden (Urteil des BSGvom 03.12.2009, Az.: B 10 EG 3/09 R). Allerdings sei die Entscheidung zu einem Sachverhalt ergangen, in dem lediglich die rechtliche Bewertung der abgerechneten Bezüge als sonstiger oder laufender Bezug streitig gewesen sei. Vorliegend sei demgegenüber überhaupt keine Abrechnung der streitigen Provisionen und dementsprechend auch kein Lohnsteuerabzug erfolgt, so dass auch § 2 Abs. 7 Satz 3 BEEG, wonach als auf die Einnahmen entfallende Steuer die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer gelte, der Berücksichtigung der Sitting-Provisionen entgegen stehe. Dass die Klägerin nachträglich die zunächst ohne Lohnsteuerabzug zugeflossenen Sitting-Provisionen versteuert habe, führe daher zu keinem anderen Ergebnis, zumal sich aufgrund der nachträglichen Versteuerung der Provisionen eine monatliche Zuordnung der zu berücksichtigenden Steuer nicht vornehmen lasse. Die monatlich anzusetzende Steuer wären fiktiv zu berechnen. Eine solche fiktive Berechnung sehe das Gesetz aber nicht vor. Auch aus der von der H. GmbH ausgestellten Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III ergebe sich kein für die Klägerin günstigeres Ergebnis. Zwar seien die dort als beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt bescheinigten Beträge deutlich höher als in den monatlichen Gehaltsabrechnungen. Die bescheinigten Beträge würden zwar nicht ganz mit den in den vom Steuerberater der Klägerin genannten Bruttolohnbeträgen in den jeweiligen „Muster-Abrechnungen“ übereinstimmen. Die Bescheinigung des Arbeitgebers nach § 312 SGB III beinhalte jedoch gerade keine Abrechnung, aus der die Höhe von Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und die Sozialversicherungsbeiträge entnommen werden könnten. Eine rein fiktive nachträgliche Berechnung dieser Beiträge sehe das BEEG jedoch nicht vor. Die Bescheinigung nach § 312 SGB III sei nicht geeignet, eine solche Abrechnung zu ersetzen, zumal aus dieser weder die Höhe des Steuerabzugs noch der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge ersichtlich sei. Die - jedenfalls zunächst - „faktisch“ steuerfrei bezogenen Sitting-Provisionen würden nach Auffassung der Kammer wie tatsächlich steuerfreie Zuschläge bei der Bemessung des Elterngeldes unberücksichtigt bleiben. Die Kammer verkenne nicht, dass der Klägerin aufgrund der fehlerhaften bzw. unterlassenen Abrechnung durch den ehemaligen Arbeitgeber ein Nachteil bei der Berechnung des Elterngeldes insoweit entstanden sei, als die von der Klägerin bezogenen Sitting-Provisionen nicht elterngeldsteigernd Berücksichtigung gefunden hätten. Das Arbeitsgericht Koblenz habe in seinem Urteil dazu festgestellt, dass die H. GmbH der Klägerin den hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen habe. Dass die Klägerin diesen gerichtlich festgestellten Anspruch gegen die H. GmbH zur Leistung von Schadensersatz wegen der eingetretenen Insolvenz nicht realisieren könne, könne nicht durch die Bewilligung von höherem Elterngeld kompensiert werden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin zum Bayer. Landessozialgericht vom 18.09.2013, die mit Schriftsatz vom 23.10.2013 näher begründet wurde. Wie das Sozialgericht zunächst zutreffend ausgeführt habe, komme es auf die vom Arbeitgeber nicht erstellten Lohnabrechnungen nicht an, weil der Beklagte andere Erkenntnisquellen hätte nutzen können und müssen. Das Sozialgericht gehe unzutreffend davon aus, dass die vorgelegten Unterlagen untauglich gewesen seien als andere Erkenntnisquelle. Dem Gericht habe die Aufstellung der Klägerin, welche Provisionen sie erhalten habe, vorgelegen. Hinzu komme, dass das Sozialgericht und der Beklagte Zeiträume berücksichtigen wolle, die nicht zu berücksichtigen seien. Das Sozialgericht gehe zutreffend davon aus, dass Zeiträume, in denen die Klägerin wegen der Schwangerschaft erkrankt gewesen sei oder ein Arbeitsverbot vorgelegen habe, nicht einbezogen werden dürften. Die Klägerin sei ab dem 01.12.2008 bis 06.01.2009 wegen der Schwangerschaft arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Ab dem 07.01.2009 habe zugunsten der Klägerin ein Arbeitsverbot wegen der Schwangerschaft bestanden, welches wegen den Mutterschutzzeiten bis sechs Wochen vor der Geburt bestanden habe. Es hätten daher nur die Abrechnungen Juni 2008 bis November 2008 zugrunde gelegt werden dürfen. Welche Nettoprovisionen die Klägerin in dieser Zeit erhalten habe, sei sowohl aus der Aufstellung ersichtlich, welche übersandt worden sei und welche hier noch mal dargestellt werde als auch aus den Unterlagen des Arbeitsgerichts Koblenz. Die Zahlungen seien die Grundlage für die Errechnung des durchschnittlich erzielten Nettoverdienstes der letzten drei Monate vor Beginn der schwangerschaftsbedingten Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitsverbotes gewesen. Der Nettoverdienst der Klägerin sei vom Arbeitsgericht zutreffend mit 1.724,33 € zugrunde gelegt worden. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellen sodann noch mal die Berechnung der relevanten Gesamtnettolöhne dar, aus denen der Beklagte das Mutterschaftsgeld hätte berechnen können und müssen. Da somit Erkenntnisquellen vorgelegen hätten, die anstelle der Nettoentgeltabrechnungen hätten genutzt werden können, sei der Beklagte verpflichtet, diese zu nutzen und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellen sinngemäß den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.05.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010 zu verurteilen, den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum zugeflossenen „Sitting-Provisionen“ und einem Bemessungszeitraum nur von Juni 2008 bis November 2008 neu zu berechnen.

Die Vertreterin des Beklagten stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit im Rahmen des Berufungsverfahrens nunmehr geltend gemacht werde, dass der Berechnung des Elterngeldes nur die Abrechnungen der Monate Juni 2008 bis November 2008 zugrunde gelegt werden sollen, sei darauf hinzuweisen, dass der Berechnung des Elterngeldes immer ein Bemessungszeitraum von zwölf Monaten zugrunde zu legen sei (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Ausnahmeregelungen seien insoweit nicht vorgesehen. Nach § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG würden lediglich Monate mit den dort aufgelisteten Tatbeständen aus dem 12-Monatszeitraum vor der Geburt des Kindes ausgeklammert und der Bemessungszeitraum um die Zahl der übersprungenen Monate in die Vergangenheit verschoben. Es verbleibe auch für den Fall der Rückverlagerung bei einem 12-Monatszeitraum. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die Monate 4 und 5/2008 zurückverlagert werden sollten. Gleiches gelte für den Dezember 2008, in dem eine Lohnfortzahlung erfolgt sei. Die Monate Januar und Februar 2009 seien zurückverlagert worden, da die Klägerin durch den Bezug von Krankengeld einen schwangerschaftsbedingten Einkommensverlust zu verzeichnen gehabt habe. Vom 25.02.2009 bis 04.06.2009 habe ein von der Gewerbeaufsicht verhängtes Beschäftigungsverbot bestanden, welches ebenso nicht mit einem Einkommensverlust verbunden gewesen sei, da in dieser Zeit Mutterschutzlohn gezahlt worden sei. Erst mit Beginn der Zahlung von Mutterschaftsgeld liege wieder ein Rückverlagerungstatbestand im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG vor. Die begehrte abweichende Festlegung des Bemessungszeitraums sei also nicht möglich. Hinsichtlich des zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens seien keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts Augsburg, S 7 EG 38/10 und die Akte des Bayer. Landessozialgerichts, L 12 EG 60/13 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Der Senat sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der erstmalig im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragenen Auffassung der Klägerin, wonach als Bemessungszeitraum nur die Abrechnungen von Juni 2008 bis einschließlich November 2008 und nicht wie in den angefochtenen Bescheiden des Beklagten von April 2008 bis Dezember 2008 sowie von März 2009 bis Mai 2009 zugrunde zu legen seien, nicht zu folgen ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der maßgeblichen Fassung des zum 01.01.2007 durch das Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 05.12.2006 (BGBl. I, S. 2748) in Kraft getretenen BEEG mit Änderungen vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) und vom 28.03.2009 (BGBl. I, S. 634) wird Elterngeld in Höhe von 67% des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,- € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Für die Berechnung des Elterngeldes ist also ausnahmslos immer ein Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten zugrunde zu legen. Nach § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG werden lediglich Monate mit dort abschließend aufgeführten Tatbeständen (Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind und Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der RVO oder dem KVLG bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist) aus dem 12-Monatszeitraum vor der Geburt des Kindes nicht berücksichtigt und der Bemessungszeitraum um diese Zahl der nicht berücksichtigten Monate in die Vergangenheit zurückverlagert. Aber auch in den Fällen einer Rückverlagerung - wie hier - verbleibt es immer bei einem Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten für die Berechnung des Elterngeldes. Hiervon ausgehend wurden die Monate Januar und Februar 2009 nicht berücksichtigt und entsprechend in die Vergangenheit zurückverlagert, da die Klägerin durch den Bezug von Krankengeld einen schwangerschaftsbedingten Einkommensverlust zu verzeichnen hatte. Vom 25.02.2009 bis 04.06.2009 bestand zwar ein von der Gewerbeaufsicht verhängtes Beschäftigungsverbot, welches aber wegen des in dieser Zeit gezahlten Mutterschutzlohnes nicht zu einem Einkommensverlust geführt hat. Erst mit Beginn der Zahlung von Mutterschaftsgeld vor dem Monat der Geburt des Kindes in den Monaten Juni und Juli 2009 liegt wieder ein Rückverlagerungstatbestand im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG vor, so dass die Monate Juni und Juli nicht zu berücksichtigen und in die Vergangenheit zurück zu verlagern waren. In den Monaten April und Mai 2008 ist dagegen kein Rückverlagerungstatbestand im Sinne des § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG erkennbar, so dass diese Monate bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen waren. Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass der vom Beklagten in den streitgegenständlichen Bescheiden zugrunde gelegte Bemessungszeitraum von April 2008 bis Dezember 2008 und von März 2009 bis Mai 2009 nicht zu beanstanden ist.

Hinsichtlich der umstrittenen Frage der Einkommensermittlung ist Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung die Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG, wonach Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers sind. Solche Lohn- und Gehaltsbescheinigungen kann die Klägerin nicht vorlegen und wird sie auch künftig nicht mehr vorlegen können, weil der Arbeitgeber sich stetig geweigert hat, solche Abrechnungen zu erstellen, später in die Insolvenz gegangen ist und heute nicht mehr existent ist, da die Firma gelöscht wurde. Auch der Insolvenzverwalter hat die Erstellung solcher Gehaltsabrechnungen abgelehnt. Bezüglich der Ermittlung des Einkommens hat das BSG (vgl. Urteil vom 03.12.2009, Az.: B 10 EG 3/09 R, juris Rdz. 27 und zuletzt BSG, Urteil vom 20.05.2014, juris Rdz. 23) entschieden, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG nur aussage, dass die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers im Regelfall übernommen werden können, aber nicht stets übernommen werden müssen. Sie sind lediglich als „Grundlage“, nicht aber als alleinige Erkenntnisquelle für die Art und Höhe der arbeitgeberseitigen Zahlungen bezeichnet. § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG will damit lediglich die Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen erleichtern, nicht jedoch die für die Gewährung des Elterngeldes zuständigen Stellen von ihrer ihnen gemäß § 26 Abs. 1 BEEG i. V. m. § 20 SGB X obliegenden Sachaufklärungspflicht entbinden. In dem Urteil des BSG vom 20.05.2014 hat das BSG ausgeführt, dass, wenn sich die von den Einnahmen in Abzug zu bringenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge aus den vorgelegten Lohnabrechnungen nicht ergeben, die Elterngeldstellen die feststehenden Rechenwerte auf andere Weise zu ermitteln haben, etwa mit Hilfe allgemein zugänglicher Berechnungsprogramme oder durch amtliche Auskünfte. Die den genannten Urteilen zugrundeliegenden Fallgestaltungen unterscheiden sich erheblich von der hier vorliegenden. In der Entscheidung des BSG vom 03.12.2009 ging es nicht um die Frage des Ob und des Umfangs des bezogenen Einkommens, sondern um die rechtliche Bewertung von der Klägerin zugeflossenem Einkommen, nämlich um die Frage, ob die zugeflossene Umsatzbeteiligung als sonstiger Bezug oder als laufender Arbeitslohn anzusehen ist. In dem dem Urteil des BSG vom 20.05.2014 zugrundeliegenden Sachverhalt war eine Überzahlung des Vormonats im folgenden Monat durch Aufrechnung des Beklagten bei einer Beamtin ausgeglichen worden. Auch hier ergeben sich die Überzahlung und die Aufrechnung betragsmäßig aus den Gehaltsmitteilungen. Dem Einwand, es würden hier fiktive Steuern berücksichtigt, ist das BSG mit dem Hinweis entgegen getreten, dass die auf die durch Aufrechnung erloschenen Gehaltsansprüche entfallenen Steuern tatsächlich entrichtet wurden, zwar nicht in den für die Berechnung des Elterngeldes maßgebenden Kalendermonaten, sondern schon in der Zeit davor, als der Klägerin zu Unrecht überhöhte Gehaltszahlungen geleistet wurden. Das BEEG mache es jedoch nicht zur Voraussetzung für die Berücksichtigung von Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit, dass auch die Abführung der Lohnsteuer im Bemessungszeitraum erfolgt ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 18.08.2011, Az.: B 10 EG 5/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr. 11 Rdnrn. 28 ff.). Dementsprechend kann auch in der vorliegenden Fallgestaltung der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, dass sie die Sitting-Provisionen erst später versteuert hat. Im Unterschied zu den genannten Entscheidungen des BSG gibt es vorliegend aber überhaupt keine Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Sitting-Provisionen von 2,50 € bzw. 3,- € netto je fotografiertes Sitting (vgl. Nr. 5 des Anstellungsvertrages vom 06.08.2005).

Der Beklagte und ihm folgend das Sozialgericht hat sich daher zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass mangels Vorliegen von - diesbezüglichen - monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers die Nettoprovisionen nicht zu berücksichtigen sind. Es bestehen nämlich keine ausreichenden anderweitigen Erkenntnisquellen, die trotz Fehlens von Bescheinigungen des Arbeitgebers eine nachvollziehbare Einkommensermittlung erlauben. Dies gilt zunächst für die von der Klägerin selbst gefertigte Aufstellung der bar eingenommenen Sitting-Provisionen von Januar 2008 bis November 2008, die der Steuerberater der Klägerin zu einer Musterberechnung verwertet hat, in- dem er den Nettoauszahlungsbeträgen gemäß Bestätigung des Arbeitgebers die Nettoprovisionen gemäß Aufstellung der Klägerin hinzu addiert hat und diese dann gemäß den geltenden steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften auf den Bruttolohn hinauf gerechnet hat.

Die Aufstellung des Steuerberaters beruht hinsichtlich der Sitting-Provisionen ausschließlich auf den eigenen Angaben der Klägerin. Diese stellen für sich alleine keine ausreichende Erkenntnisquelle für das Einkommen der Klägerin dar. Eine vollständige Ersetzung der monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen durch Eigenangaben des Arbeitnehmers ist nach Auffassung des Senats im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung nicht möglich. Vorliegend kommt hinzu, dass die korrekte Erstellung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zwar originäre Aufgabe des Arbeitgebers ist, es aber auch im wohlverstandenen Interesse des Arbeitnehmers liegt, diese Bescheinigungen zumindest zur Kenntnis zu nehmen, um offensichtliche Unrichtigkeiten zu erkennen und in der Folge Nachteile bei der Berechnung von Sozialleistungen und eventuell strafrechtlich relevantes Verhalten zu vermeiden. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die Klägerin Monat für Monat über mehr als ein Jahr hinweg die Falschheit der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen ihres Arbeitgebers nicht erkannt hat, zumal die Sitting-Provisionen nach ihren Angaben einen erheblichen Teil ihres Einkommens ausmachen, in einigen Monaten nahezu 50%. Jedenfalls liegt bei der Klägerin eine grob fahrlässige Unkenntnis der Falschheit der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers vor, die mit dazu beigetragen hat, dass keine ausreichende Grundlage für die Berücksichtigung der Sitting-Provisionen bei der Elterngeldberechnung besteht.

Ausreichende Erkenntnisse ergaben sich auch nicht aus der Arbeitgeberbescheinigung über den Zeitraum 2008 bis September 2009, die der frühere Arbeitgeber der Klägerin gegenüber der Bundesagentur für Arbeit im Zusammenhang mit Geldleistungen nach dem SGB III (§ 312 SGB III) übersandt hat. Die darin aufgeführten Beträge, die nach dem Formblatt - anders als die Aufstellung des Steuerberaters - auch Einmalzahlungen beinhalten, stimmen in keinem einzigen Monat mit den Bruttoberechnungen des Steuerberaters überein, weichen in den Monaten 2008 bis November 2008 aber jeweils nur um geringfügige Eurobeträge von den Berechnungen des Steuerberaters ab, ab dem Monat Dezember 2008 sind die Abweichungen dagegen erheblich, hier hat der frühere Arbeitgeber der Klägerin die Nettoprovisionen wohl entweder gar nicht oder nur in ganz geringem Umfang in die Arbeitgeberbescheinigung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen.

Die Arbeitgeberbescheinigung ist auch für sich alleine nicht geeignet, als Grundlage für die Elterngeldberechnung der Klägerin zu dienen. Darin wird lediglich das beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt vom 01.08.2008 bis 13.09.2009 angegeben, wobei dieses nicht näher spezifizierte Einmalzahlungen enthält.

Insgesamt besteht daher keine tragfähige Grundlage für die Berücksichtigung der Sitting-Provisionen bei der Berechnung des Elterngeldes der Klägerin.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

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(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkomme

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(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung), insbesondere

1.
die Art der Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers,
2.
Beginn, Ende, Unterbrechung und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und
3.
das Arbeitsentgelt und die sonstigen Geldleistungen, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat;
es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 1. Für Zwischenmeisterinnen, Zwischenmeister und andere Auftraggeber von Heimarbeiterinnen und Heimarbeitern gilt Satz 1 entsprechend.

(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.

(4) (weggefallen)

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung), insbesondere

1.
die Art der Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers,
2.
Beginn, Ende, Unterbrechung und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und
3.
das Arbeitsentgelt und die sonstigen Geldleistungen, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat;
es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 1. Für Zwischenmeisterinnen, Zwischenmeister und andere Auftraggeber von Heimarbeiterinnen und Heimarbeitern gilt Satz 1 entsprechend.

(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.

(4) (weggefallen)

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Soweit dieses Gesetz zum Elterngeld keine ausdrückliche Regelung trifft, ist bei der Ausführung des Ersten, Zweiten und Dritten Abschnitts das Erste Kapitel des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden.

(2) § 328 Absatz 3 und § 331 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes der Klägerin.

2

Die Klägerin war nach einer Erziehungszeit für ein älteres Kind ab Juni 2006 wieder in einer Arztpraxis abhängig beschäftigt. Am 20.2.2007 gebar sie ihre Tochter R. Aus Anlass der Geburt bezog sie als im Mutterschutzzeitraum nur Familienversicherte kein Mutterschaftsgeld. Seit Juli 2006 hatte der Arbeitgeber der Klägerin kein Gehalt mehr ausgezahlt und das Arbeitsverhältnis gekündigt. Ab 1.7.2006 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzklage kam es am 5.9.2007 zu einem Vergleich, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis mit dem Ende der Elternzeit der Klägerin beendet war und das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß bis zum Beginn der Elternzeit abgerechnet sowie entsprechende Beträge an die Klägerin ausgezahlt werden sollten. Die Nachzahlung der Gehälter für Juli 2006 bis Januar 2007 einschließlich "Zuschuss zum Mutterschaft" für die Monate Januar bis März 2007 an die Klägerin erfolgte im Oktober 2007. Für "2006" bescheinigte der Arbeitgeber einen Bruttoarbeitslohn von 14 888,70 Euro.

3

Auf den Leistungsantrag der Klägerin gewährte ihr der beklagte Freistaat mit Bescheid vom 28.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.9.2007 Elterngeld in Höhe des Grundbetrages von 300 Euro monatlich für zwölf Monate. Im Bemessungszeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 sei anrechenbares Einkommen nur im Monat Juni 2006 vorhanden. Die Gehaltsnachzahlung sei nicht im Bemessungszeitraum zugeflossen und daher nicht zu berücksichtigen.

4

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG) hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, "Elterngeld berechnet nach dem Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit in den maßgeblichen zwölf Monaten vor Beginn der Gewährung von Elterngeld zu zahlen". Das SG hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Elterngeld unter Zugrundelegung eines Bruttoeinkommens aus nicht selbstständiger Arbeit für den Zeitraum von Juni 2006 bis Dezember 2006 in Höhe von 14 888,70 Euro unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Abzüge sowie der Anrechnungsvorschrift des § 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu gewähren(Urteil vom 3.7.2008).

5

Dieses Urteil ist vom Beklagten mit der Berufung angefochten worden. Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat es aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.5.2010). Diese Entscheidung ist auf folgende Erwägungen gestützt:

Nach § 2 BEEG sei das der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legende Einkommen nach Maßgabe des Steuerrechts zu bestimmen. Bemessungsentgelt seien damit die steuerrechtlichen Einkünfte in den in § 2 Abs 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten Einkunftsarten, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Maßgebend für die Frage der Steuerpflicht im Allgemeinen und ihrer zeitlichen Zuordnung im Besonderen seien zunächst die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts. Nach § 11 Abs 1 EStG seien Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Das sei im Fall der Gehaltsnachzahlungen an die Klägerin der Monat Oktober 2007. Für Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit verweise § 11 Abs 1 Satz 4 EStG jedoch auf die spezielleren Regelungen der §§ 38a Abs 1 Sätze 2 und 3, 39, 40 Abs 3 Satz 2 EStG über den Lohnsteuerabzug. Insoweit existierten zwei lohnsteuerrechtliche Durchbrechungen des Zuflussprinzips im Kalenderjahr der Zahlung.

6

Durch eine Anwendung des § 38a Abs 1 Sätze 1 und 2 EStG, der die kalenderjährliche Ausrichtung der Einkommensteuer im Blick habe, komme es im Zusammenhang mit der Elterngeldberechnung in einer nicht am Kalenderjahr ausgerichteten Zwölfmonatsbetrachtung zu nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes ungewollten Verwerfungen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe daher in seinem Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG vorgenommen, indem es den Begriff der sonstigen Bezüge auf klassische Einmalzahlungen reduziert habe. Zudem habe es aus dem Verweis auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG geschlossen, dass dessen Sätze 1 und 2 keine Anwendung fänden. Damit seien die Durchbrechungen des Zuflussprinzips durch die speziellen Regelungen des Lohnsteuerabzugs elterngeldrechtlich nicht anwendbar. Dies beziehe sich auch auf § 38a Abs 1 Satz 2 EStG, der auch Jahre später zugeflossenen laufenden Arbeitslohn zeitlich dem Lohnzahlungszeitraum zuordne, für den er hätte gezahlt werden müssen.

7

Damit müsse elterngeldrechtlich in Übereinstimmung mit dem in § 11 Abs 1 Satz 1 EStG enthaltenen Grundprinzip steuerlicher zeitlicher Zuordnung auf den tatsächlichen Zuflusszeitpunkt abgestellt werden, so dass die im Oktober 2007 zugeflossene Lohnnachzahlung nicht mehr dem Bemessungszeitraum zugeordnet werden könne. Die Nichteinbeziehung der nach Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße weder gegen Art 6 GG noch gegen Art 3 Abs 1 GG.

8

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts: Zu Unrecht ziehe das LSG aus der Vorschrift des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG, nach dem sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt werden, den Schluss, dass erzieltes Einkommen iS des § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG die nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts steuerpflichtigen Einkünfte der genannten steuerlichen Einkunftsarten seien, sofern es sich nicht um sonstige Bezüge handele. Soweit das LSG weiter ausführe, dass die Regelungen des Einkommens- und Lohnsteuerrechts maßgebend seien, stelle sich die Frage, ob dies im Rahmen des BEEG zutreffend sei, da dieses gerade nicht zum Steuerrecht gehöre. Soweit sich das LSG dann auf § 11 Abs 1 EStG beziehe, sei auf diese Vorschrift in § 2 BEEG über den Zufluss von Einnahmen nicht einmal verwiesen. Somit könne auch nicht lohnsteuerrechtlich argumentiert werden. Entscheidend könne nur sein, welcher Sinn und Zweck mit der Bezugnahme auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verfolgt sei. Das LSG verkenne hier, dass § 2 Abs 1 BEEG auf das erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit abstelle, nicht aber auf das ausgezahlte oder nach lohnsteuerrechtlichen Vorschriften oder Richtlinien als bezogen geltende Einkommen. Entscheidend sei, wie der Begriff "laufender Arbeitslohn" zu verstehen sei. Dies müsse unter Berücksichtigung des Zwecks des Elterngeldes als Lohnersatzleistung erfolgen. Danach sei zwar erzieltes, aber nicht ausgezahltes Einkommen zu berücksichtigen. Die fehlende Berücksichtigung der nach dem Ende des Bemessungszeitraums zugeflossenen Lohnzahlungen verstoße nicht nur gegen den Wortlaut des Gesetzes, sondern auch gegen Art 6 GG sowie Art 3 GG.

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2010 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juli 2008 zurückzuweisen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält das angefochtene Urteil auch angesichts des Urteils des erkennenden Senats vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - für zutreffend. Ergänzend trägt er vor:

12

§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG stelle auf das "erzielte" monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit ab. Entgegen der Revision und entgegen dem Urteil des BSG vom 30.9.2010 sei dieser Begriff grundsätzlich anhand steuerlicher Grundsätze zu bestimmen. Hierzu gehörten die Grundsätze der steuerlichen Zuordnung nach dem Zufluss- bzw Realisationsprinzip. Dies folge aus dem Wortlaut des Gesetzes, der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Zielsetzung sowie dessen Systematik. Die allein an steuerrechtlichen Grundsätzen orientierte Einkommensermittlung diene insbesondere der Verwaltungspraxis, weil "im Regelfall" auf die vorliegenden Gehaltsbescheinigungen zurückgegriffen werden könne. Andernfalls müsse die Verwaltung entweder mit der Bewilligung des Elterngeldes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses abwarten oder vorläufig Elterngeld gewähren und dies später endgültig feststellen. Weiter müssten alle Gehaltsbescheinigungen im Bemessungszeitraum daraufhin geprüft werden, ob Nach- oder Überzahlungen für Zeiten vor dem Bemessungszeitraum enthalten seien.

13

Die Berücksichtigung nur derjenigen Einnahmen, die dem Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zur Verfügung gestanden haben, entspreche zudem der Konzeption des Elterngeldes als Leistung zum (teilweisen) Ersatz individueller Einkommensausfälle. Erst vor diesem Hintergrund ergebe sich die Funktionalität des § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG. Die Erstellung von Lohn- und Gehaltsbescheinigungen sei durch die Entgeltbescheinigungsrichtlinie standardisiert. Das Zusammenspiel der Regelungen zur Elterngeldberechnung und zur Berücksichtigung der Regelungen in § 2 Abs 7 Satz 4 und § 9 BEEG erfülle nur dann seine Funktion, wenn die Entgeltdaten aus den Bescheinigungen "grundsätzlich" übernommen werden könnten.

14

Systematisch spreche weiter für die Geltung des Zuflussprinzips, dass die anderen Einkunftsarten (Gewinneinkünfte), die bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen seien, ausschließlich nach steuerlichen Grundsätzen zu ermitteln seien. Nach § 2 Abs 8 Satz 2, Abs 9 Satz 1 BEEG sei ausschließlich der Zufluss maßgebend, auch wenn ein Geschäftspartner eine Rechnung vertragswidrig nicht bzw nicht in einem angemessenen zeitlichen Rahmen begleiche. Anders sei dies bei Bilanzierenden, bei denen das Realisationsprinzip Anwendung finde. Danach erfolge die Gewinnerzielung zu dem Zeitpunkt, in dem der Leistungsgeber seine Leistung erbracht habe, dh mit der Lieferung der Sache oder dem Abschluss der Dienstleistung.

15

Mit der Änderung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9.12.2010 habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass der elterngeldrechtliche und der steuerrechtliche Einkommensbegriff deckungsgleich seien. Hieraus lasse sich entnehmen, dass - anders als im Urteil des BSG vom 30.9.2010 (B 10 EG 19/09 R, RdNr 27) - das Zuflussprinzip anzuwenden sei. Soweit es das BSG in dem genannten Urteil (aaO, RdNr 35) für nicht angebracht halte, die Einkommensbemessung von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig zu machen, sei zu berücksichtigen, dass sich aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers ein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens ergeben könnte. Soweit Nachzahlungen als sonstige Bezüge zu behandeln seien und deswegen nicht im Rahmen der Elterngeldberechnung berücksichtigt würden, sei durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers ein Schaden entstanden.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist aufgrund der Zulassung durch das LSG statthaft und von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und entsprechend den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG begründet worden.

17

Die Revision der Klägerin ist zudem begründet. Verfahrenshindernisse aus den vorinstanzlichen Verfahren stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.

18

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens, der sich nach dem Umfang der angefochtenen Entscheidung des LSG sowie dem Revisionsantrag bestimmt, ist der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld unter Berücksichtigung der - zT nachträglichen - Gehaltszahlungen für die Monate Juni bis Dezember 2006. In diesem Umfang hatte das SG den Beklagten zur Zahlung von (höherem) Elterngeld verurteilt. Nach auf die Berufung des Beklagten erfolgter Aufhebung dieses Urteils und Klageabweisung erstrebt die Klägerin mit ihrer Revision - zutreffend - die Wiederherstellung des Urteils des SG. Einen darüber hinausgehenden Anspruch - etwa auf zusätzliche Berücksichtigung des Gehalts für Januar 2007 bei der Berechnung des Elterngeldes - könnte sie nicht geltend machen, denn sie hat das Urteil des SG, soweit es für sie nicht begünstigend war, hingenommen.

19

Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Die Verpflichtung des Beklagten ist insoweit auf die Zahlung des Betrages begrenzt, der den von ihm bewilligten Leistungsbetrag von monatlich 300 Euro übersteigt.

20

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für das erste Lebensjahr ihrer am 20.2.2007 geborenen Tochter richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Er ergibt sich dem Grunde nach aus § 1 BEEG. Danach hat Anspruch auf Elterngeld, wer

        

    

1. seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

        

   

2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

        

    

3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und

        

 

4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

21

Zu diesen Tatbestandsmerkmalen haben die Vorinstanzen im Einzelnen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Das LSG hat lediglich pauschal ausgeführt, dass die Klägerin die in § 1 BEEG genannten Voraussetzungen "unstreitig" erfüllt, nicht jedoch, dass es selbst von deren Erfüllung überzeugt ist(vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 163 Nr 1; SozR 4-2700 § 8 Nr 12). Da der Beklagte das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Erteilung seines Bescheides vom 28.3.2007 angenommen hat und sich aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten für das LSG ersichtlich keine Zweifel daran ergaben, legt der Senat den entsprechenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde. Danach hat die Klägerin dem Grunde nach Anspruch auf Elterngeld, zumal auch ein ordnungsgemäßer Antrag (vgl § 7 BEEG) vorliegt.

22

Der Klägerin steht Elterngeld in der Höhe zu, wie es sich aus dem Urteil des SG ergibt. Die Höhe bestimmt sich nach § 2 BEEG. Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift (idF vom 5.12.2006) sieht vor, dass Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich "erzielten" monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt wird, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG bleiben bei der Bestimmung des zwölfmonatigen Bemessungszeitraums Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person ua Mutterschaftsgeld bezogen hat.

23

Der nach diesen Vorschriften für die Berechnung des Elterngeldes maßgebende Zeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt (am 20.2.2007) erstreckt sich hier eigentlich von Februar 2006 bis Januar 2007. Das SG hat jedoch zur Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin bis Dezember 2006 verurteilt, also den Monat Januar 2007 unberücksichtigt gelassen. Ob dies zutreffend ist, weil die Klägerin möglicherweise iS des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG - erst im Oktober 2007 - rückwirkend ab Januar 2007 "Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung" bezogen hat, kann dahinstehen. Da die Klägerin vor Juni 2006 kein Einkommen gehabt hat, geht die Nichtberücksichtigung des Monats Januar 2007 zu ihren Lasten. Dabei muss es verbleiben. Denn das insoweit für die Klägerin ungünstige Urteil des SG ist allein vom Beklagten angefochten worden. Entsprechendes gilt auch für die Nichtanwendung des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG auf die von der Klägerin bis Mai 2006 zurückgelegte Erziehungszeit(s dazu Urteil des erkennenden Senats vom 18.8.2011 - B 10 EG 10/10 R -).

24

Gemäß § 2 Abs 1 Satz 2 BEEG ist bei der Bemessung des Elterngeldes als - nach Satz 1 erzieltes - Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte ua aus nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Da bei der Klägerin allein Arbeitsentgelt (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 EStG) in Betracht kommt, ist § 2 Abs 7 BEEG maßgebend. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit 1/12 des Pauschbetrages nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen.

25

Zu § 2 Abs 1 und 7 BEEG hat der erkennende Senat bereits entschieden(Urteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6), dass für die Bemessung des Elterngeldes als erzielt nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist. Arbeitsentgelt ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es erarbeitet und für den es tatsächlich gezahlt wurde. Das durch die Arbeitsleistung oder durch das Anbieten der Arbeitsleistung erarbeitete und erst verspätet gezahlte Arbeitsentgelt ist in diesem Zeitraum erzielt. Für dieses Begriffsverständnis spricht - auch aus heutiger Sicht - der Umstand, dass dem Gesetzgeber des BEEG der von der langjährigen Rechtsprechung des BSG im Zusammenhang mit den Lohnersatzleistungen des Sozialversicherungsrechts erkannte Inhalt des Begriffs des Erzielens bekannt war, er ihn gleichwohl in § 2 Abs 1 BEEG verwendet und zugleich gerade nicht auf den das steuerrechtliche Zuflussprinzip regelnden § 11 EStG Bezug genommen hat(s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO RdNr 27 mwN).

26

Die vom Beklagten mit der Revisionserwiderung vorgetragenen Einwände überzeugen, auch soweit sie nicht schon im Urteil des BSG vom 30.9.2010 behandelt worden sind, nicht: Das Zuflussprinzip gehört nicht zum steuerrechtlichen Einkommensbegriff des § 2 Abs 4 EStG. Seine Regelung hat es vielmehr in § 11 EStG gefunden, auf den im BEEG nicht verwiesen wird. § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG erlaubt nur in der Regel die Übernahme der Angaben des Arbeitgebers in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung. Eine - wie hier - verspätet erfolgte Auszahlung des Arbeitsentgelts ist gerade nicht der Regelfall. Die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes ist in § 8 Abs 3 BEEG ausdrücklich vorgesehen. Sie genügt in derartigen Ausnahmefällen auch einer verwaltungspraktikablen Handhabung. Der Lebensstandard eines Menschen wird durchaus nicht nur durch die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Geldmittel bestimmt, sondern auch durch das bereits erarbeitete Entgelt, das erst nachträglich gezahlt wird. Die Gewinnermittlung bei Selbstständigen ist gesondert zu sehen, ohne dass daraus zwingend Rückschlüsse auf die Einkommensermittlung abhängig Beschäftigter zu ziehen sind. Insbesondere wäre der Umstand, dass bei Selbstständigen die Gewinneinkünfte ausschließlich nach steuerrechtlichen Prinzipien und damit nach dem tatsächlichen Zufluss zu bestimmen sind, kein Grund, die Nachzahlung von Gehalt bei abhängig Beschäftigten in gleicher Weise zu handhaben. Es bestehen insoweit maßgebliche Unterschiede, als bei abhängig Beschäftigten die regelmäßige und pünktliche Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber der Regelfall ist, während es bei Selbstständigen als Regelfall angesehen werden muss, dass die Bezahlung von Rechnungen durch verschiedene Schuldner unregelmäßig erfolgt.

27

Nach § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG(idF vom 5.12.2006) werden sonstige Bezüge iS von § 38a Abs 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen berücksichtigt. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall weiterhin anwendbar, nicht jedoch deren zum 1.1.2011 erfolgte Neufassung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBegleitG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885). Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts ist die letztgenannte Norm nicht auf Sachverhalte anzuwenden, die vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossen waren. Das ist im vorliegenden Verfahren der Fall, denn der Elterngeldzahlungszeitraum war schon im Jahre 2008 beendet. Ob § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF ab 1.1.2011 auf Leistungsfälle einwirken kann, die bei seinem Inkrafttreten noch nicht abgeschlossen waren (vgl dazu BSG Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 12/03 R - SozR 4-2700 § 70 Nr 1), oder aber nach dem sog Leistungsfallprinzip nur auf Ansprüche auf Elterngeld aus Anlass von Geburten ab seinem Inkrafttreten Geltung beansprucht (s dazu BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1, RdNr 20; Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr 4, RdNr 14), muss aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden werden.

28

Zu § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 ist der Senat in seinem Urteil vom 30.9.2010 (aaO) davon ausgegangen, dass es sich bei der infolge nachträglicher Vertragserfüllung verspätet erfolgten Nachzahlung von Arbeitslohn elterngeldrechtlich nicht um einen sonstigen Bezug iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG handelt. Diese Vorschrift definiert als "sonstige Bezüge" Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Ergänzend dazu bestimmt R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 Lohnsteuer-Richtlinien 2007 (LStH 2007) die Nachzahlung von Arbeitslohn als sonstigen Bezug, wenn Arbeitslohn für Lohnabrechnungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf des Jahres zufließt. Danach wären die der Klägerin erst im Oktober 2007 tatsächlich zugeflossenen Gehälter für die Monate Juli bis Dezember 2006 als sonstige Bezüge anzusehen.

29

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats ist jedoch die am Jahresprinzip des § 2 Abs 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossener Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, im Rahmen des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG nicht zu übernehmen(BSG aaO, RdNr 22; davor BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 3/09 R - BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4, RdNr 37). Zu dieser Annahme sieht sich der Senat besonders deswegen veranlasst, weil § 2 Abs 7 Satz 1 und 2 BEEG ausdrücklich nur auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG verweist (sonstiger Bezug), auf die Vorschrift des § 11 EStG über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben, insbesondere den Zufluss von Leistungen(s § 11 Abs 1 EStG), indessen nicht. Diese Rechtsprechung beruht ferner auf der Überlegung, dass die Regelung der R 115 Abs 2 Nr 8 Satz 2 LStH 2007 lediglich dazu führt, dass der für das abgelaufene Kalenderjahr später als drei Wochen nach dessen Ablauf zugeflossene Arbeitslohn dem folgenden Kalenderjahr zuzuordnen und entsprechend lohnsteuermäßig zu behandeln ist (§ 38a Abs 1 Satz 3 und § 38a Abs 3 Satz 2 EStG). Auch diese "sonstigen Bezüge" unterliegen danach der Besteuerung. Demgegenüber führt die Anwendung dieser spezifisch lohnsteuerrechtlichen Regelungen im Elterngeldrecht in vielen Fällen - so auch vorliegend - zu einer vollständigen Nichtberücksichtigung solcher Zahlungen, die tatsächlich im Bemessungszeitraum vor der Geburt "erzielt", also erarbeitet (s BSG Urteil vom 30.9.2010, aaO, RdNr 26) worden sind. Dieses Ergebnis ist, wie der erkennende Senat ebenfalls im genannten Urteil entschieden hat, mit Wortlaut ("erzielen") und Systematik des BEEG sowie mit Sinn und Zweck des Elterngeldes nicht vereinbar (BSG aaO, RdNr 27 ff). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung anhand der vom Beklagten und vom LSG geäußerten Kritik fest.

30

Bei rein steuerrechtlicher Betrachtung kann nachträglich ausgezahlter Arbeitslohn nicht immer dem - längst abgelaufenen - Bemessungszeitraum zugeordnet werden. Zu diesem Ergebnis gelangt man nur, wenn man, wie es der erkennende Senat in den Urteilen vom 3.12.2009 (aaO) und 30.9.2010 (aaO) getan hat, die spezifisch auf das lohnsteuerrechtliche Jahresprinzip zugeschnittenen Regelungen, wonach später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres ausgezahlter Arbeitslohn als sonstiger Bezug dem Folgejahr zuzuordnen ist, im Bereich des Elterngeldrechts nicht anwendet. Sonst wäre die Berücksichtigung von für das abgelaufene Kalenderjahr nachträglich ausgezahltem Arbeitsentgelt im Rahmen des § 2 Abs 1 BEEG nur möglich, wenn die Nachzahlung innerhalb der ersten drei Wochen des Folgejahres erfolgt ist.

31

Entgegen der Auffassung des LSG hat das BSG in seinem Urteil vom 3.12.2009 (aaO) auch keineswegs den Begriff der sonstigen Bezüge nicht auf "klassische Einmalzahlungen" reduziert. Es hat vielmehr lediglich - umgekehrt - entschieden, dass neben dem monatlichen Grundgehalt regelmäßig wiederkehrend mehr als einmal im Jahr gezahlte Umsatzbeteiligungen nicht als sonstige Bezüge iS des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG, sondern als laufender Arbeitslohn anzusehen sind. Auch die weiteren Überlegungen des LSG in diesem Zusammenhang überzeugen nicht. Die vom LSG angenommene Unanwendbarkeit des § 38a Abs 1 Satz 2 EStG im Elterngeldrecht führt keineswegs dazu, dass man verspätet ausgezahlten Arbeitslohn nicht dem Zeitraum zuordnen kann, für den er hätte gezahlt werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Wie das BSG bereits dargelegt hat (Urteil vom 3.12.2009, aaO, RdNr 36) ist § 38a Abs 1 Satz 2 EStG in Zusammenhang mit den Vorschriften des § 39b Abs 5 EStG über die Durchführung des Lohnsteuerabzugs zu sehen. "Jahre später" zugeflossener Arbeitslohn wird nach § 38a Abs 1 Satz 2 EStG gerade nicht dem Lohnzahlungszeitraum, also dem Zeitraum, für den der laufende Arbeitslohn gezahlt wird, zugeordnet, denn § 38a Abs 1 Satz 2 EStG erfasst nur den laufend, also ordnungsgemäß und regelmäßig, gezahlten Arbeitslohn. Später als drei Wochen nach Ablauf des "Lohnzahlungszeitraums" tatsächlich gezahlter Arbeitslohn wird steuerrechtlich in dem Lohnabrechnungszeitraum, also später, erfasst (s BSG aaO).

32

Eine Aufgabe der gefestigten Rechtsprechung (BSG Urteile vom 3.12.2009, aaO und 30.9.2010, aaO) ist auch angesichts der zum 1.1.2011 erfolgten Neufassung des Satzes 2 des § 2 Abs 7 BEEG durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) vom 9.12.2010 (BGBl I 1885) nicht geboten. § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG lautet seit dem 1.1.2011 (s Art 24 HBeglG 2011): "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Dem Beklagten ist zuzugeben, dass es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankommt. Für - wie vorliegend - erst später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres im Folgejahr erfolgte Gehaltsnachzahlungen bedeutet dies, dass sie für die Bemessung des Elterngeldes unberücksichtigt zu bleiben haben.

33

Diese Regelung wirkt sich nicht auf die Auslegung des hier anwendbaren § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG idF vom 5.12.2006 aus. Nach der für den Gesetzentwurf gegebenen Begründung der Bundesregierung (BT-Drucks 17/3030, S 48 zu Nr 1 - § 2 - zu Buchst c - Abs 2 - zu Buchst bb - Satz 2 -) "dient die Neufassung des Satzes 2 zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen iS des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Abs 1 Satz 3 und § 39b EStG als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden)". Insbesondere der ausdrückliche Hinweis auf die bisherige Rechtslage erhellt, dass es sich bei der Neufassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG aus der Sicht der Bundesregierung um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes handelt, also um eine neue Regelung, die die bisherige ersetzt und nicht lediglich deren Inhalt verdeutlicht.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

(1) Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung), insbesondere

1.
die Art der Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers,
2.
Beginn, Ende, Unterbrechung und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und
3.
das Arbeitsentgelt und die sonstigen Geldleistungen, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat;
es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 1. Für Zwischenmeisterinnen, Zwischenmeister und andere Auftraggeber von Heimarbeiterinnen und Heimarbeitern gilt Satz 1 entsprechend.

(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.

(4) (weggefallen)

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.