Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Sept. 2016 - L 10 AL 75/16

bei uns veröffentlicht am21.09.2016
vorgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 10 AL 75/16, 08.03.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I. des Tenors des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 08.03.2016 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid vom 25.11.2014, mit dem die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 festgestellt hat, wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 zu zahlen.

II.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 im Hinblick auf die Gewährung einer Entlassungsentschädigung.

Der 1956 geborene Kläger war seit 40 Jahren bei der Firma C. (K) beschäftigt. Nach seiner Ausbildung zum Universalfräser war er als Facharbeiter in der mechanischen Fertigung eingesetzt und wechselte zum 01.08.1981 in die Abteilung Fertigungskontrolle. Ab 01.01.1999 war er als Kontrolleur in der Abteilung Wareneingang und innerbetrieblicher Transport tätig. Nach einer tariflichen Sonderregelung für den Betrieb der K vom 13.11.2012 war u. a. ein Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bis zum 30.06.2015 vereinbart. Am 17.04.2014 schloss der Kläger mit K einen Aufhebungsvertrag, worin eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.11.2014 sowie die Zahlung einer Abfindung i. H. v. insgesamt 99.207,00 € vereinbart wurde. Es erging der Hinweis, dass damit eine ansonsten erforderliche betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Beendigungszeitpunkt vermieden werde. Der Kläger wurde unter Anrechnung des Resturlaubs sofort von der Arbeitsleistung freigestellt. Am 22.04.2014 stimmten die Tarifvertragsparteien jeweils einer betriebsbedingten bzw. ordentlichen Kündigung des Klägers zu. Weiter wurde für den Betrieb der K am 30.04.2014 ein Sozialtarifvertrag geschlossen, wonach u. a. die tarifliche Sonderregelung vom 13.11.2012 aufgehoben wurde. Von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer, die nicht das Freiwilligenprogramm in Anspruch genommen hatten, wurde eine Abfindung in bestimmter Höhe abhängig vom Brutto-Monatsverdienst und der Dauer der Betriebszugehörigkeit zugesichert.

Der Kläger meldete sich am 11.11.2014 zum 01.12.2014 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. K bescheinigte gegenüber der Beklagten eine maßgebende Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Schluss eines Kalendermonats. Die Beklagte stellte hierauf mit Bescheid vom 25.11.2014 das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen der Zahlung einer Entlassungsentschädigung für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 fest und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 unter Beachtung des Ruhenszeitraums Alg für die Zeit vom 18.04.2015 bis 17.04.2017 i. H. v. 52,01 € täglich. Der Widerspruch des Klägers wegen der Ablehnung der Zahlung von Alg für den Ruhenszeitraum wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 zurückgewiesen. Zwar bestehe kein besonderer Kündigungsschutz nach § 8 Ziffer 2 Abs. II des Manteltarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (MTV), da nach Auskunft der K für jeden eigentlich unkündbaren Arbeitnehmer die Zustimmung zur Nichtbeachtung des Kündigungsschutzes eingeholt worden sei. K habe aber den Kläger nach einer Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung nur bei Zahlung einer Abfindung ordentlich kündigen können, so dass er so zu behandeln sei, als betrage die Kündigungsfrist zwölf Monate. Diese Frist sei nicht eingehalten worden, weshalb der Anspruch auf Alg bis 17.04.2015 ruhe.

Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgerichts Würzburg (SG) erhoben. Die Tarifvertragsparteien hätten ihre Zustimmung zur Beendigung des eigentlich alters- und betriebsbedingt unkündbaren Arbeitsverhältnisses ausdrücklich ohne Bedingung erklärt, was aufgrund der Tarifautonomie möglich sei. Damit sei eine Kündigung auch ohne die Zahlung einer Abfindung möglich gewesen. Mit dem Abschluss seines Aufhebungsvertrages sei eine betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Zeitpunkt vermieden worden. Dies sei den Veränderungen im Mediensektor geschuldet gewesen, die zu massiven Verlusten und Arbeitsplatzabbau geführt hätten. Die entsprechenden Personalanpassungsmaßnahmen hätten seinen Arbeitsplatz betroffen. Diese stellten eine unternehmerische Organisationsentscheidung dar. Seine Stelle sei dauerhaft weggefallen, was auch eine fehlende Wiederbesetzung zeige, und es habe auch keine anderweitige sinnvolle Einsatzmöglichkeit bestanden. Insofern sei er auch umgehend von seiner Arbeitsleistung freigestellt worden. Wegen der tariflichen Unkündbarkeit habe jedenfalls eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist - deren Länge sieben Monate betragen hätte - gedroht. Selbst kraft Tarifvertrag hätte dieses Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen werden können. Seine Abfindung habe er für die jahrelange Betriebstreue erhalten.

Darauf hat die Beklagte erwidert, der Kläger sei aufgrund seines Alters und der Betriebszugehörigkeit nach § 8 Ziffer 2 Abs. III MTV grundsätzlich nur noch aus wichtigem Grund kündbar gewesen. Unabhängig davon habe die tarifvertragliche Sonderregelung vom 13.11.2012 eine Beschäftigungssicherung für alle Arbeitnehmer enthalten, die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages fielen. Diese habe bis 30.06.2015 gegolten, so dass in diesem Zeitraum betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen gewesen seien. Der Aufhebungsvereinbarung vor dem 30.04.2014 würden keine einzelfallbezogenen Zustimmungen zugrunde liegen, da erst mit dem Sozialtarifvertrag die zuvor getroffene Sonderregelung ihre Wirksamkeit verloren habe. Gleichzeitig habe § 10 Nr. 2 und 5 des Sozialtarifvertrags vorgesehen, dass eine Kündigung oder der Abschluss eines Aufhebungsvertrages nur gegen eine Entlassungsentschädigung möglich sei.

Auf Anfrage des SG hat K mitgeteilt, aufgrund der Rückmeldungen der Tarifvertragsparteien habe eine Zustimmung zu einer betriebsbedingten Kündigung vorausgesetzt werden können. Dies habe sich durch die nachträgliche Zustimmung bestätigt. Damit wäre mit der hypothetischen Kündigung das Arbeitsverhältnis zum selben Zeitpunkt beendet worden wie mit dem Aufhebungsvertrag. Die vom Kläger ursprünglich besetzte Stelle sei in Bezug auf die Funktion des Vorarbeiters ersatzlos weggefallen. Bisherige Aufgaben, wie beispielsweise die Personaleinsatzplanung, seien den zuständigen Meistern übertragen worden und operative Wareneingangstätigkeiten würden bei deutlich reduziertem Warenvolumen von der reduzierten Wareneingangsmannschaft erledigt. Bis zum 31.08.2015 seien weitere fünf Stellen im ehemaligen Bereich des Klägers betriebsbedingt entfallen. Eine Prüfung sowohl durch die Unternehmensleitung als auch den Betriebsrat habe ergeben, dass ein Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz, den vorhandenen Fähigkeiten entsprechend oder nach vertretbarer Qualifizierungsmaßnahme, nicht möglich gewesen wäre. Der Kläger habe seit über 30 Jahren nicht mehr in seinem erlernten Beruf an einer Werkzeugmaschine gearbeitet und das Fertigungsverfahren habe sich zu CNC-gesteuerten Bearbeitungszentren hin entwickelt, so dass eine Anpassungsqualifizierung bzw. Umschulung notwendig gewesen wäre, die ca. zwei Jahre in Anspruch genommen hätte. Dies sei im Hinblick auf die Dauer nicht als sinnvoll erschienen. Andere Stellen der Vorarbeiter innerhalb der Fertigung und Montage seien aufgrund unterschiedlicher fachlicher Gesichtspunkte nicht vergleichbar.

Mit Urteil vom 08.03.2016 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.11.2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.12.2014 „bzw.“ des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 zur Zahlung von Alg auch für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 verurteilt. Der Anspruch auf Alg habe in dieser Zeit nicht geruht. Zwar sei der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages ordentlich unkündbar gewesen, eine Kündigung mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist sei aber vorliegend durch K außerordentlich möglich gewesen. Eine solche Kündigung sei auch tarifvertraglich nicht ausschließbar. Die Stelle des Klägers sei ersatzlos entfallen und würde jetzt vom zuständigen Meister ausgeführt. Bei allen betroffenen Mitarbeitern sei sowohl von K als auch vom Betriebsrat geprüft worden, ob ein Einsatz an einem anderen Arbeitsplatz entsprechend den Fähigkeiten oder nach Durchführung vertretbarer Qualifizierungsmaßnahmen möglich gewesen wäre. Dies sei beim Kläger nicht der Fall gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers geführt habe, unsachlich, unvernünftig oder willkürlich gewesen wäre. Das Rationalisierungsprogramm sei tatsächlich umgesetzt worden und ein anderer Einsatz des Klägers im Unternehmen nicht mehr möglich gewesen. Die Durchführung von Umschulungsmaßnahmen oder ähnlichem sei K nicht zumutbar gewesen und damit der außerordentlichen Kündigung nicht vorrangig. Die voraussichtliche Umschulungsdauer von zwei Jahren hätte sowohl die ordentliche Kündigungsfrist von sieben Monaten als auch eine Frist von einem Jahr bei weitem überstiegen. Bei Abschluss des Aufhebungsvertrages am 17.04.2014 wäre daher eine rechtmäßige außerordentliche Kündigung möglich gewesen, die K alternativ ausgesprochen hätte. Die fiktiv einzuhaltende Kündigungsfrist der ordentlichen Kündigung habe nach § 8 Ziffer 2 Abs. II MTV sieben Monate betragen. Nicht einschlägig sei dagegen die Vorschrift des § 158 Abs. 1 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach eine fiktive Kündigungsfrist von einem Jahr zugrunde zu legen sei, da ein verbindlicher Abfindungsanspruch erst durch den Sozialtarifvertrag vom 30.04.2014 und damit nach dem Abschluss des maßgeblichen Aufhebungsvertrages geschaffen worden sei. Zudem sei bei einer Konkurrenzsituation zwischen § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III einerseits und § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 2. Alt. SGB III andererseits auf die kürze Frist abzustellen.

Dagegen hat die Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Eine betriebsbedingte außerordentliche Kündbarkeit des Klägers habe nicht vorgelegen. Eine entsprechende Kündigung mit Auslauffrist sei nur möglich, wenn eine Weiterbeschäftigung bis zum Renteneintrittsalter unzumutbar sei. Diesbezüglich liege die Darlegungslast beim Arbeitgeber. Dieser müsse dartun, dass er alle nur irgendwie zumutbaren Alternativen geprüft habe, und dass eine tatsächliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu anderen Arbeitsbedingungen ausgeschlossen oder unzumutbar sei. Dies lasse sich dem Schreiben der K vom 30.12.2015 nicht entnehmen. Zwar sei der konkrete Arbeitsplatz des Klägers ggf. weggefallen, es sei jedoch aus den Angaben der K nicht ersichtlich, dass damit auf Dauer ein unzumutbares, sinnentleertes Arbeitsverhältnis entstanden sei. Der Verweis auf einen massiven Personalabbau in nahezu allen Bereichen und die Prüfung durch den Betriebsrat genüge einer substantiierten Darlegung des Fehlens jeglicher Beschäftigungsmöglichkeiten nicht. Eine entsprechende Anpassungsqualifizierung bzw. Umschulung mit anschließender Einsetzungsmöglichkeit sei nicht unzumutbar. Dem stehe die zweijährige Dauer nicht entgegen, da für Entgelt ohne Arbeitsleistung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine Höchstfrist von fünf Jahren vorstellbar sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.03.2016 aufzuheben und die Klage gegen die Bescheide vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ohne die Arbeitgebermaßnahmen wäre es zu einer Existenzbedrohung für das gesamte Unternehmen gekommen. Es habe keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestanden, weshalb er auch direkt nach dem Aufhebungsvertrag unter Fortzahlung des Lohnes freigestellt worden sei. Eine Umschulung sei für den Arbeitgeber unzumutbar gewesen. Der Kläger sei bereits 58 Jahre alt und eine erforderliche Neuausbildung hätte ca. drei Jahre in Anspruch genommen. Dazu wäre eine Einarbeitungszeit erforderlich gewesen. So wäre noch eine Einsatzfähigkeit von ca. einem Jahr bis zum Renteneintrittsalter verblieben. Dies wäre für K evident unzumutbar gewesen.

Auf Anfrage des Senats hat K mitgeteilt, das Jahr 2013 sei ein äußerst schwieriges Geschäftsjahr gewesen. Die bereits gegenüber dem Vorjahr reduzierte Umsatzplanung sei nochmals um ca. 200 Millionen Euro zurückgegangen, was insbesondere am Auftragsrückgang im klassischen Offset-Geschäft gelegen habe. Die Branche befinde sich bereits seit 2007 in einer Krise. So sei 2013 ein negatives Betriebsergebnis von 130,7 Millionen Euro erwirtschaftet worden. Im dritten Quartal habe man einen grundlegenden Konzernumbau vorgenommen und das Restrukturierungsprogramm … initiiert. Das Kerngeschäft mit Rollen- und Bogenmaschinen sei nachhaltig umstrukturiert und die Kapazitäten der neuen Realität angepasst worden. Dies habe auch das Standortkonzept Produktion betroffen, so dass in B-Stadt rund 160 Beschäftigte abgebaut worden seien. Dadurch sei die Stelle des Vorarbeiters ersatzlos entfallen. Personaleinsatzplanungen würden nun dem Meister übertragen. Die operativen Wareneingangstätigkeiten würden von der reduzierten Wareneingangsmannschaft bei deutlich reduziertem Warenvolumen erledigt. Im Bereich Wareneingang und innerbetrieblicher Transport seien weitere fünf Stellen entfallen, wobei diesbezüglich auch eine betriebsbedingte Kündigung habe ausgesprochen werden müssen. In allen Bereichen seien Personalanpassungen in nicht unerheblichem Maße vorgenommen worden. Eine der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit vergleichbare sei nicht vorhanden. So fehle ihm für die Fertigung und die Montage das zwingend notwendige spezialisierte Fachwissen. Eine entsprechende Qualifizierung sei nicht möglich. Der Kläger habe seit 1981 in der Fertigungskontrolle und seit 1999 in der Abteilung Wareneingang und innerbetrieblicher Transport gearbeitet. Damit sei er über 30 Jahre nicht mehr im fertigungsnahen Bereich eingesetzt gewesen. Auch die ursprüngliche Berufsausbildung als Universalfräser sei wegen der Fortentwicklung der Fertigungsverfahren nicht ausreichend. Eine Umschulungszeit würde mehr als zwei Jahre in Anspruch nehmen, da schon eine entsprechende Berufsausbildungszeit dreieinhalb Jahre betrage. Weiter sei von einer einjährigen Einarbeitungszeit auszugehen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Beklagte verurteilt, Alg auch für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 zu zahlen. Insoweit sind die Bescheide vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Streitgegenstand ist vorliegend die Zahlung von Alg für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015, die die Beklagte mit Bescheid vom 25.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 abgelehnt und insofern mit Bescheid vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 für diesen Zeitraum kein Alg bewilligt hat. Da der „Bewilligungsbescheid“ vom 25.11.2014 mit dem „Ruhensbescheid“ vom 25.11.2014 eine Einheit bildet - er setzt das festgestellte Ruhen des Anspruchs auf Alg leistungsrechtlich um -, ist auch dieser Gegenstand des Verfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225; Urteil vom 12.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 23; Urteil des Senats vom 22.04.2015 - L 10 AL 168/14). Damit war zur Klarstellung der Tenor des Urteils des SG vom 08.03.2016 entsprechend abzuändern und der „Bewilligungsbescheid“ vom 25.11.2014 mit einzubeziehen. Nicht Streitgegenstand ist dagegen der „Sperrzeitbescheid“ vom 25.11.2014, mit dem das Ruhen des Anspruchs auf Alg für die Zeit vom 18.04.2014 bis 10.07.2014 und die Minderung der Anspruchsdauer um 180 Tage festgestellt wurden, da dieser bereits mit Bescheid vom 08.12.2014 wieder aufgehoben worden ist.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Alg (auch) für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015. Ein Anspruch auf Alg setzt nach § 137 Abs. 1 SGB III Arbeitslosigkeit (Nr. 1), eine Arbeitslosmeldung (Nr. 2) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit (Nr. 3) voraus. Diese Voraussetzungen hat der Kläger für die Zeit ab dem 01.12.2014 dem Grunde nach unbestrittenermaßen erfüllt. Insofern hat die Beklagte auch Alg im Hinblick auf das am 01.12.2014 entstandene Stammrecht ab 18.04.2015 bewilligt.

Für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 hat der Anspruch auf Alg nicht geruht. Ein Anspruch auf Alg ruht, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (§ 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Nach § 158 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative SGB III beginnt die Frist mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei (1.) zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten, (2.) zeitlich begrenzten Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss - sofern hier in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung von „Abschluss“ die Rede war, handelte es sich um ein Redaktionsversehen, vgl. jetzt auch § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB III in der Fassung vom 18.07.2016 - der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre (§ 158 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Sofern dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden kann, so gilt nach § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III eine Kündigungsfrist von einem Jahr.

Vorliegend fehlt es an einer für ein Ruhen des Alg-Anspruchs erforderlichen vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 158 Abs. 1 SGB III. Für das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und K galt der Manteltarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie, nach dem die Kündigungsfrist für Arbeitnehmer nach 20 Beschäftigungsjahren sieben Monate zum Monatsende betrug (§ 8 Ziffer 2 Abs. II MTV). Ausgehend vom 17.04.2014, dem Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages, hätte das Arbeitsverhältnis demnach unter Einhaltung dieser Frist zum 30.11.2014 beendet werden können. Diese Frist ist auch maßgeblich, weil vorliegend die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne von § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 2. Alt. SGB III vorlagen.

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anderenfalls trotz vollständigen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (vgl. dazu mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BAG: BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 11 AL 13/12 R - SozR 4-4300 § 143a Nr. 2). Das SG ist in seiner Entscheidung zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen dafür ausgegangen, dass K im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages am 17.04.2014 zu einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist in diesem Sinne berechtigt gewesen ist und eine solche dem Kläger konkret gedroht hätte. Der Senat folgt insofern den Gründen der angefochtenen Entscheidung - mit Ausnahme der unten angesprochenen Dauer von Maßnahmen zur Weiterbeschäftigung, die dem Arbeitgeber zumutbar sind und eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausschließen können - und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist auszuführen, dass seitens K für den Senat konkret, substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen worden ist, dass ein auf Dauer unzumutbares, sinnentleertes Arbeitsverhältnis vorgelegen hätte, wäre das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht beendet worden. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist wäre vorliegend durch K möglich gewesen. Sie muss zwar regelmäßig das letzte Mittel darstellen und kommt deshalb nur in den Fällen des sog. sinnentleerten Arbeitsverhältnisses in Betracht, wenn also der Arbeitnehmer im Betrieb überhaupt nicht mehr mit sinnvoller Arbeit beschäftigt werden kann (vgl. dazu BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 379/12; Urteil vom 27.06.2002 - 2 AZR 367/01; Urteil vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97; Hexel/Bork in Henssler/Moll/Bepler, Der Tarifvertrag, 2. Auflage 2016, Teil 5 Nr. 21 Rn. 16). Sie kann aber auch nicht durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden (BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 379/12 - m. w. N.). Mit dem tarifvertraglichen Sonderkündigungsschutz wird nicht die Freiheit des Arbeitgebers eingeschränkt, Umstrukturierungen vorzunehmen, mit denen der Verlust von Arbeitsplätzen verbunden ist, er erhöht allerdings erheblich die Anforderungen an die Bemühungen, gleichwohl die - anderweitige - Beschäftigung des Arbeitnehmers zu ermöglichen (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 AZR 480/14 - m. w. N.).

Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wäre mit der Pflicht der K zur Gehaltszahlung bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters verknüpft gewesen, ohne dass dem in den nächsten Jahren eine entsprechende Arbeitsleistung gegenübergestanden hätte (vgl. hierzu auch BAG, Urteil vom 08.04.2003 - 2 AZR 355/02). Dies wären - selbst bei Annahme der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rente nach § 236b Sechstes Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) für besonders langjährig Versicherte mit 63 Jahren und acht Monaten - mehr als fünf Jahre gewesen. Nachvollziehbar und für den Senat überzeugend wurde von K dargestellt, wie es zu der unternehmerischen Entscheidung in Bezug auf die Stellenanpassungen im Rahmen des Konzernumbaus bzw. Restrukturierungsprogramms 2013 gekommen war. Auch nach einem Vermerk der Beklagten vom 14.04.2014 wird im Rahmen der Darstellung der Ausgangssituation dargelegt, dass von den 1.800 Arbeitsplätzen bei K in B-Stadt bzw. T-Stadt 530 Stellen wegfallen sollten. So ist nach den Ausführungen der K auch die Stelle des Klägers als Vorarbeiter ersatzlos entfallen, da die Personaleinsatzplanung nunmehr dem Meister übertragen wurden und operative Wareneingangstätigkeiten von der reduzierten Wareneingangsmannschaft erledigt werden. Neben der Stelle des Klägers sind im Bereich Wareneingang und innerbetrieblicher Transport weitere fünf Stellen weggefallen, wobei K in einem Fall eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hat.

Zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bestanden auch keine der K zumutbaren Möglichkeiten im Hinblick auf eine Umschulung des Klägers für andere Tätigkeitsbereiche. Bei einer außerordentlichen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers bestehen insoweit verschärfte Anforderungen an die Pflicht des Arbeitgebers, mit allen zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb bzw. im Unternehmen zu versuchen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97; Quecke in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Auflage 2016, § 1 KSchG Rn. 284). Dabei sind dem Arbeitgeber im Falle eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers in erheblich weiterem Umfang andere Maßnahmen zur Vermeidung der Kündigung zumutbar als bei einer ordentlichen Kündigung (vgl. BAG, Urteil vom 08.04.2003 - 2 AZR 355/02). Sofern irgendeine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ggf. auch nach entsprechender Umschulung besteht, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, diese andere Möglichkeit zu wählen (BAG a. a. O.). Zumutbar kann dabei auch die Dauer solcher Maßnahmen von mehr als einem Jahr sein. Die vom SG in Bezug genommenen Nachweise für dessen Auffassung (z. B. Kiel in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Auflage 2012, § 1 KSchG Rn. 620), eine Zumutbarkeit für den Arbeitgeber sei nur bei Maßnahmen mit einer Dauer von längstens einem Jahr gegeben, beziehen sich auf eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung. Im Rahmen der außerordentlichen Kündigung werden diese Maßstäbe aber zulasten des Arbeitgebers vorschoben, da der besondere Kündigungsschutz des grundsätzlich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Allerdings sind auch hier alle weiteren Umstände des Einzelfalls mit maßgeblich, insbesondere die bisherige und restliche Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers, dessen Lebensalter, seine persönlichen und fachlichen Eignungen, Kosten des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts und der Umschulung sowie, ob der Arbeitgeber Rationalisierungsmaßnahmen ergreift, um einen schon beträchtlichen Gewinn weiter zu steigern oder weil eine Verlustsituation abgewendet werden muss (vgl. dazu Kiel in Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Auflage 2012, § 1 KSchG Rn. 620 im Zusammenhang mit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung, wobei diese Kriterien auch für die vorliegend zu prüfende außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist gelten, allerdings sich der Zumutbarkeitsmaßstab zulasten des Arbeitgebers verschiebt. Siehe dazu bereits obige Ausführungen).

Der Kläger hatte zwar ursprünglich eine Berufsausbildung als Universalfräser absolviert, aufgrund seiner Beschäftigungen in der Vergangenheit war er aber nicht ohne weiteres in anderen Bereichen, insbesondere der Produktion, einsetzbar. Er war seit 1981 in der Fertigungskontrolle und seit 1999 in der Abteilung Wareneingang und innerbetrieblicher Transport eingesetzt. Im Fertigungsbereich selbst hat er daher seit über 30 Jahren nicht mehr gearbeitet. Es ist nicht ersichtlich, dass es insofern auch mit einem kurzen Anlernen möglich gewesen wäre, den Kläger entsprechend einzusetzen. So geht auch der Senat davon aus, dass eine nachvollziehbare Umschulungszeit von zwei Jahren alleine nicht ausreichend gewesen wäre, um den Kläger entsprechend für eine neue Stelle zu qualifizieren. Nach dem Vortrag von K hätte eine entsprechende Berufsausbildungszeit dreieinhalb Jahre in Anspruch genommen. Zwar mag der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung nicht mit einem Lehrling vergleichbar sein, was für eine kürzere Umschulungszeit sprechen könnte. Nicht außer Acht gelassen werden darf aber auch, dass der Kläger im Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages bereits 58 Jahre alt gewesen ist. Seine ursprüngliche Ausbildung als Universalfräser liegt so weit zurück, dass es überzeugend erscheint, wenn K ausführt, dass für eine Tätigkeit im Bereich der Fertigung und Montage das zwingend notwendige spezialisierte Fachwissen fehlt und mangels vorhergehenden Einsatzes entsprechende technische Fortentwicklungen vom Kläger nicht nachvollzogen worden sind. Selbst wenn man daher davon ausginge, die notwendige Umschulungszeit im Falle des Klägers betrüge nur zwei Jahre, so wäre darüber hinaus in jedem Fall noch von einer gewissen Einarbeitungszeit - diese bemisst K mit bis zu einem Jahr - auszugehen. Mithin wäre eine Zeitdauer von fast drei Jahren notwendig, um den Kläger so vorzubereiten, dass er eine entsprechende Tätigkeit in der Fertigung hätte vollständig ausüben können. Unter der vorliegend gegebenen Möglichkeit des Klägers, eine Rente nach § 236b SGB VI für besonders langjährig Versicherte mit 63 Jahren und acht Monaten in Anspruch nehmen zu können - der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.03.2014 (BT-Drs. 18/909) lag im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages am 17.04.2014 bereits vor und der Kläger hätte 2019 bei Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bei K in jedem Fall auch die notwendigen 45 Beitragsjahre erreicht, weshalb K mit einem entsprechenden Ausscheiden des Klägers im November 2019 bereits bei Abschluss des Aufhebungsvertrages hätte rechnen müssen - oder ggf. einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell zu schließen, verbliebe eine geringere Zeitspanne im Vergleich zur Umschulungs- und Anlernzeit, die der Kläger dann noch voll einsetzbar gewesen wäre. So wäre bei einem Renteneintritt im November 2019 und bei einer Umschulungs- und Einarbeitungszeit von drei Jahren nur noch eine Einsatzzeit von etwa 2 1/2 Jahren verblieben. Dies ist nach Einschätzung des Senats dem Arbeitgeber evident nicht zumutbar. Die Annahme, eine Umschulungs- und Einarbeitungszeit von bis zu fünf Jahren wäre einem Arbeitgeber stets zumutbar, was ggf. aus der Entscheidung des BAG vom 06.10.2005 (2 AZR 362/04) gefolgert werden könnte, bei dem das BAG andeutet, eine Gehaltsfortzahlung von bis zu fünf Jahren ohne Gegenleistung könnte hinzunehmen sein (vgl. dazu auch Krause, RdA 2016, 57; Bröhl, RdA 2010, 170), kann vorliegend nicht erfolgen. Vielmehr sind auch hier alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu würdigen. So muss der Arbeitgeber zunächst während der Umschulung und Einarbeitung - neben den hierfür anfallenden Kosten - dem Arbeitnehmer dessen Gehalt ohne eine entsprechende Gegenleistung fortzahlen. Weiter ist vorliegend zu berücksichtigen, dass K den massiven Stellenabbau nicht zur Steigerung eines bereits hohen Gewinns sondern aufgrund erheblicher Verluste vornahm. Im Jahr vor dem Abschluss des Aufhebungsvertrages wurde ein negatives Betriebsergebnis von 130,7 Mio. Euro und ein negatives Konzernergebnis von 138,1 Mio. Euro erwirtschaftet. Es ist folglich nicht auszuschließen, dass eine fehlende Möglichkeit der Kündigung der tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmer dazu hätte führen können, dass die wirtschaftlichen Probleme für die Existenz und den Fortbestand der K nicht hätten beseitigt werden können, womit nicht nur eine Insolvenz hätte eintreten können, sondern weitaus mehr Arbeitsplätze verloren gegangen wären. Sofern der (zusätzliche) Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in § 13 Abs. 1 der tariflichen Sonderregelung vom 13.12.2012 hier Berücksichtigung finden sollte, könnte dies allenfalls dazu führen, dass sich die zeitliche Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers (vgl. dazu BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 379/12) und damit die Auslauffrist für die Kündigung nicht an der Frist des § 8 Ziff. 2 Abs. II MTV (entsprechend auch § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB) orientieren würde, sondern an der Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 der tariflichen Sonderregelung vom 13.12.2012. Die Kündigung wäre demnach zum 30.06.2015 möglich gewesen, was allerdings nach § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 2. Alt. SGB III zu keiner Änderung führen würde, da auch in diesem Fall dem Gesetz nach auf die für eine ordentliche Kündigung maßgebliche Frist abzustellen wäre.

Im Übrigen hat die Beklagte die Stellungnahme der K im Berufungsverfahren nicht hinreichend konkret entkräften können. Weder hat sie substantiiert dazu vorgetragen, geschweige denn anderweitige Nachweise vorgelegt. Es kann damit davon ausgegangen werden, dass K - entsprechend ihrer Stellungnahmen im gerichtlichen Verfahren - alle zumutbaren, eine Weiterbeschäftigung ermöglichenden Mittel geprüft, sich aber eine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht ergeben hat. Ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis wäre damit im Falle der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses die Folge gewesen. Dies steht nach obigen Ausführungen zur Überzeugung des Senates fest. Dabei kommt es wegen des im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nicht auf die erhöhten prozessualen Darlegungsverpflichtungen des Arbeitgebers - der vorliegend auch nicht Prozessbeteiligter ist - an, wie sie im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten (vgl. zum arbeitsgerichtlichen Verfahren: BAG, Urteil vom 18.06.2015 - 2 AZR 480/14). Im Übrigen muss dort der Arbeitgeber nur dann ggf. unter Vorlegung der Stellenpläne substantiiert darlegen, weshalb das Freimachen eines geeigneten Arbeitsplatzes oder dessen Schaffung durch eine entsprechende Umorganisation nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sein soll, wenn der Arbeitnehmer darlegt, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (vgl. zu den Anforderungen: BAG, Urteil vom 17.09.1998 - 2 AZR 419/97).

Ohne weitere Bedeutung bleibt vorliegend auch die tarifliche Sonderregelung vom 13.11.2012 als solche. Nach dessen § 13 Abs. 1 wurden betriebsbedingte Kündigungen bis zum 30.06.2015 ausgeschlossen. Dabei handelte es sich um einen zeitlich befristeten Ausschluss einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber, so dass nach § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 1. Alt. SGB III ebenfalls die Frist gelten würde, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgeblich gewesen wäre, so dass wiederum auf die Frist von sieben Monaten abzustellen gewesen wäre (so auch BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 11 AL 29/99 R; Düe in Brand, SGB III, 7. Auflage 2015, § 158 Rn. 20). Weiter kann dahinstehen, ob dem Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages nur noch gegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung hätte gekündigt werden können, da sich auch in diesem Fall die Frist des § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III auf die ordentliche Kündigungsfrist, die nach § 158 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 2.Alt. SGB III - mithin die oben genannten sieben Monate - beschränken würde (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 7 AL 62/99 R; Düe a. a. O. Rn. 23).

Dem Anspruch auf Zahlung von Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum stehen auch keine anderweitigen Hinderungsgründe entgegen. Insbesondere ist keine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nach § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB III eingetreten. Die ursprüngliche Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit vom 18.04.2014 bis 10.07.2014, deren Zeitrahmen damit bereits vor dem streitgegenständlichen Zeitraum gelegen hätte, hat die Beklagte mit Bescheid vom 08.12.2014 wieder aufgehoben.

Dem Kläger steht daher ein Anspruch auf Zahlung von Alg für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 zu. Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 137 Anspruchsvoraussetzungen bei Arbeitslosigkeit


(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer1.arbeitslos ist,2.sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und3.die Anwartschaftszeit erfüllt hat. (2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Pers

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236b Altersrente für besonders langjährig Versicherte


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet und2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllthaben. (2) Versicherte, di

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 158 Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung


(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der orden

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(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008.

2

Die 1955 geborene Klägerin war seit 1988 als Raumpflegerin bei einer Sparkasse (Arbeitgeberin) beschäftigt. Die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tariflichen Bestimmungen sahen vor, dass Arbeitnehmern nach einer Beschäftigungszeit von zwölf Jahren nur mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende und nach Vollendung des 40. Lebensjahrs bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren nur aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte.

3

Die Arbeitgeberin kündigte aufgrund eines Beschlusses ihres Vorstands, die Reinigungsarbeiten künftig von einem externen Unternehmen ausführen zu lassen, der Klägerin mit Schreiben vom 23.5.2007 das Arbeitsverhältnis wegen Ausgliederung des Reinigungsdienstes zum 31.12.2007. Gegen die Kündigung erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht; das Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich die Arbeitgeberin verpflichtete, der Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 20 000 Euro zu zahlen.

4

Nachdem sich die Klägerin zum 1.1.2008 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte ihr die Beklagte dem Grunde nach Alg ab 1.1.2008, stellte jedoch gleichzeitig für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008 das Ruhen des Anspruchs wegen Erhalts einer Entlassungsentschädigung gemäß § 143a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) fest(Bescheide vom 16.1.2008). Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 6.2.2008).

5

In der Folgezeit bezog die Klägerin mit Unterbrechungen Alg bis einschließlich 29.12.2009 unter Ausschöpfung der ihr insgesamt zustehenden Anspruchsdauer.

6

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung des Ruhensbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids verurteilt, der Klägerin Alg bereits ab 1.1.2008 zu gewähren (Urteil vom 26.10.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 21.5.2012). Es hat angenommen, die Arbeitgeberin sei aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung, den Reinigungsdienst auszugliedern, zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist berechtigt gewesen. Die somit im Rahmen des § 143a SGB III geltende ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende sei eingehalten worden, weshalb der Alg-Anspruch nicht geruht habe. Dem Anspruch für den streitigen Zeitraum stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte später Alg für die gesamte Anspruchsdauer geleistet habe.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, die Unkündbarkeit der Klägerin führe gemäß § 143a Abs 1 S 3 SGB III zu einer fiktiven Kündigungsfrist von 18 Monaten, die nicht eingehalten sei. Es komme nicht darauf an, ob die Arbeitgeberin der Klägerin individualarbeitsrechtlich wirksam habe kündigen können. Die Beklagte macht weiter geltend, dass Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum auch deshalb nicht nachzuzahlen sei, weil die Klägerin durch den Erhalt späterer Zahlungen bis einschließlich 29.12.2009 die ihr zustehende Anspruchsdauer vollständig ausgeschöpft habe. Es sei Erfüllung analog § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw Annahme an Erfüllungs statt analog § 364 Abs 1 BGB eingetreten.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 21.5.2012 und das Urteil des SG vom 26.10.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz).

12

1. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf Alg in der Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008 nicht geruht hat.

13

Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2008 die Anspruchsvoraussetzungen für Alg (§§ 117 ff SGB III, jeweils in der im Jahre 2008 geltenden Fassung) erfüllt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs gemäß § 143a SGB III - hier anwendbar in der Fassung, die die Vorschrift durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) gefunden hat - nicht vor.

14

Nach § 143a SGB III in der einschlägigen Fassung(vgl seit 1.4.2012 § 158 SGB III) ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (Abs 1 S 1). Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist (Abs 1 S 2). Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten (Abs 1 S 3 Nr 1), bei zeitlich begrenztem Ausschluss oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund jedoch die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre (Abs 1 S 3 Nr 2).

15

Im vorliegenden Fall fehlt es an der für ein Ruhen des Alg-Anspruchs erforderlichen vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses iS des § 143a Abs 1 SGB III. Den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist zunächst zu entnehmen, dass die für das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin geltenden tariflichen Bestimmungen eine ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vorsahen und dass diese Frist eingehalten wurde (Kündigung im Mai 2007 zum 31.12.2007). Diese Frist ist maßgebend, weil - wie sich ebenfalls aus den Feststellungen des LSG ergibt - die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorlagen (§ 143 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB III).

16

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ausnahmsweise in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz vollständigen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (vgl bereits BAGE 2, 214 = AP Nr 4 zu § 626 BGB; BAGE 48, 220 = AP Nr 86 zu § 626 BGB; zuletzt BAG, Urteil vom 24.1.2013 - 2 AZR 453/11 - NZA 2013, 959). Nach dieser Rechtsprechung, die der Vorschrift des § 143 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB III zugrunde liegt(vgl zur Vorgängerregelung in § 117 Abs 2 S 3 Arbeitsförderungsgesetz BT-Drucks 12/3211 S 22 f, zu Nr 31), darf der Arbeitgeber im Rahmen seiner durch das Grundgesetz (GG) geschützten unternehmerischen Freiheit (vgl insbesondere Art 12 und Art 14 GG) auch darüber entscheiden, ob er bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausführen lassen oder ob er Arbeiten im Wege der Fremdvergabe ausgliedern will (näher dazu BAGE 103, 31 = NZA 2003, 549; BAG, Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - NZA 2013, 730 mwN). Die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führende unternehmerische Entscheidung ist durch die Gerichte nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG aaO).

17

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Arbeitgeberin der Klägerin ihre unternehmerische Entscheidung, anfallende Reinigungsarbeiten an ein Fremdunternehmen zu vergeben, damit begründet, die Beschaffung dieser Dienstleistungen bei externen Anbietern sei kostengünstiger als die Verrichtung der Arbeiten durch eigene Arbeitnehmer. Diese Erwägungen der Arbeitgeberin sind weder als sachfremd noch als willkürlich anzusehen. Es ist auch evident, dass infolge der vollständigen Ausgliederung der Reinigungsarbeiten für die Arbeitgeberin keine Möglichkeit mehr bestand, die Klägerin noch zu beschäftigen, weil dieser nach den getroffenen Feststellungen die Kompetenz für eine Wahrnehmung anderer Aufgaben fehlte. Das LSG ist deshalb rechtsfehlerfrei vom vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit und demgemäß von der Berechtigung der Arbeitgeberin zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist iS der Rechtsprechung des BAG ausgegangen.

18

Der Ansicht der Revision, es komme im Rahmen des § 143a Abs 1 S 3 SGB III nicht darauf an, ob die Arbeitgeberin der Klägerin individualarbeitsrechtlich wirksam habe kündigen können, folgt der Senat nicht. Die Ausführungen der Revisionsbegründung beziehen sich vorwiegend auf die Vorgängerregelung zu § 143a Abs 1 S 4 SGB III (Kündigung nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung), die für die vorliegende Fallgestaltung offensichtlich nicht einschlägig ist. Aus Wortlaut wie auch aus Sinn und Zweck des hier anzuwendenden § 143a Abs 1 S 3 SGB III ergibt sich eindeutig, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund nicht eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten, sondern die im Einzelfall geltende ordentliche Kündigungsfrist zugrunde zu legen ist(vgl ua Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 171, 221 ff; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 143a RdNr 119, Stand Einzelkommentierung Mai 2008; Siefert in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Aufl 2013, § 158 RdNr 35 f).

19

2. Dem Zahlungsanspruch der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum (1.1. bis 22.5.2008) stehen auch sonstige Einwendungen nicht entgegen. Insbesondere ist dem Vorbringen der Revision, die Anspruchsdauer habe sich durch spätere Zahlungen gemindert bzw die Ansprüche seien erfüllt worden oder die Klägerin habe spätere Zahlungen an Erfüllungs statt angenommen, nicht zu folgen.

20

a) Eine Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs 1 Nr 1 SGB III(in der im Jahre 2008 geltenden alten Fassung , vgl ab 1.4.2012 § 148 Abs 1 Nr 1 SGB III) ist nicht eingetreten. Nach dieser Vorschrift mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Alg erfüllt worden ist. Die Vorschrift bezieht sich auf das Stammrecht (vgl Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 2013, § 148 RdNr 48 mwN). Sie kann für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2008 nicht eingreifen, weil nach den getroffenen Feststellungen zum 1.1.2008 ein neues Stammrecht der Klägerin entstanden ist und die daraus erwachsenden Zahlungsansprüche der Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum ungemindert zur Verfügung standen.

21

Dass eine Minderung nach § 128 Abs 1 Nr 1 SGB III aF(jetzt § 148 Abs 1 Nr 1 SGB III) unter den Umständen des vorliegenden Falls in dem Zeitraum, in dem die Zahlungsansprüche noch ungemindert zur Verfügung standen, nicht eintreten kann, folgt bereits aus dem Charakter des Alg als für bestimmte Kalendertage vorgesehene Versicherungsleistung. Der Alg-Anspruch erschöpft sich nicht etwa in der Auszahlung eines Gesamtbetrags; vielmehr hängen Dauer und Höhe von den im jeweiligen Zeitraum gegebenen Umständen ab (ua Vorliegen von Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung oder von Ruhenstatbeständen, Erzielung von Nebeneinkommen). Der Leistungsberechtigte ist deshalb stets so zu stellen, als sei im jeweiligen Zeitraum von vornherein rechtmäßig entschieden worden. Dies schließt es aus, eine später eintretende Minderung der Anspruchsdauer durch Erfüllung einem früheren Zahlungsanspruch entgegenzuhalten (in diesem Sinne auch Hessisches LSG, Urteil vom 21.5.2010 - L 7 AL 108/09 - info also 2010, 159, 162; Bienert SGb 2009, 576, 579 f und info also 2011, 256, 258). Eine andere Sichtweise würde es der Beklagten ermöglichen, nach Belieben über eine Verschiebung des Leistungszeitraums zu entscheiden, was nicht mit dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) zu vereinbaren wäre.

22

b) Die der Klägerin aus dem zum 1.1.2008 entstandenen Stammrecht erwachsenen Zahlungsansprüche sind auch nicht in entsprechender Anwendung der §§ 362 ff BGB erloschen. Zwar ist auch in Fällen der Erfüllung von Sozialleistungen auf die Vorschriften des BGB zurückzugreifen (vgl BSGE 80, 41, 42 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6; Mutschler in Kreikebohm/Spellbrink/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 148 SGB III RdNr 4). Die Voraussetzungen für ein Erlöschen des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs liegen jedoch nicht vor.

23

Nach § 362 Abs 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Liegen Verpflichtungen aus mehreren Schuldverhältnissen vor, ist für die Tilgungswirkung gemäß § 366 Abs 1 BGB in erster Linie die Bestimmung des Schuldners maßgebend, wobei der innere Wille des Leistenden dem Leistungsempfänger gegenüber zum Ausdruck gebracht werden muss(vgl BGHZ 106, 163 = NJW 1989, 1792). Die Beklagte macht jedoch gar nicht geltend, sie habe mit den späteren Zahlungen auch die der Klage zugrunde liegenden Ansprüche für die Zeit vom 1.1. bis 22.5.2008 erfüllen wollen; auszugehen ist vielmehr davon, dass die Beklagte die späteren Zahlungen im Hinblick auf gesonderte, die späteren Zeiträume betreffende Bewilligungsbescheide geleistet hat. Von dieser Tilgungsbestimmung kann sich die Beklagte nicht nachträglich lösen, zumal der Klägerin aufgrund der Bewilligungsbescheide formal auch ein Anspruch auf Alg für die späteren Zeiträume bis einschließlich 29.12.2009 zustand.

24

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Hinweis der Revision auf § 364 Abs 1 BGB, wonach das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Denn die späteren Alg-Zahlungen betrafen - wie ausgeführt - Zeitabschnitte, in denen die Beklagte aufgrund vorliegender Bescheide zur Leistung verpflichtet war; sie stellen deshalb keine "anderen" Leistungen iS des § 364 Abs 1 BGB dar(vgl Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate sowie das Erlöschen des Schuldverhältnisses aus anderen Gründen, 2. Aufl 1994, S 192). Außerdem fehlt es an einer "Annahme" iS des § 364 Abs 1 BGB durch die Klägerin, die durch Erhebung und Aufrechterhaltung ihrer Rechtsbehelfe stets deutlich gemacht hat, dass sie auf Nachzahlung von Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum besteht.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Februar 2012 - 7 Sa 2164/11 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. August 2011 - 19 Ca 4676/11 - abgeändert und festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. März 2011 beendet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte wurde als landeseigene Gesellschaft gegründet. Sie bietet Büro- und Gewerbeflächen zur Miete an und verwaltet diese. Im Jahre 2007 wurde sie an die O S.A. verkauft.

3

Die im Oktober 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 30. August 1984 seit 24. Juli 1984 als Reinigungskraft beschäftigt. Sie war mit einem Grad von 30 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach den anwendbaren tariflichen Vorschriften war sie aufgrund ihres Alters und ihrer Beschäftigungszeit ordentlich nicht mehr kündbar.

4

Aufgrund einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung entschloss sich die Beklagte zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Sie vereinbarte mit dem Betriebsrat am 29. Juni 2010 einen Interessenausgleich. Dieser sah verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der Mitarbeiterkapazitäten vor. Unter anderem war beabsichtigt, einen Betriebsteil „Reinigungsdienste“ zu bilden, der im Wege des Betriebsteilübergangs auf einen neuen Inhaber übertragen werden sollte. Ende Juni 2010 entschied sich die Beklagte, die im Interessenausgleich vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Sie schloss mit einem Unternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Reinigungsdienstleistungen für die von der Klägerin und einer weiteren Reinigungskraft betreuten Objekte. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 unterrichtete sie die Klägerin über den geplanten Betriebsteilübergang. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 28. Dezember 2010.

5

Mit Schreiben vom 1. März 2011 stellte die Beklagte die Klägerin bis auf Weiteres widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Nachdem Verhandlungen der Parteien über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei dem beauftragten Unternehmen erfolglos geblieben waren, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 4. März 2011 zu der Absicht an, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach.

6

Das Integrationsamt erteilte der beabsichtigten Kündigung am 14. März 2011 seine Zustimmung. Mit Schreiben vom 16. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit einer Frist bis zum 30. September 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Sie stellte die Klägerin am 24. März 2011 bis zum 31. März 2011 unwiderruflich, mit Wirkung ab 1. April 2011 widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 28. März 2011 bot sie der Klägerin als Vermittlerin einen befristeten Arbeitsvertrag bei dem beauftragten Reinigungsunternehmen an. Falls die Klägerin das Angebot annehme, werde sie ab dem 1. April 2011 unter Anrechnung des bei dem beauftragten Unternehmen erzielten Zwischenverdienstes unwiderruflich freigestellt. Die Klägerin nahm das Angebot an und arbeitete seit dem 1. April 2011 für das beauftragte Unternehmen.

7

Mit der vorliegenden Klage hat sich die Klägerin rechtzeitig gegen die Kündigung gewandt und Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für den Zeitraum von April bis Juni 2011 verlangt. Sie hat gemeint, es fehle an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung. Die Entscheidung der Beklagten, die Reinigungstätigkeiten an ein Drittunternehmen zu vergeben, sei rechtsmissbräuchlich. Es hätten andere Möglichkeiten bestanden, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, etwa in Form der Personalgestellung bei dem beauftragten Reinigungs- oder einem Konzernunternehmen. Außerdem habe sie bei der Beklagten selbst im Bereich des Immobilienmanagements, der Buchhaltung oder des Sekretariats weiterbeschäftigt werden können. Dafür hätte es ausgereicht, wenn die Beklagte ihr Kenntnisse vermittelt hätte, die es ihr erlaubt hätten, ausgebildeten Kräften mit einfachen Tätigkeiten zuzuarbeiten. Ebenso gut sei sie als Hausmeisterin oder Hausmeisterassistentin einsetzbar und hätte nach einer Umorganisation mit Aufgaben im Bereich der Hausmeisterdienste betraut werden können. Auch könne sie als Reinigungskraft im Rahmen der Endreinigung nach der Beendigung von Mietverhältnissen, bei der Zwischenreinigung leerstehender Räume, bei der Anfangsreinigung von vermieteten Räumen und in den ausgelagerten Service-Centern tätig werden. Dort würden einfache Tätigkeiten überwiegend von Leiharbeitnehmern erbracht. Die Klägerin hat ferner die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Zudem hat sie gemeint, die vertraglich vereinbarte Vergütung stehe ihr auch für die Zeit ab April 2011 in voller Höhe zu. Der bei dem beauftragten Reinigungsunternehmen erzielte Zwischenverdienst sei nicht anzurechnen.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2011 weder zum 30. September 2011 noch zum nächstmöglichen Termin beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.549,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2011 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ihre Entscheidung zur Fremdvergabe der Reinigungstätigkeiten ua. damit begründet, auf diese Weise Ausfälle bei Krankheit oder Urlaub leichter überbrücken zu können. Die Klägerin habe das Arbeitsverhältnis infolge des vorgesehenen Betriebsteilübergangs zu unveränderten Bedingungen bei einem solventen Unternehmen fortsetzen können. Beschäftigungsmöglichkeiten bei ihr bestünden nicht. Mangels der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten könne die Klägerin nicht als Sachbearbeiterin oder Sekretärin eingesetzt werden. Auch eine Tätigkeit als Hausmeisterin komme nicht in Betracht. In diesem Bereich könnten einzelne Arbeiten nicht sinnvoll aus dem gesamten Aufgabenspektrum herausgelöst werden, um sie der Klägerin zu übertragen. Ähnliches gelte für die übrigen Abteilungen. Die Hausmeister seien zudem in zahlreichen verschiedenen Höfen eingesetzt. Sie übten eine höherwertige Tätigkeit aus und seien dementsprechend höher als die Klägerin eingruppiert. Auch bei anderen Gesellschaften der Firmengruppe gebe es keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Diese beschäftigten keine Reinigungskräfte und andere geeignete Arbeitsplätze stünden bei ihnen nicht zur Verfügung. Eine Personalgestellung habe das beauftragte Reinigungsunternehmen abgelehnt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags und eines Teils des Zahlungsbegehrens stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision hat teilweise Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage nicht stattgeben. Ob die Kündigung der Beklagten wirksam ist, steht noch nicht fest. Soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, ist die Revision unbegründet.

12

I. Die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2011 erweist sich auf Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht als unwirksam.

13

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

14

a) Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich unzulässig. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist es, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 13; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 16 ).

15

b) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 14; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08  - Rn. 17 ). Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - aaO).

16

aa) Eine infolge des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung zu erwartende, ggf. jahrelange Bindung des Arbeitgebers an ein Arbeitsverhältnis, in welchem er mangels sinnvoller Einsatzmöglichkeit keine werthaltige Gegenleistung mehr erhält, kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Darin liegt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. zuletzt Stein DB 2013, 1299, 1300) keine Kündigung aus „minderwichtigem Grund“ und keine Umgehung des vereinbarten Schutzes vor einer ordentlichen Kündigung. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund kann vielmehr auch durch eine (tarif-)vertragliche Vereinbarung zur ordentlichen Unkündbarkeit nicht beschränkt werden (vgl. BAG 11. Juli 1958 - 1 AZR 366/55 - zu 3 der Gründe, BAGE 6, 109; BGH 21. April 1975 -  II ZR 2/73  - zu 2 a der Gründe). Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung begründet keinen absoluten Schutz vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichem Anlass, wenn denn die Voraussetzungen vorliegen, die an einen wichtigen Grund zu stellen sind.

17

bb) Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und Nachteilen für den gerade besonders geschützten Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber bei einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung zwingend eine der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 14; 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18 mwN). Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung entsteht dadurch nicht. Dafür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Auch die analoge Anwendung von §§ 9, 10 KSchG(vgl. dazu Stein DB 2013, 1299, 1301) scheidet aus. Die Bestimmungen sehen lediglich für den Fall der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung vor. Mit der gerichtlichen Auflösung ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund erfolgreicher betriebsbedingter außerordentlicher Kündigung nicht zu vergleichen.

18

c) Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB kann sich - ebenso wie ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG - aus dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher, von äußeren Faktoren nicht „erzwungener“ Maßnahmen ergeben(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 15).

19

aa) Die einer betrieblich-organisatorischen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist außerdem, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21 ).

20

bb) Dies gilt einmal in Fällen ordentlicher Kündigungen iSv. § 1 KSchG. Auf eine in Teilen des Schrifttums für erforderlich gehaltene Abwägung der wirtschaftlichen Vorteile, die der Arbeitgeber durch seine Maßnahme erlangt, gegen die Nachteile, die der Arbeitnehmer durch den Arbeitsplatzverlust erleidet (Däubler Die Unternehmerfreiheit im Arbeitsrecht S. 32, 44; Stein AuR 2013, 243, 248), kommt es de lege lata nicht an. Soweit hierfür auf die Ausfüllungsbedürftigkeit des Merkmals der „Dringlichkeit“ iSv. § 1 Abs. 2 KSchG abgestellt wird, wird möglicherweise übersehen, dass nicht die unternehmerisch-wirtschaftlichen Erfordernisse dringend sein müssen, sondern die betrieblichen(ebenso Krause in vHH/L 15. Aufl. § 1 Rn. 758 mwN). Führt die Umsetzung einer unternehmerischen Organisationsentscheidung auf betrieblicher Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für einen Arbeitnehmer und kann dieser auch nicht anderweit weiterbeschäftigt werden, bestehen „dringende betriebliche Erfordernisse“, die seiner Weiterbeschäftigung entgegenstehen und die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bedingen können. Für die Bewertung der betrieblichen Erfordernisse als „dringend“ kommt es nicht darauf an, in welchem Ausmaß für das Unternehmen wirtschaftliche Vorteile durch die Maßnahme zu erwarten sind. Die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation ist mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen - wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde, Rechtsmissbrauch also die Ausnahme ist (BAG 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 31; 24. Oktober 1979 - 2 AZR 940/77 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 32, 150). Darauf, ob die Maßnahme für den Bestand des Unternehmens notwendig, gar zwingend notwendig ist, kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob eine „hohe Zahl von Insolvenzen“ im Nachhinein für Fehleinschätzungen sprechen kann (so aber Stein AuR 2013, 243, 247) oder sich der Arbeitgeber auf einen „Dialog über Alternativen“ eingelassen hat (Stein aaO). Es ist nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dem Arbeitgeber überlassen, wie er sein Unternehmen führt, ob er es überhaupt weiterführt und ob er seine Betätigungsfelder einschränkt. Er kann grundsätzlich Umstrukturierungen allein zum Zwecke der Ertragssteigerung vornehmen. Es kann unter Geltung von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ohnehin nicht darum gehen, ihm die fragliche organisatorische Maßnahme als solche gerichtlich zu untersagen, sondern nur darum, ob ihre tatsächliche Umsetzung eine Kündigung rechtfertigt(so auch Däubler aaO S. 44). Deren Wirksamkeit wiederum kann nach der Konzeption des Kündigungsschutzgesetzes nicht etwa davon abhängen, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung anbietet (so aber Däubler aaO).

21

cc) Dies gilt gleichermaßen in Fällen, in denen von der fraglichen Maßnahme ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen ist, dessen Arbeitsverhältnis nur außerordentlich nach § 626 BGB gekündigt werden kann(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe). Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Der Arbeitgeber muss deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO ; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 Rn. 749; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158; APS/Kiel 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 318d; aA - Outsourcing nur bei ansonsten unvermeidbarer Betriebsschließung - Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 163; Däubler FS Heinze S. 121, 127). Ob ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben ist, hängt in diesen Fällen davon ab, ob jedwede Möglichkeit ausgeschlossen ist, den Arbeitnehmer anderweit sinnvoll einzusetzen, und der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für erhebliche Zeiträume an ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden und aus diesem zur Vergütung verpflichtet wäre. Der in Tarifverträgen an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit und ein bestimmtes Lebensalter geknüpfte Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist regelmäßig nicht dahin zu verstehen, dass damit die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung generell - auch als außerordentliche - zumindest für die Fälle ausgeschlossen sein soll, in denen der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses auf wirtschaftlich nicht zwingend notwendigen unternehmerischen Organisationsentscheidungen beruht. Dass eine solche mittelbare Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit - unbeschadet ihrer Rechtswirksamkeit - gewollt wäre, lässt sich tariflichen Regelungen, nach denen der besondere Kündigungsschutz allein vom Lebensalter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt, ohne besondere Anhaltspunkte nicht entnehmen. Etwas anderes kann gelten, wenn der tarifliche oder einzelvertragliche Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen die Gegenleistung des Arbeitgebers für einen Verzicht auf bestimmte Rechtsansprüche durch die Arbeitnehmer darstellt. Auch dann ist der Arbeitgeber zwar rechtlich nicht gehindert, bestimmte, wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für geschützte Arbeitnehmer führen, und ist ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Möglichkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung als solcher wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 1 BGB rechtlich ausgeschlossen. Eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer bis zum zeitlich vorgesehenen Ende des - in aller Regel befristeten - Kündigungsausschlusses wird aber in dieser Situation nur im Extremfall anzunehmen sein.

22

dd) Insofern besteht auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 2002 (- II ZR 353/00 -), in welcher dieser auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags wegen des auf geschäftspolitischen Gründen beruhenden Beschlusses der Muttergesellschaft, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen, erkannt hat (eine Divergenz bejahend aber Stein DB 2013, 1299, 1301). Dort war eine ordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags nicht dauerhaft, sondern im Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung nur noch für gut ein Jahr ausgeschlossen.

23

ee) Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen. Allerdings strahlt das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an Bestandsschutz auf die Auslegung und Anwendung der kündigungsrechtlichen Vorschriften aus. Daher haben die Gerichte von Verfassungs wegen zu prüfen, ob von deren Anwendung im Einzelfall Grundrechte des Arbeitnehmers berührt sind. Trifft das zu, haben sie die einfachgesetzlichen Vorschriften, soweit möglich, im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (BVerfG 19. März 1998 - 1 BvR 10/97 -; 8. Juli 1997 -  1 BvR 2111/94 , 1 BvR 195/95, 1 BvR 2189/95 - BVerfGE 96, 171 ; BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 18; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01  - zu II 1 c der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Dem entspricht es, dass die Darlegung der Kündigungsgründe umso detaillierter sein muss, je näher die fragliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrückt (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 22 ).

24

2. In Anwendung dieser Grundsätze mangelte es im Streitfall nicht bereits deshalb an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB, weil die von der Beklagten getroffene Organisationsentscheidung rechtlich zu beanstanden wäre.

25

a) Nach den bisherigen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich entschieden hätte, mit den Reinigungsarbeiten ein anderes Unternehmen zu beauftragen. Die Beklagte hat ua. geltend gemacht, die Fremdvergabe ermögliche es ihr, Ausfälle bei Krankheit oder Urlaub leichter zu überbrücken. Diese Erwägungen sind weder sachfremd noch willkürlich. Ihre Umsetzung ist von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, der Beklagten eine „bessere“ oder „richtige“ Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in ihre wirtschaftliche Kalkulation einzugreifen (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01  - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31 ).

26

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bedurfte es auch angesichts der ordentlichen Unkündbarkeit der Klägerin keiner besonderen Umstände - wie etwa der Notwendigkeit einer Änderung der Produktpalette oder einer angespannten betriebswirtschaftlichen Situation -, die die durchgeführte Umstrukturierung als unumgänglich ausgewiesen hätten. Zwar hat der Senat in den Entscheidungen vom 26. März 2009 (- 2 AZR 879/07 -) und 2. März 2006 (- 2 AZR 64/05 -) - bezogen auf eine Änderungskündigung - angenommen, der Arbeitgeber müsse bereits bei Erstellung seines unternehmerischen Konzepts geltende Kündigungsbeschränkungen berücksichtigen (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 56; 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - Rn. 28), und hat daraus gefolgert, dies wirke sich im Prozess bei der Darlegungslast aus; aus dem Vorbringen des Arbeitgebers müsse erkennbar sein, dass er auch angesichts der bestehenden Kündigungsbeschränkungen alles Zumutbare unternommen habe, um die durch sein Konzept notwendig werdenden Anpassungen der Vertragsbedingungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 57; 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - Rn. 29). Die unternehmerische Entscheidung selbst unterliegt aber nicht deshalb einer weiter reichenden gerichtlichen Kontrolle, weil vom Arbeitsplatzabbau (auch) ordentlich unkündbare Arbeitnehmer betroffen sind. Vom Arbeitgeber im Einzelnen darzulegen und von den Gerichten zu überprüfen ist hingegen, dass bzw. ob das fragliche unternehmerische Konzept eine (Änderungs-)Kündigung tatsächlich erzwingt.

27

c) Der Ausschluss der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung erforderte es auch nicht, dass die Beklagte Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin neu schüfe. Es kommt allein darauf an, ob andere Beschäftigungsmöglichkeiten tatsächlich bestanden. Die Beklagte hat detailliert dazu vorzutragen, weshalb dies nicht der Fall gewesen sein soll. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Landesarbeitsgericht ihr Vorbringen bisher nicht gewürdigt.

28

aa) Anders als in dem Fall, der der vom Landesarbeitsgericht angeführten Entscheidung des Senats vom 26. September 2002 (- 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31) zugrunde lag, bestand hier ein Beschäftigungsbedürfnis nicht etwa deshalb fort, weil in den betrieblichen Abläufen faktisch keine Änderung eingetreten wäre. Die Reinigungsarbeiten sollten an das beauftragte Unternehmen zur selbständigen Erledigung vergeben und nicht durch eine in das Unternehmen der Arbeitgeberin voll eingegliederte Organgesellschaft verrichtet werden. Ein Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten bestand gerade nicht fort. Nach deren Vorbringen lag stattdessen ein Betriebsteilübergang vor. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wäre danach gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das beauftragte Unternehmen übergegangen, hätte diese dem nicht widersprochen.

29

bb) Ebenso wenig steht bislang fest, dass zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitsplätze frei gewesen wären, die die Beklagte der Klägerin wegen des Vorrangs der Änderungskündigung hätte anbieten müssen (vgl. dazu BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 25 und 27).

30

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

31

1. Eine außerordentliche Kündigung schied nach dem festgestellten Sachverhalt nicht schon deshalb aus, weil die Beklagte nur noch für eine nicht erhebliche Zeit an ein ggf. sinnentleertes Arbeitsverhältnis mit der Klägerin gebunden gewesen wäre. Die Klägerin war bei Ablauf der Auslauffrist am 30. September 2011 46 Jahre alt und damit weit entfernt von einer tariflichen Altersgrenze.

32

2. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte die zweiwöchige Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hätte. Der - unterstellte - Wegfall des Beschäftigungsbedarfs ist ein „Dauertatbestand“. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt deshalb stets von Neuem(vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 28; 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97  - zu II 4 der Gründe, BAGE 88, 10 ).

33

3. Die Kündigung ist nach den bisherigen Feststellungen nicht gem. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die Klägerin hat eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat aber festgestellt, dass der Betriebsrat mit Schreiben vom 4. März 2011 zu der beabsichtigten Kündigung angehört worden ist, und hat dazu auf den Inhalt des Anhörungsschreibens Bezug genommen. Danach hat die Beklagte den Betriebsrat hinreichend über die Gründe für die Kündigung unterrichtet. Inwiefern dessen Anhörung gleichwohl fehlerhaft gewesen sei, hat die Klägerin nicht dargelegt.

34

III. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben, soweit es der Kündigungsschutzklage stattgegeben hat. In diesem Umfang ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung - mit Auslauffrist - gegeben war, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat - wie ausgeführt und aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft, ob der Beklagten die Weiterbeschäftigung der Klägerin trotz Umsetzung ihrer Organisationsentscheidung möglich und zumutbar war. Dies wird es unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen nachzuholen haben.

35

1. Die Anforderungen an die Bemühungen des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung eines vom Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes betroffenen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers sind hoch. Es muss sichergestellt sein, dass eine Kündigung unumgänglich ist ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 34). Bei der Prüfung, ob eine außerordentliche Kündigung - mit notwendiger Auslauffrist - gegenüber einem tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer berechtigt ist, ist zunächst die tarifliche Ausgestaltung des Sonderkündigungsschutzes als solche zu berücksichtigen. Stellt schon die tarifliche Regelung selbst dem Arbeitgeber bestimmte Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, um sich bei dringenden betrieblichen Gründen aus einem unzumutbar gewordenen vertraglichen Zustand zu lösen, so hat er in erster Linie von diesen Gebrauch zu machen. Erst wenn feststeht, dass auch sie versagen, kann eine außerordentliche Kündigung - mit Auslauffrist - gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer in Betracht kommen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 35; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 c der Gründe). Aufgrund welcher tarifvertraglichen Vorschriften die Klägerin im Streitfall ordentlich unkündbar war, ist vom Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt.

36

2. Den hohen materiellrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines aus betrieblichen Erfordernissen resultierenden wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB entsprechen die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn.  41; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 21 ). Der Arbeitgeber hat von sich aus darzutun, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - ggf. zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichenbetriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“. Es ist deshalb vom Arbeitgeber darzulegen ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO ; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02  - zu II 3 d der Gründe ).

37

IV. Die Revision ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für die Monate April bis Juni 2011 in Höhe von 421,90 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

38

1. Der Anspruch der Klägerin folgt aus einem Annahmeverzug der Beklagten gem. § 611 Abs. 1 iVm. § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB.

39

a) Im fraglichen Zeitraum bestand das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fort.

40

aa) Auch wenn der Betriebsteil „Reinigungsdienste“ auf das beauftragte Reinigungsunternehmen übergegangen sein mag, ist dieses nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin eingetreten. Die Klägerin hatte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB widersprochen.

41

bb) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand in den Monaten April bis Juni 2011 unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung vom 16. März 2011. Die Kündigung war zwar außerordentlich, aber erst zum 30. September 2011 ausgesprochen worden.

42

b) Die Beklagte befand sich mit der Annahme der Leistung der Klägerin in Verzug (§ 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB). Sie hatte durch die Freistellung der Klägerin eine Annahme von deren Arbeitsleistung generell abgelehnt. Damit geriet sie, ohne dass es noch eines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots der Klägerin bedurft hätte, gem. § 296 Satz 1 BGB in Gläubigerverzug(vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 571).

43

c) § 297 BGB steht dem nicht entgegen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Klägerin sei im fraglichen Zeitraum nicht leistungswillig und damit iSv. § 297 BGB zur Leistung außerstande gewesen, hat sie hierfür keine hinreichenden Umstände dargelegt. Die Klägerin hatte zwar mit Wirkung ab April 2011 auf Vermittlung der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem beauftragten Unternehmen geschlossen. Die Beklagte hatte sie aber für den Fall der Annahme des Angebots unwiderruflich von der Arbeitsleistung ihr gegenüber freigestellt und mit ihr lediglich die Anrechenbarkeit des Zwischenverdienstes vereinbart. Dies rechtfertigt es nicht, die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten als nicht leistungswillig anzusehen.

44

2. Die Klägerin kann jedenfalls den vom Landesarbeitsgericht titulierten Betrag verlangen.

45

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, bei diesem Betrag handele es sich um die Differenz zwischen der der Klägerin gegenüber der Beklagten zustehenden Vergütung für die Zeit von April bis Juni 2011 und den anzurechnenden Zahlungen des beauftragten Unternehmens für den gleichen Zeitraum. Dagegen erhebt die Revision keine Einwände.

46

b) Der der Klägerin vom Landesarbeitsgericht zugesprochene Differenzanspruch steht dieser in voller Höhe auch dann zu, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. September 2011 geendet haben sollte. Das Landesarbeitsgericht hat seiner - von ihm nicht nachvollziehbar dargestellten - Berechnung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien über dieses Datum hinaus zugrunde gelegt. Es hat ferner angenommen, dieser Umstand führe dazu, dass sich die Klägerin auf ihre Ansprüche gegen die Beklagte auch das vom Drittunternehmen erst nach dem 30. September 2011 gezahlte Urlaubsgeld 2011 mit seinem vollen Betrag anrechnen lassen müsse. Der Senat hat davon auszugehen, dass das Landesarbeitsgericht diese Erwägungen rechnerisch umgesetzt und bei seiner Tenorierung berücksichtigt hat. Damit hat die Klägerin in jedem Fall mindestens Anspruch auf den vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Betrag. Sollte sich die Kündigung der Beklagten als wirksam erweisen und das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2011 geendet haben, könnte sich das allenfalls zugunsten der Klägerin auswirken. Ansprüche auf Vergütung für die Zeit nach dem 30. September 2011 hat sie nicht erhoben. Das vom Drittunternehmen geleistete Urlaubsgeld wäre deshalb womöglich auf die für die Zeit davor verlangte Vergütung entweder gar nicht oder doch nicht in vollem Umfang anzurechnen.

47

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Krichel    

        

    Grimberg    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 2014 - 4 Sa 1509/13, 4 Sa 2050/13 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es ihre Berufung gegen die Entscheidung über die Kündigungsschutzanträge in dem Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. August 2013 - 2 Ca 441/13 - zurückgewiesen hat.

2. Im Übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen und Zahlungsansprüche der Klägerin.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist seit 1983 als EDV-Organisatorin in dem von der Beklagten geführten Betrieb beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Bindung an einen Anerkennungstarifvertrag der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen- und Stahlindustrie Ost (MTV Stahl Ost) vom 25. März 1991 Anwendung. Dieser bestimmt in seinem § 17:

       

„…    

        

6.2 Einem Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 15 Jahre angehört, kann nur noch aus in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegendem wichtigen Grund oder bei Vorliegen eines Sozialplans oder bei Zustimmung der Tarifvertragsparteien gekündigt werden.

        

...     

        

8. Im Übrigen gelten für ordentliche Kündigungen die gesetzlichen Bestimmungen. Die gesetzlichen Bestimmungen über fristlose Kündigungen bleiben unberührt.“

3

Die Beklagte erklärte in den Jahren 2011 und 2012 zunächst zwei auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützte ordentliche Kündigungen und sodann eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus Gründen im Verhalten der Klägerin. Sämtliche Kündigungen wurden gerichtlich für unwirksam befunden. Seit dem 1. Januar 2012 wird die Klägerin tatsächlich nicht mehr beschäftigt.

4

In der Folgezeit forderte die Beklagte vergeblich den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu Sozialplanverhandlungen und die zuständige Gewerkschaft zur Zustimmung zu einer weiteren ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf. Im Anschluss daran sprach sie - jeweils nach Anhörung des Betriebsrats - mit Schreiben vom 27. Februar 2013 und 27. März 2013 eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 30. September 2013 bzw. eine solche zum 31. Oktober 2013 aus; hilfsweise erklärte sie jeweils ordentliche Kündigungen zu diesen Terminen.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin sich rechtzeitig gegen die Kündigungen vom 27. Februar 2013 und 27. März 2013 gewandt. Angebote zur Beschäftigung bei anderen Konzerngesellschaften in S (ab Dezember 2012) und E (ab April 2013) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Anträge lehnte sie ab. Die Klägerin hat gemeint, der MTV Stahl Ost schließe außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen komplett aus und lasse ordentliche Kündigungen aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nur bei Vorliegen eines Sozialplans oder mit Zustimmung beider Tarifvertragsparteien zu. Für die außerordentlichen Kündigungen fehle im Übrigen ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB. Die von der Beklagten behaupteten, allein ihren Arbeitsplatz betreffenden Organisationsentscheidungen könnten schon deshalb nicht anerkannt werden, weil sie in Reaktion auf das Unterliegen in den vorangegangenen Kündigungsschutzprozessen getroffen worden seien. Sollte eine der streitgegenständlichen Kündigungen für wirksam erachtet werden, könne sie ihre Wiedereinstellung verlangen. Für die Monate August 2012 bis einschließlich Mai 2013 stehe ihr Annahmeverzugsvergütung zu. Es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, vorübergehend in S oder E tätig zu werden. Nach Erreichen einer Beschäftigungsdauer von 30 Jahren am 28. Februar 2013 habe sie aus einer entsprechenden Betriebsvereinbarung Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung.

6

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 27. Februar und 27. März 2013 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.798,40 Euro brutto abzüglich 15.834,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach im Einzelnen bezeichneter Staffelung zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 255,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2013 zu zahlen;

        

4.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als EDV-Organisatorin zu den Konditionen des zwischen den Parteien bis zum 30. September 2013 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2013 anzunehmen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der MTV Stahl Ost schränke das Recht zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung nicht ein. Ein wichtiger Grund liege vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei sinnentleert. Die Klägerin könne nicht mehr beschäftigt werden. Hierzu hat die Beklagte behauptet, sie habe im Vorfeld der Kündigung vom 27. Februar 2013 beschlossen, etwa 10 % der Aufgaben der Klägerin auf einen anderen Arbeitnehmer, den EDV-Beauftragten, zu übertragen und die restlichen Tätigkeiten nach außen zu vergeben. Vor Ausspruch der Kündigung vom 27. März 2013 habe sie entschieden, die Arbeiten der Klägerin gänzlich auf ein externes Unternehmen zu verlagern. Anderweitige Möglichkeiten, die Klägerin einzusetzen, bestünden nicht. Eine dauerhafte Beschäftigung bei einer anderen Konzerngesellschaft könne sie - die Beklagte - nicht durchsetzen. Die Klägerin könne auch keine Wiedereinstellung verlangen. Der EDV-Beauftragte habe erst zum 31. Dezember 2013 gekündigt. Zudem seien seine Tätigkeiten daraufhin ebenfalls an ein Drittunternehmen vergeben worden. Annahmeverzugsvergütung stehe der Klägerin aufgrund der Beschäftigungsangebote für die Zwischenzeit jedenfalls ab Dezember 2012 nicht mehr zu. Eine Jubiläumszuwendung sei nicht geschuldet, weil das Arbeitsverhältnis am Stichtag bereits gekündigt gewesen sei.

8

Die Vorinstanzen haben den Hauptanträgen - soweit noch von Interesse - stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist bezüglich der Zahlungsanträge unzulässig. Hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge ist sie zulässig und begründet. Insoweit führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte dieses den Kündigungsschutzanträgen nicht stattgeben. Ob eine der außerordentlichen Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat, steht noch nicht fest.

10

A. Soweit die Beklagte sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung und Jubiläumsgeld wendet, ist ihre Revision unzulässig. Sie ist insoweit nicht in der gesetzlich gebotenen Form begründet worden.

11

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den vermeintlichen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Sie muss dazu eine Auseinandersetzung mit den tragenden Argumenten des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Bei mehreren Streitgegenständen muss grundsätzlich für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. Mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand ist dann zugleich dargelegt, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 146, 353).

12

II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin Annahmeverzugsvergütung für die Monate August 2012 bis einschließlich Mai 2013 zuerkannt. Es hat gemeint, sie habe keinen Zwischenerwerb böswillig iSv. § 11 Satz 1 KSchG unterlassen. Eine vorübergehende Tätigkeit in S oder E sei ihr nicht zumutbar gewesen, weil sie dafür ihren Lebensmittelpunkt hätte verlegen müssen. Diese Argumentationslinie hat die Beklagte offensichtlich nicht einmal zur Kenntnis genommen, wenn sie ihre Revision einzig damit begründet, dass die Klägerin gemäß § 106 GewO ohnehin bundesweit habe eingesetzt werden können. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung nicht darauf gestützt, der Klägerin seien „vertragsfremde“ Einsätze angeboten worden. Eine eigenständige Begründung war nicht deshalb entbehrlich, weil die Zahlungsansprüche der Klägerin von dem Schicksal der Kündigungsschutzanträge abhingen. Die streitgegenständlichen Kündigungen sollten frühestens zum 30. September 2013 greifen. Sie konnten den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis einschließlich Mai 2013 nicht in Frage stellen.

13

III. Mit dem Anspruch der Klägerin auf eine Jubiläumszuwendung befasst sich die Revision überhaupt nicht. Das wäre indes erforderlich gewesen. Der Anspruch bestand nach der Begründungslinie des Landesarbeitsgerichts ebenfalls unabhängig vom Schicksal der Kündigungsschutzanträge. Das Berufungsgericht hat gemeint, nach der maßgeblichen Betriebsvereinbarung bestehe ein Anspruch auf die Jubiläumszuwendung auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis an dem Stichtag bereits - wirksam - gekündigt sei. Es hat sich der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen, dass es allein auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses am Stichtag ankomme. Vor dem 1. März 2013 konnte dieses durch die frühestens zum 30. September 2013 wirkenden Kündigungen nicht aufgelöst worden sein. Wenn das Arbeitsgericht von „Kündigungen“ gesprochen hat, die das Arbeitsverhältnis - mit der Folge seines Bestands am 1. März 2013 - „nicht aufgelöst“ hätten, meinte es die vorangegangenen Kündigungen aus den Jahren 2011 und 2012.

14

B. Soweit die Klägerin mit ihren Kündigungsschutzanträgen obsiegt hat, ist die Revision der Beklagten zulässig und begründet.

15

I. Was die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigungen vom 27. Februar und 27. März 2013 betrifft, ist es unschädlich, dass die Revision insoweit nicht eigens begründet wurde. Würde die gegen die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 gerichtete Klage abgewiesen, wäre zugleich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die anderen Kündigungsschutzanträge hinfällig. Sollte diese Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2013 aufgelöst haben, fielen - materiell-rechtlich - die weiteren Kündigungserklärungen und - prozessrechtlich - die entsprechenden Kündigungsschutzanträge samt der zu ihnen ergangenen gerichtlichen Entscheidungen fort. Die Beklagte hat alle weiteren Kündigungen nur hilfsweise für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits aufgrund einer „vorangegangenen“ Kündigung aufgelöst worden ist. Die Klägerin will sich gegen die weiteren Kündigungen lediglich zur Wehr setzen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht schon durch eine „vorherige“ Kündigung geendet hat (zu den materiell- und prozessrechtlichen Abhängigkeiten bei im Haupt- und Hilfsverhältnis ausgesprochenen Kündigungen vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 16 ff. mwN, BAGE 146, 353; zu den materiell-rechtlichen Verknüpfungen und deren Folgen für die Revisionsbegründung siehe schon BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111).

16

II. Die Revision ist bezüglich aller Kündigungsschutzanträge begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 nicht für unwirksam erachten. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dieses wird den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu eröffnen und ggf. weitere Feststellungen zu treffen haben.

17

1. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 für unwirksam befunden hat, trägt nicht.

18

a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 sei unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehle. Durch die Vergabe allein der Tätigkeiten der Klägerin habe die Beklagte deren Weiterbeschäftigung gezielt unmöglich gemacht. Nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB dürfe sie sich nicht auf eine selbst herbeigeführte Sinnentleerung des Arbeitsverhältnisses berufen.

19

b) Gegen diese Begründung wendet die Revision sich zu Recht.

20

aa) Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers iSv. § 626 Abs. 1 BGB kann sich - ebenso wie ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG - aus dem dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher, von äußeren Faktoren nicht „erzwungener“ Maßnahmen ergeben(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 145, 265). Der Arbeitgeber muss regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird. Dabei kann es unter Geltung von Art. 12 Abs. 1 GG ohnehin nicht darum gehen, ihm die fragliche organisatorische Maßnahme als solche gerichtlich zu untersagen, sondern nur darum, ob ihre tatsächliche Umsetzung eine Kündigung rechtfertigt. In keinem Fall ist schon die unternehmerische Maßnahme als solche (tariflich) ausgeschlossen. Der tarifvertragliche Sonderkündigungsschutz schränkt nicht die Freiheit des Arbeitgebers ein, Umstrukturierungen vorzunehmen, mit denen der Verlust von Arbeitsplätzen verbunden ist. Er erhöht allerdings erheblich die Anforderungen an die Bemühungen, gleichwohl die - anderweitige - Beschäftigung des Arbeitnehmers zu ermöglichen (zur ausführlichen Begründung siehe BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 18 ff., aaO ; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 15 ff. jeweils mwN).

21

bb) Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Weder stellt der Verzicht auf eine vom Arbeitgeber beschlossene Organisationsentscheidung eine „geeignete andere Maßnahme“ zur Vermeidung einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung dar, noch ist die Vergabe der Aufgaben (nur) eines Arbeitnehmers an ein Drittunternehmen per se rechtsmissbräuchlich iSv. § 242 BGB(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 25; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 e aa der Gründe, BAGE 103, 31). Um einen darin liegenden Missbrauch darzutun, bedarf es vielmehr weiterer einschlägiger Umstände.

22

2. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 27. Februar 2013 kann nicht abschließend beurteilt werden. Ob es auf die ordentliche Kündigung gleichen Datums oder die beiden Kündigungen vom 27. März 2013 ankommen und insbesondere die zweite außerordentliche Kündigung sich ggf. als wirksam erweisen wird, steht damit ebenfalls noch nicht fest.

23

a) Der Senat kann die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 27. Februar 2013 nicht abschließend beurteilen.

24

aa) Zwar ist sie mit der notwendigen, der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist erklärt (vgl. dazu BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 145, 265; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 17), ist der Betriebsrat vor ihrem Ausspruch korrekt nach den für ordentliche Kündigungen gemäß § 102 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 2 BetrVG geltenden Grundsätzen angehört und ist die bei einem „Dauertatbestand“ stets von Neuem beginnende(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 32, aaO; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 28) Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt worden.

25

bb) Auch schließt § 17 MTV Stahl Ost das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen mit notwendiger Auslauffrist weder gänzlich aus, noch schränkt er es ein.

26

(1) Beides folgt aus § 17 Nr. 8 MTV Stahl Ost. Gemäß Satz 1 der Vorschrift gelten „im Übrigen“ für ordentliche Kündigungen die gesetzlichen Bestimmungen. Nach ihrem Satz 2 bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über „fristlose“ Kündigungen „unberührt“. Die Gegenüberstellung beider Sätze zeigt, dass die Tarifvertragsparteien den Ausdruck „fristlos“ nicht als Pendant zu „fristgerecht“, sondern als Pendant zu „ordentlich“ und damit als „außerordentlich“ iSv. § 626 Abs. 1 BGB verstanden haben. Der Ausdruck erfasst auch eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist. Das folgt daraus, dass auch eine nach § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost ausdrücklich mögliche personenbedingte außerordentliche Kündigung kaum jemals als fristlose in Betracht kommen dürfte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 26). Da die gesetzlichen Bestimmungen über außerordentliche Kündigungen - anders als die für ordentliche Kündigungen - nicht nur „im Übrigen“ gelten, sondern „unberührt“ bleiben, ist zugleich klargestellt, dass außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen nicht an einschränkende Voraussetzungen - etwa das Vorliegen eines Sozialplans oder die Zustimmung beider Tarifvertragsparteien - gebunden sein sollen. § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost erwähnt die Kündigung aus betriebsbedingtem wichtigen Grund ersichtlich allein deshalb nicht, weil eine ordentliche Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen - anders als verhaltens- und personenbedingte ordentliche Kündigungen - nicht komplett ausgeschlossen, sondern „lediglich“ an die benannten Voraussetzungen gebunden ist.

27

(2) In Anbetracht der Regelungen des § 17 Nr. 8 MTV Stahl Ost kann dahinstehen, ob der vollständige Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung verfassungsrechtlich bedenklich wäre(vgl. insofern schon BAG 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 88, 10). Ebenso kann offenbleiben, ob im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nicht besondere Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien zu einer auch nur erheblichen Einschränkung dieses Rechts erforderlich wären. Diese fehlen regelmäßig, wenn eine solche Einschränkung - wie hier - „lediglich“ an die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter des Arbeitnehmers anknüpft, und es sich nicht um eine - zeitlich begrenzte - Gegenleistung des Arbeitgebers für einen Verzicht der Arbeitnehmer auf bestimmte Rechtsansprüche handelt (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 21, BAGE 145, 265 für den Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung und den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen des Arbeitgebers).

28

cc) Schließlich muss der Arbeitgeber unter Geltung des § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost auch nicht einer ordentlichen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen den Vorzug vor einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Auslauffrist geben. Er muss deshalb nicht zunächst versuchen, einen Sozialplan abzuschließen oder die Zustimmung der Tarifvertragsparteien einzuholen. Beide Kündigungsformen stehen nach ihrer Ausgestaltung im MTV Stahl Ost vielmehr alternativ nebeneinander. Die beiden nicht ausgeschlossenen Möglichkeiten der ordentlichen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen stellen nach den tariflichen Vorgaben nicht gleich wirksame Gestaltungsmittel dar. Für die Erteilung der Zustimmung der Tarifvertragsparteien sind keine abstrakten Maßstäbe festgelegt. Es ist auch kein zeitlicher Rahmen vorgesehen, innerhalb dessen diese über ein an sie herangetragenes Gesuch zu befinden hätten (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 32). Einen Sozialplan kann der Arbeitgeber nach §§ 111 ff. BetrVG nur unter bestimmten - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen und dann auch lediglich über den langwierigen Weg eines Einigungsstellenverfahrens (§ 112 Abs. 4 BetrVG) erzwingen. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Beklagte bereits vor Ausspruch der Kündigungen vom 27. Februar 2013 ohnehin erfolglos versucht hatte, sowohl mit dem Betriebsrat einen Sozialplan auszuhandeln als auch die Zustimmung der zuständigen Gewerkschaft zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin einzuholen.

29

dd) Jedoch ist offen, ob ein betriebsbedingter wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB besteht.

30

(1) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen oder - wie hier - tariflich in einer Weise eingeschränkt ist, die ihren Vorrang aufhebt, und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall in besonderem Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzuführen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (vgl. BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 15, BAGE 145, 265 jeweils mwN).

31

(2) Den hohen materiell-rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB entsprechen die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers. Dieser hat von sich aus darzutun, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - ggf. zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“ (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 41).

32

(3) Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt, ob die Beklagte die behaupteten Organisationsentscheidungen tatsächlich getroffen und - mit der Folge des Wegfalls von Bedarf an abhängiger Beschäftigung (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 28, BAGE 145, 265) - umgesetzt hat. Das hat es nachzuholen. Dabei ist zu beachten, dass die Darlegung der Kündigungsgründe umso detaillierter sein muss, je näher die fragliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrückt (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, aaO; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 18). Auf die Frage nach dem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs käme es nur dann nicht an, wenn das Landesarbeitsgericht annehmen sollte, dass in jedem Fall eine Möglichkeit bestand, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin - und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzuführen. Eine Weiterbeschäftigung bei einer anderen Konzerngesellschaft könnte die Klägerin freilich nur nach den insofern geltenden allgemeinen Grundsätzen beanspruchen (vgl. dazu BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 39).

33

(4) Ggf. wird das Landesarbeitsgericht die Frage nach einer Missbräuchlichkeit der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten unter Berücksichtigung nachstehender Hinweise zu beantworten haben.

34

(a) Die gerichtliche Kontrolle einer unternehmerischen Entscheidung zielt nicht darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen. Sie dient nicht dazu, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die ihn gerade zu dem von ihm gewählten Konzept bewogen haben. Es geht allein um die Verhinderung von Missbrauch (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 31 mwN). Ein solcher kann vorliegen, wenn das Konzept des Arbeitgebers alleine darauf abzielt, den Arbeitnehmer „loszuwerden“ und dies mit einer unternehmerischen Entscheidung zu begründen (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe).

35

(b) Für eine beschlossene und durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 15; 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31 jeweils mwN). Im Prozess hat der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29). Trägt er entsprechende Indizien vor, ist in den Tatsacheninstanzen zunächst zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff, auf das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs schließen lassen. Ist dem so, sind die vom Arbeitnehmer angetretenen Beweise zu erheben, soweit der Arbeitgeber die Indiztatsachen ausreichend bestritten hat (§ 138 ZPO), und sind die Ergebnisse der Beweisaufnahme unter Beachtung der den Arbeitnehmer treffenden objektiven Beweislast zu würdigen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Bei alledem ist das Gericht grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft es den - unstreitigen oder bewiesenen - Indizien im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. allgemein zum Indizienbeweis BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 43; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe).

36

(c) Die bisher getroffenen Feststellungen gestatten nicht die Annahme von Rechtsmissbrauch, schließen dessen Vorliegen aber auch nicht aus. Aus der bloßen Tatsache, dass von der Fremdvergabe - zunächst - nur der Arbeitsplatz der Klägerin betroffen war, kann - wie ausgeführt - ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf eine Umgehung des besonderen Kündigungsschutzes geschlossen werden. Die genauen Gründe, die die Kündigungen aus den Jahren 2011 und 2012 rechtfertigen sollten, sind im hiesigen Rechtsstreit nicht vorgetragen. Es lässt sich deshalb nicht beurteilen, ob die Beklagte „alte“ Organisationsentscheidungen lediglich „fortgeschrieben“ hat. Dass die nunmehr behaupteten unternehmerischen Entscheidungen - auch - durch Gründe im Verhalten der Klägerin motiviert gewesen sein mögen, führt ebenfalls nicht ohne Weiteres zur Annahme von Rechtsmissbrauch (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 32). Die Beschlüsse der Beklagten können selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar gewesen sein, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Verhalten der Klägerin zum Anlass genommen haben sollte, die Arbeiten der EDV-Organisatorin an ein externes Unternehmen zu vergeben (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 47). Warum diese Entscheidungen erst Anfang 2013 getroffen wurden, obgleich die Klägerin bereits seit Januar 2012 nicht mehr beschäftigt wurde, ist derzeit nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, warum der behauptete Beschluss, nun auch die Tätigkeiten des EDV-Beauftragten nach außen zu vergeben, erst nach dessen Eigenkündigung gefasst wurde. Er muss nicht - nur - dazu gedient haben, die Chancen der Klägerin zu verschlechtern, mit ihrem Wiedereinstellungsbegehren durchzudringen, sondern könnte sogar gegen das Vorliegen von Rechtsmissbrauch sprechen. Den Parteien wird gemäß § 139 Abs. 2 ZPO zunächst Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein.

37

(5) Sollte sich herausstellen, dass die von der Beklagten behauptete Organisationsentscheidung tatsächlich getroffen und umgesetzt wurde, sie nicht rechtsmissbräuchlich war und keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestand, schiede eine außerordentliche Kündigung nicht deshalb aus, weil die Beklagte nur noch für eine nicht erhebliche Zeit an ein ggf. sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden gewesen wäre. Die Klägerin war bei Ablauf der Auslauffristen 53 bzw. 54 Jahre alt und damit weit entfernt von einer - tariflichen - Altersgrenze (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 31, BAGE 145, 265).

38

b) Angesichts der aufgezeigten Stufenverhältnisse ist offen, ob die gegen die ordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 und die gegen die Kündigungen vom 27. März 2013 gerichteten Klageanträge zur Entscheidung anfallen werden. Falls es auf sie ankommen sollte, dürften die beiden ordentlichen Kündigungen - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - gemäß § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost unwirksam sein, weil vor ihrem Ausspruch weder ein Sozialplan noch die Zustimmung der Tarifvertragsparteien vorlag. Für eine Altersdiskriminierung, die dazu führen könnte, dass diese Kündigungsbeschränkungen nicht eingreifen (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 295/12 - Rn. 51, BAGE 145, 296), bestehen keine Anhaltspunkte.

39

C. Falls sich eine der - außerordentlichen - Kündigungen als wirksam erweisen sollte, wird das Landesarbeitsgericht über den im Wege der Anschlussberufung iSv. § 524 ZPO in den Rechtsstreit eingeführten Antrag auf Wiedereinstellung zu entscheiden haben, wenn es die damit verbundene Klageerweiterung in der Berufungsinstanz gemäß §§ 533, 529 ZPO iVm. § 67 ArbGG für zulässig erachten sollte. Dem Erfolg des Wiedereinstellungsantrags könnte in der Sache entgegenstehen, dass der Arbeitsplatz des EDV-Beauftragten erst nach dem 31. Oktober 2013 frei geworden sein soll und seine Tätigkeiten nach dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten ebenfalls nach außen vergeben wurden. Zudem könnte mit der Übertragung dieser Aufgaben die einem Wiedereinstellungsanspruch entgegenstehende Beförderung der Klägerin verbunden sein.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Grimberg    

                 

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet und
2.
die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt
haben.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, wird die Altersgrenze von 63 Jahren wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19532632
19544634
19556636
19568638
1957106310
195812640
195914642
196016644
196118646
196220648
1963226410.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Februar 2012 - 7 Sa 2164/11 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. August 2011 - 19 Ca 4676/11 - abgeändert und festgestellt hat, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. März 2011 beendet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte wurde als landeseigene Gesellschaft gegründet. Sie bietet Büro- und Gewerbeflächen zur Miete an und verwaltet diese. Im Jahre 2007 wurde sie an die O S.A. verkauft.

3

Die im Oktober 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 30. August 1984 seit 24. Juli 1984 als Reinigungskraft beschäftigt. Sie war mit einem Grad von 30 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach den anwendbaren tariflichen Vorschriften war sie aufgrund ihres Alters und ihrer Beschäftigungszeit ordentlich nicht mehr kündbar.

4

Aufgrund einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung entschloss sich die Beklagte zu Umstrukturierungsmaßnahmen. Sie vereinbarte mit dem Betriebsrat am 29. Juni 2010 einen Interessenausgleich. Dieser sah verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der Mitarbeiterkapazitäten vor. Unter anderem war beabsichtigt, einen Betriebsteil „Reinigungsdienste“ zu bilden, der im Wege des Betriebsteilübergangs auf einen neuen Inhaber übertragen werden sollte. Ende Juni 2010 entschied sich die Beklagte, die im Interessenausgleich vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen. Sie schloss mit einem Unternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Reinigungsdienstleistungen für die von der Klägerin und einer weiteren Reinigungskraft betreuten Objekte. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 unterrichtete sie die Klägerin über den geplanten Betriebsteilübergang. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 28. Dezember 2010.

5

Mit Schreiben vom 1. März 2011 stellte die Beklagte die Klägerin bis auf Weiteres widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Nachdem Verhandlungen der Parteien über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei dem beauftragten Unternehmen erfolglos geblieben waren, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 4. März 2011 zu der Absicht an, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach.

6

Das Integrationsamt erteilte der beabsichtigten Kündigung am 14. März 2011 seine Zustimmung. Mit Schreiben vom 16. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit einer Frist bis zum 30. September 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Sie stellte die Klägerin am 24. März 2011 bis zum 31. März 2011 unwiderruflich, mit Wirkung ab 1. April 2011 widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 28. März 2011 bot sie der Klägerin als Vermittlerin einen befristeten Arbeitsvertrag bei dem beauftragten Reinigungsunternehmen an. Falls die Klägerin das Angebot annehme, werde sie ab dem 1. April 2011 unter Anrechnung des bei dem beauftragten Unternehmen erzielten Zwischenverdienstes unwiderruflich freigestellt. Die Klägerin nahm das Angebot an und arbeitete seit dem 1. April 2011 für das beauftragte Unternehmen.

7

Mit der vorliegenden Klage hat sich die Klägerin rechtzeitig gegen die Kündigung gewandt und Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung für den Zeitraum von April bis Juni 2011 verlangt. Sie hat gemeint, es fehle an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung. Die Entscheidung der Beklagten, die Reinigungstätigkeiten an ein Drittunternehmen zu vergeben, sei rechtsmissbräuchlich. Es hätten andere Möglichkeiten bestanden, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, etwa in Form der Personalgestellung bei dem beauftragten Reinigungs- oder einem Konzernunternehmen. Außerdem habe sie bei der Beklagten selbst im Bereich des Immobilienmanagements, der Buchhaltung oder des Sekretariats weiterbeschäftigt werden können. Dafür hätte es ausgereicht, wenn die Beklagte ihr Kenntnisse vermittelt hätte, die es ihr erlaubt hätten, ausgebildeten Kräften mit einfachen Tätigkeiten zuzuarbeiten. Ebenso gut sei sie als Hausmeisterin oder Hausmeisterassistentin einsetzbar und hätte nach einer Umorganisation mit Aufgaben im Bereich der Hausmeisterdienste betraut werden können. Auch könne sie als Reinigungskraft im Rahmen der Endreinigung nach der Beendigung von Mietverhältnissen, bei der Zwischenreinigung leerstehender Räume, bei der Anfangsreinigung von vermieteten Räumen und in den ausgelagerten Service-Centern tätig werden. Dort würden einfache Tätigkeiten überwiegend von Leiharbeitnehmern erbracht. Die Klägerin hat ferner die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Zudem hat sie gemeint, die vertraglich vereinbarte Vergütung stehe ihr auch für die Zeit ab April 2011 in voller Höhe zu. Der bei dem beauftragten Reinigungsunternehmen erzielte Zwischenverdienst sei nicht anzurechnen.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2011 weder zum 30. September 2011 noch zum nächstmöglichen Termin beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.549,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2011 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat ihre Entscheidung zur Fremdvergabe der Reinigungstätigkeiten ua. damit begründet, auf diese Weise Ausfälle bei Krankheit oder Urlaub leichter überbrücken zu können. Die Klägerin habe das Arbeitsverhältnis infolge des vorgesehenen Betriebsteilübergangs zu unveränderten Bedingungen bei einem solventen Unternehmen fortsetzen können. Beschäftigungsmöglichkeiten bei ihr bestünden nicht. Mangels der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten könne die Klägerin nicht als Sachbearbeiterin oder Sekretärin eingesetzt werden. Auch eine Tätigkeit als Hausmeisterin komme nicht in Betracht. In diesem Bereich könnten einzelne Arbeiten nicht sinnvoll aus dem gesamten Aufgabenspektrum herausgelöst werden, um sie der Klägerin zu übertragen. Ähnliches gelte für die übrigen Abteilungen. Die Hausmeister seien zudem in zahlreichen verschiedenen Höfen eingesetzt. Sie übten eine höherwertige Tätigkeit aus und seien dementsprechend höher als die Klägerin eingruppiert. Auch bei anderen Gesellschaften der Firmengruppe gebe es keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Diese beschäftigten keine Reinigungskräfte und andere geeignete Arbeitsplätze stünden bei ihnen nicht zur Verfügung. Eine Personalgestellung habe das beauftragte Reinigungsunternehmen abgelehnt.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags und eines Teils des Zahlungsbegehrens stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision hat teilweise Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage nicht stattgeben. Ob die Kündigung der Beklagten wirksam ist, steht noch nicht fest. Soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, ist die Revision unbegründet.

12

I. Die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2011 erweist sich auf Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht als unwirksam.

13

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

14

a) Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich unzulässig. Sie setzt voraus, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist es, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 13; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 16 ).

15

b) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 14; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08  - Rn. 17 ). Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - aaO).

16

aa) Eine infolge des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung zu erwartende, ggf. jahrelange Bindung des Arbeitgebers an ein Arbeitsverhältnis, in welchem er mangels sinnvoller Einsatzmöglichkeit keine werthaltige Gegenleistung mehr erhält, kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Darin liegt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. zuletzt Stein DB 2013, 1299, 1300) keine Kündigung aus „minderwichtigem Grund“ und keine Umgehung des vereinbarten Schutzes vor einer ordentlichen Kündigung. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund kann vielmehr auch durch eine (tarif-)vertragliche Vereinbarung zur ordentlichen Unkündbarkeit nicht beschränkt werden (vgl. BAG 11. Juli 1958 - 1 AZR 366/55 - zu 3 der Gründe, BAGE 6, 109; BGH 21. April 1975 -  II ZR 2/73  - zu 2 a der Gründe). Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung begründet keinen absoluten Schutz vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichem Anlass, wenn denn die Voraussetzungen vorliegen, die an einen wichtigen Grund zu stellen sind.

17

bb) Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und Nachteilen für den gerade besonders geschützten Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber bei einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung zwingend eine der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 14; 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 18 mwN). Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung entsteht dadurch nicht. Dafür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Auch die analoge Anwendung von §§ 9, 10 KSchG(vgl. dazu Stein DB 2013, 1299, 1301) scheidet aus. Die Bestimmungen sehen lediglich für den Fall der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Verurteilung zur Zahlung einer Abfindung vor. Mit der gerichtlichen Auflösung ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund erfolgreicher betriebsbedingter außerordentlicher Kündigung nicht zu vergleichen.

18

c) Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB kann sich - ebenso wie ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG - aus dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher, von äußeren Faktoren nicht „erzwungener“ Maßnahmen ergeben(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 15).

19

aa) Die einer betrieblich-organisatorischen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist außerdem, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfallen ist (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21 ).

20

bb) Dies gilt einmal in Fällen ordentlicher Kündigungen iSv. § 1 KSchG. Auf eine in Teilen des Schrifttums für erforderlich gehaltene Abwägung der wirtschaftlichen Vorteile, die der Arbeitgeber durch seine Maßnahme erlangt, gegen die Nachteile, die der Arbeitnehmer durch den Arbeitsplatzverlust erleidet (Däubler Die Unternehmerfreiheit im Arbeitsrecht S. 32, 44; Stein AuR 2013, 243, 248), kommt es de lege lata nicht an. Soweit hierfür auf die Ausfüllungsbedürftigkeit des Merkmals der „Dringlichkeit“ iSv. § 1 Abs. 2 KSchG abgestellt wird, wird möglicherweise übersehen, dass nicht die unternehmerisch-wirtschaftlichen Erfordernisse dringend sein müssen, sondern die betrieblichen(ebenso Krause in vHH/L 15. Aufl. § 1 Rn. 758 mwN). Führt die Umsetzung einer unternehmerischen Organisationsentscheidung auf betrieblicher Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für einen Arbeitnehmer und kann dieser auch nicht anderweit weiterbeschäftigt werden, bestehen „dringende betriebliche Erfordernisse“, die seiner Weiterbeschäftigung entgegenstehen und die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bedingen können. Für die Bewertung der betrieblichen Erfordernisse als „dringend“ kommt es nicht darauf an, in welchem Ausmaß für das Unternehmen wirtschaftliche Vorteile durch die Maßnahme zu erwarten sind. Die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation ist mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen - wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde, Rechtsmissbrauch also die Ausnahme ist (BAG 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 24; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 31; 24. Oktober 1979 - 2 AZR 940/77 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 32, 150). Darauf, ob die Maßnahme für den Bestand des Unternehmens notwendig, gar zwingend notwendig ist, kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob eine „hohe Zahl von Insolvenzen“ im Nachhinein für Fehleinschätzungen sprechen kann (so aber Stein AuR 2013, 243, 247) oder sich der Arbeitgeber auf einen „Dialog über Alternativen“ eingelassen hat (Stein aaO). Es ist nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG dem Arbeitgeber überlassen, wie er sein Unternehmen führt, ob er es überhaupt weiterführt und ob er seine Betätigungsfelder einschränkt. Er kann grundsätzlich Umstrukturierungen allein zum Zwecke der Ertragssteigerung vornehmen. Es kann unter Geltung von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ohnehin nicht darum gehen, ihm die fragliche organisatorische Maßnahme als solche gerichtlich zu untersagen, sondern nur darum, ob ihre tatsächliche Umsetzung eine Kündigung rechtfertigt(so auch Däubler aaO S. 44). Deren Wirksamkeit wiederum kann nach der Konzeption des Kündigungsschutzgesetzes nicht etwa davon abhängen, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung anbietet (so aber Däubler aaO).

21

cc) Dies gilt gleichermaßen in Fällen, in denen von der fraglichen Maßnahme ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen ist, dessen Arbeitsverhältnis nur außerordentlich nach § 626 BGB gekündigt werden kann(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe). Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Der Arbeitgeber muss deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO ; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 Rn. 749; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158; APS/Kiel 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 318d; aA - Outsourcing nur bei ansonsten unvermeidbarer Betriebsschließung - Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 163; Däubler FS Heinze S. 121, 127). Ob ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben ist, hängt in diesen Fällen davon ab, ob jedwede Möglichkeit ausgeschlossen ist, den Arbeitnehmer anderweit sinnvoll einzusetzen, und der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für erhebliche Zeiträume an ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden und aus diesem zur Vergütung verpflichtet wäre. Der in Tarifverträgen an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit und ein bestimmtes Lebensalter geknüpfte Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist regelmäßig nicht dahin zu verstehen, dass damit die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung generell - auch als außerordentliche - zumindest für die Fälle ausgeschlossen sein soll, in denen der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses auf wirtschaftlich nicht zwingend notwendigen unternehmerischen Organisationsentscheidungen beruht. Dass eine solche mittelbare Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit - unbeschadet ihrer Rechtswirksamkeit - gewollt wäre, lässt sich tariflichen Regelungen, nach denen der besondere Kündigungsschutz allein vom Lebensalter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt, ohne besondere Anhaltspunkte nicht entnehmen. Etwas anderes kann gelten, wenn der tarifliche oder einzelvertragliche Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen die Gegenleistung des Arbeitgebers für einen Verzicht auf bestimmte Rechtsansprüche durch die Arbeitnehmer darstellt. Auch dann ist der Arbeitgeber zwar rechtlich nicht gehindert, bestimmte, wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für geschützte Arbeitnehmer führen, und ist ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Möglichkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung als solcher wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 1 BGB rechtlich ausgeschlossen. Eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer bis zum zeitlich vorgesehenen Ende des - in aller Regel befristeten - Kündigungsausschlusses wird aber in dieser Situation nur im Extremfall anzunehmen sein.

22

dd) Insofern besteht auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 2002 (- II ZR 353/00 -), in welcher dieser auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags wegen des auf geschäftspolitischen Gründen beruhenden Beschlusses der Muttergesellschaft, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen, erkannt hat (eine Divergenz bejahend aber Stein DB 2013, 1299, 1301). Dort war eine ordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags nicht dauerhaft, sondern im Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung nur noch für gut ein Jahr ausgeschlossen.

23

ee) Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen. Allerdings strahlt das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an Bestandsschutz auf die Auslegung und Anwendung der kündigungsrechtlichen Vorschriften aus. Daher haben die Gerichte von Verfassungs wegen zu prüfen, ob von deren Anwendung im Einzelfall Grundrechte des Arbeitnehmers berührt sind. Trifft das zu, haben sie die einfachgesetzlichen Vorschriften, soweit möglich, im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (BVerfG 19. März 1998 - 1 BvR 10/97 -; 8. Juli 1997 -  1 BvR 2111/94 , 1 BvR 195/95, 1 BvR 2189/95 - BVerfGE 96, 171 ; BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 18; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01  - zu II 1 c der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Dem entspricht es, dass die Darlegung der Kündigungsgründe umso detaillierter sein muss, je näher die fragliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrückt (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 22 ).

24

2. In Anwendung dieser Grundsätze mangelte es im Streitfall nicht bereits deshalb an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB, weil die von der Beklagten getroffene Organisationsentscheidung rechtlich zu beanstanden wäre.

25

a) Nach den bisherigen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte rechtsmissbräuchlich entschieden hätte, mit den Reinigungsarbeiten ein anderes Unternehmen zu beauftragen. Die Beklagte hat ua. geltend gemacht, die Fremdvergabe ermögliche es ihr, Ausfälle bei Krankheit oder Urlaub leichter zu überbrücken. Diese Erwägungen sind weder sachfremd noch willkürlich. Ihre Umsetzung ist von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, der Beklagten eine „bessere“ oder „richtige“ Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in ihre wirtschaftliche Kalkulation einzugreifen (vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01  - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31 ).

26

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bedurfte es auch angesichts der ordentlichen Unkündbarkeit der Klägerin keiner besonderen Umstände - wie etwa der Notwendigkeit einer Änderung der Produktpalette oder einer angespannten betriebswirtschaftlichen Situation -, die die durchgeführte Umstrukturierung als unumgänglich ausgewiesen hätten. Zwar hat der Senat in den Entscheidungen vom 26. März 2009 (- 2 AZR 879/07 -) und 2. März 2006 (- 2 AZR 64/05 -) - bezogen auf eine Änderungskündigung - angenommen, der Arbeitgeber müsse bereits bei Erstellung seines unternehmerischen Konzepts geltende Kündigungsbeschränkungen berücksichtigen (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 56; 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - Rn. 28), und hat daraus gefolgert, dies wirke sich im Prozess bei der Darlegungslast aus; aus dem Vorbringen des Arbeitgebers müsse erkennbar sein, dass er auch angesichts der bestehenden Kündigungsbeschränkungen alles Zumutbare unternommen habe, um die durch sein Konzept notwendig werdenden Anpassungen der Vertragsbedingungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 57; 2. März 2006 - 2 AZR 64/05 - Rn. 29). Die unternehmerische Entscheidung selbst unterliegt aber nicht deshalb einer weiter reichenden gerichtlichen Kontrolle, weil vom Arbeitsplatzabbau (auch) ordentlich unkündbare Arbeitnehmer betroffen sind. Vom Arbeitgeber im Einzelnen darzulegen und von den Gerichten zu überprüfen ist hingegen, dass bzw. ob das fragliche unternehmerische Konzept eine (Änderungs-)Kündigung tatsächlich erzwingt.

27

c) Der Ausschluss der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung erforderte es auch nicht, dass die Beklagte Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin neu schüfe. Es kommt allein darauf an, ob andere Beschäftigungsmöglichkeiten tatsächlich bestanden. Die Beklagte hat detailliert dazu vorzutragen, weshalb dies nicht der Fall gewesen sein soll. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Landesarbeitsgericht ihr Vorbringen bisher nicht gewürdigt.

28

aa) Anders als in dem Fall, der der vom Landesarbeitsgericht angeführten Entscheidung des Senats vom 26. September 2002 (- 2 AZR 636/01 - BAGE 103, 31) zugrunde lag, bestand hier ein Beschäftigungsbedürfnis nicht etwa deshalb fort, weil in den betrieblichen Abläufen faktisch keine Änderung eingetreten wäre. Die Reinigungsarbeiten sollten an das beauftragte Unternehmen zur selbständigen Erledigung vergeben und nicht durch eine in das Unternehmen der Arbeitgeberin voll eingegliederte Organgesellschaft verrichtet werden. Ein Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten bestand gerade nicht fort. Nach deren Vorbringen lag stattdessen ein Betriebsteilübergang vor. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wäre danach gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das beauftragte Unternehmen übergegangen, hätte diese dem nicht widersprochen.

29

bb) Ebenso wenig steht bislang fest, dass zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitsplätze frei gewesen wären, die die Beklagte der Klägerin wegen des Vorrangs der Änderungskündigung hätte anbieten müssen (vgl. dazu BAG 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 25 und 27).

30

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

31

1. Eine außerordentliche Kündigung schied nach dem festgestellten Sachverhalt nicht schon deshalb aus, weil die Beklagte nur noch für eine nicht erhebliche Zeit an ein ggf. sinnentleertes Arbeitsverhältnis mit der Klägerin gebunden gewesen wäre. Die Klägerin war bei Ablauf der Auslauffrist am 30. September 2011 46 Jahre alt und damit weit entfernt von einer tariflichen Altersgrenze.

32

2. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte die zweiwöchige Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hätte. Der - unterstellte - Wegfall des Beschäftigungsbedarfs ist ein „Dauertatbestand“. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt deshalb stets von Neuem(vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 28; 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97  - zu II 4 der Gründe, BAGE 88, 10 ).

33

3. Die Kündigung ist nach den bisherigen Feststellungen nicht gem. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die Klägerin hat eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung zwar bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat aber festgestellt, dass der Betriebsrat mit Schreiben vom 4. März 2011 zu der beabsichtigten Kündigung angehört worden ist, und hat dazu auf den Inhalt des Anhörungsschreibens Bezug genommen. Danach hat die Beklagte den Betriebsrat hinreichend über die Gründe für die Kündigung unterrichtet. Inwiefern dessen Anhörung gleichwohl fehlerhaft gewesen sei, hat die Klägerin nicht dargelegt.

34

III. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben, soweit es der Kündigungsschutzklage stattgegeben hat. In diesem Umfang ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung - mit Auslauffrist - gegeben war, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat - wie ausgeführt und aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft, ob der Beklagten die Weiterbeschäftigung der Klägerin trotz Umsetzung ihrer Organisationsentscheidung möglich und zumutbar war. Dies wird es unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen nachzuholen haben.

35

1. Die Anforderungen an die Bemühungen des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung eines vom Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes betroffenen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers sind hoch. Es muss sichergestellt sein, dass eine Kündigung unumgänglich ist ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 34). Bei der Prüfung, ob eine außerordentliche Kündigung - mit notwendiger Auslauffrist - gegenüber einem tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer berechtigt ist, ist zunächst die tarifliche Ausgestaltung des Sonderkündigungsschutzes als solche zu berücksichtigen. Stellt schon die tarifliche Regelung selbst dem Arbeitgeber bestimmte Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, um sich bei dringenden betrieblichen Gründen aus einem unzumutbar gewordenen vertraglichen Zustand zu lösen, so hat er in erster Linie von diesen Gebrauch zu machen. Erst wenn feststeht, dass auch sie versagen, kann eine außerordentliche Kündigung - mit Auslauffrist - gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer in Betracht kommen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 35; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 c der Gründe). Aufgrund welcher tarifvertraglichen Vorschriften die Klägerin im Streitfall ordentlich unkündbar war, ist vom Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt.

36

2. Den hohen materiellrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines aus betrieblichen Erfordernissen resultierenden wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB entsprechen die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers(BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn.  41; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 21 ). Der Arbeitgeber hat von sich aus darzutun, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - ggf. zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichenbetriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“. Es ist deshalb vom Arbeitgeber darzulegen ( BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO ; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02  - zu II 3 d der Gründe ).

37

IV. Die Revision ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für die Monate April bis Juni 2011 in Höhe von 421,90 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

38

1. Der Anspruch der Klägerin folgt aus einem Annahmeverzug der Beklagten gem. § 611 Abs. 1 iVm. § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB.

39

a) Im fraglichen Zeitraum bestand das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fort.

40

aa) Auch wenn der Betriebsteil „Reinigungsdienste“ auf das beauftragte Reinigungsunternehmen übergegangen sein mag, ist dieses nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin eingetreten. Die Klägerin hatte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB widersprochen.

41

bb) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand in den Monaten April bis Juni 2011 unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung vom 16. März 2011. Die Kündigung war zwar außerordentlich, aber erst zum 30. September 2011 ausgesprochen worden.

42

b) Die Beklagte befand sich mit der Annahme der Leistung der Klägerin in Verzug (§ 615 Satz 1 iVm. §§ 293 ff. BGB). Sie hatte durch die Freistellung der Klägerin eine Annahme von deren Arbeitsleistung generell abgelehnt. Damit geriet sie, ohne dass es noch eines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots der Klägerin bedurft hätte, gem. § 296 Satz 1 BGB in Gläubigerverzug(vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 611 BGB Rn. 571).

43

c) § 297 BGB steht dem nicht entgegen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Klägerin sei im fraglichen Zeitraum nicht leistungswillig und damit iSv. § 297 BGB zur Leistung außerstande gewesen, hat sie hierfür keine hinreichenden Umstände dargelegt. Die Klägerin hatte zwar mit Wirkung ab April 2011 auf Vermittlung der Beklagten einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem beauftragten Unternehmen geschlossen. Die Beklagte hatte sie aber für den Fall der Annahme des Angebots unwiderruflich von der Arbeitsleistung ihr gegenüber freigestellt und mit ihr lediglich die Anrechenbarkeit des Zwischenverdienstes vereinbart. Dies rechtfertigt es nicht, die Klägerin im Verhältnis zur Beklagten als nicht leistungswillig anzusehen.

44

2. Die Klägerin kann jedenfalls den vom Landesarbeitsgericht titulierten Betrag verlangen.

45

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, bei diesem Betrag handele es sich um die Differenz zwischen der der Klägerin gegenüber der Beklagten zustehenden Vergütung für die Zeit von April bis Juni 2011 und den anzurechnenden Zahlungen des beauftragten Unternehmens für den gleichen Zeitraum. Dagegen erhebt die Revision keine Einwände.

46

b) Der der Klägerin vom Landesarbeitsgericht zugesprochene Differenzanspruch steht dieser in voller Höhe auch dann zu, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. September 2011 geendet haben sollte. Das Landesarbeitsgericht hat seiner - von ihm nicht nachvollziehbar dargestellten - Berechnung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien über dieses Datum hinaus zugrunde gelegt. Es hat ferner angenommen, dieser Umstand führe dazu, dass sich die Klägerin auf ihre Ansprüche gegen die Beklagte auch das vom Drittunternehmen erst nach dem 30. September 2011 gezahlte Urlaubsgeld 2011 mit seinem vollen Betrag anrechnen lassen müsse. Der Senat hat davon auszugehen, dass das Landesarbeitsgericht diese Erwägungen rechnerisch umgesetzt und bei seiner Tenorierung berücksichtigt hat. Damit hat die Klägerin in jedem Fall mindestens Anspruch auf den vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Betrag. Sollte sich die Kündigung der Beklagten als wirksam erweisen und das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2011 geendet haben, könnte sich das allenfalls zugunsten der Klägerin auswirken. Ansprüche auf Vergütung für die Zeit nach dem 30. September 2011 hat sie nicht erhoben. Das vom Drittunternehmen geleistete Urlaubsgeld wäre deshalb womöglich auf die für die Zeit davor verlangte Vergütung entweder gar nicht oder doch nicht in vollem Umfang anzurechnen.

47

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Krichel    

        

    Grimberg    

                 

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Januar 2014 - 4 Sa 1509/13, 4 Sa 2050/13 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es ihre Berufung gegen die Entscheidung über die Kündigungsschutzanträge in dem Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. August 2013 - 2 Ca 441/13 - zurückgewiesen hat.

2. Im Übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen und Zahlungsansprüche der Klägerin.

2

Die 1959 geborene Klägerin ist seit 1983 als EDV-Organisatorin in dem von der Beklagten geführten Betrieb beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Bindung an einen Anerkennungstarifvertrag der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen- und Stahlindustrie Ost (MTV Stahl Ost) vom 25. März 1991 Anwendung. Dieser bestimmt in seinem § 17:

       

„…    

        

6.2 Einem Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens 15 Jahre angehört, kann nur noch aus in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegendem wichtigen Grund oder bei Vorliegen eines Sozialplans oder bei Zustimmung der Tarifvertragsparteien gekündigt werden.

        

...     

        

8. Im Übrigen gelten für ordentliche Kündigungen die gesetzlichen Bestimmungen. Die gesetzlichen Bestimmungen über fristlose Kündigungen bleiben unberührt.“

3

Die Beklagte erklärte in den Jahren 2011 und 2012 zunächst zwei auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützte ordentliche Kündigungen und sodann eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus Gründen im Verhalten der Klägerin. Sämtliche Kündigungen wurden gerichtlich für unwirksam befunden. Seit dem 1. Januar 2012 wird die Klägerin tatsächlich nicht mehr beschäftigt.

4

In der Folgezeit forderte die Beklagte vergeblich den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu Sozialplanverhandlungen und die zuständige Gewerkschaft zur Zustimmung zu einer weiteren ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf. Im Anschluss daran sprach sie - jeweils nach Anhörung des Betriebsrats - mit Schreiben vom 27. Februar 2013 und 27. März 2013 eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 30. September 2013 bzw. eine solche zum 31. Oktober 2013 aus; hilfsweise erklärte sie jeweils ordentliche Kündigungen zu diesen Terminen.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin sich rechtzeitig gegen die Kündigungen vom 27. Februar 2013 und 27. März 2013 gewandt. Angebote zur Beschäftigung bei anderen Konzerngesellschaften in S (ab Dezember 2012) und E (ab April 2013) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Anträge lehnte sie ab. Die Klägerin hat gemeint, der MTV Stahl Ost schließe außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen komplett aus und lasse ordentliche Kündigungen aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nur bei Vorliegen eines Sozialplans oder mit Zustimmung beider Tarifvertragsparteien zu. Für die außerordentlichen Kündigungen fehle im Übrigen ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB. Die von der Beklagten behaupteten, allein ihren Arbeitsplatz betreffenden Organisationsentscheidungen könnten schon deshalb nicht anerkannt werden, weil sie in Reaktion auf das Unterliegen in den vorangegangenen Kündigungsschutzprozessen getroffen worden seien. Sollte eine der streitgegenständlichen Kündigungen für wirksam erachtet werden, könne sie ihre Wiedereinstellung verlangen. Für die Monate August 2012 bis einschließlich Mai 2013 stehe ihr Annahmeverzugsvergütung zu. Es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, vorübergehend in S oder E tätig zu werden. Nach Erreichen einer Beschäftigungsdauer von 30 Jahren am 28. Februar 2013 habe sie aus einer entsprechenden Betriebsvereinbarung Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung.

6

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 27. Februar und 27. März 2013 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.798,40 Euro brutto abzüglich 15.834,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach im Einzelnen bezeichneter Staffelung zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 255,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2013 zu zahlen;

        

4.    

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als EDV-Organisatorin zu den Konditionen des zwischen den Parteien bis zum 30. September 2013 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2013 anzunehmen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, der MTV Stahl Ost schränke das Recht zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung nicht ein. Ein wichtiger Grund liege vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei sinnentleert. Die Klägerin könne nicht mehr beschäftigt werden. Hierzu hat die Beklagte behauptet, sie habe im Vorfeld der Kündigung vom 27. Februar 2013 beschlossen, etwa 10 % der Aufgaben der Klägerin auf einen anderen Arbeitnehmer, den EDV-Beauftragten, zu übertragen und die restlichen Tätigkeiten nach außen zu vergeben. Vor Ausspruch der Kündigung vom 27. März 2013 habe sie entschieden, die Arbeiten der Klägerin gänzlich auf ein externes Unternehmen zu verlagern. Anderweitige Möglichkeiten, die Klägerin einzusetzen, bestünden nicht. Eine dauerhafte Beschäftigung bei einer anderen Konzerngesellschaft könne sie - die Beklagte - nicht durchsetzen. Die Klägerin könne auch keine Wiedereinstellung verlangen. Der EDV-Beauftragte habe erst zum 31. Dezember 2013 gekündigt. Zudem seien seine Tätigkeiten daraufhin ebenfalls an ein Drittunternehmen vergeben worden. Annahmeverzugsvergütung stehe der Klägerin aufgrund der Beschäftigungsangebote für die Zwischenzeit jedenfalls ab Dezember 2012 nicht mehr zu. Eine Jubiläumszuwendung sei nicht geschuldet, weil das Arbeitsverhältnis am Stichtag bereits gekündigt gewesen sei.

8

Die Vorinstanzen haben den Hauptanträgen - soweit noch von Interesse - stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel weiter, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist bezüglich der Zahlungsanträge unzulässig. Hinsichtlich der Kündigungsschutzanträge ist sie zulässig und begründet. Insoweit führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte dieses den Kündigungsschutzanträgen nicht stattgeben. Ob eine der außerordentlichen Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat, steht noch nicht fest.

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A. Soweit die Beklagte sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung und Jubiläumsgeld wendet, ist ihre Revision unzulässig. Sie ist insoweit nicht in der gesetzlich gebotenen Form begründet worden.

11

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den vermeintlichen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Sie muss dazu eine Auseinandersetzung mit den tragenden Argumenten des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Bei mehreren Streitgegenständen muss grundsätzlich für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. Mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand ist dann zugleich dargelegt, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 146, 353).

12

II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin Annahmeverzugsvergütung für die Monate August 2012 bis einschließlich Mai 2013 zuerkannt. Es hat gemeint, sie habe keinen Zwischenerwerb böswillig iSv. § 11 Satz 1 KSchG unterlassen. Eine vorübergehende Tätigkeit in S oder E sei ihr nicht zumutbar gewesen, weil sie dafür ihren Lebensmittelpunkt hätte verlegen müssen. Diese Argumentationslinie hat die Beklagte offensichtlich nicht einmal zur Kenntnis genommen, wenn sie ihre Revision einzig damit begründet, dass die Klägerin gemäß § 106 GewO ohnehin bundesweit habe eingesetzt werden können. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung nicht darauf gestützt, der Klägerin seien „vertragsfremde“ Einsätze angeboten worden. Eine eigenständige Begründung war nicht deshalb entbehrlich, weil die Zahlungsansprüche der Klägerin von dem Schicksal der Kündigungsschutzanträge abhingen. Die streitgegenständlichen Kündigungen sollten frühestens zum 30. September 2013 greifen. Sie konnten den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis einschließlich Mai 2013 nicht in Frage stellen.

13

III. Mit dem Anspruch der Klägerin auf eine Jubiläumszuwendung befasst sich die Revision überhaupt nicht. Das wäre indes erforderlich gewesen. Der Anspruch bestand nach der Begründungslinie des Landesarbeitsgerichts ebenfalls unabhängig vom Schicksal der Kündigungsschutzanträge. Das Berufungsgericht hat gemeint, nach der maßgeblichen Betriebsvereinbarung bestehe ein Anspruch auf die Jubiläumszuwendung auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis an dem Stichtag bereits - wirksam - gekündigt sei. Es hat sich der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen, dass es allein auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses am Stichtag ankomme. Vor dem 1. März 2013 konnte dieses durch die frühestens zum 30. September 2013 wirkenden Kündigungen nicht aufgelöst worden sein. Wenn das Arbeitsgericht von „Kündigungen“ gesprochen hat, die das Arbeitsverhältnis - mit der Folge seines Bestands am 1. März 2013 - „nicht aufgelöst“ hätten, meinte es die vorangegangenen Kündigungen aus den Jahren 2011 und 2012.

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B. Soweit die Klägerin mit ihren Kündigungsschutzanträgen obsiegt hat, ist die Revision der Beklagten zulässig und begründet.

15

I. Was die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigungen vom 27. Februar und 27. März 2013 betrifft, ist es unschädlich, dass die Revision insoweit nicht eigens begründet wurde. Würde die gegen die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 gerichtete Klage abgewiesen, wäre zugleich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die anderen Kündigungsschutzanträge hinfällig. Sollte diese Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2013 aufgelöst haben, fielen - materiell-rechtlich - die weiteren Kündigungserklärungen und - prozessrechtlich - die entsprechenden Kündigungsschutzanträge samt der zu ihnen ergangenen gerichtlichen Entscheidungen fort. Die Beklagte hat alle weiteren Kündigungen nur hilfsweise für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits aufgrund einer „vorangegangenen“ Kündigung aufgelöst worden ist. Die Klägerin will sich gegen die weiteren Kündigungen lediglich zur Wehr setzen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht schon durch eine „vorherige“ Kündigung geendet hat (zu den materiell- und prozessrechtlichen Abhängigkeiten bei im Haupt- und Hilfsverhältnis ausgesprochenen Kündigungen vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 16 ff. mwN, BAGE 146, 353; zu den materiell-rechtlichen Verknüpfungen und deren Folgen für die Revisionsbegründung siehe schon BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111).

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II. Die Revision ist bezüglich aller Kündigungsschutzanträge begründet. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 nicht für unwirksam erachten. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung aufgelöst worden ist, steht noch nicht fest. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Dieses wird den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu eröffnen und ggf. weitere Feststellungen zu treffen haben.

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1. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 für unwirksam befunden hat, trägt nicht.

18

a) Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, die außerordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 sei unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB fehle. Durch die Vergabe allein der Tätigkeiten der Klägerin habe die Beklagte deren Weiterbeschäftigung gezielt unmöglich gemacht. Nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB dürfe sie sich nicht auf eine selbst herbeigeführte Sinnentleerung des Arbeitsverhältnisses berufen.

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b) Gegen diese Begründung wendet die Revision sich zu Recht.

20

aa) Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers iSv. § 626 Abs. 1 BGB kann sich - ebenso wie ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 KSchG - aus dem dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher, von äußeren Faktoren nicht „erzwungener“ Maßnahmen ergeben(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 18 ff. mwN, BAGE 145, 265). Der Arbeitgeber muss regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird. Dabei kann es unter Geltung von Art. 12 Abs. 1 GG ohnehin nicht darum gehen, ihm die fragliche organisatorische Maßnahme als solche gerichtlich zu untersagen, sondern nur darum, ob ihre tatsächliche Umsetzung eine Kündigung rechtfertigt. In keinem Fall ist schon die unternehmerische Maßnahme als solche (tariflich) ausgeschlossen. Der tarifvertragliche Sonderkündigungsschutz schränkt nicht die Freiheit des Arbeitgebers ein, Umstrukturierungen vorzunehmen, mit denen der Verlust von Arbeitsplätzen verbunden ist. Er erhöht allerdings erheblich die Anforderungen an die Bemühungen, gleichwohl die - anderweitige - Beschäftigung des Arbeitnehmers zu ermöglichen (zur ausführlichen Begründung siehe BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 18 ff., aaO ; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 15 ff. jeweils mwN).

21

bb) Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Weder stellt der Verzicht auf eine vom Arbeitgeber beschlossene Organisationsentscheidung eine „geeignete andere Maßnahme“ zur Vermeidung einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung dar, noch ist die Vergabe der Aufgaben (nur) eines Arbeitnehmers an ein Drittunternehmen per se rechtsmissbräuchlich iSv. § 242 BGB(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 380/12 - Rn. 25; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 e aa der Gründe, BAGE 103, 31). Um einen darin liegenden Missbrauch darzutun, bedarf es vielmehr weiterer einschlägiger Umstände.

22

2. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 27. Februar 2013 kann nicht abschließend beurteilt werden. Ob es auf die ordentliche Kündigung gleichen Datums oder die beiden Kündigungen vom 27. März 2013 ankommen und insbesondere die zweite außerordentliche Kündigung sich ggf. als wirksam erweisen wird, steht damit ebenfalls noch nicht fest.

23

a) Der Senat kann die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 27. Februar 2013 nicht abschließend beurteilen.

24

aa) Zwar ist sie mit der notwendigen, der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist erklärt (vgl. dazu BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 145, 265; 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 17), ist der Betriebsrat vor ihrem Ausspruch korrekt nach den für ordentliche Kündigungen gemäß § 102 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 2 BetrVG geltenden Grundsätzen angehört und ist die bei einem „Dauertatbestand“ stets von Neuem beginnende(vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 32, aaO; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 28) Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt worden.

25

bb) Auch schließt § 17 MTV Stahl Ost das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen mit notwendiger Auslauffrist weder gänzlich aus, noch schränkt er es ein.

26

(1) Beides folgt aus § 17 Nr. 8 MTV Stahl Ost. Gemäß Satz 1 der Vorschrift gelten „im Übrigen“ für ordentliche Kündigungen die gesetzlichen Bestimmungen. Nach ihrem Satz 2 bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über „fristlose“ Kündigungen „unberührt“. Die Gegenüberstellung beider Sätze zeigt, dass die Tarifvertragsparteien den Ausdruck „fristlos“ nicht als Pendant zu „fristgerecht“, sondern als Pendant zu „ordentlich“ und damit als „außerordentlich“ iSv. § 626 Abs. 1 BGB verstanden haben. Der Ausdruck erfasst auch eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist. Das folgt daraus, dass auch eine nach § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost ausdrücklich mögliche personenbedingte außerordentliche Kündigung kaum jemals als fristlose in Betracht kommen dürfte (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 26). Da die gesetzlichen Bestimmungen über außerordentliche Kündigungen - anders als die für ordentliche Kündigungen - nicht nur „im Übrigen“ gelten, sondern „unberührt“ bleiben, ist zugleich klargestellt, dass außerordentliche betriebsbedingte Kündigungen nicht an einschränkende Voraussetzungen - etwa das Vorliegen eines Sozialplans oder die Zustimmung beider Tarifvertragsparteien - gebunden sein sollen. § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost erwähnt die Kündigung aus betriebsbedingtem wichtigen Grund ersichtlich allein deshalb nicht, weil eine ordentliche Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen - anders als verhaltens- und personenbedingte ordentliche Kündigungen - nicht komplett ausgeschlossen, sondern „lediglich“ an die benannten Voraussetzungen gebunden ist.

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(2) In Anbetracht der Regelungen des § 17 Nr. 8 MTV Stahl Ost kann dahinstehen, ob der vollständige Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung verfassungsrechtlich bedenklich wäre(vgl. insofern schon BAG 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 88, 10). Ebenso kann offenbleiben, ob im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nicht besondere Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien zu einer auch nur erheblichen Einschränkung dieses Rechts erforderlich wären. Diese fehlen regelmäßig, wenn eine solche Einschränkung - wie hier - „lediglich“ an die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter des Arbeitnehmers anknüpft, und es sich nicht um eine - zeitlich begrenzte - Gegenleistung des Arbeitgebers für einen Verzicht der Arbeitnehmer auf bestimmte Rechtsansprüche handelt (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 21, BAGE 145, 265 für den Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung und den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen des Arbeitgebers).

28

cc) Schließlich muss der Arbeitgeber unter Geltung des § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost auch nicht einer ordentlichen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen den Vorzug vor einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit Auslauffrist geben. Er muss deshalb nicht zunächst versuchen, einen Sozialplan abzuschließen oder die Zustimmung der Tarifvertragsparteien einzuholen. Beide Kündigungsformen stehen nach ihrer Ausgestaltung im MTV Stahl Ost vielmehr alternativ nebeneinander. Die beiden nicht ausgeschlossenen Möglichkeiten der ordentlichen Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen stellen nach den tariflichen Vorgaben nicht gleich wirksame Gestaltungsmittel dar. Für die Erteilung der Zustimmung der Tarifvertragsparteien sind keine abstrakten Maßstäbe festgelegt. Es ist auch kein zeitlicher Rahmen vorgesehen, innerhalb dessen diese über ein an sie herangetragenes Gesuch zu befinden hätten (vgl. BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 32). Einen Sozialplan kann der Arbeitgeber nach §§ 111 ff. BetrVG nur unter bestimmten - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen und dann auch lediglich über den langwierigen Weg eines Einigungsstellenverfahrens (§ 112 Abs. 4 BetrVG) erzwingen. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Beklagte bereits vor Ausspruch der Kündigungen vom 27. Februar 2013 ohnehin erfolglos versucht hatte, sowohl mit dem Betriebsrat einen Sozialplan auszuhandeln als auch die Zustimmung der zuständigen Gewerkschaft zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin einzuholen.

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dd) Jedoch ist offen, ob ein betriebsbedingter wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB besteht.

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(1) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen oder - wie hier - tariflich in einer Weise eingeschränkt ist, die ihren Vorrang aufhebt, und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Allerdings ist der Arbeitgeber in diesem Fall in besonderem Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzuführen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (vgl. BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 15, BAGE 145, 265 jeweils mwN).

31

(2) Den hohen materiell-rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB entsprechen die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers. Dieser hat von sich aus darzutun, dass keinerlei Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - ggf. zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“ (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 41).

32

(3) Das Landesarbeitsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - nicht festgestellt, ob die Beklagte die behaupteten Organisationsentscheidungen tatsächlich getroffen und - mit der Folge des Wegfalls von Bedarf an abhängiger Beschäftigung (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 28, BAGE 145, 265) - umgesetzt hat. Das hat es nachzuholen. Dabei ist zu beachten, dass die Darlegung der Kündigungsgründe umso detaillierter sein muss, je näher die fragliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrückt (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 23, aaO; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 18). Auf die Frage nach dem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs käme es nur dann nicht an, wenn das Landesarbeitsgericht annehmen sollte, dass in jedem Fall eine Möglichkeit bestand, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin - und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzuführen. Eine Weiterbeschäftigung bei einer anderen Konzerngesellschaft könnte die Klägerin freilich nur nach den insofern geltenden allgemeinen Grundsätzen beanspruchen (vgl. dazu BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 39).

33

(4) Ggf. wird das Landesarbeitsgericht die Frage nach einer Missbräuchlichkeit der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten unter Berücksichtigung nachstehender Hinweise zu beantworten haben.

34

(a) Die gerichtliche Kontrolle einer unternehmerischen Entscheidung zielt nicht darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen. Sie dient nicht dazu, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die ihn gerade zu dem von ihm gewählten Konzept bewogen haben. Es geht allein um die Verhinderung von Missbrauch (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 31 mwN). Ein solcher kann vorliegen, wenn das Konzept des Arbeitgebers alleine darauf abzielt, den Arbeitnehmer „loszuwerden“ und dies mit einer unternehmerischen Entscheidung zu begründen (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe).

35

(b) Für eine beschlossene und durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 512/13 - Rn. 15; 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 31 jeweils mwN). Im Prozess hat der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene Organisationsmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 1037/06 - Rn. 29). Trägt er entsprechende Indizien vor, ist in den Tatsacheninstanzen zunächst zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtschau, ggf. im Zusammenhang mit dem übrigen Prozessstoff, auf das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs schließen lassen. Ist dem so, sind die vom Arbeitnehmer angetretenen Beweise zu erheben, soweit der Arbeitgeber die Indiztatsachen ausreichend bestritten hat (§ 138 ZPO), und sind die Ergebnisse der Beweisaufnahme unter Beachtung der den Arbeitnehmer treffenden objektiven Beweislast zu würdigen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Bei alledem ist das Gericht grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft es den - unstreitigen oder bewiesenen - Indizien im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. allgemein zum Indizienbeweis BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 43; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe).

36

(c) Die bisher getroffenen Feststellungen gestatten nicht die Annahme von Rechtsmissbrauch, schließen dessen Vorliegen aber auch nicht aus. Aus der bloßen Tatsache, dass von der Fremdvergabe - zunächst - nur der Arbeitsplatz der Klägerin betroffen war, kann - wie ausgeführt - ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht auf eine Umgehung des besonderen Kündigungsschutzes geschlossen werden. Die genauen Gründe, die die Kündigungen aus den Jahren 2011 und 2012 rechtfertigen sollten, sind im hiesigen Rechtsstreit nicht vorgetragen. Es lässt sich deshalb nicht beurteilen, ob die Beklagte „alte“ Organisationsentscheidungen lediglich „fortgeschrieben“ hat. Dass die nunmehr behaupteten unternehmerischen Entscheidungen - auch - durch Gründe im Verhalten der Klägerin motiviert gewesen sein mögen, führt ebenfalls nicht ohne Weiteres zur Annahme von Rechtsmissbrauch (vgl. BAG 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 32). Die Beschlüsse der Beklagten können selbst dann sachbezogen und objektiv nachvollziehbar gewesen sein, wenn sie ihre Unzufriedenheit mit dem Verhalten der Klägerin zum Anlass genommen haben sollte, die Arbeiten der EDV-Organisatorin an ein externes Unternehmen zu vergeben (vgl. BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 422/13 - Rn. 47). Warum diese Entscheidungen erst Anfang 2013 getroffen wurden, obgleich die Klägerin bereits seit Januar 2012 nicht mehr beschäftigt wurde, ist derzeit nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, warum der behauptete Beschluss, nun auch die Tätigkeiten des EDV-Beauftragten nach außen zu vergeben, erst nach dessen Eigenkündigung gefasst wurde. Er muss nicht - nur - dazu gedient haben, die Chancen der Klägerin zu verschlechtern, mit ihrem Wiedereinstellungsbegehren durchzudringen, sondern könnte sogar gegen das Vorliegen von Rechtsmissbrauch sprechen. Den Parteien wird gemäß § 139 Abs. 2 ZPO zunächst Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein.

37

(5) Sollte sich herausstellen, dass die von der Beklagten behauptete Organisationsentscheidung tatsächlich getroffen und umgesetzt wurde, sie nicht rechtsmissbräuchlich war und keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestand, schiede eine außerordentliche Kündigung nicht deshalb aus, weil die Beklagte nur noch für eine nicht erhebliche Zeit an ein ggf. sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden gewesen wäre. Die Klägerin war bei Ablauf der Auslauffristen 53 bzw. 54 Jahre alt und damit weit entfernt von einer - tariflichen - Altersgrenze (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 31, BAGE 145, 265).

38

b) Angesichts der aufgezeigten Stufenverhältnisse ist offen, ob die gegen die ordentliche Kündigung vom 27. Februar 2013 und die gegen die Kündigungen vom 27. März 2013 gerichteten Klageanträge zur Entscheidung anfallen werden. Falls es auf sie ankommen sollte, dürften die beiden ordentlichen Kündigungen - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - gemäß § 17 Nr. 6.2 MTV Stahl Ost unwirksam sein, weil vor ihrem Ausspruch weder ein Sozialplan noch die Zustimmung der Tarifvertragsparteien vorlag. Für eine Altersdiskriminierung, die dazu führen könnte, dass diese Kündigungsbeschränkungen nicht eingreifen (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 295/12 - Rn. 51, BAGE 145, 296), bestehen keine Anhaltspunkte.

39

C. Falls sich eine der - außerordentlichen - Kündigungen als wirksam erweisen sollte, wird das Landesarbeitsgericht über den im Wege der Anschlussberufung iSv. § 524 ZPO in den Rechtsstreit eingeführten Antrag auf Wiedereinstellung zu entscheiden haben, wenn es die damit verbundene Klageerweiterung in der Berufungsinstanz gemäß §§ 533, 529 ZPO iVm. § 67 ArbGG für zulässig erachten sollte. Dem Erfolg des Wiedereinstellungsantrags könnte in der Sache entgegenstehen, dass der Arbeitsplatz des EDV-Beauftragten erst nach dem 31. Oktober 2013 frei geworden sein soll und seine Tätigkeiten nach dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten ebenfalls nach außen vergeben wurden. Zudem könnte mit der Übertragung dieser Aufgaben die einem Wiedereinstellungsanspruch entgegenstehende Beförderung der Klägerin verbunden sein.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Grimberg    

                 

(1) Hat die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei

1.
zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten,
2.
zeitlich begrenztem Ausschluss oder Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre.
Kann der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, so gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Hat die oder der Arbeitslose auch eine Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2) erhalten oder zu beanspruchen, verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Leistungen, die der Arbeitgeber für eine arbeitslose Person, deren Arbeitsverhältnis frühestens mit Vollendung des 50. Lebensjahres beendet wird, unmittelbar für deren Rentenversicherung nach § 187a Absatz 1 des Sechsten Buches aufwendet, bleiben unberücksichtigt. Satz 6 gilt entsprechend für Beiträge des Arbeitgebers zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach Absatz 1 längstens ein Jahr. Er ruht nicht über den Tag hinaus,

1.
bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte,
2.
an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder
3.
an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
Der nach Satz 2 Nummer 1 zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 Prozent; er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung. Letzte Beschäftigungszeit sind die am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der letzten zwölf Monate; § 150 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 3 gilt entsprechend. Arbeitsentgeltkürzungen infolge von Krankheit, Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder Arbeitsversäumnis bleiben außer Betracht.

(3) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Soweit die oder der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Verpflichtete die Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.